Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 8 KR 1350/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 5145/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 21.10.2010 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der beklagten Krankenkasse ua Auskünfte und Nachweise über Versicherungszeiten seiner gesamten Familie, Krankheitszeiten, Zeiten stationärer Rehabilitationsmaßnahmen, die den Kläger behandelnden Ärzte und Angaben über seine Arbeitsunfälle.
Der am 11.04.1940 im damaligen Jugoslawien geborene Kläger ist verheiratet und Vater von sechs volljährigen Kindern. Er zog im März 1971 in die Bundesrepublik Deutschland und nahm eine Erwerbstätigkeit auf. Bis Mai 1984 war er in wechselnden Tätigkeiten versicherungspflichtig beschäftigt, zuletzt als Bauhilfsarbeiter. Im Anschluss war der Kläger arbeitslos bzw arbeitsunfähig erkrankt. Er bezog abwechselnd Krankengeld und Leistungen von der Arbeitsverwaltung, zuletzt bis 31.03.1987 Krankengeld. Ab 01.04.1987 wurden Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz gewährt. Unter demselben Datum beantragte der Kläger erstmals bei der damaligen Landesversicherungsanstalt Baden-Württemberg die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Sein Antrag wurde abgelehnt. Die Klage beim Sozialgericht Konstanz (SG) blieb erfolglos (S 4 J 214/87). Die Berufung wurde vom Landessozialgericht (LSG) mit Urteil vom 01.09.1992 zurückgewiesen (L 13 J 2329/91). Am 04.05.1994 beantragte der Kläger erneut die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente, die ihm nach Abschluss eines Vergleichs (mit Bescheid vom 07.12.1995) ab dem 01.06.1994 gewährt wurde (bis zum 30.04.2005). Seit dem 01.05.2005 gewährt ihm die Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg (DRV) eine Regelaltersrente in Höhe von 454,42 EUR (zuletzt geändert mit Bescheid vom 20.01.2012).
Der Kläger war bei der Beklagten in der Zeit vom 19.11.1979 bis 04.10.1992 (mit Unterbrechungen) pflichtversichertes Mitglied, zuletzt als Rentenantragsteller (§ 5 Abs 1 Nr 11 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch, (SGB V)). Im Zeitraum vom 24.03.1971 bis 04.05.1994 war er nicht zu neun Zehntel der zweiten Hälfte des Zeitraums Mitglied der Beklagten. Seit dem 01.01.2004 übernimmt die Beklagte die Krankenbehandlungen des Klägers als nicht krankenversicherter Sozialhilfeempfänger nach § 264 SGB V.
Seit 2005 machte der Kläger gegenüber der Berufsgenossenschaft die Anerkennung von mehreren Arbeitsunfällen in den Jahren 1972 bis 1977 sowie die Anerkennung einer Berufskrankheit geltend. Seine Begehren blieben ohne Erfolg, da dem Kläger der Nachweis der maßgeblichen Tatsachen nicht gelang. Die beim SG erhobenen Klagen (S 6 U 3215/06, S 6 U 3135/07, S 6 U 1105/09 und S 6 U 1106/09) wurden abgewiesen. Die Berufungen wies das LSG zurück (L 9 U 1607/08, L 9 U 1036/08, L 8 U 2813/10, L 8 U 2814/10). Beim SG führte er außerdem eine Klage gegen die DRV wegen der Anerkennung weiterer rentenrechtlicher Zeiten wegen Krankheit, Krankengeldbezugs und Arbeitslosigkeit in den Jahren 1973 bis 1994 (S 5 R 872/09). Das SG wies die Klage mangels Vorlage entsprechender Nachweise ab (Gerichtsbescheid vom 28.02.2011). Im Berufungsverfahren schlossen die Beteiligten einen verfahrensbeendenden Vergleich, in dem sich die DRV verpflichtete die Zeit vom 21.11.1973 bis 18.12.1973 als Anrechnungszeit wegen Krankheit zu berücksichtigen (L 11 R 1182/11).
Mit Schreiben vom 04.01.2010 und 28.01.2010 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Übersendung sämtlicher Unterlagen über seine Arbeitsunfälle und die Auflistung aller Versichertenzeiten für sich und seine Familie. Mit Schreiben vom 07.01.2010 übermittelte die Beklagte dem Kläger eine Bescheinigung über seine Versicherungszeiten ab dem 19.11.1979. Angaben zu den Angehörigen könnten aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht gemacht werden. Mit Schreiben vom 09.02.2010 übersandte die Beklagte dem Kläger eine Auflistung seiner Krankheitsdaten. Hinsichtlich der Daten seiner Angehörigen verwies die Beklagte erneut auf den Datenschutz. Die Geschäftsführung der Beklagten teilte dem Kläger mit Schreiben vom 10.02.2010 darüber hinaus mit, dass der Beklagten Berichte der Durchgangsärzte nicht mehr vorlägen, da die Aufbewahrungsfristen längst abgelaufen seien.
Am 02.06.2010 hat der Kläger beim SG Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen, die Beklagte habe zu Unrecht die Verlängerung seiner Versichertenkarte im Jahr 1999 verweigert, die Versicherung beendet, Kranken- und Kindergeld eingestellt und ihn gegen seinen Willen zum Sozialamt geschickt. Dies sei der Grund, warum er bis heute keine Rente wegen der Arbeitsunfälle erhalte. Ihm fehlten bei seinen damaligen Arbeitgebern Arbeitszeiten. Die Beklagte habe ihn abgemeldet und keine der Firmen habe ihm die sechswöchige Krankenzeit bezahlen wollen. Die Beklagte habe jedoch die Krankenzeiten gezahlt. Es müssten alle Arbeitszeiten eingetragen und die Rente in eine Unfallrente umgeschrieben werden. Es müssten die Arbeitsunfälle berücksichtigt und eine Rente in Höhe von 2.000,00 EUR zugesprochen werden. Außerdem wolle er Wiedergutmachung in Höhe von 1.700,00 EUR monatlich, weil er zum Sozialamt gehen musste. Zudem müsse seine Altersrente aufgestockt werden. Hätte er die Arbeitsunfälle nicht gehabt, wäre seine Rente höher ausgefallen. Er verlange von der Beklagten Informationen über die Zeiträume, in der er Kindergeld bezogen habe, alle Unterlagen über seine Ehefrau und seine Kinder. Er verlange außerdem, dass dem Sozialamt auferlegt werde, ihm mitzuteilen, wie lange er dort gemeldet gewesen sei. Die zugleich erhobene Klage gegen den früheren Rechtsanwalt des Klägers Z. hat das SG mit Beschluss vom 27.07.2010 abgetrennt und unter dem Aktenzeichen S 3 SV 1855/10 fortgeführt. Ebenso ist das SG mit dem Antrag des Klägers, die Beklagte zur Zahlung von Schadensersatz zu verurteilen, verfahren (Beschluss vom 27.09.2010, S 3 SV 2428/10). Mit Beschluss vom 30.09.2010 hat das SG diesen Teil der Klage an das Landgericht Konstanz verwiesen. Die hiergegen eingelegte Beschwerde des Klägers blieb erfolglos (L 9 SV 4825/10 B).
Mit Schreiben vom 16.08.2010 teilte die Beklagte dem Klägers mit, dass Informationen über die Versicherungszeiten der Familienangehörigen nur nach Vorlage einer schriftlichen Ermächtigung möglich seien. Mit Schreiben vom 17.08.2010 übermittelte die Beklagte dem Kläger die ihr zur Verfügung stehenden Mitgliedskarten. Die Versicherungszeiten ab dem 29.11.1985 würden separat mitgeteilt.
In der mündlichen Verhandlung beim SG hat der Kläger ausgeführt, die Beklagte habe ihn zu Unrecht während seiner Krankheit zum Sozialamt geschickt. Er hätte weiterhin Krankengeld und Kindergeld erhalten müssen. Er hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, ihm Krankengeld und Kindergeld zu bezahlen, und seine damalige Abmeldung beim Arbeitgeber rückgängig zu machen und ihn von der Praxisgebühr zu befreien.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 21.10.2010 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Klage sei bereits unzulässig, da es sich um Ansprüche handele, die mit einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage zu verfolgen seien. Dies setze die Durchführung eines Verwaltungs- und Vorverfahrens voraus. Solange eine Entscheidung der Beklagten nicht ergangen sei, sei dem Kläger eine klageabweisende Geltendmachung verwehrt.
Am 05.11.2010 hat der Kläger beim LSG Berufung eingelegt und zur Begründung vorgetragen, ihm fehlten Arbeitszeiten in den Firmen, in denen er die Arbeitsunfälle erlitten habe. Er verlange, dass die Beklagte Rechenschaft darüber ablege, in welchem Zeitraum er und seine Familie bei der Beklagten versichert gewesen seien. Die Beklagte müsse mitteilen, warum er zum Sozialamt geschickt worden sei, obwohl er noch krankgeschrieben war. Sie habe ihn und seine Familie abgemeldet, obwohl er noch krankgeschrieben gewesen sei. Das Gericht müsse herausfinden, wie lange er beim Sozialamt gemeldet gewesen sei und weshalb die Beklagte ihn wieder versichert habe. Seine ganze Familie sei nicht versichert, nur er. Die Beklagte wie auch seine Anwälte hätten sein Leben zerstört. Rechtsanwalt B. habe mit der Beklagten zusammengearbeitet und ihn verraten. Er beantrage, Rechtsanwalt B. zu bestrafen. Außerdem verlange er, dass ihm und seiner Familie der gesamte Schaden ersetzt und ihm eine Rente in Höhe von 2.000,00 EUR zugesprochen werde. Er beantrage, dass ihm alle Unterlagen und Informationen von der AOK, welche seine Arbeitsunfälle beträfen, herausgegeben werden. Es müssten ihm die Unfallrente und alle Rückstände, Schmerzensgeld und Entschädigung für die gesamte Familie zugesprochen werden. Die Beklagte habe ihn betrogen, indem sie ihm statt der Arbeitsunfallrente die Arbeitsunfähigkeitsrente zugesprochen habe. Er beantrage die Rückverweisung an das erstinstanzliche Gericht. Es solle nochmals verhandelt werden. Mit Schreiben vom 02.12.2010 führte er aus, er klage auch gegen die Rechtsanwälte Z. und B., da diese ihn verraten hätten. Die Beklagte habe zu Unrecht seine Mitgliedschaft aberkannt. Anstatt ihm eine Arbeitsunfallrente zu zahlen, sei er zum Sozialamt geschickt worden. Er wolle Entschädigung in Höhe von 2.000,00 EUR monatlich und rückwirkend für die letzten elf Jahre. Mit Schreiben vom 22.09.2011 hat der Kläger seinen Vortrag erweitert und beantragt, die Beklagte zu verpflichten, seine Ehefrau wieder zu versichern und die Kosten für den Aufenthalt in der Kurklinik Überlingen zu übernehmen.
Der Kläger beantragt zuletzt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 21.10.2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, 1. dem Kläger Auskunft zu erteilen über seine Versicherungszeiten bei der Beklagten, die Versicherungszeiten seiner Familie, die Zeiten des Kindergeldbezugs, die Zeiten beim Sozialamt, den Zeitpunkt, wann die Versichertenkarte eingestellt worden sei, alle Ärzte, die ihn behandelten, die Zeiten stationärer Rehabilitationsmaßnahmen, alle Ärzte, die die Beklagte bezahlte, und über alle Krankenzeiten infolge seiner Arbeitsunfälle, 2. dem Kläger eine Entschädigung rückwirkend für die letzten elf Jahre in Höhe von 2.000,00 EUR monatlich zu gewähren, 3. dem Kläger Krankengeld und Kindergeld zu bezahlen, und seine damalige Abmeldung beim Arbeitgeber rückgängig zu machen und ihn von der Praxisgebühr zu befreien.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung für zutreffend. Mit Schreiben vom 16.07.2012 hat die Beklagte nochmals eine Auflistung der Versicherungs- und Betreuungszeiten des Klägers sowie eine Aufstellung sämtlicher für den Kläger ausgestellten Krankenversicherungskarten vorgelegt. Eine Aufstellung der Behandlungsdaten und Abrechnungsunterlagen der Ärzte könne nicht erstellt werden. Eine Speicherung der Daten sei aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht möglich. Möglicherweise könne eine Auswertung bei der Kassenärztlichen Vereinigung angefordert werden. Arztberichte lägen nicht vor. Zeiten von mitversicherten Familienangehörigen seien nicht gespeichert. Zu den Arbeitsunfällen habe die Beklagte keine Unterlagen. Die Übernahme der Kosten für die Behandlung in der Kurklinik Ü. werde in einem weiteren Klageverfahren beim SG geklärt (S 8 KR 957/12). Dem LSG sei die gesamte Verwaltungsakte übermittelt worden. Weitere Unterlagen lägen der Beklagten nicht vor.
Mit Schreiben vom 26.11.2010 hat das LSG den Kläger aufgefordert, die Bescheide der Beklagten vorzulegen, gegen die er sich mit seiner Klage wendet. Der Kläger benannte daraufhin keine Bescheide der Beklagten. Seinem Antwortschreiben fügte er eine Mitteilung der Beklagten vom 12.11.1990 bei, worin Arbeitsunfähigkeitszeiten im Zeitraum 1972 bis 1977 infolge eines Arbeitsunfalls aufgelistet sind.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte sowie auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 151 Abs 1, 144 Abs 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte sowie statthafte Berufung des Klägers ist überwiegend zulässig, aber unbegründet.
Die Berufung ist in Bezug auf die geltend gemachte Entschädigungsforderung bereits unzulässig. Das SG hat diesen Teil der Klage abgetrennt und an das Landgericht verwiesen.
Die Berufung ist im Übrigen unbegründet, weil die vom Kläger erhobene Klage unzulässig ist. Die für eine Klage beim SG notwendigen Sachentscheidungsvoraussetzungen sind - mit Ausnahme der persönlichen Sachentscheidungsvoraussetzungen, die für jedes Verfahren gegeben sein müssen - im Berufungsverfahren Voraussetzungen der Begründetheit der Berufung (Bernsdorff in Hennig, SGG, Vorbem zu §§ 143-178 SGG, RdNr 17).
Die Klage ist unzulässig in Bezug auf die geltend gemachten Leistungsansprüche, die mit einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage zu verfolgen sind. Die Ansprüche setzen alle einen entsprechenden Antrag bei der Beklagten und den Erlass von Verwaltungsakten voraus. Der Kläger konnte trotz ausdrücklicher Nachfrage keinen Verwaltungsakt benennen, gegen den er sich mit seiner Klage wendet. Ohne Verwaltungsakt ist aber die klageweise Geltendmachung der begehrten Leistungen (Krankengeld, Kindergeld, Befreiung von der Praxisgebühr, Aufhebung der "Abmeldung beim Arbeitgeber") nicht möglich (Urteil des Senats vom 15.07.2008, L 11 KR 2286/08).
Soweit das Begehren des Klägers dahingehend auszulegen ist, dass er Auskünfte von der Beklagten begehrt, ist die Klage ebenfalls unzulässig. Dem Kläger fehlt es an einem Rechtsschutzbedürfnis. In Bezug auf seine Versicherungszeiten bei der Beklagten hat die Beklagte umfassend Auskunft bereits vor Klageerhebung erteilt. Außerdem übermittelte sie alle ihr noch zur Verfügung stehenden Krankheitsdaten des Klägers. Die Beklagte hat auch dem erst während des Berufungsverfahrens geltend gemachten Anspruch auf Offenlegung der Daten zu den Versicherungskarten des Klägers entsprochen. Weitere Unterlagen, insbesondere zu den Arbeitsunfällen, liegen der Beklagten nicht (mehr) vor. Auskünfte zu den Zeiten des Kindergeldbezugs sowie die Zeiten beim Sozialamt kann die Beklagte als unzuständige Behörde nicht erteilen. In Bezug auf die Versicherungszeiten seiner Familienangehörigen fehlt es dem Kläger an einer Klagebefugnis. Er kann insoweit kein eigenes subjektives Recht geltend machen. Die Auskunftsansprüche stehen seinen volljährigen Angehörigen selbst zu. Nach § 83 Abs 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) ist "dem Betroffenen" auf Antrag ua Auskunft zu erteilen über die zu seiner Person gespeicherten Sozialdaten. "Betroffene" sind bestimmte oder bestimmbare natürliche Personen, deren Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse (Sozialdaten) von einer in § 35 des Ersten Buches (SGB I) genannten Stelle (ua Krankenkassen) erhoben, verarbeitet oder genutzt werden (vgl 67 Abs 1 Satz 1 SGB X). Der Auskunftsanspruch gegen die Krankenkasse steht mithin derjenigen Person zu, deren Sozialdaten offenbart werden sollen. Der Kläger kann deshalb keine Auskunft über die Sozialdaten seiner Familienangehörigen verlangen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der beklagten Krankenkasse ua Auskünfte und Nachweise über Versicherungszeiten seiner gesamten Familie, Krankheitszeiten, Zeiten stationärer Rehabilitationsmaßnahmen, die den Kläger behandelnden Ärzte und Angaben über seine Arbeitsunfälle.
Der am 11.04.1940 im damaligen Jugoslawien geborene Kläger ist verheiratet und Vater von sechs volljährigen Kindern. Er zog im März 1971 in die Bundesrepublik Deutschland und nahm eine Erwerbstätigkeit auf. Bis Mai 1984 war er in wechselnden Tätigkeiten versicherungspflichtig beschäftigt, zuletzt als Bauhilfsarbeiter. Im Anschluss war der Kläger arbeitslos bzw arbeitsunfähig erkrankt. Er bezog abwechselnd Krankengeld und Leistungen von der Arbeitsverwaltung, zuletzt bis 31.03.1987 Krankengeld. Ab 01.04.1987 wurden Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz gewährt. Unter demselben Datum beantragte der Kläger erstmals bei der damaligen Landesversicherungsanstalt Baden-Württemberg die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Sein Antrag wurde abgelehnt. Die Klage beim Sozialgericht Konstanz (SG) blieb erfolglos (S 4 J 214/87). Die Berufung wurde vom Landessozialgericht (LSG) mit Urteil vom 01.09.1992 zurückgewiesen (L 13 J 2329/91). Am 04.05.1994 beantragte der Kläger erneut die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente, die ihm nach Abschluss eines Vergleichs (mit Bescheid vom 07.12.1995) ab dem 01.06.1994 gewährt wurde (bis zum 30.04.2005). Seit dem 01.05.2005 gewährt ihm die Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg (DRV) eine Regelaltersrente in Höhe von 454,42 EUR (zuletzt geändert mit Bescheid vom 20.01.2012).
Der Kläger war bei der Beklagten in der Zeit vom 19.11.1979 bis 04.10.1992 (mit Unterbrechungen) pflichtversichertes Mitglied, zuletzt als Rentenantragsteller (§ 5 Abs 1 Nr 11 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch, (SGB V)). Im Zeitraum vom 24.03.1971 bis 04.05.1994 war er nicht zu neun Zehntel der zweiten Hälfte des Zeitraums Mitglied der Beklagten. Seit dem 01.01.2004 übernimmt die Beklagte die Krankenbehandlungen des Klägers als nicht krankenversicherter Sozialhilfeempfänger nach § 264 SGB V.
Seit 2005 machte der Kläger gegenüber der Berufsgenossenschaft die Anerkennung von mehreren Arbeitsunfällen in den Jahren 1972 bis 1977 sowie die Anerkennung einer Berufskrankheit geltend. Seine Begehren blieben ohne Erfolg, da dem Kläger der Nachweis der maßgeblichen Tatsachen nicht gelang. Die beim SG erhobenen Klagen (S 6 U 3215/06, S 6 U 3135/07, S 6 U 1105/09 und S 6 U 1106/09) wurden abgewiesen. Die Berufungen wies das LSG zurück (L 9 U 1607/08, L 9 U 1036/08, L 8 U 2813/10, L 8 U 2814/10). Beim SG führte er außerdem eine Klage gegen die DRV wegen der Anerkennung weiterer rentenrechtlicher Zeiten wegen Krankheit, Krankengeldbezugs und Arbeitslosigkeit in den Jahren 1973 bis 1994 (S 5 R 872/09). Das SG wies die Klage mangels Vorlage entsprechender Nachweise ab (Gerichtsbescheid vom 28.02.2011). Im Berufungsverfahren schlossen die Beteiligten einen verfahrensbeendenden Vergleich, in dem sich die DRV verpflichtete die Zeit vom 21.11.1973 bis 18.12.1973 als Anrechnungszeit wegen Krankheit zu berücksichtigen (L 11 R 1182/11).
Mit Schreiben vom 04.01.2010 und 28.01.2010 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Übersendung sämtlicher Unterlagen über seine Arbeitsunfälle und die Auflistung aller Versichertenzeiten für sich und seine Familie. Mit Schreiben vom 07.01.2010 übermittelte die Beklagte dem Kläger eine Bescheinigung über seine Versicherungszeiten ab dem 19.11.1979. Angaben zu den Angehörigen könnten aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht gemacht werden. Mit Schreiben vom 09.02.2010 übersandte die Beklagte dem Kläger eine Auflistung seiner Krankheitsdaten. Hinsichtlich der Daten seiner Angehörigen verwies die Beklagte erneut auf den Datenschutz. Die Geschäftsführung der Beklagten teilte dem Kläger mit Schreiben vom 10.02.2010 darüber hinaus mit, dass der Beklagten Berichte der Durchgangsärzte nicht mehr vorlägen, da die Aufbewahrungsfristen längst abgelaufen seien.
Am 02.06.2010 hat der Kläger beim SG Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen, die Beklagte habe zu Unrecht die Verlängerung seiner Versichertenkarte im Jahr 1999 verweigert, die Versicherung beendet, Kranken- und Kindergeld eingestellt und ihn gegen seinen Willen zum Sozialamt geschickt. Dies sei der Grund, warum er bis heute keine Rente wegen der Arbeitsunfälle erhalte. Ihm fehlten bei seinen damaligen Arbeitgebern Arbeitszeiten. Die Beklagte habe ihn abgemeldet und keine der Firmen habe ihm die sechswöchige Krankenzeit bezahlen wollen. Die Beklagte habe jedoch die Krankenzeiten gezahlt. Es müssten alle Arbeitszeiten eingetragen und die Rente in eine Unfallrente umgeschrieben werden. Es müssten die Arbeitsunfälle berücksichtigt und eine Rente in Höhe von 2.000,00 EUR zugesprochen werden. Außerdem wolle er Wiedergutmachung in Höhe von 1.700,00 EUR monatlich, weil er zum Sozialamt gehen musste. Zudem müsse seine Altersrente aufgestockt werden. Hätte er die Arbeitsunfälle nicht gehabt, wäre seine Rente höher ausgefallen. Er verlange von der Beklagten Informationen über die Zeiträume, in der er Kindergeld bezogen habe, alle Unterlagen über seine Ehefrau und seine Kinder. Er verlange außerdem, dass dem Sozialamt auferlegt werde, ihm mitzuteilen, wie lange er dort gemeldet gewesen sei. Die zugleich erhobene Klage gegen den früheren Rechtsanwalt des Klägers Z. hat das SG mit Beschluss vom 27.07.2010 abgetrennt und unter dem Aktenzeichen S 3 SV 1855/10 fortgeführt. Ebenso ist das SG mit dem Antrag des Klägers, die Beklagte zur Zahlung von Schadensersatz zu verurteilen, verfahren (Beschluss vom 27.09.2010, S 3 SV 2428/10). Mit Beschluss vom 30.09.2010 hat das SG diesen Teil der Klage an das Landgericht Konstanz verwiesen. Die hiergegen eingelegte Beschwerde des Klägers blieb erfolglos (L 9 SV 4825/10 B).
Mit Schreiben vom 16.08.2010 teilte die Beklagte dem Klägers mit, dass Informationen über die Versicherungszeiten der Familienangehörigen nur nach Vorlage einer schriftlichen Ermächtigung möglich seien. Mit Schreiben vom 17.08.2010 übermittelte die Beklagte dem Kläger die ihr zur Verfügung stehenden Mitgliedskarten. Die Versicherungszeiten ab dem 29.11.1985 würden separat mitgeteilt.
In der mündlichen Verhandlung beim SG hat der Kläger ausgeführt, die Beklagte habe ihn zu Unrecht während seiner Krankheit zum Sozialamt geschickt. Er hätte weiterhin Krankengeld und Kindergeld erhalten müssen. Er hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, ihm Krankengeld und Kindergeld zu bezahlen, und seine damalige Abmeldung beim Arbeitgeber rückgängig zu machen und ihn von der Praxisgebühr zu befreien.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 21.10.2010 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Klage sei bereits unzulässig, da es sich um Ansprüche handele, die mit einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage zu verfolgen seien. Dies setze die Durchführung eines Verwaltungs- und Vorverfahrens voraus. Solange eine Entscheidung der Beklagten nicht ergangen sei, sei dem Kläger eine klageabweisende Geltendmachung verwehrt.
Am 05.11.2010 hat der Kläger beim LSG Berufung eingelegt und zur Begründung vorgetragen, ihm fehlten Arbeitszeiten in den Firmen, in denen er die Arbeitsunfälle erlitten habe. Er verlange, dass die Beklagte Rechenschaft darüber ablege, in welchem Zeitraum er und seine Familie bei der Beklagten versichert gewesen seien. Die Beklagte müsse mitteilen, warum er zum Sozialamt geschickt worden sei, obwohl er noch krankgeschrieben war. Sie habe ihn und seine Familie abgemeldet, obwohl er noch krankgeschrieben gewesen sei. Das Gericht müsse herausfinden, wie lange er beim Sozialamt gemeldet gewesen sei und weshalb die Beklagte ihn wieder versichert habe. Seine ganze Familie sei nicht versichert, nur er. Die Beklagte wie auch seine Anwälte hätten sein Leben zerstört. Rechtsanwalt B. habe mit der Beklagten zusammengearbeitet und ihn verraten. Er beantrage, Rechtsanwalt B. zu bestrafen. Außerdem verlange er, dass ihm und seiner Familie der gesamte Schaden ersetzt und ihm eine Rente in Höhe von 2.000,00 EUR zugesprochen werde. Er beantrage, dass ihm alle Unterlagen und Informationen von der AOK, welche seine Arbeitsunfälle beträfen, herausgegeben werden. Es müssten ihm die Unfallrente und alle Rückstände, Schmerzensgeld und Entschädigung für die gesamte Familie zugesprochen werden. Die Beklagte habe ihn betrogen, indem sie ihm statt der Arbeitsunfallrente die Arbeitsunfähigkeitsrente zugesprochen habe. Er beantrage die Rückverweisung an das erstinstanzliche Gericht. Es solle nochmals verhandelt werden. Mit Schreiben vom 02.12.2010 führte er aus, er klage auch gegen die Rechtsanwälte Z. und B., da diese ihn verraten hätten. Die Beklagte habe zu Unrecht seine Mitgliedschaft aberkannt. Anstatt ihm eine Arbeitsunfallrente zu zahlen, sei er zum Sozialamt geschickt worden. Er wolle Entschädigung in Höhe von 2.000,00 EUR monatlich und rückwirkend für die letzten elf Jahre. Mit Schreiben vom 22.09.2011 hat der Kläger seinen Vortrag erweitert und beantragt, die Beklagte zu verpflichten, seine Ehefrau wieder zu versichern und die Kosten für den Aufenthalt in der Kurklinik Überlingen zu übernehmen.
Der Kläger beantragt zuletzt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 21.10.2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, 1. dem Kläger Auskunft zu erteilen über seine Versicherungszeiten bei der Beklagten, die Versicherungszeiten seiner Familie, die Zeiten des Kindergeldbezugs, die Zeiten beim Sozialamt, den Zeitpunkt, wann die Versichertenkarte eingestellt worden sei, alle Ärzte, die ihn behandelten, die Zeiten stationärer Rehabilitationsmaßnahmen, alle Ärzte, die die Beklagte bezahlte, und über alle Krankenzeiten infolge seiner Arbeitsunfälle, 2. dem Kläger eine Entschädigung rückwirkend für die letzten elf Jahre in Höhe von 2.000,00 EUR monatlich zu gewähren, 3. dem Kläger Krankengeld und Kindergeld zu bezahlen, und seine damalige Abmeldung beim Arbeitgeber rückgängig zu machen und ihn von der Praxisgebühr zu befreien.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung für zutreffend. Mit Schreiben vom 16.07.2012 hat die Beklagte nochmals eine Auflistung der Versicherungs- und Betreuungszeiten des Klägers sowie eine Aufstellung sämtlicher für den Kläger ausgestellten Krankenversicherungskarten vorgelegt. Eine Aufstellung der Behandlungsdaten und Abrechnungsunterlagen der Ärzte könne nicht erstellt werden. Eine Speicherung der Daten sei aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht möglich. Möglicherweise könne eine Auswertung bei der Kassenärztlichen Vereinigung angefordert werden. Arztberichte lägen nicht vor. Zeiten von mitversicherten Familienangehörigen seien nicht gespeichert. Zu den Arbeitsunfällen habe die Beklagte keine Unterlagen. Die Übernahme der Kosten für die Behandlung in der Kurklinik Ü. werde in einem weiteren Klageverfahren beim SG geklärt (S 8 KR 957/12). Dem LSG sei die gesamte Verwaltungsakte übermittelt worden. Weitere Unterlagen lägen der Beklagten nicht vor.
Mit Schreiben vom 26.11.2010 hat das LSG den Kläger aufgefordert, die Bescheide der Beklagten vorzulegen, gegen die er sich mit seiner Klage wendet. Der Kläger benannte daraufhin keine Bescheide der Beklagten. Seinem Antwortschreiben fügte er eine Mitteilung der Beklagten vom 12.11.1990 bei, worin Arbeitsunfähigkeitszeiten im Zeitraum 1972 bis 1977 infolge eines Arbeitsunfalls aufgelistet sind.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte sowie auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 151 Abs 1, 144 Abs 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte sowie statthafte Berufung des Klägers ist überwiegend zulässig, aber unbegründet.
Die Berufung ist in Bezug auf die geltend gemachte Entschädigungsforderung bereits unzulässig. Das SG hat diesen Teil der Klage abgetrennt und an das Landgericht verwiesen.
Die Berufung ist im Übrigen unbegründet, weil die vom Kläger erhobene Klage unzulässig ist. Die für eine Klage beim SG notwendigen Sachentscheidungsvoraussetzungen sind - mit Ausnahme der persönlichen Sachentscheidungsvoraussetzungen, die für jedes Verfahren gegeben sein müssen - im Berufungsverfahren Voraussetzungen der Begründetheit der Berufung (Bernsdorff in Hennig, SGG, Vorbem zu §§ 143-178 SGG, RdNr 17).
Die Klage ist unzulässig in Bezug auf die geltend gemachten Leistungsansprüche, die mit einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage zu verfolgen sind. Die Ansprüche setzen alle einen entsprechenden Antrag bei der Beklagten und den Erlass von Verwaltungsakten voraus. Der Kläger konnte trotz ausdrücklicher Nachfrage keinen Verwaltungsakt benennen, gegen den er sich mit seiner Klage wendet. Ohne Verwaltungsakt ist aber die klageweise Geltendmachung der begehrten Leistungen (Krankengeld, Kindergeld, Befreiung von der Praxisgebühr, Aufhebung der "Abmeldung beim Arbeitgeber") nicht möglich (Urteil des Senats vom 15.07.2008, L 11 KR 2286/08).
Soweit das Begehren des Klägers dahingehend auszulegen ist, dass er Auskünfte von der Beklagten begehrt, ist die Klage ebenfalls unzulässig. Dem Kläger fehlt es an einem Rechtsschutzbedürfnis. In Bezug auf seine Versicherungszeiten bei der Beklagten hat die Beklagte umfassend Auskunft bereits vor Klageerhebung erteilt. Außerdem übermittelte sie alle ihr noch zur Verfügung stehenden Krankheitsdaten des Klägers. Die Beklagte hat auch dem erst während des Berufungsverfahrens geltend gemachten Anspruch auf Offenlegung der Daten zu den Versicherungskarten des Klägers entsprochen. Weitere Unterlagen, insbesondere zu den Arbeitsunfällen, liegen der Beklagten nicht (mehr) vor. Auskünfte zu den Zeiten des Kindergeldbezugs sowie die Zeiten beim Sozialamt kann die Beklagte als unzuständige Behörde nicht erteilen. In Bezug auf die Versicherungszeiten seiner Familienangehörigen fehlt es dem Kläger an einer Klagebefugnis. Er kann insoweit kein eigenes subjektives Recht geltend machen. Die Auskunftsansprüche stehen seinen volljährigen Angehörigen selbst zu. Nach § 83 Abs 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) ist "dem Betroffenen" auf Antrag ua Auskunft zu erteilen über die zu seiner Person gespeicherten Sozialdaten. "Betroffene" sind bestimmte oder bestimmbare natürliche Personen, deren Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse (Sozialdaten) von einer in § 35 des Ersten Buches (SGB I) genannten Stelle (ua Krankenkassen) erhoben, verarbeitet oder genutzt werden (vgl 67 Abs 1 Satz 1 SGB X). Der Auskunftsanspruch gegen die Krankenkasse steht mithin derjenigen Person zu, deren Sozialdaten offenbart werden sollen. Der Kläger kann deshalb keine Auskunft über die Sozialdaten seiner Familienangehörigen verlangen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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