L 8 U 294/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 4 U 4527/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 U 294/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 14. Dezember 2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist vorliegend ein Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung (Verletztenrente und gegebenenfalls Übergangsleistungen) wegen einer anerkannten Berufskrankheit (Lärmschwerhörigkeit) streitig.

Weiter ist beim erkennenden Senat eine Berufung des Klägers wegen der Anerkennung einer Berufskrankheit (BK) Nr. 2108 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) und Entschädigungsleistungen anhängig (L 8 U 4907/11), über die mit Urteil des Senats vom 26.10.2012 entschieden worden ist.

Der 1957 geborene Kläger war in der Zeit vom 01.09.1972 bis 17.10.2003 mit Unterbrechungen bei (zahlreichen) verschiedenen Arbeitgebern beschäftigt (Mitteilung der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg vom 13.09.2006). Seit 18.10.2003 ist der Kläger arbeitslos.

Der Kläger machte im Januar 2009 im Verlauf eines beim Sozialgericht Heilbronn (SG) anhängigen Rechtsstreites (S 11 U 3688/07) wegen der Anerkennung einer BK Nr. 2103 der BKV - unter anderem - die Anerkennung einer BK Nr. 2301 der BKV bei der Beklagten geltend. Er berief sich darauf, dass bei einer arbeitsmedizinischen Untersuchung 1999 eine Lärmschwerhörigkeit festgestellt worden sei, die sich bis zum heutigen Tage verschlimmert habe.

Die Beklagte leitete ein Feststellungsverfahren wegen des Vorliegens einer BK Nr. 2103 der BKV ein. Sie zog das Vorerkrankungsverzeichnis der I. B. und H. für die Zeit ab 1998 sowie den Untersuchungsbericht der BAZ H. vom 07.07.1999 bei, in dem - unter anderem - ein auffälliger Hörtest der Luftleitung und der Knochenleitung beschrieben wird. Außerdem holte die Beklagte die Stellungnahme der Präventionsabteilung vom 22.12.2009 zur Arbeitsplatzexposition ein, wonach der Kläger im Zeitraum vom 01.01.1973 bis 19.10.1999 - mit Unterbrechungen - einer Lärmexposition (Risikomaß nach "von Lüpke" 3,2) ausgesetzt gewesen sei, nach der die Entstehung einer Lärmschwerhörigkeit möglich sei. Die Beklagte veranlasste anschließend (auf Vorschlag des Klägers) das HNO-ärztliche Gutachten des Dr. R. vom 13.07.2010. Dr. R. führte in seinem Gutachten aus, die im Zeitraum von 1972 bis 2003 einzig aktenkundige audiologische Untersuchung vom 07.07.1999 zeige einen typischen Befund bei einer beginnenden Lärmschwerhörigkeit mit einem Hörverlust von 0 % rechts und 10 % links, was einem annähernd normalen Hörvermögen entspreche. Das Vorliegen einer Lärmschwerhörigkeit sei hinsichtlich der Entwicklung bis 1999, dem Ende der beruflichen Lärmexposition, wahrscheinlich. Aktuell bestehe nach dem Sprachaudiogramm vom 13.07.2010 ein Hörverlust von 30 % beidseits mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 15 v.H., die ganz überwiegend einer nicht berufsbezogenen Ursache zuzuordnen sei. Da jegliche Lärmexposition im Jahr 1999 geendet habe, seien denkbare Fortentwicklungen der Hörstörung im Sinne einer Progredienz keinesfalls mehr als lärmbedingt einzuordnen und basierten auf anderen Schädigungsvorgängen. Für den berufsbedingten Hörverlust betrage die MdE 0 v.H. seit 07.07.1999. Zum Gutachten des Dr. R. holte die Beklagte die beratungsärztliche Stellungnahme von Professor Dr. J. vom 21.07.2010 ein, der dem Gutachten des Dr. R. zustimmte.

Mit Bescheid vom 27.07.2007 anerkannte die Beklagte eine BK Nr. 2301 der BKV mit der Folge einer geringgradigen Hochtoninnenohrschwerhörigkeit beidseits zum Zeitpunkt der arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchung am 07.07.1999 an. Ein Anspruch auf Rente wurde abgelehnt, da eine rentenberechtigende MdE nicht vorliege. Gegen den Bescheid vom 27.07.2010 legte der Kläger am 30.08.2010 Widerspruch ein, der vom Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 29.10.2010 zurückgewiesen wurde.

Am 06.12.2010 erhob der Kläger beim SG Klage, mit der er Verletztenrente und gegebenenfalls Übergangsleistungen geltend machte. Er trug zur Begründung vor, die Beklagte habe eine Lärmschwerhörigkeit nicht in vollem Umfang anerkannt. Die von der Beklagten behauptete Möglichkeit der realen Teilbarkeit des Hörschadens werde bestritten. Eine wesentliche Mitursächlichkeit der Lärmarbeit reiche für die Entschädigung des vollen Hörschadens aus. Im Übrigen erscheine es als Ammenmärchen, wenn behauptet werde, eine berufliche Lärmschwerhörigkeit könne sich beim Ausscheiden aus dem Lärm nicht weiter verschlimmern. Der Kläger legte hierzu einen inkompletten Auszug aus einem Gutachten vor. Die Audiogramme vom 13.07.2010 wiesen eine klassische berufliche Lärmschwerhörigkeit rentenberechtigender Art aus.

Mit Gerichtsbescheid vom 14.12.2011 wies das SG die Klage ab. Es führte zur Begründung seiner Entscheidung unter Bezug auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 29.10.2010 und gestützt auf das Gutachten von Dr. R. ergänzend aus, die Beklagte habe zu Recht nur die geringgradige Hochtoninnenohrschwerhörigkeit beidseits und nicht die Gesamtheit der Funktionsstörungen im Bereich beider Ohren als Folge des Versicherungsfalles anerkannt. Ein Gesundheitsschaden sei nur dann einheitlich zu bewerten, wenn die Kausalreihen nicht erfassbar seien, weil sich die Einwirkungen untrennbar gegenseitig beeinflussten und sie das Hörorgan gleichlaufend befielen. Eine solche Konstellation sei beim Kläger nicht gegeben. Beim Ende der Lärmexposition 1999 habe der Hörverlust rechts 0 % und links 10 % betragen. Die spätere Fortentwicklung der Hörstörung mit einem Hörverlust von 30 % beidseits könne nach den unfallrechtlich zu beachtenden Erfahrungswerten nicht berufsbezogenen Ursachen zugeordnet werden.

Gegen den den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 20.12.2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger durch seine Prozessbevollmächtigten am 19.01.2012 Berufung eingelegt. Er hat zur Begründung im Wesentlichen an seinem bisherigen Vorbringen festgehalten und dieses zur Verschlechterung der Lärmschwerhörigkeit nach Aufgabe der gefährdenden Tätigkeit vertieft sowie die Einholung eines unabhängigen Sachverständigengutachtens von Amts wegen beantragt.

Der Kläger beantragt - sachdienlich gefasst -,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 14. Dezember 2011 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 27. Juli 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Oktober 2010 zu verurteilen, ihm aus Anlass seiner Berufskrankheit Nr. 2301 der BKV Verletztenrente und überdies gegebenenfalls Übergangsleistungen zu gewähren, hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Es sei nicht zutreffend, dass sich eine Lärmschwerhörigkeit auch ohne Lärm weiter verschlechtern könne.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Beklagtenschriftsatz vom 19.09.2012, Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten vom 08.10.2012).

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie einen Band Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 143, 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und nach § 151 SGG auch sonst zulässige Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung hat entscheiden können (§ 124 Abs. 2 SGG), ist nicht begründet.

Soweit der Kläger (gegebenenfalls) Übergangsleistungen begehrt, ist die Klage unzulässig und damit die Berufung bereits deshalb unbegründet. Der Kläger hat die beanspruchten Übergangsleistungen bereits nicht näher bezeichnet. Unabhängig davon hat er im Verwaltungsverfahren die Gewährung von Übergangsleistungen auch nicht beantragt und hat die Beklagte dementsprechend hierzu im streitgegenständlichen Bescheid vom 27.07.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.10.2010 auch keine rechtsmittelfähige Entscheidung getroffen. Es ist deshalb im Ergebnis nicht zu beanstanden, dass das SG im angefochtenen Gerichtsbescheid hinsichtlich der vom Kläger auch im Klageantrag geltend gemachten Übergangsleistungen die Klage insgesamt abgewiesen hat, wie sich aus den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids mit Hinweis auf den nicht in den Risikobereich der Beklagten fallenden fortentwickelten Hörstörungsbefund entnehmen lässt.

Dem Kläger steht gegen die Beklagte auch kein Anspruch auf Verletztenrente wegen der anerkannten BK nach Nr. 2301 der BKV zu. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG ist auch insoweit nicht zu beanstanden. Das SG hat zu Recht die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage auf Zahlung einer Verletztenrente abgewiesen. Der streitgegenständliche Bescheid der Beklagten, mit dem sie es abgelehnt hat, für die beim Kläger anerkannte Lärmschwerhörigkeit Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren, ist rechtmäßig. Die anerkannte BK hat beim Kläger keine zu berücksichtigende MdE hervorgerufen.

Die Bemessung der MdE wird vom BSG in ständiger Rechtsprechung als Tatsachenfeststellung gewertet, die das Gericht gemäß § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG nach seiner freien aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung trifft. Dies gilt für die Feststellung der Beeinträchtigung des Leistungsvermögens des Versicherten ebenso wie für die auf der Grundlage medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher oder seelischer Beeinträchtigungen zu treffende Feststellung der ihm verbliebenen Erwerbsmöglichkeiten (BSG SozR 4-2700 § 56 Nr. 2; BSG SozR 3-2200 § 581 Nr. 8, S 36 m.w.N.). Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, sind eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind (BSG SozR 2200 § 581 Nr. 22, 23; BSGE 82, 212 = SozR 3-2200 § 581 Nr. 5). Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher oder seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE geschätzt werden (BSG SozR 3 2200 § 581 Nr. 8). Die zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind deshalb bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel (BSG a.a.O.; BSG Urteil vom 22. Juni 2004 - B 2 U 14/03 R - SozR 4-2700 § 56 Nr. 1).

Hiervon ausgehend rechtfertigt das Ausmaß der anerkannten Lärmschwerhörigkeit beim Kläger keine messbare MdE (von wenigstens 10 v.H.), weshalb dem Kläger ein Anspruch auf Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung nicht zusteht. Zu dieser Überzeugung gelangt der Senat aufgrund des im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachtens von Dr. R. vom 13.07.2010, das er im Wege des Urkundenbeweises verwertet.

Nach dem nachvollziehbaren und überzeugenden Gutachten von Dr. R. bestand beim Kläger bei der audiologischen Untersuchung am 07.07.1999, die im engen zeitlichen Zusammenhang zum Ende der Lärmexposition des Klägers am 19.10.1999 durchgeführt wurde, nach der Tabelle Röser 1980 ein prozentualer Hörverlust von 0 % rechts und 10 % links, was einem annähernd normalen Hörvermögen entsprach und nach der Bewertung von Dr. R. noch keine MdE rechtfertigt (MdE 0 v.H.). Diese Bewertung, die den versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Erfahrungssätzen (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage, Seite 346) entspricht, schließt sich der Senat an. Hiergegen hat der Kläger im Übrigen auch keine Einwendungen erhoben.

Der von Dr. R. bei der Begutachtung des Klägers nach dem Sprachaudiogramm vom 13.07.2010 festgestellte aktuelle Hörverlust von 30 % beidseits ist - entgegen der Ansicht des Klägers - ohne Einfluss auf die MdE und rechtfertigt einen Anspruch des Klägers auf Rente nicht. Dr. R. hat in seinem Gutachten das Vorliegen einer Lärmschwerhörigkeit überzeugend nur hinsichtlich der Entwicklung der Hörstörung bis 1999 als hinreichend wahrscheinlich angesehen. Die nach dem Ende der beruflichen Lärmexposition eingetretene Verschlechterung des aktuellen Hörvermögens des Klägers ist nach der Bewertung von Dr. R. nicht als lärmbedingt einzuordnen. Dr. R. geht dabei ersichtlich davon aus, dass eine Hörverschlechterung, die sich zeitlich nach Aufgabe der gehörschädigenden Tätigkeit einstellt, nicht mehr als lärmbedingt angesehen werden kann, sondern auf anderen Schädigungsvorgängen rechtlich wesentlich basieren muss. Dem folgt der Senat. Der Ansicht von Dr. R. entspricht die unfallmedizinische Literatur. So geht das "Königsteiner Merkblatt" - auch in der aktualisierten 2. Auflage vom Juli 2012 - davon aus, dass eine Hörverschlechterung, die sich zeitlich nach Aufgabe der gehörschädigenden Tätigkeit einstellt, als Nachschaden versicherungsrechtlich abzugrenzen ist und keinen Einfluss auf die MdE hat (vgl. hierzu sowie zur nicht abgrenzbaren Hörstörung auch Schönberger / Mehrtens / Valentin, a.a.O., Seiten 330f und 355). Dem entspricht weiter auch die sozialgerichtliche Rechtsprechung (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 16.04.2010 - L 8 U 2051/09 - und LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 09.11.2006 - L 10 U 706/04 -, nicht veröffentlicht; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 11.03.2003 - L 9 U 45/01 -, veröffentlicht im Internet: www.sozialgerichtsbarkeit.de). Entsprechendes lässt sich auch dem vom Kläger im Klageverfahren vorgelegten inkompletten Auszug eines Gutachtens entnehmen, in dem hinsichtlich der Einschätzung der MdE ebenfalls auf den zum Ende der Lärmtätigkeit bestehenden Hörverlust maßgeblich abgestellt wird. Abweichendes lässt sich dieser inkompletten Kopie allenfalls für die vorliegend nicht streitgegenständliche Frage der Lasten einer Hörgeräteversorgung ableiten, die beim Kläger zum Ende der Lärmexposition bei einem annähernd normalen Hörvermögen noch nicht in Frage gestanden hat, wie der Senat aus dem Gutachten von Dr. R. entnimmt, der nur aufgrund der Befunderhebung vom 13.07.2010 eine Indikation zu einer (nicht stattgefundenen) Hörgeräteversorgung zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung bejaht hat.

Der abweichenden Ansicht des Klägers zur Möglichkeit der Verschlechterung der Lärmschwerhörigkeit nach Aufgabe der gefährdenden Tätigkeit kann nicht gefolgt werden. Ein "Fortfressen" einer lärmbedingten Degeneration auch nach dem Ende der Lärmexposition, wie der Kläger zur Begründung seiner Ansicht annimmt, lässt sich der unfallmedizinischen Literatur nicht entnehmen und ist im Übrigen bei einem annähernd normalen Hörvermögen des Klägers zum Ende der Lärmexposition wenig plausibel. Der Kläger hat auch nicht vorgetragen, auf welche etwa neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse er seine Ansicht stützt. Entsprechendes gilt, soweit er außerdem auf eine Verschlechterung im Sinne einer mittelbaren Berufskrankheitenfolge durch lauteres Einstellen des Telefons, Fernsehers und Radios abstellt, wozu bei einem annähernd normalen Hörvermögen des Klägers zum Ende der Lärmexposition kein Anlass bestanden hat und dessen gehörschädigende Auswirkung fraglich sein dürfte.

Unabhängig von dem oben Ausgeführten wird darauf hingewiesen, dass selbst bei einem Hörverlust von 30 % beidseits eine MdE von 15 v.H. gerechtfertigt ist, wie Dr. R. in Übereinstimmung mit den versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Erfahrungssätzen (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage, Seite 346) in seinem Gutachten bewertet hat, was für sich noch nicht die Gewährung einer Rente rechtfertigt. Ein Stützrententatbestand ist nicht ersichtlich und wird vom Kläger auch nicht erfolgreich geltend gemacht. Die außerdem beim Senat anhängige Berufung wegen der Anerkennung einer BK nach Nr. 2108 der BKV wurde vom Senat mit Urteil vom heutigen Tag mangels Vorliegens dieser BK zurückgewiesen.

Anlass für weitere Ermittlungen besteht nicht. Für den Senat ist der entscheidungserhebliche Sachverhalt durch das im Verwaltungsverfahren eingeholte Gutachten von Dr. R. vom 13.07.2010 geklärt. Neue Gesichtspunkte, die dem Senat Anlass zu weiteren Ermittlungen - insbesondere durch Einholung eines vom Kläger beantragten weiteren Gutachtens - geben, hat der Kläger im Berufungsverfahren nicht aufgezeigt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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