Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 38 AS 2198/09
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 4 AS 261/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 11. April 2011 wird zurückgewiesen. Der Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Verfahrens zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen. &8195;
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten, ob der Kläger gegenüber dem Beklagten für die Zeit vom 1. November 2008 bis 11. Februar 2009 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) beanspruchen kann. Der Beklagte hatte dem Kläger bis zum 31. Oktober 2008 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts bewilligt. Vom 16. Juli 2008 bis 31. März 2009 nahm der Kläger auf Veranlassung des Beklagten eine Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung gemäß § 16 Abs. 3 SGB II a.F. bzw. 16d SGB II wahr. Am 12. Februar 2009 beantragte der Kläger beim Beklagten die Weiterbewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Ihm wurden Leistungen für die Zeit ab 12. Februar 2009 zugesprochen. Der Kläger bat daraufhin um Leistungen auch für die Zeit vom 1. November 2008 bis 11. Februar 2009, da er in dieser Zeit an der vom Beklagten vermittelten Arbeitsgelegenheit teilgenommen habe. Mit Bescheid vom 20. Februar 2009 lehnte der Beklagte eine Leistungsgewährung für die fragliche Zeit unter Hinweis auf das Fehlen eines entsprechenden Antrages ab. Der Kläger erhob Widerspruch, welcher mit Widerspruchsbescheid vom 30. Juni 2009 zurückgewiesen wurde.
Am 31. Juli 2009 hat der Kläger vor dem Sozialgericht Hamburg Klage erhoben und argumentiert, eines Weiterbewilligungsantrages über den 31. Oktober 2008 habe es nicht bedurft, da er damals an einer ihm zugewiesenen Maßnahme teilgenommen habe, welche die Leistungsberechtigung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch voraussetze.
Mit Urteil vom 11. April 2011 hat das Sozialgericht die Bescheide des Beklagten vom 20. April 2009 und vom 30. Juni 2009 abgeändert und den Beklagten zur Bewilligung von Leistungen auch für die Zeit vom 1. November 2008 bis 11. Februar 2009 verpflichtet. In den Entscheidungsgründen heißt es, der Kläger habe auch für die Zeit vom 1. November 2008 bis 11. Februar 2009 einen Anspruch auf Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Zwar würden diese nach § 37 SGB II grundsätzlich nur auf Antrag und ausdrücklich nicht für Zeiten vor der Antragstellung erbracht. Dem Kläger stehe jedoch aufgrund der besonderen Umstände des Falls (Teilnahme an einer Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung gemäß § 16d SGB II) ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch zur Seite. Die Teilnahme an einer solchen Arbeitsgelegenheit habe nach dem Wortlaut des Gesetzes zwingend eine Leistungsberechtigung des Betroffenen nach § 7 Abs. 1 SGB II vor¬ausgesetzt. Obwohl der ursprüngliche Bewilligungszeitraum bereits am 31. Oktober 2008 abgelaufen gewesen sei, habe man den Kläger gleichwohl bis einschließlich 31. März 2009 in eine solche Arbeitsgelegenheit vermittelt, ohne dass zu diesem Zeitpunkt festgestanden habe, ob bei ihm über den 31. Oktober 2008 hinaus die Anspruchsvoraussetzungen des § 7 Abs. 1 SGB II erfüllt würden. Hierdurch habe beim Kläger der Eindruck entstehen können, dass er jedenfalls bis zum Abschluss der Maßnahme Leistungen beziehen werde, ohne dass es hierzu eines besonderen Antrages bedürfe. Dass der Beklagte dem Kläger einen anders lautenden Hinweis gegeben habe, sei nicht erwiesen.
Das Urteil des Sozialgerichts ist dem Beklagten am 28. Juni 2011 zugestellt worden. Am 1. Juli 2011 hat er Berufung eingelegt.
Der Beklagte hält einen Anspruch des Klägers für die fragliche Zeit für nicht ge-geben.
Der Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 11. April 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Der Kläger verteidigt die angefochtene Entscheidung.
Die Sachakten des Beklagten haben vorgelegen. Auf ihren sowie auf den Inhalt der Prozessakten, insbesondere auch auf die zutreffende Sachverhaltsdarstellung im Tatbestand des angefochtenen Urteils, wird wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts ergänzend Bezug genommen.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter als Einzelrichter im schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten durch den Berichterstatter als Einzelrichter ohne mündliche Verhandlung.
Die nach den Vorschriften des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 11. April 2011 hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht und mit zutreffender Begründung, auf welche ausdrücklich Bezug genommen wird, hat das Sozialgericht unter Aufhebung der entgegenstehenden Entscheidungen des Beklagten dem Kläger für die Zeit ab 1. November 2008 bis 11. Fe¬bruar 2009 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch zugesprochen. Der Senat teilt die Auffassung des Sozialgerichts, dass dem Kläger hier das Fehlen des gesetzlich vorgeschriebenen Antrages (§ 37 SGB II) nicht entgegengehalten werden kann. Ob dies im Sinne eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs schon daraus folgt, dass der Beklagte den in einer Maßnahme nach § 16 Abs. 3 SGB II a.F. (§ 16d SGB II) stehenden Kläger nicht ausdrücklich über die weiterhin bestehende Antragspflicht informiert hat, kann dahinstehen. Denn eine Berufung auf den fehlenden Antrag wäre hier schon deswegen treuwidrig, weil der Beklagte beim Kläger den Eindruck erweckt hat, ein solcher Antrag sei entbehrlich bzw. schon gestellt worden. Die von einem Leistungsbezug abhängige Maßnahme nach § 16 Abs. 3 SGB II a. F. ist vom Beklagten mit Bescheid vom 7. Juli 2008 von vornherein bis 31. Dezember 2008, also über den ursprünglichen Leistungsbezug hinaus, angeordnet worden. Die Verlängerungsanordnung vom 31. Dezember 2008 nimmt ausdrücklich Bezug auf Rechtsfolgen, denen nur ein Leistungsbezieher unterliegt. Auch kann nicht daran vorbei gesehen werden, dass es noch am 2. September 2008 in einem Schreiben an den Kläger (Anforderung des Nachweises der Baualtersklasse des von ihm bewohnten Hauses) heißt, er habe "Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts beantragt". So angesprochen, durfte der Kläger darauf vertrauen, einen speziellen Antrag auf Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht mehr extra stellen zu müssen. Da Zweifel am Bestehen der gesetzlichen Anspruchsvoraussetzungen im Übrigen für die hier streitige Lücke im Leistungsbezug nicht bestehen, ist die Entscheidung des Sozialgerichts daher aufrechtzuerhalten und die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht § 193 SGG.
Ein Grund, gemäß § 160 Abs. 2 SGG die Revision zuzulassen, ist nicht gegeben.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten, ob der Kläger gegenüber dem Beklagten für die Zeit vom 1. November 2008 bis 11. Februar 2009 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) beanspruchen kann. Der Beklagte hatte dem Kläger bis zum 31. Oktober 2008 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts bewilligt. Vom 16. Juli 2008 bis 31. März 2009 nahm der Kläger auf Veranlassung des Beklagten eine Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung gemäß § 16 Abs. 3 SGB II a.F. bzw. 16d SGB II wahr. Am 12. Februar 2009 beantragte der Kläger beim Beklagten die Weiterbewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Ihm wurden Leistungen für die Zeit ab 12. Februar 2009 zugesprochen. Der Kläger bat daraufhin um Leistungen auch für die Zeit vom 1. November 2008 bis 11. Februar 2009, da er in dieser Zeit an der vom Beklagten vermittelten Arbeitsgelegenheit teilgenommen habe. Mit Bescheid vom 20. Februar 2009 lehnte der Beklagte eine Leistungsgewährung für die fragliche Zeit unter Hinweis auf das Fehlen eines entsprechenden Antrages ab. Der Kläger erhob Widerspruch, welcher mit Widerspruchsbescheid vom 30. Juni 2009 zurückgewiesen wurde.
Am 31. Juli 2009 hat der Kläger vor dem Sozialgericht Hamburg Klage erhoben und argumentiert, eines Weiterbewilligungsantrages über den 31. Oktober 2008 habe es nicht bedurft, da er damals an einer ihm zugewiesenen Maßnahme teilgenommen habe, welche die Leistungsberechtigung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch voraussetze.
Mit Urteil vom 11. April 2011 hat das Sozialgericht die Bescheide des Beklagten vom 20. April 2009 und vom 30. Juni 2009 abgeändert und den Beklagten zur Bewilligung von Leistungen auch für die Zeit vom 1. November 2008 bis 11. Februar 2009 verpflichtet. In den Entscheidungsgründen heißt es, der Kläger habe auch für die Zeit vom 1. November 2008 bis 11. Februar 2009 einen Anspruch auf Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Zwar würden diese nach § 37 SGB II grundsätzlich nur auf Antrag und ausdrücklich nicht für Zeiten vor der Antragstellung erbracht. Dem Kläger stehe jedoch aufgrund der besonderen Umstände des Falls (Teilnahme an einer Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung gemäß § 16d SGB II) ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch zur Seite. Die Teilnahme an einer solchen Arbeitsgelegenheit habe nach dem Wortlaut des Gesetzes zwingend eine Leistungsberechtigung des Betroffenen nach § 7 Abs. 1 SGB II vor¬ausgesetzt. Obwohl der ursprüngliche Bewilligungszeitraum bereits am 31. Oktober 2008 abgelaufen gewesen sei, habe man den Kläger gleichwohl bis einschließlich 31. März 2009 in eine solche Arbeitsgelegenheit vermittelt, ohne dass zu diesem Zeitpunkt festgestanden habe, ob bei ihm über den 31. Oktober 2008 hinaus die Anspruchsvoraussetzungen des § 7 Abs. 1 SGB II erfüllt würden. Hierdurch habe beim Kläger der Eindruck entstehen können, dass er jedenfalls bis zum Abschluss der Maßnahme Leistungen beziehen werde, ohne dass es hierzu eines besonderen Antrages bedürfe. Dass der Beklagte dem Kläger einen anders lautenden Hinweis gegeben habe, sei nicht erwiesen.
Das Urteil des Sozialgerichts ist dem Beklagten am 28. Juni 2011 zugestellt worden. Am 1. Juli 2011 hat er Berufung eingelegt.
Der Beklagte hält einen Anspruch des Klägers für die fragliche Zeit für nicht ge-geben.
Der Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 11. April 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Der Kläger verteidigt die angefochtene Entscheidung.
Die Sachakten des Beklagten haben vorgelegen. Auf ihren sowie auf den Inhalt der Prozessakten, insbesondere auch auf die zutreffende Sachverhaltsdarstellung im Tatbestand des angefochtenen Urteils, wird wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts ergänzend Bezug genommen.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter als Einzelrichter im schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten durch den Berichterstatter als Einzelrichter ohne mündliche Verhandlung.
Die nach den Vorschriften des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 11. April 2011 hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht und mit zutreffender Begründung, auf welche ausdrücklich Bezug genommen wird, hat das Sozialgericht unter Aufhebung der entgegenstehenden Entscheidungen des Beklagten dem Kläger für die Zeit ab 1. November 2008 bis 11. Fe¬bruar 2009 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch zugesprochen. Der Senat teilt die Auffassung des Sozialgerichts, dass dem Kläger hier das Fehlen des gesetzlich vorgeschriebenen Antrages (§ 37 SGB II) nicht entgegengehalten werden kann. Ob dies im Sinne eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs schon daraus folgt, dass der Beklagte den in einer Maßnahme nach § 16 Abs. 3 SGB II a.F. (§ 16d SGB II) stehenden Kläger nicht ausdrücklich über die weiterhin bestehende Antragspflicht informiert hat, kann dahinstehen. Denn eine Berufung auf den fehlenden Antrag wäre hier schon deswegen treuwidrig, weil der Beklagte beim Kläger den Eindruck erweckt hat, ein solcher Antrag sei entbehrlich bzw. schon gestellt worden. Die von einem Leistungsbezug abhängige Maßnahme nach § 16 Abs. 3 SGB II a. F. ist vom Beklagten mit Bescheid vom 7. Juli 2008 von vornherein bis 31. Dezember 2008, also über den ursprünglichen Leistungsbezug hinaus, angeordnet worden. Die Verlängerungsanordnung vom 31. Dezember 2008 nimmt ausdrücklich Bezug auf Rechtsfolgen, denen nur ein Leistungsbezieher unterliegt. Auch kann nicht daran vorbei gesehen werden, dass es noch am 2. September 2008 in einem Schreiben an den Kläger (Anforderung des Nachweises der Baualtersklasse des von ihm bewohnten Hauses) heißt, er habe "Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts beantragt". So angesprochen, durfte der Kläger darauf vertrauen, einen speziellen Antrag auf Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht mehr extra stellen zu müssen. Da Zweifel am Bestehen der gesetzlichen Anspruchsvoraussetzungen im Übrigen für die hier streitige Lücke im Leistungsbezug nicht bestehen, ist die Entscheidung des Sozialgerichts daher aufrechtzuerhalten und die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht § 193 SGG.
Ein Grund, gemäß § 160 Abs. 2 SGG die Revision zuzulassen, ist nicht gegeben.
Rechtskraft
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