Land
Hessen
Sozialgericht
SG Darmstadt (HES)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
S 8 KR 767/11
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 1 KR 400/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 12 KR 72/14 B
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Der Gesellschaftergeschäftsführer einer oHG übt eine selbstständige Tätigkeit aus und ist nicht bei der oHG abhängig beschäftigt.
Wer gem. § 126 HGB zur Vertretung der oHG (im Außenverhältnis unbeschränkt und unbeschränkbar) befugt ist, ein Stimmrecht in der Gesellschafterversammlung hat und nur nach gesellschaftsrechtlichen Vorschriften von der Geschäftsführung und Vertretung ausgeschlossen werden kann, ist Gesellschafter der oHG. Folge hiervon ist die gesamtschuldnerische, persönliche, unbeschränkte, unmittelbare und primäre Haftung für Verbindlichkeiten der Gesellschaft gem. § 128 HGB. Dies gilt auch dann, wenn eine Eintragung als Gesellschafter der oHG im Handelsregister unterblieben ist.
Wer gem. § 126 HGB zur Vertretung der oHG (im Außenverhältnis unbeschränkt und unbeschränkbar) befugt ist, ein Stimmrecht in der Gesellschafterversammlung hat und nur nach gesellschaftsrechtlichen Vorschriften von der Geschäftsführung und Vertretung ausgeschlossen werden kann, ist Gesellschafter der oHG. Folge hiervon ist die gesamtschuldnerische, persönliche, unbeschränkte, unmittelbare und primäre Haftung für Verbindlichkeiten der Gesellschaft gem. § 128 HGB. Dies gilt auch dann, wenn eine Eintragung als Gesellschafter der oHG im Handelsregister unterblieben ist.
1. Der Bescheid der Beklagten vom 15.03.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.10.2011 wird aufgehoben.
2. Es wird festgestellt, dass der Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit bei der Firma C. seit dem 01.05.2010 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegt.
3. Die Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten, ob der Kläger als Geschäftsführer der Autoteile C. seit dem 01.05.2010 in der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung versicherungspflichtig beschäftigt gewesen ist.
Seit dem 01.05.2010 ist der Kläger Geschäftsführer der Autoteile C. Der Kläger ist nicht als Gesellschafter der OHG im Handelsregister eingetragen. Als Gesellschafter der OHG im Handelsregister eingetragen sind Frau I. A. und Herr A. J. L. Am 03.05.2010 schloss der Kläger mit der Autoteile C. eine Vereinbarung ab. Nach § 1 Abs. 1 der Vereinbarung wird der Kläger Geschäftsführer des Unternehmens. Nach § 1 Abs. 2 der Vereinbarung übernimmt er eigenverantwortlich die vollständige Leitung sämtlicher Geschäftsbelange. Nach § 1 Abs. 5 erstreckt sich die Tätigkeit des Klägers auf alle Handlungen, die der Betrieb mit sich bringt. Nach § 1 Abs. 5 ist der Kläger befugt, Gesellschafterbeschlüsse herbeizuführen. Außerdem steht ihm nach § 1 Abs. 5 der Vereinbarung ein Stimmrecht bei Beschlüssen der Gesellschafter zu. Nach § 1 Abs. 6 der Vereinbarung bestimmt der Kläger selbst über Zeit, Ort und Inhalt seiner Tätigkeit. Er steht dem Unternehmen zur Verfügung, soweit dies das Wohl des Unternehmens erfordert. Einer Weisungsbindung unterliegt der Kläger nicht. In § 2 der Vereinbarung ist die Vertretungsbefugnis des Klägers geregelt. Danach ist er von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit und zur Alleinvertretung berechtigt. Weiter steht in § 2 der Vereinbarung wörtlich: "Es gilt § 126 HGB". Nach § 3 Abs. 2 der Vereinbarung kann der Vertrag beiderseits mit einer Frist von sechs Monaten gekündigt werden. Eine Kündigung durch die Gesellschaft bedarf nach § 3 Abs. 2 Satz 2 der Vereinbarung eines vorhergehenden Gesellschafterbeschlusses. In § 5 der Vereinbarung ist die Vergütung geregelt. Nach § 5 Abs. 1 der Vereinbarung zahlt sich der Kläger ein Bruttoentgelt in Höhe von 30.000,00 EUR, zahlbar in 12 Monatsraten jeweils zum Ende eines Kalendermonats. Nach § 5 Abs. 2 der Vereinbarung erhält er zusätzlich eine Gewinnbeteiligung in Höhe von 10% des Bilanzgewinnes. Nach § 5 Abs. 3 der Vereinbarung wird die in § 5 Abs. 1 geregelte Vergütung und die in § 5 Abs. 2 geregelte Gewinnbeteiligung vom Kläger und den Gesellschaftern in Abhängigkeit von den wirtschaftlichen Verhältnissen des Unternehmens bestimmt. In § 7 der Vereinbarung ist geregelt, dass der Kläger die Dauer und die Lage seines Urlaubs eigenständig bestimmt, ausgerichtet an den betrieblichen Erfordernissen. Er bedarf ausdrücklich keiner Zustimmung. Nach § 8 der Vereinbarung erklärt der Kläger sich bereit, aufgrund der ausgeübten Tätigkeit und seiner Stellung im Unternehmen, das Unternehmen wirtschaftlich zu unterstützen, beispielsweise durch die Übernahme von Bürgschaften oder das Einbringen von Kapital. Einzelheiten bedürfen danach jeweils einer gesonderten Absprache. Ebenfalls am 03.05.2010 schloss der Kläger mit der Gesellschafterin Frau I. A., die die Mutter des Klägers ist, eine Stimmrechtsvereinbarung ab. Danach üben der Kläger und Frau A. die ihnen zustehenden Stimmrechte einstimmig aus.
Gemäß § 5 des Gesellschaftsvertrages steht die Führung der Geschäfte der Gesellschaft jedem der Gesellschafter zu. Jeder Gesellschafter ist berechtigt, die Gesellschaft alleine zu vertreten. Gemäß § 13 des Gesellschaftsvertrages können Beschlüsse der Gesellschafter nur einstimmig gefasst werden. Sollte bei einer zweiten Abstimmung über ein von der Gesellschafterin I. A. gestellten Antrag keine Einigung herbeigeführt werden, so entscheidet die Stimme der Frau I. A. Im Übrigen gilt bei Stimmengleichheit der Antrag als abgelehnt.
Am 13.07.2010 beantragte der Kläger bei der Beklagten die versicherungsrechtliche Beurteilung seines Beschäftigungsverhältnisses bei der Autoteile C. Der Kläger war der Auffassung, dass es sich bei seiner Tätigkeit nicht um eine abhängige Beschäftigung im Sinne des § 7 SGB IV handelt. Er gab an, er sei alleinvertretungsberechtigt sowie von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. Er sei auch befugt, Gesellschafterbeschlüsse herbeizuführen und bei der Beschlussfassung mit abzustimmen. Die Stimmrechte seien nur einstimmig auszuüben. Damit habe der Kläger nicht nur tatsächlich, sondern auch rechtlich die Möglichkeit, Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft zu nehmen. In dem Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Beschäftigungsverhältnisses zwischen Angehörigen gab der Kläger an, seine Arbeitszeit nach Belieben bestimmen zu können. Er erziele monatlich ein regelmäßiges Arbeitsentgelt von 2.500,00 EUR brutto. Eine arbeitsvertragliche Vereinbarung verneinte der Kläger. Des Weiteren verneinte er eine Eingliederung wie eine fremde Arbeitskraft und Weisungsgebundenheit. Er gab an, eine andere Arbeitskraft hätte ohne seine Mitarbeit nicht eingestellt werden müssen und sein Arbeitsentgelt entspreche nicht dem tariflichen bzw. ortsüblichen Gehalt, da es an die wirtschaftliche Situation der Firma angepasst werde. Des Weiteren gab er an, er könne seine Tätigkeit frei bestimmen und gestalten und wirke bei der Führung des Betriebes mit. Die Mitarbeit sei aufgrund familienhafter Rücksichtnahme durch ein gleichberechtigtes Nebeneinander zum Betriebsinhaber geprägt. Er bejaht das Bestehen eines Urlaubsanspruchs. Er gab an, das Arbeitsentgelt werde monatlich regelmäßig gezahlt. Außerdem erhalte er eine Gewinnbeteiligung in Höhe von 10%. Er gab an, dass Lohnsteuer entrichtet wird und das Arbeitsentgelt als Betriebsausgabe gebucht wird. Des Weiteren gab er an, keine Beteiligung an der OHG zu halten und dieser keine Darlehen gewährt zu haben. Er gab an, der Vermieter der Betriebsstätte zu sein.
Mit Bescheid vom 19.11.2010 stellte die Beklagte das Statusfeststellungsverfahren wegen fehlender Mitwirkung des Klägers ein.
Hiergegen erhob der Kläger am 24.11.2010 Widerspruch.
Mit Bescheid vom 15.03.2011 stellte die Beklagte fest, dass der Kläger aufgrund seiner Beschäftigung bei der Autoteile C. der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegt. Zur Begründung führte die Beklagte aus, es liege weder eine Kapitalmehrheit noch eine Sperrminorität vor. Das Arbeitsentgelt sei als Betriebsausgabe verbucht worden und vom Arbeitsentgelt sei Lohnsteuer einbehalten worden. Steuerrechtlich sei daher von einer nichtselbständigen Arbeit ausgegangen worden. Die steuerrechtliche Behandlung stelle einen wesentlichen Aspekt für die versicherungsrechtliche Beurteilung dar. Angesichts der Zahlung fester Bezüge trage der Kläger kein Unternehmerrisiko. Die 10% Gewinnbeteiligung führe zu keiner anderen Beurteilung, da diese lediglich Ausdruck eines, auch bei Arbeitnehmern verbreiteten leistungsorientierten Vergütungsbestandteiles sei.
Hiergegen erhob der Kläger am 14.04.2011 Widerspruch. Zur Begründung führte er aus, der Kläger habe die vollständige Leitung sämtlicher Geschäftsbelange übernommen. Er könne seine Tätigkeit gestalten, bestimme über Zeit, Ort und Inhalt, eine Weisungsbindung sei explizit ausgeschlossen. Auch eine Kündigung sei faktisch ausgeschlossen, da diese eines Gesellschafterbeschlusses bedürfe, welcher nicht ohne die Mitwirkung des Klägers zustande kommen könne. Die Vergütung bestimme sich nach dem wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens. Die Tatsache, dass der Kläger ein Stimmrecht bei Gesellschafterentscheidungen habe, habe keinen Eingang in die Begründung der Entscheidung der Beklagten gefunden.
Mit dem Widerspruchsbescheid vom 25.10.2011 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte die Beklagte aus, der Kläger sei nicht am Kapital der C. beteiligt. Da weder eine Kapitalmehrheit noch eine Sperrminorität vorliege, sei ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis nicht von vornherein ausgeschlossen. Die unternehmerische Verantwortung sei tatsächlich noch nicht auf den Kläger übergegangen, so dass noch eine weisungsgebundene Eingliederung in das Familienunternehmen vorliege. Dies werde auch dadurch deutlich, dass der Kläger nicht alleiniger Geschäftsführer der Gesellschaft sei und aufgrund der fehlenden Kapitalbeteiligung kein Haftungsrisiko bzw. Unternehmerrisiko übernommen habe. Für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung spreche zudem, dass Lohnsteuern entrichtet würden und die Vergütung als Betriebsausgabe verbucht werde. Die steuerrechtliche Behandlung stelle vor diesem Hintergrund einen wesentlichen Aspekt für die versicherungsrechtliche Beurteilung dar. Die Stimmrechte seien ausschließlich zwischen dem Kläger und Frau A. vereinbart worden. Der weitere Gesellschafter, Herr L., sei nicht miteinbezogen worden. Die Gültigkeit einer abredewidrig abgegebenen Stimme bleibe unberührt. Die Wirksamkeit des Stimmbindungsvertrages sei durch jeden Vertragspartner kündbar.
Hiergegen hat der Kläger am 06.12.2011 Klage erhoben. Zur Begründung trägt er vor, der Kläger sei Alleinvertretungsberechtigter, von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiter Geschäftsführer der OHG, der seine Tätigkeit ausschließlich selbst bestimme. Die Geltung des § 126 HGB sei vereinbart, dass heiße, der Kläger sei mit allen Befugnissen eines Gesellschafters, nach außen unbeschränkbar, ausgestattet. Vereinbart sei weiter eine Verpflichtung des Klägers im Bedarfsfalle eigenes Kapital einzubringen bzw. erforderliches Fremdkapital durch persönliches Eintreten abzusichern. Darüber hinaus sei der Kläger berechtigt, soweit er dies für erforderlich halte, Gesellschafterbeschlüsse herbeizuführen, wobei ihm ein Mitbestimmungsrecht eingeräumt sei. Der Kläger sei auch Eigentümer der Betriebsimmobilie, die zweckgerichtet für die OHG bebaut sei. Dies amortisiere sich nur, wenn die OHG erfolgreich arbeite. Des Weiteren habe der Kläger eine Internetplattform entwickelt, die er der OHG kostenlos zur Verfügung gestellt habe und über die 70 % des Umsatzes der OHG abgewickelt würden. Die Beklagte führe in den angefochtenen Bescheiden lediglich allgemeine Aussagen zur Statusbeurteilung aus, insbesondere bei einem Geschäftsführer einer GmbH.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 15.03.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.10.2011 aufzuheben und festzustellen, dass der Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit bei der Firma C. seit dem 01.05.2010 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegt.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist die Beklagte auf die angefochtenen Bescheide.
Wegen der weiteren Einzelheiten, auch im Vorbringen der Beteiligten, wird auf die Gerichts- und Beklagtenakte verwiesen, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten. Der Kläger unterliegt als selbständiger Gesellschaftergeschäftsführer der OHG ab dem 01.05.2010 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung.
Ermächtigungsgrundlage der streitgegenständlichen Bescheide ist § 7a Abs. 2 Sozialgesetzbuch Viertes Buch, Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB IV).
Nach § 7 Abs. 1 SGB IV ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen hinsichtlich Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung sowie eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Diese Anhaltspunkte sind indes nicht abschließend. Bei der Konkretisierung des unbestimmten Rechtsbegriffs der Beschäftigung ist auf eine Reihe von im Gesetz nicht ausdrücklich genannten, von der Rechtsprechung herausgearbeiteten typusbildenden Merkmalen zurückzugreifen und eine Gesamtbetrachtung und Gewichtung aller Umstände vorzunehmen (statt vieler: BSG, Urteil vom 23.06.1994, Az.: 12 RK 72/92, NJW 1994, 2974 ff.; Schreiber/Moritz-Ritter, Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung, 2010, I. 2.; zusammenfassend: Seewald, in Kasseler Kommentar, § 7 SGB IV Rn. 46-49 m.w.N.). Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung, welches sich nach den tatsächlichen Verhältnissen bestimmt. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, wie es im Rahmen des rechtlich zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine formlose Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abgedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (vgl. BSG, Urteil vom 25.01.2006, Az.: B 12 KR 30/04 R).
Vor diesem Hintergrund ist im vorliegenden Fall die entscheidende Frage, wer die Rechtsmacht in der OHG hat. Gegen eine abhängige Beschäftigung spricht zunächst die Tatsache, dass zwischen der OHG und dem Kläger kein Arbeitsvertrag vereinbart wurde, dass der Kläger seine Tätigkeit frei bestimmen und gestalten kann und bei der Führung des Betriebes mitwirkt. Es besteht ein gleichberechtigtes Nebeneinander zum Betriebsinhaber. Weiter spricht gegen das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung, dass die Tätigkeit des Klägers für die OHG, sich nach § 1 Abs. 5 der Vereinbarung auf alle Handlungen erstreckt, die der Betrieb mit sich bringt.
Vor allem aber spricht gegen die Annahme einer abhängigen Beschäftigung die Vertretungsmacht des Klägers. In § 2 der Vereinbarung wird der Kläger von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. Außerdem nimmt die Vorschrift explizit Bezug auf § 126 HGB, in dem der Umfang der Vertretungsmacht der Gesellschafter der OHG geregelt ist. Die Vorschrift des § 2 Satz 2 der Vereinbarung lautet wörtlich: "Es gilt § 126 HGB". Gem. § 126 Abs. 1 HGB erstreckt sich die Vertretungsmacht der Gesellschafter auf alle gerichtlichen und außergerichtlichen Geschäfts- und Rechtshandlungen einschließlich der Veräußerung und Belastung von Grundstücken sowie der Erteilung und des Widerrufs einer Prokura. Gemäß § 126 Abs. 2, 1. Halbs. HGB ist eine Beschränkung des Umfangs der Vertretungsmacht Dritten gegenüber unwirksam. Dies gilt nach § 126 Abs. 2, 2. Halbs. HGB insbesondere in Bezug auf eine dahingehende Beschränkung, dass sich die Vertretung nur auf gewisse Geschäfte oder Arten von Geschäften erstrecken oder dass sie nur unter gewissen Umständen oder für eine gewisse Zeit oder an einzelnen Orten stattfinden soll. Mithin ist die Vertretungsmacht eines Gesellschaftergeschäftsführers einer OHG im Außenverhältnis unbeschränkt und unbeschränkbar. Auch die Vertretungsmacht des Klägers ist durch die Bezugnahme auf § 126 HGB im Außenverhältnis unbeschränkt und unbeschränkbar. Die Vertretungsmacht kann einem Gesellschafter gem. § 127 HGB nur durch gerichtliche Entscheidung entzogen werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt.
Nach § 1 Abs. 5 der Vereinbarung steht dem Kläger des Weiteren ein Stimmrecht in der Gesellschafterversammlung zu. Aus dem zwischen dem Kläger und Frau I. A. geschlossenen Stimmbindungsvertrag ergibt sich, dass der Kläger sein Stimmrecht nur einstimmig mit seiner Mutter, Frau A., ausüben kann. Gemäß § 13 des Gesellschaftsvertrages können die Beschlüsse der Gesellschafter nur einstimmig gefasst werden. Die Einstimmigkeit von Gesellschafterbeschlüssen entspricht auch dem in § 119 Abs. 1 HGB geregelten gesetzlichen Regelfall. Nur Gesellschafter der OHG sind bei Gesellschafterbeschlüssen stimmberechtigt. Gemäß § 3 Abs. 2 der Vereinbarung bedarf eine Kündigung der Vereinbarung durch die Gesellschaft eines Gesellschafterbeschlusses, an dem der Kläger wegen des Einstimmigkeitsprinzips mitwirken muss. Mithin ist in der Vereinbarung ein gesellschaftsrechtliches Kündigungsrecht geregelt und nicht ein arbeitsrechtliches und auch nicht ein Kündigungsrecht nach den Vorschriften über den Dienstvertrag (§§ 611 ff. BGB). Gemäß § 131 Abs. 3 Nr. 6 HGB führt ein Beschluss der Gesellschafter zum Ausscheiden eines Gesellschafters. Die Vorschrift ist allerdings dispositiv (d.h. abdingbar). Eine Erleichterung des Ausschlusses eines Gesellschafters ist daher im Gesellschaftsvertrag möglich (Baumbach/Hopt, HGB, § 131 Rn. 83). Eine einseitige Kündigung seitens der Gesellschaft ohne Mitwirkung des Klägers ist jedoch ausgeschlossen; der Kläger könnte demzufolge lediglich gem. § 140 HGB durch gerichtliche Entscheidung aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden, wenn ein wichtiger Grund im Sinne der §§ 140 Abs. 1 Satz 1, 133 HGB vorliegt.
Auch trägt der Kläger ein unternehmerisches Risiko. Zwar wird dem Kläger sein jährliches Bruttogehalt in zwölf Monatsraten ausbezahlt. Jedoch wird die Höhe der Vergütung vom Kläger und den Gesellschaftern in Abhängigkeit von den wirtschaftlichen Verhältnissen des Unternehmens bestimmt. Im Falle einer abhängigen Beschäftigung ist es unüblich, dass die Höhe der Vergütung von den wirtschaftlichen Verhältnissen des Unternehmens abhängt. Des Weiteren steht dem Kläger eine 10% Gewinnbeteiligung zu. Die Höhe der Gewinnbeteiligung dürfte damit deutlich über dem liegen, was bei Arbeitnehmern als leistungsorientierte Vergütung üblich ist. Insbesondere hat der Kläger sich aber in § 8 der Vereinbarung bereit erklärt, das Unternehmen wirtschaftlich zu unterstützen, z. B. durch Übernahme von Bürgschaften und Einbringen von Kapital. Das Einbringen von Kapital und die Übernahme von Bürgschaften ist für einen abhängig Beschäftigten unüblich und birgt ein Verlustrisiko, welches über das Risiko hinausgeht, für den Arbeitseinsatz kein Entgelt zu erzielen.
Im Hinblick auf die Regelung der Vertretungsmacht des Klägers gleichlaufend mit der Vertretungsmacht eines Gesellschaftergeschäftsführers nach § 126 HGB, das Stimmrecht des Klägers in der Gesellschafterversammlung und der gesellschaftsrechtlichen Regelung des Kündigungsrechts der Gesellschaft sowie die Verpflichtung des Klägers zur Übernahme von Bürgschaften und zum Einbringen von Kapital, ist davon auszugehen, dass der Kläger Gesellschafter der Autoteile C. geworden ist. Insbesondere haben Personen, die nicht Gesellschafter der OHG sind, kein Stimmrecht in der Gesellschafterversammlung. Sie haben auch keine nach außen unbeschränkte und unbeschränkbare Vertretungsmacht. Die Vertretungsmacht von leitenden Angestellten in einer OHG ergibt sich aus § 49 HGB, wenn ihnen Prokura erteilt wurde oder auch aus § 54 HGB, wenn der leitende Angestellte ohne Erteilung der Prokura zum Betrieb eines Handelsgewerbes oder zur Vornahme einer bestimmten zu einem Handelsgewerbe gehörigen Art von Geschäften oder zur Vornahme einzelner zu einem Handelsgewerbe gehöriger Geschäfte ermächtigt wurde. Des Weiteren bedarf auch die Kündigung eines leitenden Angestellten keines Gesellschafterbeschlusses. Vielmehr ist die Kündigung eines leitenden Angestellten von der Vertretungsmacht des § 126 HGB umfasst. Mithin kann jeder Gesellschaftergeschäftsführer, dem nicht die Vertretungsmacht durch gerichtliche Entscheidung entzogen wurde (vgl. § 127 HGB), einem leitenden Angestellten, auch einem Prokuristen, kündigen. Der Annahme, dass der Kläger Gesellschafter der Autoteile C. wurde, steht auch nicht die Tatsache entgegen, dass der Kläger nicht als Gesellschafter im Handelsregister eingetragen ist. Die Eintragung eines Gesellschafters einer OHG in das Handelsregister ist nicht konstitutiv (rechtsbegründend) sondern deklaratorisch (rechtsbekundend) (vgl. Baumbach/Hopt, HGB, § 8 Rn. 11, § 105 Rn. 68, § 124 Rn. 4). Auch steht der Gesellschafterstellung des Klägers nicht die Tatsache entgegen, dass der Gesellschaftsvertrag nicht förmlich, insbesondere nicht durch notarielle Beurkundung, geändert wurde. § 109 HGB enthält keine Formvorschrift für einen OHG-Gesellschaftsvertrag. Mithin kann der Gesellschaftsvertrag einer OHG formlos geändert werden. Daher ist im vorliegenden Falle davon auszugehen, dass der Gesellschaftsvertrag der Autoteile C. durch die zwischen dem Kläger und der Autoteile C. getroffene Vereinbarung vom 03.05.2010 geändert wurde. Die Tatsache, dass der Kläger ab dem 01.05.2010 Gesellschafter der Autoteile C. wurde, hat gem. § 128 HGB zur Folge, dass der Kläger für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft den Gläubigern der Gesellschaft als Gesamtschuldner zusammen mit den anderen Gesellschaftern persönlich haftet. Gemäß § 128 Satz 2 HGB ist eine entgegenstehende Vereinbarung Dritten gegenüber unwirksam. Mithin haftet der Kläger für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft im Außenverhältnis unbeschränkt und unbeschränkbar. Bei der persönlichen Haftung nach § 128 HGB handelt es sich um eine unmittelbare und nicht lediglich um eine subsidiäre Haftung. Mithin kann ein Gläubiger sich auch direkt an einen Gesellschafter wenden, ohne zuvor die Forderung gegenüber der Gesellschaft geltend gemacht zu haben (Baumbach/Hopt, § 128 Rn. 1). Die persönliche Haftung des Klägers gegenüber Gläubigern der Gesellschaft ist auch nicht faktisch durch die fehlende Eintragung im Handelsregister ausgeschlossen. Es ist davon auszugehen, dass zumindest die Hausbank, bei der der Kläger für die Gesellschaft auftritt und gegebenenfalls auch Kredite im Namen der Gesellschaft aufnimmt, von der Gesellschafterstellung des Klägers weiß und diesen im Zweifel persönlich in Anspruch nehmen würde. Aus dieser persönlichen Haftung eines Gesellschafters für die Verbindlichkeiten einer Gesellschaft ergibt sich ein beträchtliches Unternehmerrisiko, welches beispielsweise das unternehmerische Risiko des Mehrheitsgesellschafters einer GmbH bei weitem übersteigt.
Der Annahme einer selbständigen Tätigkeit des Klägers steht auch nicht die Tatsache entgegen, dass der Kläger bislang nicht am Kapital der Autoteile C. beteiligt ist. Wegen dem Charakter der OHG als Personengesellschaft und der damit einhergehenden persönlichen Haftung der Gesellschafter kennt das HGB keine Vorschriften bezüglich einer Kapitalbeteiligung der Gesellschafter an der OHG. Das Gesetz kennt auch kein Mindestkapital der OHG, wie dies im Falle der GmbH wegen der beschränkten Haftung der GmbH-Gesellschafter der Fall ist. Es bleibt den Gesellschaftern einer OHG überlassen, untereinander zu regeln, welchen Beitrag jeder Gesellschafter zu der Gesellschaft leistet. Ein Beitrag eines Gesellschafters zu der Gesellschaft kann darin bestehen, dass der Gesellschafter der Gesellschaft Kapital zur Verfügung stellt. Der Gesellschafter kann der Gesellschaft aber auch seine Arbeitskraft oder sein Know-how zur Verfügung stellen. So hat dies der Kläger gemacht. Er hat eine Internetplattform entwickelt, die er der OHG kostenlos zur Verfügung gestellt hat und über die 70% des Umsatzes der OHG abgewickelt werden.
Nach all dem ist von einer selbständigen Tätigkeit des Klägers für die Autoteile C. ab dem 01.05.2010 auszugehen.
Als hauptberuflich Selbständiger ist der Kläger nach § 5 Abs. 5 SGB V nicht versicherungspflichtig in der gesetzlichen Krankenversicherung. Dementsprechend ist der Kläger auch nicht versicherungspflichtig in der sozialen Pflegeversicherung (vgl. § 20 SGB XI). Der Kläger gehört auch nicht zu den nach § 2 SGB VI versicherungspflichtigen Selbständigen. Daher unterliegt der Kläger auch nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung. Als Selbständiger unterliegt der Kläger auch nicht der Versicherungspflicht nach dem Recht der Arbeitsförderung (vgl. § 24 ff. SGB III).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
2. Es wird festgestellt, dass der Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit bei der Firma C. seit dem 01.05.2010 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegt.
3. Die Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten, ob der Kläger als Geschäftsführer der Autoteile C. seit dem 01.05.2010 in der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung versicherungspflichtig beschäftigt gewesen ist.
Seit dem 01.05.2010 ist der Kläger Geschäftsführer der Autoteile C. Der Kläger ist nicht als Gesellschafter der OHG im Handelsregister eingetragen. Als Gesellschafter der OHG im Handelsregister eingetragen sind Frau I. A. und Herr A. J. L. Am 03.05.2010 schloss der Kläger mit der Autoteile C. eine Vereinbarung ab. Nach § 1 Abs. 1 der Vereinbarung wird der Kläger Geschäftsführer des Unternehmens. Nach § 1 Abs. 2 der Vereinbarung übernimmt er eigenverantwortlich die vollständige Leitung sämtlicher Geschäftsbelange. Nach § 1 Abs. 5 erstreckt sich die Tätigkeit des Klägers auf alle Handlungen, die der Betrieb mit sich bringt. Nach § 1 Abs. 5 ist der Kläger befugt, Gesellschafterbeschlüsse herbeizuführen. Außerdem steht ihm nach § 1 Abs. 5 der Vereinbarung ein Stimmrecht bei Beschlüssen der Gesellschafter zu. Nach § 1 Abs. 6 der Vereinbarung bestimmt der Kläger selbst über Zeit, Ort und Inhalt seiner Tätigkeit. Er steht dem Unternehmen zur Verfügung, soweit dies das Wohl des Unternehmens erfordert. Einer Weisungsbindung unterliegt der Kläger nicht. In § 2 der Vereinbarung ist die Vertretungsbefugnis des Klägers geregelt. Danach ist er von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit und zur Alleinvertretung berechtigt. Weiter steht in § 2 der Vereinbarung wörtlich: "Es gilt § 126 HGB". Nach § 3 Abs. 2 der Vereinbarung kann der Vertrag beiderseits mit einer Frist von sechs Monaten gekündigt werden. Eine Kündigung durch die Gesellschaft bedarf nach § 3 Abs. 2 Satz 2 der Vereinbarung eines vorhergehenden Gesellschafterbeschlusses. In § 5 der Vereinbarung ist die Vergütung geregelt. Nach § 5 Abs. 1 der Vereinbarung zahlt sich der Kläger ein Bruttoentgelt in Höhe von 30.000,00 EUR, zahlbar in 12 Monatsraten jeweils zum Ende eines Kalendermonats. Nach § 5 Abs. 2 der Vereinbarung erhält er zusätzlich eine Gewinnbeteiligung in Höhe von 10% des Bilanzgewinnes. Nach § 5 Abs. 3 der Vereinbarung wird die in § 5 Abs. 1 geregelte Vergütung und die in § 5 Abs. 2 geregelte Gewinnbeteiligung vom Kläger und den Gesellschaftern in Abhängigkeit von den wirtschaftlichen Verhältnissen des Unternehmens bestimmt. In § 7 der Vereinbarung ist geregelt, dass der Kläger die Dauer und die Lage seines Urlaubs eigenständig bestimmt, ausgerichtet an den betrieblichen Erfordernissen. Er bedarf ausdrücklich keiner Zustimmung. Nach § 8 der Vereinbarung erklärt der Kläger sich bereit, aufgrund der ausgeübten Tätigkeit und seiner Stellung im Unternehmen, das Unternehmen wirtschaftlich zu unterstützen, beispielsweise durch die Übernahme von Bürgschaften oder das Einbringen von Kapital. Einzelheiten bedürfen danach jeweils einer gesonderten Absprache. Ebenfalls am 03.05.2010 schloss der Kläger mit der Gesellschafterin Frau I. A., die die Mutter des Klägers ist, eine Stimmrechtsvereinbarung ab. Danach üben der Kläger und Frau A. die ihnen zustehenden Stimmrechte einstimmig aus.
Gemäß § 5 des Gesellschaftsvertrages steht die Führung der Geschäfte der Gesellschaft jedem der Gesellschafter zu. Jeder Gesellschafter ist berechtigt, die Gesellschaft alleine zu vertreten. Gemäß § 13 des Gesellschaftsvertrages können Beschlüsse der Gesellschafter nur einstimmig gefasst werden. Sollte bei einer zweiten Abstimmung über ein von der Gesellschafterin I. A. gestellten Antrag keine Einigung herbeigeführt werden, so entscheidet die Stimme der Frau I. A. Im Übrigen gilt bei Stimmengleichheit der Antrag als abgelehnt.
Am 13.07.2010 beantragte der Kläger bei der Beklagten die versicherungsrechtliche Beurteilung seines Beschäftigungsverhältnisses bei der Autoteile C. Der Kläger war der Auffassung, dass es sich bei seiner Tätigkeit nicht um eine abhängige Beschäftigung im Sinne des § 7 SGB IV handelt. Er gab an, er sei alleinvertretungsberechtigt sowie von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. Er sei auch befugt, Gesellschafterbeschlüsse herbeizuführen und bei der Beschlussfassung mit abzustimmen. Die Stimmrechte seien nur einstimmig auszuüben. Damit habe der Kläger nicht nur tatsächlich, sondern auch rechtlich die Möglichkeit, Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft zu nehmen. In dem Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Beschäftigungsverhältnisses zwischen Angehörigen gab der Kläger an, seine Arbeitszeit nach Belieben bestimmen zu können. Er erziele monatlich ein regelmäßiges Arbeitsentgelt von 2.500,00 EUR brutto. Eine arbeitsvertragliche Vereinbarung verneinte der Kläger. Des Weiteren verneinte er eine Eingliederung wie eine fremde Arbeitskraft und Weisungsgebundenheit. Er gab an, eine andere Arbeitskraft hätte ohne seine Mitarbeit nicht eingestellt werden müssen und sein Arbeitsentgelt entspreche nicht dem tariflichen bzw. ortsüblichen Gehalt, da es an die wirtschaftliche Situation der Firma angepasst werde. Des Weiteren gab er an, er könne seine Tätigkeit frei bestimmen und gestalten und wirke bei der Führung des Betriebes mit. Die Mitarbeit sei aufgrund familienhafter Rücksichtnahme durch ein gleichberechtigtes Nebeneinander zum Betriebsinhaber geprägt. Er bejaht das Bestehen eines Urlaubsanspruchs. Er gab an, das Arbeitsentgelt werde monatlich regelmäßig gezahlt. Außerdem erhalte er eine Gewinnbeteiligung in Höhe von 10%. Er gab an, dass Lohnsteuer entrichtet wird und das Arbeitsentgelt als Betriebsausgabe gebucht wird. Des Weiteren gab er an, keine Beteiligung an der OHG zu halten und dieser keine Darlehen gewährt zu haben. Er gab an, der Vermieter der Betriebsstätte zu sein.
Mit Bescheid vom 19.11.2010 stellte die Beklagte das Statusfeststellungsverfahren wegen fehlender Mitwirkung des Klägers ein.
Hiergegen erhob der Kläger am 24.11.2010 Widerspruch.
Mit Bescheid vom 15.03.2011 stellte die Beklagte fest, dass der Kläger aufgrund seiner Beschäftigung bei der Autoteile C. der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegt. Zur Begründung führte die Beklagte aus, es liege weder eine Kapitalmehrheit noch eine Sperrminorität vor. Das Arbeitsentgelt sei als Betriebsausgabe verbucht worden und vom Arbeitsentgelt sei Lohnsteuer einbehalten worden. Steuerrechtlich sei daher von einer nichtselbständigen Arbeit ausgegangen worden. Die steuerrechtliche Behandlung stelle einen wesentlichen Aspekt für die versicherungsrechtliche Beurteilung dar. Angesichts der Zahlung fester Bezüge trage der Kläger kein Unternehmerrisiko. Die 10% Gewinnbeteiligung führe zu keiner anderen Beurteilung, da diese lediglich Ausdruck eines, auch bei Arbeitnehmern verbreiteten leistungsorientierten Vergütungsbestandteiles sei.
Hiergegen erhob der Kläger am 14.04.2011 Widerspruch. Zur Begründung führte er aus, der Kläger habe die vollständige Leitung sämtlicher Geschäftsbelange übernommen. Er könne seine Tätigkeit gestalten, bestimme über Zeit, Ort und Inhalt, eine Weisungsbindung sei explizit ausgeschlossen. Auch eine Kündigung sei faktisch ausgeschlossen, da diese eines Gesellschafterbeschlusses bedürfe, welcher nicht ohne die Mitwirkung des Klägers zustande kommen könne. Die Vergütung bestimme sich nach dem wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens. Die Tatsache, dass der Kläger ein Stimmrecht bei Gesellschafterentscheidungen habe, habe keinen Eingang in die Begründung der Entscheidung der Beklagten gefunden.
Mit dem Widerspruchsbescheid vom 25.10.2011 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte die Beklagte aus, der Kläger sei nicht am Kapital der C. beteiligt. Da weder eine Kapitalmehrheit noch eine Sperrminorität vorliege, sei ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis nicht von vornherein ausgeschlossen. Die unternehmerische Verantwortung sei tatsächlich noch nicht auf den Kläger übergegangen, so dass noch eine weisungsgebundene Eingliederung in das Familienunternehmen vorliege. Dies werde auch dadurch deutlich, dass der Kläger nicht alleiniger Geschäftsführer der Gesellschaft sei und aufgrund der fehlenden Kapitalbeteiligung kein Haftungsrisiko bzw. Unternehmerrisiko übernommen habe. Für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung spreche zudem, dass Lohnsteuern entrichtet würden und die Vergütung als Betriebsausgabe verbucht werde. Die steuerrechtliche Behandlung stelle vor diesem Hintergrund einen wesentlichen Aspekt für die versicherungsrechtliche Beurteilung dar. Die Stimmrechte seien ausschließlich zwischen dem Kläger und Frau A. vereinbart worden. Der weitere Gesellschafter, Herr L., sei nicht miteinbezogen worden. Die Gültigkeit einer abredewidrig abgegebenen Stimme bleibe unberührt. Die Wirksamkeit des Stimmbindungsvertrages sei durch jeden Vertragspartner kündbar.
Hiergegen hat der Kläger am 06.12.2011 Klage erhoben. Zur Begründung trägt er vor, der Kläger sei Alleinvertretungsberechtigter, von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiter Geschäftsführer der OHG, der seine Tätigkeit ausschließlich selbst bestimme. Die Geltung des § 126 HGB sei vereinbart, dass heiße, der Kläger sei mit allen Befugnissen eines Gesellschafters, nach außen unbeschränkbar, ausgestattet. Vereinbart sei weiter eine Verpflichtung des Klägers im Bedarfsfalle eigenes Kapital einzubringen bzw. erforderliches Fremdkapital durch persönliches Eintreten abzusichern. Darüber hinaus sei der Kläger berechtigt, soweit er dies für erforderlich halte, Gesellschafterbeschlüsse herbeizuführen, wobei ihm ein Mitbestimmungsrecht eingeräumt sei. Der Kläger sei auch Eigentümer der Betriebsimmobilie, die zweckgerichtet für die OHG bebaut sei. Dies amortisiere sich nur, wenn die OHG erfolgreich arbeite. Des Weiteren habe der Kläger eine Internetplattform entwickelt, die er der OHG kostenlos zur Verfügung gestellt habe und über die 70 % des Umsatzes der OHG abgewickelt würden. Die Beklagte führe in den angefochtenen Bescheiden lediglich allgemeine Aussagen zur Statusbeurteilung aus, insbesondere bei einem Geschäftsführer einer GmbH.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 15.03.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.10.2011 aufzuheben und festzustellen, dass der Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit bei der Firma C. seit dem 01.05.2010 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegt.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist die Beklagte auf die angefochtenen Bescheide.
Wegen der weiteren Einzelheiten, auch im Vorbringen der Beteiligten, wird auf die Gerichts- und Beklagtenakte verwiesen, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten. Der Kläger unterliegt als selbständiger Gesellschaftergeschäftsführer der OHG ab dem 01.05.2010 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung.
Ermächtigungsgrundlage der streitgegenständlichen Bescheide ist § 7a Abs. 2 Sozialgesetzbuch Viertes Buch, Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB IV).
Nach § 7 Abs. 1 SGB IV ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen hinsichtlich Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung sowie eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Diese Anhaltspunkte sind indes nicht abschließend. Bei der Konkretisierung des unbestimmten Rechtsbegriffs der Beschäftigung ist auf eine Reihe von im Gesetz nicht ausdrücklich genannten, von der Rechtsprechung herausgearbeiteten typusbildenden Merkmalen zurückzugreifen und eine Gesamtbetrachtung und Gewichtung aller Umstände vorzunehmen (statt vieler: BSG, Urteil vom 23.06.1994, Az.: 12 RK 72/92, NJW 1994, 2974 ff.; Schreiber/Moritz-Ritter, Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung, 2010, I. 2.; zusammenfassend: Seewald, in Kasseler Kommentar, § 7 SGB IV Rn. 46-49 m.w.N.). Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung, welches sich nach den tatsächlichen Verhältnissen bestimmt. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, wie es im Rahmen des rechtlich zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine formlose Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abgedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (vgl. BSG, Urteil vom 25.01.2006, Az.: B 12 KR 30/04 R).
Vor diesem Hintergrund ist im vorliegenden Fall die entscheidende Frage, wer die Rechtsmacht in der OHG hat. Gegen eine abhängige Beschäftigung spricht zunächst die Tatsache, dass zwischen der OHG und dem Kläger kein Arbeitsvertrag vereinbart wurde, dass der Kläger seine Tätigkeit frei bestimmen und gestalten kann und bei der Führung des Betriebes mitwirkt. Es besteht ein gleichberechtigtes Nebeneinander zum Betriebsinhaber. Weiter spricht gegen das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung, dass die Tätigkeit des Klägers für die OHG, sich nach § 1 Abs. 5 der Vereinbarung auf alle Handlungen erstreckt, die der Betrieb mit sich bringt.
Vor allem aber spricht gegen die Annahme einer abhängigen Beschäftigung die Vertretungsmacht des Klägers. In § 2 der Vereinbarung wird der Kläger von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. Außerdem nimmt die Vorschrift explizit Bezug auf § 126 HGB, in dem der Umfang der Vertretungsmacht der Gesellschafter der OHG geregelt ist. Die Vorschrift des § 2 Satz 2 der Vereinbarung lautet wörtlich: "Es gilt § 126 HGB". Gem. § 126 Abs. 1 HGB erstreckt sich die Vertretungsmacht der Gesellschafter auf alle gerichtlichen und außergerichtlichen Geschäfts- und Rechtshandlungen einschließlich der Veräußerung und Belastung von Grundstücken sowie der Erteilung und des Widerrufs einer Prokura. Gemäß § 126 Abs. 2, 1. Halbs. HGB ist eine Beschränkung des Umfangs der Vertretungsmacht Dritten gegenüber unwirksam. Dies gilt nach § 126 Abs. 2, 2. Halbs. HGB insbesondere in Bezug auf eine dahingehende Beschränkung, dass sich die Vertretung nur auf gewisse Geschäfte oder Arten von Geschäften erstrecken oder dass sie nur unter gewissen Umständen oder für eine gewisse Zeit oder an einzelnen Orten stattfinden soll. Mithin ist die Vertretungsmacht eines Gesellschaftergeschäftsführers einer OHG im Außenverhältnis unbeschränkt und unbeschränkbar. Auch die Vertretungsmacht des Klägers ist durch die Bezugnahme auf § 126 HGB im Außenverhältnis unbeschränkt und unbeschränkbar. Die Vertretungsmacht kann einem Gesellschafter gem. § 127 HGB nur durch gerichtliche Entscheidung entzogen werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt.
Nach § 1 Abs. 5 der Vereinbarung steht dem Kläger des Weiteren ein Stimmrecht in der Gesellschafterversammlung zu. Aus dem zwischen dem Kläger und Frau I. A. geschlossenen Stimmbindungsvertrag ergibt sich, dass der Kläger sein Stimmrecht nur einstimmig mit seiner Mutter, Frau A., ausüben kann. Gemäß § 13 des Gesellschaftsvertrages können die Beschlüsse der Gesellschafter nur einstimmig gefasst werden. Die Einstimmigkeit von Gesellschafterbeschlüssen entspricht auch dem in § 119 Abs. 1 HGB geregelten gesetzlichen Regelfall. Nur Gesellschafter der OHG sind bei Gesellschafterbeschlüssen stimmberechtigt. Gemäß § 3 Abs. 2 der Vereinbarung bedarf eine Kündigung der Vereinbarung durch die Gesellschaft eines Gesellschafterbeschlusses, an dem der Kläger wegen des Einstimmigkeitsprinzips mitwirken muss. Mithin ist in der Vereinbarung ein gesellschaftsrechtliches Kündigungsrecht geregelt und nicht ein arbeitsrechtliches und auch nicht ein Kündigungsrecht nach den Vorschriften über den Dienstvertrag (§§ 611 ff. BGB). Gemäß § 131 Abs. 3 Nr. 6 HGB führt ein Beschluss der Gesellschafter zum Ausscheiden eines Gesellschafters. Die Vorschrift ist allerdings dispositiv (d.h. abdingbar). Eine Erleichterung des Ausschlusses eines Gesellschafters ist daher im Gesellschaftsvertrag möglich (Baumbach/Hopt, HGB, § 131 Rn. 83). Eine einseitige Kündigung seitens der Gesellschaft ohne Mitwirkung des Klägers ist jedoch ausgeschlossen; der Kläger könnte demzufolge lediglich gem. § 140 HGB durch gerichtliche Entscheidung aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden, wenn ein wichtiger Grund im Sinne der §§ 140 Abs. 1 Satz 1, 133 HGB vorliegt.
Auch trägt der Kläger ein unternehmerisches Risiko. Zwar wird dem Kläger sein jährliches Bruttogehalt in zwölf Monatsraten ausbezahlt. Jedoch wird die Höhe der Vergütung vom Kläger und den Gesellschaftern in Abhängigkeit von den wirtschaftlichen Verhältnissen des Unternehmens bestimmt. Im Falle einer abhängigen Beschäftigung ist es unüblich, dass die Höhe der Vergütung von den wirtschaftlichen Verhältnissen des Unternehmens abhängt. Des Weiteren steht dem Kläger eine 10% Gewinnbeteiligung zu. Die Höhe der Gewinnbeteiligung dürfte damit deutlich über dem liegen, was bei Arbeitnehmern als leistungsorientierte Vergütung üblich ist. Insbesondere hat der Kläger sich aber in § 8 der Vereinbarung bereit erklärt, das Unternehmen wirtschaftlich zu unterstützen, z. B. durch Übernahme von Bürgschaften und Einbringen von Kapital. Das Einbringen von Kapital und die Übernahme von Bürgschaften ist für einen abhängig Beschäftigten unüblich und birgt ein Verlustrisiko, welches über das Risiko hinausgeht, für den Arbeitseinsatz kein Entgelt zu erzielen.
Im Hinblick auf die Regelung der Vertretungsmacht des Klägers gleichlaufend mit der Vertretungsmacht eines Gesellschaftergeschäftsführers nach § 126 HGB, das Stimmrecht des Klägers in der Gesellschafterversammlung und der gesellschaftsrechtlichen Regelung des Kündigungsrechts der Gesellschaft sowie die Verpflichtung des Klägers zur Übernahme von Bürgschaften und zum Einbringen von Kapital, ist davon auszugehen, dass der Kläger Gesellschafter der Autoteile C. geworden ist. Insbesondere haben Personen, die nicht Gesellschafter der OHG sind, kein Stimmrecht in der Gesellschafterversammlung. Sie haben auch keine nach außen unbeschränkte und unbeschränkbare Vertretungsmacht. Die Vertretungsmacht von leitenden Angestellten in einer OHG ergibt sich aus § 49 HGB, wenn ihnen Prokura erteilt wurde oder auch aus § 54 HGB, wenn der leitende Angestellte ohne Erteilung der Prokura zum Betrieb eines Handelsgewerbes oder zur Vornahme einer bestimmten zu einem Handelsgewerbe gehörigen Art von Geschäften oder zur Vornahme einzelner zu einem Handelsgewerbe gehöriger Geschäfte ermächtigt wurde. Des Weiteren bedarf auch die Kündigung eines leitenden Angestellten keines Gesellschafterbeschlusses. Vielmehr ist die Kündigung eines leitenden Angestellten von der Vertretungsmacht des § 126 HGB umfasst. Mithin kann jeder Gesellschaftergeschäftsführer, dem nicht die Vertretungsmacht durch gerichtliche Entscheidung entzogen wurde (vgl. § 127 HGB), einem leitenden Angestellten, auch einem Prokuristen, kündigen. Der Annahme, dass der Kläger Gesellschafter der Autoteile C. wurde, steht auch nicht die Tatsache entgegen, dass der Kläger nicht als Gesellschafter im Handelsregister eingetragen ist. Die Eintragung eines Gesellschafters einer OHG in das Handelsregister ist nicht konstitutiv (rechtsbegründend) sondern deklaratorisch (rechtsbekundend) (vgl. Baumbach/Hopt, HGB, § 8 Rn. 11, § 105 Rn. 68, § 124 Rn. 4). Auch steht der Gesellschafterstellung des Klägers nicht die Tatsache entgegen, dass der Gesellschaftsvertrag nicht förmlich, insbesondere nicht durch notarielle Beurkundung, geändert wurde. § 109 HGB enthält keine Formvorschrift für einen OHG-Gesellschaftsvertrag. Mithin kann der Gesellschaftsvertrag einer OHG formlos geändert werden. Daher ist im vorliegenden Falle davon auszugehen, dass der Gesellschaftsvertrag der Autoteile C. durch die zwischen dem Kläger und der Autoteile C. getroffene Vereinbarung vom 03.05.2010 geändert wurde. Die Tatsache, dass der Kläger ab dem 01.05.2010 Gesellschafter der Autoteile C. wurde, hat gem. § 128 HGB zur Folge, dass der Kläger für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft den Gläubigern der Gesellschaft als Gesamtschuldner zusammen mit den anderen Gesellschaftern persönlich haftet. Gemäß § 128 Satz 2 HGB ist eine entgegenstehende Vereinbarung Dritten gegenüber unwirksam. Mithin haftet der Kläger für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft im Außenverhältnis unbeschränkt und unbeschränkbar. Bei der persönlichen Haftung nach § 128 HGB handelt es sich um eine unmittelbare und nicht lediglich um eine subsidiäre Haftung. Mithin kann ein Gläubiger sich auch direkt an einen Gesellschafter wenden, ohne zuvor die Forderung gegenüber der Gesellschaft geltend gemacht zu haben (Baumbach/Hopt, § 128 Rn. 1). Die persönliche Haftung des Klägers gegenüber Gläubigern der Gesellschaft ist auch nicht faktisch durch die fehlende Eintragung im Handelsregister ausgeschlossen. Es ist davon auszugehen, dass zumindest die Hausbank, bei der der Kläger für die Gesellschaft auftritt und gegebenenfalls auch Kredite im Namen der Gesellschaft aufnimmt, von der Gesellschafterstellung des Klägers weiß und diesen im Zweifel persönlich in Anspruch nehmen würde. Aus dieser persönlichen Haftung eines Gesellschafters für die Verbindlichkeiten einer Gesellschaft ergibt sich ein beträchtliches Unternehmerrisiko, welches beispielsweise das unternehmerische Risiko des Mehrheitsgesellschafters einer GmbH bei weitem übersteigt.
Der Annahme einer selbständigen Tätigkeit des Klägers steht auch nicht die Tatsache entgegen, dass der Kläger bislang nicht am Kapital der Autoteile C. beteiligt ist. Wegen dem Charakter der OHG als Personengesellschaft und der damit einhergehenden persönlichen Haftung der Gesellschafter kennt das HGB keine Vorschriften bezüglich einer Kapitalbeteiligung der Gesellschafter an der OHG. Das Gesetz kennt auch kein Mindestkapital der OHG, wie dies im Falle der GmbH wegen der beschränkten Haftung der GmbH-Gesellschafter der Fall ist. Es bleibt den Gesellschaftern einer OHG überlassen, untereinander zu regeln, welchen Beitrag jeder Gesellschafter zu der Gesellschaft leistet. Ein Beitrag eines Gesellschafters zu der Gesellschaft kann darin bestehen, dass der Gesellschafter der Gesellschaft Kapital zur Verfügung stellt. Der Gesellschafter kann der Gesellschaft aber auch seine Arbeitskraft oder sein Know-how zur Verfügung stellen. So hat dies der Kläger gemacht. Er hat eine Internetplattform entwickelt, die er der OHG kostenlos zur Verfügung gestellt hat und über die 70% des Umsatzes der OHG abgewickelt werden.
Nach all dem ist von einer selbständigen Tätigkeit des Klägers für die Autoteile C. ab dem 01.05.2010 auszugehen.
Als hauptberuflich Selbständiger ist der Kläger nach § 5 Abs. 5 SGB V nicht versicherungspflichtig in der gesetzlichen Krankenversicherung. Dementsprechend ist der Kläger auch nicht versicherungspflichtig in der sozialen Pflegeversicherung (vgl. § 20 SGB XI). Der Kläger gehört auch nicht zu den nach § 2 SGB VI versicherungspflichtigen Selbständigen. Daher unterliegt der Kläger auch nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung. Als Selbständiger unterliegt der Kläger auch nicht der Versicherungspflicht nach dem Recht der Arbeitsförderung (vgl. § 24 ff. SGB III).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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