Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
33
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 33 KA 217/09
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 6 KA 38/11 R
Datum
Kategorie
Urteil
Der Bescheid der Beklagten vom 24.02.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.05.2009 wird aufgehoben und die Beklagte zu verurteilt, der Honorarfestsetzung für das Quartal II/2009 das dem Kläger für das Quartal I/2009 zugewiesene Regel-leistungsvolumen in Höhe von 41.848 Euro zugrunde zu legen. Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte. Die Sprungrevision wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Höhe des dem Kläger für das Quartal II/2009 zuzuweisenden Regel-leistungsvolumens.
Der Kläger ist als praktischer Arzt in I niedergelassen und zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Für das Quartal I/2009 hatte die Beklagte ihm ein Regel-leistungsvolumen in Höhe von 41.848 Euro zugewiesen. Für das Quartal II/2009 setzte die Beklagte das Regelleistungsvolumen des Klägers mit Bescheid vom 24.02.2009, der dem Kläger nach seinem unbestrittenen Vortrag am 09.03.2009 zugegangen ist, auf 37.981,44 Euro fest. Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein mit dem Vorbringen, das Regel-leistungsvolumen für das Quartal II/2009 sei nicht entsprechend § 87 b Abs. 5 SGB V spätestens vier Wochen vor Beginn des Quartal zugewiesen worden. Damit gelte das ihm für das Quartal I/2009 zugewiesene Regelleistungsvolumen fort. Die Widerspruchsstelle der Beklagten wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 27.05.2009 zurück. Zur Begründung führte sie aus, die vierwöchige Frist des § 87 b Abs. 5 SGB V sei als Ordnungsfrist zu verstehen, die nicht die Rechtsfolge des § 87 b Abs. 5 Satz 4 SGB V auslöse. Rechtzeitig im Sinne des § 87 b Abs. 5 Satz 4 SGB V sei eine Zuweisung, wenn sie vor Beginn des Geltungszeitraums des Regelleistungsvolumens erfolge. Die in § 87 b Abs. 5 Satz 4 SGB V vorgesehene vorläufige Fortgeltung des bisherigen Regelleistungs-volumens mache nur Sinn, wenn die Mitteilung des Regelleistungsvolumens erst im Geltungsquartal erfolge. Erfolge die Mitteilung des Regelleistungsvolumens vor Beginn des jeweiligen Quartals, sei die Mitteilung in jedem Falle in diesem Sinne rechtzeitig.
Hiergegen richtet sich die rechtzeitig erhobene Klage, zu deren Begründung im wesent-lichen vorgetragen wird, der Bescheid über die Festsetzung des Regelleistungsvolumens für das Quartal II/2009 sei verspätet ergangen. Die Argumentation der Beklagten, die Frist des § 87 b Abs. 5 Satz 1 SGB V sei eine reine Ordnungsvorschrift und eine Zuweisung vor Beginn des Quartals sei ausreichend, überzeuge nicht. Der Wortlaut der Regelung lasse eine derartige Interpretation nicht zu. Der Gesetzgeber sei davon ausgegangen, dass die Regelleistungsvolumina innerhalb der gesetzlich normierten Frist zugewiesen werden müssten. Ergäbe sich im Nachgang ein niedrigeres Regelleistungsvolumen und damit ein Vergütungsnachteil, sei dieser auszugleichen.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 24.02.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.05.2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Honorarfestsetzung für das Quartal II/2009 das dem Kläger für das Quartal I/2009 zugewiesene Regelleistungsvolumen in Höhe von 41.848 Euro zugrunde zu legen, hilfsweise die Sprungrevision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise die Sprungrevision zuzulassen.
Die Beklagte macht geltend, ausweislich des § 87 b Abs. 5 Satz 4 SGB V ergäben sich Konsequenzen lediglich bei nicht rechtzeitiger Bekanntgabe des Regelleistungsvolumens vor dem Beginn des Geltungszeitraums. Rechtsfolge in diesem Fall sei die Fortgeltung des bisherigen Regelleistungsvolumens. Werde das Regelleistungsvolumen aber bereits vor seinem Geltungszeitraum bekannt gegeben, gelte es auch für diesen, da Rechtsfolgen für diesen Fall nicht geregelt seien. Da in § 87 b Abs. 5 Satz 4 SGB V ein Verweis auf die Frist des § 87 b Abs. 5 Satz 1 SGB V fehle, sei die Bekanntgabe des Regelleistungs-volumens auch dann rechtzeitig, wenn sie nach Ablauf der in Satz 1 genannten Frist erfolge.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte sowie des beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und auch begründet. Der Kläger ist durch den angefochtenen Bescheid über die Zuweisung des Regelleistungsvolumens für das Quartal II/2009 beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG), weil dieser nicht rechtmäßig ist. Da die Zuweisung nicht spätestens vier Wochen vor Beginn des Quartal II/2009 erfolgt ist, gilt auch für dieses Quartal das höhere Regelleistungsvolumen des Quartals I/2009 fort.
Die Fortgeltung des dem Kläger für das Quartal I/2009 zugewiesenen höheren Regel-leistungsvolumens folgt aus der Regelung des § 87 b Abs. 5 Satz 4 SGB V, nach der das bisherige dem Arzt oder der Arztpraxis zugewiesene Regelleistungsvolumen vorläufig fortgilt, wenn ein Regelleistungsvolumen nicht rechtzeitig vor Beginn des Geltungszeit-raums zugewiesen werden kann. Zuzugeben ist der Beklagten zwar, dass diese Regelung nicht ausdrücklich auf die Frist des § 87 b Abs. 5 Satz 1 SGB V, nach der die Zuweisung jeweils spätestens vier Wochen vor Beginn der Geltungsdauer des Regelleistungs-volumens erfolgt, verweist. Hieraus abzuleiten, bei der Frist des § 87 b Abs. 5 Satz 1 SGB V handele es sich um eine Ordnungsvorschrift und eine Zuweisung des Regelleistungs-volumens jedenfalls noch vor Beginn seines Geltungszeitraums sei rechtzeitig und lösse die Rechtsfolge des § 87 b Abs. 5 Satz 4 SGB V nicht aus, erscheint der Kammer indes nicht möglich. Da es bei einer dahingehenden Interpretation der Regelungen des § 87 b Abs. 5 SGB V in Satz 4 des Wortes "rechtzeitig" nicht bedurft hätte, kann seine Verwendung nur als Bezugnahme auf die Frist des Satz 1 verstanden werden. Auch der Überlegung, die in Satz 4 vorgesehene vorläufige Fortgeltung des bisherigen Regelleistungsvolumens mache nur Sinn, wenn die Mitteilung des Regel-leistungsvolumens erst im Geltungsquartal erfolge, vermag die Kammer nicht zu folgen. Die in § 87 b Abs. 5 Satz 4 SGB V vorgesehene vorläufige Fortgeltung des bisherigen dem Arzt zugewiesenen Regelleistungsvolumens korrespondiert vielmehr allein der im Satz 5 geregelten Rechtsfolge, dass Zahlungsansprüche aus einem zu einem späteren Zeitpunkt zugewiesenen höheren Regelleistungsvolumen rückwirkend zu erfüllen sind, was auch bedeutet, dass ein gegebenenfalls zu hohes fortgeltendes Regelleistungsvolumen nicht nachträglich korrigiert werden darf (vgl. Engelhardt in Hauck/Noftz § 87 b SGB V Randnr. 82). Die Regelungen des § 87 b Abs. 5 SGB V können deswegen nur dahin verstanden werden, dass der Arzt Zahlungsansprüche aus dem höheren Regelleistungsvolumen hat, wenn die Mitteilung des Regelleistungsvolumens später als vier Wochen vor Quartalsbeginn erfolgt (ebenso Scholz in Becker-Kingreen § 87 b SGB V Randnr. 6). Vorliegend ist die Zuweisung des von der Beklagten für das Quartal II/2009 ermittelten niedrigeren Regelleistungs-volumens damit rechtswidrig und der Honorarfestsetzung stattdessen das für das Quartal I/2009 zugewiesene und fortgeltende höhere Regelleistungsvolumen zugrunde zu legen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwG0.
Die Kammer hat die Sprungrevision gemäß § 161 SGG zugelassen, weil sie der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG beigemessen hat.
Tatbestand:
Streitig ist die Höhe des dem Kläger für das Quartal II/2009 zuzuweisenden Regel-leistungsvolumens.
Der Kläger ist als praktischer Arzt in I niedergelassen und zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Für das Quartal I/2009 hatte die Beklagte ihm ein Regel-leistungsvolumen in Höhe von 41.848 Euro zugewiesen. Für das Quartal II/2009 setzte die Beklagte das Regelleistungsvolumen des Klägers mit Bescheid vom 24.02.2009, der dem Kläger nach seinem unbestrittenen Vortrag am 09.03.2009 zugegangen ist, auf 37.981,44 Euro fest. Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein mit dem Vorbringen, das Regel-leistungsvolumen für das Quartal II/2009 sei nicht entsprechend § 87 b Abs. 5 SGB V spätestens vier Wochen vor Beginn des Quartal zugewiesen worden. Damit gelte das ihm für das Quartal I/2009 zugewiesene Regelleistungsvolumen fort. Die Widerspruchsstelle der Beklagten wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 27.05.2009 zurück. Zur Begründung führte sie aus, die vierwöchige Frist des § 87 b Abs. 5 SGB V sei als Ordnungsfrist zu verstehen, die nicht die Rechtsfolge des § 87 b Abs. 5 Satz 4 SGB V auslöse. Rechtzeitig im Sinne des § 87 b Abs. 5 Satz 4 SGB V sei eine Zuweisung, wenn sie vor Beginn des Geltungszeitraums des Regelleistungsvolumens erfolge. Die in § 87 b Abs. 5 Satz 4 SGB V vorgesehene vorläufige Fortgeltung des bisherigen Regelleistungs-volumens mache nur Sinn, wenn die Mitteilung des Regelleistungsvolumens erst im Geltungsquartal erfolge. Erfolge die Mitteilung des Regelleistungsvolumens vor Beginn des jeweiligen Quartals, sei die Mitteilung in jedem Falle in diesem Sinne rechtzeitig.
Hiergegen richtet sich die rechtzeitig erhobene Klage, zu deren Begründung im wesent-lichen vorgetragen wird, der Bescheid über die Festsetzung des Regelleistungsvolumens für das Quartal II/2009 sei verspätet ergangen. Die Argumentation der Beklagten, die Frist des § 87 b Abs. 5 Satz 1 SGB V sei eine reine Ordnungsvorschrift und eine Zuweisung vor Beginn des Quartals sei ausreichend, überzeuge nicht. Der Wortlaut der Regelung lasse eine derartige Interpretation nicht zu. Der Gesetzgeber sei davon ausgegangen, dass die Regelleistungsvolumina innerhalb der gesetzlich normierten Frist zugewiesen werden müssten. Ergäbe sich im Nachgang ein niedrigeres Regelleistungsvolumen und damit ein Vergütungsnachteil, sei dieser auszugleichen.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 24.02.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.05.2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Honorarfestsetzung für das Quartal II/2009 das dem Kläger für das Quartal I/2009 zugewiesene Regelleistungsvolumen in Höhe von 41.848 Euro zugrunde zu legen, hilfsweise die Sprungrevision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise die Sprungrevision zuzulassen.
Die Beklagte macht geltend, ausweislich des § 87 b Abs. 5 Satz 4 SGB V ergäben sich Konsequenzen lediglich bei nicht rechtzeitiger Bekanntgabe des Regelleistungsvolumens vor dem Beginn des Geltungszeitraums. Rechtsfolge in diesem Fall sei die Fortgeltung des bisherigen Regelleistungsvolumens. Werde das Regelleistungsvolumen aber bereits vor seinem Geltungszeitraum bekannt gegeben, gelte es auch für diesen, da Rechtsfolgen für diesen Fall nicht geregelt seien. Da in § 87 b Abs. 5 Satz 4 SGB V ein Verweis auf die Frist des § 87 b Abs. 5 Satz 1 SGB V fehle, sei die Bekanntgabe des Regelleistungs-volumens auch dann rechtzeitig, wenn sie nach Ablauf der in Satz 1 genannten Frist erfolge.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte sowie des beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und auch begründet. Der Kläger ist durch den angefochtenen Bescheid über die Zuweisung des Regelleistungsvolumens für das Quartal II/2009 beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG), weil dieser nicht rechtmäßig ist. Da die Zuweisung nicht spätestens vier Wochen vor Beginn des Quartal II/2009 erfolgt ist, gilt auch für dieses Quartal das höhere Regelleistungsvolumen des Quartals I/2009 fort.
Die Fortgeltung des dem Kläger für das Quartal I/2009 zugewiesenen höheren Regel-leistungsvolumens folgt aus der Regelung des § 87 b Abs. 5 Satz 4 SGB V, nach der das bisherige dem Arzt oder der Arztpraxis zugewiesene Regelleistungsvolumen vorläufig fortgilt, wenn ein Regelleistungsvolumen nicht rechtzeitig vor Beginn des Geltungszeit-raums zugewiesen werden kann. Zuzugeben ist der Beklagten zwar, dass diese Regelung nicht ausdrücklich auf die Frist des § 87 b Abs. 5 Satz 1 SGB V, nach der die Zuweisung jeweils spätestens vier Wochen vor Beginn der Geltungsdauer des Regelleistungs-volumens erfolgt, verweist. Hieraus abzuleiten, bei der Frist des § 87 b Abs. 5 Satz 1 SGB V handele es sich um eine Ordnungsvorschrift und eine Zuweisung des Regelleistungs-volumens jedenfalls noch vor Beginn seines Geltungszeitraums sei rechtzeitig und lösse die Rechtsfolge des § 87 b Abs. 5 Satz 4 SGB V nicht aus, erscheint der Kammer indes nicht möglich. Da es bei einer dahingehenden Interpretation der Regelungen des § 87 b Abs. 5 SGB V in Satz 4 des Wortes "rechtzeitig" nicht bedurft hätte, kann seine Verwendung nur als Bezugnahme auf die Frist des Satz 1 verstanden werden. Auch der Überlegung, die in Satz 4 vorgesehene vorläufige Fortgeltung des bisherigen Regelleistungsvolumens mache nur Sinn, wenn die Mitteilung des Regel-leistungsvolumens erst im Geltungsquartal erfolge, vermag die Kammer nicht zu folgen. Die in § 87 b Abs. 5 Satz 4 SGB V vorgesehene vorläufige Fortgeltung des bisherigen dem Arzt zugewiesenen Regelleistungsvolumens korrespondiert vielmehr allein der im Satz 5 geregelten Rechtsfolge, dass Zahlungsansprüche aus einem zu einem späteren Zeitpunkt zugewiesenen höheren Regelleistungsvolumen rückwirkend zu erfüllen sind, was auch bedeutet, dass ein gegebenenfalls zu hohes fortgeltendes Regelleistungsvolumen nicht nachträglich korrigiert werden darf (vgl. Engelhardt in Hauck/Noftz § 87 b SGB V Randnr. 82). Die Regelungen des § 87 b Abs. 5 SGB V können deswegen nur dahin verstanden werden, dass der Arzt Zahlungsansprüche aus dem höheren Regelleistungsvolumen hat, wenn die Mitteilung des Regelleistungsvolumens später als vier Wochen vor Quartalsbeginn erfolgt (ebenso Scholz in Becker-Kingreen § 87 b SGB V Randnr. 6). Vorliegend ist die Zuweisung des von der Beklagten für das Quartal II/2009 ermittelten niedrigeren Regelleistungs-volumens damit rechtswidrig und der Honorarfestsetzung stattdessen das für das Quartal I/2009 zugewiesene und fortgeltende höhere Regelleistungsvolumen zugrunde zu legen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwG0.
Die Kammer hat die Sprungrevision gemäß § 161 SGG zugelassen, weil sie der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG beigemessen hat.
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