Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 2 SB 2659/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 2978/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts Ulm vom 26. Juni 2012 aufgehoben. Die Kosten des auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz eingeholten Gutachtens von Dr. W. vom 03. Juni 2011 sowie die hierdurch entstandenen baren Auslagen des Klägers werden auf die Staatskasse übernommen.
Die Staatskasse trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers im Beschwerdeverfahren.
Gründe:
Die Beschwerde ist zulässig und auch begründet. Der angefochtene Beschluss vom 26.06.2012, mit dem es das Sozialgericht Ulm (SG) abgelehnt hat, die Kosten des auf Antrag des Klägers eingeholten orthopädischen Gutachtens von Dr. W. vom 03.06.2011 auf die Staatskasse zu übernehmen, entspricht nicht der nach Abschluss des Rechtsstreits bestehenden Sach- und Rechtslage. Der Senat hält es für ermessensgerecht, die Kosten dieses Gutachtens auf die Staatskasse zu übernehmen.
Gemäß § 109 Abs. Satz 2 SGG kann die von einem Versicherten oder Versorgungsberechtigten beantragte gutachtliche Anhörung eines bestimmten Arztes davon abhängig gemacht werden, dass der Kläger die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt. Angesichts dieser gesetzlichen Regelung steht es im Ermessen des Gerichts, ob und in welchem Umfang es die Kosten dem Kläger endgültig auferlegt. Ein vom Sozialgericht ausgeübtes Ermessen ist im Rahmen des Beschwerdeverfahrens durch den Senat uneingeschränkt nachprüfbar, da die Befugnis zur Ausübung des Ermessens in der Sache durch das Rechtsmittel der Beschwerde in vollem Umfang auf das Beschwerdegericht übergegangen ist.
Nach der Rechtsprechung des Senats können die Kosten eines nach § 109 SGG eingeholten Gutachtens dann auf die Staatskasse übernommen werden, wenn dieses Gutachten für die gerichtliche Entscheidung oder die Erledigung des Rechtsstreits (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Beschlüsse vom 19.05.2011 - L 8 SB 2294/10, vom 07.03.2011 - L 8 U 1148/10, vom 01.09.2010 - L 8 SB 6039/08 -; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG 9. Aufl., § 109 Rdnr. 16a) von wesentlicher Bedeutung war bzw. zusätzliche, für die Sachaufklärung bedeutsame Gesichtspunkte erbracht, diese also objektiv gefördert hat. Dabei kann nicht in jedem neuen Gesichtspunkt ein Beitrag zur Sachaufklärung gesehen werden. Es muss sich vielmehr, gemessen an dem Prozessziel des Klägers, um einen wesentlichen Beitrag gehandelt haben. Dies bedeutet aber weder, dass nur Gutachten, welche ein für den Kläger günstiges Ergebnis haben, hierunter fallen können, noch, dass für den Kläger günstige Gutachten stets von der Staatskasse zu bezahlen sind. Durch die Anbindung an das Prozessziel des Klägers wird lediglich verdeutlicht, dass es nicht genügt, wenn eine für die Entscheidung unmaßgebliche Abklärung eines medizinischen Sachverhalts durch das Gutachten nach § 109 SGG vorangetrieben worden ist.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist es sachgerecht, die Kosten des Gutachtens von Dr. W. auf die Staatskasse zu übernehmen, denn es hat wesentlich zur Erledigung des Rechtsstreits beigetragen.
Im Berufungsverfahren hat sich der Beklagte aufgrund des orthopädischen Gutachtens des Dr. W. vom 03.06.2011 nach versorgungsärztlicher Auswertung (Stellungnahme von Dr. R. vom 02.05.2012) bereit erklärt, für die Funktionseinschränkungen der gesamten Wirbelsäule (Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule) einschließlich muskulärer Verspannungen den Teil-GdB von 20 zugrundezulegen, da dies aufgrund der von Dr. W. erhobenen Befunde gerechtfertigt sei. Dementsprechend erhöhte sich der bislang vom Beklagten festgestellte Gesamt-GdB von 30 auf 40 ab 01.05.2011 (Untersuchung des Klägers durch Dr. W. vom 19.05.2011). Dieser Umstand war auch Grundlage für den gerichtlichen Vergleich vom 15.05.2012, mit dem sich der Beklagte verpflichtete, beim Kläger ab 01.05.2011 wegen der o.a. Befunde des Dr. W. den Gesamt-GdB auf 40 zu erhöhen und den Gesamt-GdB wegen einer weiteren Behinderung (depressive Erkrankung) von 50 ab 20.09.2011 anzuerkennen. Bei dieser Sachlage ist davon auszugehen, dass das Gutachten von Dr. W. wesentlich dazu beigetragen hat, dass der Gesamt-GdB von 30 ab dem Untersuchungszeitpunkt durch Dr. W. mit 40 festgestellt worden ist. Damit hat das Gutachten des Dr. W. das Prozessziel des Klägers wesentlich gefördert. Dieser Bewertung steht nicht entgegen, dass Dr. W. selbst den Gesamt-GdB nur mit 30 - wie von dem Beklagten angenommen - bestätigt hat, da diese Einschätzung für die Entscheidung des Rechtsstreits und damit für den gerichtlichen Vergleich vom 15.05.2012, mit dem der Rechtsstreit beendet worden ist, nicht von entscheidender Bedeutung gewesen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG (ebenso Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 176 RdNr. 5a m.w.N.). Im Verfahren zur nachträglichen Kostenübernahme eines nach § 109 SGG eingeholten Gutachtens ist der Beklagte des Hauptsacheverfahrens nicht beteiligt. Im mit nur einem Verfahrensbeteiligten ausgestalteten Rechtsbehelfsverfahren - vergleichbar mit Rechtsbehelfsverfahren gegen ein Ordnungsmittel - entspricht bei erfolgreicher Beschwerde die ausgesprochene Kostenfolge billigem Ermessen (ständige Senatsrechtsprechung, vgl. zuletzt Beschluss vom 25.08.2009 - L 8 SB 2542/08 - unveröffentlicht; ebenso der 13. Senat, Beschluss vom 06.05.2009 - L 13 R 339/09 KO-B -, veröffentlicht in www.sozialgerichtsbarkeit.de und juris).
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Die Staatskasse trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers im Beschwerdeverfahren.
Gründe:
Die Beschwerde ist zulässig und auch begründet. Der angefochtene Beschluss vom 26.06.2012, mit dem es das Sozialgericht Ulm (SG) abgelehnt hat, die Kosten des auf Antrag des Klägers eingeholten orthopädischen Gutachtens von Dr. W. vom 03.06.2011 auf die Staatskasse zu übernehmen, entspricht nicht der nach Abschluss des Rechtsstreits bestehenden Sach- und Rechtslage. Der Senat hält es für ermessensgerecht, die Kosten dieses Gutachtens auf die Staatskasse zu übernehmen.
Gemäß § 109 Abs. Satz 2 SGG kann die von einem Versicherten oder Versorgungsberechtigten beantragte gutachtliche Anhörung eines bestimmten Arztes davon abhängig gemacht werden, dass der Kläger die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt. Angesichts dieser gesetzlichen Regelung steht es im Ermessen des Gerichts, ob und in welchem Umfang es die Kosten dem Kläger endgültig auferlegt. Ein vom Sozialgericht ausgeübtes Ermessen ist im Rahmen des Beschwerdeverfahrens durch den Senat uneingeschränkt nachprüfbar, da die Befugnis zur Ausübung des Ermessens in der Sache durch das Rechtsmittel der Beschwerde in vollem Umfang auf das Beschwerdegericht übergegangen ist.
Nach der Rechtsprechung des Senats können die Kosten eines nach § 109 SGG eingeholten Gutachtens dann auf die Staatskasse übernommen werden, wenn dieses Gutachten für die gerichtliche Entscheidung oder die Erledigung des Rechtsstreits (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Beschlüsse vom 19.05.2011 - L 8 SB 2294/10, vom 07.03.2011 - L 8 U 1148/10, vom 01.09.2010 - L 8 SB 6039/08 -; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG 9. Aufl., § 109 Rdnr. 16a) von wesentlicher Bedeutung war bzw. zusätzliche, für die Sachaufklärung bedeutsame Gesichtspunkte erbracht, diese also objektiv gefördert hat. Dabei kann nicht in jedem neuen Gesichtspunkt ein Beitrag zur Sachaufklärung gesehen werden. Es muss sich vielmehr, gemessen an dem Prozessziel des Klägers, um einen wesentlichen Beitrag gehandelt haben. Dies bedeutet aber weder, dass nur Gutachten, welche ein für den Kläger günstiges Ergebnis haben, hierunter fallen können, noch, dass für den Kläger günstige Gutachten stets von der Staatskasse zu bezahlen sind. Durch die Anbindung an das Prozessziel des Klägers wird lediglich verdeutlicht, dass es nicht genügt, wenn eine für die Entscheidung unmaßgebliche Abklärung eines medizinischen Sachverhalts durch das Gutachten nach § 109 SGG vorangetrieben worden ist.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist es sachgerecht, die Kosten des Gutachtens von Dr. W. auf die Staatskasse zu übernehmen, denn es hat wesentlich zur Erledigung des Rechtsstreits beigetragen.
Im Berufungsverfahren hat sich der Beklagte aufgrund des orthopädischen Gutachtens des Dr. W. vom 03.06.2011 nach versorgungsärztlicher Auswertung (Stellungnahme von Dr. R. vom 02.05.2012) bereit erklärt, für die Funktionseinschränkungen der gesamten Wirbelsäule (Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule) einschließlich muskulärer Verspannungen den Teil-GdB von 20 zugrundezulegen, da dies aufgrund der von Dr. W. erhobenen Befunde gerechtfertigt sei. Dementsprechend erhöhte sich der bislang vom Beklagten festgestellte Gesamt-GdB von 30 auf 40 ab 01.05.2011 (Untersuchung des Klägers durch Dr. W. vom 19.05.2011). Dieser Umstand war auch Grundlage für den gerichtlichen Vergleich vom 15.05.2012, mit dem sich der Beklagte verpflichtete, beim Kläger ab 01.05.2011 wegen der o.a. Befunde des Dr. W. den Gesamt-GdB auf 40 zu erhöhen und den Gesamt-GdB wegen einer weiteren Behinderung (depressive Erkrankung) von 50 ab 20.09.2011 anzuerkennen. Bei dieser Sachlage ist davon auszugehen, dass das Gutachten von Dr. W. wesentlich dazu beigetragen hat, dass der Gesamt-GdB von 30 ab dem Untersuchungszeitpunkt durch Dr. W. mit 40 festgestellt worden ist. Damit hat das Gutachten des Dr. W. das Prozessziel des Klägers wesentlich gefördert. Dieser Bewertung steht nicht entgegen, dass Dr. W. selbst den Gesamt-GdB nur mit 30 - wie von dem Beklagten angenommen - bestätigt hat, da diese Einschätzung für die Entscheidung des Rechtsstreits und damit für den gerichtlichen Vergleich vom 15.05.2012, mit dem der Rechtsstreit beendet worden ist, nicht von entscheidender Bedeutung gewesen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG (ebenso Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 176 RdNr. 5a m.w.N.). Im Verfahren zur nachträglichen Kostenübernahme eines nach § 109 SGG eingeholten Gutachtens ist der Beklagte des Hauptsacheverfahrens nicht beteiligt. Im mit nur einem Verfahrensbeteiligten ausgestalteten Rechtsbehelfsverfahren - vergleichbar mit Rechtsbehelfsverfahren gegen ein Ordnungsmittel - entspricht bei erfolgreicher Beschwerde die ausgesprochene Kostenfolge billigem Ermessen (ständige Senatsrechtsprechung, vgl. zuletzt Beschluss vom 25.08.2009 - L 8 SB 2542/08 - unveröffentlicht; ebenso der 13. Senat, Beschluss vom 06.05.2009 - L 13 R 339/09 KO-B -, veröffentlicht in www.sozialgerichtsbarkeit.de und juris).
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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