Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 12 KR 1777/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 3153/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 25. Mai 2012 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch der Klägerin auf Erstattung der Kosten für eine stationär durchgeführte Liposuktion (Fettabsaugung) zur Behandlung einer Lipohypertrophie (weiche Umfangvermehrung infolge einer Zubildung des Unterhautfettgewebes) im Bauchbereich zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung.
Die am 1962 geborene Klägerin ist versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten. Am 13. August 2009 wandte sich die Klägerin unter Vorlage einer Bescheinigung des Leitenden Oberarztes Dr. R., Hautklinik des Klinikums D., vom 31. Juli 2009, wonach bei ihr eine abdominelle Lipohypertrophie diagnostiziert worden sei, seit 2003 durchgeführte manuelle Lymphdrainagen und Kompressionen keine Besserung bewirkt hätten, die Klägerin seit vielen Jahren eine konsequente Diät einhalte und nun eine Liposuktion in Tumeszenz-Lokalanästhesie, die ambulant durchgeführt werden könne, geplant sei, einer Aufstellung über die je Sitzung anfallenden Kosten für die Liposuktion und eines Beschwerdebogens an die Beklagte mit der Bitte um Übernahme der Kosten für die Liposuktion.
Die Beklagte holte eine sozialmedizinische Stellungnahme bei S. L. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) ein, die zu dem Ergebnis gelangte, eine medizinische Indikation zur beantragten Fettabsaugung sei nicht gegeben. Die Liposuktion (Fettabsaugung) sei ein in der kosmetisch/ästhetischen Chirurgie etabliertes Behandlungsverfahren, das hauptsächlich bei Fettverteilungsstörungen im kosmetischen Bereich angewandt werde. Risiken der Therapie seien anaphylaktische Reaktionen auf das Lokalanästhetikum, kardiale Komplikationen durch eine toxische Wirkung des Lokalanästhetikums, das Auftreten von Schwellungen, Blutergüssen, Infektionen und bleibenden Hautveränderungen. Die Liposuktion sei eine Behandlungsmethode, die weder in die Einheitlichen Bewertungsmaßstäbe (EBM) noch in die Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) aufgenommen worden sei. Eine Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) über den therapeutischen Nutzen der Methode liege nicht vor.
Mit Bescheid vom 31. August 2009 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Welche Leistungen die Ärzte mit den Krankenkassen abrechnen dürften, entscheide der GBA. Die Leistungen müssten dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft entsprechen und wirtschaftlich und zweckmäßig sein. Die beantragte Liposuktion erfülle diese Voraussetzungen nicht.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 24. September 2009 Widerspruch ein. Das in der gesetzlichen Krankenversicherung geltende Sachleistungsprinzip finde hier seine Grenzen in einem effektiven Schutz und der grundrechtlichen Handlungsfreiheit (Verweis auf Beschluss des Bundesverfassungsgerichts [BVerfG] vom 06. Dezember 2005 - 1 BvR 347/98 - = SozR 4-2500 § 27 Nr. 5). Die von ihr beantragte Behandlungsmethode werde nicht nur singulär angewandt, sondern erfreue sich breiter Anerkennung in Fachkreisen und entspreche der besonderen Therapie in Richtung des § 2 Abs.1 Satz 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGBV). Die Stellungnahme des MDK setze sich nicht damit auseinander, ob es im Rahmen der angebotenen Sachleistungen der Beklagten entsprechende Leistungen gäbe. Sie, die Klägerin, habe eine Gebärmutterentfernung gehabt. Dabei seien wohl sämtliche Lymphdrüsen verletzt worden. Aus diesem Grund würden bei ihr ständig Bauch und Beine mit Flüssigkeit voll laufen. Mit der Fettabsaugung wolle man erreichen, dass die Stellen, die sich jetzt mit Flüssigkeit füllten, durch die Absaugung verkleinert würden und eine Ablagerung nicht mehr in so großem Ausmaß möglich werde. Nach der Absaugung solle sie auch einen Stützgürtel tragen. Ihr ginge es nicht um die Entfernung des Bauchfetts. Die Medikamente gegen die Wasseransammlungen müsse sie mittlerweile kombinieren, damit sie effektiv blieben. Zur Unterstützung ihres Begehrens bescheinigte Arzt für Allgemeinmedizin Ri. in einem ärztlichen Attest vom 16. Februar 2010, dass bei der Klägerin eine Indikation zur Fettabsaugung bestehe und diese unterstützt werde.
Am 29. Dezember 2009 wurde bei der Klägerin die Liposuktion im Ober- und Unterbauchbereich im Rahmen eines vom 28. bis 30. Dezember 2009 dauernden stationären Aufenthalts im Klinikum D. durchgeführt, wofür das Klinikum D. der Klägerin unter dem 25. Januar 2010 einen Betrag in Höhe von Euro 2.804,30 und PD Dr. P., Direktor der Hautklinik, unter dem 08. April 2010 einen Betrag in Höhe von Euro 1.995,08 in Rechnung stellte. Am 30. Dezember 2011 bezahlte die Klägerin diese Beträge zuzüglich Zinsen und Kosten in Höhe von Euro 192,51, mithin insgesamt Euro 4.991,89.
Die Beklagte holte bei Dr. A. vom MDK ein sozialmedizinisches Gutachten nach Aktenlage ein (Gutachten vom 24. März 2010). Dr. A. diagnostizierte bei der Klägerin eine abdominale Lipohypertrophie, eine medikamentös eingestellte arterielle Hypertonie, eine Adipositas Grad II (BMI 36 kg/m²), anamnestisch eine Hysterektomie wegen Myom und Revisionsoperation wegen Aszites und eine Hypothyreose. Er führte aus, bei einem intertriginösen Ekzem könne eine plastisch-chirurgische Versorgung erforderlich sein. Die Notwendigkeit der Gewichtsreduktion sei mit Blick auf die zusätzliche Hochdruckerkrankung nicht von der Hand zu weisen. Die Liposuktion sei nach wie vor weder im EBM- noch im GOÄ-Katalog aufgeführt. Die Risiken bzw. Nebenwirkungen seien weiterhin möglich. Die medizinischen Voraussetzungen für die Leistung seien nicht erfüllt.
Mit erneutem Bescheid vom 15. April 2010 lehnte die Beklagte die Übernahme der Kosten für die beantragte Liposuktion unter Wiederholung der Begründung im Bescheid vom 31. August 2009 nochmals ab. Ergänzend führte die Beklagte aus, eine alternative Behandlung im Sinne eines chirurgischen Eingriffs könne ggf. dann indiziert sein, wenn intertriginöse Ekzeme in der Bauchfalte behandlungsresistent blieben. Ein Ekzem sei nach den Angaben der Hautklinik bei der Klägerin zwar vorhanden, von einer Behandlungsnotwendigkeit oder Resistenz sei aber nichts vermerkt. Da es sich nicht um eine lebensbedrohliche oder tödlich verlaufende Krankheit handele, könne auch die Rechtsprechung, wonach in begrenzten Ausnahmefällen eine Kostenerstattung für nicht vertragliche Behandlungsmethoden vorgesehen sei, nicht zur Begründung einer Kostenübernahme herangezogen werden. Auch könne durch die Liposuktion eine erneute Flüssigkeitsansammlung nicht verhindert werden, ein therapeutischer Nutzen sei nicht belegt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 28. Juli 2010 wies der bei der Beklagten gebildete Widerspruchsausschuss den Widerspruch zurück. Die Kosten für die Liposuktion könnten nicht übernommen werden. Das Bundessozialgericht (BSG) habe im Urteil vom 16. September 1997 - 1 RK 17/95 - in Juris entschieden, dass neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden so lange von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen seien, bis der GBA sie als zweckmäßig anerkannt habe. Der GBA habe bisher mangels Antrag noch nicht über die Zulassung der Liposuktion entschieden. Eine Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung für eine Behandlungsmethode außerhalb der Zulassung könne ausnahmsweise unter folgenden engen Voraussetzungen in Betracht kommen: 1. es handele sich um eine schwerwiegende (lebensbedrohliche oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigende) Erkrankung, bei der 2. keine andere Therapie verfügbar sei und 3. aufgrund der Datenlage die begründende Aussicht bestehe, dass mit dem betreffenden Präparat ein Behandlungserfolg (kurativ oder palliativ) zu erzielen sei. Letzteres bedeute: Es müssten Forschungsergebnisse vorliegen, die erwarten ließen, dass die Behandlungsmethode für die betreffende Indikation zugelassen werden könne. Das sei nicht der Fall. Es lägen keine wissenschaftlich einwandfrei geführte Statistiken für die beantragte Methode vor. Der MDK verneine auch eine lebensbedrohliche Situation. Auch die Voraussetzungen für eine ausnahmsweise Kostenübernahme der gesetzlichen Krankenversicherung lägen daher nicht vor.
Bereits am 17. Mai 2010 erhob die Klägerin zum Sozialgericht Heilbronn (SG) Klage, die sie nach Erlass des Widerspruchsbescheids begründete. Die Beklagte habe die Kosten der Liposuktion zu übernehmen, da dies medizinisch indiziert gewesen. Sie habe an einem chronischen Lymphstau gelitten. Ursächlich hierfür sei eine im Jahr 2004 im Krankenhaus Bietigheim durchgeführte Gebärmutterentfernung gewesen. Direkt nach der dort erfolgten Gebärmutteroperation seien Fieber und Schmerzen aufgetreten, ihr Unterbauch habe sich gewölbt. In der Folgezeit habe sie drei Wochen lang zweimal die Woche ambulant punktiert werden müssen. Im weiteren Verlauf sei ein erneuter operativer Eingriff erfolgt, man habe ihr im Anschluss erklärt, dass man mehr als eine Ausräumung habe durchführen müssen. Ca. ein halbes Jahr nach der Operation habe sich beim Laufen über die Leiste der linke Oberschenkel bis über das Knie hinaus verdickt, weil von oben Flüssigkeit eingelaufen sei. Zusätzlich seien Schmerzen im Unterbauchbereich aufgetreten. In der Folge sei dann ein Lymphstau diagnostiziert worden, der regelmäßig punktiert worden sei. Im weiteren Verlauf habe sie, insbesondere im Bereich der Beine, immer mehr an Gewicht und Umfang zugenommen. Internist Dr. Wald habe sie zunächst mit Diuretikum und Lymphdrainagen therapiert. Sodann habe sie eine dreiwöchige Rehabilitationsmaßnahme in der Lymphklinik in B. N. absolviert. Dabei habe das Wasser aus den Beinen entfernt werden können, nach Abschluss des Aufenthalts habe es sich aus dem Bauchbereich aber wieder nachgefüllt. Der von ihr daraufhin konsultierte Arzt Ri. habe ihr erklärt, dass im Zuge der Hysterektomie einige Gefäße im kleinen Becken beschädigt worden sein müssten, die das beschriebene Phänomen ausgelöst hätten. Weitere Therapie seien dann wieder Diuretikum und Lymphdrainagen gewesen. Sowohl in der Rehaklinik in B. N. als auch von Arzt Ri. sei empfohlen worden, nach erfolgreichem Entzug der Flüssigkeit, soweit möglich, Korrektureingriffe (Lip- und Lymphödem) durchzuführen. Dies sei dann auch im Dezember 2009 im Klinikum D. erfolgt. Es seien hierbei ca. 5,5 l Flüssigkeit entnommen worden. Auch nach der Operation komme es zu Wasseransammlungen im Bereich von Gesäß und Beinen. Sie habe bis Sommer 2010 weiterhin Lymphdrainagen und zudem eine sogenannte Kompressions-Capri-Hose erhalten. Ergänzend wies sie darauf hin, dass nach Einschätzung von Dr. R. und Arzt Ri. davon ausgegangen werde, dass je nach Umfang der Auswirkungen der Lymphschädigungen die Beseitigung der Verdickungen in den Beinen noch separat und gegebenenfalls auch nicht in einem weiteren operativen Eingriff angegangen werden müsse. Ihre Beine seien nach wie vor schmerzhaft und dauerhaft angeschwollen.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Der Klägerin werde nicht eine selbst verschuldete reine Fettabsaugung unterstellt. Für die strittige außervertragliche Behandlungsmethode lägen aber keine Voraussetzungen vor, welche nach der BSG-Rechtsprechung eine Kostenübernahme befürworten und rechtfertigen würden.
Das SG erhob Beweis durch Vernehmung der behandelnden Ärzte der Klägerin als sachverständige Zeugen. Frauenarzt Re. (Auskunft vom 12. Januar 2012) gab an, dass eine gynäkologische Untersuchung der Klägerin letztmals im Dezember 2006 erfolgt sei. Bezüglich des von der Klägerin immer wieder beklagten Lip- und Lymphödems der Bauchdecke und der Beine wäre die Einholung eines Gutachtens erheblich sinnvoller. Dr. R. teilte unter dem 23. Januar 2012 mit, dass bei der Klägerin seit dem 50. (richtig: 40.) Lebensjahr nach einer gynäkologischen Operation eine zunehmende schmerzhafte Vermehrung des subkutanen Fettgewebes am Ober- und Unterbereich bestanden habe. Der Verlauf sei progredient gewesen. Diätetische Maßnahmen und sportliche Betätigung seien ohne Erfolg geblieben, manuelle Lymphdrainage und Kompression hätte keine Besserung der Beschwerden bewirkt. Die Klägerin sei mit 96 kg Körpergewicht bei 164 cm Körpergröße zwar übergewichtig, die Disproportion falle jedoch auf. Bei der am 29. Dezember 2009 durchgeführten Liposuktion seien 5500 ml Aspirat, davon 4800 ml Fett entzogen worden. Bei der Kontrolluntersuchung am 24. Februar 2010 habe sich ein sehr gutes Ergebnis gezeigt. Es bestehe eine Indikation zu einer weiteren Liposuktion an den Oberschenkel- und Knieinnenseiten. Allgemeinmediziner Ri. bekundete unter dem 26. Januar 2012, dass er bei der Klägerin ein Lymphödem nach chirurgischem Eingriff diagnostiziert und ihr zwischen dem 07. Januar und 27. Mai 2010 fünf Mal manuelle Lymphdrainage rezeptiert habe.
Mit Urteil vom 25. Mai 2012 wies das SG die Klage ab. Die Klägerin habe gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Übernahme der für die durchgeführte Liposuktion im Klinikum D. entstandenen Kosten weder im Rahmen vertragsärztlicher ambulanter Versorgung noch in Form einer stationären Krankenhausbehandlung. Hinsichtlich der Liposuktion liege bislang keine positive Empfehlung des GBA gemäß § 135 Abs. 1 SGB V vor. Die Gewährung dieser Leistung bzw. die Kostenerstattung durch die gesetzliche Krankenversicherung komme somit nicht in Betracht. An diesem Ergebnis ändere sich auch nichts unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen und sozialgerichtlichen Rechtsprechung zu neuen Behandlungs- und Untersuchungsmethoden. Die Voraussetzungen dieser Rechtsprechung seien bereits deshalb nicht erfüllt, weil es sich bei der Erkrankung der Klägerin durch Lymphstau nicht um eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung handele. Die beantragte Kostenerstattung könne auch nicht erfolgreich auf den Vortrag gestützt werden, die Liposuktion sei im Rahmen eines stationären Krankenhausaufenthalts der Klägerin durchgeführt worden. Zwar sei eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden im Rahmen einer stationären Krankenbehandlung zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung nicht ausgeschlossen, solange der GBA wie für die Liposuktion kein negatives Votum ausgesprochen habe. Gemäß § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V komme die Gewährung einer stationären Behandlungsmaßnahme in einem zugelassenen Krankenhaus aber nur dann in Betracht, wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich sei, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden könne. Im vorliegenden Fall ließen sich den medizinischen Unterlagen und den Angaben der behandelnden Ärzte keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass für die Durchführung der Liposuktion bei der Klägerin die Notwendigkeit eines vollstationären Krankenhausaufenthalts bestanden habe. Aus der Bescheinigung des Klinikums D. vom 31. Juli 2009 gehe vielmehr hervor, dass diese Behandlung bei der Klägerin auch ambulant durchgeführt werden könne.
Gegen dieses ihr am 29. Juni 2012 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 24. Juli 2012 Berufung eingelegt. Die Beklagte habe die Kosten des operativen Eingriffs vom 29. Dezember 2009 ebenso wie die Kosten für die - zwischenzeitlich erneut beantragte - Operation, die sich mit dem Lymphödem-Syndrom im Bereich der Arme und Beine beschäftige, zu übernehmen. Seit dem stationären Eingriff im Zusammenhang mit der Gebärmutterentfernung leide sie unter Schmerzen in den Beinen, Einschränkung der Beweglichkeit, Gewichtszunahme. Dies sei von Dr. R. unter dem 31. Juli 2009 als abdominelle Lipohypertrophie und nunmehr unter dem 18. Juli 2012 ausweislich der - beigefügten - ärztlichen Bescheinigung des Dr. R. als Lipödem-Syndrom der Beine und Arme diagnostiziert worden. Lymphdrainagen, Wassertabletten, Kompressionen und auch eine Kur hätten zu keiner dauerhaften gesundheitlichen Verbesserung geführt. Der Leistungskatalog der Beklagten biete keine ausreichend effektive und wirkmächtige Therapien an. Ihr, der Klägerin, drohe, dass sie dauerhaft an Gewichtszunahme, die irreversibel sei, leide, weil sich - früher im Unterleibsbereich - nunmehr von den Oberschenkeln nach unten weichend in die Unterschenkel und letztlich irgendwann in die Füße mit der Konsequenz sogenannter offener Füße, Wasser einlagere. Der bisher und der ferner im Bereich der Oberschenkel und oberhalb der Knie geplante weitere operative Eingriff in Form der Liposuktion biete die konkrete Chance, dass hier zumindest auf Jahre hinaus eine Teilgesundung im Sinne der deutlichen qualitativen Erhöhung der Lebensumstände eintrete, mit dem Erhalt der Erwerbsfähigkeit bis ins Rentenalter. Das Lipödemsyndrom im Bauchbereich bzw. im Bereich der Beine und Arme könne von einem Bündel von Ursachen herrühren. Bei ihr, der Klägerin, sei das Syndrom unverschuldet und ohne eigenes Zutun aufgrund der Operation aufgetreten. Es handele sich hier nicht um eine ?kosmetische Operation im weiteren Sinne?. Die Klägerin hat ergänzend auf das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 01. März 2012 - S 10 KR 189/10 - in Juris hingewiesen, das einer Klage auf Kostenerstattung für Liposuktion wegen Nichtbefassung des GBA und eines daraus folgenden Systemmangels stattgegeben hat.
Die Klägerin beantragt (sachgerecht gefasst),
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 25. Mai 2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 31. August 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Juli 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Euro 4.991,89 für die stationäre Krankenhausbehandlung zur Liposuktion des Bauches zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid und das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn.
Der Senat hat auf sein Urteil vom 10. September 2010 - L 4 KR 3961/09 -, nicht veröffentlicht, hingewiesen und das Gutachten "Liposuktion bei Lip- und Lymphödem vom 06. Oktober 2011 der Sozialmedizinischen Expertengruppe 7", welches im Auftrag des GKV-Spitzenverbandes unter Federführung des Medizinischen Fachbereichs Methodenbewertung des MDK Nordrhein unter Hinzuziehung des Ergebnisses einer interdisziplinären Arbeitsgruppe erstellt worden ist, in das Verfahren eingeführt. Die Autoren Dr. David (Facharzt für Chirurgie und Phlebologie) und Dr. Weingart (Facharzt für Allgemeinmedizin) gelangen unter Mitwirkung weiterer Ärzte, insbesondere des Dermatologen Dr. Dittberner, nach Auswertung der bislang über die Behandlung von Lipödemen durch Liposuktion vorhandenen Studien zu der Auffassung, dass die grundsätzlichen Anforderungen für die Erbringung einer Liposuktion zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung gemäß §§ 2 und 12 SGB V nicht erfüllt seien. In der durchgeführten systematischen Recherche hätten nur zwei kontrollierte Studien (eine zum Krankheitsbild der Lipomatosis dolorosa von Hansson - veröffentlicht 2011 und eine zum sekundären Lymphödem nach Therapie des Mammakarzinoms) identifiziert werden können. Die Ergebnisse dieser Studien seien in keiner Weise geeignet, eine für eine Therapieempfehlung ausreichende Nutzen-Risiko-Bewertung zu bejahen. Vielmehr sei davon auszugehen, dass die Liposuktion zur Therapie des Lipödems noch Gegenstand der wissenschaftlichen Diskussion und weitere (randomisierte) Studien erforderlich seien. Die Aussagen zur Liposuktion in den nicht evidenzbasierten Leitlinien seien als Beleg einer etablierten Standardtherapie im Sinne der Verfahrensordnung des GBA ungeeignet und begründeten auch kein Systemversagen, sodass unabhängig vom Leistungssektor nicht von einer generellen Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung auszugehen sei. Es fehlten daher Belege für den Patientennutzen aus klinischen Studien. Der Senat nimmt auf den Inhalt dieses Gutachtens im Einzelnen ausdrücklich Bezug.
Mit Schreiben vom 31. Oktober und 15. November 2012 sind die Beteiligten darauf hingewiesen worden, dass beabsichtigt sei durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu entscheiden.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten in beiden Instanzenzügen Bezug genommen.
II.
Da der Senat die Berufung der Klägerin einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung für nicht erforderlich hält, entscheidet er gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss. Der Rechtsstreit weist nach Einschätzung des Senats keine besonderen Schwierigkeiten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht auf, die mit den Beteiligten in einer mündlichen Verhandlung erörtert werden müssten. Zur beabsichtigten Verfahrensweise hat der Senat die Beteiligten angehört.
Die gemäß § 151 Abs.1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft und zulässig; sie ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG vom 25. Mai 2012 ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Der Bescheid der Beklagten vom 31. August 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Juli 2010 ist rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für die stationär durchgeführte Liposuktion zur Behandlung einer Lipohyperthrophie im Ober- und Unterbauch.
Streitgegenständlich ist vorliegend der Bescheid vom 31. August 2009, dieser in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Juli 2010. Soweit die Beklagte im laufenden Widerspruchsverfahren den weiteren Bescheid vom 15. April 2010 erlassen hat, handelt es sich lediglich um eine wiederholende Verfügung ohne eigenen Regelungsgehalt (vgl. hierzu Engelmann, in: v. Wulffen, SGB X, § 31 Rdnr.32 m.w.N.). Die Beklagte hat hierin zum Teil in der Begründung weitgehend identisch ihre schon mit Bescheid vom 31. August 2009 getroffene Entscheidung wiederholt und ergänzend zur Begründung noch ausgeführt, dass auch ein Ausnahmefall eine Kostenerstattung nicht rechtfertige. Eine eigenständige (Neu-)Regelung wurde damit nicht getroffen. Bei dem Bescheid vom 15. April 2010 handelte es sich auch nicht bereits um den Widerspruchsbescheid, da der Bescheid nicht von der zuständigen Widerspruchsstelle (§ 85 Abs. 2 SGG) erlassen wurde.
Im Hinblick hierauf hat der Senat den Antrag der Klägerin entsprechend sachgerecht gefasst (§ 123 SGG).
Nicht Gegenstand des Rechtsstreits ist die Übernahme der Kosten für die Liposuktion im Bereich der Beine und Arme. Hierüber hat die Beklagte in den angefochtenen Bescheiden nicht entschieden. Mit Blick hierauf muss die Klägerin gegen die Bescheide vorgehen, die die von der Klägerin nach ihrem Vortrag beantragte Übernahme der Kosten für eine Operation des Lipödems im Bereich der Beine und Arme ablehnen.
Die Klägerin begehrt, nachdem die Liposuktion im Dezember 2009 im Rahmen einer stationären Behandlung durchgeführt wurde, die Erstattung der Kosten einer Liposuktion als stationäre Krankenhausbehandlung. Da die Klägerin nicht nach § 13 Abs. 2 SGB V anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung gewählt hat, ist Anspruchsgrundlage für einen Kostenerstattungsanspruch § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V. Danach sind einem Versicherten von der Krankenkasse Kosten für eine selbst beschaffte Leistung in der entstandenen Höhe zu erstatten, wenn die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte oder sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dadurch dem Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden sind, soweit die Leistung notwendig war.
1.) Der Senat lässt dahingestellt, ob der Klägerin dadurch Kosten entstanden sind, dass die Beklagte die Leistung, deren entstandenen Kosten die Klägerin erstattet haben will, abgelehnt hat (§ 13 Abs. 3 Satz 1 Alternative 2 SGB V). Denn in der Bescheinigung des Dr. R. vom 31. Juli 2009, die die Klägerin ihrem Antrag vom 13. August 2009 beigefügt hatte, gab Dr. R. an, die geplante Therapie der Liposuktion könne ambulant durchgeführt werden, so dass der Antrag der Klägerin dahin ausgelegt werden könnte, dass sie nur die Übernahme der Kosten für eine ambulante Liposuktion, nicht aber - wie dann erfolgt - für eine stationäre Behandlung beantragte, und mithin die Beklagte in dem streitgegenständlichen Bescheid vom 31. August 2009 ausschließlich über die ambulante Liposuktion entschied. § 13 Abs. 3 SGB V soll einen Erstattungsanspruch für den Ausnahmefall gewähren, dass eine von der Krankenkasse geschuldete notwendige Behandlung infolge eines Mangels im Leistungssystem der Krankenversicherung als Dienst- oder Sachleistung nicht oder nicht in der gebotenen Zeit zur Verfügung gestellt werden kann. Nach Wortlaut und Zweck der Vorschrift muss zwischen dem die Haftung der Krankenkasse begründenden Umstand (rechtswidrige Ablehnung) und dem Nachteil des Versicherten (Kostenlast) ein Ursachenzusammenhang bestehen. Daran fehlt es, wenn die Kasse vor Inanspruchnahme der Behandlung mit dem Leistungsbegehren nicht befasst wurde, obwohl dies möglich gewesen wäre (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. Urteil vom 15. April 1997 - 1 BK 31/96 - SozR 3-2500 § 13 Nr. 15; Urteil vom 04. April 2006 - B 1 KR 5/05 R - SozR 4-2500 § 13 Nr. 8; Urteil vom 14. Dezember 2006 - B 1 KR 8/06 R - SozR 4-2500 § 13 Nr. 12).
2.) Dem Anspruch auf Erstattung der Kosten steht entgegen, dass die Beklagte nicht verpflichtet war, die im Dezember 2009 stationär durchgeführte Liposuktion als Sachleistung der Klägerin zur Verfügung zu stellen.
Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Nach Satz 2 Nr. 5 dieser Vorschrift umfasst die Krankenbehandlung u.a. auch die Krankenhausbehandlung. Nach § 39 Abs. 2 SGB V haben Versicherte Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus, wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Der Anspruch eines Versicherten auf Behandlung nach § 27 Abs. 1 Satz 2 SGB V unterliegt den sich aus § 2 Abs. 1 und § 12 Abs. 1 SGB V ergebenden Einschränkungen. Er umfasst nur solche Leistungen, die zweckmäßig und wirtschaftlich sind und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen. Krankheit im Sinne des SGB V ist ein regelwidriger, vom Leitbild des gesunden Menschen abweichender Körper- oder Geisteszustand, der ärztlicher Behandlung bedarf oder den Betroffenen arbeitsunfähig macht (ständige Rechtsprechung, z.B. BSG, Urteile vom 19. Oktober 2004 - B 1 KR 3/03 R - und vom 28. September 2010 - B 1 KR 5/10 R - in Juris). Eine Krankenbehandlung ist hierbei notwendig, wenn durch sie der regelwidrige Körper- oder Geisteszustand behoben, gebessert, vor einer Verschlimmerung bewahrt wird oder Schmerzen und Beschwerden gelindert werden können (ständige Rechtsprechung des BSG seit dem Urteil vom 28. April 1967 - 3 RK 12/65 - in Juris). Eine Krankheit liegt nur vor, wenn der Versicherte in den Körperfunktionen beeinträchtigt wird oder wenn die anatomische Abweichung entstellend wirkt (vgl. BSG, Urteil vom 09. Juni 1998 - B 1 KR 18/96 R; Urteil vom 13. Juli 2004 - B 1 KR 11/04 R -; zuletzt Urteil vom 28. September 2010 - B 1 KR 5/10 R -, alle in Juris).
Ausgehend davon steht der Klägerin kein Anspruch auf Erstattung der Kosten für die stationär durchgeführte Liposuktion zu. Zwar geht der Senat davon aus, dass die Klägerin im Bauchbereich unter einer Lipohyperthrophie leidet, welche als Krankheit zu qualifizieren ist (dazu a). Jedoch bestand kein Anspruch auf Behandlung dieses Lipohyperthrophie mittels Durchführung einer Liposuktion und damit auch kein Erstattungsanspruch (dazu b).
a) Der Senat geht davon aus, dass die Klägerin im Bereich des Ober- und Unterbauchs - neben einer Adipositas-Erkrankung - unter einem Lipohyperthrophie, also einer weichen Umfangvermehrung infolge einer Zubildung des Unterhautfettgewebes, leidet. Dies ergibt sich aus der sachverständigen Zeugenauskunft des Dr. R. vom 23. Januar 2012 gegenüber dem SG. Eine Bestätigung findet diese Diagnose darin, dass bei der durchgeführten Liposuktion u.a. 4800 ml Fett abgesaugt wurde. Etwas anderes folgt insoweit auch nicht aus der sachverständigen Zeugenauskunft des Frauenarztes Re. vom 12. Januar 2012, der ausführte, dass die Klägerin immer wieder ein Lip- und Lymphödem der Bauchdecke und Beine beklage. Der Senat geht davon aus, dass Frauenarzt Re. unter der von ihm als Lipödem der Bauchdecke bezeichneten Erkrankung eine Lipohyperthrophie im Bauchbereich versteht. Auch die sachverständige Zeugenauskunft des Allgemeinmediziners Ri. veranlasst den Senat nicht, von der Diagnose einer Lipohyperthrophie abzuweichen. Allgemeinmediziner Ri. hat zwar nur ein Lymphödem diagnostiert. Er hat nach seiner sachverständigen Zeugenauskunft vom 26. Januar 2012 jedoch nur die Beinschwellungen der Klägerin behandelt. Das Vorliegen einer Lipohyperthrophie im Bauchbereich hat er nicht explizit verneint. In seinem ärztlichen Attest vom 16. Februar 2010 hat er auch ausdrücklich eine Fettabsaugung befürwortet. Auf welche Ursache die Lipohyperthrophie zurückzuführen ist, ist insoweit ohne Belang. Entscheidend ist die nunmehr vorliegende Diagnose einer Lipohyperthrophie und nicht die Ursache.
Die Lipohyperthrophie stellt nach Auffassung des Senats auch eine Krankheit gemäß § 27 Abs. 1 SGB V dar, denn der insoweit bei der Klägerin vorliegende körperliche Zustand ist mit Blick auf die beklagten Gangbeschwerden und die Schmerzen, die eine Beeinträchtigung von Körperfunktionen darstellen, ein regelwidriger Zustand, der einer körperlichen Behandlung bedarf.
b) Jedoch besteht kein Anspruch der Klägerin auf Behandlung dieser Krankheit im Wege einer stationär durchgeführten Liposuktion. Diese Maßnahme entspricht - schon ganz grundlegend - nicht den erforderlichen Qualitätsanforderungen, die an eine zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung durchzuführende Behandlungsmethode zu stellen sind (dazu aa). Von diesem Einwand ist auch nicht ausnahmsweise im spezifischen Fall der Klägerin abzuweichen (dazu bb). Ein Leistungsanspruch ergibt sich auch weder dem Gesichtspunkt eines Systemmangels (dazu cc) noch auf der Grundlage des Beschlusses des BVerfG vom 06. Dezember 2005 (1 BvR 347/98 - a.a.O.) und der diese Rechtsprechung konkretisierenden Entscheidungen des BSG (dazu dd).
aa) § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V gibt vor, dass Qualität und Wirksamkeit der Leistungen, die zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen haben. Der Anspruch eines Versicherten auf Behandlung nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB V umfasst daher nur solche Leistungen, deren Qualität und Wirksamkeit diesen wissenschaftlichen Anforderungen entspricht. Hierzu genügt es nicht, dass eine Behandlungsmethode bei einem Versicherten nach Ansicht seiner Ärzte positiv gewirkt haben soll (vgl. entsprechend das BSG auch zur Frage der Erfüllung von Qualitätskriterien einer bestimmten Arzneimitteltherapie, Urteil vom 01. März 2011 - B 1 KR 7/10 R - SozR 4-2500 § 35 Nr. 5; Urteil vom 27. September 2005 - B 1 KR 6/04 R - SozR 4-2500 § 31 Nr. 3 m.w.N. - Wobe-Mugos). Neue Verfahren, die nicht ausreichend erprobt sind, oder Außenseitermethoden, die zwar bekannt sind, aber sich nicht bewährt haben, lösen keine Leistungspflicht der Krankenkasse aus. Es ist nicht Aufgabe der Krankenkassen, die medizinische Forschung zu finanzieren (so ausdrücklich BT-Drucks. 11/2237, S. 157). Die einzige Ausnahme bilden nach § 137c Abs. 2 Satz 2 SGB V die Durchführung klinischer Studien. Behandlungen im Rahmen solcher Studien waren und sind daher zur Förderung des medizinischen Fortschritts stets zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abrechenbar.
Außerhalb klinischer Studien muss es jedoch zu Qualität und Wirksamkeit einer Behandlungsmethode grundsätzlich zuverlässige wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen geben. Entsprechend der auch durch den GBA für seine Entscheidungen zugrunde gelegten Maßstäbe der evidenzbasierten Medizin ist dabei eine Sichtung und qualitative Bewertung der über eine Behandlungsmethode vorhandenen wissenschaftlichen Publikationen und Expertisen vorzunehmen (vgl. dezidiert BSG, Urteile vom 01. März 2011 u.a. - B 1 KR 7/10 R - a.a.O.; ebenso BSG, Urteil vom 12. August 2009 - B 3 KR 10/07 R - SozR 4-2500 § 139 Nr. 4). Erforderlich ist mithin, dass der Erfolg der Behandlungsmethode objektivierbar, also in einer ausreichenden Anzahl von Behandlungsfällen belegt ist (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 18. Mai 2004 - B 1 KR 21/02 R - SozR 4-2500 § 31 Nr. 1 RdNr. 7 m.w.N.; vgl. dazu auch Wagner, in Krauskopf, Stand 2008, § 13 SGB V Rn. 19). Die höchste Beweiskraft haben danach direkte Vergleichsstudien mit anderen Behandlungsmethoden, also Studien der Evidenzklasse I (vgl. entsprechend zur Arzneimitteltherapie BSG, Urteile vom 01. März 2011, u.a - B 1 KR 7/10 R - a.a.O.). Nur soweit derartige Studien nicht existieren, kann im Einzelfall auf andere, hinreichend aussage- und beweiskräftige Studien ausgewichen werden (vgl auch Flint in: Hauck/Noftz, SGB V, Stand Februar 2011, K § 35 RdNr 64). Um der in § 137c SGB V grundsätzlich angelegten Innovationsmöglichkeit gerecht zu werden, schließt der Senat dabei nicht aus, dass auch Expertenmeinungen zur Beurteilung des wissenschaftlichen Standards herangezogen werden können. Diese sind jedoch nicht geeignet, eine Leistungspflicht der Krankenkasse auch dann zu begründen, wenn objektivierbare Erkenntnisse bereits in eine andere Richtung weisen. Expertenmeinungen sind daher stets im Zusammenhang mit den vorhandenen objektivierbaren wissenschaftlichen Aussagen im Sinne einer maßgeblichen Gesamtschau heranzuziehen (so der erkennende Senat in seinem Urteil vom 27. Januar 2012 - L 4 KR 2272/10 - juris).
Von Qualität und Wirksamkeit der begehrten Liposuktion zur Behandlung einer Lipohyperthrophie im Sinne der Kriterien des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V vermochte der Senat sich indes nicht zu überzeugen. Er legt insoweit ganz maßgeblich das von der Beklagten vorgelegte ?Gutachten Liposuktion bei Lip- und Lymphödemen? der Sozialmedizinischen Expertengruppe 7 vom 06. Oktober 2011 zugrunde. Dieses Gutachten nimmt eine umfassende Auswertung der über den Einsatz von Liposuktion als Methode zur Behandlung von Lipödemen veröffentlichten Studien vor, wobei die Gutachter neben randomisiert kontrollierten auch nicht randomisiert kontrollierte Studien berücksichtigt haben. Die im Mai 2011 insoweit durchgeführte Recherche der hierzu vorhandenen Publikationen ergab überhaupt nur zwei relevante, diesen Qualitätsanforderungen entsprechende Studien. Für den konkreten Fall ist sogar nur eine der beiden Studien (nämlich diejenige zum Krankheitsbild der Lipomatosis dolorosa von Hansson - veröffentlicht 2011) relevant, da sich die andere der beiden Studien mit Liposuktion zur Behandlung eines Lymphödems nach Mammakarzinom befasst. In der Studie Hansson wurde (nicht randomisiert kontrolliert) der Langzeiterfolg der Liposuktion bei 111 Frauen mit Lipomatosis dolorosa beobachtet. Dabei wurde ein signifikanter Unterschied in der Schmerzreduktion beobachtet, ohne dass dies von den Autoren selbst als zureichendes Ergebnis gewertet wurde, um einen langfristigen Nutzen ausreichend zu belegen. Vielmehr fordern auch die Autoren weitere randomisiert kontrollierte Studien mit ausreichend validierten Ergebniskriterien. Alle übrigen seinerzeit zugänglichen Veröffentlichungen erfüllen diese Qualitätsanforderungen nicht bzw. stellen Registernachbeobachtungen oder Ergebnisberichte kleiner Fallserien dar. Für den Senat war daher das Fazit der Gutachter überzeugend, dass die Methode der Liposuktion zur Therapie des Lipödems derzeit noch Gegenstand wissenschaftlicher Diskussion ist und weitere randomisierte Studien erforderlich sind, um sie zu einer den Kriterien der evidenzbasierten Medizin entsprechenden Behandlungsmethode qualifizieren zu können. Diesem Fazit schließt sich der Senat auch für die im Bauchbereich auftretende Lipohyperthrophie an.
Dieses Ergebnis steht im Übrigen auch nicht im Widerspruch zum Urteil des BSG vom 16. Dezember 2008 (B 1 KR 11/08 R - SozR 4-2500 § 13 Nr. 19). Das BSG hatte sich dort mit der Frage zu befassen, ob die Behandlungsmethode der Liposuktion, die ambulant zu Lasten der gesetzlichen Krankenkasse von vornherein mangels positiver Empfehlung des GBA nicht erbracht werden darf (§ 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V; dazu auch Urteil des Senats vom 10. September 2010 - L 4 KR 3961/09 -, nicht veröffentlicht), gleichsam automatisch stationär zu erbringen ist, da im klinischen Bereich das Erfordernis einer positiven Entscheidung durch den GBA nicht besteht. Dies hat das BSG im konkreten Fall unter Verweis auf das Fehlen schon der Voraussetzungen des § 39 Abs. 1 SGB V verneint, da die dort statuierten spezifischen Voraussetzungen für eine Krankenhausbehandlung nicht vorlagen. Mit der Frage, ob die Methode der Liposuktion denn überhaupt den Maßstäben evidenzbasierter Medizin entspricht, hatte sich das BSG demgemäß gar nicht zu befassen. Aus der zitierten Entscheidung kann daher nicht abgeleitet werden, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen des Erfordernisses der Durchführung einer stationären Operation ohne weiteres ein Leistungsanspruch auf Durchführung einer Liposuktion zu Lasten der Krankenkasse besteht. Anhand der jüngeren Rechtsprechung des BSG ergibt sich vielmehr gerade das Gegenteil. Das BSG hat darin (vgl. insoweit insbesondere das Urteil vom 17. Februar 2010 - B 1 KR 10/09 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 18 zum Anspruch einer Versicherten auf stationär durchgeführt Reimplantation nach Kryokonservierung von Eierstockgewebe) ausdrücklich zum Maßstab gemacht, dass auch die stationäre Behandlung stets einer Überprüfung anhand der Maßstäbe des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V zu unterziehen ist. Eine andere Auffassung führte im Übrigen zu dem auch unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten (Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz) nicht tragbaren Ergebnis, dass Patienten allein deshalb, weil sie bestimmte Risikofaktoren erfüllen, die einen Krankenhausaufenthalt erforderlich machen, eine Behandlung in stationärem Rahmen erhielten, obwohl sich für die Wirksamkeit einer bestimmten Methode keine bislang hinreichend wissenschaftlich gefestigten Anhaltspunkte ergeben.
Eine stationäre Behandlung der Lipohyperthrophie durch Liposuktion käme zulasten der Krankenkasse daher derzeit nur im Rahmen klinischer Studien zu dieser Behandlungsmethode in Betracht. Darüber war indes vorliegend nicht zu entscheiden.
bb) Eine hiervon abweichende Betrachtung gebietet auch nicht der konkrete Fall der Klägerin. Es ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass trotz bislang nicht hinreichend erwiesener Wirksamkeit der Liposuktion zur Behandlung von Lipödemen der Klägerin eine Behandlung mittels Liposuktion aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls zu gewähren wäre.
Anhand der über die Klägerin vorhandenen Unterlagen ergibt sich diesbezüglich schon nicht eindeutig, in welchem Ausmaß gerade die Lipohyperthrophie im Bauchbereich Ursache für die bei der Klägerin bestehenden Schmerzen und Einschränkungen ist, nicht dagegen etwa die bei ihr vorliegende Adipositaserkrankung oder das bei der Klägerin ebenfalls diagnostizierte Lymphödem im Bereich insbesondere auch der Beine sein
cc) Ein Leistungsanspruch der Klägerin ergibt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines Systemmangels. Danach kann eine Leistungspflicht der Krankenkasse ausnahmsweise dann bestehen, wenn die fehlende Anerkennung einer neuen Behandlungsmethode darauf zurückzuführen ist, dass das Verfahren vor dem GBA trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wurde (?Systemversagen?). Ein derartiger Systemmangel wird angenommen, wenn das Verfahren vor dem GBA von den antragsberechtigten Stellen oder dem GBA selbst überhaupt nicht, nicht zeitgerecht oder nicht ordnungsgemäß durchgeführt wurde (vgl. BSG, Urteil vom 04. April 2006 - B 1 KR 12/05 R - = SozR 4-2500 § 27 Nr. 8). Der Gesichtspunkt eines Systemmangels, weil das Verfahren vor dem GBA noch nicht durchgeführt wurde, im hier vorliegenden Fall, in dem eine Kostenerstattung für eine stationäre und nicht eine ambulante Behandlung im Streit ist, ist nicht einschlägig. Anders als im Bereich der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung, wo nur diejenigen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zu Lasten der gesetzlichen Krankenkasse abgerechnet können, für die der GBA positiv eine Einhaltung der Qualitätsanforderungen des SGB V im Wege einer Richtlinie festgestellt hat (vgl. § 135 SGB V), ist im stationären Bereich kein solcher Anerkennungsvorbehalt formuliert. Während der Gesetzgeber in der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung für die Abrechenbarkeit von Behandlungen und Untersuchungen zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen von einem Verbot mit Erlaubnisvorbehalt (§ 135 SGB V) ausgeht, ist in der Krankenhausversorgung die Qualitätssicherung im Sinne einer grundsätzlichen Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt (§ 137c SGB V) vorgesehen. Dies entbindet jedoch das Krankenhaus nicht von einer Überprüfung und Einhaltung der Standards des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V und § 12 Abs. 1 SGB V im Einzelfall (Urteil des Senats vom 27. Januar 2012 - L 4 KR 2272/10 - juris). Auf das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 01. März 2012 - S 10 KR 189/10 - a.a.O., auf das die Klägerin ihr Begehren mit Blick auf das Vorliegen eines Systemmangels stützt, kann sich die Klägerin deshalb nicht berufen. Im Übrigen vermag der Senat aber auch nicht festzustellen, dass der GBA die Überprüfung der Liposuktion trotz Vorliegens der notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen willkürlich nicht durchgeführt hat. Hierfür fehlen jegliche Anhaltspunkte.
dd) Die Klägerin kann sich auch nicht auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 06. Dezember 2005 (1 BvR 347/98 a.a.O.) und die diese Rechtsprechung konkretisierenden Entscheidungen des BSG berufen. Der vom BVerfG entwickelte Anspruch von Versicherten auf ärztliche Behandlung mit nicht allgemein anerkannten Methoden, die durch den zuständigen GBA bisher nicht anerkannt sind, setzt eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende oder zumindest wertungsmäßig damit vergleichbare Erkrankung voraus (z.B. BSG, Urteile vom 04. April 2006 - B 1 KR 12/04 R - = SozR 4-2500 § 27 Nr. 7; und - B 1 KR 7/05 R - = SozR 4-2500 § 31 Nr. 4; Urteil vom 16. Dezember 2008 - B 1 KR 11/08 R - = SozR 4-2500 § 13 Nr. 19). Mit dem Kriterium einer Krankheit, die zumindest mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung in der Bewertung vergleichbar ist, ist eine strengere Voraussetzung umschrieben, als sie etwa mit dem Erfordernis einer ?schwerwiegenden? Erkrankung für die Eröffnung des so genannten Off-Label-Use formuliert ist (BSG a.a.O.). Gerechtfertigt ist hiernach eine verfassungskonforme Auslegung der einschlägigen gesetzlichen Regelungen u.a. nur, wenn eine notstandsähnliche Situation im Sinne einer in einem gewissen Zeitdruck zum Ausdruck kommenden Problematik vorliegt, wie sie für einen zur Lebenserhaltung bestehenden akuten Behandlungsbedarf typisch ist. Das bedeutet, dass nach den konkreten Umständen des Falles bereits drohen muss, dass sich ein voraussichtlich tödlicher Krankheitsverlauf innerhalb überschaubaren Zeitraums mit Wahrscheinlichkeit verwirklichen wird; Ähnliches kann für den nicht kompensierbaren Verlust eines wichtigen Sinnesorgans oder einer herausgehobenen Körperfunktion gelten. Einen solchen Schwergrad erreicht die Lipohyperthrophie der Klägerin nicht (so auch für einen vergleichbaren Fall BSG, Urteil vom 16. Dezember 2008 - B 1 KR 11/08 R - a.a.O.). Insoweit kommt es nicht darauf an, ob die konservativen Therapien wie etwa Wassertabletten, manuelle Lymphdrainage und Kompressionen für die Klägerin als allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlungen erfolgsversprechend zur Verfügung gestanden haben und stehen.
3. Im Hinblick auf das in das Verfahren eingeführte ?Gutachten Liposuktion bei Lip- und Lymphödemen? der sozialmedizinischen Expertengruppe 7 vom 06. Oktober 2011 war es auch nicht erforderlich, ein weiteres Gutachten von Amts wegen einzuholen. Für den Senat ist nicht erkennbar, dass ein anderer Arzt oder eine andere Organisation über weitergehende Möglichkeiten verfügt, vorhandene Studien oder Publikationen auszuwerten.
Auch die Einholung eines Gutachtens gemäß § 109 SGG war nicht erforderlich, nachdem die Klägerin einen entsprechenden Antrag auf die Hinweise der Berichterstatterin vom 10. September, 31. Oktober und 15. November 2012 nicht wiederholt hat.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch der Klägerin auf Erstattung der Kosten für eine stationär durchgeführte Liposuktion (Fettabsaugung) zur Behandlung einer Lipohypertrophie (weiche Umfangvermehrung infolge einer Zubildung des Unterhautfettgewebes) im Bauchbereich zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung.
Die am 1962 geborene Klägerin ist versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten. Am 13. August 2009 wandte sich die Klägerin unter Vorlage einer Bescheinigung des Leitenden Oberarztes Dr. R., Hautklinik des Klinikums D., vom 31. Juli 2009, wonach bei ihr eine abdominelle Lipohypertrophie diagnostiziert worden sei, seit 2003 durchgeführte manuelle Lymphdrainagen und Kompressionen keine Besserung bewirkt hätten, die Klägerin seit vielen Jahren eine konsequente Diät einhalte und nun eine Liposuktion in Tumeszenz-Lokalanästhesie, die ambulant durchgeführt werden könne, geplant sei, einer Aufstellung über die je Sitzung anfallenden Kosten für die Liposuktion und eines Beschwerdebogens an die Beklagte mit der Bitte um Übernahme der Kosten für die Liposuktion.
Die Beklagte holte eine sozialmedizinische Stellungnahme bei S. L. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) ein, die zu dem Ergebnis gelangte, eine medizinische Indikation zur beantragten Fettabsaugung sei nicht gegeben. Die Liposuktion (Fettabsaugung) sei ein in der kosmetisch/ästhetischen Chirurgie etabliertes Behandlungsverfahren, das hauptsächlich bei Fettverteilungsstörungen im kosmetischen Bereich angewandt werde. Risiken der Therapie seien anaphylaktische Reaktionen auf das Lokalanästhetikum, kardiale Komplikationen durch eine toxische Wirkung des Lokalanästhetikums, das Auftreten von Schwellungen, Blutergüssen, Infektionen und bleibenden Hautveränderungen. Die Liposuktion sei eine Behandlungsmethode, die weder in die Einheitlichen Bewertungsmaßstäbe (EBM) noch in die Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) aufgenommen worden sei. Eine Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) über den therapeutischen Nutzen der Methode liege nicht vor.
Mit Bescheid vom 31. August 2009 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Welche Leistungen die Ärzte mit den Krankenkassen abrechnen dürften, entscheide der GBA. Die Leistungen müssten dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft entsprechen und wirtschaftlich und zweckmäßig sein. Die beantragte Liposuktion erfülle diese Voraussetzungen nicht.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 24. September 2009 Widerspruch ein. Das in der gesetzlichen Krankenversicherung geltende Sachleistungsprinzip finde hier seine Grenzen in einem effektiven Schutz und der grundrechtlichen Handlungsfreiheit (Verweis auf Beschluss des Bundesverfassungsgerichts [BVerfG] vom 06. Dezember 2005 - 1 BvR 347/98 - = SozR 4-2500 § 27 Nr. 5). Die von ihr beantragte Behandlungsmethode werde nicht nur singulär angewandt, sondern erfreue sich breiter Anerkennung in Fachkreisen und entspreche der besonderen Therapie in Richtung des § 2 Abs.1 Satz 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGBV). Die Stellungnahme des MDK setze sich nicht damit auseinander, ob es im Rahmen der angebotenen Sachleistungen der Beklagten entsprechende Leistungen gäbe. Sie, die Klägerin, habe eine Gebärmutterentfernung gehabt. Dabei seien wohl sämtliche Lymphdrüsen verletzt worden. Aus diesem Grund würden bei ihr ständig Bauch und Beine mit Flüssigkeit voll laufen. Mit der Fettabsaugung wolle man erreichen, dass die Stellen, die sich jetzt mit Flüssigkeit füllten, durch die Absaugung verkleinert würden und eine Ablagerung nicht mehr in so großem Ausmaß möglich werde. Nach der Absaugung solle sie auch einen Stützgürtel tragen. Ihr ginge es nicht um die Entfernung des Bauchfetts. Die Medikamente gegen die Wasseransammlungen müsse sie mittlerweile kombinieren, damit sie effektiv blieben. Zur Unterstützung ihres Begehrens bescheinigte Arzt für Allgemeinmedizin Ri. in einem ärztlichen Attest vom 16. Februar 2010, dass bei der Klägerin eine Indikation zur Fettabsaugung bestehe und diese unterstützt werde.
Am 29. Dezember 2009 wurde bei der Klägerin die Liposuktion im Ober- und Unterbauchbereich im Rahmen eines vom 28. bis 30. Dezember 2009 dauernden stationären Aufenthalts im Klinikum D. durchgeführt, wofür das Klinikum D. der Klägerin unter dem 25. Januar 2010 einen Betrag in Höhe von Euro 2.804,30 und PD Dr. P., Direktor der Hautklinik, unter dem 08. April 2010 einen Betrag in Höhe von Euro 1.995,08 in Rechnung stellte. Am 30. Dezember 2011 bezahlte die Klägerin diese Beträge zuzüglich Zinsen und Kosten in Höhe von Euro 192,51, mithin insgesamt Euro 4.991,89.
Die Beklagte holte bei Dr. A. vom MDK ein sozialmedizinisches Gutachten nach Aktenlage ein (Gutachten vom 24. März 2010). Dr. A. diagnostizierte bei der Klägerin eine abdominale Lipohypertrophie, eine medikamentös eingestellte arterielle Hypertonie, eine Adipositas Grad II (BMI 36 kg/m²), anamnestisch eine Hysterektomie wegen Myom und Revisionsoperation wegen Aszites und eine Hypothyreose. Er führte aus, bei einem intertriginösen Ekzem könne eine plastisch-chirurgische Versorgung erforderlich sein. Die Notwendigkeit der Gewichtsreduktion sei mit Blick auf die zusätzliche Hochdruckerkrankung nicht von der Hand zu weisen. Die Liposuktion sei nach wie vor weder im EBM- noch im GOÄ-Katalog aufgeführt. Die Risiken bzw. Nebenwirkungen seien weiterhin möglich. Die medizinischen Voraussetzungen für die Leistung seien nicht erfüllt.
Mit erneutem Bescheid vom 15. April 2010 lehnte die Beklagte die Übernahme der Kosten für die beantragte Liposuktion unter Wiederholung der Begründung im Bescheid vom 31. August 2009 nochmals ab. Ergänzend führte die Beklagte aus, eine alternative Behandlung im Sinne eines chirurgischen Eingriffs könne ggf. dann indiziert sein, wenn intertriginöse Ekzeme in der Bauchfalte behandlungsresistent blieben. Ein Ekzem sei nach den Angaben der Hautklinik bei der Klägerin zwar vorhanden, von einer Behandlungsnotwendigkeit oder Resistenz sei aber nichts vermerkt. Da es sich nicht um eine lebensbedrohliche oder tödlich verlaufende Krankheit handele, könne auch die Rechtsprechung, wonach in begrenzten Ausnahmefällen eine Kostenerstattung für nicht vertragliche Behandlungsmethoden vorgesehen sei, nicht zur Begründung einer Kostenübernahme herangezogen werden. Auch könne durch die Liposuktion eine erneute Flüssigkeitsansammlung nicht verhindert werden, ein therapeutischer Nutzen sei nicht belegt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 28. Juli 2010 wies der bei der Beklagten gebildete Widerspruchsausschuss den Widerspruch zurück. Die Kosten für die Liposuktion könnten nicht übernommen werden. Das Bundessozialgericht (BSG) habe im Urteil vom 16. September 1997 - 1 RK 17/95 - in Juris entschieden, dass neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden so lange von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen seien, bis der GBA sie als zweckmäßig anerkannt habe. Der GBA habe bisher mangels Antrag noch nicht über die Zulassung der Liposuktion entschieden. Eine Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung für eine Behandlungsmethode außerhalb der Zulassung könne ausnahmsweise unter folgenden engen Voraussetzungen in Betracht kommen: 1. es handele sich um eine schwerwiegende (lebensbedrohliche oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigende) Erkrankung, bei der 2. keine andere Therapie verfügbar sei und 3. aufgrund der Datenlage die begründende Aussicht bestehe, dass mit dem betreffenden Präparat ein Behandlungserfolg (kurativ oder palliativ) zu erzielen sei. Letzteres bedeute: Es müssten Forschungsergebnisse vorliegen, die erwarten ließen, dass die Behandlungsmethode für die betreffende Indikation zugelassen werden könne. Das sei nicht der Fall. Es lägen keine wissenschaftlich einwandfrei geführte Statistiken für die beantragte Methode vor. Der MDK verneine auch eine lebensbedrohliche Situation. Auch die Voraussetzungen für eine ausnahmsweise Kostenübernahme der gesetzlichen Krankenversicherung lägen daher nicht vor.
Bereits am 17. Mai 2010 erhob die Klägerin zum Sozialgericht Heilbronn (SG) Klage, die sie nach Erlass des Widerspruchsbescheids begründete. Die Beklagte habe die Kosten der Liposuktion zu übernehmen, da dies medizinisch indiziert gewesen. Sie habe an einem chronischen Lymphstau gelitten. Ursächlich hierfür sei eine im Jahr 2004 im Krankenhaus Bietigheim durchgeführte Gebärmutterentfernung gewesen. Direkt nach der dort erfolgten Gebärmutteroperation seien Fieber und Schmerzen aufgetreten, ihr Unterbauch habe sich gewölbt. In der Folgezeit habe sie drei Wochen lang zweimal die Woche ambulant punktiert werden müssen. Im weiteren Verlauf sei ein erneuter operativer Eingriff erfolgt, man habe ihr im Anschluss erklärt, dass man mehr als eine Ausräumung habe durchführen müssen. Ca. ein halbes Jahr nach der Operation habe sich beim Laufen über die Leiste der linke Oberschenkel bis über das Knie hinaus verdickt, weil von oben Flüssigkeit eingelaufen sei. Zusätzlich seien Schmerzen im Unterbauchbereich aufgetreten. In der Folge sei dann ein Lymphstau diagnostiziert worden, der regelmäßig punktiert worden sei. Im weiteren Verlauf habe sie, insbesondere im Bereich der Beine, immer mehr an Gewicht und Umfang zugenommen. Internist Dr. Wald habe sie zunächst mit Diuretikum und Lymphdrainagen therapiert. Sodann habe sie eine dreiwöchige Rehabilitationsmaßnahme in der Lymphklinik in B. N. absolviert. Dabei habe das Wasser aus den Beinen entfernt werden können, nach Abschluss des Aufenthalts habe es sich aus dem Bauchbereich aber wieder nachgefüllt. Der von ihr daraufhin konsultierte Arzt Ri. habe ihr erklärt, dass im Zuge der Hysterektomie einige Gefäße im kleinen Becken beschädigt worden sein müssten, die das beschriebene Phänomen ausgelöst hätten. Weitere Therapie seien dann wieder Diuretikum und Lymphdrainagen gewesen. Sowohl in der Rehaklinik in B. N. als auch von Arzt Ri. sei empfohlen worden, nach erfolgreichem Entzug der Flüssigkeit, soweit möglich, Korrektureingriffe (Lip- und Lymphödem) durchzuführen. Dies sei dann auch im Dezember 2009 im Klinikum D. erfolgt. Es seien hierbei ca. 5,5 l Flüssigkeit entnommen worden. Auch nach der Operation komme es zu Wasseransammlungen im Bereich von Gesäß und Beinen. Sie habe bis Sommer 2010 weiterhin Lymphdrainagen und zudem eine sogenannte Kompressions-Capri-Hose erhalten. Ergänzend wies sie darauf hin, dass nach Einschätzung von Dr. R. und Arzt Ri. davon ausgegangen werde, dass je nach Umfang der Auswirkungen der Lymphschädigungen die Beseitigung der Verdickungen in den Beinen noch separat und gegebenenfalls auch nicht in einem weiteren operativen Eingriff angegangen werden müsse. Ihre Beine seien nach wie vor schmerzhaft und dauerhaft angeschwollen.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Der Klägerin werde nicht eine selbst verschuldete reine Fettabsaugung unterstellt. Für die strittige außervertragliche Behandlungsmethode lägen aber keine Voraussetzungen vor, welche nach der BSG-Rechtsprechung eine Kostenübernahme befürworten und rechtfertigen würden.
Das SG erhob Beweis durch Vernehmung der behandelnden Ärzte der Klägerin als sachverständige Zeugen. Frauenarzt Re. (Auskunft vom 12. Januar 2012) gab an, dass eine gynäkologische Untersuchung der Klägerin letztmals im Dezember 2006 erfolgt sei. Bezüglich des von der Klägerin immer wieder beklagten Lip- und Lymphödems der Bauchdecke und der Beine wäre die Einholung eines Gutachtens erheblich sinnvoller. Dr. R. teilte unter dem 23. Januar 2012 mit, dass bei der Klägerin seit dem 50. (richtig: 40.) Lebensjahr nach einer gynäkologischen Operation eine zunehmende schmerzhafte Vermehrung des subkutanen Fettgewebes am Ober- und Unterbereich bestanden habe. Der Verlauf sei progredient gewesen. Diätetische Maßnahmen und sportliche Betätigung seien ohne Erfolg geblieben, manuelle Lymphdrainage und Kompression hätte keine Besserung der Beschwerden bewirkt. Die Klägerin sei mit 96 kg Körpergewicht bei 164 cm Körpergröße zwar übergewichtig, die Disproportion falle jedoch auf. Bei der am 29. Dezember 2009 durchgeführten Liposuktion seien 5500 ml Aspirat, davon 4800 ml Fett entzogen worden. Bei der Kontrolluntersuchung am 24. Februar 2010 habe sich ein sehr gutes Ergebnis gezeigt. Es bestehe eine Indikation zu einer weiteren Liposuktion an den Oberschenkel- und Knieinnenseiten. Allgemeinmediziner Ri. bekundete unter dem 26. Januar 2012, dass er bei der Klägerin ein Lymphödem nach chirurgischem Eingriff diagnostiziert und ihr zwischen dem 07. Januar und 27. Mai 2010 fünf Mal manuelle Lymphdrainage rezeptiert habe.
Mit Urteil vom 25. Mai 2012 wies das SG die Klage ab. Die Klägerin habe gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Übernahme der für die durchgeführte Liposuktion im Klinikum D. entstandenen Kosten weder im Rahmen vertragsärztlicher ambulanter Versorgung noch in Form einer stationären Krankenhausbehandlung. Hinsichtlich der Liposuktion liege bislang keine positive Empfehlung des GBA gemäß § 135 Abs. 1 SGB V vor. Die Gewährung dieser Leistung bzw. die Kostenerstattung durch die gesetzliche Krankenversicherung komme somit nicht in Betracht. An diesem Ergebnis ändere sich auch nichts unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen und sozialgerichtlichen Rechtsprechung zu neuen Behandlungs- und Untersuchungsmethoden. Die Voraussetzungen dieser Rechtsprechung seien bereits deshalb nicht erfüllt, weil es sich bei der Erkrankung der Klägerin durch Lymphstau nicht um eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung handele. Die beantragte Kostenerstattung könne auch nicht erfolgreich auf den Vortrag gestützt werden, die Liposuktion sei im Rahmen eines stationären Krankenhausaufenthalts der Klägerin durchgeführt worden. Zwar sei eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden im Rahmen einer stationären Krankenbehandlung zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung nicht ausgeschlossen, solange der GBA wie für die Liposuktion kein negatives Votum ausgesprochen habe. Gemäß § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V komme die Gewährung einer stationären Behandlungsmaßnahme in einem zugelassenen Krankenhaus aber nur dann in Betracht, wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich sei, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden könne. Im vorliegenden Fall ließen sich den medizinischen Unterlagen und den Angaben der behandelnden Ärzte keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass für die Durchführung der Liposuktion bei der Klägerin die Notwendigkeit eines vollstationären Krankenhausaufenthalts bestanden habe. Aus der Bescheinigung des Klinikums D. vom 31. Juli 2009 gehe vielmehr hervor, dass diese Behandlung bei der Klägerin auch ambulant durchgeführt werden könne.
Gegen dieses ihr am 29. Juni 2012 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 24. Juli 2012 Berufung eingelegt. Die Beklagte habe die Kosten des operativen Eingriffs vom 29. Dezember 2009 ebenso wie die Kosten für die - zwischenzeitlich erneut beantragte - Operation, die sich mit dem Lymphödem-Syndrom im Bereich der Arme und Beine beschäftige, zu übernehmen. Seit dem stationären Eingriff im Zusammenhang mit der Gebärmutterentfernung leide sie unter Schmerzen in den Beinen, Einschränkung der Beweglichkeit, Gewichtszunahme. Dies sei von Dr. R. unter dem 31. Juli 2009 als abdominelle Lipohypertrophie und nunmehr unter dem 18. Juli 2012 ausweislich der - beigefügten - ärztlichen Bescheinigung des Dr. R. als Lipödem-Syndrom der Beine und Arme diagnostiziert worden. Lymphdrainagen, Wassertabletten, Kompressionen und auch eine Kur hätten zu keiner dauerhaften gesundheitlichen Verbesserung geführt. Der Leistungskatalog der Beklagten biete keine ausreichend effektive und wirkmächtige Therapien an. Ihr, der Klägerin, drohe, dass sie dauerhaft an Gewichtszunahme, die irreversibel sei, leide, weil sich - früher im Unterleibsbereich - nunmehr von den Oberschenkeln nach unten weichend in die Unterschenkel und letztlich irgendwann in die Füße mit der Konsequenz sogenannter offener Füße, Wasser einlagere. Der bisher und der ferner im Bereich der Oberschenkel und oberhalb der Knie geplante weitere operative Eingriff in Form der Liposuktion biete die konkrete Chance, dass hier zumindest auf Jahre hinaus eine Teilgesundung im Sinne der deutlichen qualitativen Erhöhung der Lebensumstände eintrete, mit dem Erhalt der Erwerbsfähigkeit bis ins Rentenalter. Das Lipödemsyndrom im Bauchbereich bzw. im Bereich der Beine und Arme könne von einem Bündel von Ursachen herrühren. Bei ihr, der Klägerin, sei das Syndrom unverschuldet und ohne eigenes Zutun aufgrund der Operation aufgetreten. Es handele sich hier nicht um eine ?kosmetische Operation im weiteren Sinne?. Die Klägerin hat ergänzend auf das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 01. März 2012 - S 10 KR 189/10 - in Juris hingewiesen, das einer Klage auf Kostenerstattung für Liposuktion wegen Nichtbefassung des GBA und eines daraus folgenden Systemmangels stattgegeben hat.
Die Klägerin beantragt (sachgerecht gefasst),
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 25. Mai 2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 31. August 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Juli 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Euro 4.991,89 für die stationäre Krankenhausbehandlung zur Liposuktion des Bauches zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid und das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn.
Der Senat hat auf sein Urteil vom 10. September 2010 - L 4 KR 3961/09 -, nicht veröffentlicht, hingewiesen und das Gutachten "Liposuktion bei Lip- und Lymphödem vom 06. Oktober 2011 der Sozialmedizinischen Expertengruppe 7", welches im Auftrag des GKV-Spitzenverbandes unter Federführung des Medizinischen Fachbereichs Methodenbewertung des MDK Nordrhein unter Hinzuziehung des Ergebnisses einer interdisziplinären Arbeitsgruppe erstellt worden ist, in das Verfahren eingeführt. Die Autoren Dr. David (Facharzt für Chirurgie und Phlebologie) und Dr. Weingart (Facharzt für Allgemeinmedizin) gelangen unter Mitwirkung weiterer Ärzte, insbesondere des Dermatologen Dr. Dittberner, nach Auswertung der bislang über die Behandlung von Lipödemen durch Liposuktion vorhandenen Studien zu der Auffassung, dass die grundsätzlichen Anforderungen für die Erbringung einer Liposuktion zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung gemäß §§ 2 und 12 SGB V nicht erfüllt seien. In der durchgeführten systematischen Recherche hätten nur zwei kontrollierte Studien (eine zum Krankheitsbild der Lipomatosis dolorosa von Hansson - veröffentlicht 2011 und eine zum sekundären Lymphödem nach Therapie des Mammakarzinoms) identifiziert werden können. Die Ergebnisse dieser Studien seien in keiner Weise geeignet, eine für eine Therapieempfehlung ausreichende Nutzen-Risiko-Bewertung zu bejahen. Vielmehr sei davon auszugehen, dass die Liposuktion zur Therapie des Lipödems noch Gegenstand der wissenschaftlichen Diskussion und weitere (randomisierte) Studien erforderlich seien. Die Aussagen zur Liposuktion in den nicht evidenzbasierten Leitlinien seien als Beleg einer etablierten Standardtherapie im Sinne der Verfahrensordnung des GBA ungeeignet und begründeten auch kein Systemversagen, sodass unabhängig vom Leistungssektor nicht von einer generellen Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung auszugehen sei. Es fehlten daher Belege für den Patientennutzen aus klinischen Studien. Der Senat nimmt auf den Inhalt dieses Gutachtens im Einzelnen ausdrücklich Bezug.
Mit Schreiben vom 31. Oktober und 15. November 2012 sind die Beteiligten darauf hingewiesen worden, dass beabsichtigt sei durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu entscheiden.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten in beiden Instanzenzügen Bezug genommen.
II.
Da der Senat die Berufung der Klägerin einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung für nicht erforderlich hält, entscheidet er gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss. Der Rechtsstreit weist nach Einschätzung des Senats keine besonderen Schwierigkeiten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht auf, die mit den Beteiligten in einer mündlichen Verhandlung erörtert werden müssten. Zur beabsichtigten Verfahrensweise hat der Senat die Beteiligten angehört.
Die gemäß § 151 Abs.1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft und zulässig; sie ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG vom 25. Mai 2012 ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Der Bescheid der Beklagten vom 31. August 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Juli 2010 ist rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für die stationär durchgeführte Liposuktion zur Behandlung einer Lipohyperthrophie im Ober- und Unterbauch.
Streitgegenständlich ist vorliegend der Bescheid vom 31. August 2009, dieser in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Juli 2010. Soweit die Beklagte im laufenden Widerspruchsverfahren den weiteren Bescheid vom 15. April 2010 erlassen hat, handelt es sich lediglich um eine wiederholende Verfügung ohne eigenen Regelungsgehalt (vgl. hierzu Engelmann, in: v. Wulffen, SGB X, § 31 Rdnr.32 m.w.N.). Die Beklagte hat hierin zum Teil in der Begründung weitgehend identisch ihre schon mit Bescheid vom 31. August 2009 getroffene Entscheidung wiederholt und ergänzend zur Begründung noch ausgeführt, dass auch ein Ausnahmefall eine Kostenerstattung nicht rechtfertige. Eine eigenständige (Neu-)Regelung wurde damit nicht getroffen. Bei dem Bescheid vom 15. April 2010 handelte es sich auch nicht bereits um den Widerspruchsbescheid, da der Bescheid nicht von der zuständigen Widerspruchsstelle (§ 85 Abs. 2 SGG) erlassen wurde.
Im Hinblick hierauf hat der Senat den Antrag der Klägerin entsprechend sachgerecht gefasst (§ 123 SGG).
Nicht Gegenstand des Rechtsstreits ist die Übernahme der Kosten für die Liposuktion im Bereich der Beine und Arme. Hierüber hat die Beklagte in den angefochtenen Bescheiden nicht entschieden. Mit Blick hierauf muss die Klägerin gegen die Bescheide vorgehen, die die von der Klägerin nach ihrem Vortrag beantragte Übernahme der Kosten für eine Operation des Lipödems im Bereich der Beine und Arme ablehnen.
Die Klägerin begehrt, nachdem die Liposuktion im Dezember 2009 im Rahmen einer stationären Behandlung durchgeführt wurde, die Erstattung der Kosten einer Liposuktion als stationäre Krankenhausbehandlung. Da die Klägerin nicht nach § 13 Abs. 2 SGB V anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung gewählt hat, ist Anspruchsgrundlage für einen Kostenerstattungsanspruch § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V. Danach sind einem Versicherten von der Krankenkasse Kosten für eine selbst beschaffte Leistung in der entstandenen Höhe zu erstatten, wenn die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte oder sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dadurch dem Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden sind, soweit die Leistung notwendig war.
1.) Der Senat lässt dahingestellt, ob der Klägerin dadurch Kosten entstanden sind, dass die Beklagte die Leistung, deren entstandenen Kosten die Klägerin erstattet haben will, abgelehnt hat (§ 13 Abs. 3 Satz 1 Alternative 2 SGB V). Denn in der Bescheinigung des Dr. R. vom 31. Juli 2009, die die Klägerin ihrem Antrag vom 13. August 2009 beigefügt hatte, gab Dr. R. an, die geplante Therapie der Liposuktion könne ambulant durchgeführt werden, so dass der Antrag der Klägerin dahin ausgelegt werden könnte, dass sie nur die Übernahme der Kosten für eine ambulante Liposuktion, nicht aber - wie dann erfolgt - für eine stationäre Behandlung beantragte, und mithin die Beklagte in dem streitgegenständlichen Bescheid vom 31. August 2009 ausschließlich über die ambulante Liposuktion entschied. § 13 Abs. 3 SGB V soll einen Erstattungsanspruch für den Ausnahmefall gewähren, dass eine von der Krankenkasse geschuldete notwendige Behandlung infolge eines Mangels im Leistungssystem der Krankenversicherung als Dienst- oder Sachleistung nicht oder nicht in der gebotenen Zeit zur Verfügung gestellt werden kann. Nach Wortlaut und Zweck der Vorschrift muss zwischen dem die Haftung der Krankenkasse begründenden Umstand (rechtswidrige Ablehnung) und dem Nachteil des Versicherten (Kostenlast) ein Ursachenzusammenhang bestehen. Daran fehlt es, wenn die Kasse vor Inanspruchnahme der Behandlung mit dem Leistungsbegehren nicht befasst wurde, obwohl dies möglich gewesen wäre (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. Urteil vom 15. April 1997 - 1 BK 31/96 - SozR 3-2500 § 13 Nr. 15; Urteil vom 04. April 2006 - B 1 KR 5/05 R - SozR 4-2500 § 13 Nr. 8; Urteil vom 14. Dezember 2006 - B 1 KR 8/06 R - SozR 4-2500 § 13 Nr. 12).
2.) Dem Anspruch auf Erstattung der Kosten steht entgegen, dass die Beklagte nicht verpflichtet war, die im Dezember 2009 stationär durchgeführte Liposuktion als Sachleistung der Klägerin zur Verfügung zu stellen.
Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Nach Satz 2 Nr. 5 dieser Vorschrift umfasst die Krankenbehandlung u.a. auch die Krankenhausbehandlung. Nach § 39 Abs. 2 SGB V haben Versicherte Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus, wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Der Anspruch eines Versicherten auf Behandlung nach § 27 Abs. 1 Satz 2 SGB V unterliegt den sich aus § 2 Abs. 1 und § 12 Abs. 1 SGB V ergebenden Einschränkungen. Er umfasst nur solche Leistungen, die zweckmäßig und wirtschaftlich sind und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen. Krankheit im Sinne des SGB V ist ein regelwidriger, vom Leitbild des gesunden Menschen abweichender Körper- oder Geisteszustand, der ärztlicher Behandlung bedarf oder den Betroffenen arbeitsunfähig macht (ständige Rechtsprechung, z.B. BSG, Urteile vom 19. Oktober 2004 - B 1 KR 3/03 R - und vom 28. September 2010 - B 1 KR 5/10 R - in Juris). Eine Krankenbehandlung ist hierbei notwendig, wenn durch sie der regelwidrige Körper- oder Geisteszustand behoben, gebessert, vor einer Verschlimmerung bewahrt wird oder Schmerzen und Beschwerden gelindert werden können (ständige Rechtsprechung des BSG seit dem Urteil vom 28. April 1967 - 3 RK 12/65 - in Juris). Eine Krankheit liegt nur vor, wenn der Versicherte in den Körperfunktionen beeinträchtigt wird oder wenn die anatomische Abweichung entstellend wirkt (vgl. BSG, Urteil vom 09. Juni 1998 - B 1 KR 18/96 R; Urteil vom 13. Juli 2004 - B 1 KR 11/04 R -; zuletzt Urteil vom 28. September 2010 - B 1 KR 5/10 R -, alle in Juris).
Ausgehend davon steht der Klägerin kein Anspruch auf Erstattung der Kosten für die stationär durchgeführte Liposuktion zu. Zwar geht der Senat davon aus, dass die Klägerin im Bauchbereich unter einer Lipohyperthrophie leidet, welche als Krankheit zu qualifizieren ist (dazu a). Jedoch bestand kein Anspruch auf Behandlung dieses Lipohyperthrophie mittels Durchführung einer Liposuktion und damit auch kein Erstattungsanspruch (dazu b).
a) Der Senat geht davon aus, dass die Klägerin im Bereich des Ober- und Unterbauchs - neben einer Adipositas-Erkrankung - unter einem Lipohyperthrophie, also einer weichen Umfangvermehrung infolge einer Zubildung des Unterhautfettgewebes, leidet. Dies ergibt sich aus der sachverständigen Zeugenauskunft des Dr. R. vom 23. Januar 2012 gegenüber dem SG. Eine Bestätigung findet diese Diagnose darin, dass bei der durchgeführten Liposuktion u.a. 4800 ml Fett abgesaugt wurde. Etwas anderes folgt insoweit auch nicht aus der sachverständigen Zeugenauskunft des Frauenarztes Re. vom 12. Januar 2012, der ausführte, dass die Klägerin immer wieder ein Lip- und Lymphödem der Bauchdecke und Beine beklage. Der Senat geht davon aus, dass Frauenarzt Re. unter der von ihm als Lipödem der Bauchdecke bezeichneten Erkrankung eine Lipohyperthrophie im Bauchbereich versteht. Auch die sachverständige Zeugenauskunft des Allgemeinmediziners Ri. veranlasst den Senat nicht, von der Diagnose einer Lipohyperthrophie abzuweichen. Allgemeinmediziner Ri. hat zwar nur ein Lymphödem diagnostiert. Er hat nach seiner sachverständigen Zeugenauskunft vom 26. Januar 2012 jedoch nur die Beinschwellungen der Klägerin behandelt. Das Vorliegen einer Lipohyperthrophie im Bauchbereich hat er nicht explizit verneint. In seinem ärztlichen Attest vom 16. Februar 2010 hat er auch ausdrücklich eine Fettabsaugung befürwortet. Auf welche Ursache die Lipohyperthrophie zurückzuführen ist, ist insoweit ohne Belang. Entscheidend ist die nunmehr vorliegende Diagnose einer Lipohyperthrophie und nicht die Ursache.
Die Lipohyperthrophie stellt nach Auffassung des Senats auch eine Krankheit gemäß § 27 Abs. 1 SGB V dar, denn der insoweit bei der Klägerin vorliegende körperliche Zustand ist mit Blick auf die beklagten Gangbeschwerden und die Schmerzen, die eine Beeinträchtigung von Körperfunktionen darstellen, ein regelwidriger Zustand, der einer körperlichen Behandlung bedarf.
b) Jedoch besteht kein Anspruch der Klägerin auf Behandlung dieser Krankheit im Wege einer stationär durchgeführten Liposuktion. Diese Maßnahme entspricht - schon ganz grundlegend - nicht den erforderlichen Qualitätsanforderungen, die an eine zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung durchzuführende Behandlungsmethode zu stellen sind (dazu aa). Von diesem Einwand ist auch nicht ausnahmsweise im spezifischen Fall der Klägerin abzuweichen (dazu bb). Ein Leistungsanspruch ergibt sich auch weder dem Gesichtspunkt eines Systemmangels (dazu cc) noch auf der Grundlage des Beschlusses des BVerfG vom 06. Dezember 2005 (1 BvR 347/98 - a.a.O.) und der diese Rechtsprechung konkretisierenden Entscheidungen des BSG (dazu dd).
aa) § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V gibt vor, dass Qualität und Wirksamkeit der Leistungen, die zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen haben. Der Anspruch eines Versicherten auf Behandlung nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB V umfasst daher nur solche Leistungen, deren Qualität und Wirksamkeit diesen wissenschaftlichen Anforderungen entspricht. Hierzu genügt es nicht, dass eine Behandlungsmethode bei einem Versicherten nach Ansicht seiner Ärzte positiv gewirkt haben soll (vgl. entsprechend das BSG auch zur Frage der Erfüllung von Qualitätskriterien einer bestimmten Arzneimitteltherapie, Urteil vom 01. März 2011 - B 1 KR 7/10 R - SozR 4-2500 § 35 Nr. 5; Urteil vom 27. September 2005 - B 1 KR 6/04 R - SozR 4-2500 § 31 Nr. 3 m.w.N. - Wobe-Mugos). Neue Verfahren, die nicht ausreichend erprobt sind, oder Außenseitermethoden, die zwar bekannt sind, aber sich nicht bewährt haben, lösen keine Leistungspflicht der Krankenkasse aus. Es ist nicht Aufgabe der Krankenkassen, die medizinische Forschung zu finanzieren (so ausdrücklich BT-Drucks. 11/2237, S. 157). Die einzige Ausnahme bilden nach § 137c Abs. 2 Satz 2 SGB V die Durchführung klinischer Studien. Behandlungen im Rahmen solcher Studien waren und sind daher zur Förderung des medizinischen Fortschritts stets zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abrechenbar.
Außerhalb klinischer Studien muss es jedoch zu Qualität und Wirksamkeit einer Behandlungsmethode grundsätzlich zuverlässige wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen geben. Entsprechend der auch durch den GBA für seine Entscheidungen zugrunde gelegten Maßstäbe der evidenzbasierten Medizin ist dabei eine Sichtung und qualitative Bewertung der über eine Behandlungsmethode vorhandenen wissenschaftlichen Publikationen und Expertisen vorzunehmen (vgl. dezidiert BSG, Urteile vom 01. März 2011 u.a. - B 1 KR 7/10 R - a.a.O.; ebenso BSG, Urteil vom 12. August 2009 - B 3 KR 10/07 R - SozR 4-2500 § 139 Nr. 4). Erforderlich ist mithin, dass der Erfolg der Behandlungsmethode objektivierbar, also in einer ausreichenden Anzahl von Behandlungsfällen belegt ist (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 18. Mai 2004 - B 1 KR 21/02 R - SozR 4-2500 § 31 Nr. 1 RdNr. 7 m.w.N.; vgl. dazu auch Wagner, in Krauskopf, Stand 2008, § 13 SGB V Rn. 19). Die höchste Beweiskraft haben danach direkte Vergleichsstudien mit anderen Behandlungsmethoden, also Studien der Evidenzklasse I (vgl. entsprechend zur Arzneimitteltherapie BSG, Urteile vom 01. März 2011, u.a - B 1 KR 7/10 R - a.a.O.). Nur soweit derartige Studien nicht existieren, kann im Einzelfall auf andere, hinreichend aussage- und beweiskräftige Studien ausgewichen werden (vgl auch Flint in: Hauck/Noftz, SGB V, Stand Februar 2011, K § 35 RdNr 64). Um der in § 137c SGB V grundsätzlich angelegten Innovationsmöglichkeit gerecht zu werden, schließt der Senat dabei nicht aus, dass auch Expertenmeinungen zur Beurteilung des wissenschaftlichen Standards herangezogen werden können. Diese sind jedoch nicht geeignet, eine Leistungspflicht der Krankenkasse auch dann zu begründen, wenn objektivierbare Erkenntnisse bereits in eine andere Richtung weisen. Expertenmeinungen sind daher stets im Zusammenhang mit den vorhandenen objektivierbaren wissenschaftlichen Aussagen im Sinne einer maßgeblichen Gesamtschau heranzuziehen (so der erkennende Senat in seinem Urteil vom 27. Januar 2012 - L 4 KR 2272/10 - juris).
Von Qualität und Wirksamkeit der begehrten Liposuktion zur Behandlung einer Lipohyperthrophie im Sinne der Kriterien des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V vermochte der Senat sich indes nicht zu überzeugen. Er legt insoweit ganz maßgeblich das von der Beklagten vorgelegte ?Gutachten Liposuktion bei Lip- und Lymphödemen? der Sozialmedizinischen Expertengruppe 7 vom 06. Oktober 2011 zugrunde. Dieses Gutachten nimmt eine umfassende Auswertung der über den Einsatz von Liposuktion als Methode zur Behandlung von Lipödemen veröffentlichten Studien vor, wobei die Gutachter neben randomisiert kontrollierten auch nicht randomisiert kontrollierte Studien berücksichtigt haben. Die im Mai 2011 insoweit durchgeführte Recherche der hierzu vorhandenen Publikationen ergab überhaupt nur zwei relevante, diesen Qualitätsanforderungen entsprechende Studien. Für den konkreten Fall ist sogar nur eine der beiden Studien (nämlich diejenige zum Krankheitsbild der Lipomatosis dolorosa von Hansson - veröffentlicht 2011) relevant, da sich die andere der beiden Studien mit Liposuktion zur Behandlung eines Lymphödems nach Mammakarzinom befasst. In der Studie Hansson wurde (nicht randomisiert kontrolliert) der Langzeiterfolg der Liposuktion bei 111 Frauen mit Lipomatosis dolorosa beobachtet. Dabei wurde ein signifikanter Unterschied in der Schmerzreduktion beobachtet, ohne dass dies von den Autoren selbst als zureichendes Ergebnis gewertet wurde, um einen langfristigen Nutzen ausreichend zu belegen. Vielmehr fordern auch die Autoren weitere randomisiert kontrollierte Studien mit ausreichend validierten Ergebniskriterien. Alle übrigen seinerzeit zugänglichen Veröffentlichungen erfüllen diese Qualitätsanforderungen nicht bzw. stellen Registernachbeobachtungen oder Ergebnisberichte kleiner Fallserien dar. Für den Senat war daher das Fazit der Gutachter überzeugend, dass die Methode der Liposuktion zur Therapie des Lipödems derzeit noch Gegenstand wissenschaftlicher Diskussion ist und weitere randomisierte Studien erforderlich sind, um sie zu einer den Kriterien der evidenzbasierten Medizin entsprechenden Behandlungsmethode qualifizieren zu können. Diesem Fazit schließt sich der Senat auch für die im Bauchbereich auftretende Lipohyperthrophie an.
Dieses Ergebnis steht im Übrigen auch nicht im Widerspruch zum Urteil des BSG vom 16. Dezember 2008 (B 1 KR 11/08 R - SozR 4-2500 § 13 Nr. 19). Das BSG hatte sich dort mit der Frage zu befassen, ob die Behandlungsmethode der Liposuktion, die ambulant zu Lasten der gesetzlichen Krankenkasse von vornherein mangels positiver Empfehlung des GBA nicht erbracht werden darf (§ 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V; dazu auch Urteil des Senats vom 10. September 2010 - L 4 KR 3961/09 -, nicht veröffentlicht), gleichsam automatisch stationär zu erbringen ist, da im klinischen Bereich das Erfordernis einer positiven Entscheidung durch den GBA nicht besteht. Dies hat das BSG im konkreten Fall unter Verweis auf das Fehlen schon der Voraussetzungen des § 39 Abs. 1 SGB V verneint, da die dort statuierten spezifischen Voraussetzungen für eine Krankenhausbehandlung nicht vorlagen. Mit der Frage, ob die Methode der Liposuktion denn überhaupt den Maßstäben evidenzbasierter Medizin entspricht, hatte sich das BSG demgemäß gar nicht zu befassen. Aus der zitierten Entscheidung kann daher nicht abgeleitet werden, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen des Erfordernisses der Durchführung einer stationären Operation ohne weiteres ein Leistungsanspruch auf Durchführung einer Liposuktion zu Lasten der Krankenkasse besteht. Anhand der jüngeren Rechtsprechung des BSG ergibt sich vielmehr gerade das Gegenteil. Das BSG hat darin (vgl. insoweit insbesondere das Urteil vom 17. Februar 2010 - B 1 KR 10/09 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 18 zum Anspruch einer Versicherten auf stationär durchgeführt Reimplantation nach Kryokonservierung von Eierstockgewebe) ausdrücklich zum Maßstab gemacht, dass auch die stationäre Behandlung stets einer Überprüfung anhand der Maßstäbe des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V zu unterziehen ist. Eine andere Auffassung führte im Übrigen zu dem auch unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten (Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz) nicht tragbaren Ergebnis, dass Patienten allein deshalb, weil sie bestimmte Risikofaktoren erfüllen, die einen Krankenhausaufenthalt erforderlich machen, eine Behandlung in stationärem Rahmen erhielten, obwohl sich für die Wirksamkeit einer bestimmten Methode keine bislang hinreichend wissenschaftlich gefestigten Anhaltspunkte ergeben.
Eine stationäre Behandlung der Lipohyperthrophie durch Liposuktion käme zulasten der Krankenkasse daher derzeit nur im Rahmen klinischer Studien zu dieser Behandlungsmethode in Betracht. Darüber war indes vorliegend nicht zu entscheiden.
bb) Eine hiervon abweichende Betrachtung gebietet auch nicht der konkrete Fall der Klägerin. Es ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass trotz bislang nicht hinreichend erwiesener Wirksamkeit der Liposuktion zur Behandlung von Lipödemen der Klägerin eine Behandlung mittels Liposuktion aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls zu gewähren wäre.
Anhand der über die Klägerin vorhandenen Unterlagen ergibt sich diesbezüglich schon nicht eindeutig, in welchem Ausmaß gerade die Lipohyperthrophie im Bauchbereich Ursache für die bei der Klägerin bestehenden Schmerzen und Einschränkungen ist, nicht dagegen etwa die bei ihr vorliegende Adipositaserkrankung oder das bei der Klägerin ebenfalls diagnostizierte Lymphödem im Bereich insbesondere auch der Beine sein
cc) Ein Leistungsanspruch der Klägerin ergibt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines Systemmangels. Danach kann eine Leistungspflicht der Krankenkasse ausnahmsweise dann bestehen, wenn die fehlende Anerkennung einer neuen Behandlungsmethode darauf zurückzuführen ist, dass das Verfahren vor dem GBA trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wurde (?Systemversagen?). Ein derartiger Systemmangel wird angenommen, wenn das Verfahren vor dem GBA von den antragsberechtigten Stellen oder dem GBA selbst überhaupt nicht, nicht zeitgerecht oder nicht ordnungsgemäß durchgeführt wurde (vgl. BSG, Urteil vom 04. April 2006 - B 1 KR 12/05 R - = SozR 4-2500 § 27 Nr. 8). Der Gesichtspunkt eines Systemmangels, weil das Verfahren vor dem GBA noch nicht durchgeführt wurde, im hier vorliegenden Fall, in dem eine Kostenerstattung für eine stationäre und nicht eine ambulante Behandlung im Streit ist, ist nicht einschlägig. Anders als im Bereich der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung, wo nur diejenigen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zu Lasten der gesetzlichen Krankenkasse abgerechnet können, für die der GBA positiv eine Einhaltung der Qualitätsanforderungen des SGB V im Wege einer Richtlinie festgestellt hat (vgl. § 135 SGB V), ist im stationären Bereich kein solcher Anerkennungsvorbehalt formuliert. Während der Gesetzgeber in der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung für die Abrechenbarkeit von Behandlungen und Untersuchungen zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen von einem Verbot mit Erlaubnisvorbehalt (§ 135 SGB V) ausgeht, ist in der Krankenhausversorgung die Qualitätssicherung im Sinne einer grundsätzlichen Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt (§ 137c SGB V) vorgesehen. Dies entbindet jedoch das Krankenhaus nicht von einer Überprüfung und Einhaltung der Standards des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V und § 12 Abs. 1 SGB V im Einzelfall (Urteil des Senats vom 27. Januar 2012 - L 4 KR 2272/10 - juris). Auf das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 01. März 2012 - S 10 KR 189/10 - a.a.O., auf das die Klägerin ihr Begehren mit Blick auf das Vorliegen eines Systemmangels stützt, kann sich die Klägerin deshalb nicht berufen. Im Übrigen vermag der Senat aber auch nicht festzustellen, dass der GBA die Überprüfung der Liposuktion trotz Vorliegens der notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen willkürlich nicht durchgeführt hat. Hierfür fehlen jegliche Anhaltspunkte.
dd) Die Klägerin kann sich auch nicht auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 06. Dezember 2005 (1 BvR 347/98 a.a.O.) und die diese Rechtsprechung konkretisierenden Entscheidungen des BSG berufen. Der vom BVerfG entwickelte Anspruch von Versicherten auf ärztliche Behandlung mit nicht allgemein anerkannten Methoden, die durch den zuständigen GBA bisher nicht anerkannt sind, setzt eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende oder zumindest wertungsmäßig damit vergleichbare Erkrankung voraus (z.B. BSG, Urteile vom 04. April 2006 - B 1 KR 12/04 R - = SozR 4-2500 § 27 Nr. 7; und - B 1 KR 7/05 R - = SozR 4-2500 § 31 Nr. 4; Urteil vom 16. Dezember 2008 - B 1 KR 11/08 R - = SozR 4-2500 § 13 Nr. 19). Mit dem Kriterium einer Krankheit, die zumindest mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung in der Bewertung vergleichbar ist, ist eine strengere Voraussetzung umschrieben, als sie etwa mit dem Erfordernis einer ?schwerwiegenden? Erkrankung für die Eröffnung des so genannten Off-Label-Use formuliert ist (BSG a.a.O.). Gerechtfertigt ist hiernach eine verfassungskonforme Auslegung der einschlägigen gesetzlichen Regelungen u.a. nur, wenn eine notstandsähnliche Situation im Sinne einer in einem gewissen Zeitdruck zum Ausdruck kommenden Problematik vorliegt, wie sie für einen zur Lebenserhaltung bestehenden akuten Behandlungsbedarf typisch ist. Das bedeutet, dass nach den konkreten Umständen des Falles bereits drohen muss, dass sich ein voraussichtlich tödlicher Krankheitsverlauf innerhalb überschaubaren Zeitraums mit Wahrscheinlichkeit verwirklichen wird; Ähnliches kann für den nicht kompensierbaren Verlust eines wichtigen Sinnesorgans oder einer herausgehobenen Körperfunktion gelten. Einen solchen Schwergrad erreicht die Lipohyperthrophie der Klägerin nicht (so auch für einen vergleichbaren Fall BSG, Urteil vom 16. Dezember 2008 - B 1 KR 11/08 R - a.a.O.). Insoweit kommt es nicht darauf an, ob die konservativen Therapien wie etwa Wassertabletten, manuelle Lymphdrainage und Kompressionen für die Klägerin als allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlungen erfolgsversprechend zur Verfügung gestanden haben und stehen.
3. Im Hinblick auf das in das Verfahren eingeführte ?Gutachten Liposuktion bei Lip- und Lymphödemen? der sozialmedizinischen Expertengruppe 7 vom 06. Oktober 2011 war es auch nicht erforderlich, ein weiteres Gutachten von Amts wegen einzuholen. Für den Senat ist nicht erkennbar, dass ein anderer Arzt oder eine andere Organisation über weitergehende Möglichkeiten verfügt, vorhandene Studien oder Publikationen auszuwerten.
Auch die Einholung eines Gutachtens gemäß § 109 SGG war nicht erforderlich, nachdem die Klägerin einen entsprechenden Antrag auf die Hinweise der Berichterstatterin vom 10. September, 31. Oktober und 15. November 2012 nicht wiederholt hat.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
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