Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 16 R 4818/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 3201/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 13. Juni 2012 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1949 geborene Kläger absolvierte von 1964 bis 1967 eine Ausbildung zum Schriftsetzer und war nach eigenen Angaben seit dem 01.04.1973 als selbstständiger Grafiker tätig. Dem Versicherungsverlauf der Beklagten lassen sich freiwillige Beiträge für die Zeit vom 01.01.1974 bis 31.12.1993 entnehmen. Darüber hinaus sind Pflichtbeitragszeiten vom 14.04.2008 bis 31.12.2010 vermerkt. Seit dem 24.08.2010 sind durch das zuständige Landratsamt K. ein Grad der Behinderung von 100 sowie die Nachteilsausgleiche Merkzeichen ?G?, ?B? sowie ?RF? festgestellt. Grundlage dieser Entscheidung (Bescheid vom 10.11.2010) war eine Sehbehinderung beidseitig, eingepflanzte Kunstlinse beidseits, Diabetes mellitus, (mit Diät und Insulin einstellbar), Polyneuropathie, arterielle Verschlusskrankheit beider Beine, mit Verformung verheilter Wirbelbruch, chronisches Schmerzsyndrom, Bandscheibenschaden, entzündliche Erkrankung der Bandscheiben, seelische Störung und Bluthochdruck.
Der Kläger beantragte am 06.07.2011 die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Dem Antrag waren Befundberichte des Diakonissenkrankenhauses Karlsruhe-Rüppurr und des Städtischen Klinikums K. beigefügt.
Mit Bescheid vom 22.07.2011 lehnte die Beklagte den Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung ab. Zur Begründung führte sie aus, dass ausgehend von einem möglichen Eintritt der Erwerbsminderung am 06.07.2011 im Versicherungskonto die Mindestzahl von 36 Monaten Pflichtbeiträgen im Zeitraum vom 06.07.2006 bis 05.07.2011 nicht erfüllt sei, weil in diesem Zeitraum nur 33 Monate mit Pflichtbeiträgen vermerkt seien. Soweit in weiteren Vorschriften die Mindestzahl von Pflichtbeiträgen nicht gefordert werde, seien deren Voraussetzungen nicht erfüllt.
Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch machte der Kläger geltend, aufgrund seiner schwerwiegenden Erkrankung an beiden Augen und durch seine Wirbelsäulenfraktur keine selbstständige Tätigkeit mehr ausführen zu können. Bildschirmarbeiten als selbstständiger Grafiker seien unmöglich. Sofern er durch Einzahlung die fehlenden Beiträge nachentrichten könne, bitte er um schnellstmögliche Mitteilung. Hierauf teilte ihm die Beklagte mit, dass eine Nachzahlung von Pflichtbeiträgen grundsätzlich nicht möglich sei. Durch eine Nachzahlung von freiwilligen Beiträgen, welche für das Jahr 2011 und die Zukunft möglich sei, könnten die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt werden. Auch wenn man vom Eintritt der Erwerbsminderung am 16.08.2007 ausginge, seien die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt, weil in den fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung (Zeitraum vom 16.08.2002 bis 15.08.2007) anstatt der geforderten 36 Monate mit Pflichtbeiträgen keine Monate mit Pflichtbeiträgen belegt seien. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24.10.2011 zurück. Unter Berücksichtigung der vorliegenden Befundberichte von 2007 bis 2011 und dem Nachweis über den Grad der Behinderung von 100 seien nach Auffassung des sozialmedizinischen Dienstes der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg keine Auswirkungen ersichtlich, die das Leistungsvermögen einschränkten. Darüber hinaus seien die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rentengewährung nicht erfüllt, weil im maßgeblichen Zeitraum vom 06.07.2006 bis 05.07.2011 lediglich 33 Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen vorhanden seien. Darüber hinaus liege weder eine vorzeitige Erfüllung der allgemeinen Wartezeiten nach § 53 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) vor noch sei jeder Kalendermonat vom 1. Januar 1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der verminderten Erwerbsfähigkeit mit anerkennungsfähigen rentenrechtlichen Zeiten belegt. Schießlich sei die verminderte Erwerbsfähigkeit auch nicht vor dem 1. Januar 1984 eingetreten.
Hiergegen hat der Kläger am 23.11.2011 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) eingelegt.
Zur Begründung hat er eine erhebliche Sehbehinderung auf beiden Augen mit ca. zehn operativen Eingriffen und eine auf 5 bis 10 % reduzierte Sehkraft geltend gemacht. Das SG hat Beweis erhoben durch das Einholen sachverständiger Zeugenaussagen beim Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. S., dem Augenarzt Dr. H., dem Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. S., dem Orthopäden Dr. F. und dem Internisten Dres. W.-G./B. und dem Chefarzt der Augenklinik am Diakonissenkrankenhaus Karlsruhe-Rüppurr Dr. S ... Wegen der gemachten Aussagen und mit diesen Aussagen vorgelegten weiteren Befundberichten wird auf Blatt 25 bis 91 der Gerichtsakte verwiesen.
Mit Urteil vom 13.06.2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, der Kläger habe zwar die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren erfüllt, es fehle jedoch an den erforderlichen drei Jahren mit Pflichtbeiträgen innerhalb der letzten fünf Jahre vor Eintritt der geltend gemachten Erwerbsminderung. Ginge man von dem im Rentenantrag angegebenen 16.08.2007 aus, wären im maßgeblichen Fünfjahreszeitraum von 16.08.2002 bis 15.08.2007 keine Monate mit Pflichtbeitragszeiten belegt. Bei einem späteren Eintritt der Erwerbsfähigkeit mit Rentenantragstellung am 06.07.2011 wären nur 33 Monate, nämlich der Zeitraum vom 14.04.2008 bis 31.12.2010, mit Pflichtbeiträgen belegt. Der Kläger könne die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen auch nicht durch eine Nachzahlung freiwilliger Beiträge erfüllen. Es liege darüber hinaus auch kein Tatbestand vor, bei dem die dreijährige Pflichtbeitragszeit im Fünfjahreszeitraum ausnahmsweise entbehrlich wäre. Der Kläger habe anwartschaftserhaltende freiwillige Beiträge nur bis Dezember 1993 entrichtet. Zu diesem Zeitpunkt habe der Kläger aber noch nicht an den zur Begründung des Rentenantrags angegebenen Erkrankungen gelitten.
Gegen das ihm am 20.06.2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 20.07.2012 Berufung eingelegt.
Er könne durch seine Augenerkrankung keine Computerarbeiten mehr verrichten. Als selbstständiger Grafiker sei dies unbedingt lebensnotwendig. Er verstehe nicht, warum die fünf behandelnden Ärzte um Stellungnahmen gebeten worden seien, wenn diese überhaupt nicht berücksichtigt worden seien.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 13. Juni 2012 sowie den Bescheid vom 22. Juli 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Oktober 2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab Antragstellung Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beteiligten wurden mit Verfügung des Berichterstatters vom 08.10.2012 und 30.10.2012 auf die Möglichkeit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss hingewiesen. Hierauf hat der Kläger nochmals vorgetragen und Befundberichte, welche im Wesentlichen im erstinstanzlichen Verfahren bereits beigezogen worden waren, vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogene Akte der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, bleibt aber in der Sache ohne Erfolg. Das angefochtene Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung hat.
Gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Landessozialgericht - nach vorheriger Anhörung der Beteiligten - die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn es diese einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Im vorliegenden Fall sind die Berufsrichter des Senats einstimmig zum Ergebnis gekommen, dass die Berufung unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Mit den Schreiben vom 08.10.2012 und 30.10.2012 hat der Senat die Beteiligten auch auf die Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG hingewiesen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Eine Zustimmung der Beteiligten ist nicht erforderlich. Ein neuer Sachverhalt ergibt sich insbesondere auch nicht aus den vom Kläger mit Fax vom 08.11.2012 und Schreiben ohne Datum, welches beim Senat am 09.11.2012 eingegangen ist, vorgelegten Befundberichten.
Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres bzw. seit 1. Januar 2008 bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung wenn sie 1. teilweise erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI).
Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres bzw. seit 1. Januar 2008 bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI, wenn sie 1. voll erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Voll erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 2 Satz 3 SGB VI auch 1. Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können und 2. Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt. Nicht erwerbsgemindert ist gemäß § 43 Abs. 3 SGB VI, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.
Der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung verlängert sich gemäß § 43 Abs. 4 SGB VI um folgende Zeiten, die nicht mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt sind: 1. Anrechnungszeiten und Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, 2. Berücksichtigungszeiten, 3. Zeiten, die nur deshalb keine Anrechnungszeiten sind, weil durch sie eine versicherte Be-schäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit oder eine Zeit nach Nr. 1 oder 2 liegt, 4. Zeiten einer schulischen Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahres bis zu sieben Jahren, gemindert um Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung. Eine Pflichtbeitragszeit von drei Jahren ist für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit gemäß § 43 Abs. 5 SGB VI nicht erforderlich, wenn die Erwerbsminderung aufgrund eines Tatbestandes eingetreten ist, durch den die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt ist.
Anrechnungszeiten sind u. a. Zeiten, in denen Versicherte wegen Krankheit arbeitsunfähig (§ 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI) oder arbeitslos (§ 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VI) gewesen sind, wenn dadurch u. a. eine versicherte Tätigkeit unterbrochen ist (§ 58 Abs. 2 Satz 1 SGB VI).
Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vor Eintritt der Erwerbsminderung sind gemäß § 241 Abs. 2 Satz 1 SGB VI für Versicherte nicht erforderlich, die vor dem 01. Januar 1984 die allgemeine Wartezeit erfüllt haben, wenn jeder Kalendermonat vom 01. Januar 1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der Erwerbsminderung mit 1. Beitragszeiten 2. beitragsfreien Zeiten, 3. Zeiten, die nur deshalb nicht beitragsfreie Zeiten sind, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag, eine beitragsfreie Zeit oder eine Zeit nach Nr. 4, 5 oder 6 liegt, 4. Berücksichtigungszeiten, 5. Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder 6. Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts im Beitrittsgebiet vor dem 01. Januar 1992 (Anwartschaftserhaltungszeiten) belegt ist oder wenn die Erwerbsminderung vor dem 01. Januar 1984 eingetreten ist. Für Kalendermonate, für die eine Beitragszahlung noch zulässig ist, ist eine Belegung mit Anwartschaftserhaltungszeiten nicht erforderlich (§ 241 Abs. 2 Satz 2 SGB VI).
Nach Maßgabe der vorgenannten rechtlichen Grundlagen hat der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung, weil im maßgeblichen Zeitraum vor Eintritt der Erwerbsminderung im Sinne der genannten Bestimmungen Pflichtbeiträge für eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit nicht in ausreichender Zahl (drei Jahre bzw. 36 Monate) nachgewiesen sind.
Der Senat kann es dahingestellt sein lassen, ob mit dem Sturz am 16. August 2007, bei dem sich der Kläger eine BWK-12-Fraktur zugezogen hat (mit nachfolgender Abszessbildung), und der ebenfalls seit 2007 bekannten Diabetes mellitus-Erkrankung, einer zu diesem Zeitpunkt diagnostizierten schweren Depression und vor allem wegen einer stetigen Verschlechterung des Sehvermögens, welche im Juli 2010 für das rechte Auge mit Handbewegungen und für das linke Auge mit 0,16 angegeben wurde (vgl. Dr. S., sachverständige Zeugenaussage vom 16.02.2012) und mehrere operative Eingriffe erforderlich machte, die nach den Angaben von Dr. S. (a.a.O.) nicht zu einer wesentlichen Besserung geführt haben (Zustand am 08.11.2011: keine Lesefähigkeit, Lesen nur mit Bildschirmlesegerät möglich, dadurch jedoch kein flüssiges Lesen zu erwarten, Orientierung deutlich beeinträchtigt aufgrund zu erwartender Gesichtsfelddefekte, dadurch Nachtblindheit, keine Orientierung im Dunkeln) eine Leistungsminderung selbst für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auf weniger als 6 Stunden anzunehmen wäre. Denn für alle in Betracht kommenden Leistungsfälle, die den beigezogenen Befundberichten entnommen werden könnten, lassen sich die oben bereits dargestellten erforderlichen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht nachweisen. Dies gilt für den hier frühestmöglichen Leistungsfall mit dem Sturz am 16.08.2007 als auch für den Zeitpunkt des Nachweises einer erheblichen Sehminderung im Juli 2010 als auch für die Antragstellung auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente, wobei eine gravierende Änderung des Gesundheitszustandes für den Juli 2011 und den Zeitraum danach im Hinblick auf die Fähigkeit einer Erwerbstätigkeit nachgehen zu können, nicht ersichtlich ist.
Für keinen der genannten möglichen Leistungsfälle, also dem Zeitpunkt des Eintritts einer rentenrechtlich relevanten Erwerbsminderung ist die sogenannte 3/5-Belegung erfüllt. Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit, wie dies die §§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nummer 2 und 43 Abs. 2 Satz 1 Nummer 2 SGB VI voraussetzen, sind im Versicherungsverlauf des Klägers - ausgenommen die Zeiten der Berufsausbildung - nicht vermerkt. Zwischen dem zuletzt für Dezember 1993 gezahlten freiwilligen Beitrag und der ersten Pflichtbeitragszeit im April 2008 sind überhaupt keine rentenrechtlich relevanten Zeiten vermerkt. Insoweit lassen sich für einen Leistungsfall im August 2007 auch weder 36 Monate an Pflichtbeitragszeiten noch sonstige den Versicherungsschutz für eine Erwerbsminderungsrente erhaltende oder begründende Zeiten finden. Soweit auf einen Leistungsfall im Juli 2010 oder mit der Antragstellung im Juli 2011 abzustellen wäre, ergibt sich kein anderes Bild. Zwar sind für den Bezug von Sozialleistungen Pflichtbeiträge im Zeitraum vom 14.04.2008 bis 31.12.2010 vermerkt, sie ergeben in der Summe aber nur 33 Monate statt der geforderten 36. Soweit der Kläger über den 31.12.2010 hinaus Arbeitslosengeld II über das Jobcenter Karlsruhe bezieht oder bezogen hat, ergeben sich hierdurch keine weiteren Beitragszeiten mehr. § 55 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI bestimmt dabei zwar, dass zu den Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung auch Pflichtbeiträge zählen, die aufgrund der §§ 3 und 4 SGB VI gezahlt worden sind oder als gezahlt gelten. Versicherungspflicht bestand insoweit aber nur in der bis 31.12.2010 anzuwendenden Fassung des § 3 SGB VI für Personen in der Zeit, für die sie von den jeweils zuständigen Trägern nach dem Zweiten Buch Arbeitslosengeld II bezogen haben (vgl. Nr. 3a). Diese Versicherungspflicht und damit auch die Zahlung von Beiträgen ist mit Wirkung ab 01.01.2011 aufgehoben worden (Haushaltsbegleitgesetz 2011 vom 9.12.2010, BGBl I, Nr. 63, S. 1897), sodass Pflichtbeiträge im Sinne des § 43 SGB VI nicht mehr gezahlt werden und auch nicht als bezahlt gelten. Verbleiben damit auch für einen angenommenen Leistungsfall mit Antragstellung nur lediglich 33 Monate an anzuerkennenden Pflichtbeiträgen, ist die erforderliche sog. 3/5-Belegung nicht erfüllt.
Wie die Beklagte und das SG bereits zutreffend ausgeführt haben, können die Voraussetzungen für eine Rente wegen Erwerbsminderung auch nicht durch eine Zahlung freiwilliger Beiträge geschaffen werden, noch entfällt die Notwendigkeit der 3/5-Belegung aufgrund besonderer Tatbestände, etwa aufgrund einer vorzeitigen Erfüllung der allgemeinen Wartezeit (vgl. § 43 Abs. 5 SGB VI, § 53 SGB VI, § 245 Abs. 2, 3 SGB VI: Eintritt von Erwerbsminderung/Berufsunfähigkeit/Erwerbsunfähigkeit wegen eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit, wegen einer Wehrdienstbeschädigung, wegen einer Zivildienstbeschädigung oder wegen eines Gewahrsams, Eintritt von Erwerbsminderung/Berufsunfähigkeit/Erwerbsunfähigkeit vor Ablauf von 6 Jahren nach Beendigung einer Ausbildung, Versicherungsfälle der Erwerbsunfähigkeit/Berufsunfähigkeit/Erwerbsminderung, die vor dem 1.1.1992 eingetreten sind). Auch Tatbestände über die Verlängerung des 5-Jahres-Zeitraumes (§ 43 Abs. 4 SGB VI, § 241 Abs. 1 SGB VI, § 242 Abs. 1 SGB VI) kommen nicht zum Tragen, weil die hierfür erforderlichen rentenrechtlichen Zeiten ebenfalls nicht vorliegen (etwa Anrechnungszeiten und Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, Berücksichtigungszeiten, Zeiten, die nur deshalb keine Anrechnungszeiten sind, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten 6 Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit oder eine Zeit nach Nr. 1 oder 2 liegt, Zeiten einer schulischen Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahres bis zu 7 Jahren, gemindert um Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung). Dabei liegen relevante Berücksichtigungszeiten nur vor, wenn während dieser Zeiten eine selbstständige Tätigkeit nicht ausgeübt worden ist, die mehr als geringfügig war. Der Kläger war schließlich auch nicht schon vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit von 5 Jahren voll erwerbsgemindert bzw. erwerbsunfähig (§ 43 Abs. 6 SGB VI) und kann weitere Ansprüche auch nicht aus der Übergangsvorschrift des § 241 SGB VI herleiten. Hierzu müsste die Wartezeit von 5 Jahren schon vor 1984 erfüllt gewesen sein, und danach durchgehend Pflichtbeiträge entrichtet worden sein (z.B. wegen selbstständiger Tätigkeit bei nur freiwilliger Beitragszahlung, oder wegen Arbeitsunfähigkeit oder Arbeitslosigkeit oder wegen Einstellung der Erwerbstätigkeit bei freiwilliger Beitragszahlung). Solche Beiträge sind aber nur bis Dezember 1993 entrichtet worden. Eine lückenlose Belegung aller Kalendermonate vom 01.01.1984 bis zum Versicherungsfall der Erwerbsminderung ist damit ebenfalls nicht gegeben. Die seit 1994 bestehenden Lücken im Versicherungsverlauf können auch nicht mehr durch Zahlung freiwilliger Beiträge geschlossen werden. Denn diese Möglichkeit bestünde nur dann, wenn kraft gesetzlicher Bestimmungen eine Beitragszahlung für entsprechende Lückenzeiträume noch gesetzlich zulässig wäre. Nach § 197 Abs. 2 SGB VI sind freiwillige Beiträge aber nur dann noch wirksam zahlbar, wenn sie bis zum 31. März des Jahres, das dem Jahr folgt, für das sie gelten sollen, gezahlt werden.
Soweit eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§ 240 SGB VI) in Betracht kommt, müssen auch hierfür dieselben, in § 43 Abs. 1 Nr. 2 und 3 SGB VI genannten - versicherungsrechtlichen - Voraussetzungen erfüllt sein (Niesel in Kasseler Kommentar, Stand April 2012, § 240 Rz 5).
Das SG hat damit die Klage zu Recht abgewiesen. Deswegen weist der Senat die Berufung zurück. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1949 geborene Kläger absolvierte von 1964 bis 1967 eine Ausbildung zum Schriftsetzer und war nach eigenen Angaben seit dem 01.04.1973 als selbstständiger Grafiker tätig. Dem Versicherungsverlauf der Beklagten lassen sich freiwillige Beiträge für die Zeit vom 01.01.1974 bis 31.12.1993 entnehmen. Darüber hinaus sind Pflichtbeitragszeiten vom 14.04.2008 bis 31.12.2010 vermerkt. Seit dem 24.08.2010 sind durch das zuständige Landratsamt K. ein Grad der Behinderung von 100 sowie die Nachteilsausgleiche Merkzeichen ?G?, ?B? sowie ?RF? festgestellt. Grundlage dieser Entscheidung (Bescheid vom 10.11.2010) war eine Sehbehinderung beidseitig, eingepflanzte Kunstlinse beidseits, Diabetes mellitus, (mit Diät und Insulin einstellbar), Polyneuropathie, arterielle Verschlusskrankheit beider Beine, mit Verformung verheilter Wirbelbruch, chronisches Schmerzsyndrom, Bandscheibenschaden, entzündliche Erkrankung der Bandscheiben, seelische Störung und Bluthochdruck.
Der Kläger beantragte am 06.07.2011 die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Dem Antrag waren Befundberichte des Diakonissenkrankenhauses Karlsruhe-Rüppurr und des Städtischen Klinikums K. beigefügt.
Mit Bescheid vom 22.07.2011 lehnte die Beklagte den Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung ab. Zur Begründung führte sie aus, dass ausgehend von einem möglichen Eintritt der Erwerbsminderung am 06.07.2011 im Versicherungskonto die Mindestzahl von 36 Monaten Pflichtbeiträgen im Zeitraum vom 06.07.2006 bis 05.07.2011 nicht erfüllt sei, weil in diesem Zeitraum nur 33 Monate mit Pflichtbeiträgen vermerkt seien. Soweit in weiteren Vorschriften die Mindestzahl von Pflichtbeiträgen nicht gefordert werde, seien deren Voraussetzungen nicht erfüllt.
Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch machte der Kläger geltend, aufgrund seiner schwerwiegenden Erkrankung an beiden Augen und durch seine Wirbelsäulenfraktur keine selbstständige Tätigkeit mehr ausführen zu können. Bildschirmarbeiten als selbstständiger Grafiker seien unmöglich. Sofern er durch Einzahlung die fehlenden Beiträge nachentrichten könne, bitte er um schnellstmögliche Mitteilung. Hierauf teilte ihm die Beklagte mit, dass eine Nachzahlung von Pflichtbeiträgen grundsätzlich nicht möglich sei. Durch eine Nachzahlung von freiwilligen Beiträgen, welche für das Jahr 2011 und die Zukunft möglich sei, könnten die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt werden. Auch wenn man vom Eintritt der Erwerbsminderung am 16.08.2007 ausginge, seien die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt, weil in den fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung (Zeitraum vom 16.08.2002 bis 15.08.2007) anstatt der geforderten 36 Monate mit Pflichtbeiträgen keine Monate mit Pflichtbeiträgen belegt seien. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24.10.2011 zurück. Unter Berücksichtigung der vorliegenden Befundberichte von 2007 bis 2011 und dem Nachweis über den Grad der Behinderung von 100 seien nach Auffassung des sozialmedizinischen Dienstes der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg keine Auswirkungen ersichtlich, die das Leistungsvermögen einschränkten. Darüber hinaus seien die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rentengewährung nicht erfüllt, weil im maßgeblichen Zeitraum vom 06.07.2006 bis 05.07.2011 lediglich 33 Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen vorhanden seien. Darüber hinaus liege weder eine vorzeitige Erfüllung der allgemeinen Wartezeiten nach § 53 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) vor noch sei jeder Kalendermonat vom 1. Januar 1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der verminderten Erwerbsfähigkeit mit anerkennungsfähigen rentenrechtlichen Zeiten belegt. Schießlich sei die verminderte Erwerbsfähigkeit auch nicht vor dem 1. Januar 1984 eingetreten.
Hiergegen hat der Kläger am 23.11.2011 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) eingelegt.
Zur Begründung hat er eine erhebliche Sehbehinderung auf beiden Augen mit ca. zehn operativen Eingriffen und eine auf 5 bis 10 % reduzierte Sehkraft geltend gemacht. Das SG hat Beweis erhoben durch das Einholen sachverständiger Zeugenaussagen beim Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. S., dem Augenarzt Dr. H., dem Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. S., dem Orthopäden Dr. F. und dem Internisten Dres. W.-G./B. und dem Chefarzt der Augenklinik am Diakonissenkrankenhaus Karlsruhe-Rüppurr Dr. S ... Wegen der gemachten Aussagen und mit diesen Aussagen vorgelegten weiteren Befundberichten wird auf Blatt 25 bis 91 der Gerichtsakte verwiesen.
Mit Urteil vom 13.06.2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, der Kläger habe zwar die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren erfüllt, es fehle jedoch an den erforderlichen drei Jahren mit Pflichtbeiträgen innerhalb der letzten fünf Jahre vor Eintritt der geltend gemachten Erwerbsminderung. Ginge man von dem im Rentenantrag angegebenen 16.08.2007 aus, wären im maßgeblichen Fünfjahreszeitraum von 16.08.2002 bis 15.08.2007 keine Monate mit Pflichtbeitragszeiten belegt. Bei einem späteren Eintritt der Erwerbsfähigkeit mit Rentenantragstellung am 06.07.2011 wären nur 33 Monate, nämlich der Zeitraum vom 14.04.2008 bis 31.12.2010, mit Pflichtbeiträgen belegt. Der Kläger könne die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen auch nicht durch eine Nachzahlung freiwilliger Beiträge erfüllen. Es liege darüber hinaus auch kein Tatbestand vor, bei dem die dreijährige Pflichtbeitragszeit im Fünfjahreszeitraum ausnahmsweise entbehrlich wäre. Der Kläger habe anwartschaftserhaltende freiwillige Beiträge nur bis Dezember 1993 entrichtet. Zu diesem Zeitpunkt habe der Kläger aber noch nicht an den zur Begründung des Rentenantrags angegebenen Erkrankungen gelitten.
Gegen das ihm am 20.06.2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 20.07.2012 Berufung eingelegt.
Er könne durch seine Augenerkrankung keine Computerarbeiten mehr verrichten. Als selbstständiger Grafiker sei dies unbedingt lebensnotwendig. Er verstehe nicht, warum die fünf behandelnden Ärzte um Stellungnahmen gebeten worden seien, wenn diese überhaupt nicht berücksichtigt worden seien.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 13. Juni 2012 sowie den Bescheid vom 22. Juli 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Oktober 2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab Antragstellung Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beteiligten wurden mit Verfügung des Berichterstatters vom 08.10.2012 und 30.10.2012 auf die Möglichkeit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss hingewiesen. Hierauf hat der Kläger nochmals vorgetragen und Befundberichte, welche im Wesentlichen im erstinstanzlichen Verfahren bereits beigezogen worden waren, vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogene Akte der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, bleibt aber in der Sache ohne Erfolg. Das angefochtene Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung hat.
Gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Landessozialgericht - nach vorheriger Anhörung der Beteiligten - die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn es diese einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Im vorliegenden Fall sind die Berufsrichter des Senats einstimmig zum Ergebnis gekommen, dass die Berufung unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Mit den Schreiben vom 08.10.2012 und 30.10.2012 hat der Senat die Beteiligten auch auf die Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG hingewiesen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Eine Zustimmung der Beteiligten ist nicht erforderlich. Ein neuer Sachverhalt ergibt sich insbesondere auch nicht aus den vom Kläger mit Fax vom 08.11.2012 und Schreiben ohne Datum, welches beim Senat am 09.11.2012 eingegangen ist, vorgelegten Befundberichten.
Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres bzw. seit 1. Januar 2008 bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung wenn sie 1. teilweise erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI).
Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres bzw. seit 1. Januar 2008 bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI, wenn sie 1. voll erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Voll erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 2 Satz 3 SGB VI auch 1. Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können und 2. Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt. Nicht erwerbsgemindert ist gemäß § 43 Abs. 3 SGB VI, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.
Der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung verlängert sich gemäß § 43 Abs. 4 SGB VI um folgende Zeiten, die nicht mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt sind: 1. Anrechnungszeiten und Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, 2. Berücksichtigungszeiten, 3. Zeiten, die nur deshalb keine Anrechnungszeiten sind, weil durch sie eine versicherte Be-schäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit oder eine Zeit nach Nr. 1 oder 2 liegt, 4. Zeiten einer schulischen Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahres bis zu sieben Jahren, gemindert um Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung. Eine Pflichtbeitragszeit von drei Jahren ist für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit gemäß § 43 Abs. 5 SGB VI nicht erforderlich, wenn die Erwerbsminderung aufgrund eines Tatbestandes eingetreten ist, durch den die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt ist.
Anrechnungszeiten sind u. a. Zeiten, in denen Versicherte wegen Krankheit arbeitsunfähig (§ 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI) oder arbeitslos (§ 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VI) gewesen sind, wenn dadurch u. a. eine versicherte Tätigkeit unterbrochen ist (§ 58 Abs. 2 Satz 1 SGB VI).
Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vor Eintritt der Erwerbsminderung sind gemäß § 241 Abs. 2 Satz 1 SGB VI für Versicherte nicht erforderlich, die vor dem 01. Januar 1984 die allgemeine Wartezeit erfüllt haben, wenn jeder Kalendermonat vom 01. Januar 1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der Erwerbsminderung mit 1. Beitragszeiten 2. beitragsfreien Zeiten, 3. Zeiten, die nur deshalb nicht beitragsfreie Zeiten sind, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag, eine beitragsfreie Zeit oder eine Zeit nach Nr. 4, 5 oder 6 liegt, 4. Berücksichtigungszeiten, 5. Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder 6. Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts im Beitrittsgebiet vor dem 01. Januar 1992 (Anwartschaftserhaltungszeiten) belegt ist oder wenn die Erwerbsminderung vor dem 01. Januar 1984 eingetreten ist. Für Kalendermonate, für die eine Beitragszahlung noch zulässig ist, ist eine Belegung mit Anwartschaftserhaltungszeiten nicht erforderlich (§ 241 Abs. 2 Satz 2 SGB VI).
Nach Maßgabe der vorgenannten rechtlichen Grundlagen hat der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung, weil im maßgeblichen Zeitraum vor Eintritt der Erwerbsminderung im Sinne der genannten Bestimmungen Pflichtbeiträge für eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit nicht in ausreichender Zahl (drei Jahre bzw. 36 Monate) nachgewiesen sind.
Der Senat kann es dahingestellt sein lassen, ob mit dem Sturz am 16. August 2007, bei dem sich der Kläger eine BWK-12-Fraktur zugezogen hat (mit nachfolgender Abszessbildung), und der ebenfalls seit 2007 bekannten Diabetes mellitus-Erkrankung, einer zu diesem Zeitpunkt diagnostizierten schweren Depression und vor allem wegen einer stetigen Verschlechterung des Sehvermögens, welche im Juli 2010 für das rechte Auge mit Handbewegungen und für das linke Auge mit 0,16 angegeben wurde (vgl. Dr. S., sachverständige Zeugenaussage vom 16.02.2012) und mehrere operative Eingriffe erforderlich machte, die nach den Angaben von Dr. S. (a.a.O.) nicht zu einer wesentlichen Besserung geführt haben (Zustand am 08.11.2011: keine Lesefähigkeit, Lesen nur mit Bildschirmlesegerät möglich, dadurch jedoch kein flüssiges Lesen zu erwarten, Orientierung deutlich beeinträchtigt aufgrund zu erwartender Gesichtsfelddefekte, dadurch Nachtblindheit, keine Orientierung im Dunkeln) eine Leistungsminderung selbst für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auf weniger als 6 Stunden anzunehmen wäre. Denn für alle in Betracht kommenden Leistungsfälle, die den beigezogenen Befundberichten entnommen werden könnten, lassen sich die oben bereits dargestellten erforderlichen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht nachweisen. Dies gilt für den hier frühestmöglichen Leistungsfall mit dem Sturz am 16.08.2007 als auch für den Zeitpunkt des Nachweises einer erheblichen Sehminderung im Juli 2010 als auch für die Antragstellung auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente, wobei eine gravierende Änderung des Gesundheitszustandes für den Juli 2011 und den Zeitraum danach im Hinblick auf die Fähigkeit einer Erwerbstätigkeit nachgehen zu können, nicht ersichtlich ist.
Für keinen der genannten möglichen Leistungsfälle, also dem Zeitpunkt des Eintritts einer rentenrechtlich relevanten Erwerbsminderung ist die sogenannte 3/5-Belegung erfüllt. Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit, wie dies die §§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nummer 2 und 43 Abs. 2 Satz 1 Nummer 2 SGB VI voraussetzen, sind im Versicherungsverlauf des Klägers - ausgenommen die Zeiten der Berufsausbildung - nicht vermerkt. Zwischen dem zuletzt für Dezember 1993 gezahlten freiwilligen Beitrag und der ersten Pflichtbeitragszeit im April 2008 sind überhaupt keine rentenrechtlich relevanten Zeiten vermerkt. Insoweit lassen sich für einen Leistungsfall im August 2007 auch weder 36 Monate an Pflichtbeitragszeiten noch sonstige den Versicherungsschutz für eine Erwerbsminderungsrente erhaltende oder begründende Zeiten finden. Soweit auf einen Leistungsfall im Juli 2010 oder mit der Antragstellung im Juli 2011 abzustellen wäre, ergibt sich kein anderes Bild. Zwar sind für den Bezug von Sozialleistungen Pflichtbeiträge im Zeitraum vom 14.04.2008 bis 31.12.2010 vermerkt, sie ergeben in der Summe aber nur 33 Monate statt der geforderten 36. Soweit der Kläger über den 31.12.2010 hinaus Arbeitslosengeld II über das Jobcenter Karlsruhe bezieht oder bezogen hat, ergeben sich hierdurch keine weiteren Beitragszeiten mehr. § 55 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI bestimmt dabei zwar, dass zu den Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung auch Pflichtbeiträge zählen, die aufgrund der §§ 3 und 4 SGB VI gezahlt worden sind oder als gezahlt gelten. Versicherungspflicht bestand insoweit aber nur in der bis 31.12.2010 anzuwendenden Fassung des § 3 SGB VI für Personen in der Zeit, für die sie von den jeweils zuständigen Trägern nach dem Zweiten Buch Arbeitslosengeld II bezogen haben (vgl. Nr. 3a). Diese Versicherungspflicht und damit auch die Zahlung von Beiträgen ist mit Wirkung ab 01.01.2011 aufgehoben worden (Haushaltsbegleitgesetz 2011 vom 9.12.2010, BGBl I, Nr. 63, S. 1897), sodass Pflichtbeiträge im Sinne des § 43 SGB VI nicht mehr gezahlt werden und auch nicht als bezahlt gelten. Verbleiben damit auch für einen angenommenen Leistungsfall mit Antragstellung nur lediglich 33 Monate an anzuerkennenden Pflichtbeiträgen, ist die erforderliche sog. 3/5-Belegung nicht erfüllt.
Wie die Beklagte und das SG bereits zutreffend ausgeführt haben, können die Voraussetzungen für eine Rente wegen Erwerbsminderung auch nicht durch eine Zahlung freiwilliger Beiträge geschaffen werden, noch entfällt die Notwendigkeit der 3/5-Belegung aufgrund besonderer Tatbestände, etwa aufgrund einer vorzeitigen Erfüllung der allgemeinen Wartezeit (vgl. § 43 Abs. 5 SGB VI, § 53 SGB VI, § 245 Abs. 2, 3 SGB VI: Eintritt von Erwerbsminderung/Berufsunfähigkeit/Erwerbsunfähigkeit wegen eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit, wegen einer Wehrdienstbeschädigung, wegen einer Zivildienstbeschädigung oder wegen eines Gewahrsams, Eintritt von Erwerbsminderung/Berufsunfähigkeit/Erwerbsunfähigkeit vor Ablauf von 6 Jahren nach Beendigung einer Ausbildung, Versicherungsfälle der Erwerbsunfähigkeit/Berufsunfähigkeit/Erwerbsminderung, die vor dem 1.1.1992 eingetreten sind). Auch Tatbestände über die Verlängerung des 5-Jahres-Zeitraumes (§ 43 Abs. 4 SGB VI, § 241 Abs. 1 SGB VI, § 242 Abs. 1 SGB VI) kommen nicht zum Tragen, weil die hierfür erforderlichen rentenrechtlichen Zeiten ebenfalls nicht vorliegen (etwa Anrechnungszeiten und Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, Berücksichtigungszeiten, Zeiten, die nur deshalb keine Anrechnungszeiten sind, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten 6 Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit oder eine Zeit nach Nr. 1 oder 2 liegt, Zeiten einer schulischen Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahres bis zu 7 Jahren, gemindert um Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung). Dabei liegen relevante Berücksichtigungszeiten nur vor, wenn während dieser Zeiten eine selbstständige Tätigkeit nicht ausgeübt worden ist, die mehr als geringfügig war. Der Kläger war schließlich auch nicht schon vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit von 5 Jahren voll erwerbsgemindert bzw. erwerbsunfähig (§ 43 Abs. 6 SGB VI) und kann weitere Ansprüche auch nicht aus der Übergangsvorschrift des § 241 SGB VI herleiten. Hierzu müsste die Wartezeit von 5 Jahren schon vor 1984 erfüllt gewesen sein, und danach durchgehend Pflichtbeiträge entrichtet worden sein (z.B. wegen selbstständiger Tätigkeit bei nur freiwilliger Beitragszahlung, oder wegen Arbeitsunfähigkeit oder Arbeitslosigkeit oder wegen Einstellung der Erwerbstätigkeit bei freiwilliger Beitragszahlung). Solche Beiträge sind aber nur bis Dezember 1993 entrichtet worden. Eine lückenlose Belegung aller Kalendermonate vom 01.01.1984 bis zum Versicherungsfall der Erwerbsminderung ist damit ebenfalls nicht gegeben. Die seit 1994 bestehenden Lücken im Versicherungsverlauf können auch nicht mehr durch Zahlung freiwilliger Beiträge geschlossen werden. Denn diese Möglichkeit bestünde nur dann, wenn kraft gesetzlicher Bestimmungen eine Beitragszahlung für entsprechende Lückenzeiträume noch gesetzlich zulässig wäre. Nach § 197 Abs. 2 SGB VI sind freiwillige Beiträge aber nur dann noch wirksam zahlbar, wenn sie bis zum 31. März des Jahres, das dem Jahr folgt, für das sie gelten sollen, gezahlt werden.
Soweit eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§ 240 SGB VI) in Betracht kommt, müssen auch hierfür dieselben, in § 43 Abs. 1 Nr. 2 und 3 SGB VI genannten - versicherungsrechtlichen - Voraussetzungen erfüllt sein (Niesel in Kasseler Kommentar, Stand April 2012, § 240 Rz 5).
Das SG hat damit die Klage zu Recht abgewiesen. Deswegen weist der Senat die Berufung zurück. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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