S 12 KA 115/11

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 115/11
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 63/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Im Rahmen einer Überprüfung der Ausgleichszahlung nach Ziffer 7.5 HVV kann nicht pauschal vom Rückgang der abgerechneten Gesprächsleistungen auf die Mindererbringung von Leistungen geschlossen werden. Die Neustrukturierung der Gesprächsleistungen im EBM
2005 ist im Einzelnen zu berücksichtigen.
1. Der Bescheid vom 18.03.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.01.2009 wird aufgehoben.

2. Die Beklagte hat die notwendigen Verfahrenskosten tragen.

3. Der Streitwert wird auf 10.955,52 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um eine Berichtigung der Honorarbescheide für die drei Quartale IV/05, I und IV/06 und hierbei ausschließlich um eine Rückforderung des Auffüllbetrages in Höhe von 10.955,52 EUR abzüglich Verwaltungskosten aufgrund der Regelung nach Ziff. 7.5 des Honorarverteilungsvertrags.

Der Kläger ist als Facharzt für Allgemeinmedizin mit Praxissitz in A-Stadt seit 01.12.1991 zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.

Die Beklagte setzte in den Quartalen IV/04, I/05 und den streitbefangenen Quartalen das Honorar des Klägers mit zwischenzeitlich bestandskräftigen Honorarbescheiden wie folgt fest:

IV/04 I/05 Honorarbescheid vom 18.04.2005 26.07.2005 Nettohonorar gesamt in EUR 20.689,86 22.139,02 Bruttohonorar PK + EK in EUR 20.996,85 22.277,93 Fallzahl PK + EK 400 421

IV/05 I/06 IV/06 Honorarbescheid vom 06.08.2007 21.01.2007 18.04.2007 Nettohonorar gesamt in EUR 19.116,81 19.414,39 23.046,73 Bruttohonorar PK + EK in EUR 19.120,35 19.639,40 23.271,90 Fallzahl PK + EK 374 372 438

Regelleistungsvolumen Ziff. 6.3 HVV Fallwert 728,2 726,5 720,0 Fallzahl 353 336 383 Praxisbezogenes RLV in Punkten 257.054,6 244.104,0 275.760,0 Abgerechnetes Honorarvolumen in Punkten 164.459,0 153.212,0 190.967,0 Überschreitung in Punkten 0 0 0

Ausgleichsregelung Ziff. 7.5 HVV Referenz-Fallzahl 400 421 374 Referenz-Fallwert EUR 41,4726 40,9178 38,6704 Aktueller Fallwert EUR 25,7244 24,0081 25,3241 Auffüllbetrag je Fall EUR 12,9496 13.9749 11,4130 Auffüllbetrag gesamt in EUR 4.843,15 5.198,67 4.268,45

Die Beklagte nahm mit Bescheid vom 18.03.2008 eine Überprüfung der Regelung nach Ziffer 7.5 HVV für die Quartale IV/05 und I/06 vor und setzte einen Rückforderungsbetrag in Höhe von 3.563,21 EUR für das Quartal IV/05 und von 4.007,19 EUR für das Quartal I/06, insgesamt eine Brutto-Rückforderung (abzüglich Verwaltungskosten) von 7.570,40 EUR. Zur Begründung führte Sie aus, ein Ausgleich nach Ziffer 7.5 HVV sei u. a. dann ausgeschlossen, wenn im aktuellen Quartal im Vergleich zum Vorjahresquartal erkennbare (ausgewählte) Leistungsbereiche nicht mehr erbracht würden oder sich das Leistungsspektrum der Praxis, u. a. als Folge einer geänderten personellen Zusammensetzung der Praxis verändere. Beträge die Fallwertminderung mehr als 15 %, sei eine praxisbezogene Prüfung durchzuführen. Eine Prüfung der Honorarbescheide habe eine Fallwertverminderung von mehr als 15 % ergeben:

Ausgangsquartal Fallwert Aktuelles Quartal Fallwert 4/2004 41,4726 EUR 4/2005 25,7244 EUR 1/2005 40,9178 EUR 1/2006 24,0081 EUR

Sie habe festgestellt, dass im Bereich der Gesprächsleistungen (Nr. 10, 11 und 18 EBM 1996 bzw. 03120 EBM 2005) ein nicht unerheblicher Leistungsrückgang zu verzeichnen sei. Ergänzend sei darauf hinzuweisen, dass sich die Abrechnungsmöglichkeiten insofern geändert hätten, als die Leistungen nach Nr. 10,11 und 18 EBM 1996 bei einer Beratung von maximal 10 Minuten nicht mehr gesondert abgerechnet werden könnten, da diese bereits im Ordinationskomplex enthalten seien. Erst je weitere 10 Minuten Beratung könnten jeweils zu 03120 EBM 2005 abgerechnet werden. Doch auch unter Berücksichtigung dieses Sachverhaltes ergebe sich im Bereich der Gesprächsleistungen ein nicht unerheblicher Leistungsrückgang. Eine Vergleichbarkeit Ihres Leistungsspektrums der genannten Quartale sei aufgrund des vorstehenden Sachverhalts nicht mehr gegeben. Der prozentuale Leistungsrückgang der entsprechenden Quartale stelle sich wie folgt dar: Vergleich Anzahl der Gesprächsleistung IV/04 zu IV/05: - 95 % Vergleich Anzahl der Gesprächsleistung I/05 zu I/06: - 94 %. Es sei festzustellen, dass die Fallwertminderung daraus resultiere, dass erkennbar ein ausgewählter Leistungsbereich weniger erbracht worden sei. Sie fordere deshalb die im Rahmen der Regelung nach Ziffer 7.5 HVV erfolgte Auffüllung anteilig (Anteil, der 15 % Fallwertverluste überschreite) zurück. Hieraus ergäben sich die Rückforderungsbeträge. Der Rückforderungsbetrag für das Quartal IV/05 sei ebenfalls für das Quartal IV/06 zu berücksichtigen. Hieraus folgten neue Beträge für die Ausgleichsregelung:

Quartal Ausgangsfallwert vor Korrektur Ausgangsfallwert nach Korrektur Aktueller Fallwert - unverändert Auffüllung vor Korrektur Auffüllung nach Korrektur IV/2006 38,6704 EUR 29,1431 EUR 25,3241 EUR 4.268,45 EUR 883,33 EUR

Hieraus ergebe sich ein zusätzlicher Rückforderungsbetrag in Höhe von 3.385,12 EUR.

Hiergegen legte der Kläger am 17.04.2008 Widerspruch ein. Er trug vor, es treffe nicht zu, dass eine Verschiebung des Leistungsspektrums stattgefunden habe, die die Anwendung der Ausgleichsregelung ausschließe. Es sei insbesondere nicht nachvollziehbar, inwiefern die Gesprächsleistungen und die von der Beklagten genannten Prozentsätze zurückgegangen sein sollten. Da in den Konsultationskomplex die Beratungsleistungen teilweise eingegliedert worden seien, müssten diese Ordinationskomplexe bei der Gesprächsleistung ebenfalls in Ansatz gebracht werden. Damit resultiere ein wesentlich geringerer Rückgang, als er in dem Bescheid zum Ausdruck komme. Somit hätten bei der Rückforderung der Ausgleichsregelung die tatsächlichen Abweichungen zu Grunde gelegt werden müssen.

Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 28.01.2009 den Widerspruch als unbegründet zurück. Ergänzend zum Ausgangsbescheid führte sie aus, ein direkter Vergleich sei lediglich möglich zwischen der Nr. 18 EBM 1996 (Zuschlag zu den Leistungen nach den Nrn. 10,11 und 17 bei einer Gesprächsdauer von mehr als 30 Minuten) und der Nr. 03120 EBM 2005. Der Kläger habe für den Bereich der Primär- und Ersatzkassen im Quartal IV/04 126-mal und im I/05 101-mal die Nr. 18 EBM 1996 abgerechnet. Im Quartal IV/05 habe er die Nr. 03120 EBM 2005 dagegen lediglich 27 mal und im Quartal I/06 36-mal abgerechnet. Bedenke man hierbei noch, dass für ein einmaliges Ansetzen der Nr. 18 EBM 1996 2-mal die Nr. 03120 EBM 2005 aufgewendet werden müsste, um den gleichen zeitlichen Umfang der Gesprächsleistung abzudecken, ersehe man bereits den nicht unerheblichen Leistungsrückgang im Rahmen dieser Gesprächsleistung. Prozentual errechne sich hieraus ein Leistungsrückgang von 89,68 % im Quartal IV/05 und 82,18 % im Quartal I/06, allein bezogen auf die Nr. 03120 EBM 2005, der nicht durch die Einführung des EBM 2005 bedingt sei. Im Übrigen habe sie der Tatsache, dass die Auffüllung teilweise durch die Einführung des EBM 2005 bedingt gewesen sei und keine praxisindividuellen Gründe gehabt habe, dadurch Rechnung getragen, dass seine Rückforderung der Auffüllung nach einem Fallwert-Verlust von - 5 % erfolgt sei. Dies habe im Ergebnis zu der Rückforderung geführt. Im Quartal IV/06 verbleibe deshalb nur noch ein Auffüllungsbetrag in Höhe von 883,33 EUR.

Hiergegen hat der Kläger am 02.03.2009 die Klage erhoben. Er ist weiterhin der Auffassung, auf Grund der Neufassung des EBM 2005 resultiere bereits ein Honorarrückgang, der durch die Ausgangsregelung kompensiert werden müsse. Diese Reduktion sei in dem Widerspruchsbescheid nicht näher spezifiziert worden. Es habe auch eine Reduzierung der Punktezahlen stattgefunden. Für die Nr. 1 EBM 1996 seien 265 Punkte, für die Nr. 10 EBM 1996 300 Punkte und für die weitere Gesprächsziffer Nr. 18 EBM 1996 weitere 300 Punkte abrechenbar gewesen. Für den Ordinationskomplex nach Nr. 03110 bis 03112 EBM 2005 seien je nach Alter zwischen 145 und 225 Punkte sowie für die Nr. 03120 EBM 2005 150 Punkte vorgesehen. Damit reduziere sich das mögliche Abrechnungsvolumen massiv. Hätte er, ausgehend von den Daten der Beklagten, die Nr. 03120 doppelt so häufig abgerechnet wie zuvor die Nr. 18 EBM 1996, hätte dies im Quartal I/06 bedeutet, dass er die Nr. 03120 EBM 2005 202-mal zur Abrechnung gebracht hätte. Diese entspreche einem Punktzahlvolumen von 30.300 Punkten. Er habe die Leistung nur 36-mal abgerechnet, was mithin 5.400 Punkten entspreche. Somit habe er 24.900 Punkte weniger abgerechnet. Bei einem Punktwert von 3,743 Cent bedeutet dies einen Honorarverlust in Höhe von 932,00 EUR. Im Quartal IV/05 belaufe sich der Honorarverlust bei entsprechender Kalkulation auf maximal 1.193,72 EUR. Wesentlich schwerwiegender seien der Wegfall bestimmter Abrechnungsziffern und die Reduktion der Punktebewertung der Gesprächsleistungen. Wenn die Beklagte der Auffassung sei, bei Fortführung seiner Leistungen hätte er im Quartal IV/05 293.460 Punkte mehr abrechnen müssen, so stelle sie darauf ab, dass er im gleichen Verhältnis die durchschnittlichen Leistungszahlen der Vergleichsgruppe, mithin um ebenfalls 745 %, hätte überschreiten müssen. Es sei zu berücksichtigen, dass er die Nr. 01320 EBM 2005 deutlich häufiger in Ansatz gebracht habe als die bisherigen Sprechziffern. Eine relativ geringe Leistungsveränderung führe zum Verlust der Ausgleichszahlung. Dies sei rechtswidrig. Durch die Einbeziehung der Leistungen in den Ordinationskomplex sei genau das eingetreten, was zur Stützung haben führen sollen, dass aufgrund der Umstellung des EBM es zu Honorarverlusten gekommen sei. Ein Vergleich mit der Fachgruppe führe insofern nicht weiter, als das gegebenenfalls gestiegene Leistungsmengen der Fachgruppe, die insbesondere im Hinblick auf die Nr. 03120 EBM 2005 in der Ärzteschaft im großen Umfang festzustellen gewesen sei, zu einer gegebenenfalls höheren Frequenz geführt habe. Angesicht der statistischen Begebenheit hätte er bei einer auf die Fachgruppe abstellenden Betrachtung vor dem Hintergrund des Anstiegs dieser Leistungen eine nicht mehr nachvollziehbare Leistungssteigerung vornehmen müssen. Ein Vergleich mit der Fachgruppe könne keine Aussagekraft darüber entfalten, wie sich sein Leistungsspektrum verändert habe.

Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 18.03.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.01.2009 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Ergänzend zu den Ausgangsbescheiden führt sie aus, im Quartal IV/04 weise der Kläger Abweichungen in der Basis-Zuordnung wie folgt auf: Ziffer Prozentuale Abweichung in Ansatzhäufigkeit für Prüfgruppe 10 17,32 11 78,79 18 745,13

Demgegenüber liege die Ansatzhäufigkeit bezüglich der Nr. 03120 EBM 2005 im Quartal IV/05 bei -89,85 %. Allein diese Auffälligkeiten innerhalb der Abrechnung dokumentierten, dass der Fallwertverlust nicht in erster Linie mit EBM-bedingten Änderungen begründet werden könne, sondern auf eine Änderung in der Leistungserbringung im Zusammenhang mit Gesprächsleistungen zurückgehe. Dies werde noch deutlicher im Hinblick auf die Leistungslegenden, da die Nr. 18 EBM 1996 eine Gesprächsdauer von mindestens 30 Minuten vorausgesetzt habe, die Nr. 03120 EBM 2005 jedoch je vollendete 10 Minuten abgerechnet werden könne. Hätte der Kläger in der Abrechnung IV/05 die Nr. 01320 EBM 2005 in einem ähnlichen Umfang abgerechnet wie im Quartal IV/05 die Ziffer 18 EBM 1996, nämlich mit einer Abweichung vom Fachgruppendurchschnitt von 745 %, hätte er pro 100 Fälle 553-mal die Ziffer 01320 ansetzen müssen. Abgerechnet habe er sie tatsächlich 7-mal pro 100 Fälle. Gehe man nun von 536 zusätzlichen Gesprächsleistungen pro 100 Fälle aus, dies bei 365 Fällen in einer Anzahl von Gesprächsleistungen nach Nr. 03120 von 1.956,4 bei einem Wert von 150 Punkten ergebe sich insgesamt ein Zugewinn von 293.460 Punkten. Dabei hätten noch rund 92.000 Punkte zum oberen Punktwert vergütet werden können, da das praxisindividuelle Regelleistungsvolumen nicht ausgeschöpft worden sei. Dies hätte ein zusätzliches Honorar von rund 3.036,00 EUR (bei einem gemittelten Nettopunktwert von 0,033 EUR) eingebracht. Die Vergütung der darüber hinausgehenden Forderung mit dem unteren Punktwert hätte einen zusätzlichen Honoraranspruch von 1.029,46 EUR ergeben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer hat in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG).

Die Klage ist zulässig, denn sie sind insbesondere form- und fristgerecht bei dem zuständigen Sozialgericht erhoben worden.

Die Klage ist auch begründet. Der angefochtene Bescheid vom 18.03.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.01.2009 ist rechtswidrig.

Die Beklagte war grundsätzlich im Rahmen einer sachlich-rechnerischen Berichtigung zuständig und berechtigt, eine Überprüfung der Ausgleichszahlung nach Ziffer 7.5 HVV vorzunehmen (vgl. LSG Hessen, Urt. v. 13.07.2011 - L 4 KA 14/10 - www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris Rdnr. 26 ff.).

Im Einzelnen bestimmt Ziffer 7.5 HVV: 7.5.1 Zur Vermeidung von praxisbezogenen Honorarverwerfungen nach Einführung des EBM 2000plus erfolgt nach Feststellung der Punktwerte und Quoten gemäß Ziffer 7.2 ein Vergleich des für das aktuelle Abrechnungsquartal berechneten fallbezogenen Honoraranspruches (Fallwert in EUR) der einzelnen Praxis mit der fallbezogenen Honorarzahlung in EUR im entsprechenden Abrechnungsquartal des Jahres 2004 ausschließlich beschränkt auf Leistungen, die dem budgetierten Teil der Gesamtvergütung unterliegen und mit Ausnahme der zeitbezogenen genehmigungspflichtigen psychotherapeutischen Leistungen. Bei der Ermittlung des Fallwertes bleiben Fälle, die gemäß Anlage 1 bzw. 2 zu Ziffer 7.1 zur Honorierung kommen, unberücksichtigt. Zeigt der Fallwertvergleich eine Fallwertminderung oder Fallwerterhöhung von jeweils mehr als 5% (bezogen auf den Ausgangswert des Jahres 2004), so erfolgt eine Begrenzung auf den maximalen Veränderungsrahmen von 5%. Die für eine Stützung bei Fallwertminderungen – Einzelheiten siehe Ziffer 7.5.2 – notwendigen Honoraranteile gehen zu Lasten der jeweiligen Honorar(unter)gruppe, der die Praxis im aktuellen Quartal zugeordnet ist, und sind gegebenenfalls durch weitergehende Quotierung der Bewertungen bzw. Punktwerte zu generieren, falls die aus der Begrenzung der Fallwerte auf einen Zuwachs von 5% resultierende Honoraranteile hierfür nicht ausreichend sein sollten. Sollte durch eine solche Quotierung die Fallwertminderung (wieder) auf einen Wert oberhalb von 5% steigen, führt dies zu keinem weitergehenden Ausgleich. 7.5.2 Ein Ausgleich von Fallwertminderungen bis zur Grenze von 5% erfolgt grundsätzlich auf der Basis vergleichbarer Praxisstrukturen und maximal bis zu der Fallzahl, die im entsprechenden Quartal des Jahres 2004 zur Abrechnung gekommen ist. Ein Ausgleich ist in diesem Sinne u. a. dann ausgeschlossen, wenn im aktuellen Quartal im Vergleich zum Vorjahresquartal erkennbar (ausgewählte) Leistungsbereiche nicht mehr erbracht wurden oder sich das Leistungsspektrum der Praxis, u. a. als Folge einer geänderten personellen Zusammensetzung der Praxis, verändert hat. Er ist des weiteren ausgeschlossen, wenn sich die Kooperationsform der Praxis entsprechend Ziffer 5.2 Buchstabe g) im Vergleich zum entsprechenden Vorjahresquartal geändert hat. Beträgt die Fallwertminderung mehr als 15%, ist eine auf die einzelne Praxis bezogene Prüfung im Hinblick auf vorstehend aufgeführte Kriterien durchzuführen, bevor eine Ausgleichszahlung erfolgt. Ausgleichsfähige Fallwertminderungen oberhalb von 15% müssen vollständig ihre Ursache in der Einführung des EBM 2000plus haben. 7.5.3 Die vorstehende Ausgleichsvorschrift steht im Übrigen unter dem Vorbehalt, dass von Seiten der Verbände der Krankenkassen mindestens eine gegenüber dem Ausgangsquartal vergleichbare budgetierte Gesamtvergütungszahlung geleistet wird und die aufgrund der Beschlussfassung des Bewertungsausschusses vom 29.10.2004 vorzunehmenden Honorarverschiebungen nach Abschluss des Abrechnungsquartals – siehe Ziffer 2.5 der Anlage 1 bzw. 2 zu Ziffer 7.2 – noch ein ausreichendes Honorarvolumen für diese Maßnahme in der einzelnen Honorar(unter)gruppe belassen.

Die Beklagte geht aber von einer fehlerhaften Sachverhaltsermittlung aus, wenn sie bei den Gesprächsleistungen einen Leistungsrückgang von 89,68 % im Quartal IV/05 und 82,18 % im Quartal I/06 unterstellt. Zu berücksichtigen ist zunächst, dass die Leistungen nach Nr. 10 EBM 1996 (therapeutisches hausärztliches Gespräch), Nr. 11 EBM 1996 (Diagnose/Behandlung einer psychischen Krankheit durch hausärztliches Gespräch) und 18 EBM 1996 (Zusatz zu Nrn.10, 11, 17, 18, 30 und mehr Minuten) weggefallen sind und für den hausärztlichen Versorgungsbereich durch die Nr. 03120 EBM 2005 (Beratung, Erörterung, Abklärung, je 10 Minuten) ersetzt worden sind. Soweit die Gesprächsleistung beim Erstkontakt, bei dem der Ordinationskomplex abgerechnet wird, anfällt, kann sie erst ab einer Gesamtgesprächsdauer von 20 Minuten angesetzt werden. Ferner wird die Leistung nach Nr. 03120 EBM 2005 nur noch mit 150 Punkten bewertet, wohingegen die genannten Gesprächsleistungen nach dem EBM 1996 noch jeweils mit 300 Punkten bewertet worden waren.

Die Abrechnung des Klägers in Bezug auf die Gesprächsleistungen stellt sich wie folgt dar: Quartal IV/04 I/05 Anzahl Praxen/Ärzte 2.508/3.039 2.490/3.021 Nr. 10 therap. hausärztliches Gespräch, 300 P. Kl. absolut 295 409 Kl. in Punkten 88.500 122.700 Kl./VG auf 100 Fälle 74/63 97/62 ausf. Praxen 2.491 2.471 VG auf 100 Fälle 63 62 Abweichung Kl. + 17,32 % + 56,04 %

Nr. 11, Diagn./Beh. e. psych. Krankh. d. hausä. Gespr., 300 P. Kl. absolut 39 16 Kl. in Punkten 11.700 4.800 Kl./VG auf 100 Fälle 10/5 4/5 ausf. Praxen 2.177 2142 VG auf 100 Fälle 5 5 Abweichung Kl. + 78,79 % - 25,00 %

Nr. 18, Zuschlag, 300 P. Kl. absolut 126 101 Kl. in Punkten 37.800 30.300 Kl./VG auf 100 Fälle 32/3 24/3 ausf. Praxen 1.910 1.884 VG auf 100 Fälle 4 3 Abweichung Kl. + 745,13 % + 606,85 %

Quartal IV/05 I/06 II/06 Anzahl Praxen/Ärzte 3.094/3.898 3.096/3.939 3.051/3.920 Fallzahl PK + EK 374 372 438

Nr. 03120 EBM 2005 Beratung, Erörterung, Abklärung, 150 P. Kl. absolut 27 36 56 Kl. in Punkten 4.050 5.400 8.400 Kl./VG auf 100 Fälle 7/73 10/78 13/76 ausf. Praxen 3.065 3.064 3.023 VG auf 100 Fälle 73 78 76 Abweichung Kl. - 89,85 % - 87,61 % - 83,03

An Gesprächsleistungen nach Nr. 10, 11 und 18 EBM hat der Kläger in den IV/04 und I/05 insgesamt 138.000 bzw. 157.800 Punkte abgerechnet. Nach Nr. 03120 EBM 2005 (zu nur noch 150 Punkten) hat er in den Quartalen IV/05 und I/06 4.050 bzw. 5.400 Punkte abgerechnet.

Unterstellt man hypothetisch, er habe bereits bei jedem Erstkontakt ein 10 bis 19 minütiges Gespräch geführt - wie oft der Kläger das tatsächlich getan hat, hätte von der Beklagten ermittelt oder geschätzt werden müssen -, so kann er ab dem Quartal II/05 keine weiteren Leistungen abrechnen. Um eine Vergleichbarkeit mit den Vorquartalen herzustellen, ist hierfür hypothetisch die Fallzahl x 300 Punkte einzustellen, ebenso ist die Nr. 03120 EBM 2005 hypothetisch mit 300 Punkten zu veranschlagen. Diese für den Kläger günstigste Rechnung zeigt immer noch einen Punktwertrückgang von hypothetisch 17.700 bzw. 30.400 Punkten (dies entspricht bei 3,5 Ct Beträgen von 619,50 EUR bzw. 1.064 EUR):

Quartal IV/05 I/06 Fallzahl PK + EK 374 372 Nr. 03120 EBM 2005 Beratung, Erörterung, Abklärung, 150 P. Kl. in Punkten 4.050 5.400

Kl. in Punkten x 2 8.100 10.800 Fallzahl x 300 112.200 116.600 Summe 120.300 127.400

Zum Vergleich Punktmenge Vorjahresquartal 138.000 157.800

Rückgang 17.700 30.400

Geht man davon aus, dass das Gespräch in nur jedem 2. Fall geführt wurde, ergibt sich ein hypothetischer Punktwertrückgang von 73.800 bzw. 88.700 Punkten (dies entspricht bei 3,5 Ct Beträgen von 2.583 EUR bzw. 3.104.50):

Quartal IV/05 I/06 Kl. in Punkten x 2 8.100 10.800 Fallzahl x 300 x 1/2 56.100 58.300 Summe 64.200 69.100

Zum Vergleich Punktmenge Vorjahresquartal 138.000 157.800

Rückgang 73.800 88.700

Damit überlagert sich eine Neustrukturierung des EBM mit einem deutlichen Rückgang der Gesprächsleistungen, was, worauf die Beklagte insofern zutreffend darauf hingewiesen hat, im Vergleich mit der Abrechnung der Nr. 18 EBM 1996 mit der Nr. 03120 EBM 2005 deutlich wird. Gerade dann, wenn der Kläger weiterhin Gespräche von mehr als 30minütiger Dauer erbracht hätte, hätte die Abrechnungsfrequenz der Nr. 03120 EBM 2005 wesentlich höher ausfallen müssen. Bei ihren Tatsachenfeststellungen hat die Beklagte aber nicht hinreichend die doch deutliche Neustrukturierung des EBM 2005 im Bereich der Gesprächsleistungen berücksichtigt. Im Übrigen bleibt es der Beklagten aber im Rahmen der Ausschlussfrist unbenommen, auf der Grundlage der Vorgaben der Kammer neu zu bescheiden.

Im Ergebnis war der Klage daher stattzugeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwertbeschluss erfolgte durch den Kammervorsitzenden.

In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach den sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet der Sach- und Streitwert für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, so ist ein Streitwert von 5.000,00 Euro anzunehmen (§ 52 Abs. 1 und 2 GKG).

Der wirtschaftliche Wert folgt aus dem Rückforderungsbetrag. Dies ergab den festgesetzten Wert.
Rechtskraft
Aus
Saved