L 10 U 1085/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 4 U 4761/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 1085/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 07.02.2012 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte zur Anerkennung des Unfallereignisses vom 11.12.2009 als Arbeitsunfall und zur Gewährung von Witwenrente ab 18.12.2009 verurteilt wird.

Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin sind von der Beklagten auch für das Berufungsverfahren zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Feststellung eines Arbeitsunfalls sowie die Gewährung von Hin-terbliebenenleistungen.

Die im Jahr 1952 geborene Klägerin ist die Witwe des am 10.04.1951 geborenen M. L. (nachfolgend L.).

L. war zuletzt als Formenbauer/Werkzeugmacher bei der Firma R. beschäftigt. Ab März 2009 fand in dieser zwischenzeitlich insolvent gegangenen Firma Kurzarbeit statt. Der Sohn des L. war damals als selbstständiger Holzbauunternehmer ohne Angestellte tätig. Im Jahr 2008 hatte er sich eine Flockmaschine angeschafft, bei deren Bedienung er auf einen Helfer angewiesen war (Bl. 23 LSG-Akte). Diese Hilfsperson (Flockhelfer) muss Dämmstoffmaterial aus Säcken in den Trichter der Maschine leeren. Das Material wird in der Maschine zerkleinert und mittels Druckluft an den einzubauenden Ort befördert, wo eine weitere Person (Flocker) das Dämmmaterial einbläst (vgl. Bl. 42 SG-Akte). L. übernahm ab Januar 2009 wiederholt die Tätigkeit des Flockhelfers (so am 27., 28.01. und 30.01., 31.07., 23.09., 23.10, 14.11. und 11.12.2009, Bl. 43 SG-Akte). Dadurch erzielte sein Sohn einen wirtschaftlichen Vorteil, da er keinen fremden Helfer benötigte. Eine Bezahlung lehnte L. gegenüber seinem Sohn ab. Eine Anmeldung zur Sozialversicherung erfolgte (zunächst) nicht.

Der Sohn des L. war im Jahr 2009 noch unter der Anschrift seiner Eltern gemeldet, lebte jedoch in der Nähe mit seiner jetzigen Ehefrau zusammen. Im Haus der Eltern nutzte er nur noch einen Büroraum. Gelegentlich half er seinen Eltern im Rahmen des guten familiären Verhältnisses aus (z.B. Tragen einer Waschmaschine oder Transport von Holzpellets).

Am 11.12.2009 übernahm L. nach kurzfristiger Absprache am Vorabend wiederum die Aufgabe des Flockhelfers. Sein Sohn brachte auf einer Baustelle in H. das Dämmmaterial, das L. in einem Schuppen mit der Maschine vorbereitete, in die einzelnen Sparrenfelder eines in Bau befindlichen Wohnhauses ein. Nach der Mittagspause wollte sich der Sohn erneut auf das Dach des Hauses begeben. Zu diesem Zeitpunkt stürzte L. in dem Rohbau unter nicht näher zu klärenden Umständen in einen Kellerschacht, dessen Abdeckung der im Keller tätige Heizungsbauer zuvor entfernt hatte. L., der umgehend in ein Krankenhaus verbracht wurde, zog sich bei diesem Sturz gravierende Verletzungen (u. a. eine Schädelbasisfraktur) zu, an deren Folgen er am 17.12.2009 verstarb.

Noch aus dem Schreck heraus nahm sein Sohn auf dem Krankenhausparkplatz telefonisch Kon-takt mit einem Buchhaltungsbüro auf, das eine Anmeldung seines Vaters zur Sozialversicherung veranlasste, die nachfolgend jedoch nicht weiter verfolgt wurde (Bl. 38 E-VA).

Am 14.12.2009 erfolgte die Meldung des Vorfalles bei der Beklagten. Im Durchgangsarztbericht wurde von einer Tätigkeit des L. als Bauhelfer des Sohnes ausgegangen. Letzterer erstellte am 18.12.2009 eine Unfallanzeige. Im nachfolgenden Verwaltungsverfahren teilte er u.a. noch mit, vor dem Hintergrund der schwierigen Situation der Firma R. sei eine regelmäßigere Mithilfe seines Vaters, etwa im Sinne eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses, geplant gewesen. Den zeitlichen Umfang der Tätigkeit seines Vaters als Flockhelfer ab Januar 2009 bezifferte er zunächst mit ca. 40 Stunden (Bl. 100 VA), später unter genauer Bezeichnung konkreter Einsatzorte mit 82,75 Stunden (Bl. 142 VA).

Mit Bescheid vom 03.05.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.10.2010 lehnte die Beklagte einen Anspruch der Klägerin auf "Hinterbliebenenleistungen (Witwenrente)" ab, da ihr Ehemann nicht an den Folgen eines Versicherungsfalls verstorben sei. L. sei weder als Beschäftigter, noch als sog. Wie-Beschäftigter versichert gewesen. Der Arbeitseinsatz bei seinem Sohn habe sich nach seinen Freizeitmöglichkeiten gerichtet. Die Anmeldung zur Sozialversicherung sei erst nach dem Unfall erfolgt. Seine Tätigkeit sei durch die verwandtschaftliche Beziehung geprägt gewesen.

Deswegen hat die Klägerin 10.11.2010 beim Sozialgericht Karlsruhe Klage erhoben. Das Sozi-algericht hat in der mündlichen Verhandlung vom 07.02.2012 den Sohn des L., dessen Ehefrau, P. H. (H.), J. B. (B.), M. G. (der Inhaber und Mitarbeiter der Holzbau-Zimmerei H. , für die der Sohn der Klägerin - auch am Unfalltag - als Subunternehmer tätig war) und M. V. (der Hei-zungsbauer s.o.) als Zeugen vernommen. Wegen des Inhalts ihrer Aussagen wird auf die Sit-zungsniederschrift (Bl. 66 bis 75 SG-Akte) Bezug genommen. Sodann hat es mit Urteil vom gleichen Tag die Beklagte unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide verurteilt, das Unfall-ereignis vom 11.12.2009 als Arbeitsunfall anzuerkennen und der Klägerin daraus ab dem 18.12.2009 Hinterbliebenenleistungen - insbesondere Witwenrente - in gesetzlicher Höhe zu gewähren. Der Ehemann der Klägerin sei auf Grund des am 11.12.2009 als Wie-Beschäftigter erlittenen und bei der Beklagten versicherten Arbeitsunfalls verstorben. Daraus folgten Ansprü-che der Klägerin auf Hinterbliebenenleistung, insbesondere auf Witwenrente. Das Sozialgericht hat sich unter Darstellung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts davon überzeugt ge-zeigt, dass bei einer Gesamtbetrachtung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls, L. wie ein Beschäftigter tätig geworden sei. Seine Handlungstendenz sei zum Unfallzeitpunkt auf die Förderung des Betriebs seines Sohnes gerichtet gewesen und durch das besonders enge Verwandtschaftsverhältnis nicht so sehr überlagert worden, das es sich um eine wesentlich eigennützige Tätigkeit gehandelt hätte. In der Gesamtbetrachtung steche der erhebliche fremdwirtschaftliche Wert der ab Anfang 2009 kontinuierlich erbrachten Hilfeleistung hervor. Trotz einer abweichenden Erstangabe (ca. 40 Stunden) sei glaubhaft, dass L. im Jahr 2009 über 80 Stunden Arbeitsleistung im Betrieb seines Sohnes erbracht habe. Aus den hierzu erstellten Subunternehmerrechnungen sei der Wert der Hilfetätigkeit unmittelbar ablesbar und auch von den Zeugen bestätigt worden. Ein weiteres gewichtiges Indiz sei, dass der Verstorbene auf Fremdbaustellen im Einsatz gewesen sei. Anders als bei typischen Gefälligkeitsleistungen innerhalb der Familie habe er seine Hilfeleistung nicht auf familiären Baustellen erbracht. Hinzu komme, dass es sich um keine relativ gefahrlose Tätigkeit gehandelt habe. Nach Vernehmung der glaubwürdigen Zeugen H. und B. sei nachgewiesen, dass die Befüllung des Automaten zwar keine besonderen Vorkenntnisse voraussetze, sich die Helfertätigkeit aber keineswegs darin erschöpft habe. Als Flockhelfer habe der Verstorbene vielmehr auch auf Leitern steigen und Kontroll- und Nacharbeiten in allen Räumen der jeweiligen Baustelle verrichten müssen. Mithin sei der Verstorbene den meisten Gefahren, die von einer Baustelle ausgehen, ausgesetzt gewesen. Eben diese Gefahren hätten sich in tragischer Weise realisiert. Dem gegenüber käme der familiären Bindung ein geringeres Gewicht zu. Zum einen sei die Einseitigkeit der Hilfeleistung zu beachten. Der Sohn habe seinem Vater tatsächlich nur selten und zeitlich jeweils nur kurz geholfen. Von einem wechselseitigen Beistand im Sinne der familienrechtlichen Vorschriften könne nicht gesprochen werden. Auch eine besonders enge familiäre Gemeinschaft wegen eines Zusammenwohnens habe nicht vorgelegen. L. habe bei der Helfertätigkeit im Betrieb seines Sohnes keine eigenwirtschaftlichen Zwecke verfolgt. Sicher sei er auf dessen Betriebsgründung stolz gewesen. Ebenso sei erwiesen, dass das Verhältnis zwischen Vater und Sohn sehr gut gewesen sei. Der Verstorbene habe angesichts seines Alters und der Kurzarbeit bei seiner Arbeitgeberin möglicherweise auch mit dem Gedanken gespielt, die Tätigkeit im Betrieb seines Sohnes auszubauen. Seine maßgebliche Handlungstendenz sei während des Jahres 2009 jedoch arbeitnehmerähnlich auf fremdwirtschaftliche Wertsteigerung des Betriebsergebnisses der Firma seines Sohnes gerichtet gewesen. Die Erstinitiative zur Gewinnung des Verstorbenen als Helfer sei zudem von seinem Sohn ausgegangen. Der Verstorbene habe weder Einblick in die Auftragslage gehabt, noch sich selbst auf den Baustellen angedient. Er sei jenseits der konkreten Helfertage auf den Baustellen weisungsge-bunden tätig gewesen. Dass die arbeitnehmerähnliche Tätigkeit am Unfalltag ursächlich den Tod des L. bewirkt habe, sei weder streitig noch zweifelhaft.

Gegen das ihr am 16.02.2012 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 13.03.2012 Berufung eingelegt. Sie geht nach wie vor davon aus, dass es sich bei der Tätigkeit des Verstorbenen im Jahr 2009 um Gefälligkeitsleistungen unter Verwandten gehandelt habe, die den gesetzlichen Unfallversicherungsschutz grundsätzlich ausschließen würden. Gegen die Argumentation des Sozialgerichts hat die Beklagte im Einzelnen ausgeführt, der fremdwirtschaftliche Wert des Einsatzes des Vaters werde nicht bestritten. Dieses Ergebnis ergebe sich jedoch immer, wenn Familienangehörige anstelle einer fremden Arbeitskraft eingesetzt würden. Es könne nicht nachvollzogen werden, weshalb das Sozialgericht gerade darauf seine Entscheidung gestützt habe. Ferner sei nicht nachvollziehbar, warum bei einem Einsatz auf Fremdbaustellen der familiär geprägte Charakter der Arbeit anders bewertet werden solle, als bei Unterstützungsleistungen auf familiären Baustellen. Die Handlungstendenz verändere sich dadurch nicht. In beiden Fällen solle ein Familienmitglied unterstützend tätig sein und dadurch ein wirtschaftlicher Vorteil für das unterstütze Familienmitglied erzielt werden. Durch die Mithilfe werde eine fremde (zu entlohnende) Arbeitskraft eingespart. Auch bei familiären Baustellen handele es sich um "Betriebsstätten" im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung. Eine besondere Gefährlichkeit der Arbeitsleistung des L. sei nicht erwiesen. Das Sozialgericht habe sich auf Aussagen von Mitarbeitern der Zimmerei H. , die nie mit dem Verstorbenen zur gleichen Zeit auf den Baustellen gearbeitet hätten, gestützt. Es sei nicht erwiesen, dass der Verstorbene alle Arbeiten eines professionellen Flockhelfers übernommen habe. Es sei davon auszugehen, dass sich sein Arbeitseinsatz grundsätzlich außerhalb von Gebäuden und damit auf ungefährlichem Terrain abgespielt habe. Damit trete insgesamt die familiäre Situation, die zweifellos der Arbeitsleistung zu Grunde gelegen habe, nicht mehr so sehr in den Hintergrund, dass ihr keine entscheidende Bedeutung mehr zukomme. Hinsichtlich des vom Sozialgericht aufgezeigten Ungleichgewichts bei der gegenseitigen Unterstützung, sei von einer eher zufälligen Konstellation auszugehen, weil bei den Eltern gerade kein Unterstützungsbedarf bestanden habe. Im Ergebnis sei die Handlungstendenz des Verstorbenen allein darauf gerichtet gewesen, seinen Sohn zu unterstützen. Das familiäre Umfeld habe den Rahmen vorgegeben und allein innerhalb dieses Rahmens habe sich die Hilfeleistung abgespielt. Dies zeige schon die Tatsache, dass sie unentgeltlich erfolgt sei und der Vater sogar die Annahme einer Vergütung verweigert habe. Der Vater sei auf die Einsätze nicht angewiesen gewesen. Er habe keinerlei Vorteile davon gehabt. Der Sohn habe dem Vater die konkreten Einsätze nicht aufgegeben und hätte dies auch nicht tun können. Diese seien allein auf die Entscheidung und die Initiative des Verstorbenen zurückzuführen gewesen. Eine Gefälligkeitsleistung von 80 Arbeitsstunden im Jahr 2009 liege auch nach der Rechtsprechung noch im Rahmen dessen, was man innerhalb der Familie an Unterstützung voneinander erwarten könne. Auch die Art der Arbeit, eine klassische Hilfstätigkeit, stehe der Annahme einer Gefälligkeitsleistung nicht entgegen. Die Frage einer möglichen Beschäftigung in der Zukunft sei ohne Bedeutung. Hierbei handele es sich um Spekulationen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 07.02.2012 aufzuheben und die Klage abzu-weisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. L. habe während seiner Einsätze mehrmals die Baustellen betreten müssen und habe bei Vor- und Nacharbeiten auf der Baustelle geholfen. Seine Tätigkeit habe sich in keiner Weise von der Beschreibung der gehörten Zeugen unterschieden. Eine Ausweitung der Tätigkeit des Verstorbenen im Betrieb seines Sohnes sei zur Erschließung eines weiteren Einkommens bei einer unsicheren Arbeitsplatzsituation bei der Firma R. geplant gewesen. Wenn die Aufträge sich positiv entwickelt hätten, wäre es auch zu einer vermehrten Beschäftigung gekommen. Soweit die Beklagte darüber spekuliere, dass der Sohn seinen Eltern im vergleichbarem Umfang unterstützt hätte, hätte dem entgegen gestanden, dass er dazu angesichts seiner selbstständigen Tätigkeit und der damaligen Familiengründung schon aus Zeitgründen nicht in der Lage gewesen wäre.

Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung der Be-klagten, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet.

Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 03.05.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.10.2010, mit dem die Beklagte die Anerkennung des Unfalls des L. als Versicherungsfall (Arbeitsunfall) und konkret die Gewährung einer Witwenrente ab-lehnte. Dem entsprechend hat die Klägerin zulässigerweise (BSG, Urteil vom 05.07.2011, B 2 U 17/10 R in juris) eine kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage auf Verurteilung der Beklagten zur Anerkennung des Ereignisses vom 11.12.2009 als Arbeitsunfall und auf Gewährung von Witwenrente erhoben. Der im angefochtenen Bescheid zudem ohne nähere Bezeichnung erfolgte pauschale Ablehnung von (weiteren) Hinterbliebenenleistungen und dem insoweit erstinstanzlich von der Klägerin gestellten Antrag kommt bei dieser Sachlage keine eigenständige Bedeutung zu (vgl. zu der gleichgelagerten Konstellation der Verneinung eines Arbeitsunfalles wegen fehlenden Versicherungsschutzes BSG, Urteil vom 07.09.2004, B 2 U 45/03 R in SozR 4-2700 § 2 Nr. 2). Dem Interesse der Klägerin - wegen weiter im Raum stehender Leistungen - genügt insoweit die von ihr beantragte Verurteilung der Beklagten zur Anerkennung des Arbeitsunfalls (zum subjektiven öffentlichen Recht diesbezüglich: BSG, Urteil vom 05.07.2011, B 2 U 17/10 R, a.a.O.). Die Berufung der Beklagten ist daher mit der im Tenor bezeichneten Maßgabe zurückzuweisen.

Das Sozialgericht hat die maßgeblichen Rechtsgrundlagen für die beantragte Entscheidung (§§ 2, 8, 63, 65 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VII) aufgeführt und ist unter umfassender Darstellung und Würdigung der in der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur sog. Wie-Beschäftigung (§ 2 Abs. 2 SGB VII) entwickelten Kriterien, v.a. was die Abgrenzung zu nicht versicherten familiären Gefälligkeitsdiensten anbelangt, überzeugend zu dem Ergebnis gekom-men, dass L. zum Zeitpunkt des Unfallereignisses als Wie-Beschäftigter unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stand. Der Senat schließt sich den Ausführungen des Sozialge-richts an und weist - zur Vermeidung von Wiederholungen - die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung gemäß § 153 Abs. 2 SGG zurück.

Bei dieser Sachlage kann dahingestellt bleiben, ob L. zum Unfallzeitpunkt nicht sogar als Be-schäftigter gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versichert war. Denn an der Zuständigkeit der Be-klagten würde sich bei der - von der Klägerin freilich zuletzt nicht mehr geltend gemachten - Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses nichts ändern. Lediglich am Rande ist daher darauf hinzuweisen, dass entgegen der Auffassung des Sozialgerichts weder die Unentgeltlichkeit der Tätigkeit (Ricke in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 2 SGB VII Rdnr. 6a; BSG, Urteil vom 27.03.2012, B 2 U 5/11 R in juris) noch die erst nachträglich erfolgte Anmeldung zur Sozialversicherung zwingend gegen das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses sprechen.

Im Übrigen ist zum Berufungsvorbringen der Beklagten zu ergänzen:

Zu Recht hat das Sozialgericht bei seiner Entscheidung die auch von der Beklagten in der Beru-fungsbegründung eingeräumten erheblichen finanziellen Vorteile für den Betrieb des Sohnes der Klägerin berücksichtigt. Der fremdwirtschaftliche Wert der ausgeübten Tätigkeit und die zur Überzeugung des Senats ebenfalls vorliegende entsprechende Zweckbestimmung ist hier für die Abgrenzung zwischen einer arbeitnehmerähnlichem und einer unternehmerähnlichen Tätigkeit von Bedeutung (s. hierzu: BSG, Urteil vom 05.07.2005, B 2 U 22/04 R in SozR 4-2700 § 2 Nr. 6). Der fremdwirtschaftliche Wert spricht klar für die Annahme einer arbeitnehmerähnlichen Tätigkeit.

Soweit die Beklagte einwendet, ein finanzieller Vorteil ergebe sich immer, wenn Familienange-hörige anstelle fremder Arbeitskräfte eingesetzt werden, trifft dies durchaus zu. Streng genom-men kann jede Hilfestellung unter Familienangehörigen, sei es beispielsweise die Mithilfe eines Kindes bei der Gewinnung von Brennholz im Wald oder auch nur das Abspülen des Geschirrs nach dem Essen, unter dem Gesichtspunkt, dass dafür auch eine bezahlte Hilfsperson herangezogen werden könnte, wirtschaftlich betrachtet werden. Finanzielle Vorteile lassen sich also immer herleiten. Dies zeigt, dass es diese Argumentation damit nicht gestattet - was wohl auch die Beklagte nicht in diesem Umfang behauptet - für sämtliche Hilfestellungen unter Familienangehörigen einen Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 2 SGB VII von vornherein auszuschließen. Dagegen spricht auch, dass der Gesetzgeber nach § 4 Abs. 4 SGB VII einen derart generellen Ausschluss nur für Tätigkeiten von Verwandten, Verschwägerten bis zum zweiten Grad oder von Pflegekindern in einem Haushalt - mit Ausnahme landwirtschaftlicher Haushaltsarbeiten - ausdrücklich geregelt und damit deshalb für erforderlich gehalten hat, weil sonst Versicherungsschutz in Frage käme. Damit sollen angesichts der Ausrichtung der Unfallversicherung auf das Berufsleben die Bereiche des Privatlebens vom Versicherungsschutz ausgenommen werden (Ricke in Kasseler Kommentar, a.a.O., § 4 SGB VII Rdnr. 2, 13; Vor § 2-6 SGB VII Rdnr. 2). Freilich ist dieser Ausschluss nur für den engen Bereich des Haushalts vorgesehen, zu dem nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts schon die eben beispielsweise genannte Brennholzgewinnung nicht mehr gehört (Urteil vom 27.03.2012, B 2 U 5/11 R, a.a.O., auch zum Nachfolgenden). Für Tätigkeiten von Familienangehörigen außerhalb des Haushalts ist daher, wie vom Sozialgericht zutreffend dargestellt, unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu prüfen, ob die konkrete Verrichtung außerhalb oder innerhalb dessen liegt, was für enge Verwandte, Freunde oder Bekannte (regelmäßig) üblicherweise erwartet oder geleistet wird. Liegt die Tätigkeit innerhalb dieser Grenzen ist eine der Ausübung einer Beschäftigung ähnliche Tätigkeit wegen der zwischen dem Ausübenden und dem "Unternehmer" bestehenden "Sonderbeziehung" zu verneinen. Ergibt sich, dass die konkrete Verrichtung außerhalb dessen liegt, war für enge Ver-wandte, Freunde oder Bekannte getan wird, oder nicht wegen der Sonderbeziehung vorgenom-men wird, kann sie den Tatbestand der Wie-Beschäftigung erfüllen. In diesen Fällen steht das Verwandtschaftsverhältnis oder dergleichen der Annahme eines Tätigwerdens wie ein Beschäf-tigter nicht entgegen, genauso wenig wie es ausgeschlossen ist, dass zwischen Familienangehö-rigen "echte" Arbeits- bzw. Beschäftigungsverhältnisse zustande kommen.

Diese Erwägungen verdeutlichen, dass das Sozialgericht bei der Prüfung der Einzelfallumstände und Einordnung der Tätigkeit des Verstorbenen als Wie-Beschäftigung zu Recht auf den auch nach Auffassung der Beklagten erheblichen fremdwirtschaftlichen Wert und den Umstand, dass die Tätigkeit auf "Fremdbaustellen" erfolgte, abgestellt hat. Der Senat hält die vom Sozialgericht vorgenommene Würdigung der im Verwaltungsverfahren seitens der Klägerin bzw. ihrem Sohn gemachten Angaben sowie die Würdigung der Zeugenaussagen hinsichtlich der von L. tatsächlich im Jahr 2009 erbrachten Hilfeleistungen in vollem Umfang für überzeugend. Auch der Senat geht davon aus, dass L. an den im Schriftsatz vom 15.06.2011 konkret dargestellten Tagen (27., 28.01. und 30.01., 31.07., 23.09., 23.10., 14.11. und 11.12.2009) als Flockhelfer tätig war. Ferner steht für den Senat in Anknüpfung an die Darstellung des Sozialgerichts ebenfalls fest, dass die Tätigkeit auf "Fremdbaustellen" erfolgt. Dies entsprach aber weder dem Umfang nach noch dem Tätigkeitsort nach dem, was zwischen Familienangehörigen regelmäßig üblicherweise an Hilfestellungen erwartet und geleistet wird. Es ist regelmäßig nicht üblich, dass ein anderweitig beschäftigter Arbeitnehmer seinem Sohn in dessen Unternehmen ganztägig wiederkehrende Hilfeleistungen gibt, insbesondere nicht an Wochentagen von Montag bis Freitag, wie es hier bis auf zwei Termine der Fall war. Entgegen der Auffassung der Beklagten macht es bei der Würdigung der Üblichkeit familiärer Hilfestellungen einen erheblichen Unterschied, ob die Hilfe auf einer "familiären" Baustelle oder auf "Fremdbaustellen" erfolgt, auch wenn es sich gleichermaßen um "Betriebsstätten" handelt. Bei der Mithilfe auf einer "familiären" Baustelle kann zur Überzeugung des Senats nach allgemeinen Verkehrsauffassung sehr wohl von einer üblichen Hilfestellung zwischen Familienangehörigen ausgegangen werden. Die Mithilfe unter Familienangehörigen bei privaten Bau-, Umbau- oder Renovierungsmaßnahmen ist ein regelmäßig im Alltag an-zutreffender Sachverhalt. Ein Unternehmer, dessen Erwerbstätigkeit sich im Bausektor abspielt, kann jedoch nicht unter Berufung auf diese Üblichkeit auf die Mithilfe seiner Familienangehörigen hoffen. Der vorliegende Sachverhalt verdeutlicht zwar, dass es auch in dieser Konstellation zu solchen Hilfestellungen kommt. Der Senat ist jedoch davon überzeugt, dass dies über den Umfang dessen hinausgeht, was auf Grund verwandtschaftlicher Beziehungen üblicherweise erwartet und geleistet wird.

Soweit die Beklagte weiter einwendet, in allen Fällen (Fremdbaustellen und familiäre Baustel-len) sei die Handlungstendenz in der Einsparung einer fremden zu entlohnenden Arbeitskraft zu sehen, ist dem nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nicht zu folgen. Vielmehr ist zwischen der Handlungstendenz und der Motivation für die Tätigkeit zu unterscheiden (BSG, Urteil vom 05.03.2002, B 2 U 9/01 R in Juris). Die Handlungstendenz des L. war in erster Linie unmittelbar auf die Durchführung der Tätigkeit eines Flockhelfers auf einer fremden Baustelle gerichtet. Dort wurde er tätig und verrichtete die dort anfallende spezifische Arbeit. Seine sicher auch gegebene Absicht (Motivation), seinen Sohn dadurch zu unterstützen, dass sich durch seine Mithilfe dessen unternehmerischer Profit erhöhte, ist nach dem eben genannten Urteil des Bundessozialgerichts ein unerhebliches Motiv. Auch für die hier streitige Frage, ob überhaupt eine Wie-Beschäftigung vorliegt, hält der Senat in Anknüpfung an diese Rechtsprechung dieses Motiv im Vergleich zur maßgeblichen Frage der "Üblichkeit" bestimmter Verhaltensweisen nicht für ausschlaggebend. Denn andernfalls käme zwischen Familienangehörigen letztlich nie ein Versicherungsschutz im Rahmen einer Wie-Beschäftigung in Betracht, was - wie bereits dargestellt - unzutreffend ist.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist das Sozialgericht unter überzeugender Würdigung der Aussagen der Zeugen H. und B. zu der Auffassung gelangt, dass es sich bei der Tätigkeit des L. nicht um eine relativ gefahrlose untergeordnete Hilfstätigkeit handelte, sondern dass die Tätigkeit mit den meisten Gefahren, die von einer Baustelle ausgehen, und die sich hier in tragischer Weise realisiert haben, verbunden war. Es trifft zwar zu, dass die eben genannten Zeugen nicht mit dem Verstorbenen zusammen auf der Baustelle waren und der Sohn auf die gerichtliche Zeugenbefragung keine näheren Angaben zu dem Tätigkeitsbild seines Vaters machte. Er führte jedoch eindeutig aus, dass sein Vater als Flockhelfer tätig war. Es liegen hier keinerlei Anhaltspunkte dafür vor, dass das von den Zeugen H. und B. allgemein geschilderte Tätigkeitsbild eines Flockhelfers auf den Vater gerade nicht zutraf. Denn schließlich war er allein mit seinem Sohn auf den Baustellen, sodass eine weitere Hilfsperson, die eventuell gefahrgeneigtere Arbeiten übernommen hätte, nicht zur Verfügung stand. Zudem konnte der Zeuge B. über seine eigene Erfahrung als Flockhelfer des Sohnes des L. berichten. Die Übertragung seiner Tätigkeitsbeschreibung auf die vom Vater verrichtete Tätigkeit ist gerechtfertigt. Der Annahme der Beklagten, L. habe sich anders als der Zeuge B. bei seiner Helfertätigkeit außerhalb von Gebäuden und damit auf ungefährlicherem Terrain befunden, steht bereits entgegen, dass L. innerhalb des Gebäudes, also auf gefährlichem Terrain, in den Kellerschacht stürzte.

Zu Recht ist das Sozialgericht weiter davon ausgegangen, dass der familiären Bindung vorlie-gend keine wesentliche Bedeutung zukam, insbesondere nicht von typischen familiären Gefäl-ligkeitsleistungen im wechselseitigen Beistand ausgegangen werden kann. Fakt ist, dass das Ausmaß der gegenseitigen Hilfeleistungen von einer Einseitigkeit der Gestalt geprägt war, dass der Sohn dem Verstorbenen und der Klägerin nur in geringerem Umfang gelegentlich Hilfestel-lungen gab. Soweit die Beklagte insoweit von einer "eher zufälligen Konstellation" ausgeht und in den Raum stellt, dass bei einem anfallenden Hilfebedarf der Eltern der Sohn durchaus in grö-ßerem Umfang geholfen hätte, begibt sie sich genauso, wie sie dies andererseits hinsichtlich der von der Klägerin vermuteten Entwicklung der weiteren Zusammenarbeit zwischen Vater und Sohn selbst ablehnt, auf das Gebiet der Spekulation. Die vom Sozialgericht als sehr gut dargestellten familiären Bindungen stehen der Annahme einer Wie-Beschäftigung nicht entgegen. Maßgeblich ist - wie dargestellt - die Üblichkeit der erbrachten Hilfestellung und nicht, ob diese in einem guten oder in einem zerstrittenen Familienklima gewährt wurde.

Der von der Beklagten im Widerspruchsbescheid unter Zitierung verschiedener zweitinstanzli-cher Urteile (Urteile des bayerischen LSG vom 05.12.2006, L 17 U 166/04; 14.02.2007, L 2 U 140/06 und 28.05.2008, L 2 U 28/08 alle in juris) dargestellten Argumentation, selbst eine Ar-beitsleistung von über 80 Stunden jährlich könne noch durch ein Verwandtschaftsverhältnis geprägt werden, ist - in dieser Allgemeinheit - grundsätzlich zuzustimmen. Die Beklagte übersieht jedoch, dass die Anzahl der Arbeitsstunden kein isoliert zu betrachtendes Kriterium darstellt. Insbesondere kann nicht aus dem zeitlichen Umfang der Tätigkeit auf die Üblichkeit der Hilfestellung geschlossen werden. Vielmehr ist umgekehrt zu prüfen, ob die Hilfestellung ihrer Art und in ihrem zeitlichen Umfang nach als in einer solchen Verwandtschaftsbeziehung üblich angesehen werden kann. So ergibt sich beispielsweise bei der Beaufsichtigung von Enkelkindern durch Großeltern, welche regelmäßig übliche familiäre Hilfestellung ist, bei entsprechender Berufstätigkeit der Eltern unter Umständen sehr schnell über das Jahr betrachtet eine sehr hohe Stundenanzahl, ohne dass eine Wie-Beschäftigung vorläge. Andererseits kann auch eine vergleichsweise kurze Beschäftigung derart ungewöhnlich im Rahmen eines familiären Verhältnisses sein, dass sie zur Begründung einer Wie-Beschäftigung ausreicht. Der hier nachgewiesene zeitliche Umfang liegt angesichts der Art der Tätigkeit (Bauhelfer im Erwerbsgeschäft) jedenfalls über dem, was zwischen Familienangehörigen als übliche Gefälligkeit angesehen werden könnte. Anzumerken ist, dass sich der Senat nicht im Widerspruch zu den von der Beklagten im Widerspruchsbescheid zitierten Urteilen (s.o.) sieht. Diese betrafen durchgängig "Familienbaustellen".

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der von der Beklagten ebenfalls zitierten Entscheidung des Bayerischen Landessozialgerichts vom 26.07.2006 (L 2 U 432/04). Dort wurde in größeren Umfang gegenseitig Hilfe geleistet - was vorliegend gerade nicht der Fall war. Die Sachverhalte sind mithin nicht vergleichbar.

Aus dem Umstand, dass keine Anmeldung zur Sozialversicherung erfolgte, können im vorlie-genden Fall keine Rückschlüsse gezogen werden. Die unterbliebene Anmeldung ist schließlich gerade der Ausgangspunkt für die hier vom Sozialgericht getroffene Einordnung als Wie-Beschäftigung. Im Übrigen ist bezeichnend, dass dem Sohn des L. noch im unmittelbaren zeitli-chen Zusammenhang mit dem Unfall aufging, dass sein Vater hier letztlich die Rolle eines Be-schäftigten eingenommen hatte und er deswegen - auch wenn vornehmlich wegen des Versiche-rungsschutzes - die später nicht weiter verfolgte Anmeldung zur Sozialversicherung veranlasste. Dies bekräftigt, dass auch aus Sicht des Sohnes sein Vater wie ein Beschäftigter tätig war.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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