L 10 R 394/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 3 R 2445/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 394/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 13.12.2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Zwischen den Beteiligten ist die Zuteilung einer neuen Versicherungsnummer unter Zugrundelegung eines geänderten Geburtsjahres streitig.

Die Klägerin, g. Staatsangehörige, siedelte im Jahr 1968 in die Bundesrepublik Deutschland über und nahm im August 1968 eine versicherungspflichtige Beschäftigung auf. Beim Einwohnermeldeamt H. ist sie seither mit dem Geburtsdatum 1945 gemeldet. Im Hinblick auf das insoweit dokumentierte Geburtsdatum vergab die Beklagte an die Klägerin die Versicherungsnummer 23 45 T 5012.

Im Januar 2009 stellte die Klägerin einen Antrag auf Kontenklärung. Darin gab sie als Geburtsdatum den 1945 an, bat jedoch mit der Bemerkung um Überprüfung des Geburtsdatums, dass dieser Antrag als formloser Rentenantrag gelten solle, sofern der 08.02.1944 als Geburtsnachweis anerkannt werde. Sie legte in beglaubigter Übersetzung aus dem g. die Geburtsbescheinigung vom 27.08.2008 (Geburtsdatum: 1944), die Aufenthaltserlaubnis der Stadt H. vom 26.06.1981 (Geburtsdatum: 1945), eine Kopie ihres vom 07.11.1996 bis 07.11.2001 gültig gewesenen g. Passes (Geburtsdatum: 1945) sowie eine Kopie ihres g. Ausweises vom 14.09.2006 (Geburtsdatum: 1944) vor.

Mit Bescheid vom 06.05.2009 stellte die Beklagte die bis 31.12.2002 zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten verbindlich fest und lehnte gleichzeitig die Änderung des Geburtsdatums unter Darlegung der entsprechenden Anspruchsvoraussetzungen des § 33a des Ersten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB I) mit der Begründung ab, die vorgelegten Urkunden seien nicht vor der ersten Angabe eines Geburtsdatums im Jahr 1968 ausgestellt. Im Widerspruchsverfahren machte die Klägerin geltend, sie habe bei ihrer Einreise in die Bundesrepublik Deutschland unwissentlich und ohne eine Geburtsurkunde gehabt zu haben, als Geburtsdatum den 1945 angegeben. Sie legte ferner in Kopie die standesamtliche Heiratsurkunde vom 09.07.1973 vor, in der ihr Alter mit ?29? angegeben ist. Mit Widerspruchsbescheid vom 08.10.2009 wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, alle zur Bestätigung des Geburtsdatums 1944 vorgelegten Unterlagen seien nach dem Jahr 1968 (Jahr der erstmaligen Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung) ausgestellt.

Während des am 04.11.2009 eingeleiteten Klageverfahrens S 3 R 3906/09 vor dem Sozialgericht Heilbronn (SG) hat die Klägerin die Familienstandsbescheinigung des Bürgermeisters der Stadt A. vom 16.10.2009 (Geburtsdatum: 08.02.1944) und die Bestätigung des Bürgermeisters der Gemeinde L. vom 11.07.1973 (Geburtsdatum: 08.02.1944) sowie ferner eine beglaubigte Kopie aus dem - nach Angaben der Klägerin - von der Stadt A. geführten Familienstammbuches in g. Sprache vorgelegt. Nach dem Inhalt der letztgenannten Urkunde wurden die darin enthaltenen Daten am 11.11.1955 erstellt. Die Urkunde weist als Geburtsdatum der Klägerin den 1944 und als Geburtsdatum ihres Bruders N. den 1943 aus. Nach den Angaben der Klägerin ist dieser Bruder ein leibliches Kind ihrer Eltern. Ihr Bruder sei allerdings nicht wie angegeben am 1943, sondern tatsächlich am 1942 geboren. Nach Hinweis des SG, dass angesichts des zeitlichen Abstandes des Geburtsdatums der Klägerin zu dem ihres Bruders von weniger als vier Monaten, was biologisch nicht möglich sei, Zweifel an der Richtigkeit des dokumentierten Geburtsdatums 1944 bestehe, hat das Verfahren im Hinblick auf die Bemühungen der Klägerin weitere beweiskräftige Unterlagen aus Griechenland zu beschaffen, zunächst geruht. Nach Wiederanrufung des nunmehr unter dem Aktenzeichen S 3 R 2445/11 weitergeführten Verfahrens legte die Klägerin in Kopie das Urteil 69/2011 des ?Einköpfigen Landgerichts K.? vor, mit dem dieses auf den Antrag der Klägerin bestätigt hat ?zum Zweck der Ausstellung einer standesamtlichen Urkunde durch den zuständigen Standesbeamten, dass am 8. Februar 1944 im Dorf L.,?, die Antragstellerin ? geboren wurde als Kind aus der Ehe ?.?. Die Klägerin hat ferner die Geburtsurkunde Nr. 1/A/2011 vorgelegt, nach der sie auf Grund des erwähnten Urteils Nr. 69/2011 am 08.02.1944 geboren ist.

Mit Urteil vom 13.12.2011 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass gemäß § 33a Abs. 1 SGB I eine Abänderung des grundsätzlich maßgeblichen Geburtsdatums (erste Angabe des Berechtigten gegenüber einem Sozialleistungsträger) nur bei Vorliegen eines Schreibfehlers oder bei Vorlage einer vor dem genannten Zeitpunkt erstellten Urkunde möglich sei. Eine solche Urkunde habe die Klägerin mit Ausnahme der Kopie aus dem Familienstammbuch nicht vorgelegt. Zwar handele es sich bei dieser (offenbar) aus dem Jahr 1955 stammenden Urkunde, um eine relevante Urkunde im Sinne des § 33a Abs. 1 SGB I, allerdings sei dieser kein ausreichender Beweiswert beizumessen, da der Inhalt in sich unschlüssig sei. Die dokumentierten Geburtsdaten der Klägerin und ihres Bruders im Abstand von vier Monaten sei nämlich biologisch unmöglich. Soweit die Klägerin geltend gemacht habe, das in Bezug auf ihren Bruder eingetragene Geburtsdatum beruhe auf einem Übertragungsfehler, ihr Bruder sei tatsächlich am 1942 geboren, entbehre dies jeder Grundlage. Es sei ebenso naheliegend, dass das Geburtsdatum der Klägerin falsch wiedergegeben worden sei. Der Beweiswert dieser Urkunde sei daher ernstlich in Frage gestellt, weshalb diese nicht geeignet sei, die Richtigkeit des darin wiedergegebenen Geburtsdatums der Klägerin zu belegen.

Am 19.01.2012 hat die Klägerin dagegen beim SG Berufung eingelegt und geltend gemacht, der vorgelegte Auszug aus dem Bürgerregister vom 11.11.1955 sei in sich schlüssig.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 13.12.2011 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 06.05.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.10.2009 zu verurteilen, ihr unter Zugrundelegung des Geburtsdatums 1944 eine neue Versicherungsnummer zuzuteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.

II.

Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung der Klägerin, über die der Senat nach Anhörung der Beteiligten im Erörterungstermin vom 25.10.2012 im Rahmen des ihm zustehenden Ermessens gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss entscheidet, ist zulässig; die Berufung ist jedoch nicht begründet.

Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 06.05.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.10.2009 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Soweit die Beklagte es abgelehnt hat, der Klägerin unter Zugrundelegung des Geburtsdatums 1944 eine neue Versicherungsnummer zuzuteilen, ist dies nicht zu beanstanden. Ein entsprechender Anspruch steht der Klägerin nach den als Rechtsgrundlage allein in Betracht kommenden und vom SG zutreffend dargestellten §§ 147, 152 Nr. 3 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) i.V.m. § 3 Abs. 1 der Verordnung über die Versicherungsnummer, die Kontoführung und den Versicherungsverlauf in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht zu. Maßgebend ist - wie vom SG weiter im Einzelnen zutreffend dargelegt - nach § 33a Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 SGB I das Geburtsdatum, das sich aus der ersten Angabe des Berechtigten oder Verpflichteten oder seiner Angehörigen gegenüber einem Sozialleistungsträger oder, soweit es sich um eine Angabe im Rahmen des Dritten oder Sechsten Abschnitts des Vierten Buches handelt, gegenüber dem Arbeitgeber ergibt.

Nach Abs. 2 der Regelung darf von dem insoweit maßgeblichen Geburtsdatum nur abgewichen werden, wenn der zuständige Leistungsträger feststellt, dass ein Schreibfehler vorliegt (Nr.1) oder sich aus einer Urkunde, deren Original vor dem Zeitpunkt der Angabe nach Absatz 1 ausgestellt worden ist, ein anderes Geburtsdatum ergibt (Nr. 2).

Das SG hat mit zutreffender Begründung ausgeführt, dass diese Voraussetzungen vorliegend nicht erfüllt sind, weil das in der zugeteilten Versicherungsnummer enthaltene Geburtsdatum der Klägerin nicht auf Grund eines Schreibfehlers unrichtig ist und sich insbesondere auch nicht aus einer vor der erstmaligen Angabe des Geburtsdatums 1945 erstellten Urkunde ein anderes Geburtsdatum ergibt. Insoweit hat das SG zu Recht dargelegt, dass angesichts seines Ausstellungszeitpunkts (11.11.1955) zwar der von der Klägerin vorgelegte Auszug aus dem Familienstammbuch als geeignete Urkunde im Sinne des § 33 Abs. 2 Nr. 2 SGB I in Betracht kommt, dieser Urkunde nach den auch hier anzuwendenden allgemeinen Grundsätzen des Beweisrechts (Bezug auf BSG, Urteil vom 05.04.2001, B 13 RJ 35/00 R in SozR 3-1200 § 33a Nr. 4; Urteil vom 31.01.2002, B 13 RJ 9/01 R) im Hinblick auf das geltend gemachte Geburtsdatum jedoch kein ausreichender Beweiswert beizumessen ist, weil der Inhalt der darin dokumentierten Tatsachen (Geburt des Bruders der Klägerin am 1943, Geburt der Klägerin am 1944) offensichtlich fehlerhaft ist. Denn es ist biologisch ausgeschlossen, dass die Klägerin nur weniger als vier Monate nach der Geburt ihres Bruders geboren wurde. Der Senat sieht daher von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung gemäß § 153 Abs. 2 SGG aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.

Wie schon das SG geht auch der Senat davon aus, dass die Behauptung der Klägerin, in dem Familienstammbuch sei das Geburtsdatum ihres Bruders fehlerhaft dokumentiert worden, jeglicher Grundlage entbehrt. Denn über weitergehende diesbezügliche Erkenntnisse verfügt die Klägerin offenbar nicht. Sie hat weder geltend gemacht noch näher begründet, dass und aus welchen Gründen auch ihr Bruder selbst davon ausgeht, entgegen des dokumentierten Geburtsdatums 1943 tatsächlich am 1942 geboren zu sein. Auch ist ihr nicht bekannt - so ihre Angaben im Erörterungstermin vom 25.10.2012 -, welches konkrete Geburtsdatum im Ausweis ihres in Griechenland lebenden Bruders aufgenommen ist.

Da sich im Hinblick auf die dargelegte Unrichtigkeit schon nicht zur vollen Überzeugung des Gerichts feststellen lässt, dass das von der Klägerin geltend gemachte Geburtsdatum 08.02.1944 das Zutreffende ist, kann der Senat offen lassen, wie im Rahmen der Beweiswürdigung der Gesichtspunkt zu bewerten wäre, dass die Dokumentation der in Rede stehenden Geburten im Familienstammbuch nicht zeitnah zur Geburt der Klägerin, sondern erst im Jahr 1955, also mehr als zehn Jahre nach ihrer Geburt, erfolgt ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Für die Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung.
Rechtskraft
Aus
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