L 9 U 3167/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 2 U 3293/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 U 3167/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 27. Mai 2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Anerkennung von Berufskrankheiten (BK) nach Nr. 2108, Nr. 2109 bzw. Nr. 2110 der Anl. 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) – im Weiteren BK 2108, 2109 und 2110 - sowie die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung.

Der 1955 geborene Kläger war vom 15.9.1971 bis 29.4.1981 in Frankreich beschäftigt, wobei er von Januar 1973 bis Juli 1979 Berufssoldat (Unteroffizier, Panzerführer, Gruppenführer) bei der französischen Infanterie war. Seit 11.5.1981 arbeitete er in der Bundesrepublik Deutschland, zunächst bis 31.12.1994 bei dem Odenwaldwerk A. (OWA) als Maschinenführer, Schlosserhelfer und stellvertretender Linienführer. Nach mehreren kurzfristigen Beschäftigungsverhältnissen als Maschinenführer und Maschinenarbeiter war er vom 10.11.1997 bis 13.3.1998 als Kommissionierer und Staplerfahrer bei der K. International GmbH beschäftigt. Danach stand er in weiteren Beschäftigungsverhältnissen als Maschinenführer und Montagearbeiter. Vom 19.7.1999 bis 31.3.2000 war er als Mechaniker und Qualitätskontrolleur bei der Deutschen Industrie Service AG tätig und zuletzt vom 3.4.2000 bis zum Eintritt seiner Arbeitsunfähigkeit am 15.11.2005 als CNC-Schleifer bei der CNC-Zerspanungstechnik Wolfgang B. GmbH.

Im Rahmen eines Feststellungsverfahrens wegen einer BK 2301 (Lärmschwerhörigkeit) erklärte der Kläger am 21.11.2005, sein Gesundheitszustand habe sich innerhalb der letzten Jahre erheblich verschlimmert, was anhand von Röntgen- und MRT-Bildern der Hals- und Lendenwirbelsäule (HWS und LWS) feststellbar sei. Er bat um Überprüfung, ob es sich hierbei um eine BK handle und um Einholung von Auskünften bei seinem behandelnden Orthopäden.

Die Rechtsvorgängerin der Beklagten, künftig ebenfalls Beklagte, veranlasste eine Aufstellung der vom Kläger verrichteten Tätigkeiten nebst Angaben über damit verbundene Wirbelsäulenbelastungen (Angaben vom 13. und 14.12.2005). Dabei gab der Kläger an, er leide seit 1980 immer wieder unter einer Lumbalgie, die ca. 2 - 3 mal pro Jahr für ca. 5 bis 7 Tage auftrete. Er habe Beschwerden im Bereich der HWS und LWS sowie teilweise auch in der Brustwirbelsäule (BWS). Aus den beigezogenen Unterlagen des Orthopäden Dr. H. vom 6.5.2005 ist zu entnehmen, dass der Kläger über chronische LWS-Beschwerden, rezidivierende akute Lumbalgien, zum Teil rechtsseitige Ischialgie sowie rezidivierende Kopfschmerzen geklagt hat. Eine Kernspintomographie der LWS vom Juni 2001 zeigte eine Protrusion L2/3 mit Duralsack-impression. Röntgenaufnahmen vom 1.7.2004 zeigten an der HWS eine Osteochondrose C5-7 mit sekundärer Foramenstenose und an der LWS eine Osteochondrose L5/S1 sowie Spondylosen L1-3. Als ursächlich hierfür sah Dr. Hohmann, der den Kläger seit 29.4.2003 regelmäßig behandelte, chronische Verschleißerscheinungen idiopathischer Natur an.

Die Beklagte holte Auskünfte bei der O. Faserplattenwerk GmbH vom 24.1.2006 (Beschäftigung vom 11.5.1981 bis 31.12.1985 als Leiharbeiter und vom 1.1.1986 bis 31.12.1994 als Maschinenarbeiter, Maschinenführer, stellvertretender Linienführer), der Manpower GmbH vom 20.1.2006 (Beschäftigung vom 20.3.1998 bis 8.11.1998 als Maschinenbediener), der Firma K. International vom 23.1.2006 (Beschäftigung vom 10.11.1997 bis 13.3.1998) sowie der CNC-Zerspanungstechnik Wolfgang B. GmbH vom 21.1.2006 (Beschäftigung vom 3.4.2000 bis zur Arbeitsunfähigkeit am 15.11.2005) ein und veranlasste eine Stellungnahme durch ihren Präventionsdienst.

Dipl.-Ing. B. führte unter dem 3.3.2006 aus, der Kläger habe in verschiedenartigen Unternehmen, zuletzt in ihrem Mitgliedsunternehmen, Firma CNC Zerspanungtechnik Wolfgang B. GmbH, als CNC-Schleifer gearbeitet. Die dort ausgeübten Tätigkeiten seien mit Heben und Tragen verbunden gewesen. Auf der Grundlage der in der Akte gemachten Angaben sei eine Berechnung zur beruflichen Gesamtbelastungsdosis nach dem Mainz Dortmunder Dosismodell (MDD) erfolgt. Die Gesamtdosis liege mit 11,1 × 106 Nh unter dem Richtwert 25 × 106 Nh. Zusammenfassend sei somit eine Exposition im Sinne der BK 2108 nicht gegeben. Ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung bandscheibenbedingter Erkrankungen an der HWS (BK 2109) sei anzunehmen, wenn Lastgewichte von 50 kg und mehr regelmäßig auf der Schulter getragen würden. Die Kriterien hierfür seien beim Kläger nicht erfüllt, so dass eine Exposition im Sinne der BK Nr. 2109 zu verneinen sei. Ganzkörperschwingungen an der LWS sei der Kläger beim Fahren von Panzerfahrzeugen der französischen Armee (6 Jahre) und von Gabelstaplern bei der Firma K. (ca. ½ Jahr) ausgesetzt gewesen. Eine Exposition im Sinne der BK 2110 sei wahrscheinlich; hierfür sei jedoch nicht die Zuständigkeit der Beklagten gegeben.

Die Beklagte veranlasste daraufhin Ermittlungen bei der Berufsgenossenschaft (BG) der Bauwirtschaft und der BG Chemie.

Dr. K. vom Technischen Aufsichtsdienst der BG Chemie führte nach Ermittlungen bei der Trelleborg ETM GmbH, wo der Kläger vom 27.3.1995 bis 31.5.1997 zunächst drei Monate als Wickler und anschließend als Maschinenführer an einer Extrusionsanlage beschäftigt war, aus, die Mindestkriterien zur Anwendung des MDD seien unterschritten; die arbeitstechnischen Voraussetzungen für die BK 2108 seien nicht gegeben.

Herr Appelt von der Prävention Hochbau der BG Bau gab unter dem 17.8.2006 an, die Gesamtdosis nach dem MDD habe für die Tätigkeit als Kommissionierer/Staplerfahrer bei der Firma K. bei 0 × 106 Nh gelegen. Unter dem 23.9.2006 führte die BG Bau ergänzend aus, der Dosis-Richtwert für Schwingungsbelastungen sei bei der Tätigkeit bei der Firma K. unterschritten.

Mit Bescheid vom 26.10.2006 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass bei ihm keine BK nach Nr. 2108 oder 2110 bzw. nach Nr. 2109 vorliege. Ansprüche auf Leistungen bestünden nicht. Nach ihren Ermittlungen sei er während seiner Berufstätigkeit keinen Einwirkungen ausgesetzt gewesen, die geeignet seien, eine BK zu verursachen.

Hiergegen legte der Kläger am 22.11.2006 Widerspruch ein und machte ausführliche Angaben zu seinen früheren Tätigkeiten. Mit Widerspruchsbescheid vom 28.3.2007 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch zurück.

Gegen den Widerspruchsbescheid hat den Kläger am 27.4.2007 unter Vorlage des Entlassungsberichts der Reha-Klinik G. vom 13.3.2007 Klage zum Sozialgericht (SG) Mannheim (S 2 U 1498/08) erhoben, mit der er sein Begehren auf Anerkennung seiner Wirbelsäulenbeschwerden als BK weiter verfolgt hat.

Das SG hat den Beteiligten einen Vergleichsvorschlag vom 13.2.2008 unterbreitet. Danach sollte die Beklagte vorab durch Beiziehung bildgebender Skelettaufnahmen klären, ob beim Kläger ein Anhalt für eine berufliche Wirbelsäulen-BK gegeben sei. Sollten die bildgebenden Veränderungen der Wirbelsäule dem für eine Wirbelsäulen-BK medizinisch erforderlichen Bild entsprechen, werde die Beklagte die beruflichen Wirbelsäulenbelastungen des Klägers nochmals überprüfen. Erforderlichenfalls werde sie bei medizinischem und belastungsmäßigem Anhalt für eine Wirbelsäulen-BK den aktuellen Zustand des Klägers aufgrund eines Untersuchungs-Zusammen-hangs-Gutachtens feststellen lassen. Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Vergleichsvorschlages wird auf die Niederschrift vom 13.2.2008 Bezug genommen. Die Beteiligten haben den Vergleichsvorschlag angenommen und den Rechtsstreit für erledigt erklärt (Niederschrift vom 13.2.2008 und Schreiben des Klägers vom 23.2.2008).

In Ausführung des Vergleichs hat die Beklagte bei Dr. K. eine ärztliche Stellungnahme vom 5.5.2008 eingeholt. Darin führt dieser aus, insgesamt sei von altersentsprechenden Verschleißschäden der Bandscheiben an den Prädilektionsstellen der HWS, einem umschriebenen Bandscheibenschaden L2/3 im Rahmen einer Scheuermann`schen Erkrankung und einer Diskopathie L5/S1 auszugehen. Die Bandscheibenschäden seien nicht altersuntypisch. Belastungsadaptive Phänomene an den Deck- und Tragplatten ließen sich aus den Aufnahmen nicht entnehmen. Unter Berücksichtigung der Scheuermann`schen Erkrankung seien die Verschleißerscheinungen im Bereich der HWS als denen an der LWS voranschreitend zu qualifizieren. Die bildtechnischen Voraussetzungen zur Anerkennung einer BK nach Nr. 2108 oder Nr. 2109 lägen nicht vor.

Mit Bescheid vom 5.6.2008 teilte die Beklagte dem Kläger mit, seine Rückenbeschwerden würden weiterhin nicht als BK anerkannt. Eine erneute Überprüfung habe ergeben, dass bei ihm keine BK Nr. 2108, 2109 und 2110 vorliege. Ansprüche auf Leistungen bestünden nicht. Den Widerspruch hiergegen wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 9.9.2008 zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 7.10.2008 Klage (S 2 U 3293/08) erhoben und beantragt, die angefochtenen Bescheide aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, bei ihm eine BK nach der BK-Liste anzuerkennen und Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung (gemeint wohl: der gesetzlichen Unfallversicherung) in gesetzlicher Höhe zu gewähren.

Das SG hat vom Orthopäden Dr. H. Röntgenbilder beigezogen und Professor Dr. L., Orthopädische Universitätsklinik H., mit der Begutachtung des Klägers beauftragt. In dem zusammen mit Dr. Z. erstatteten Gutachten vom 27.6.2009 hat er ausgeführt, es bestünden multisegmentale degenerative Veränderungen im Bereich der BWS, die als alterstypisch zu bezeichnen seien. Im Bereich der LWS fänden sich bei lumbalisiertem ersten Kreuzdarmbeinwirbel Verschleißerscheinungen vor allem im Bereich zwischen L3/4 sowie L5/S1. Bei der Lumbalisierung des ersten Kreuzdarmbeinwirbels handle es sich um eine Normvariante, bei der es häufiger zu einem höheren Verschleiß zwischen dem letzten Lendenwirbelkörper, also L6, und dem ersten nicht mehr beweglichen Kreuzdarmbeinwirbel, also S1 bzw. S2 komme. Hinsichtlich der BK 2108 liege beim Kläger kein belastungskonformes Schadensbild vor. So fänden sich degenerative Veränderungen vor allem im Segment L3/4 sowie L6/S1 bei Lumbalisierung des ersten Sacral(kreuzdarmbein)wirbels. Die Bandscheibenfächer zwischen L4/5 sowie L5/6 seien nahezu ohne degenerative Veränderungen, d.h. ohne Höhenminderung der Zwischenwirbelräume bzw. Randkantenausziehungen der Deck- oder Bodenplatten und ohne vermehrte Sklerosierung der Deck- oder Bodenplatten gewesen. Bezüglich der BK 2109 liege ebenfalls kein belastungskonformes Schadensbild vor. Die hauptsächlichen degenerativen Veränderungen fänden sich – wie bei der Normalbevölkerung – im mittleren HWS-Bereich und nicht von oben nach unten zunehmend. Die arbeitstechnischen und medizinischen Voraussetzungen für eine BK 2110 lägen ebenfalls nicht vor. Die Gesundheitsstörungen des Klägers seien nicht Folge der beruflichen Exposition, sondern stellten eine Bandscheibenerkrankung aus innerer Ursache dar bei zusätzlicher Normvariante einer sechsgliedrigen LWS. Eine beruflich bedingte Verschlimmerung sei nicht erkennbar.

Der Kläger hat Karteiauszüge des Neurochirurgen Dr. Z. über Behandlungen des Klägers vom 27.12.1999 bis 7.10.2002 vorgelegt sowie einen Befundbericht über eine am 24.11.2009 durchgeführte Kernspintomographie der HWS (im Vergleich zum 31.10.2005 deutliche Befundverschlechterung; im Vergleich zum 19.9.2008 keine wesentliche Befundänderung).

Mit Gerichtsbescheid vom 27.5.2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beklagte habe es zu Recht abgelehnt, den Bescheid vom 26.10.2006 gemäß § 44 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zurückzunehmen und dem Kläger Leistungen zu gewähren. Beim Kläger liege weder eine BK Nr. 2108 noch Nr. 2109 und auch nicht nach Nr. 2110 vor. Die Einschätzung der Beklagten, die wesentlich auf der Stellungnahme des Dr. K. vom 5.5.2008 beruhe, werde in vollem Umfang durch das Ergebnis des Gutachtens von Professor Dr. L. vom 27.6.2009 bestätigt. Auf die Entscheidungsgründe im Übrigen wird Bezug genommen.

Gegen den am 9.6.2010 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 8.7.2010 Berufung eingelegt und vorgetragen, der Sachverständige Professor Dr. L. sei zu dem unzutreffenden Ergebnis gekommen, dass seine Erkrankungen nicht wesentlich durch seine berufliche Belastung verursacht worden seien. Die Kernspintomographie der HWS vom 24.11.2009 zeige multisegmentale Bandscheibenvorfälle C5/6 und C6/7 breitbasig, geringer auch in C3/4 und C4/5. Außerdem sei die relative Spinalkanalstenose am deutlichsten in Höhe C5/6 und C6/7 zu sehen und eine diskogene/spondylogene Einengung der Neuroforamina beidseits in Höhe C5/6 und C6/7, geringer in C4/5 und C3/4. Die Beschwerden an der HWS hätten sich im Jahr 2002 noch nicht gezeigt. Wäre eine innere Ursache kausal für die Beschwerden, so sei unerklärlich, warum die Beschwerden an der LWS länger bestünden als an der HWS. Das SG habe es auch rechtsfehlerhaft unterlassen, seinen Arbeitsplatz, an dem er in den Jahren 2000 bis 2003 tätig gewesen sei und im Schnitt 220 bis 240 Wellen geschliffen habe, zu begutachten.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 27. Mai 2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 5. Juni 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. September 2008 aufzuheben und bei ihm eine BK nach Nr. 2108 bzw. 2109 bzw. 2110 der Anl. 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung festzustellen sowie die Beklagte zu verurteilen, ihm Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie erwidert, der Gerichtsbescheid sei weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht zu beanstanden. Der Bericht der Radiologischen Gemeinschaftspraxis Rieden über die am 24.11.2009 durchgeführte Kernspintomographie der HWS enthalte keinerlei Ausführungen zur Frage des Vorliegens oder Nichtvorliegens eines belastungskonformen Schadenbildes der HWS und beschreibe lediglich den medizinischen Befund. Er sei nicht geeignet, die gutachterliche Beurteilung von Professor Dr. L. zu widerlegen. Die Anerkennung der BK Nr. 2108, 2109 und 2110 scheitere schon an die medizinischen Voraussetzungen. Auf die Frage, ob die arbeitstechnischen Voraussetzungen dieser BK vorlägen, komme es deswegen gar nicht mehr an.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entschieden hat, ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.

Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet, da er keinen Anspruch auf Feststellung der BK Nr. 2109 sowie der BK Nr. 2108 und Nr. 2110 der Anl. 1 zur BKV hat.

Streitgegenstand ist der Bescheid vom 5.6.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9.9.2008, mit dem die Beklagte es abgelehnt hat, eine BK Nr. 2109 sowie Nr. 2108 bzw. Nr. 2110 als BK anzuerkennen. Soweit die Beklagte darin zusätzlich ausgeführt hat, Ansprüche auf Leistungen bestünden nicht, handelt es sich hierbei um keine Entscheidung über konkrete Leistungen (z.B. Verletztengeld, Verletztenrente).

Soweit der Kläger die Feststellung einer BK begehrt, ist dieses Begehren grundsätzlich zulässig. Da die Beklagte jedwede Entschädigung abgelehnt hat, weil eine BK nach Nr. 2108, Nr. 2109 und Nr. 2110 nicht vorliege, kann der Kläger eine Feststellungsklage nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG erheben. Dies hat er bei sinnentsprechender Auslegung seines Vorbringens (BSG, Urteil vom 7.9.2004, B 2 U 45/03 R, in SozR 4-2700 § 2 Nr. 2 und Urteil vom 30.10.2007, B 2 U 29/06 R, in SozR 4-2700 § 8 Nr. 25 und in Juris) im Klage- und Berufungsverfahren getan. Dem auf Entschädigung ("Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung in gesetzlicher Höhe zu gewähren") gerichteten Teil des Berufungsantrags kommt indes bei dieser Sachlage keine eigenständige Bedeutung zu (BSG a.a.O.). Die Beklagte hat insofern keine konkrete Prüfung hinsichtlich konkreter Leistungen, die bei Anerkennung einer der geltend gemachten BK nach den Vorschriften des Dritten Kapitels, §§ 26 ff des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) zu gewähren wären, vorgenommen, so dass ein entsprechendes Begehren bezüglich solcher "Leistungen" unzulässig ist.

Die Beklagte hat nach Auffassung des Senats nach Einholung einer ärztlichen Stellungnahme bei Dr. K. – und damit nach medizinischen Ermittlungen – im Bescheid vom 5.6.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9.9.2008 eine erneute Sachentscheidung getroffen und somit einen so genannten Zweitbescheid erlassen, da sie nicht nur gemäß § 44 SGB X überprüft hat, ob bei Erlass des Bescheides vom 26.10.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.4.2007 das Recht unrichtig angewandt oder von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden ist.

Versicherungsfälle im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGV VII). Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bezeichnet und die Versicherte bei einer der in den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII genannten Tätigkeiten erleiden (§ 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Nach § 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII ist die Bundesregierung ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre Arbeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind, wobei sie auch bestimmen kann, dass die Krankheiten nur dann Berufskrankheiten sind, wenn sie durch Tätigkeiten in bestimmten Gefährdungsbereichen verursacht worden sind oder wenn sie zur Unterlassung aller Tätigkeiten geführt haben, die für die Entstehung die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheiten ursächlich waren oder sein können. Von dieser Ermächtigung hat der Verordnungsgeber mit Erlass der Anl. 1 zur BKV, die eine Liste der Berufskrankheiten enthält, Gebrauch gemacht.

Unter Berücksichtigung dessen ergeben sich bei einer in der Anl. 1 zur BKV aufgeführten Erkrankung (Listen-BK) in der Regel folgende tatbestandliche Voraussetzungen, die ggf. bei einzelnen Listen-BK einer Modifikation bedürfen: Die Verrichtung einer - grundsätzlich - versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) muss zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder ähnlichem auf den Körper geführt haben (Einwirkungskausalität), und die Einwirkungen müssen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Die Tatbestandsmerkmale versicherte Tätigkeit, Verrichtung, Einwirkungen und Krankheit müssen im Sinne des Vollbeweises, also mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorliegen. Für den nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhang genügt eine hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht jedoch die bloße Möglichkeit eines Zusammenhanges (vgl. BSG, Urteile vom 9.5.2006, B 2 U 1/05 R, in SozR 4-2700 § 8 Nr. 17, und vom 27.6.2006, B 2 U 20/04 R, in SozR 4-2700 § 9 Nr. 7 m.w.N.). Ein Zusammenhang ist hinreichend wahrscheinlich, wenn nach herrschender ärztlich-wissenschaftlicher Lehrmeinung mehr für als gegen ihn spricht und ernste Zweifel an einer anderen Ursache ausscheiden (vgl. BSG a.a.O.).

Nach Nr. 2109 der Anl. 1 zur BKV handelt es sich um bandscheibenbedingte Erkrankungen der HWS durch langjähriges Tragen schwerer Lasten auf der Schulter, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.

Nach Nr. 2108 und Nr. 2110 der Anl. 1 zur BKV handelt es sich um bandscheibenbedingte Erkrankungen der LWS durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung (BK 2108) bzw. durch langjährige, vorwiegend vertikale Einwirkung von Ganzkörperschwingungen im Sitzen (BK 2110), die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.

Tatbestandliche Voraussetzung der BK 2109 ist zunächst, dass der Versicherte aufgrund seiner versicherten Tätigkeit langjährig schwere Lasten auf der Schulter getragen hat. Typisches Beispiel hierfür ist die Tätigkeit von Fleischträgern, die Tierhälften auf dem Kopf bzw. dem Schultergürtel tragen. Für Lastgewichte wird dabei ein Grenzwert von 50 kg angegeben (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage, Seite 494 f.). Diese Voraussetzungen sind beim Kläger nicht erfüllt, wie Diplom-Ingenieur Busalt in der Stellungnahme vom 3.3.2006 ausgeführt hat. Darüber hinaus haben wieder Dr. K. noch der Sachverständige Professor Dr. L. an der HWS ein belastungskonformes Schadensbild festgestellt. So hat Dr. Professor Dr. L. nachvollziehbar dargelegt, dass sich beim Kläger die hauptsächlichen degenerativen Veränderungen im mittleren HWS-Bereich befinden, wo sie auch in der Normalbevölkerung – ohne entsprechende berufliche Exposition – am deutlichsten vorkommen. Soweit der Kläger meint, aus dem Bericht der Radiologischen Gemeinschaftspraxis Professor Dr. R. über die am 24.11.2009 durchgeführte Kernspintomographie der HWS ergebe sich, dass ein belastungskonformes Schadensbild vorliege, da der letzte Wirbelkörper C7 deutlich geschädigt sei, übersieht er zunächst, dass maßgebend die Befunde sind, die am zeitnächsten zur Aufgabe der schädigenden Tätigkeit liegen. Da der Kläger seit der Arbeitsunfähigkeit vom 15.11.2005 nicht mehr als CNC-Schleifer arbeitet, sind dies die bis zu diesem Zeitpunkt erhobenen Befunde. Ausweislich der Röntgenaufnahmen der HWS vom 1.7.2004 lag vor allem eine Einengung der Nervenaustrittslöcher im Bereich C5/6 und geringer bei C6/7 vor. Selbst das MRT vom 19.9.2008 zeigte eine Einengung der Nervenaustrittslöcher C4/5 sowie C5/6 und lediglich geringer C6/7. Angesichts dessen ist die Beurteilung von Professor Dr. L., die degenerativen Veränderungen der HWS fänden sich insbesondere im mittleren HWS-Bereich nachvollziehbar und überzeugend. Auch der Umstand, dass es ausweislich des Berichts der Radiologischen Gemeinschaftspraxis Professor Dr. R. u.a. über die am 24.11.2009 durchgeführte Kernspintomographie der HWS im Vergleich zur Voruntersuchung vom 31.10.2005, und damit im Wesentlichen nach Aufgabe der potentiell schädigenden Tätigkeit, zu einer deutlichen Befundverschlechterung gekommen ist, spricht gegen eine berufliche Verursachung. Durch den Bericht der Radiologischen Gemeinschaftspraxis werden die Ausführungen von Professor Dr. L. nicht erschüttert und erst recht nicht widerlegt. Eine BK Nr. 2109 ist beim Kläger somit nicht feststellbar.

Tatbestandliche Voraussetzung der BK 2108 ist zunächst, dass der Versicherte aufgrund einer versicherten Tätigkeit langjährig schwer gehoben und getragen bzw. in extremer Rumpfbeugehaltung gearbeitet hat. Die BK 2110 setzt voraus, dass der Versicherte aufgrund einer versicherten Tätigkeit langjährig vorwiegend einer vertikalen Einwirkung von Ganzkörperschwingungen im Sitzen ausgesetzt gewesen ist. Durch die spezifischen, der versicherten Tätigkeit zuzurechnenden besonderen Einwirkungen muss eine bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS entstanden sein bzw. bestehen. Zwischen der versicherten Tätigkeit und den schädigenden Einwirkungen muss ferner ein sachlicher Zusammenhang und zwischen diesen Einwirkungen unter Erkrankung muss ein (wesentlicher) Ursachenzusammenhang bestehen. Ferner muss der Versicherte gezwungen gewesen sein, alle gefährdenden Tätigkeiten aufzugeben und zu unterlassen; als Folge dieses Zwanges muss die Aufgabe der gefährdenden Tätigkeit tatsächlich erfolgt sein. Bei Fehlen einer dieser Voraussetzungen liegt eine BK 2108 (vgl. BSG, Urteil vom 30.10.2007, B 2 U 4/06 R, und 18.11.2008, B 2 U 14/07 R, sowie B 2 U 14/08 R, jeweils in Juris) bzw. BK 2110 nicht vor.

Zur Ermittlung, ob die bei der beruflichen Tätigkeit aufgetretenen Belastungen geeignet sind, eine bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS im Sinne der BK 2108 hervorzurufen, wurde das MDD erarbeitet, das auch nach der neueren Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 18.11.2008, B 2 U 14/08 R, in Juris) weiterhin eine geeignete Grundlage zur Konkretisierung der im Text der BK 2108 mit den unbestimmten Rechtsbegriffen "langjähriges" Heben und Tragen "schwerer" Lasten oder "langjährige" Tätigkeit in "extremer Rumpfbeugehaltung" nur richtungsweisend umschriebenen Einwirkungen darstellt. Allerdings legt das MDD selbst für die Belastung durch Heben und Tragen keine Mindestwerte fest, die erreicht werden müssen, damit von einem erhöhten Risiko von Bandscheibenschäden durch die berufliche Tätigkeit ausgegangen werden kann. Die aufgrund einer retrospektiven Belastungsermittlung für risikobehaftete Tätigkeitsfelder ermittelten Werte, insbesondere die Richtwerte für die Gesamtbelastungsdosis, sind nicht als Grenzwerte, sondern als Orientierungswerte oder -vorschläge zu verstehen. Die arbeitstechnischen Voraussetzungen einer BK 2108 sind danach zwar erfüllt, wenn die Richtwerte im Einzelfall erreicht und überschritten werden, doch schließt ein Unterschreiten dieser Richtwerte das Vorliegen der BK nicht von vornherein aus (BSG, Urteil vom 31.10.2007, B 2 U 4/06 R, in Juris). Das BSG hat unter Berücksichtigung der Erkenntnisse der "Deutschen Wirbelsäulenstudie" (DWS) das MDD weiterentwickelt und entschieden, dass die dem MDD zugrundeliegenden Mindestdruckkraft pro Arbeitsvorgang bei Männern mit dem Wert 2700 N pro Arbeitsvorgang anzusetzen und auf eine Mindesttagesdosis zu verzichten ist, alle Hebe- und Tragebelastungen, die die Mindestbelastung um 2700 N bei Männern erreichen, entsprechend dem quadratischen Ansatz zu berechnen und aufzuaddieren sind und der untere Grenzwert, bei dessen Unterschreitung nach gegenwärtigem Wissensstand ein Kausalzusammenhang zwischen beruflichen Einwirkungen und bandscheibenbedingter Erkrankung der LWS ausgeschlossen ist, auf die Hälfte des im MDD vorgeschlagenen Orientierungswertes von 25 MNh, als auf 12,5 MNh, herabzusetzen ist (vgl. BSG, Urteil vom 18.11.2008, B 2 U 14/08 R, m.w.N. in Juris).

Vorliegend kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger die Mindestbelastungsdosis, die medizinische Ermittlungen zum Krankheitsbild und zur Kausalität erforderlich macht, erreicht bzw. überschritten hat, da medizinischen Ermittlungen durchgeführt wurden. Angesichts dessen ist auch unerheblich, dass bei der Ermittlung der Gesamtbelastungsdosis (11,1 × 10 6 Nh) durch Diplom-Ingenieur B. (Stellungnahme vom 3.3.2006) noch nicht die Vorgaben des BSG im o.g. Urteil vom 18.11.2008 berücksichtigt wurden bzw. werden konnten. Ohne Relevanz ist auch, dass bei Vorliegen von Belastungen im Sinne der BK 2108 wie auch der BK 2110 von einem synergetischem Zusammenwirken beider Belastungen auszugehen ist (vgl. BSG, Urteil vom 27.6.2006, B 2 U 9/05 R m.w.N. in Juris). Denn während seiner Tätigkeit in Deutschland war der Kläger keinen schädigenden Belastungen im Sinne der BK 2110 ausgesetzt, auch nicht während seiner ca. viermonatigen Tätigkeit als Kommissionierer/Staplerfahrer bei der Firma K. (Gesamtbelastungsdosis 0 × 106 Nh laut Ermittlungen von Herrn Appelt vom 17.8.2006). Lediglich bei seiner Tätigkeit als Berufssoldat in der französischen Armee könnten schädigende Einwirkungen im Sinne der BK 2110 vorgelegen haben. Hierfür wäre – sofern es sich um eine BK im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung und nicht um eine Dienstbeschädigung handeln würde – allein der französische Unfallversicherungsträger zuständig (vgl. Art. 38 VO [EG] Nr. 883/2004 bzw. zuvor Art. 57 Abs. 1 VO [EWG] 1408/71).

Zwar liegt beim Kläger eine bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS in Form einer primären Bandscheibenerkrankung vor. Die geklagte Symptomatik im Bereich beider Beine und des Rückens ist auf degenerative Veränderungen im Bereich L6/S1 sowie L3/4 zurückzuführen. So zeigten die Röntgenaufnahmen der sechsgliedrigen LWS vom 1.7.2004 Randkantenausziehungen der Deck- und Bodenplatten auf Höhe L6/S1 sowie L3/4 nach vorne und hinten sowie eine deutliche Höhenminderung des Zwischenwirbelraumes L6 und S1 und die Aufnahmen vom 18.5.2009 eine Minderung des Bandscheibenraumes L2/3 und L5/S1 sowie eine vermehrte Sklerosierung der angrenzenden Deck- und Bodenplatten, eine Randkantenausziehung nach vorne und hinten mit Einengung der Nervenaustrittslöcher L2/3 und L5/S1. Es finden sich im Bereich der LWS bei lumbalisiertem ersten Kreuzdarmbeinwirbel Verschleißerscheinungen vor allem im Bereich zwischen L3/4 sowie L6/S1. Bei der Lumbalisierung des ersten Kreuzdarmbeinwirbels handelt es sich um eine Normvariante. Dabei ist der erste Kreuzdarmbeinwirbel nicht – wie üblich – bereits fest mit dem Kreuzdarmbein verbunden, sondern nimmt noch an der Beweglichkeit der LWS teil, da knöchern kein fester Verbund mit dem Kreuzdarmbein besteht, so dass von einer Lumbalisierung des ersten Kreuzdarmbeinwirbel gesprochen wird. Der erste Sakralwirbel ist dann funktionell auch als 6. Lendenwirbelkörper zu betrachten. Bei derartigen Veränderungen kommt es häufiger zu einem höheren Verschleiß zwischen dem letzten Lendenwirbelkörper, also L6, und dem ersten nicht mehr beweglichen Kreuzdarmbeinwirbel, also S1 bzw. S2.

Die bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS des Klägers ist jedoch nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf die berufliche Tätigkeit des Klägers bzw. auf langjähriges Heben und Tragen schwerer Lasten einschließlich Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung ursächlich zurückzuführen. Zu dieser Überzeugung gelangt der Senat insbesondere aufgrund des Sachverständigengutachtens von Professor Dr. L ... Denn es fehlt beim Kläger an belastungsadaptiven Reaktionen an den betroffenen Wirbelsäulensegmenten.

Das Schadensbild der BK 2108 und 2110 entspricht den Volkskrankheiten durch chronisch-degenerative Veränderungen der Bandscheiben. Es gibt kein hiervon eindeutig abgrenzbares belastungstypisches Krankheitsbild, sondern nur ein belastungskonformes Wirbelsäulen-Schadensbild der BK. Das belastungskonforme Schadensbild wird beschrieben durch den Vergleich der Veränderungen zwischen Beschäftigten mit hoher Wirbelsäulenbelastung und der Normalbevölkerung hinsichtlich der Kriterien • Lebensalter beim Auftreten der Schädigung • Ausprägungsgrad in einem bestimmten Alter • Verteilungsmuster der Bandscheibenschäden an der LWS • Lokalisationsunterschiede zwischen biomechanischer hoch und mäßig belasteten Wirbelsäulen-Abschnitten der gleichen Personen • Entwicklung einer Begleitspondylose (vgl. Medizinische Beurteilungskriterien zu bandscheibenbedingten Berufskrankheiten der Lendenwirbelsäule, Konsensempfehlungen zur Zusammenhangsbegutachtung der auf Anregung des HVBG eingerichteten interdisziplinären Arbeitsgruppe in Trauma und Berufskrankheit 2005, 211, 212, 214).

Beim Kläger liegt kein belastungskonformes Schadensbild vor, denn es fehlt schon an belastungsadaptiven Reaktionen an den Bewegungssegmenten des betroffenen Wirbelsäulenabschnittes, wie Professor Dr. L. nachvollziehbar und überzeugend in Übereinstimmung mit den Konsensempfehlungen dargelegt hat. Unter belastungsadaptiven Reaktionen versteht man Veränderungen an den Deck- und Bodenplatten der Wirbelkörper, denen per se kein Krankheitswert zukommt. In diesen Bereichen erfolgt eine biologische Anpassung durch eine Dichtezunahme besonders belasteter knöcherner Strukturen mit zusätzlicher Vergrößerung der druckübertragenen Flächen durch Kantenanbauten. Diese unterscheiden sich im einzelnen Bewegungssegment nicht von den sog. degenerativen Veränderungen, wie sie aus anderen Ursachen zu beobachten sind. Während die schicksalshaften degenerativen Veränderungen ein beliebiges Verteilungsmuster aufweisen können, wird bei den belastungsadaptiven Reaktionen ein der Belastungseinwirkung konformes also angepasstes Verteilungsmuster erwartet. So ist nicht denkbar, dass Kompressions- und Scherkräfte ein oder mehrere Bewegungssegmente überspringen. Vielmehr müssen sowohl Hebe- und Trageleistungen wie auch Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung zwangsläufig die gesamte LWS belasten. Zusätzlich wird in diesem Zusammenhang gefordert, dass die belastungsadaptiven Reaktionen im Sinne der oben angesprochenen Verdichtungen der Deck- und Bodenplatten sowie der Kantenausziehungen von proximal nach distal zunehmen, ohne dass hiervon einzelne Segmente ausgespart werden.

Beim Kläger finden sich degenerative Veränderungen vor allem im Segment L3/4 sowie L6/S1 bei Lumbalisierung des ersten Sakral(Kreuzdarmbein)wirbels. Das Bandscheibenfach zwischen L4/5 sowie L5/6 ist nahezu ohne degenerative Veränderungen, d.h. Höhenminderung der Zwischenwirbelräume bzw. Randkantenausziehungen der Deck- und Bodenplatten und ohne vermehrte Sklerosierung der Deck- und Bodenplatten. Angesichts dessen gelangt Professor Dr. L. für den Senat nachvollziehbar zum Ergebnis, dass kein belastungskonformes Schadensbild vorliegt.

Ärztliche Äußerungen, auf die der Kläger sein Begehren stützen könnte, liegen nicht vor. So sah auch der behandelnde Orthopäde des Klägers Dr. H. (Auskunft vom 6.5.2005) keinen Zusammenhang zwischen der beruflichen Tätigkeit des Klägers und seinen Wirbelsäulenbeschwerden. Er sah sie vielmehr als idiopathisch, d.h. ohne fassbare bzw. bekannte Ursache, an. Dr. K. hat in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 5.5.2008 ebenfalls eine BK 2108 verneint, weil sich belastungsadaptive Phänomene an den Deck-und Tragplatten nicht nachweisen ließen und die Verschleißerscheinungen im Bereich der HWS (bildtechnisch) als denen an der LWS vorauseilend zu qualifizieren seien.

Nach alledem war der angefochtene Gerichtsbescheid des SG nicht zu beanstanden. Die Berufung des Klägers musste deswegen zurückgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved