L 8 KR 65/10

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 18 KR 510/07 WA
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 8 KR 65/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 25.01.2010 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Gegenstandswert wird mit 1.021,67 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Im Streit steht die Vergütung für eine Krankenhausbehandlung.

Der 1939 geborene XY. (im Folgenden: Versicherter) ist bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Er war am 30.12.2003 in der VG.klinik GV., einem im Krankenhausplan des Landes Hessen erfassten Belegkrankenhaus mit einer Abteilung für Innere Medizin, stationär aufgenommen worden. Die Aufnahme erfolgte unter dem Bild zunehmende Belastungsdyspnoe, Leistungsminderung sowie wegen vier Tage zuvor aufgetretener krampfartigen Brustschmerzen. Während des stationären Aufenthaltes in der VG.klinik zeigte sich eine Mitralklappeninsuffizienz. Die Belegärzte der VG.klinik veranlassten den am Vormittag des 09.01.2004 durchgeführten Krankentransport des Versicherten in das FY. (IK.) in A-Stadt zur Durchführung einer Linksherzkathederuntersuchung mit Koronarangiographie zwecks ursächlicher Abklärung der pectanginösen Beschwerden und der cardialen Dekompensation bei entsprechendem Risikoprofil. Bei dem IK. handelt es sich um eine Gemeinschaftspraxis, deren Ärzte zur vertragsärztlichen Versorgung im Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen zugelassen sind. Der Praxissitz befindet sich unter anderem im Gebäude des von der Klägerin betriebenen LA.-Krankenhauses, einem ebenfalls in den Krankenhausplan des Landes Hessen aufgenommenen Krankenhaus mit belegärztlichen Abteilungen. Die im IK. tätigen Ärzte sind überwiegend zugleich als Belegärzte des LA.-Krankenhauses tätig. Die Klägerin ist Mitglied der Hessischen Krankenhausgesellschaft, einer Landeskrankenhausgesellschaft im Sinne von § 108 a Sozialgesetzbuch - Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) und § 17 Abs. 2 a Krankenhausgesetz (KHG). Der genaue Aufnahmezeitpunkt des Versicherten im IK. ist nicht exakt aus der Patientenakte ersichtlich. Ein dort angefertigtes Ruhe-EKG erfolgte jedoch um 10:15 Uhr. Die Koronarangiographie wurde zwischen 20:45 und 21:35 Uhr durchgeführt. Es ergab sich eine operationsbedürftige Mitralklappeninsuffizienz; eine operativ zu versorgende koronare Herzerkrankung wurde ausgeschlossen. Der Rücktransport des Versicherten in die VG.klinik nach GV. erfolgte am 10.01.2004 gegen 13:00 Uhr.

Die Klägerin stellte der Beklagten die für die stationäre Behandlung des Versicherten in ihrem LA.krankenhaus erbrachten Leistungen nach den Vorschriften des Krankenhausentgeltgesetztes (KHEntG) mit Schreiben vom 08.04.2004 in Höhe v. 1.021,67 EUR für den Zeitraum vom 09.01.2004 bis 10.01.2004 in Rechnung. Die Beklagte lehnte die Begleichung dieser Rechnung, ebenso wie in ähnlich gelagerten Fällen, ab. Die VG.klinik rechnete gesondert gegenüber der Beklagten ihre stationäre Behandlung des Versicherten ab. Nach den von der Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 09.09.2011 gemachten Angaben erfolgte seitens des IK. eine Inrechnungstellung der ärztlichen Leistungen für die Koronarangiographie des Versicherten gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen.

Am 08.12.2005 erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht Frankfurt am Main, mit der sie Krankenhausvergütung in Höhe von 1.021,67 EUR geltend macht. Durch Beschluss vom 10.07.2006 ordnete das Sozialgericht das Ruhen des Verfahrens an. Am 21.08.2007 wurde das ruhende Verfahren auf Antrag der Klägerin fortgeführt. Zur Begründung trug die Klägerin vor, der Versicherte sei durchgängig krankenhausbehandlungsbedürftig gewesen und damit sei sie berechtigt gewesen, die von ihr erbrachten Krankenhausleistungen der Beklagten in Rechnung zu stellen. Das LA.-Krankenhaus habe während des Aufenthalts die volle Verantwortung für die Behandlung des Versicherten gehabt und daher in dieser Zeit auch alle notwendigen allgemeinen Krankenhausleistungen erbracht. Die anschließende Weiterbehandlung hätte jedoch nicht mehr der besonderen Kompetenz und apparativen Ausstattung ihrer Klinik bedurft, so dass der Versicherte wohnortnah zurückverlegt werden konnte. Weiter legte die Klägerin eine schriftliche Stellungnahme des im IK. und im Belegkrankenhaus der Klägerin tätigen Kardiologen Prof. Dr. QQ. vom 03.11.2009 vor. Die Beklagte bezog sich auf ein für den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung in Hessen (MDK) erstelltes sozialmedizinisches Gutachten nach Aktenlage des Internisten Dr. WW. vom 06.03.2009.

Das Sozialgericht zog die Krankenblattunterlagen des LA.-Krankenhauses zu dem Versicherten bei. Mit Gerichtsbescheid vom 25.01.2010 wies es die Klage als unbegründet ab. Zur Begründung führte es aus: Die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse entstehe unabhängig von einer schriftlichen Kostenzusage, die nur als deklaratorisches Schuldanerkenntnis anzusehen sei, unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten, wenn die Versorgung in einem wie hier zugelassenen Krankenhaus durchgeführt werde und im Sinne von § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V erforderlich sei, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden könne. Der Zahlungsanspruch des Krankenhauses korrespondiere in aller Regel mit dem Anspruch des Versicherten auf Krankenhausbehandlung. Demgemäß müssten beim Versicherten bei der Aufnahme in das Krankenhaus grundsätzlich alle allgemeinen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung sowie speziell von Krankenhausbehandlung, insbesondere deren Erforderlichkeit, vorliegen. Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V hätten Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig sei, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die zur Krankenbehandlung gehörende Krankenhausbehandlung (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V) werde gemäß § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB V vollstationär, teilstationär, vor- und nachstationär sowie ambulant erbracht. Der Anspruch sei gerichtet auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus (§ 108 SGB V), wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich sei, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden könne (§ 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V; vgl. BSG, Urteil vom 16.12.2008, Az. B 1 KN 3/08 KR R). Dabei richte sich die Frage, ob einem Versicherten vollstationäre Krankenhausbehandlung zu gewähren sei, nach medizinischen Erfordernissen (BSG, Großer Senat, Beschluss vom 25.09.2007, Az. GS 1/06; BSG, Urteil vom 16.12.2008, Az. B 1 KN 3/08 KR R). D.h. die Krankenkasse schulde eine vollstationäre Krankenhausbehandlung nur, wenn der Gesundheitszustand des Patienten sie aus medizinischen Gründen erfordere.

Der Versicherte sei am 09.01.2004 vormittags in der von der Klägerin betriebenen Klinik aufgenommen worden. Zwar lasse sich der exakte Aufnahmezeitpunkt nicht aus der Patientenakte entnehmen, jedoch sei um 10:15 Uhr ein Ruhe-EKG aufgezeichnet worden; hieraus könne geschlossen werden, dass die Aufnahme am 09.01.2004 vor 10:15 Uhr erfolgt wäre. Die Rückverlegung des Versicherten in die VG.klinik in GV. habe am 10.01.2004 um 13 Uhr stattgefunden. Mithin sei der Versicherte insgesamt länger als 24 Stunden in der Klinik der Klägerin verblieben. Daher sei davon auszugehen, dass der Versicherte physisch und organisatorisch in die Klinik der Klägerin eingegliedert gewesen sei.

Nachvollziehbar komme jedoch der MDK in seinem Gutachten vom 06.03.2009 zu dem Ergebnis, dass aus medizinischer Sicht eine stationäre Behandlungsnotwendigkeit in der Klinik der Klägerin nicht gegeben gewesen wäre. Zwar habe der Versicherte unstreitig einer Krankenhausbehandlung bedurft. Jedoch hätte die von der Klinik in GV. veranlasste Koronarangiographie im Krankenhaus der Klägerin im Rahmen einer Verbringung durchgeführt werden können. Eine Verlegung sei aus medizinischen Gründen nicht erforderlich gewesen. So führe der MDK in seinem Gutachten vom 06.03.2009 aus, die vorgelegten Unterlagen enthielten keine Angaben darüber, warum die Untersuchung nicht zu einem früheren Zeitpunkt hätte durchgeführt werden können. Der Versicherte sei am 09.01.2004 vor 10:15 Uhr in der von der Klägerin betriebenen Klinik aufgenommen worden. Die Koronarangiographie sei erst abends zwischen 20:45 und 21:35 Uhr durchgeführt worden. Mithin müsse von einem mehr als zehnstündigen Intervall zwischen geplanter Aufnahme und Beginn der Koronarangiographie ausgegangen werden. Zu diesem Gutachten des MDK habe die Klägerin keine nachvollziehbaren medizinischen Gründe vorgebracht, weshalb die Koronarangiographie nicht zu einem früheren Zeitpunkt stattfinden konnte. Im Falle einer früheren Vornahme der Koronarangiographie hätte der Versicherte am selben Tag zurück in die Klinik in GV. gebracht werden können. Es wäre lediglich eine Verbringung in die Klinik der Klägerin erforderlich gewesen, hingegen keine Verlegung.

Bei einer Behandlung, die grundsätzlich im Wege einer Verbringung durchführbar sei, könne ein Vergütungsanspruch nicht mit der an sich gegebenen Krankenhausbehandlungsnotwendigkeit begründet werden. Im Falle einer Verbringung hätte lediglich das Krankenhaus, welches die im Rahmen der Verbringung erbrachte Leistung veranlasste, einen Vergütungsanspruch gegen die Beklagte. Das Krankenhaus, in welchem die im Rahmen der Verbringung durchgeführte Leistung erbracht werde, habe demgegenüber lediglich einen Vergütungsanspruch gegenüber dem veranlassenden Krankenhaus. Nach § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Krankenhausentgeltgesetz seien die allgemeinen Krankenhausleistungen nur zwischen Krankenkasse und Krankenhaus abzurechnen, auch wenn letzteres in bestimmtem Rahmen Dritte hinzuziehe. Diese würden rechtlich gesehen ihre Leistung nicht gegenüber dem Patienten bzw. dessen Krankenkasse sondern gegenüber dem Krankenhaus erbringen, welches den Patienten ursprünglich aufgenommen habe. Dementsprechend könne ein Vergütungsanspruch des Dritten nur gegen das Krankenhaus und nicht gegen den Patienten oder dessen Kostenträger entstehen (so auch: BSG, Urteil vom 28.02.2007, Az. B 3 KR 17/06 R). Demzufolge habe die Klägerin keinen Vergütungsanspruch gegen die Beklagte.

Gegen den ihr am 27.01.2010 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 16.02.2010 Berufung eingelegt. Sie wiederholt und vertieft ihr Vorbringen aus der ersten Instanz. In dessen Ergänzung trägt sie vor, im Falle des Versicherten habe eine Verlegung, mithin ein Unterfall einer Krankenhausentlassung, vorgelegen. Einen Versagungsgrund hinsichtlich der Krankenhausvergütung in Form der sog. Verbringung gebe es gar nicht. Für eine Verlegung des Versicherten in das LA.-Krankenhaus spreche schon dessen Integration in die stationären Abläufe dieses Krankenhauses. Wegen seiner instabilen Angina pectoris habe der Versicherte nicht bereits am Tage der Herzkathederuntersuchung in die VG.klinik zurückgebracht werden können. Er habe der weiteren Überwachung bedurft.

Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt am Main aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.021,67 EUR nebst Zinsen hieraus i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.05.2004 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil des Sozialgerichtes für rechtsfehlerfrei und zutreffend. Ergänzend weist sie daraufhin, dass auch das Sozialgericht Hannover mit Urteil vom 20.05.2010 (S 10 KR 175/09) im gleichen Sinn entschieden habe.

Das Berufungsgericht hat die Krankenblattunterlagen des LA.-Krankenhauses zur streitigen Behandlung des Versicherten beigezogen. Zur mündlichen Verhandlung vom 09.09.2011 sind für die Klägerin neben deren Prozessbevollmächtigten die Chirurgin und Medizincontrollerin Dr. EE. und der Kardiologe Prof. Dr. QQ. erschienen. Ihnen wurde Gelegenheit zur Äußerung gegeben. Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte einschließlich der von der Klägerin in Kopie vorgelegten Krankenakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufungsinstanz konnte in Besetzung des Berichterstatters und der beiden ehrenamtlichen Richter entscheiden, da der Senat mit Beschluss vom 08.06.2011 gemäß § 153 Abs. 5 SGG (in der ab 1. April 2008 geltenden Fassung) die Entscheidung auf den Berichterstatter übertragen hat.

Die Berufung ist zulässig, denn sie ist form- und fristgerecht eingelegt sowie statthaft (§ 151 Abs. 1 und §§ 143,144 Sozialgerichtsgesetz - SGG). Sie ist jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht Frankfurt am Main hat in seinem Gerichtsbescheid im Ergebnis zu Recht einen Vergütungsanspruch der Klägerin für die Behandlung des bei der Beklagten krankenversicherten Patienten XY. im LA.krankenhaus für den Zeitraum 09.01.2004 bis 10.012004 verneint. Die Sachurteilsvoraussetzungen liegen vor. Die Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG ist im Gleichordnungsverhältnis zwischen einem Krankenhausträger und einer Krankenkasse statthaft. Es bedarf keines Vorverfahrens und auch nicht der Einhaltung einer Klagefrist (ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, vgl. Urteil vom 30. Juni 2009, B 1 KR 24/08 R). Als Rechtsgrundlage des geltend gemachten und in der Höhe unbestrittenen Vergütungsanspruches der Klägerin kommt § 109 Abs. 4 S. 3 SGB V in Verbindung mit der Pflegesatzvereinbarung für das Jahr 2004 zwischen der Klägerin und den Sozialleistungsträgern im Sinne des § 18 Abs. 2 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) sowie dem Vertrag nach § 112 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SGB V über die allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung in Betracht. Für die Regelung der Vergütung verweist § 109 Abs. 4 S. 3 SGB V auf das Krankenhausfinanzierungsrecht, indem es die Krankenkassen verpflichtet, Pflegesatzverhandlungen nach Maßgabe von KHG, KHEntgG und Bundespflegesatzverordnung (BPflV) zu führen. Dabei stimmt seit Einführung des diagnose-orientierten (DRG-)Fallpauschalensystems der Begriff der Pflegesatzverhandlungen in § 109 Abs. 4 S. 3 SGB V nicht mehr mit demjenigen des Krankenhausfinanzierungsrechts überein, das diesen nicht für das DRG-Vergütungssystem verwendet. Der Verweis auf das KHEntgG in § 109 Abs. 4 S. 3 SGB V macht jedoch deutlich, dass davon auch die Verhandlungen im Rahmen dieses pauschalisierenden Entgeltsystems erfasst sein sollen. Der Fallpauschalenkatalog, der das Vergütungssystem nach Pflegesätzen abgelöst hat, wurde mit Wirkung zum 01.01.2004 verbindlich eingeführt. 2004 wurde die Abrechnung nach DRGs für alle erfassten Krankenhäuser obligatorisch, blieb jedoch ebenfalls budgetneutral und erfolgte unter Zugrundelegung eines krankenhausindividuellen Basisfallpreises (§ 17 b Abs. 6 S. 1 und 3 KHG, § 3 Abs. 3 und 4 KHEntgG).

Die Zahlungsverpflichtung der Krankenkassen für eine notwendige Krankenhausbehandlung entsteht dabei unabhängig von einer Kostenzusage unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch einen Versicherten. Die Krankenkasse ist

bei einem zugelassenen Krankenhaus als Korrelat zu dessen Behandlungspflicht auch ohne zusätzliche vertragliche Vereinbarung verpflichtet, das festgelegte Entgelt zu zahlen, sofern die Krankenhausbehandlung erforderlich war.

Einem Vergütungsanspruch der Klägerin steht indessen bereits die Regelung des § 2 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 des Gesetzes über die Entgelte für voll- und teilstationäre Krankenhausleistungen (Krankenhausentgeltgesetz – KHEntgG, hier maßgeblich in der Fassung vom 17.07.2003, gültig ab 22.07.2003) entgegen. Nach dieser mit § 2 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 BPflV inhaltsgleichen Vorschrift sind die allgemeinen Krankenhausleistungen nur zwischen Krankenkasse und Krankenhaus abzurechnen, auch wenn letzteres in bestimmtem Rahmen Dritte hinzuzieht. Diese erbringen - rechtlich gesehen - ihre Leistung nicht gegenüber dem Patienten bzw. dessen Krankenkasse, sondern gegenüber dem Krankenhaus. Dementsprechend kann ein Vergütungsanspruch des Dritten nur gegen das Krankenhaus und nicht gegen den Patienten oder dessen Kostenträger entstehen (vgl. BSG, Urteil vom 28.02.2007, B 3 KR 17/06 R; Bundesgerichtshof, Urteil vom 12.11.2009, III ZR 110/09). Dies gilt jedoch nur, soweit es sich um Leistungen handelt, die im Verhältnis zu der vom Krankenhaus zu erbringenden Hauptbehandlungsleistung lediglich ergänzende oder unterstützende Funktionen haben und damit im Rahmen einer sogenannten "Verbringung" angefallen sind. Zur Abgrenzung der Begriffe Verbringung und Verlegung hat das Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 28.02.2007 auf Erwägungen zurückgegriffen, welche es für die Differenzierung von teil- und vollstationärer Behandlung entwickelte. Dabei war der seiner Entscheidung zu Grunde liegende Sachverhalt dadurch gekennzeichnet, dass eine wegen einer Spinalstenose im Lumbalbereich in einer orthopädischen Fachabteilung eines Krankenhauses stationär aufgenommene Patientin wegen des Auftretens von Symptomen, die den Verdacht auf einen akuten Herzinfarkt nahelegten, mit einem Notarztwagen in ein anderes Krankenhaus gebracht und auf der dortigen Intensivstation aufgenommen wurde. Nach Ausschluss eines Herzinfarktes wurde sie dann zirka 10 Stunden später wieder in die orthopädische Klinik zurückgebracht. Letztere verfügte nach ihrem Versorgungsauftrag weder über eine kardiologische noch über eine intensivmedizinische Abteilung und war deshalb zur Abklärung und Behandlung des Herzinfarktverdachtes der Versicherten nicht in der Lage. Das Bundessozialgericht legt in seiner Entscheidung zunächst dar, dass die streitige Krankenhausbehandlung nicht ambulant und auch nicht teilstationär sondern vollstationär durchgeführt worden sei. Zur Differenzierung von teil- und vollstationärer Behandlung stelle das maßgebliche Kriterium die vorausschauende Planung der Krankenhausärzte im Sinne der Umsetzung eines konkreten Behandlungskonzeptes dar (Verweis auf sein Urteil vom 04.03.2004, B 3 KR 4/03). Während bei Operationen eine praktikable Abgrenzung der stationären von der ambulanten Behandlung und anderen stationsersetzenden Eingriffen in erster Linie an Hand der geplanten Aufenthaltsdauer erfolgen könne, sei dies bei der Abgrenzung einer nicht operativen stationären Behandlung von einer ambulanten Behandlung im Krankenhaus schon schwieriger. Insoweit gibt das Bundessozialgericht als Entscheidungshilfe die Beantwortung der Frage an, in welchem Umfang neben der Dauer der Behandlung der Patient die Infrastruktur des Krankenhauses in Anspruch nehme. Das hänge allerdings davon ab, welche konkrete Erkrankung vorliege und wie diese üblicherweise zu behandeln sei. So stelle der Aufenthalt auf einer Intensivstation die nachhaltigste Form der Einbindung in einen Krankenhausbetrieb und damit den Prototyp einer vollstationären Behandlung dar. Eine teilstationäre Behandlung könne nur dann vorliegen, wenn eine zeitliche Begrenzung der Krankenhausbehandlung vorher entsprechend geplant werde, wobei entscheidend die Planung der Krankenhausärzte im Sinne der Umsetzung eines konkreten Behandlungskonzeptes sei. Dies werde im Einzelfall damit zu beantworten sein, welche konkrete Erkrankung vorliege und wie diese üblicherweise zu behandeln sei.

Zusammenfassend ergibt sich somit für die Auslegung des § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 KHEntG Folgendes: Um eine vom Krankenhaus veranlasste Leistung eines Dritten im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 KHEntgG handelt es sich dann, wenn die Leistung im Verhältnis zu der vom Krankenhaus zu erbringenden Hauptbehandlungsleistung lediglich ergänzende oder unterstützende Funktion hat (sog. "Verbringung"). Von einer "Verlegung" bei der dem zweiten eingeschalteten Krankenhaus ein eigenständiger Vergütungsanspruch zusteht, kann dann ausgegangen werden, wenn die Verantwortung für die Gesamtbehandlung vollständig auf das weiter eingeschaltete Krankenhaus übergeht und dessen Ärzte über das weitere diagnostische und therapeutische Vorgehen entscheiden. In einem solchen Fall scheidet der Patient aus den stationären Behandlungsabläufen und der Gesamtverantwortung des abgebenden Krankenhauses aus und wird in die stationären Abläufe des aufnehmenden Krankenhauses vollständig integriert (Bundessozialgericht, Urteil vom 28. Februar 2007, B 3 KR 17/06; in diesem Sinne auch SG Hannover, Urteil vom 20.05.2010, S 10 KR 175/09).

Die Anwendung dieser Kriterien auf den vorliegenden Fall führt zu dem Ergebnis, dass das LA.krankenhaus der Klägerin eine von der VG.klinik veranlasste Krankenhausleistung erbracht hat. Die Verbringung des Versicherten in das LA.krankenhaus war nämlich nicht durch das Auftreten einer plötzlichen medizinischen Notfallsituation bedingt, sondern vollzog sich im Rahmen der stationären Behandlung durch die VG.klinik. Diese hatte den Versicherten bereits am 30.12.2003 wegen zunehmender Belastungsdyspnoe und pectanginösen Beschwerden aufgenommenen, um die Ursachen dieser Symptome und ihre Behandlung zu klären. Die VG.klinik verfügte auch nach ihrem Versorgungsauftrag über eine internistische Abteilung, so dass auch die Behandlung von Gesundheitsstörungen, wie sie bei dem Versicherten bestanden, zu ihrem Leistungsspektrum gehörte. Die Tatsache, dass die VG.klinik nicht einen Linksherzkathetermessplatz vorhielt, bewirkte nicht, dass sie vergütungsrechtlich in der Lage gewesen wäre, diagnostische und eventuelle therapeutische koronarangiographische Maßnahmen an andere Arztpraxen und Kliniken, die apparativ besser ausgestattet sind und ebenfalls einen internistischen Schwerpunkt aufweisen, zu delegieren, ohne den eigenen Krankenhausvergütungsanspruch durch die Notwendigkeit die eingeschalteten anderen Krankenhäuser zu vergüten, zu schmälern. Die diagnostischen Maßnahmen des eingeschalteten Krankenhauses der Klägerin stellten klassische konsiliarische Untersuchungsmaßnahmen dar, die für die Umsetzung des Untersuchungs- und Behandlungskonzepts der Krankenhausärzte der VG.klinik benötigt wurden. Bei der veranlassten arteriellen Koronarangiographie handelt es sich um eine Standardmaßnahme, welche im Rahmen der Behandlung des bei der Versicherten vorgelegen habenden Krankheitsbildes üblich ist. Es war nicht so, dass unerwartet eine internistische Notfallsituation im Rahmen der Behandlung anderer nicht internistischer Leiden aufgetreten wäre. Auch das weitere Vorgehen der VG.klinik nach Rückverlegung des Versicherten aus dem Krankenhaus LA. spricht dafür, dass die Verantwortung für dessen Gesamtbehandlung vollständig bei dem Krankenhaus in GV. verblieben war. Seinen Ärzten verblieb die Entscheidung, ob der Versicherte weiter im Krankenhaus zu behandeln oder zu entlassen war. Dem diente die Rückführung des Versicherten per Krankentransport aus dem LA.-Krankenhaus der Klägerin in die VG.klinik.

Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts ist es rechtlich ohne Relevanz, ob die bei dem Versicherten durchgeführte Herzkathederuntersuchung bereits bald nach dessen Eintreffen in dem IK. durchgeführt oder jedenfalls deutlich vor 20:45 Uhr begonnen hätte werden können und ob der Krankenhausaufenthalt des Versicherten für die Nacht aus medizinischen Gründen erforderlich war. Auf diese Gesichtspunkte kommt es rechtlich für die Abgrenzung zwischen einer Verlegung oder Verbringung nicht an. Leistungen Dritter im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 KHEntG können auch stationär erbracht werden. Deshalb ist es entgegen der Auffassung der Klägerin unerheblich, dass der Versicherte in ihrem Krankenhaus übernachtete, ärztlich überwacht sowie ver- und gepflegt wurde. Für eine Aufnahme in die stationären Abläufe eines Krankenhauses ist vorrangig maßgeblich, ob die Gesamtverantwortung auf das aufnehmende Krankenhaus übergeht. Über Übernachtungs- und (Ver)pflegungsleistungen hinaus bedarf es hierzu eines eigenständigen Konzepts für eine selbständige Behandlung, die an die vorangegangene abgeschlossene Behandlung anknüpft. An dieser Anknüpfung fehlt es im vorliegenden Fall.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 52 Gerichtskostengesetz (GKG).
Rechtskraft
Aus
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