S 7 RS 1837/09

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
SG Chemnitz (FSS)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 7 RS 1837/09
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Nach der Entscheidung des BSG vom 23.08.2007 (B 4 RS 4/06 R) stellen nur solche Arbeitsentgelte iS des § 14 SGB IV einen Verdienst iS des § 6 Abs 1 Satz 1 AAÜG dar, die auch als Gegenleistung des Arbeitgebers für die erbrachte Arbeitsleistung
des Versicherten anzusehen sind (so auch Sächsisches Landessozialgericht, Urteil vom
07.08.2012, L 5 RS 45/10). Beim Verpflegungsgeld (bzw. der kostenlosen Verpflegung als Sachbezug), Bekleidungsgeld und bei einmaligen Vergütungen für langjährige Dienstzeiten und Prämien für Auszeichnungen für Angehörige der Deutschen Volkspolizei handelt es sich nicht um solche Gegenleistungen.
I. Die Klage wird abgewiesen. II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte als Versorgungsträger für das Son-derversorgungssystem der Anlage 2 Nr. 2 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) verpflichtet ist, nach § 8 AAÜG als tatsächlich erzieltes Arbeitsentgelt auch die der Klägerin kostenlos zur Verfügung gestellte Verpflegung, das an die Klägerin gezahlte Verpflegungs- und Bekleidungsgeld, die einmaligen Vergütungen aufgrund absolvierter Dienstzeiten sowie Prämienzahlungen aufgrund der Verleihung von Verdienstmedaillen und Ehrenzeichen festzustellen.

Die am 00.00.1935 geborene Klägerin war vom 21.08.1954 bis zum 30.09.1990 Angehörige der Deutschen Volkspolizei.

Mit Bescheid vom 22.06.1995 (vgl. Bl. 33 der Verwaltungsakte der Beklagten -VA -) stellte die Beklagte die Zeit vom 21.08.1957 bis 30.09.1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Sonderversorgungssystem des ehemaligen Ministeriums des Inneren und die Höhe des in diesem Zeitraum erzielten Entgelts fest. Als Anlage beigefügt war eine Entgeltbescheinigung nach § 8 Abs. 2 AAÜG für den Zeitraum 21.08.1957 bis 30.09.1990. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig.

Ab dem 01.09.1995 (vgl. Bl. 26 VA) bezog die Klägerin eine Altersrente für Frauen.

Mit Schreiben vom 27.12.2008 (vgl. Bl. 35 VA) beantragte die Klägerin die Überprüfung des Bescheides der Beklagten und machte die Berücksichtigung ihrer Zuschläge und Abgeltungen für die Zeit ihrer Zugehörigkeit zum Versorgungssystem unter Hinweis auf die Entscheidung des Bundessozialgerichtes (BSG) vom 23.08.2007 (B 4 RS 4/06 R) geltend.

Mit Bescheid vom 15.06.2009 (vgl. Bl. 42 VA) und bestätigendem Widerspruchsbescheid vom 03.12.2009 (vgl. Bl. 56 VA) lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin ab und begründete dies im Wesentlichen damit, dass die Einbeziehung von Zuschlägen und Abgeltungen der Rentenüberleitung und den vom Gesetzgeber mit dem AAÜG bezweckten Regelungszielen widerspräche, auch wenn allein der Entgeltbegriff im Sinne des § 14 SGB IV erfüllt wäre.

Die Klägerin hat am 18.12.2009 Klage erhoben und zur Begründung im Wesentlichen vorgetragen, dass die nach der Besoldungsordnung des Ministers des Inneren und Chefs der Deutschen Volkspolizei gezahlten und in der Besoldungsstammkarte ausgewiesenen Be-soldungsbestandteile, wie Zulagen, Zuschläge und die persönlichen Vergütungen – wie Verpflegungsgeld sowie Zuschüsse &8722;, bei der Feststellung der während der Zugehörigkeit zum Sonderversorgungssystem des Ministeriums des Inneren tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte im Sinne des § 8 AAÜG zu berücksichtigen seien. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sei dem Begriff des Arbeitsentgelts im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 und § 8 Abs. 1 Satz 2 AAÜG der bundesdeutsche Begriff des Arbeitsentgelts im Sinne des § 14 Abs. 1 SGB IV nach der zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des AAÜG am 01.08.1991 geltenden Fassung zugrunde zu legen. Arbeitsentgelte seien danach alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen bestehe, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet würden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt würden. Einnahmen seien neben den Einnahmen in Geld auch alle Güter in Geldeswert, damit zähle auch eine Naturalvergütung (Sachleistung) zum Arbeitsentgelt. Sachleistung sei jede Vergütung, die nicht in Geld oder durch bargeldlose Geldleistung gewährt werde, hierunter fallen insbesondere Kost und Unterkunft. Die in der Besoldungsstammkarte der Klägerin ausgewiesenen und nach der Besoldungsordnung des Ministers des In-neren und Chefs der Deutschen Volkspolizei geleisteten Besoldungsbestandteile, wie Zulagen, Zuschläge und die persönlichen Vergütungen, seien Arbeitsentgelt in diesem Sinne. Der Zusammenhang zwischen der Beschäftigung des Versorgungsberechtigten beim Mi-nisterium des Inneren bzw. bei den Organen der Feuerwehr und des Strafvollzuges sowie der Deutschen Volkspolizei und der Zahlung der in der Besoldungsstammkarte ausgewiesenen Besoldungsbestandteile ergebe sich unmittelbar aus der Besoldungsordnung. Danach seien Bestandteile der Besoldung neben den Dienstbezügen auch Zulagen und Zuschläge. Bei den Zulagen und Zuschlägen handele es sich &8722; gemessen an den Maßstäben des am 01.08.1991 gültigen bundesdeutschen Steuerrechts &8722; um steuerpflichtige Einkommensbe-standteile nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 des Einkommenssteuergesetzes (EStG). Für die nach der Besoldungsordnung des Ministers des Inneren und Chefs der Deutschen Volkspolizei gewährten persönlichen Vergütungen, wie Verpflegungs- und Bekleidungsgeld sowie Zuschüsse, gelte nichts anderes. Es komme nicht darauf an, ob die Zahlungen in der ehemaligen DDR widerruflich und nicht ruhegehaltsfähig waren. Denn hinsichtlich der Einstufung als Arbeitsentgelt sei rechtlich nicht an das DDR-Recht anzuknüpfen (vgl. Bl. 1, 27, 43, 75 der Gerichtsakte – GA &8722;).

Die Klägerin beantragt (vgl. Bl. 1, 43 GA),

den Bescheid der Beklagten vom 15.06.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.12.2009 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Entgeltbescheid vom 22.06.1995 dahingehend zu ändern, dass als Arbeitsentgelt im Sinne des § 8 AAÜG

- der Sachbezug kostenloser Verpflegung für den Zeitraum 21.08.1957 bis April 1960

- die Zahlung des Verpflegungsgeldes

- für das Jahr 1960 in Höhe von 820,75 Mark - für das Jahr 1961 in Höhe von 1.222,75 Mark - für das Jahr 1962 in Höhe von 1.222,75 Mark - für das Jahr 1963 in Höhe von 1.222,75 Mark - für das Jahr 1964 in Höhe von 1.222,75 Mark - für das Jahr 1965 in Höhe von 1.222,75 Mark - für das Jahr 1966 in Höhe von 1.222,75 Mark - für das Jahr 1967 in Höhe von 1.222,75 Mark - für das Jahr 1968 in Höhe von 1.222,75 Mark - für das Jahr 1969 in Höhe von 1.222,75 Mark - für das Jahr 1970 in Höhe von 1.222,75 Mark - für das Jahr 1971 in Höhe von 1.345,15 Mark - für das Jahr 1972 in Höhe von 1.368,75 Mark - für das Jahr 1973 in Höhe von 1.368,75 Mark - für das Jahr 1974 in Höhe von 1.552,20 Mark - für das Jahr 1975 in Höhe von 1.552,20 Mark - für das Jahr 1976 in Höhe von 1.552,20 Mark - für das Jahr 1977 in Höhe von 1.552,20 Mark - für das Jahr 1978 in Höhe von 1.552,20 Mark - für das Jahr 1979 in Höhe von 1.552,20 Mark - für das Jahr 1980 in Höhe von 1.552,20 Mark - für das Jahr 1981 in Höhe von 1.552,20 Mark - für das Jahr 1982 in Höhe von 1.552,20 Mark - für das Jahr 1983 in Höhe von 1.552,20 Mark - für das Jahr 1984 in Höhe von 1.552,20 Mark - für das Jahr 1985 in Höhe von 1.552,20 Mark - für das Jahr 1986 in Höhe von 1.598,10 Mark - für das Jahr 1987 in Höhe von 1.644,00 Mark - für das Jahr 1988 in Höhe von 1.644,00 Mark - für das Jahr 1989 in Höhe von 1.644,00 Mark - für das Jahr 1990 in Höhe von 1.233,00 Mark

- die Zahlung des Bekleidungsgeldes

- für das Jahr 1957 in Höhe von 100,00 Mark - für das Jahr 1958 in Höhe von 360,00 Mark - für das Jahr 1959 in Höhe von 360,00 Mark - für das Jahr 1960 in Höhe von 120,00 Mark - für das Jahr 1966 in Höhe von 60,00 Mark - für das Jahr 1967 in Höhe von 357,00 Mark - für das Jahr 1968 in Höhe von 540,00 Mark - für das Jahr 1969 in Höhe von 540,00 Mark - für das Jahr 1970 in Höhe von 540,00 Mark - für das Jahr 1971 in Höhe von 540,00 Mark - für das Jahr 1972 in Höhe von 540,00 Mark - für das Jahr 1973 in Höhe von 540,00 Mark - für das Jahr 1974 in Höhe von 540,00 Mark - für das Jahr 1975 in Höhe von 540,00 Mark - für das Jahr 1976 in Höhe von 540,00 Mark - für das Jahr 1977 in Höhe von 405,00 Mark

- die Zahlung einer einmaligen Vergütung

- nach vollendeter 20-jähriger Dienstzeit im Jahr 1974 i. H. v. 1.000,00 Mark - nach vollendeter 25-jähriger Dienstzeit im Jahr 1979 i. H. v. 1.500,00 Mark - nach vollendeter 30-jähriger Dienstzeit im Jahr 1984 i. H. v. 1.500,00 Mark - nach vollendeter 35-jähriger Dienstzeit im Jahr 1989 i. H. v. 1.500,00 Mark

- die Zahlung von Prämien

- aufgrund der Auszeichnung mit der Verdienstmedaille des Ministeriums des Inneren in Bronze im Jahr 1973 in Höhe von 200,00 Mark - aufgrund der Auszeichnung mit der Verdienstmedaille des Ministeriums des Inneren in Silber im Jahr 1981 in Höhe von 500,00 Mark - aufgrund der Auszeichnung mit dem Ehrenzeichen der Deutschen Volkspo-lizei im Jahr 1989 in Höhe von 1.500,00 Mark

festgestellt werden.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen

und trägt zur Begründung im Wesentlichen vor, dass die streitgegenständlichen Zulagen bzw. Zuschläge von vornherein kein Arbeitsentgelt darstellen würden, da sie kein Gegenwert oder Gegenleistung für die erbrachte Arbeitsleistung seien. Im Weiteren werde auf die Begründung des Bescheides in der Gestalt des Widerspruchsbescheides verwiesen (vgl. Bl. 20, 35, 72, 79 GA).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der vorgelegten Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Das Gericht konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis gemäß § 124 Abs. 2 SGG gegeben haben (vgl. Bl. 78, 79 GA).

Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 15.06.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.12.2009 verpflichtet wird, den Bescheid vom 22.06.1995 dahingehend abzuändern, die kostenlose Verpflegung, das Verpflegungsgeld, das Beklei-dungsgeld, die gezahlten Prämien und einmaligen Vergütungen (im Weiteren: Einnahmen) bei der Höhe des erzielten Arbeitsentgeltes mit zu berücksichtigen.

Rechtsgrundlage für das klägerische Begehren ist § 44 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 Satz 1 SGB X. Danach hat die Beklagte einen Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar (und damit zugleich bindend) geworden ist, mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen, wenn bei seinem Erlass u. a. das Recht unrichtig angewandt worden ist. Die Voraussetzungen für eine solche Rücknahme bzw. Abänderung des bestandskräftig gewordenen Entgeltbescheides sind hier nicht erfüllt, denn die Beklagte hat die Arbeitsentgelte nach dem AAÜG korrekt festgestellt.

Gemäß § 8 Abs. 1 AAÜG hat die Beklagte als der für das Sonderversorgungssystem des Ministeriums des Inneren (Anlage 2 Nr. 2 des AAÜG) zuständige Versorgungsträger in einem dem Vormerkungsverfahren ähnlichen Verfahren durch jeweils einzelne Verwaltungsakte bestimmte Feststellungen zu treffen. Nachdem sie zuvor den persönlichen Anwendungsbereich des AAÜG bejaht und die Zeiten der Zugehörigkeit zum Sonderversorgungssystem festgestellt hat, hat sie u. a. auch das während dieser Zeiten erzielte Arbeits-entgelt oder Arbeitseinkommen (= Arbeitsverdienste) festzustellen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 AAÜG) (vgl. BSG, Urteil vom 23.08.2007, B 4 RS 4/06 R, Rdnr. 14).

Maßstabsnorm, nach der sich bestimmt, welche Arbeitsverdienste den Zugehörigkeitszeiten zu einem Versorgungssystem der DDR zuzuordnen sind, ist § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG. Danach ist den Pflichtbeitragszeiten nach diesem Gesetz für jedes Kalenderjahr als Ver-dienst (§ 256 a Abs. 2 SGB VI) das erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zugrunde zu legen. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (vgl. Urteil vom 23.08.2007, B 4 RS 4/06 R, Rdnr. 19) folgt aus dem Wort "erzielt" im Zusammenhang mit § 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG, dass es sich um Entgelt oder Einkommen handeln muss, das dem Berechtigten während der Zugehörigkeitszeiten zum Versorgungssystem "aufgrund" seiner Beschäftigung "zugeflossen", ihm also tatsächlich gezahlt worden sei. Insoweit sei auch noch zu erkennen, dass es sich um eine Gegenleistung für die erbrachte Arbeitsleistung handeln muss. Des Weiteren mache der Normtext deutlich, dass es allein auf das in der DDR tatsächlich erzielte Arbeitsentgelt (oder -einkommen) ankomme; er stelle nicht darauf ab, ob dieses in der DDR einer Beitrags- oder Steuerpflicht unterlag. Welche dieser Gegenleistungen jedoch letztlich als Arbeitsentgelt anzusehen sei, ergebe sich nicht aus § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG (vgl. BSG, Urteil vom 23.08.2007, B 4 RS 4/06 R, Rdnr. 19).

Daraus ergibt sich, dass nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes als Verdienst im Sinne von § 6 Abs. 1 AAÜG nur solches Entgelt oder Einkommen anzusehen ist, das

- tatsächlich gezahlt wurde und

- Arbeitsentgelt im Sinne von § 14 SGB IV ist und

- eine Gegenleistung des Arbeitgebers für die erbrachte Arbeitsleistung darstellt.

Ausgehend von diesen Grundsätzen sind die von der Klägerin geltend gemachten Einnahmen nicht als Verdienst im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG anzusehen, da sie keine Gegenleistung für die erbrachte Arbeitsleistung darstellen.

Dabei kann offen bleiben, ob das Bundessozialgericht den Begriff der "Gegenleistung" als eigenständiges Tatbestandsmerkmal des § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG neben dem Begriff des "Arbeitsentgeltes" im Sinne von § 14 SGB IV ansieht (wie es sich aus der Formulierung in Rdnr. 19 ergibt) oder ob es den Arbeitsentgeltbegriff im Sinne von § 14 SGB IV eingrenzend auslegen wollte, indem es als Arbeitsentgelt im Sinne von § 14 SGB IV nur solche Einnahmen werten wollte, die als Gegenleistung des Arbeitgebers für eine konkret zu er-mittelnde Arbeitsleistung des Beschäftigten erbracht wurden (wie man möglicherweise aus Rdnr. 32 des Urteils des BSG vom 23.08.2007 herauslesen könnte). Zwar ist dem Kläger-bevollmächtigten bei letzterem insoweit Recht zu geben, dass der Begriff des Arbeitsentgelts im Sinne von § 14 SGB IV nach der bisherigen Rechtsprechung weiter gefasst ist und nicht nur Einnahmen erfasst, die als Gegenleistung für die Arbeitsleistung des Beschäftigten gezahlt werden. Denn zum Arbeitsentgelt im Sinne von § 14 SGB IV gehören nach dieser Rechtsprechung alle Einnahmen, die nicht nur unmittelbar (als Gegenleistung) aus der Beschäftigung, sondern auch solche, die "nur" im Zusammenhang mit der Beschäftigung erzielt werden, wie Gratifikationen, Gewinnbeteiligung, sonstige Vorteile, Prämien u. ä. (vgl. Kasseler Kommentar, § 14 SGB IV Rdnr. 23 ff.).

Dies kann aber dahinstehen, da sich aus der Entscheidung des Bundessozialgerichtes vom 23.08.2007 für beide Varianten ergibt, dass es nur solche Arbeitsentgelte im Sinne von § 14 SGB IV als Verdienst im Sinne von § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG gewertet wissen wollte, die auch als Gegenleistung des Arbeitgebers für eine Arbeitsleistung des Beschäftigten anzusehen sind und nicht bereits jede Einnahme, die "nur" im Zusammenhang mit der Be-schäftigung steht. Dies lässt sich auch im Weiteren aus der Entscheidung des Bundessozialgerichtes vom 23.08.2007 herauslesen. Denn das Bundessozialgericht hat hinsichtlich der dort streitigen Jahresendprämie nicht nur geprüft, ob diese Arbeitsentgelt im Sinne von § 14 SGB IV ist, sondern auch, ob sie eine "Gegenleistung" darstellt. Dies hat das BSG in der o.g. Entscheidung mit der Begründung bejaht, dass die Jahresendprämie in der DDR vom Betriebsergebnis (Erfüllung oder Übererfüllung der Planaufgaben) abhängig war und damit letztlich eine Gegenleistung des Betriebs für die von dem Werktätigen im jeweiligen Planjahr erbrachte Arbeitsleistung gewesen sei (vgl. BSG, Urteil vom 23.08.2007, B 4 RS 4/06 R, Rdnr. 32).

Da es sich sowohl bei der als Sachbezug kostenlos zur Verfügung gestellten Verpflegung, als auch beim Verpflegungs- und Bekleidungsgeld, den einmaligen Vergütungen nach bestimmten Dienstzeiten sowie den Prämienzahlungen aufgrund der Auszeichnung mit Ver-dienstmedaillen des Ministeriums des Inneren bzw. dem Ehrenzeichen der Deutschen Volkspolizei um keine "Gegenleistung" des Arbeitgebers für eine konkrete Arbeitsleistung handelt (so auch für Treueprämien und zusätzliche Belohnungen: Sächsisches Landessozialgericht, Urteil vom 07.08.2012, L 5 RS 45/10, Rdnr. 27), sind diese nicht als Verdienst im Sinne von § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG anzusehen und demzufolge auch nicht von der Beklagten gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 als tatsächlich erzieltes Arbeitsentgelt oder Arbeitsein-kommen festzustellen.

Die Kostenentscheidung folgt der Entscheidung in der Hauptsache (§ 193 SGG).

Gründe für die Zulassung der Sprungrevision gemäß § 161 SGG sind nicht gegeben, da die Rechtssache aufgrund der Entscheidung des BSG keine grundsätzliche Bedeutung (mehr) hat und das Gericht nicht von dieser Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes abweicht.

Rechtsmittelbelehrung:

Dieses Urteil kann mit der Berufung angefochten werden.

Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim Sächsischen Landessozialgericht, Parkstraße 28, 09120 Chemnitz, schriftlich, mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäfts-stelle oder in elektronischer Form einzulegen.

Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist beim Sozialgericht Chemnitz, Fachgerichtszentrum, Straße der Nationen 2 - 4, 09111 Chemnitz schriftlich, mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle oder in elektronischer Form eingelegt wird.

Die elektronische Form wird durch eine qualifiziert signierte Datei gewahrt, die nach den Maßgaben der Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz und für Europa über den elektronischen Rechts-verkehr in Sachsen (SächsERVerkVO) vom 6. Juli 2010 (SächsGVBl. S. 190) in den elektronischen Ge-richtsbriefkasten zu übermitteln ist; nähere Hinweise finden Sie auf der Internetseite www.egvp.de.

Die Einlegung der Berufung durch einfache E-Mail wahrt daher die Form nicht. Es wird darauf hingewiesen, dass das Rechtsmittel innerhalb der Frist in der vorgeschriebenen Form einzulegen ist.

Die Berufungsschrift soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung der Berufung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

Der Vorsitzende der 7. Kammer

Wunderlich Richter am Sozialgericht
Rechtskraft
Aus
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