L 18 KN 358/10

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
18
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 8 (9) KN 51/09
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 18 KN 358/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 22.11.2010 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im zweiten Rechtszug nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist Altersrente für langjährig unter Tage beschäftigte Bergleute.

Der am 00.00.1949 geborene Kläger ist serbischer Staatsbürger. Er ist gelernter Maurer und kam (nach Beschäftigungen im ehemaligen Jugoslawien bereits ab 1965) am 6.8.1970 erstmals nach Deutschland, wo er zunächst bis 1974 u.a. im untertägigen Steinkohlenbergbau tätig war. Nachdem er von 1975 bis 1979 wieder in Jugoslawien gearbeitet hatte, kehrte er am 29.1.1979 nach Deutschland zurück, wo er erneut im untertägigen Steinkohlenbergbau tätig wurde. Ab dem 2.5.1988 entrichtete die Firma G Untertagebau GmbH & Co KG (im folgenden: G) für den Kläger Sozialversicherungsbeiträge u.a. zur knappschaftlichen Kranken- und Rentenversicherung. Zum 31.7.2005 kehrte der Kläger ab und bezog anschließend bis zum 31.7.2009 Anpassungsgeld. Der Kläger bezieht eine serbische Altersrente in Höhe von monatlich 8.580 Dinar ab dem 17.8.2011 unter Berücksichtigung von "Rentenjahren" von April 1965 bis einschließlich April 1988. Er erhält außerdem ab 1.8.2008 von der Beklagten (vorzeitige) Altersrente wegen Arbeitslosigkeit in Höhe von zunächst EUR 921,58 monatlich (Bescheid vom 14.12.2010).

Im Rahmen eines Kontenklärungsverfahren gab der Kläger 1989 an, in der Zeit bis einschließlich April 1988 durchgängig sozialversicherungspflichtige Tätigkeiten bei jugoslawischen Unternehmen verrichtet zu haben (zuletzt bis 30.4.1988 bei der Bergbauunternehmung "A"); von 1970 bis 1973 habe er bei der jugoslawischen Firma S gearbeitet (bzw. sei an diese ausgeliehen worden), die als Subunternehmen für die Firma E tätig gewesen sei. Aus dem von ihm vorgelegten jugoslawischen Arbeitsbuch ergab sich, dass er von 1970 bis 1974 und vom 25.1.1979 bis zum 30.4.1988 bei der Firma Zeleni vrh (übersetzt als "H") in Jugoslawien beschäftigt war. Die Firma E teilte der Beklagten mit, dass der Kläger dort vom 2.2.1972 bis 8.3.1972 und erneut vom 21.6.- 8.10.1972 beschäftigt war, und davor und danach bei der Firma S beschäftigt gewesen sei. Der jugoslawische Rentenversicherungsträger bestätigte jugoslawische Versicherungszeiten bis zum 30.4.1988. Die Beklagte merkte (nur) Zeiten vom 2.2. bis zum 28.2.1972, vom 23.6. bis zum 6.10.1972 und vom 2.5.1988 bis zum 31.12.1990 als Pflichtbeitragszeiten zur knappschaftlichen Rentenversicherung vor (Bescheid vom 18.2.1992).

Einen ihm im Jahre 1999 übersandten Versicherungsverlauf bestätigte der Kläger als vollständig und richtig. Im April 2003 beantragte der Kläger eine Rentenauskunft und einen aktuellen Versicherungsverlauf. Der serbische Rentenversicherungsträger teilte der Beklagten erneut mit, dass dort für den Kläger Versicherungszeiten zwischen April 1965 und April 1988 gespeichert seien. Die Beklagte informierte den Kläger daraufhin erneut, dass er in der Bundesrepublik rentenrechtliche Zeiten in fünf Monaten des Jahres 1972 und durchgängig ab Mai 1988 zurückgelegt habe. Im Jahre 2005 bewilligte das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) dem Kläger antragsgemäß zwischenstaatliches Anpassungsgeld ab 1.8.2005 auf der Basis des gespeicherten Versicherungsverlaufs, der deutsche Pflichtbeitragszeiten im Jahr 1972 und dann erst wieder ab Mai 1988 aufwies.

Im Februar 2009 beantragte der Kläger Altersrente für langjährig unter Tage beschäftigte Bergleute ab 1.8.2009. Auch der Zeitraum vom 7.1.1979 bis zum 2.5.1988 müsse als Untertagearbeit in Deutschland berücksichtigt werden, weil er "über die Firma S" bei der Firma G unter Tage eingesetzt gewesen sei. Die Beklagte lehnte den Antrag ab: Voraussetzung für den Anspruch sei unter anderem, dass der Kläger in der knappschaftlichen Rentenversicherung 25 Jahre (= 300 Kalendermonate) mit Beitragszeiten aufgrund einer Beschäftigung mit ständigen Arbeiten unter Tage zurückgelegt habe. Diese Voraussetzung erfülle der Kläger nicht. Die serbischen Versicherungszeiten könnten - auch wenn sie in bergbaulichen Betrieben unter Tage zurückgelegt worden seien - nicht als Zeiten ständiger Arbeiten unter Tage berücksichtigt werden, da es in dem im Verhältnis zur Republik Serbien weiter geltenden Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien über soziale Sicherheit vom 12.10.1968 idF des Änderungsabkommens vom 30.9.1974 (BGBl II 1975, 390) - Deutsch-Jugoslawisches Sozialversicherungsabkommen - DJSVA an einer Gleichstellungsklausel fehle. Bereits im ersten Kontenklärungsverfahren sei vom jugoslawischen Träger bestätigt worden, dass sämtliche Versicherungszeiten bis zum 30.4.1988 im ehemaligen Jugoslawien zurückgelegt worden seien. Auch bei der Berechnung des Anpassungsgeldes seien diese Zeiten als serbische und nicht als deutsche Versicherungszeiten berücksichtigt worden (Bescheid vom 13.5.2009; Widerspruchsbescheid vom 25.11.2009).

Mit seiner Klage vom 17.12.2009 hat der Kläger vorgetragen, er habe in Deutschland für die deutsche Firma G deutlich mehr als 300 Monate unter Tage gearbeitet. Auf eine Gleichstellungsklausel im DJSVA komme es daher nicht an. Er habe auch nicht etwa zusammen mit seinem Arbeitgeber einen Antrag gestellt, von der Versicherungspflicht in Deutschland befreit zu werden. Die Voraussetzungen für eine solche Befreiung hätten unabhängig von einem solchen Antrag auch deshalb nicht vorgelegen, weil er in Deutschland nicht nur "für eine begrenzte Zeit in einem knappschaftlichen Betrieb beschäftigt" gewesen sei, sondern durchgängig seit 1979.

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid vom 13.5.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.11.2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an ihn Altersrente für langjährig unter Tage beschäftigte Bergleute nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften zu gewähren.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage zurückzuweisen.

Sie hat ihr Vorbringen aus den angefochtenen Bescheiden wiederholt und vertieft.

Das Sozialgericht (SG) Aachen hat die Klage abgewiesen: Die ehemals jugoslawischen, heute serbischen Versicherungszeiten könnten bei der Wartezeit nicht berücksichtigt werden. Der Kläger sei im Rahmen eines außerhalb des Geltungsbereichs deutscher Rechtsvorschriften bestehenden Beschäftigungsverhältnisses nach Deutschland entsandt worden. Da die ehemals jugoslawische Firma S sowohl die Lohnabrechnungen des Klägers erstellt als auch seinen Lohn erhalten und zudem die Entgeltzahlung steuerrechtlich geltend gemacht habe, sei die Annahme gerechtfertigt, dass dieser Betrieb Träger des Beschäftigungsverhältnisses des Klägers gewesen sei. Dafür spreche auch, dass in den Abrechnungen zum Teil auch Beträge in Dinar angegeben seien (Urteil vom 22.11.2010).

Mit seiner Berufung bestreitet der Kläger, von der Firma S oder von wem auch immer von Jugoslawien aus nach Deutschland entsandt worden zu sein. Dass die Lohnabrechnungen von der Firma S ausgestellt worden seien, gebe keine Hinweise darauf, dass es sich bei der Firma S um eine jugoslawische Firma handele. Er habe Lohnabrechnungen erhalten, auf denen oben links ganz klein der Name "S" aufgeführt worden sei. Im Übrigen hätten sich seine Lohnabrechnungen, die teilweise über die Firma S geführt worden seien mögen, in nichts von den Lohnabrechnungen der anderen Arbeitnehmer und Bergleute unterschieden. Auf keinen Fall seien Beiträge an den ehemaligen jugoslawischen Versicherungsträger abgeführt worden. Der Kläger hat Lohn-/Gehaltsabrechnungen aus der Zeit von 1979 bis 1988 sowie seinen alten (mittlerweile ungültigen) Reisepass zu den Akten gereicht.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichtes Aachen vom 22.11.2010 zu ändern und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 13.5.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.11.2009 zu verurteilen, ihm ab 1.8.2009 Altersrente für langjährig unter Tage beschäftigte Bergleute zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für richtig. Bereits kurz nach Inkrafttreten des DJSVA sei es zu Unklarheiten über die sozialversicherungsrechtlichen Zuständigkeiten bei der Entsendung von Arbeitnehmern aus dem ehemaligen Jugoslawien gekommen. Aus diesem Grund hätten 1972 Verhandlungen auf Regierungsebene stattgefunden. Die Firma S sei damals von der Anwendung deutscher Rechtsvorschriften auf entsandte Arbeitnehmer unter Beibehaltung von deren Mitgliedschaft zum jugoslawischen Sozialversicherungssystem befreit worden. Damit seien alle von der Firma S entsandten jugoslawischen Arbeitnehmer zeitlich unbegrenzt von der deutschen Sozialversicherung ausgenommen gewesen.

Die Firma I GmbH - in deren Konzern die Bergbausparte der Firma G aufgegangen ist - hat keine Auskünfte über eine Beschäftigung des Klägers in ihrem Unternehmen mehr erteilen können, weil Unterlagen nicht (mehr) vorhanden seien (Auskunft vom 23.5.2011). Die Firma "S Geschäftsvereinigung für Engineering und Anlagenbau d.d. Aktiengesellschaft nach slowenischen Recht" hat mitgeteilt, dass Bergleute aus dem ehemaligen Jugoslawien für begrenzte Zeit im Rahmen von Werkverträgen nach Deutschland entsandt worden seien. Insoweit sei zwischen den Vertragsstaaten ein Kontingent vereinbart und seien entsprechend Arbeitserlaubnisse erteilt worden. Diese Mitarbeiter seien niemals bei der Firma S selbst beschäftigt gewesen. Aus diesem Grund verfüge man auch nicht über Archivunterlagen. Alle Arbeitnehmer waren fest in den Unternehmen in Ex-Jugoslawien beschäftigt "(A RGP Knjazevac)" und seien dementsprechend auch gesetzlich kranken- und rentenversichert worden (Auskunft vom 26.5.2011). Die AOK Rheinland/Hamburg hat mitgeteilt, dass der Kläger nach den dort noch verfügbaren Informationen vom 22.1.1985 bis zum 30.4.1988 von einem ausländischen Unternehmen nach Deutschland entsandt worden ist. Für die vorangehende Zeit seien keine Angaben mehr vorhanden (Auskünfte vom 10.6. und 25.11.2011).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitverhältnisses wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

I. Die Berufung ist unbegründet.

Das SG hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Der Kläger wird durch den Bescheid der Beklagten vom 13.5.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.11.2009 nicht beschwert, § 54 Abs 2 S 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Er hat keinen Anspruch auf (die im Vergleich zur bewilligten Altersrente für Arbeitslose ungekürzte) Altersrente für langjährig unter Tage beschäftigte Bergleute, weil er die Wartezeit von 25 Jahren (= 300 Monate) mit Beitragszeiten aufgrund einer Beschäftigung mit ständigen Arbeiten unter Tage (§ 61 SGB VI) nicht erfüllt.

Der Anspruch des Klägers beurteilt sich nach der privilegierenden Sonderregelung des § 238 Abs 1 iVm Abs 2 Satz 1 SGB Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Danach haben Versicherte, die - wie der Kläger - vor dem 1. Januar 1952 geboren sind, Anspruch auf Altersrente für langjährig unter Tage beschäftigte Bergleute, wenn sie das 60. Lebensjahr vollendet und die Wartezeit von 25 Jahren erfüllt haben. Auf die Wartezeit von 25 Jahren werden (nur) Kalendermonate mit Beitragszeiten aufgrund einer Beschäftigung mit ständigen Arbeiten unter Tage (§ 51 Abs 2 SGB VI) und Anrechnungszeiten wegen Bezugs von Anpassungsgeld nach Vollendung des 50. Lebensjahres (§ 238 Abs 3 SGB VI) angerechnet. Die außerdem zu beachtenden Sonderregelungen in § 238 Abs 4 SGB VI kommen sind vorliegend nicht einschlägig.

Der Kläger hat zwar (im Juli 2009) das 60. Lebensjahr vollendet, er hat aber die Wartezeit von 25 Jahren (= 300 Monaten) nicht erfüllt, weil seine Erwerbsbiografie maximal 261 auf diese Wartezeit anrechenbare Monate aufweist. Unstreitig hat der Kläger die von der Beklagten zu Recht anerkannten 213 Monate mit ständigen Arbeiten unter Tage zurückgelegt, nämlich in der Zeit vom 2.2. bis zum 28.2.1972, vom 23.6. bis zum 6.10.1972 (6 Monate, vgl. § 122 Abs 1 SGB VI) und von Mai 1988 bis Juli 2005 (207 Monate). Hinzu kommen 48 Monate Bezug von Anpassungsgeld nach Vollendung des 50. Lebensjahres, nämlich vom 1.8.2005 bis zum 31.7.2009. Es kann offen bleiben, ob zusätzlich der Monat März 1972 zu berücksichtigen wäre, da auch dann der Grenzwert von 300 Monaten bei Weitem nicht erreicht wäre. Denn weitere Versicherungszeiten vor dem 2.5.1988, insbesondere die Zeit vom 1.4.1979 bis zum 30.4.1988, in der der Kläger durchgehend im deutschen Steinkohlenbergbau unter Tage eingesetzt war, können nicht berücksichtigt werden. Bei diesen Zeiten handelt es sich weder um deutsche (Beitrags-)Zeiten mit ständigen Arbeiten unter Tage (im Folgenden: 1.), noch um solche jugoslawischen (Beitrags-)Zeiten, die nach deutschen Rechtsvorschriften bzw. dem DJSVA zu berücksichtigen sind (im Folgenden: 2.).

1. Es genügt nicht, dass der Kläger bereits vor dem 1.5.1988 (zunächst zwischen August 1970 und November 1974, später erneut von Januar 1979 bis April 1988) im deutschen Steinkohlenbergbau eingesetzt war. Die Berücksichtigung dieser Zeiten nach dem SGB VI setzt vielmehr (implizit zusätzlich) voraus, dass es sich um ein Beschäftigungsverhältnis gehandelt haben muss, das deutschem Sozialversicherungsrecht unterfällt. Daran fehlt es, weil der Kläger bis einschließlich 30.4.1988 in einem jugoslawischen Beschäftigungsverhältnis stand, das ausschließlich jugoslawischem Sozialversicherungsrechts unterfiel, und er (nur) im Rahmen dieses Beschäftigungsverhältnisses nach Deutschland entsandt war.

Entgegen der erstmals im vorliegenden Rechtsstreit aufgestellten Behauptung war der Kläger in der Zeit von Januar 1979 bis April 1988 nicht (auch) bei einem deutschen Unternehmen beschäftigt. Vielmehr war der Kläger ausschließlich bei einem ehemaligen jugoslawischen Unternehmen beschäftigt, sei es das Unternehmen "A", sei es die Firma S, die ihn bei dem deutschen Bergbauspezialunternehmen G eingesetzt hat.

Das steht zur Überzeugung des Senats nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme fest. Der Kläger selbst hat seit 1989 wiederholt in die von der Beklagten im Versicherungsverlauf festgestellten Daten als "vollständig und richtig" bezeichnet und erklärt, bis einschließlich April 1988 für jugoslawische Arbeitgeber gearbeitet zu haben und dabei an deutsche Unternehmen ausgeliehen geworden zu sein. Noch im Berufungsverfahren hat er - persönlich vom Gericht angehört - ausgesagt, in den Siebzigerjahren bei einer jugoslawischen Firma gearbeitet zu haben, die übersetzt "T" heiße. Diese habe ihm Ende der Siebzigerjahre mitgeteilt, er solle zusammen mit anderen Angestellten in Deutschland arbeiten. Die (früher jugoslawische, jetzt slowenische) Firma S sei dabei für die Abrechnung der Tätigkeit gegenüber der deutschen Firma G zuständig gewesen. Dies zeigt, dass er nicht bei der Firma G beschäftigt war.

Entsprechend war für ihn auch bis April 1988 nicht die knappschaftliche Krankenversicherung (§§ 1, 15 ff des bis zum 3.12.1991 geltenden RKG) zuständig, sondern aufgrund eines Entsendungstatbestandes die örtlich zuständige (damalige) AOK Rheinland (jetzt: AOK Rheinland Hamburg).

Auch die vom Kläger vorgelegten Gehaltsabrechnungen für den strittigen Zeitraum weisen keine deutsche Firma als Arbeitgeber aus. Vielmehr wird neben dem Namen des Klägers (als Arbeitnehmer) unter "Firma" aufgeführt: " S - U". Es kann offen bleiben, ob die Firma S oder die Firma A Arbeitgeberin des Klägers war. In beiden Fällen war der Kläger nicht bei einem deutschen, sondern bei einem jugoslawischen Arbeitgeber beschäftigt. Für die Firma S als Arbeitgeberin könnte sprechen, dass im Reisepass des Klägers Aufenthaltserlaubnisse im Rahmen von Werkverträgen zwischen der Firma S einerseits und der Firma G andererseits vermerkt sind und im Zeugnis des Klägers über die 1989 bestandene Prüfung als Grubensteiger in Methangruben die Firma S als Arbeitgeberin angegeben ist. Näher liegt, dass die Firma S nur für die Abwicklung der Subunternehmerverträge zwischen den jugoslawischen und den deutschen Firmen und insbesondere für Abrechnungen der entsandten Arbeitnehmer zuständig war. So haben es die Firma S und der Kläger übereinstimmend dargestellt. Die Firma S selbst hat als zuständigen Arbeitgeber der entsandten Arbeitnehmer die Firma A genannt. Dort war der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum sowohl nach seinen eigenen Angaben als auch nach den Vermerken in seinem jugoslawischen Arbeitsbuch beschäftigt.

Ausweislich des vom Kläger vorgelegten serbischen Rentenbescheids vom 14.2.2011 sind in diesem Zeitraum schließlich (nur) dort für ihn auch Rentenversicherungsbeiträge eingezahlt worden.

Personen, die im Rahmen eines außerhalb des Geltungsbereichs des SGB bestehenden Beschäftigungsverhältnisses in dessen Geltungsbereich entsandt werden, unterfallen, auch wenn sie in deutschen Unternehmen und Betrieben eingesetzt sind, dem deutschen Sozialversicherungsrecht jedenfalls dann nicht, wenn die Entsendung infolge der Eigenart der Beschäftigung oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist, § 5 Abs 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV). Es kann offen bleiben, ob das Beschäftigungsverhältnis des Klägers von Januar 1979 bis April 1988 aufgrund der Eigenart der Beschäftigung oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt war, denn zwischenstaatlichen Abkommen wie dem DJSVA kommt Geltungsvorrang zu, § 6 SGB IV. Das DJSVA ist im Verhältnis zur heutigen Republik Serbien (als einem der Nachfolgestaaten des früheren Jugoslawien) weiterhin anwendbar, da die Republik Serbien Rechtsnachfolgerin der ehemaligen Sozialistischen Föderation Republik Jugoslawien und völkerrechtlich mit ihr identisch ist (ebenso Bayerisches LSG, Urteil vom 17.6.2010, Az L 14 R 375/08, juris-Rdnrn 10, 24; Beschluss vom 21.07.2006 - L 13 R 754/05; vgl. zur Rechtsnachfolgeschaft der Sozialistischen-Föderativen Republik Jugoslawien durch die Bundesrepublik Jugoslawien bestehend aus Serbien und Montengro: BSG Urteil vom 24.4.1997, Az 13 RJ 45/96 juris-Rdnr 20; vgl weiter zur Rechtsnachfolgeschaft der Bundesrepublik Jugoslawien durch die Republik Serbien und Montenegro, deren Rechtsnachfolgerin aufgrund der Verfassungscharta der Republik allein die Republik Serbien ist: BVerwG Urteil vom 5.2.2004, Az 1 C 7/03, juris-Rdnr 13).

Gemäß Artikel 2 Abs 1 c DJSVA regelt das Abkommen (auch) die knappschaftliche Rentenversicherung. Nach Art 5 des DJSVA richtet sich die Versicherungspflicht von Arbeitnehmern vorrangig nach den Artikeln 6 bis 10 DJSVA. Danach gilt: Wird ein Arbeitnehmer in einem Vertragsstaat, dem er gewöhnlich angehört, (hier dem ehemaligen Jugoslawien) von einem Unternehmen beschäftigt (hier von der Fa. A = " H") und von diesem Unternehmen in den anderen Vertragsstaat entsandt, um dort eine abhängige Beschäftigung für Rechnung dieses Unternehmens auszuführen, so gelten während der Beschäftigung im Gebiet des zweiten Vertragsstaates (hier: Deutschland) die Rechtsvorschriften des ersten Vertragsstaates (hier: Jugoslawien) so weiter, als wäre er noch in dessen Gebiet beschäftigt (Artikel 6 DJSVA). Der Kläger unterlag danach während seiner Tätigkeit von Januar 1979 bis April 1988 weiter der Pflicht zur Rentenversicherung in Jugoslawien.

Aus Artikel 10 DJSVA ergibt sich nichts anderes. Die Vorschrift lautet: "Auf gemeinsamen Antrag des betroffenen Arbeitnehmers und Arbeitgebers oder auf Antrag der gleichgestellten Person im Sinne des Artikels 8 kann die zuständige Behörde des Vertragsstaates, dessen Rechtsvorschriften nach den Artikeln 5 bis 9 anzuwenden wären, die Befreiung von diesen Rechtsvorschriften zulassen, wenn die in Betracht kommende Person den Rechtsvorschriften des anderen Vertragsstaates unterstellt wird. Bei der Entscheidung ist auf die Art und die Umstände der Beschäftigung Bedacht zu nehmen. Vor der Entscheidung ist der zuständigen Behörde des anderen Vertragsstaates Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Ist der Arbeitnehmer nicht in dessen Gebiet beschäftigt, so gilt er als dort beschäftigt." Dass hiernach vereinbart worden sein könnte, statt des nach Art 6 DJSVA anzuwendenden jugoslawischen das deutsche Sozialversicherungsrecht anzuwenden, behauptet auch der Kläger nicht.

Auch für die bisher nicht berücksichtigten Zeiten zwischen August 1970 und November 1974 gilt nichts Anderes. Vielmehr spricht nach den vorliegenden Unterlagen (insbesondere dem von der Beklagten vorgelegten Schreiben des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung vom 2.9.1971) alles dafür, dass auch bereits vor 1975 (der Streichung der "24 Monatsfrist" in Art 6 Abs 1 DJSVA) zur Vermeidung von Unsicherheiten bei den betroffenen Versicherten und Versicherungsträgern ausdrücklich die weitere Anwendbarkeit jugoslawischen Rentenversicherungsrecht auf die von der Firma S nach Deutschland entsandten (oder vermittelten) Arbeitnehmer (im Rahmen von Art 10 DJSVA) vereinbart worden ist. Das hat die Firma S zuletzt bestätigt (Auskunft vom 26.5.2011). Überdies ist in Anbetracht der deutschen Versicherungszeiten in 1972 nicht erkennbar, dass die vor 1975 geltende maximale Entsendungsfrist im Fall des Klägers überschritten gewesen sein könnte.

2. Handelt es sich bei den Zeiten zwischen 1970 und 1974 und erneut von Januar 1979 bis April 1988 somit um rein jugoslawische (serbische) Versicherungszeiten, so kommt ihre Berücksichtigung im Rahmen des strittigen Anspruchs auf Rente für langjährig unter Tage Beschäftigte nach § 238 SGB VI nur dann in Betracht, wenn sie aufgrund zwischenstaatlicher Vereinbarungen wie inländische Zeiten mit ständigen Arbeiten unter Tage zu berücksichtigen sind (vgl dazu zum EU-Recht bei ungarischen Zeiten: LSG Berlin-Brandenburg, Urt vom 4.4.2011, Az L 16 R 870/10 mwN). Das setzt voraus, dass im entsprechenden SVA eine qualifizierte Gleichstellungsnorm speziell für solche Zeiten enthalten ist. Daran fehlt es im DJSVA. Zwar enthält das DJSVA mit Art 27 Nr 1 eine Norm, die die weitestgehende Zuordnung (sämtlicher) jugoslawischer Zeiten in die allgemeine knappschaftliche Versicherung ermöglicht; eine Gleichstellung von ständigen Arbeiten unter Tage in Jugoslawien mit solchen in Deutschland ist jedoch nicht vorgesehen. Eine solche Gleichstellung von Untertagetätigkeiten, die sich auf die Wartezeitanrechnung des § 51 Abs 2 SGB VI auswirkt, ist vielmehr in SVA mit deutscher Beteiligung nur ausnahmsweise vorgesehen, nämlich in den Abkommen mit Japan, Korea und der Türkei (KomGRV. Anhang Band 5. Stand März 2012. Zwischenstaatliches Rentenrecht. Bilaterale und Multilaterale Abkommen. B.I. Einführung - 19 Rentenanspruch, Ziffern 7.2 und 8 mwN).

II. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183 Satz 1, 193 Abs 1 Satz 1 SGG.

III. Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor, § 160 Abs 2.
Rechtskraft
Aus
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