Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG München (FSB)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
28
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 28 KR 666/08
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 5 KR 354/12
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
I. Der Bescheid vom 30.01.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09.04.2008 wird teilweise aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin für die in Ungarn vorgenommene Zahnersatzbehandlung weitere Kosten i.H.v. 610,89 EUR zu erstatten. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind der Klägerin zur Hälfte zu erstatten.
III. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Kostenerstattung für eine in Ungarn angefertigte Zahnersatzversorgung streitig.
Die bei der Beklagten versicherte Klägerin (geb. 1946) reichte am 09.10.2007 einen Heil- und Kostenplan der Dental Data (B-Stadt, Ungarn) bei der Beklagten ein. Mit Schreiben vom 18.10.2007 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie sich an den Kosten, die im Rahmen der notwendigen Zahnersatzversorgung außerhalb der Bundesrepublik Deutschland entstünden, bis zu dem Betrag, der nach den in Deutschland geltenden Regelungen aufzubringen wären, beteilige. Die Klägerin könne aufgrund des festgestellten Zahnbefundes einen Festzuschuss i.H.v. 1078,96EUR erwarten. Die Beklagte wies die Klägerin u.a. darauf hin, dass der in Ungarn angefertigte Zahnersatz den deutschen Qualitätsstandards entsprechen müsse, damit eine Kostenerstattung erfolgen könne. Die Qualität müsse daher von einer Beratungszahnärztin beurteilt werden.
Die Klägerin ließ am 24.10.2007 den Zahnersatz in Ungarn anfertigen. Mit Schreiben vom 30.10.2007 reichte sie die Rechnung vom 24.10.2007 i.H.v. 1.463,00EUR bei der Beklagten ein. Die Beklagte bat daraufhin die Klägerin zur ambulanten Untersuchung durch den MDK. Dieser teilte mit Stellungnahme vom 29.11.2007 mit, dass bei der Klägerin im Oberkiefer die drei Restzähne 22,23 und 25 überkront und die fehlenden Zähne durch eine Prothese nach 3.1 ersetzt worden seien. Bei der Untersuchung habe die Klägerin ein ausreichend gepflegtes Gebiss gezeigt. An den drei Kronen stünden die Ränder vestibulär 1,5 bis 2 mm ab. Lingual sei der Randschluss einwandfrei. Auf Kältetest habe keiner der Zähne reagiert. Die Klägerin habe die Abnahme der Prothese im Rahmen der Untersuchung verweigert. Sie sei aufgefordert worden, sich mit ihrem ungarischen Zahnarzt in Verbindung zu setzen und die Frage der Abnehmbarkeit zu klären. Die drei Kronen entsprächen nicht den Richtlinien, die Prothese nach 3.1 sei richtliniengemäß.
Mit Schreiben vom 04.12.2007 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass ihr ein Erstattungsbetrag i.H.v. 335,98EUR überwiesen werde. Da die Versorgung mit drei Kronen erhebliche Mängel aufweise und nicht den deutschen Richtlinien entspreche, könne lediglich ein Zuschuss für die Prothese geleistet werden. Die Beklagte empfahl der Klägerin, sich mit dem Behandler in Ungarn in Verbindung zu setzen, um die bestehenden Mängel beseitigen zu lassen. Mit Bescheid vom 30.01.2008 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass nach nochmaliger Überprüfung die Kosten für weitere Zahnersatzversorgung (drei Kronen) nicht übernommen werden dürfe. Es bleibe bei dem bereits von der Beklagten geleisteten Zuschuss.
Die Klägerin erhob mit Schreiben vom 08.02.2008 Widerspruch und verwies insbesondere auf die Stellungnahme ihre behandelnden ungarischen Zahnarztes Dr. C. vom 07.01.2008, wonach bei Übergabe am 27.10.2007 alle drei Porzellankronen vestibular und platinal einwandfrei geschlossen hätten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 09.04.2008 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung führte die Beklagte aus, dass Voraussetzung der Kostenerstattung sei, dass die Kronen insgesamt funktionsfähig und den geltenden Standards entsprechend angefertigt worden seien. Der Gutachter des MDK habe durch körperliche Begutachtung festgestellt, dass die drei Kronen nicht den Richtlinien entsprächen, so dass hierfür eine Kostenerstattung ausscheide. Nach Beseitigung der Mängel sei natürlich eine erneute Überprüfung und ggf. Bezuschussung möglich.
Hiergegen richtet sich die Klage vom 03.07.2008.
Das Gericht hat mit Beweisanordnung vom 25.07.2008 Herrn Dr. Dr. B. zum Sachverständigen ernannt. Der Sachverständige kommt in seinem Gutachten vom 16.08.2008 aufgrund körperlicher Untersuchung der Klägerin zu dem Ergebnis, dass in Bezug auf die Kronen die zahnärztliche Leistung nicht dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspreche. Zusätzlich zu dem Befund des MDK liege im Bereich der Kronenränder eine massive Entzündung des Zahnfleisches vor. Diese krankhaften Veränderungen seien durch die nicht fachgerecht gestalteten Kronenränder verursacht. Es lägen keine Hinweise vor, dass sich die am 27.10.2007 eingegliederten Kronen oder die darunter liegenden Zähne in dem Zeitraum bis zum Untersuchungszeitpunkt durch den MDK verändert hätten. Es sei daher davon auszugehen, dass die Kronen bereits mangelhaft eingegliedert worden seien. Das Ziel der Versorgung mit Zahnersatz, der eine ausreichende Funktionstüchtigkeit des Kauorgans wiederherstellt oder ihre Beeinträchtigung verhindert, sei nicht erreicht.
Die Klägerin beantragt sinngemäß, den Bescheid vom 30.01.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09.04.2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilten, für die in Ungarn vorgenommene Zahnersatzbehandlung weitere Kosten i.H.v. 1127,02 EUR zu erstatten. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beteiligten wurden mit Schreiben vom 22.02.2012 zu einer beabsichtigten Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört.
Entscheidungsgründe:
Die Entscheidung des Gerichts konnte durch Gerichtsbescheid gemäß § 105 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erfolgen, weil der Rechtsstreit weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht besondere Schwierigkeiten aufweist.
Die Klage ist zulässig und teilweise begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Kostenerstattung in Höhe des Festzuschusses für die in Ungarn angefertigte Zahnersatzversorgung mit drei Kronen gem. § 13 Abs. 4 Satz 1 SGB V (in der Fassung vom 26.03.2007).
Nach dieser Vorschrift sind Versicherte berechtigt, auch Leistungserbringer in anderen Staaten, in denen die Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und deren Familien, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (ABl. EG Nr. L 149 S. 2), in ihrer jeweils geltenden Fassung anzuwenden ist, anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung.
Der Anspruch gem. § 13 Abs. 4 Satz 1 SGB V hängt grundsätzlich davon ab, dass ein Primärleistungsanspruch auf die entsprechende Naturalleistung in Deutschland besteht (BSG, Urteil vom 30.06.2009, B 1 KR 19/08 R).
Nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2a SGB V umfasst die Krankenbehandlung die Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen (vgl. auch § 28 Abs 2 SGB V zu Einzelheiten zum Anspruch auf zahnärztliche Behandlung). Nach § 55 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte nach den Vorgaben in den Sätzen 2 bis 7 Anspruch auf befundbezogene Festzuschüsse bei einer medizinisch notwendigen Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen (zahnärztliche und zahntechnische Leistungen) in den Fällen, in denen eine zahnprothetische Versorgung notwendig ist und die geplante Versorgung einer Methode entspricht, die gemäß § 135 Abs. 1 SGB V anerkannt ist.
Die Beklagte hat der Klägerin am 18.10.2007 den Festzuschuss für die streitgegenständliche Zahnversorgung bewilligt.
Damit liegen nach Auffassung der Kammer die Voraussetzungen eines Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin gem. § 13 Abs. 4 Satz 1 SGB V, der sich vorliegend aus dem Festzuschuss i.H.v. 623,64 EUR abzüglich des Verwaltungskostenabschlags i.H.v. 12,75 EUR berechnet, und damit 610,89 EUR beträgt, vor.
Dem klägerischen Kostenerstattungsanspruch steht vorliegend nicht entgegen, dass in Bezug auf die drei Kronen die in Ungarn selbstbeschaffte zahnärztliche Leistung ausweislich des Gutachtens des gerichtlichen Sachverständigen Dr. Dr. B. vom 16.08.2008, der den Befund des MDK vom 29.11.2007 eindeutig bestätigt hat, mangelhaft ist. Dem Gesetz ist nicht zu entnehmen, dass demjenigen Versicherten, der Leistungserbringer in anderen Staaten, in denen die Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und deren Familien, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (ABl. EG Nr. L 149 S. 2), in ihrer jeweils geltenden Fassung anzuwenden ist, in Anspruch nimmt, die Mangelhaftigkeit der Behandlung anspruchsausschließend entgegengehalten werden kann. Der Versicherte ist insoweit nicht anders zu stellen als bei einer Behandlung im Inland. Im Fall einer Behandlung im Inland hätte die Klägerin, die bisher keine Mängelbeseitigung gegenüber dem Zahnarzt in Ungarn geltend gemacht hat, zwar gegen ihre Mitwirkungspflichten verstoßen (vgl. zu Mitwirkungspflichten des Versicherten im Inland Nolte in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 55 SGB V Rn. 4). Ein solcher Pflichtverstoß hätte jedoch nicht zur Folge, dass Kosten dieser Behandlung vom Versicherten zu tragen wären. Auch ein Verstoß gegen Vorgaben der Zahnersatz-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses sowie gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 12 SGB V) ginge bei einer Inlandsbehandlung nicht zu Lasten des Versicherten. Nach Auffassung der Kammer kann für eine Behandlung im Rahmen des § 13 Abs. 4 Satz 1 SGB V nichts anderes gelten. Dies entspricht im übrigen auch § 16 Abs. 3 der aktuellen Fassung der Satzung der Beklagten, wonach Versicherten die Kosten von Leistungen, die in einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz in Anspruch genommen werden, nach Maßgabe des § 13 Abs. 4 bis 6 SGB V erstattet werden, wenn die Voraussetzungen für die Leistungsgewährung im Inland erfüllt sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183,193 SGG.
Die Berufung war zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 144 Abs. 2 Satz 1 SGG) und, soweit ersichtlich, noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung zu der streitgegenständlichen Fragestellung existiert.
II. Außergerichtliche Kosten sind der Klägerin zur Hälfte zu erstatten.
III. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Kostenerstattung für eine in Ungarn angefertigte Zahnersatzversorgung streitig.
Die bei der Beklagten versicherte Klägerin (geb. 1946) reichte am 09.10.2007 einen Heil- und Kostenplan der Dental Data (B-Stadt, Ungarn) bei der Beklagten ein. Mit Schreiben vom 18.10.2007 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie sich an den Kosten, die im Rahmen der notwendigen Zahnersatzversorgung außerhalb der Bundesrepublik Deutschland entstünden, bis zu dem Betrag, der nach den in Deutschland geltenden Regelungen aufzubringen wären, beteilige. Die Klägerin könne aufgrund des festgestellten Zahnbefundes einen Festzuschuss i.H.v. 1078,96EUR erwarten. Die Beklagte wies die Klägerin u.a. darauf hin, dass der in Ungarn angefertigte Zahnersatz den deutschen Qualitätsstandards entsprechen müsse, damit eine Kostenerstattung erfolgen könne. Die Qualität müsse daher von einer Beratungszahnärztin beurteilt werden.
Die Klägerin ließ am 24.10.2007 den Zahnersatz in Ungarn anfertigen. Mit Schreiben vom 30.10.2007 reichte sie die Rechnung vom 24.10.2007 i.H.v. 1.463,00EUR bei der Beklagten ein. Die Beklagte bat daraufhin die Klägerin zur ambulanten Untersuchung durch den MDK. Dieser teilte mit Stellungnahme vom 29.11.2007 mit, dass bei der Klägerin im Oberkiefer die drei Restzähne 22,23 und 25 überkront und die fehlenden Zähne durch eine Prothese nach 3.1 ersetzt worden seien. Bei der Untersuchung habe die Klägerin ein ausreichend gepflegtes Gebiss gezeigt. An den drei Kronen stünden die Ränder vestibulär 1,5 bis 2 mm ab. Lingual sei der Randschluss einwandfrei. Auf Kältetest habe keiner der Zähne reagiert. Die Klägerin habe die Abnahme der Prothese im Rahmen der Untersuchung verweigert. Sie sei aufgefordert worden, sich mit ihrem ungarischen Zahnarzt in Verbindung zu setzen und die Frage der Abnehmbarkeit zu klären. Die drei Kronen entsprächen nicht den Richtlinien, die Prothese nach 3.1 sei richtliniengemäß.
Mit Schreiben vom 04.12.2007 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass ihr ein Erstattungsbetrag i.H.v. 335,98EUR überwiesen werde. Da die Versorgung mit drei Kronen erhebliche Mängel aufweise und nicht den deutschen Richtlinien entspreche, könne lediglich ein Zuschuss für die Prothese geleistet werden. Die Beklagte empfahl der Klägerin, sich mit dem Behandler in Ungarn in Verbindung zu setzen, um die bestehenden Mängel beseitigen zu lassen. Mit Bescheid vom 30.01.2008 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass nach nochmaliger Überprüfung die Kosten für weitere Zahnersatzversorgung (drei Kronen) nicht übernommen werden dürfe. Es bleibe bei dem bereits von der Beklagten geleisteten Zuschuss.
Die Klägerin erhob mit Schreiben vom 08.02.2008 Widerspruch und verwies insbesondere auf die Stellungnahme ihre behandelnden ungarischen Zahnarztes Dr. C. vom 07.01.2008, wonach bei Übergabe am 27.10.2007 alle drei Porzellankronen vestibular und platinal einwandfrei geschlossen hätten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 09.04.2008 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung führte die Beklagte aus, dass Voraussetzung der Kostenerstattung sei, dass die Kronen insgesamt funktionsfähig und den geltenden Standards entsprechend angefertigt worden seien. Der Gutachter des MDK habe durch körperliche Begutachtung festgestellt, dass die drei Kronen nicht den Richtlinien entsprächen, so dass hierfür eine Kostenerstattung ausscheide. Nach Beseitigung der Mängel sei natürlich eine erneute Überprüfung und ggf. Bezuschussung möglich.
Hiergegen richtet sich die Klage vom 03.07.2008.
Das Gericht hat mit Beweisanordnung vom 25.07.2008 Herrn Dr. Dr. B. zum Sachverständigen ernannt. Der Sachverständige kommt in seinem Gutachten vom 16.08.2008 aufgrund körperlicher Untersuchung der Klägerin zu dem Ergebnis, dass in Bezug auf die Kronen die zahnärztliche Leistung nicht dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspreche. Zusätzlich zu dem Befund des MDK liege im Bereich der Kronenränder eine massive Entzündung des Zahnfleisches vor. Diese krankhaften Veränderungen seien durch die nicht fachgerecht gestalteten Kronenränder verursacht. Es lägen keine Hinweise vor, dass sich die am 27.10.2007 eingegliederten Kronen oder die darunter liegenden Zähne in dem Zeitraum bis zum Untersuchungszeitpunkt durch den MDK verändert hätten. Es sei daher davon auszugehen, dass die Kronen bereits mangelhaft eingegliedert worden seien. Das Ziel der Versorgung mit Zahnersatz, der eine ausreichende Funktionstüchtigkeit des Kauorgans wiederherstellt oder ihre Beeinträchtigung verhindert, sei nicht erreicht.
Die Klägerin beantragt sinngemäß, den Bescheid vom 30.01.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09.04.2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilten, für die in Ungarn vorgenommene Zahnersatzbehandlung weitere Kosten i.H.v. 1127,02 EUR zu erstatten. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beteiligten wurden mit Schreiben vom 22.02.2012 zu einer beabsichtigten Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört.
Entscheidungsgründe:
Die Entscheidung des Gerichts konnte durch Gerichtsbescheid gemäß § 105 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erfolgen, weil der Rechtsstreit weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht besondere Schwierigkeiten aufweist.
Die Klage ist zulässig und teilweise begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Kostenerstattung in Höhe des Festzuschusses für die in Ungarn angefertigte Zahnersatzversorgung mit drei Kronen gem. § 13 Abs. 4 Satz 1 SGB V (in der Fassung vom 26.03.2007).
Nach dieser Vorschrift sind Versicherte berechtigt, auch Leistungserbringer in anderen Staaten, in denen die Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und deren Familien, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (ABl. EG Nr. L 149 S. 2), in ihrer jeweils geltenden Fassung anzuwenden ist, anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung.
Der Anspruch gem. § 13 Abs. 4 Satz 1 SGB V hängt grundsätzlich davon ab, dass ein Primärleistungsanspruch auf die entsprechende Naturalleistung in Deutschland besteht (BSG, Urteil vom 30.06.2009, B 1 KR 19/08 R).
Nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2a SGB V umfasst die Krankenbehandlung die Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen (vgl. auch § 28 Abs 2 SGB V zu Einzelheiten zum Anspruch auf zahnärztliche Behandlung). Nach § 55 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte nach den Vorgaben in den Sätzen 2 bis 7 Anspruch auf befundbezogene Festzuschüsse bei einer medizinisch notwendigen Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen (zahnärztliche und zahntechnische Leistungen) in den Fällen, in denen eine zahnprothetische Versorgung notwendig ist und die geplante Versorgung einer Methode entspricht, die gemäß § 135 Abs. 1 SGB V anerkannt ist.
Die Beklagte hat der Klägerin am 18.10.2007 den Festzuschuss für die streitgegenständliche Zahnversorgung bewilligt.
Damit liegen nach Auffassung der Kammer die Voraussetzungen eines Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin gem. § 13 Abs. 4 Satz 1 SGB V, der sich vorliegend aus dem Festzuschuss i.H.v. 623,64 EUR abzüglich des Verwaltungskostenabschlags i.H.v. 12,75 EUR berechnet, und damit 610,89 EUR beträgt, vor.
Dem klägerischen Kostenerstattungsanspruch steht vorliegend nicht entgegen, dass in Bezug auf die drei Kronen die in Ungarn selbstbeschaffte zahnärztliche Leistung ausweislich des Gutachtens des gerichtlichen Sachverständigen Dr. Dr. B. vom 16.08.2008, der den Befund des MDK vom 29.11.2007 eindeutig bestätigt hat, mangelhaft ist. Dem Gesetz ist nicht zu entnehmen, dass demjenigen Versicherten, der Leistungserbringer in anderen Staaten, in denen die Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und deren Familien, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (ABl. EG Nr. L 149 S. 2), in ihrer jeweils geltenden Fassung anzuwenden ist, in Anspruch nimmt, die Mangelhaftigkeit der Behandlung anspruchsausschließend entgegengehalten werden kann. Der Versicherte ist insoweit nicht anders zu stellen als bei einer Behandlung im Inland. Im Fall einer Behandlung im Inland hätte die Klägerin, die bisher keine Mängelbeseitigung gegenüber dem Zahnarzt in Ungarn geltend gemacht hat, zwar gegen ihre Mitwirkungspflichten verstoßen (vgl. zu Mitwirkungspflichten des Versicherten im Inland Nolte in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 55 SGB V Rn. 4). Ein solcher Pflichtverstoß hätte jedoch nicht zur Folge, dass Kosten dieser Behandlung vom Versicherten zu tragen wären. Auch ein Verstoß gegen Vorgaben der Zahnersatz-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses sowie gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 12 SGB V) ginge bei einer Inlandsbehandlung nicht zu Lasten des Versicherten. Nach Auffassung der Kammer kann für eine Behandlung im Rahmen des § 13 Abs. 4 Satz 1 SGB V nichts anderes gelten. Dies entspricht im übrigen auch § 16 Abs. 3 der aktuellen Fassung der Satzung der Beklagten, wonach Versicherten die Kosten von Leistungen, die in einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz in Anspruch genommen werden, nach Maßgabe des § 13 Abs. 4 bis 6 SGB V erstattet werden, wenn die Voraussetzungen für die Leistungsgewährung im Inland erfüllt sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183,193 SGG.
Die Berufung war zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 144 Abs. 2 Satz 1 SGG) und, soweit ersichtlich, noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung zu der streitgegenständlichen Fragestellung existiert.
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