L 11 KR 1918/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 5 KR 4314/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 1918/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 26.03.2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die Beitragsfestsetzung für die Zeit vom 01.04.1995 bis 30.06.1999 und begehrt die Erstattung von Beiträgen. Außerdem macht er Ansprüche im Zusammenhang mit Heilmittelverordnungen geltend.

Der am 25.02.1947 geborene Kläger war vom 01.04.1995 bis 30.06.1999 bei der Beklagten kranken- und pflegeversichert. Er hatte beim Sozialgericht (SG) Karlsruhe (S 5 KR 2478/03) erfolgreich gegen die Beendigung seiner Mitgliedschaft zum 15.10.1997 geklagt.

Mit seiner am 06.05.2008 erhobenen Klage beim SG (S 5 KR 1993/08) hat er ua die Berichtigung der Beitragsfestsetzung für die Zeit vom 01.04.1995 bis 30.06.1999 und die Erstattung von Beiträgen in Höhe von 15.168,43 ? beantragt. Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 09.04.2010 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Klage sei in Bezug auf die Beitragsfestsetzung unzulässig, da die Beklagte bislang hierüber nicht entschieden habe. Gegen diesen Gerichtsbescheid hat der Kläger am 10.05.2010 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt (L 5 KR 2316/10).

Mit Bescheid vom 30.08.2010 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Überprüfung der Beitragsfestsetzung für die Zeit vom 01.04.1995 bis 30.06.1999 und die Erstattung von Beiträgen ab. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 12.01.2011 zurück. Hiergegen hat der Kläger am 28.01.2011 beim SG Klage erhoben (S 5 KR 421/11). Mit Einverständnis der Beteiligten ist das Klageverfahren mit Beschluss vom 24.03.2011 aufgrund des laufenden Berufungsverfahrens zum Ruhen gebracht worden.

Mit der am 11.05.2011 beim SG erhobenen Klage (S 5 KR 2058/11) hat sich der Kläger gegen die Ablehnung der Beklagten, ihm ein Funktionstraining zu gewähren, gewandt (Bescheid vom 30.11.2010, Widerspruchsbescheid vom 11.04.2011). Mit Urteil vom 01.08.2011 hat das SG auch diese Klage abgewiesen. Hiergegen hat der Kläger Berufung beim LSG eingelegt (L 5 KR 5136/11).

Am 19.10.2011 hat der Kläger das Verfahren S 5 KR 421/11 wieder angerufen. Das Verfahren ist sodann unter dem Aktenzeichen S 5 KR 4314/11 fortgesetzt worden. In seiner Klagebegründung vom 25.12.2011 hat der Kläger die Kostenübernahme für ein Funktionstraining sowie weitere damit im Zusammenhang stehende Leistungen beantragt.

Mit Urteil vom 14.03.2012 hat das LSG in der Sache L 5 KR 2316/10 entschieden. Es hat die Berufung gegen den Gerichtsbescheid vom 09.04.2010 zurückgewiesen und die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 30.08.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.01.2011 mit der Maßgabe abgewiesen, dass die Beklagte dem Kläger 14,53 DM zu erstatten hat. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers hat das Bundessozialgericht (BSG) als unzulässig verworfen (B 12 KR 36/12 B).

Ebenfalls am 14.03.2012 hat der Kläger seine Berufung in der Sache L 5 KR 5136/11 zurückgenommen.

Das SG hat den Kläger sodann in der Sache S 5 KR 4314/11 darauf hingewiesen, dass sich das Begehren in Bezug auf den Bescheid der Beklagten vom 30.08.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.01.2011 erledigt haben dürfte. Der Kläger hat daraufhin sein Begehren in Bezug auf Leistungen im Zusammenhang mit dem begehrten Funktionstraining aufrecht erhalten und beantragt, die Legitimation der Widerspruchsausschussmitglieder darzulegen, die erforderlichen Verordnungen ?inklusive Rheumaliga? zu genehmigen, die Kostenaufteilung festzustellen und das zugesagte Gutachten von Dr. Dr. B., Baden-Baden, anzufordern.

Mit Urteil vom 26.03.2012 (dem Kläger am 03.04.2012 zugestellt) hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die vom Kläger vorgenommene Klageänderung sei nicht zulässig. Die Beklagte habe in die Klageänderung nicht eingewilligt. Die Änderung der Klage sei auch nicht sachdienlich, da die neuen Anträge mit dem ursprünglichen Streitgegenstand nichts zu tun hätten. Die Voraussetzungen der geltend gemachten Ansprüche hätten im Verfahren bislang keine Rolle gespielt. Der Rechtsstreit sei dann nicht entscheidungsreif und müsste von vorne beginnen. Dies sei nicht prozessökonomisch.

Hiergegen hat der Kläger am 02.05.2012 beim SG, eingegangen beim LSG am 07.05.2012, Berufung eingelegt und zur Begründung vorgetragen, die Beklagte habe die Rückerstattung der unrichtig festgestellten Beiträge zu Unrecht mit Bescheid vom 30.08.2010 abgelehnt. Von einer Klageänderung könne keine Rede sein. Die Klage wegen der gesundheitlichen Schadenszufügung bzw des gesundheitlichen Ruins durch Verleumdungen durch die Beklagte habe nach wie vor Bestand. Das SG habe trotz Unvollständigkeit der Unterlagen entschieden, weshalb das Urteil nicht von Bestand sein könne. Die neurologisch-psychiatrische Bescheinigung von Dr. Dr. B. müsse Berücksichtigung finden.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 26.03.2012 aufzuheben und 1. den Bescheid der Beklagten vom 30.08.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.01.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Beitragsfestsetzung für die Zeit vom 01.04.1995 bis 30.06.1999 zu ändern und ihm Beiträge in Höhe von 15.168,43 ? zu erstatten, und 2. die Beklagte zu verurteilen, die Legitimation der Widerspruchsausschussmitglieder darzulegen und die erforderlichen Heilmittelverordnungen inklusive Rheumaliga zu genehmigen, 3. hilfsweise den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Sozialgericht Karlsruhe zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Im Erörterungstermin vom 19.10.2012 sowie mit weiterem Schreiben vom 15.11.2012 hat das LSG die Beteiligten darauf hingewiesen, dass beabsichtigt ist, die Berufung ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss zurückzuweisen, da der Senat die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halte. Die Beklagte hat sich mit dieser Vorgehensweise einverstanden erklärt. Der Kläger hat mit Schreiben vom 17.10.2012 nochmals inhaltlich zu seinem Begehren vorgetragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat kann gemäß § 153 Abs 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) über die Berufung ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss entscheiden, da die Berufsrichter des Senats die Berufung einstimmig für unbegründet erachten und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halten.

Die nach den §§ 143, 151 Abs 1, 144 Abs 1 Satz 2 SGG form- und fristgerecht eingelegte sowie statthafte Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet.

Gegenstand des Rechtsstreits ist allein der Bescheid vom 30.08.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.01.2011, mit dem die Beklagte den Antrag des Klägers, die Beitragsfestsetzung für die Zeit vom 01.04.1995 bis 30.06.1999 abzuändern und ihm Beiträge zu erstatten, abgelehnt hat. Dies ergibt sich aus der Klageschrift des Klägers vom 27.01.2011, eingegangen beim SG am 28.01.2011. Die im weiteren Verlauf des Verfahrens geltend gemachten Ansprüche in Bezug auf die Gewährung eines Funktionstrainings bzw erforderlicher Heilmittelverordnungen (?inklusive Rheumaliga?) sind nicht Gegenstand dieses Verfahrens geworden. Denn der Kläger hat insoweit keine zulässige Klageänderung bzw ?erweiterung vorgenommen. Eine Klageänderung ist gemäß § 99 SGG nur zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält. Die Beklagte hat weder ausdrücklich noch stillschweigend zum Ausdruck gebracht, dass sie der Klageänderung zustimmt. Sie hat sich insoweit insbesondere nicht zur Sache eingelassen. Die Erstreckung des vorliegenden Rechtsstreits auf die Gewährung von Heilmitteln ist auch nicht sachdienlich. Sachdienlichkeit liegt nicht vor, wenn sie ? wie vorliegend ? dazu führt, dass der Rechtsstreit auf eine völlig neue Grundlage gestellt wird, wenn also der Prozess entscheidungsreif ist und durch die Änderung bisherige Ergebnisse nicht verwertet werden können (Leitherer in Meyer-Ladewig, SGG, § 99 RdNr 10a). Die Frage der Beitragsfestsetzung und ?erstattung steht in keinerlei Zusammenhang zu den Voraussetzungen des begehrten Heilmittels. Das SG hat daher die Klageänderung bzw ?erweiterung zu Recht als unzulässig abgelehnt und im vorliegenden Verfahren insoweit keine Entscheidung in der Sache getroffen.

Der Sachdienlichkeit stand darüber hinaus entgegen, dass das im Schriftsatz des Klägers vom 25.12.2011 erstmals unter dem Aktenzeichen S 5 KR 4314/11 erhobene Begehren wegen entgegenstehender Rechtshängigkeit bzw Rechtskraft unzulässig war. Der Bescheid vom 30.11.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.04.2011, mit dem die Beklagte die Gewährung eines Funktionstrainings ablehnte, war damals bereits Gegenstand des Berufungsverfahrens beim LSG mit Aktenzeichen L 5 KR 5136/11. Die Berufung gegen das Urteil des SG vom 01.08.2011 hat der Kläger am 14.03.2012 zurückgenommen. Damit wurde das Urteil des SG rechtskräftig und somit für die Beteiligten bindend (§ 141 Abs 1 SGG). Über die Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 30.11.2010 hätte daher nicht nochmals entschieden werden können.

Damit verbleibt es bei dem Bescheid vom 30.08.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.01.2011 als alleiniger Streitgegenstand. Den hierauf bezogenen Antrag hat der Kläger im Verfahren beim SG zuletzt nicht aufrechterhalten (vgl Sitzungsniederschrift vom 26.03.2012), weshalb das SG zu Recht nicht in der Sache entschieden hat. Eine Sachentscheidung wäre aber auch bei Fortführung dieser Klage nicht möglich gewesen, da die Klage von Anfang an unzulässig war. Ihr Streitgegenstand ? die Beitragsfestsetzung für die Zeit vom 01.04.1995 bis 30.06.1999 sowie die Erstattung von Beiträgen ? war im Zeitpunkt der Klageerhebung bereits unter dem Aktenzeichen L 5 KR 2316/10 rechtshängig. Der Bescheid vom 30.08.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.01.2011 war Gegenstand des Berufungsverfahrens gegen den Gerichtsbescheid des SG vom 09.04.2010 geworden. Mit Urteil vom 14.03.2012 hat das LSG hierüber entschieden. Die Nichtzulassungsbeschwerde hat das BSG als unzulässig verworfen (B 12 KR 36/12 B). Damit ist rechtskräftig und für die Beteiligten bindend über die Rechtmäßigkeit des Bescheides 30.08.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.01.2011 entschieden worden (§ 141 Abs 1 SGG). Eine denselben Streitgegenstand betreffende Klage ist unzulässig.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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