Land
Hessen
Sozialgericht
SG Wiesbaden (HES)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Wiesbaden (HES)
Aktenzeichen
S 12 KR 414/00
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 1 KR 344/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Der Bescheid vom 28.04.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.03.2000 wird aufgehoben und die Beklagte verurteilt, die Klägerin ab 01.02.1999 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien.
2. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin.
Tatbestand:
Tatbestand ist eine Befreiung von der Versicherungspflicht.
Die Klägerin ist approbierte Tierärztin, seit 01.10.1998 Mitglied der Landestierärztekammer (LTK) Hessen, seit 01.02.1999 Mitglied des dortigen berufsständischen Versorgungswerkes und seit dem gleichen Zeitpunkt bei der Firma CC B-Stadt, als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Außendienst (Pharmaberaterin) angestellt.
Die Klägerin beantragte am 15.01.1999 bei der Beklagten die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung. - Die Beklagte lehnte den Antrag durch Bescheid vom 28.04.1999 ab, weil eine solche Befreiung nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) VI grundsätzlich nur für die Beschäftigung/Tätigkeit ausgesprochen werden könne, auf der die Pflichtmitgliedschaft in Berufskammer und Versorgungswerk beruhe. Die Tätigkeit als Pharmaberaterin sei keine berufsspezifische Tierarzt-Tätigkeit, weil diese auch von Nicht-Tierärzten ausgeübt werde.
Die Klägerin erhob dagegen Widerspruch mit der anwaltlichen Begründung, sie übe sehr wohl eine tierärztliche Tätigkeit nach der Definition der Versorgungswerk-Satzung aus: jede Tätigkeit, bei der die während des Veterinärmedizinischen Studium erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten verwertet werden. Dass auch Nicht-Tierärzte die Tätigkeit ausüben könnten, sie unerheblich. Es handele sich jedenfalls nicht um eine berufsfremde Tätigkeit, die in keinerlei Zusammenhang mit der tierärztlichen Ausbildung bzw. den tiermedizinischen Fachkenntnissen stünde. Eine Stellenbeschreibung des Arbeitgebers wurde beigefügt.
Die Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 03.03.2000 zurück. In den Gründen heißt es ergänzend: Die Mitgliedschaft der Widerspruchsführerin in ihrer berufsständischen Kammer und deren Versorgungswerk beruhe darauf, dass sie approbierte Tierärztin sei, nicht jedoch darauf, dass sie als Pharmaberaterin arbeite. Für die Beschäftigung als Pharmaberaterin könne deshalb keine Befreiung erfolgen.
Dagegen hat die Klägerin am 14.11.2000 Klage erhoben, wendet sich gegen die belastende Verwaltungsentscheidung und lässt zur Begründung im Wesentlichen anwaltlich wiederholen: Die Befreiungsvoraussetzungen des § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI seien zu ihren Gunsten erfüllt, weil dort allgemein die Berufsgruppe, nicht die ausgeübte Tätigkeit maßgeblich sei. Ihre Pflichtmitgliedschaft in der Landestierärztekammer Hessen beruhe auf der Tierarzt-Approbation. Ihre tierärztliche Berufstätigkeit beurteile sich nach Versorgungswerk-Satzungsrecht positiv (Bezugnahme auf Bayerisches Verwaltungsgericht YM. vom 28.06.1994, xxxxx). Ergänzt wurde zuletzt am 23.09.2004, dass hier auch deshalb von einer berufsspezifischen Tätigkeit auszugehen sei, weil der Arbeitgeber die zu besetzende Stelle einer ausgebildeten Tierärztin vorbehalten habe.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 28.04.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.03.2000 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die beantragte Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung mit Wirkung ab 01.02.1999 bis auf weiteres zu erteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat schriftsätzlich wie in der mündlichen Verhandlung an ihrer Rechtsauffassung festgehalten.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den übrigen Akteninhalt verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet. Der angefochtenen Bescheid der Beklagten vom 28.04.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.03.2000 ist rechtswidrig und aufzuheben. Die Beklagte ist zur Feststellung der begehrten Befreiung verpflichtet.
Die Klägerin ist für ihre Beschäftigung als wissenschaftliche Mitarbeiterin in Außendienst bei der Firma CC, B-Stadt, ab 01.02.1999 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien. Die Befreiungsvoraussetzungen des § 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 SGB VI sind zu Gunsten der Klägerin erfüllt: Wegen der vorstehend genannten Beschäftigung ist die Klägerin Mitglied in der Landestierärztekammer Hessen und in deren Versorgungswerk. Beide Mitgliedschaften entfalten im anhängigen Verfahren Tatbestandswirkung und sind hier nicht gerichtlich zu überprüfen (vgl. zum Meinungsstand etwa LSG Nordrhein-Westfalen vom 19.03.2004, L 4 RA 12/03).
An der Rechtmäßigkeit beider Mitgliedschaften bestehen indes auch keine Zweifel: Im Versorgungswerk sind gemäß § 7 Versorgungswerksatzung alle Kammerangehörige Pflichtmitglieder, soweit sie nicht von der Pflichtmitgliedschaft ausgenommen sind. Die Klägerin ist Kammermitglied und unterfällt auch nicht den Ausnahmeregelungen des § 8 Versorgungswerksatzung; insbesondere übt sie eine tierärztliche Tätigkeit aus. In der Landestierärztekammer sind gemäß § 2 LTK-Satzung alle Tierärzte Mitglied, die ihren Beruf in Hessen außerhalb der Aufsichtsbehörde ausüben. Die tierärztliche Berufsausübung beurteilt sich nach der Berufsordnung der LTK Hessen: Unter tierärztlicher Berufsausübung ist laut § 2 Berufsordnung jede Tätigkeit zu verstehen, bei der während des veterinärmedizinischen Studium erworbene Kenntnisse und Fähigkeit verwertet werden. - Vorliegend ist die Verwertung tiermedizinischer Kenntnisse und Fähigkeiten in der Beschäftigung der Klägerin als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Außendienst (Pharmaberaterin) unzweifelhaft. - Dagegen kann die Beklagte der Auslegung von § 6 SGB VI kein tierärztliches Berufsbild zugrunde legen, welches enger geschnitten ist als das von den Tierärzten in den Grenzen ihrer berufsständischen Autonomie festgelegte Berufsbild.
2. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin.
Tatbestand:
Tatbestand ist eine Befreiung von der Versicherungspflicht.
Die Klägerin ist approbierte Tierärztin, seit 01.10.1998 Mitglied der Landestierärztekammer (LTK) Hessen, seit 01.02.1999 Mitglied des dortigen berufsständischen Versorgungswerkes und seit dem gleichen Zeitpunkt bei der Firma CC B-Stadt, als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Außendienst (Pharmaberaterin) angestellt.
Die Klägerin beantragte am 15.01.1999 bei der Beklagten die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung. - Die Beklagte lehnte den Antrag durch Bescheid vom 28.04.1999 ab, weil eine solche Befreiung nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) VI grundsätzlich nur für die Beschäftigung/Tätigkeit ausgesprochen werden könne, auf der die Pflichtmitgliedschaft in Berufskammer und Versorgungswerk beruhe. Die Tätigkeit als Pharmaberaterin sei keine berufsspezifische Tierarzt-Tätigkeit, weil diese auch von Nicht-Tierärzten ausgeübt werde.
Die Klägerin erhob dagegen Widerspruch mit der anwaltlichen Begründung, sie übe sehr wohl eine tierärztliche Tätigkeit nach der Definition der Versorgungswerk-Satzung aus: jede Tätigkeit, bei der die während des Veterinärmedizinischen Studium erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten verwertet werden. Dass auch Nicht-Tierärzte die Tätigkeit ausüben könnten, sie unerheblich. Es handele sich jedenfalls nicht um eine berufsfremde Tätigkeit, die in keinerlei Zusammenhang mit der tierärztlichen Ausbildung bzw. den tiermedizinischen Fachkenntnissen stünde. Eine Stellenbeschreibung des Arbeitgebers wurde beigefügt.
Die Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 03.03.2000 zurück. In den Gründen heißt es ergänzend: Die Mitgliedschaft der Widerspruchsführerin in ihrer berufsständischen Kammer und deren Versorgungswerk beruhe darauf, dass sie approbierte Tierärztin sei, nicht jedoch darauf, dass sie als Pharmaberaterin arbeite. Für die Beschäftigung als Pharmaberaterin könne deshalb keine Befreiung erfolgen.
Dagegen hat die Klägerin am 14.11.2000 Klage erhoben, wendet sich gegen die belastende Verwaltungsentscheidung und lässt zur Begründung im Wesentlichen anwaltlich wiederholen: Die Befreiungsvoraussetzungen des § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI seien zu ihren Gunsten erfüllt, weil dort allgemein die Berufsgruppe, nicht die ausgeübte Tätigkeit maßgeblich sei. Ihre Pflichtmitgliedschaft in der Landestierärztekammer Hessen beruhe auf der Tierarzt-Approbation. Ihre tierärztliche Berufstätigkeit beurteile sich nach Versorgungswerk-Satzungsrecht positiv (Bezugnahme auf Bayerisches Verwaltungsgericht YM. vom 28.06.1994, xxxxx). Ergänzt wurde zuletzt am 23.09.2004, dass hier auch deshalb von einer berufsspezifischen Tätigkeit auszugehen sei, weil der Arbeitgeber die zu besetzende Stelle einer ausgebildeten Tierärztin vorbehalten habe.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 28.04.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.03.2000 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die beantragte Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung mit Wirkung ab 01.02.1999 bis auf weiteres zu erteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat schriftsätzlich wie in der mündlichen Verhandlung an ihrer Rechtsauffassung festgehalten.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den übrigen Akteninhalt verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet. Der angefochtenen Bescheid der Beklagten vom 28.04.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.03.2000 ist rechtswidrig und aufzuheben. Die Beklagte ist zur Feststellung der begehrten Befreiung verpflichtet.
Die Klägerin ist für ihre Beschäftigung als wissenschaftliche Mitarbeiterin in Außendienst bei der Firma CC, B-Stadt, ab 01.02.1999 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien. Die Befreiungsvoraussetzungen des § 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 SGB VI sind zu Gunsten der Klägerin erfüllt: Wegen der vorstehend genannten Beschäftigung ist die Klägerin Mitglied in der Landestierärztekammer Hessen und in deren Versorgungswerk. Beide Mitgliedschaften entfalten im anhängigen Verfahren Tatbestandswirkung und sind hier nicht gerichtlich zu überprüfen (vgl. zum Meinungsstand etwa LSG Nordrhein-Westfalen vom 19.03.2004, L 4 RA 12/03).
An der Rechtmäßigkeit beider Mitgliedschaften bestehen indes auch keine Zweifel: Im Versorgungswerk sind gemäß § 7 Versorgungswerksatzung alle Kammerangehörige Pflichtmitglieder, soweit sie nicht von der Pflichtmitgliedschaft ausgenommen sind. Die Klägerin ist Kammermitglied und unterfällt auch nicht den Ausnahmeregelungen des § 8 Versorgungswerksatzung; insbesondere übt sie eine tierärztliche Tätigkeit aus. In der Landestierärztekammer sind gemäß § 2 LTK-Satzung alle Tierärzte Mitglied, die ihren Beruf in Hessen außerhalb der Aufsichtsbehörde ausüben. Die tierärztliche Berufsausübung beurteilt sich nach der Berufsordnung der LTK Hessen: Unter tierärztlicher Berufsausübung ist laut § 2 Berufsordnung jede Tätigkeit zu verstehen, bei der während des veterinärmedizinischen Studium erworbene Kenntnisse und Fähigkeit verwertet werden. - Vorliegend ist die Verwertung tiermedizinischer Kenntnisse und Fähigkeiten in der Beschäftigung der Klägerin als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Außendienst (Pharmaberaterin) unzweifelhaft. - Dagegen kann die Beklagte der Auslegung von § 6 SGB VI kein tierärztliches Berufsbild zugrunde legen, welches enger geschnitten ist als das von den Tierärzten in den Grenzen ihrer berufsständischen Autonomie festgelegte Berufsbild.
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