Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 5 R 2503/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 2438/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 10. Mai 2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung anstelle von Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.
Der 1953 geborene Kläger hat von September 1968 bis August 1971 Koch gelernt und war zuletzt bis Februar 2007 als Küchenleiter in der Schweiz beschäftigt. Danach war er arbeitslos und arbeitsunfähig.
Am 26.2.2008 beantragte der Kläger auf Veranlassung der AOK H.-B. Leistungen zur medizinischen Rehabilitation. Vom 2.4. bis 23.4.2008 absolvierte er ein Heilverfahren in der Reha-Klinik H. Die dortigen Ärzte diagnostizierten im Entlassungsbericht vom 24.4.2008 beim Kläger Belastungseinschränkungen der Kniegelenke bei Retropatellararthrose beidseits sowie ein chronisches rezidivierendes Lendenwirbelsäulen-Syndrom (LWS-Syndrom) und gelangten zum Ergebnis, als Koch in einer Küche sei er nur noch unter drei Stunden täglich einsetzbar. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten überwiegend im Sitzen könne der Kläger noch sechs Stunden und mehr verrichten. Tätigkeiten, die mit schwerem Heben und Tragen von Lasten, häufigem Bücken, Knien, Hocken sowie Begehen von Treppen, Leitern und Gerüsten sowie von unebenem oder rutschgefährdetem Boden verbunden seien, seien nicht geeignet.
Mit Schreiben vom 10.6.2008 teilte die Beklagte dem Kläger mit, die Leistungen zur Teilhabe hätten nicht die erhoffte Besserung erbracht. Nach ihren Feststellungen liege beim Kläger teilweise Erwerbsminderung wegen Berufsunfähigkeit seit dem 26.4.2007 auf Dauer vor. Sie forderte den Kläger auf, einen formellen Rentenantrag zu stellen. Diesen Antrag stellte der Kläger am 30.6.2008.
Die Beklagte ließ den Kläger von der Ärztin für Allgemeinmedizin und Sozialmedizin Dr. S. gutachterlich untersuchen. Diese gelangte im Gutachten vom 4.9.2008 zum Ergebnis, beim Kläger lägen folgende Gesundheitsstörungen vor: Retropatellararthrose beidseits, links ausgeprägter als rechts, beginnende Coxarthrose beidseits sowie ekzematöse Hautveränderungen wechselnder Lokalisation ohne Beschwerden. Die körperlich schwere Tätigkeit des Kochs, die mit Heben und Tragen von schweren Lasten, mit überwiegendem Stehen und Gehen verbunden sei, sei aufgrund der degenerativen Veränderungen der Kniegelenke nicht mehr möglich. Körperlich leichte und mittelschwere Tätigkeiten überwiegend im Sitzen ohne Heben und Tragen von schweren Lasten über 10 kg, ohne Arbeiten in Kälte und Nässe, auf Leitern und Gerüsten sowie mit Gehen auf unebenem Boden könne der Kläger dagegen noch vollschichtig verrichten.
Mit Bescheid vom 10.2.2009 gewährte die Beklagte dem Kläger aufgrund seines Antrags vom 26.2.2008 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab 1.2.2008 i.H.v. 248,48 ?. Den Widerspruch, der nicht begründet wurde, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10.8.2009 zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 14.9.2009 Klage zum Sozialgericht (SG) Konstanz erhoben, mit der er die Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung begehrt. Zur Begründung hat er vorgetragen, entgegen der Auffassung der Beklagten sei sein Restleistungsvermögen auf weniger als drei Stunden täglich herabgesunken. Maßgeblich hierfür sei eine schwerwiegende depressive Erkrankung, die trotz therapeutischer und medikamentöser Behandlung noch stark ausgeprägt sei.
Das SG hat die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen gehört.
Der Arzt für innere Krankheiten Dr. K. hat unter dem 4.7.2010 ausgeführt, im Vordergrund stünden multiple Gelenksschmerzen insbesondere beider Knie, zuletzt vermehrt auch der Finger- und Handgelenke. Diese Beschwerden wirkten sich sehr nachteilig auf die Tätigkeit eines Kochs aus. Leichte Tätigkeiten seien dagegen vorstellbar. Das maßgebliche Leiden liege auf orthopädischem Gebiet. Dr. K. aus der Praxis für Diagnostische Radiologie, Strahlentherapie und Nuklearmedizin hat am 5.7.2010 erklärt, es seien drei diagnostische Untersuchungen durchgeführt worden. Die hier vorliegenden Befunde beschrieben Krankheitsbilder aus dem orthopädischem Gebiet. Die Fragen zur Leistungsfähigkeit könnten von ihrem Fachgebiet aus nicht beantwortet werden. Der Orthopäde Dr. K. hat am 6.7.2010 auf ein Schreiben vom 30.11.2009 verwiesen und mitgeteilt, dass er danach den Kläger nur noch einmal am 22.12.2009 gesehen habe. Damals habe keine klinische Untersuchung stattgefunden, sondern es sei eine Besprechung des rheumatologischen Befundes von Frau Dr. F. mit der Diagnose Fibromyalgie erfolgt. Als Koch könne der Kläger nicht mehr arbeiten; leichte körperliche Tätigkeiten (z.B. Pförtner, Telefondienst) könne er noch vollschichtig verrichten. Tätigkeiten, die die Wirbelsäule bzw. die Kniegelenke belasteten, dürften jedoch nicht gefordert werden. Die Nervenärztin und Ärztin für Psychotherapeutische Medizin Dr. H.-S. hat am 15.7.2010 ausgeführt, der Kläger befinde sich seit dem 25.8.2009 in ihrer regelmäßigen ambulanten psychiatrischen Behandlung. Diagnostisch handle es sich bei ihm um eine schwere chronifizierte Depression (ICD-10: F32.2). Trotz antidepressiver Medikation mit wechselnden Medikamenten, psychiatrischer Behandlung mit stützenden Gesprächen und verhaltenstherapeutisch orientierter Einzelpsychotherapie in der Psychotherapieambulanz der Universität Konstanz sei es zu keiner anhaltend stabilen Besserung gekommen. Aufgrund der chronifizierten depressiven Symptomatik mit ausgeprägtem Antriebsdefizit und schwerer Selbstwertproblematik sei der Kläger nicht arbeitsfähig. Der Diplom-Psychologe Dr. W. von der Psychotherapie-Ambulanz der Universität Konstanz hat mitgeteilt, der Kläger befinde sich seit dem 21.8.2009 in ambulanter psychotherapeutischer Behandlung der Psychotherapie-Ambulanz. Diagnostiziert worden sei eine mittelgradige depressive Episode (ICD-10: F32.1). Die psychischen bzw. psychiatrischen Störungen führten zu einer Verminderung der Arbeitsfähigkeit. Unabhängig von den körperlichen Beschwerden hielten sie eine leichte Tätigkeit von max. drei Stunden bis sechs Stunden für möglich. Ihres Erachtens seien für die Beurteilung der beruflichen Leistungsfähigkeit die Leiden auf orthopädischem Gebiet maßgeblich.
Der Arzt für Allgemeinmedizin und Sozialmedizin Dr. H. hat in der beratungsärztlichen Stellungnahme vom 20.10.2010 ausgeführt, bei Anlage üblicher sozialmedizinischer Kriterien sei das Restleistungsvermögen so zu beurteilen, wie dies von der Gutachterin Dr. S. getan worden sei. Das nachfolgend beschriebene und gewürdigte psychische Zustandsbild, eingeordnet in den Bereich einer leichten bis mittelgradige Depression, bedürfe der beschriebenen ambulanten Therapie; klinisch medizinische Reha-Maßnahmen seien sozialmedizinisch dagegen nicht vorzuschlagen. Leichte körperliche Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen könne der Kläger sechs Stunden täglich verrichten. Weiterer Sachaufklärungsbedarf bestehe nicht.
Mit Gerichtsbescheid vom 10.5.2011 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Voraussetzungen für eine Rentengewährung wegen voller Erwerbsminderung lägen nicht vor. Aus dem von der Beklagten eingeholten medizinischen Gutachten und den vom Gericht eingeholten Stellungnahmen der behandelnden Ärzte des Klägers ergäben sich keine konkreten Anhaltspunkte für eine quantitative Leistungseinschränkung für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes. Soweit über die orthopädischen Beschwerden hinaus im Rahmen des vorliegenden Klageverfahrens erstmals auch Einschränkungen auf nervenärztlichem Gebiet geltend gemacht worden seien, seien die diesbezüglichen Auskünfte von Dr. H.-S. und Dr. W.l letztlich nicht geeignet, das SG vom Vorliegen einer vollen Erwerbsminderung zu überzeugen. Dr. H.-S. erachte den Kläger zwar bezogen auf seine Tätigkeit als Koch für nicht mehr arbeitsfähig, die Frage hinsichtlich leichter Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes beantworte sie jedoch nicht ausdrücklich und Dr. W. halte leichte Tätigkeiten im Umfang von drei bis sechs Stunden (nicht unter sechs Stunden) für möglich. Auf die Entscheidungsgründe im Übrigen wird Bezug genommen.
Gegen den am 13.5.2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger Berufung eingelegt und vorgetragen, die Nervenärztin und Ärztin für Psychotherapeutische Medizin Dr. H.-S. habe in ihrer Zeugenaussage vom 15.7.2010 ausgeführt, dass er nicht mehr arbeitsfähig sei. Es sei davon auszugehen, dass sie ihn auch für leichte Tätigkeiten nicht mehr für arbeitsfähig gehalten habe. Es bestehe daher weiterer Aufklärungsbedarf, weswegen er die Einholung eines psychiatrischen-schmerzpsychologischen Gutachtens gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bei Professor Dr. B. beantrage.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 10. Mai 2011 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 10. Februar 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. August 2009 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf die Stellungnahme des Arztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Neumann vom 16.5.2012.
Professor Dr. B. hat im Gutachten vom 5.3.2012 auf seinem Fachgebiet ein chronifiziertes Schmerzsyndrom nach Gerbershagen Stadium 3 (opiatpflichtige Substanzen), sehr wahrscheinlich somatoforme Schmerzstörungskomponente, sowie eine depressive Episode, welche länger angehalten habe und aktuell die Kriterien einer leichten depressiven Störung erfülle, diagnostiziert. Die Depression, welche unter den aktuellen Bedingungen gut kompensiert sei, schränke den Kläger grundsätzlich ? vor allem in Verbindung mit den dämpfenden Schmerzmitteln bzw. Psychopharmaka ? bezüglich Antrieb, Daueraufmerksamkeit und Initiative ein. Leichte körperliche Arbeiten im Sitzen ohne Publikumsverkehr, ohne besondere geistige Anspannung, ohne Akkord und Nachtarbeit seien möglich. Weitere Einschränkungen ergäben sich von orthopädischer Seite. Ohne Gefährdung der Restgesundheit könne der Kläger drei bis unter sechs Stunden täglich arbeiten. Besondere Arbeitsbedingungen seien nicht erforderlich. Der Kläger sei auch in der Lage, sich auf die Anforderungen einzustellen, die mit der Aufnahme jeder neuen Tätigkeit verbunden seien, aber in begrenztem Ausmaß wegen der teilkompensierten Depression und der Nebenwirkungen der Schmerzmittel.
Dr. N. hat in der beratungsärztlichen Stellungnahme vom 16.5.2012 ausgeführt, Professor Dr. B. habe beim Kläger eine depressive Episode diagnostiziert, die die Kriterien einer leichten depressiven Störung erfülle. Leider bleibe er die Erklärung schuldig, warum der Kläger in der testpsychologischen Objektivierung mittels der Hamilton Depression Scale einen Punktwert erreiche, der gegen das Vorliegen einer Depression spreche. Der dokumentierte psychopathologische Befund lasse auch nicht zwingend den Schluss auf das Vorliegen eines depressiven Syndroms im Sinne des ICD-10 zu. Zumindest fänden sich für die Leistungsbeurteilung keine wesentlichen Einschränkungen, außer eines leichten Spontanimpulsdefizits und eines gedämpften Affekts mit mangelndem Antrieb. Der beschriebene Befund passe eher zum Krankheitsbild einer Dysthymia als zu einer eigenständigen depressiven Episode. Zum Gutachtenszeitpunkt selbst sprächen psychopathologische und testpsychologische Befunde eher gegen einen schweren Ausprägungsgrad und gegen eine sozialmedizinische Beeinträchtigung. Der sozialmedizinischen Bewertung des Befundes durch Professor Dr. B. in der er die Leistungsfähigkeit des Klägers mit drei bis unter sechs Stunden für realistisch halte, könne nicht gefolgt werden, da der Kläger ? wie der Gutachter selbst dokumentiere ? im Hinblick auf seine depressive Erkrankung unter den aktuellen Bedingungen gut kompensiert sei. Es mögen sich durch die zitierten dämpfenden Schmerzmittel qualitative Leistungseinschränkungen ergeben können, eine quantitative Leistungseinschränkung sei dadurch nicht zu begründen. Im psychopathologischen Befund beschreibe Professor Dr. B., dass der Kläger während der Untersuchung nicht übermäßig schmerzgeplagt erscheine. Er dokumentiere auch die freudvolle Erlebnisfähigkeit des Klägers, insbesondere in Bezug auf das sechsmonatige Kind und die bestehende Freizeitgestaltungsmöglichkeit in Form von aktivem Engagement im ehrenamtlichen Bereich für Archäologie ? Forschung im Bodenseeraum, was gegen eine depressive Erkrankung und ein Schmerzsyndrom mit nennenswerten Leistungseinschränkungen spreche. Auch die Angaben des Klägers zum Tagesablauf (Aufstehen gegen 8:30 Uhr, frühstücken, kümmern um die Wohnung, einkaufen gehen, erledigen diverser Arbeiten im Garten, soweit es gehe, Mittagessen kochen, Mittagsschlaf ca. eine Stunde, nachmittags Erledigung anfallender Tätigkeiten, abends gemeinsames Essen mit der Ehefrau, Fernsehen, Gespräche mit der Frau, zu Bett gehen gegen 22:30 Uhr bis 23:30 Uhr) sowie zu seinen Zielen (Beschäftigung mit dem halbjährigen Sohn, Ausbau seiner ehrenamtlichen Tätigkeit in seinem Hobby Archäologie am Bodensee, Kümmern um seine Häuser) zeichneten eher das Bild einer guten Leistungsfähigkeit, und nicht einer quantitativen Leistungseinschränkung.
Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.
Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung hat.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier vom Kläger beanspruchte Rente wegen voller Erwerbsminderung ? § 43 Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) ? genannt. Hierauf wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.
Der Senat vermochte sich auch unter Berücksichtigung des gemäß § 109 SGG bei Professor Dr. B. eingeholten Gutachtens vom 5.3.2012 nicht davon zu überzeugen, dass das Leistungsvermögen des Klägers auch für leichte überwiegend sitzende Tätigkeiten auf unter sechs Stunden täglich herabgesunken ist, was wegen der Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarktes zu einer Rentengewährung wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit führen würde (BSG, Urteil vom 27.2.2003, B 13 RJ 215/02 B, m.w.N.).
So hat Professor Dr. B. selbst beim Kläger lediglich eine leichte depressive Störung diagnostiziert, wobei nach der Hamilton Depression Scale (Fremdbeurteilungsverfahren zur Einschätzung des Schweregrades einer Depression) überhaupt keine Depressivität feststellbar war. Im psychopathologischen Befund beschreibt er den Kläger als wach, bewusstseinsklar, voll orientiert, ohne gravierende Konzentrationsmängel oder Störungen der Aufmerksamkeitsspanne. Der Kläger war im Rapport gut strukturiert, wies keine inhaltlichen Denkstörungen, Halluzinationen, Paranoia, Hinweise für Wahn oder Zwänge auf. Der Antrieb war nur mäßig gemindert, und der Kläger erschien während der Untersuchung nicht übermäßig schmerzgeplagt. Hinweise für Lebensüberdrussgedanken oder Suizidalität bestanden nicht, freudige Erlebnisweisen, insbesondere auf sein (damals) sechsmonatiges Kind, waren möglich. Der Kläger war auch in der Lage, seine Freizeit zu gestalten, indem er sich ehrenamtlich der Archäologie-Forschung im Bodenseeraum widmet. Ferner konnte sich der Kläger um seine Häuser bzw. Vermietungsobjekte kümmern.
Der Tagesablauf des Klägers lässt ebenfalls keine so gravierenden Einschränkungen erkennen, dass ihm leichte, überwiegend sitzende Tätigkeiten nicht mehr sechs Stunden täglich zumutbar wären. So steht der Kläger in der Regel morgens gegen 8:30 Uhr auf, frühstückt, kümmert sich um die Wohnung, geht einkaufen, erledigt dann verschiedene Arbeiten im Garten, soweit es ihm möglich ist. Bei Gartenarbeiten, die er nicht selbst bewältigen kann, lässt er sich von Jugendlichen aus dem Dorf helfen. Er kocht sich das Mittagessen und erledigt nach einer Stunde Mittagsschlaf anfallende Arbeiten. Abends isst er gemeinsam mit seiner Frau, sofern diese zuhause ist, unterhält sich mit ihr und geht zwischen 22:30 Uhr und 23:30 Uhr zu Bett.
Angesichts des oben beschriebenen psychopathologischen Befundes, der Tagesstruktur und der Aktivitäten des Klägers überzeugen den Senat die Ausführungen des Psychiaters Dr. Neumann, dass sich aus dem Gutachten von Professor Dr. B. keine wesentlichen neuen Aspekte für die sozialmedizinische Beurteilung ergeben. Die möglicherweise zuvor leichtgradig ausgeprägte depressive Episode hat sich im psychopathologischen Befund und im objektivierten Testbefund praktisch wieder normalisiert. Auch in Zusammenschau mit der geklagten Schmerzsymptomatik ergeben sich in der sozialmedizinischen Bewertung des Alltagslebens des Klägers (Tagesablauf, Hobbys) keine quantitativen Leistungseinschränkungen.
Nach alledem ist der angefochtene Gerichtsbescheid des SG nicht zu beanstanden. Die Berufung des Klägers musste deswegen zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung anstelle von Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.
Der 1953 geborene Kläger hat von September 1968 bis August 1971 Koch gelernt und war zuletzt bis Februar 2007 als Küchenleiter in der Schweiz beschäftigt. Danach war er arbeitslos und arbeitsunfähig.
Am 26.2.2008 beantragte der Kläger auf Veranlassung der AOK H.-B. Leistungen zur medizinischen Rehabilitation. Vom 2.4. bis 23.4.2008 absolvierte er ein Heilverfahren in der Reha-Klinik H. Die dortigen Ärzte diagnostizierten im Entlassungsbericht vom 24.4.2008 beim Kläger Belastungseinschränkungen der Kniegelenke bei Retropatellararthrose beidseits sowie ein chronisches rezidivierendes Lendenwirbelsäulen-Syndrom (LWS-Syndrom) und gelangten zum Ergebnis, als Koch in einer Küche sei er nur noch unter drei Stunden täglich einsetzbar. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten überwiegend im Sitzen könne der Kläger noch sechs Stunden und mehr verrichten. Tätigkeiten, die mit schwerem Heben und Tragen von Lasten, häufigem Bücken, Knien, Hocken sowie Begehen von Treppen, Leitern und Gerüsten sowie von unebenem oder rutschgefährdetem Boden verbunden seien, seien nicht geeignet.
Mit Schreiben vom 10.6.2008 teilte die Beklagte dem Kläger mit, die Leistungen zur Teilhabe hätten nicht die erhoffte Besserung erbracht. Nach ihren Feststellungen liege beim Kläger teilweise Erwerbsminderung wegen Berufsunfähigkeit seit dem 26.4.2007 auf Dauer vor. Sie forderte den Kläger auf, einen formellen Rentenantrag zu stellen. Diesen Antrag stellte der Kläger am 30.6.2008.
Die Beklagte ließ den Kläger von der Ärztin für Allgemeinmedizin und Sozialmedizin Dr. S. gutachterlich untersuchen. Diese gelangte im Gutachten vom 4.9.2008 zum Ergebnis, beim Kläger lägen folgende Gesundheitsstörungen vor: Retropatellararthrose beidseits, links ausgeprägter als rechts, beginnende Coxarthrose beidseits sowie ekzematöse Hautveränderungen wechselnder Lokalisation ohne Beschwerden. Die körperlich schwere Tätigkeit des Kochs, die mit Heben und Tragen von schweren Lasten, mit überwiegendem Stehen und Gehen verbunden sei, sei aufgrund der degenerativen Veränderungen der Kniegelenke nicht mehr möglich. Körperlich leichte und mittelschwere Tätigkeiten überwiegend im Sitzen ohne Heben und Tragen von schweren Lasten über 10 kg, ohne Arbeiten in Kälte und Nässe, auf Leitern und Gerüsten sowie mit Gehen auf unebenem Boden könne der Kläger dagegen noch vollschichtig verrichten.
Mit Bescheid vom 10.2.2009 gewährte die Beklagte dem Kläger aufgrund seines Antrags vom 26.2.2008 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab 1.2.2008 i.H.v. 248,48 ?. Den Widerspruch, der nicht begründet wurde, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10.8.2009 zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 14.9.2009 Klage zum Sozialgericht (SG) Konstanz erhoben, mit der er die Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung begehrt. Zur Begründung hat er vorgetragen, entgegen der Auffassung der Beklagten sei sein Restleistungsvermögen auf weniger als drei Stunden täglich herabgesunken. Maßgeblich hierfür sei eine schwerwiegende depressive Erkrankung, die trotz therapeutischer und medikamentöser Behandlung noch stark ausgeprägt sei.
Das SG hat die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen gehört.
Der Arzt für innere Krankheiten Dr. K. hat unter dem 4.7.2010 ausgeführt, im Vordergrund stünden multiple Gelenksschmerzen insbesondere beider Knie, zuletzt vermehrt auch der Finger- und Handgelenke. Diese Beschwerden wirkten sich sehr nachteilig auf die Tätigkeit eines Kochs aus. Leichte Tätigkeiten seien dagegen vorstellbar. Das maßgebliche Leiden liege auf orthopädischem Gebiet. Dr. K. aus der Praxis für Diagnostische Radiologie, Strahlentherapie und Nuklearmedizin hat am 5.7.2010 erklärt, es seien drei diagnostische Untersuchungen durchgeführt worden. Die hier vorliegenden Befunde beschrieben Krankheitsbilder aus dem orthopädischem Gebiet. Die Fragen zur Leistungsfähigkeit könnten von ihrem Fachgebiet aus nicht beantwortet werden. Der Orthopäde Dr. K. hat am 6.7.2010 auf ein Schreiben vom 30.11.2009 verwiesen und mitgeteilt, dass er danach den Kläger nur noch einmal am 22.12.2009 gesehen habe. Damals habe keine klinische Untersuchung stattgefunden, sondern es sei eine Besprechung des rheumatologischen Befundes von Frau Dr. F. mit der Diagnose Fibromyalgie erfolgt. Als Koch könne der Kläger nicht mehr arbeiten; leichte körperliche Tätigkeiten (z.B. Pförtner, Telefondienst) könne er noch vollschichtig verrichten. Tätigkeiten, die die Wirbelsäule bzw. die Kniegelenke belasteten, dürften jedoch nicht gefordert werden. Die Nervenärztin und Ärztin für Psychotherapeutische Medizin Dr. H.-S. hat am 15.7.2010 ausgeführt, der Kläger befinde sich seit dem 25.8.2009 in ihrer regelmäßigen ambulanten psychiatrischen Behandlung. Diagnostisch handle es sich bei ihm um eine schwere chronifizierte Depression (ICD-10: F32.2). Trotz antidepressiver Medikation mit wechselnden Medikamenten, psychiatrischer Behandlung mit stützenden Gesprächen und verhaltenstherapeutisch orientierter Einzelpsychotherapie in der Psychotherapieambulanz der Universität Konstanz sei es zu keiner anhaltend stabilen Besserung gekommen. Aufgrund der chronifizierten depressiven Symptomatik mit ausgeprägtem Antriebsdefizit und schwerer Selbstwertproblematik sei der Kläger nicht arbeitsfähig. Der Diplom-Psychologe Dr. W. von der Psychotherapie-Ambulanz der Universität Konstanz hat mitgeteilt, der Kläger befinde sich seit dem 21.8.2009 in ambulanter psychotherapeutischer Behandlung der Psychotherapie-Ambulanz. Diagnostiziert worden sei eine mittelgradige depressive Episode (ICD-10: F32.1). Die psychischen bzw. psychiatrischen Störungen führten zu einer Verminderung der Arbeitsfähigkeit. Unabhängig von den körperlichen Beschwerden hielten sie eine leichte Tätigkeit von max. drei Stunden bis sechs Stunden für möglich. Ihres Erachtens seien für die Beurteilung der beruflichen Leistungsfähigkeit die Leiden auf orthopädischem Gebiet maßgeblich.
Der Arzt für Allgemeinmedizin und Sozialmedizin Dr. H. hat in der beratungsärztlichen Stellungnahme vom 20.10.2010 ausgeführt, bei Anlage üblicher sozialmedizinischer Kriterien sei das Restleistungsvermögen so zu beurteilen, wie dies von der Gutachterin Dr. S. getan worden sei. Das nachfolgend beschriebene und gewürdigte psychische Zustandsbild, eingeordnet in den Bereich einer leichten bis mittelgradige Depression, bedürfe der beschriebenen ambulanten Therapie; klinisch medizinische Reha-Maßnahmen seien sozialmedizinisch dagegen nicht vorzuschlagen. Leichte körperliche Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen könne der Kläger sechs Stunden täglich verrichten. Weiterer Sachaufklärungsbedarf bestehe nicht.
Mit Gerichtsbescheid vom 10.5.2011 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Voraussetzungen für eine Rentengewährung wegen voller Erwerbsminderung lägen nicht vor. Aus dem von der Beklagten eingeholten medizinischen Gutachten und den vom Gericht eingeholten Stellungnahmen der behandelnden Ärzte des Klägers ergäben sich keine konkreten Anhaltspunkte für eine quantitative Leistungseinschränkung für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes. Soweit über die orthopädischen Beschwerden hinaus im Rahmen des vorliegenden Klageverfahrens erstmals auch Einschränkungen auf nervenärztlichem Gebiet geltend gemacht worden seien, seien die diesbezüglichen Auskünfte von Dr. H.-S. und Dr. W.l letztlich nicht geeignet, das SG vom Vorliegen einer vollen Erwerbsminderung zu überzeugen. Dr. H.-S. erachte den Kläger zwar bezogen auf seine Tätigkeit als Koch für nicht mehr arbeitsfähig, die Frage hinsichtlich leichter Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes beantworte sie jedoch nicht ausdrücklich und Dr. W. halte leichte Tätigkeiten im Umfang von drei bis sechs Stunden (nicht unter sechs Stunden) für möglich. Auf die Entscheidungsgründe im Übrigen wird Bezug genommen.
Gegen den am 13.5.2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger Berufung eingelegt und vorgetragen, die Nervenärztin und Ärztin für Psychotherapeutische Medizin Dr. H.-S. habe in ihrer Zeugenaussage vom 15.7.2010 ausgeführt, dass er nicht mehr arbeitsfähig sei. Es sei davon auszugehen, dass sie ihn auch für leichte Tätigkeiten nicht mehr für arbeitsfähig gehalten habe. Es bestehe daher weiterer Aufklärungsbedarf, weswegen er die Einholung eines psychiatrischen-schmerzpsychologischen Gutachtens gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bei Professor Dr. B. beantrage.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 10. Mai 2011 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 10. Februar 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. August 2009 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf die Stellungnahme des Arztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Neumann vom 16.5.2012.
Professor Dr. B. hat im Gutachten vom 5.3.2012 auf seinem Fachgebiet ein chronifiziertes Schmerzsyndrom nach Gerbershagen Stadium 3 (opiatpflichtige Substanzen), sehr wahrscheinlich somatoforme Schmerzstörungskomponente, sowie eine depressive Episode, welche länger angehalten habe und aktuell die Kriterien einer leichten depressiven Störung erfülle, diagnostiziert. Die Depression, welche unter den aktuellen Bedingungen gut kompensiert sei, schränke den Kläger grundsätzlich ? vor allem in Verbindung mit den dämpfenden Schmerzmitteln bzw. Psychopharmaka ? bezüglich Antrieb, Daueraufmerksamkeit und Initiative ein. Leichte körperliche Arbeiten im Sitzen ohne Publikumsverkehr, ohne besondere geistige Anspannung, ohne Akkord und Nachtarbeit seien möglich. Weitere Einschränkungen ergäben sich von orthopädischer Seite. Ohne Gefährdung der Restgesundheit könne der Kläger drei bis unter sechs Stunden täglich arbeiten. Besondere Arbeitsbedingungen seien nicht erforderlich. Der Kläger sei auch in der Lage, sich auf die Anforderungen einzustellen, die mit der Aufnahme jeder neuen Tätigkeit verbunden seien, aber in begrenztem Ausmaß wegen der teilkompensierten Depression und der Nebenwirkungen der Schmerzmittel.
Dr. N. hat in der beratungsärztlichen Stellungnahme vom 16.5.2012 ausgeführt, Professor Dr. B. habe beim Kläger eine depressive Episode diagnostiziert, die die Kriterien einer leichten depressiven Störung erfülle. Leider bleibe er die Erklärung schuldig, warum der Kläger in der testpsychologischen Objektivierung mittels der Hamilton Depression Scale einen Punktwert erreiche, der gegen das Vorliegen einer Depression spreche. Der dokumentierte psychopathologische Befund lasse auch nicht zwingend den Schluss auf das Vorliegen eines depressiven Syndroms im Sinne des ICD-10 zu. Zumindest fänden sich für die Leistungsbeurteilung keine wesentlichen Einschränkungen, außer eines leichten Spontanimpulsdefizits und eines gedämpften Affekts mit mangelndem Antrieb. Der beschriebene Befund passe eher zum Krankheitsbild einer Dysthymia als zu einer eigenständigen depressiven Episode. Zum Gutachtenszeitpunkt selbst sprächen psychopathologische und testpsychologische Befunde eher gegen einen schweren Ausprägungsgrad und gegen eine sozialmedizinische Beeinträchtigung. Der sozialmedizinischen Bewertung des Befundes durch Professor Dr. B. in der er die Leistungsfähigkeit des Klägers mit drei bis unter sechs Stunden für realistisch halte, könne nicht gefolgt werden, da der Kläger ? wie der Gutachter selbst dokumentiere ? im Hinblick auf seine depressive Erkrankung unter den aktuellen Bedingungen gut kompensiert sei. Es mögen sich durch die zitierten dämpfenden Schmerzmittel qualitative Leistungseinschränkungen ergeben können, eine quantitative Leistungseinschränkung sei dadurch nicht zu begründen. Im psychopathologischen Befund beschreibe Professor Dr. B., dass der Kläger während der Untersuchung nicht übermäßig schmerzgeplagt erscheine. Er dokumentiere auch die freudvolle Erlebnisfähigkeit des Klägers, insbesondere in Bezug auf das sechsmonatige Kind und die bestehende Freizeitgestaltungsmöglichkeit in Form von aktivem Engagement im ehrenamtlichen Bereich für Archäologie ? Forschung im Bodenseeraum, was gegen eine depressive Erkrankung und ein Schmerzsyndrom mit nennenswerten Leistungseinschränkungen spreche. Auch die Angaben des Klägers zum Tagesablauf (Aufstehen gegen 8:30 Uhr, frühstücken, kümmern um die Wohnung, einkaufen gehen, erledigen diverser Arbeiten im Garten, soweit es gehe, Mittagessen kochen, Mittagsschlaf ca. eine Stunde, nachmittags Erledigung anfallender Tätigkeiten, abends gemeinsames Essen mit der Ehefrau, Fernsehen, Gespräche mit der Frau, zu Bett gehen gegen 22:30 Uhr bis 23:30 Uhr) sowie zu seinen Zielen (Beschäftigung mit dem halbjährigen Sohn, Ausbau seiner ehrenamtlichen Tätigkeit in seinem Hobby Archäologie am Bodensee, Kümmern um seine Häuser) zeichneten eher das Bild einer guten Leistungsfähigkeit, und nicht einer quantitativen Leistungseinschränkung.
Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.
Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung hat.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier vom Kläger beanspruchte Rente wegen voller Erwerbsminderung ? § 43 Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) ? genannt. Hierauf wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.
Der Senat vermochte sich auch unter Berücksichtigung des gemäß § 109 SGG bei Professor Dr. B. eingeholten Gutachtens vom 5.3.2012 nicht davon zu überzeugen, dass das Leistungsvermögen des Klägers auch für leichte überwiegend sitzende Tätigkeiten auf unter sechs Stunden täglich herabgesunken ist, was wegen der Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarktes zu einer Rentengewährung wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit führen würde (BSG, Urteil vom 27.2.2003, B 13 RJ 215/02 B, m.w.N.).
So hat Professor Dr. B. selbst beim Kläger lediglich eine leichte depressive Störung diagnostiziert, wobei nach der Hamilton Depression Scale (Fremdbeurteilungsverfahren zur Einschätzung des Schweregrades einer Depression) überhaupt keine Depressivität feststellbar war. Im psychopathologischen Befund beschreibt er den Kläger als wach, bewusstseinsklar, voll orientiert, ohne gravierende Konzentrationsmängel oder Störungen der Aufmerksamkeitsspanne. Der Kläger war im Rapport gut strukturiert, wies keine inhaltlichen Denkstörungen, Halluzinationen, Paranoia, Hinweise für Wahn oder Zwänge auf. Der Antrieb war nur mäßig gemindert, und der Kläger erschien während der Untersuchung nicht übermäßig schmerzgeplagt. Hinweise für Lebensüberdrussgedanken oder Suizidalität bestanden nicht, freudige Erlebnisweisen, insbesondere auf sein (damals) sechsmonatiges Kind, waren möglich. Der Kläger war auch in der Lage, seine Freizeit zu gestalten, indem er sich ehrenamtlich der Archäologie-Forschung im Bodenseeraum widmet. Ferner konnte sich der Kläger um seine Häuser bzw. Vermietungsobjekte kümmern.
Der Tagesablauf des Klägers lässt ebenfalls keine so gravierenden Einschränkungen erkennen, dass ihm leichte, überwiegend sitzende Tätigkeiten nicht mehr sechs Stunden täglich zumutbar wären. So steht der Kläger in der Regel morgens gegen 8:30 Uhr auf, frühstückt, kümmert sich um die Wohnung, geht einkaufen, erledigt dann verschiedene Arbeiten im Garten, soweit es ihm möglich ist. Bei Gartenarbeiten, die er nicht selbst bewältigen kann, lässt er sich von Jugendlichen aus dem Dorf helfen. Er kocht sich das Mittagessen und erledigt nach einer Stunde Mittagsschlaf anfallende Arbeiten. Abends isst er gemeinsam mit seiner Frau, sofern diese zuhause ist, unterhält sich mit ihr und geht zwischen 22:30 Uhr und 23:30 Uhr zu Bett.
Angesichts des oben beschriebenen psychopathologischen Befundes, der Tagesstruktur und der Aktivitäten des Klägers überzeugen den Senat die Ausführungen des Psychiaters Dr. Neumann, dass sich aus dem Gutachten von Professor Dr. B. keine wesentlichen neuen Aspekte für die sozialmedizinische Beurteilung ergeben. Die möglicherweise zuvor leichtgradig ausgeprägte depressive Episode hat sich im psychopathologischen Befund und im objektivierten Testbefund praktisch wieder normalisiert. Auch in Zusammenschau mit der geklagten Schmerzsymptomatik ergeben sich in der sozialmedizinischen Bewertung des Alltagslebens des Klägers (Tagesablauf, Hobbys) keine quantitativen Leistungseinschränkungen.
Nach alledem ist der angefochtene Gerichtsbescheid des SG nicht zu beanstanden. Die Berufung des Klägers musste deswegen zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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