L 5 R 2898/11

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 16 R 2063/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 2898/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 31.05.2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

Die Klägerin begehrt die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.

Die 1956 geborene Klägerin hat keinen Beruf erlernt und war zuletzt als Produktionshelferin versicherungspflichtig beschäftigt. Seit 2005 ist sie arbeitslos gemeldet.

Am 01.02.2008 stellte die Klägerin – wohl auf Aufforderung der Bundesagentur für Arbeit - einen Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Sie begründete diesen damit, dass sie aufgrund einer Krebserkrankung, ihrer psychischen Beeinträchtigung, Bluthochdruck und Übergewicht nicht mehr zur Verrichtung einer Erwerbstätigkeit in der Lage sei.

Die Beklagte zog medizinische Befundunterlagen bei und veranlasste eine mehrfachärztliche Begutachtung der Klägerin durch ihren sozialmedizinischen Dienst. In seinem nervenärztlichem Gutachten vom 19.09.2008 diagnostizierte Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. B. akzentuierte Persönlichkeitszüge (einfach strukturiert, unreife Züge, in manchem auch wenig reflektiert) sowie eine Adipositas per magna bei wenig reflektiertem Essverhalten. Damit könne die Klägerin geistig anspruchslose Tätigkeiten zu ebener Erde, ohne Zeitdruck und ohne besondere nervöse Anspannung vollschichtig verrichten. Arzt für Innere Medizin, Sportmedizin, Sozialmedizin und Rehabilitationswesen Dr. M. gelangte in seinem mehrfachärztlichen Gutachten vom 16.10.2008 zusammenfassend zu der Einschätzung, das Leistungsvermögen der Klägerin sei aufgrund ihrer seit jeher bestehenden Persönlichkeitszüge, aufgrund einer Bluthochdruckerkrankung und aufgrund eines massiven Übergewichts qualitativ, aber nicht quantitativ eingeschränkt. Bezüglich des Endometriumkarzinoms (Krebserkrankung der Gebärmutterschleimhaut) bestehe ein erfreulicher Verlauf ohne Hinweis auf Filialisierung oder ein Rezidiv. Nicht mehr möglich seien der Klägerin körperlich schwere Tätigkeiten, das Heben und Tragen schwerer Lasten, Nachtschichttätigkeiten, geistig anspruchsvolle Tätigkeiten und Tätigkeiten mit erheblichem Zeitdruck oder besonderer nervöser Anspannung. Unter Berücksichtigung dieser Leistungseinschränkungen seien körperlich leichte und mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts weiterhin vollschichtig möglich.

Die Beklagte lehnte den Rentenantrag der Klägerin daraufhin mit Bescheid vom 20.10.2008 ab. Hiergegen legte die Klägerin am 29.10.2008 Widerspruch ein, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 03.04.2009 zurückwies.

Die Klägerin hat ihr Begehren weiterverfolgt, am 08.05.2009 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben und die Einholung eines Gutachtens beantragt. Das SG hat zunächst die die Klägerin behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe F. (Auskunft vom 28.09.2009) gab an, die Klägerin im Rahmen der Tumornachsorge untersucht zu haben. Die Klägerin habe keine nennenswerten Beschwerden geäußert. Hinderungsgründe für eine vollschichtige Verrichtung leichter Arbeit seien aus gynäkologischer Sicht nicht bekannt. Der Hausarzt der Klägerin Dr. A. vertrat in der Auskunft vom 25.09.2009 die Auffassung, die Klägerin sei nicht mehr imstande, einer vollschichtigen leichten Arbeit nachzugehen. Im Vordergrund stehe eine seit langem bestehende Konfliktsituation mit dem getrennt lebenden Ehemann, die über eine gewöhnliche Lebenskrise hinausgehe und den Verdacht auf eine paranoide Entwicklung bei gleichzeitig vorliegender Depression aufwerfe. Facharzt für Psychiatrie Dr. G. (Auskunft vom 21.09.2009) teilte mit, die Klägerin stehe bei ihm gelegentlich in ambulanter Behandlung. Er zählte die Befunde der letzten Behandlung auf und sprach von einer depressiven Symptomatik, welche als mittelschwer einzuordnen sei.

Die Beklagte hat hierzu eine Stellungnahme ihres sozialmedizinischen Dienstes (Fachärztin für Innere Medizin, Sozialmedizin Dr. Pf.) vom 23.11.2009 vorgelegt, in der eine quantitative Leistungseinschränkung weiterhin nicht gesehen und darauf hingewiesen wird, dass eine Therapie im Hinblick auf eine im Vordergrund stehende psychiatrische Erkrankung weiterhin nicht durchgeführt werde.

Das SG hat ein neurologisch-psychiatrisches Sachverständigengutachten eingeholt. In seinem Gutachten vom 08.10.2010 kommt der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. N. zu dem Ergebnis, bei der Klägerin bestehe eine Persönlichkeitsstörung mit paranoiden und histrionischen Merkmalen. Damit könne die Klägerin mittelschwere körperliche Tätigkeiten mit Heben und Tragen von Lasten bis zu 15 Kilogramm unter Berücksichtigung der außerdem vorliegenden leistungseinschränkenden Adipositas und Hypertonie noch sechs Stunden pro Tag im Rahmen einer Fünf-Tage-Woche ausführen. Auszuschließen seien Tätigkeiten mit hohem Publikumsverkehr und solche, die eine hohe Verantwortung sowie ein hohes Konzentrationsvermögen voraussetzten, genauso wie Arbeiten unter nervlicher Belastung und unter Zeitdruck wie z.B. Akkord- und Fließbandarbeiten. Die Klägerin ist dieser Einschätzung entgegengetreten und hat u.a. angegeben, es sei zu betonen, dass die Begutachtung mit dem Sohn als Dolmetscher durchgeführt worden sei. Sie sei hochgradig depressiv. Es fehle bei ihr jedoch teilweise an einer hinreichenden Krankheitseinsicht, so dass sie sich gegenüber Ärzten sehr distanziert verhalte und sich anstrenge, ein gutes Bild abzugeben. Es werde beantragt, ein weiteres Gutachten einzuholen.

Mit Urteil vom 31.05.2011 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Klägerin habe weder einen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung gemäß § 43 SGB VI, noch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 SGB VI und sei durch die angefochtene Ablehnungsentscheidung daher nicht in ihren Rechten verletzt. Versicherte hätten gemäß § 43 Abs. 1 SGB VI bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung, wenn sie erwerbsgemindert seien, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt hätten. Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI seien voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande seien, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Dagegen bestehe kein Rentenanspruch, wenn der Versicherte unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein könne, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen sei (§ 43 Abs. 3 SGB VI) Sei dieses Leistungsvermögen nicht erreicht, volle Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 2 Satz 2 5GB VI noch nicht eingetreten, bestehe Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Die Kammer sei nach dem Ergebnis der medizinischen Beweisaufnahme davon überzeugt, dass die Klägerin unter Berücksichtigung aller bestehenden Gesundheitsstörungen noch mittelschwere Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich verrichten könne. Dabei bestünden qualitative Einschränkungen insoweit, als ihr das Heben und Tragen von Lasten über 15 Kilogramm, Tätigkeiten mit hohem Publikumsverkehr und solche, die eine hohe Verantwortung oder ein hohes Konzentrationsvermögen voraussetzten, gesundheitlich nicht mehr zumutbar seien. Hinsichtlich der quantitativen Leistungsfähigkeit der Klägerin habe die medizinische Beweisaufnahme das Ergebnis der von der Beklagten im Verwaltungsverfahren veranlassten mehrfachärztlichen Begutachtung bestätigt. Da die Klägerin noch sechs Stunden pro Arbeitstag unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig sein könne, sei sie - ungeachtet der vorstehend genannten qualitativen Einschränkungen - nicht erwerbsgemindert (vgl. § 43 Abs. 3 SGB VI). Die Kammer stütze ihre Überzeugung vom Leistungsvermögen der Klägerin auf das schlüssige und nachvollziehbare Gutachten des Sachverständigen Dr. N. vom 08.10.2010. Dr. N. lege überzeugend dar, dass bei der Klägerin neben einer Adipositas und einer Hypertonie in Bezug auf das nervenärztliche Fachgebiet eine Persönlichkeitsstörung mit paranoiden und histrionischen Anteilen bestehe, aus der sich quantitative Einschränkungen des Leistungsvermögens jedoch nicht ableiten ließen. Dr. N. stehe damit im Einklang mit dem Vorgutachter Dr. B., der in seinem Gutachten vom 19.09.2008 mit ausführlicher Begründung aus den bei der Klägerin vorliegenden persönlichkeitsbedingten Auffälligkeiten ebenfalls nur qualitative Einschränkungen abzuleiten vermochte. Diese Einschätzung decke sich ebenfalls mit dem von der Klägerin im Rahmen beider Begutachtungen geschilderten Tagesablauf, der nicht durch wesentliche Beschwerden eingeschränkt sei. Dr. N. berücksichtige in seinem Gutachten die sachverständigen Zeugenaussagen des behandelnden Psychiaters Dr. G. vom 21.09.2009 und des Hausarztes der Klägerin Dr. A. vom 25.09.2009, insbesondere auch die von Dr. A. angesprochene Verschlossenheit gegenüber ärztlichen Ratschlägen, in welcher die von der Bevollmächtigten der Klägerin geltend gemachte unzureichende Krankheitseinsicht anklinge. Eine zeitliche Minderung des Leistungsvermögens liege unter Berücksichtigung dessen gleichwohl nicht vor. Die Kammer sehe auch keine Veranlassung zu weiteren Ermittlungen von Amts wegen, nachdem weitere Gesundheitsstörungen weder vorgetragen noch aus den Umständen ersichtlich seien. Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Sie sei zwar vor dem 2. Januar 1961 geboren und gehöre damit zum Kreis der gemäß § 240 SGB VI grundsätzlich Anspruchsberechtigten. Die Klägerin sei jedoch nicht berufsunfähig. Berufsunfähig sind nur Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden täglich gesunken sei (§ 240 Abs. 2 Satz 1 SGB VI). Auszugehen sei insoweit von der letzten versicherungspflichtigen Tätigkeit als Arbeiterin. Auch wenn die Klägerin diesen aber nicht mehr ausüben könne, müsse sie sich auf noch sechs Stunden und mehr pro Arbeitstag zumutbare Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisen lassen. Denn die von der Klägerin zuletzt ausgeübte versicherungspflichtige Tätigkeit sei dem Leitberuf des ungelernten Arbeiters zuzuordnen. Sie müsse sich damit auf alle anderen ungelernten Tätigkeiten und den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisen lassen.

Gegen dieses ihr am 10.06.2011 zugestellte Urteil hat die Klägerin am Montag, den 11.07.2011 Berufung beim Landessozialgericht eingelegt, diese jedoch nicht näher begründet.

Die Klägerin beantragt sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 31.05.2011 sowie den Bescheid der Beklagten vom 20.10.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.04.2009 aufzuheben und die Beklage zu verurteilen, ihr Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab Antragstellung zu gewähren

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angegriffene Entscheidung und ihren Bescheid für rechtmäßig.

Mit Verfügung vom 10.01.2012 hat die Berichterstatterin darauf hingewiesen, dass der Senat nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz die Berufung auch ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss zurückweisen könne, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halte. Diese Verfahrensweise sei auf Grund des derzeitigen Sach- und Streitstandes beabsichtigt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Berufungsakte, Gerichtsakte des SG sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.

II.

Der Senat weist die Berufung der Klägerin gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss zurück, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.

Die Berufung der Klägerin ist gem. §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne Zulassung durch das Sozialgericht statthaft. Die Berufung ist auch sonst gem. § 151 SGG zulässig.

Die Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Denn das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 20.10.2008 in Gestalt des Widerspruchbescheids vom 03.04.2009 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Diese hat keinen Anspruch auf Erwerbsminderungsrente. Der Senat teilt die Auffassung des Sozialgerichts und nimmt deswegen auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG) und sieht von einer eigenen Begründung ab.

Zu ergänzen ist lediglich Folgendes: Auch der Senat hält das Sachverständigengutachten von Dr. N., Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie vom 08.10.2010 für überzeugend. Dieser hat seine Diagnose "Kombinierte Persönlichkeitsstörung mit paranoiden und histrionischen Anteilen" schlüssig begründet. Er hat hierzu mitgeteilt, die psychiatrische Befunderhebung habe bei fehlenden Deutschkenntnissen (der Sohn der Klägerin war als Dolmetscher bei der Untersuchung zugegen) keine Hinweise auf eine ausgeprägte depressive oder Angststörung ergeben. Beschrieben werde ein soziales Rückzugsverhalten mit ausschließlichem Bezug auf die Söhne und ein abnormes Essverhalten. Auch ergäben sich Hinweise auf paranoide und histrionische Persönlichkeitsanteile. Zeichen einer psychotischen Störung hätten sich dagegen nicht ergeben. In der Zusatzdiagnostik habe die Klägerin im Beck’schen Depressionsinventar einen Score von 23 als Hinweis für ein leichtgradiges depressives Erleben erreicht. Im Vordergrund des Beschwerdebildes stünden nach Angaben der Klägerin Stimmungsschwankungen und insbesondere eine Fehlverarbeitung der zurückliegenden, als konflikthaft beschriebenen ehelichen Beziehung, die sie paranoid verarbeitet habe. Es seien abnorme Reaktionen beschrieben worden, wenn sie sich an die Zeit der Ehe erinnere. Bei der aktuellen gutachtlichen Untersuchung hätten sich allerdings keine Hinweise auf ein psychotisches Erleben ergeben bzw. seien diese zumindest gegenüber dem Sohn, auch auf Nachfrage, nicht geäußert worden. Es hätten sich bei der aktuellen psychiatrischen Untersuchung auch keine Hinweise auf ein stärker ausgeprägtes depressives Erleben gezeigt. Vielmehr habe die Klägerin primär nicht depressiv gewirkt und sei ablenkbar und aufheiterbar gewesen. Sie habe auch mehrmals bei der Exploration gelacht. Die Angaben hinsichtlich des damaligen ehelichen Konfliktes entsprächen einer paranoiden Verarbeitung im Rahmen einer paranoiden Persönlichkeitsstörung, die zudem auch von einem affektbetonten Ausdrucksverhalten begleitet sei. Bei einer paranoiden Persönlichkeit stehe häufig ein misstrauisches Verhalten, eine verzerrte Interpretation der Umgebung, erhöhte Kränkbarkeit und Feindseligkeit, sowie eine soziale Isolierung im Vordergrund. Histrionische Persönlichkeiten zeigten in der Regel ein übermäßiges Verlangen nach Aufmerksamkeit, eine Neigung zur Dramatisierung und eine labile Affektivität. Die vormals beschriebenen psychischen Auffälligkeiten seien im Rahmen dieser Persönlichkeit zu werten. Hinweise auf eine hirnorganische, psychotische oder gravierende Angststörung hätten sich nicht ergeben. Es falle vielmehr auf, dass die Klägerin durchaus in der Lage sei, einen geregelten Tagesablauf einzuhalten. So stehe sie regelmäßig auf, lese Bücher, mache ihre Hausarbeiten, bereite sich Mahlzeiten vor, gehe spazieren und zeige Freizeitaktivitäten, wenngleich ein soziales Rückzugsverhalten auffalle. Insofern resultierten keine wesentlichen Leistungseinschränkungen aus den beschriebenen Persönlichkeitszügen. So ergäben sich insgesamt auch keine Hinweise auf Einschränkung der Fähigkeit zur Anpassung, Umstellung oder des Durchhaltevermögens.

Auf dieser Grundlage überzeugt auch das aus den Befunden von dem Sachverständigen abgeleitete Restleistungsvermögen. Hierzu hat dieser ausgeführt, dass sich auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet aufgrund der persönlichkeitsbedingten Auffälligkeiten lediglich qualitative Einschränkungen des Leistungsvermögens, nicht jedoch quantitative begründen ließen.

Damit hat der Sachverständige im Wesentlichen die Leistungsbeurteilung von Dr. B. bestätigt, wenn dieser auch keine kombinierte Persönlichkeitsstörung mit paranoiden und histrionischen Anteilen, sondern lediglich akzentuierte Persönlichkeitszüge (einfach strukturiert, unreife Züge, in manchem auch wenig reflektiert) ohne Krankheitswert beschrieben hat. Er hat hierzu ausgeführt, die Klägerin sei im durchaus lachendem Plauderton im Gespräch mit dem Dolmetscher angetroffen worden. Sie sei bewusstseinsklar und sicher in allen Qualitäten orientiert gewesen. Die gesamte Exploration (kaum ein Wort Deutsch sprechend) sei unter Einschaltung des Dolmetschers - mit diesem in durchaus lebendigem Gespräch - offenbar ungestört in der Auffassung erfolgt. Auch richtungweisende Gedächtnisstörungen, Wahrnehmungsstörungen, Ich-Störungen oder paranoide Inhalte hätten sich nicht ergeben. Die Klägerin habe recht einfach strukturiert, in manchem auch wenig reflektiert gewirkt, ohne richtungweisendes aktives Vermeidungsverhalten. Die sehr begrenzten sozialen Kontakte ergäben sich nicht aus krankheitsbegründeter fehlender Erlebnisfähigkeit oder Motivation, sondern aus den geschilderten kulturellen Hintergründen bei sehr direkt formuliertem Wunsch nach mehr Kontakten.

Da die Gutachter in der hier maßgeblichen Beurteilung der rentenrelevanten Leistungsfähigkeit trotz der dargestellten Unterschiede in Befund und Bewertung übereinstimmen, bedarf es keiner Aufklärung, ob die Unterschiede letztlich darauf beruhen, dass bei der Untersuchung von Dr. N. der Sohn als Dolmetscher fungierte, während bei Dr. B. ein der Klägerin fremder Berufsdolmetscher zugegen war. Hierfür spricht allerdings, dass zum einen fremdanamestische Angaben des Sohnes von Dr. N. für die Annahme einer paranoiden Verarbeitung des frühreren Ehekonflikts zugrunde gelegt wurden. Zum anderen hat die Klägerin gegenüber Dr. B. geäußert, dass sie Christin sei, ungefähr dreimal im Monat den Gottesdienst besuche und dort nette Leute treffen könne, die sie gerne zu Besuch bei sich hätte und besuchen würde, ihre Söhne dies jedoch nicht wünschten, obwohl sie ihren früheren Bekanntenkreis aufgrund der Scheidung verloren habe. Diese Aussagen waren für Dr. B. im Hinblick auf seine Beurteilung des sozialen Rückzugs durchaus von Bedeutung. Entsprechendes hat die Klägerin gegenüber Dr. N. in Gegenwart des Sohnes nicht mitgeteilt.

Die Gutachter stimmen darin überein, dass eine richtungweisende überdauernde depressive Symptomatik nicht vorliegt. Hinsichtlich der abweichenden Einschätzung von Dr. G. hat der Sachverständige Dr. N. für den Senat überzeugend ausgeführt, dass eine ausgeprägtere depressive Herabstimmung, ein erhebliches Antriebsdefizit mit Freudlosigkeit und Müdigkeit im Untersuchungszeitpunkt nicht vorgelegen hätten.

Die Klägerin hat gegenüber Dr. N., der bei der allgemeinen körperlichen und neurologischen Untersuchung bis auf die Adipositas und einen erhöhten Blutdruck keinen wesentlich pathologischen Befund erhoben hat, aktuelle körperliche Beschwerden verneint.

Dementsprechend überzeugt die Beurteilung der Leistungsfähigkeit durch Dr. N., wonach die Klägerin unter Berücksichtigung der Adipositas und Hypertonie zwar nur mittelschwere körperliche Tätigkeiten mit Heben und Tragen von Lasten bis zu 15 Kilogramm, diese jedoch noch sechs Stunden pro Tag im Rahmen einer Fünf-Tage-Woche verrichten kann. Auszuschließen seien Tätigkeiten mit hohem Publikumsverkehr und solche, die eine hohe Verantwortung sowie ein hohes Konzentrationsvermögen voraussetzten, genauso wie Arbeiten unter nervlicher Belastung und unter Zeitdruck wie z.B. Akkord- und Fließbandarbeiten.

Die Klägerin hat eine Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes nicht geltend gemacht. Hierfür liegen auch keine Anhaltspunkte vor.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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