Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 14 R 384/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 3300/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 31.05.2010 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch der Klägerin auf Witwenrente.
Die 1965 geborene Klägerin lebte seit Juli 1996 mit dem 1960 geborenen selbständigen Schlossermeister M. K. (Versicherter) in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft zusammen. Der am 30.07.2008 verstorbene Versicherte war bei der Beklagten zuletzt freiwillig rentenversichert. Die Klägerin, deren erste Ehe im Jahr 1991 geschieden worden war, bezieht seit 1999 Ruhegeld vom Versorgungsservice der D. T. (ab 01.08.2008 in Höhe von 1.339,- Euro brutto). Berufstätig ist die Klägerin nicht. Die Klägerin und der Versicherte hatten weder gemeinsame Kinder noch Kinder aus anderen Lebenspartnerschaften. Die Klägerin ist die Alleinerbin des Versicherten, der ihr sein Elternhaus sowie Kapitalvermögen hinterlassen hat.
Im März 2007 wurde bei dem Versicherten eine bösartige Krebserkrankung des Lymphsystems (hochmalignes Non-Hodgkin-Lymphom) mit Befall des rechten Nierenhilus und der rechten Leistenarterie diagnostiziert. Er wurde deswegen im R.-B.-Krankenhaus in St. von April bis November 2007 mit insgesamt acht Zyklen einer Chemotherapie und anschließender Bestrahlung behandelt. Im Verlauf der Behandlung kam es zu einem Blinddarmdurchbruch, der operativ versorgt wurde. Im November 2007 zeigte sich eine vollständige Remission des Lymphoms. Kontrolluntersuchungen in der Zeit von Dezember 2007 bis März 2008 ergaben keinen Anhalt für ein Rezidiv. Am 17.04.2008 wurde der Versicherte wegen zunehmender Obstipation und mit Verdacht auf ein Tumorrezidiv erneut stationär aufgenommen. Eine CT-Untersuchung bestätigte den Befall des Enddarmes und ergab zugleich einen dringenden Verdacht auch auf Befall der Blase. Trotz einer am 19.04.2008 begonnenen erneuten chemotherapeutischen Behandlung wurde am 13.05.2008 eine Progression des Tumors festgestellt, woraufhin die Therapie umgestellt wurde und eine autologe Stammzellentransplantation im Falle eines Therapieansprechens ins Auge gefasst wurde. In der Folge kam es jedoch zu einem weiteren deutlichen Progress des Lymphoms. Dies führte im weiteren Verlauf zu einem akuten Nierenversagen, so dass sich der Versicherte am 24.06.2008 wiederum in stationäre Behandlung in das R.-B.-Krankenhaus begeben musste. Dort wurde am 26.06.2008 eine Darmperforation aufgrund des Lyphombefalls des Darmes festgestellt. Der Versicherte und die Klägerin wurden über den Notwendigkeit einer Operation und deren möglichen letalen Ausgang aufgeklärt. Am 27.06.2008 heirateten der Versicherte und die Klägerin im R.-B.-Krankenhaus. Am 28.06.2008 wurde der Versicherte operiert. In der Folgezeit kam es zu einem erneuten Harnstau und zu einem Anstieg der Retentionsparameter, so dass eine weitere Chemotherapie nicht mehr möglich war. Der Versicherte wurde am 16.07.2008 auf die Palliativstation verlegt und am 18.07.2008 nach Hause entlassen. Dort verstarb er am 30.07.2008.
Am 15.09.2008 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung von Witwenrente. Sie legte ein Attest des Hausarztes Dr. Sch. vom 05.09.2008 vor, wonach sich die Krankheit des Versicherten zum Zeitpunkt der Eheschließung noch in einem Stadium befunden habe, in dem das erklärte Behandlungsziel die Heilung des Versicherten gewesen sei. Die Ehe sei nicht aus Versorgungszwecken geschlossen worden.
Die Beklagte holte nach Beiziehung von Befundberichten eine ärztliche Stellungnahme ihres Sozialmedizinischen Dienstes ein. Die Anästhesistin und Sozialmedizinerin Dr. Sch. führte am 23.10.2008 aus, das Attest des Hausarztes sei nicht nachvollziehbar. Nach den vorliegenden Unterlagen sei vielmehr am Tag der Heirat bereits absehbar gewesen, dass die Karzinomerkrankung bei massivem Lymphombefall und wegen des ausbleibenden Erfolgs der Chemotherapie tödlich verlaufen werde.
Die Beklagte lehnte gestützt auf dieses Ermittlungsergebnis den Rentenantrag der Klägerin mit Bescheid vom 27.10.2008 ab. Die Voraussetzungen für die Gewährung einer Hinterbliebenenrente seien nicht gegeben. Die Ehe habe weniger als ein Jahr gedauert. Es sei nicht nachgewiesen, dass der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat nicht die Begründung eines Anspruchs auf Hinterbliebenenversorgung gewesen sei. Der Versicherte sei zum Zeitpunkt der Eheschließung schwerstkrank gewesen. Die Eheleute hätten sich über den lebensbedrohlichen Charakter der Erkrankung im Klaren gewesen sein müssen.
Am 24.11.2008 erhob die Klägerin dagegen Widerspruch und machte geltend, die Ärzte hätten ihnen auch nach dem erneuten Ausbruch der Krankheit noch Hoffnung auf Heilung gegeben. Ihr Ehemann sei einen Tag nach der Hochzeit operiert worden, um ihn auf eine Hochdosistherapie und eine spätere Stammzellentherapie vorzubereiten. Man habe ihnen Hoffnung gegeben, dass die geplante Chemotherapie zur Heilung führen werde. Die Nierenwerte ihres Ehemannes hätten sich dann aber unerwartet verschlechtert, so dass die Chemotherapie nicht mehr habe durchgeführt werden können. Die Heirat auch sei zur Sicherung der absehbar gewordenen Pflege ihres Partners geschlossen worden und nicht zur Hinterbliebenenversorgung. Sie hätten sich geliebt und sich mit der Heirat Zuversicht und Hoffnung auf baldige Genesung und auf eine gemeinsame Zukunft geben wollen.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 14.01.2009 zurück. Zur Begründung führte sie aus, bei der Prüfung, ob der alleinige oder überwiegende Zweck der Eheschließung die Versorgung des Lebenspartners sei, müsse eine Gesamtabwägung der Motive vorgenommen werden. Die gesetzliche Vermutung könne nur dann als widerlegt angesehen werden, wenn die Versorgungsabsicht insgesamt nicht überwiege. Gerade im Hinblick auf die lange Bekanntschaft und auf das seit zehn Jahren bestehende Zusammenleben sei für die Eheschließung des Versicherten und der Klägerin zu einem so späten Zeitpunkt ein anderer Grund als die Versorgung nicht ersichtlich. Nach den Umständen könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Eheschließung die konsequente Verwirklichung eines schon vor dem Auftreten der lebensbedrohenden Erkrankung bestehenden Heiratsentschlusses sei.
Am 02.02.2009 erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht Karlsruhe. Sie machte geltend, schon vor der Erkrankung habe ihr Ehemann mehrfach den Wunsch geäußert, sie zu heiraten. Mit dem Ausbruch der Krankheit seien die Heiratspläne zunächst zurückgestellt worden. Als das Lymphom im Frühjahr 2008 erneut aufgetreten sei, habe sie in die Eheschließung eingewilligt, um ihrem Ehemann und sich durch die Hochzeit zusätzliche Motivation, Hoffnung und Zuversicht für die gemeinsame Zukunft zu geben. Die behandelnden Ärzte des R.-B.-Krankenhauses hätten zum Zeitpunkt der Eheschließung durch eine hochdosierte Chemotherapie und spätere Stammzellentherapie Chancen auf Heilung gesehen. Am Tag nach der Eheschließung sei ihr Ehemann zur Vorbereitung der Therapie am Darm operiert worden. Er habe sich davon rasch wieder erholt und sei auf die Onkologie verlegt worden. Durch die Heirat habe auch die Pflege ihres Ehemanns sichergestellt werden sollen. Denn es sei bereits abzusehen gewesen, dass der Ehemann aufgrund des Nierenkatheters und des Stomabeutels längere Zeit auf Pflege angewiesen sein würde. Eine Versorgungsabsicht habe schließlich schon deshalb nicht bestanden, weil sie über eine ausreichende eigene wirtschaftliche Absicherung verfügt habe und eine hohe Witwenrente nicht habe erwarten können.
Das Sozialgericht zog die Akte des Standesamtes Bad C. über die Eheschließung der Klägerin und des Versicherten bei. Darin befindet sich eine ärztliche Bescheinigung der Assistenzärztin P. vom 27.06.2008 zur Vorlage beim Standesamt, in der bestätigt wird, dass der Versicherte seit dem 24.06.2008 wegen einer lebensbedrohlichen Erkrankung zur Behandlung im R.-B.-Krankenhaus ist. Es werde deshalb gebeten, die standesamtliche Trauung im Krankenhaus durchzuführen. Mit Schreiben vom 01.07.2008 legte die Gemeinde M. dem Standesamt Bad C. Unterlagen zur Nottrauung der Klägerin und des Versicherten vor.
Das Sozialgericht vernahm die den Versicherten zuletzt behandelnden Ärzte der internistisch-onkologischen Abteilung des R.-B.-Krankenhauses als sachverständige Zeugen schriftlich. In der Stellungnahme von Prof. Dr. A. und Dr. T. vom 22.03.2010 wird ausgeführt, dass nach dem am 13.05.2008 festgestellten Tumorprogress trotz Chemotherapie eine Therapieumstellung vorgenommen worden sei und im Falle des Ansprechens dieser Therapie eine autologe Stammzellentransplantation nach Hochdosistherapie vorgesehen gewesen sei. Im kurzfristigen Verlauf habe sich aber am 23.06.2008 ein erneuter Tumorprogress gezeigt, der zu einem Nierenversagen geführt habe. Da der Versicherte einen dringenden Therapiewunsch geäußerte habe, sei ihm eine weitere Chemotherapie nach Normalisierung der Nierenwerte vorgeschlagen worden., zu der er sich trotz der zu erwartenden sehr geringen Remissionswahrscheinlichkeit entschlossen habe. Der Versicherte habe bei der stationären Aufnahme den Wusch geäußert, sich vor der Chemotherapie trauen zu lassen. Am 26.06.2008 sei nach Auftreten starker Bauchschmerzen bei dem Versicherten mittels CT eine Darmperforation festgestellt worden. Der Versicherte und die Klägerin seien über die bevorstehende Operation und deren möglichen letalen Ausgang aufgeklärt worden. Sie hätten sich für eine Trauung am 27.06.2008 entschieden und einer für den darauffolgenden Tag geplanten Operation zugestimmt. Der Versicherte habe an einem chemotherapierefraktären Frührezidiv gelitten, für das eine sehr schlechte Prognose von deutlich unter 20 % bestanden habe. Eine akute Lebensbedrohung habe aufgrund der Darmperforation bestanden, wobei das Risiko, an der Operation zu versterben, aufgrund des ausgedehnten Tumorbefalls sehr hoch gewesen sei. Aufgrund der Niereninsuffizienz habe eine Chemotherapie nicht mehr durchgeführt werden können. Sinnvolle kurativ orientierte Therapiealternativen hätten zu keinem Zeitpunkt bestanden. Die langfristige Prognose sei bei dem Versicherten mit einer Überlebenswahrscheinlichkeit von 20 - 10 % eingeschätzt worden. Dies sei mit dem Versicherten und der Klägerin mehrfach besprochen worden.
Das Sozialgericht hörte die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 31.05.2010 an und hob mit Urteil vom selben Tag den Bescheid der Beklagten vom 27.10.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.01.2009 auf und verurteilte die Beklagte, der Klägerin ab August 2008 kleine Witwenrente aus der Versicherung ihres verstorbenen Ehemanns in gesetzlicher Höhe zu gewähren. Die Klägerin habe Anspruch auf kleine Witwenrente nach § 46 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI), dessen Voraussetzungen erfüllt seien. Der Rentenanspruch scheitere nicht am Ausschlusstatbestand des § 46 Abs. 2a SGB VI. Nach dieser Vorschrift entfalle der Anspruch auf Witwenrente, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert habe, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt sei, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat gewesen sei, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen. Solche besonderen Umstände seien nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens zur Überzeugung der Kammer im Streitfall gegeben. Die Klägerin habe die gesetzliche Vermutung für eine Versorgungsehe widerlegt. Auch wenn die Ehe nur fünf Wochen gedauert, den Eheleuten der lebensbedrohliche Gesundheitszustand des Versicherten bekannt gewesen sei und die Eheschließung als ?Nottrauung? im Krankenhaus stattgefunden habe, seien diese objektiven, äußeren Umstände nicht allein maßgeblich, sondern es komme auch auf die persönlichen Motive für die Eheschließung an, die in eine Gesamtwürdigung einzustellen seien. Vor dem Hintergrund der glaubhaften Angaben der Klägerin würden die äußeren Umstände in einem anderen Licht erscheinen. Die Klägerin habe glaubhaft geschildert, auch in Anbetracht der widrigen Umstände hätten sie und ihr Lebensgefährte an der Hoffnung auf eine gemeinsame Zukunft festgehalten. Durch die Hochzeit hätten sie sich in dieser Hoffnung bestärken und gegenseitig Mut machen sowie einander ein Zeichen der Zusammengehörigkeit geben und sich der Unterstützung in der im Falle einer Heilung zu erwartenden schwierigen Situation der Pflegebedürftigkeit vergewissern wollen. An eine spätere Versorgung habe sie in dieser Lage nicht gedacht. Die Motivation der Klägerin sei für die Kammer nachvollziehbar. Die Klägerin habe einen glaubwürdigen Eindruck gemacht. Sie habe auch auf kritische Nachfragen und Vorhalte stimmige und detaillierte Angaben machen können. Dabei habe sie - teilweise sogar von sich aus - auch Gesichtspunkte angesprochen, die ganz offensichtlich ihrer Position abträglich gewesen seien (skeptische Haltung gegenüber der Ehe, Kenntnis der Lebensbedrohung). Die Richtigkeit der Angaben der Klägerin würden durch die eingeholten medizinischen Zeugenauskünfte bestätigt. Danach habe der Verstorbene bis zuletzt einen dringenden Therapiewunsch gehabt. Dies spreche dafür, dass die Partner trotz der schweren Diagnose die Hoffnung auf einen zumindest gewissen Zeitraum gemeinsamen Lebens nicht aufgegeben hätten. Auch der zeitliche Ablauf lasse sich mit dem von der Klägerin genannten Heiratsgrund vereinbaren. Hätte für sie der Versorgungswunsch im Vordergrund gestanden, hätte es nahe gelegen, bereits im Zusammenhang mit dem ersten Auftreten der schweren Erkrankung zu heiraten; zumal auch damals mit dem Blinddarmdurchbruch eine akut lebensbedrohliche Situation eingetreten war. Stattdessen habe die Klägerin nach ihren glaubhaften Angaben selbst nach dem nochmaligen Auftreten der Erkrankung mit der Hochzeit trotz aller Komplikationen eigentlich zuwarten wollen, bis ihr Lebensgefährte nach Abschluss der Therapie aus dem Krankenhaus entlassen und nach Hause zurückgekehrt sei. Erst auf Drängen des Lebensgefährten habe sie in eine Hochzeit im Krankenhaus eingewilligt. Ein solches Verhalten wäre jedoch aus der Perspektive eines Versorgungsbegehrens kaum nachvollziehbar. Aufgrund des persönlichen Eindrucks von der Klägerin sei es glaubhaft, dass sie in der damaligen Situation, in der ihr langjähriger Lebensgefährte um das Überleben gekämpft habe, nicht an die eigene finanzielle Absicherung gedacht habe. Die Klägerin habe hierzu auch keinen Anlass gehabt, da sie durch Versorgungsbezüge ein eigenes Auskommen habe und unabhängig von der Witwenrente finanziell versorgt sei. Allein das langjährige Zusammenleben der Partner in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft sei kein hinreichendes Indiz für eine Versorgungsabsicht (vgl. LSG Schleswig-Holstein vom 11.05.2009 - L 8 R 162/07- zit. nach Juris, Rz. 31) Die Klägerin habe die späte Eheschließung bei ihrer Anhörung plausibel erläutern können.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 05.07.2010 zugestellte Urteil am 14.07.2010 Berufung eingelegt. Die gesetzliche Vermutung einer sogenannten Versorgungsehe sei nicht widerlegt. Bei der Heirat eines zum Zeitpunkt der Eheschließung offenkundig bereits an einer lebensbedrohlichen Krankheit leidenden Versicherten sei in der Regel der Ausnahmetatbestand des § 46 Abs.2 a Halbsatz 2 SGB VI nicht erfüllt. Bei der Gesamtbewertung müssten die besonderen (inneren und äußeren) Umstände, die gegen eine Versorgungsehe sprächen, umso gewichtiger sein, je offenkundiger und lebensbedrohlicher die Krankheit eines Versicherten zum Zeitpunkt der Eheschließung gewesen sei. Dementsprechend steige mit dem Grad der Lebensbedrohlichkeit einer Krankheit und dem Grad der Offenkundigkeit zugleich der Grad des Zweifels an dem Vorliegen solcher vom hinterbliebenen Ehegatten zu beweisenden besonderen Umstände für die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung einer Versorgungsehe bei einem Versterben des versicherten Ehegatten innerhalb eines Jahres nach Eheschließung.
Die Klägerin habe den Beweis für das Vorliegen eines Ausnahmetatbestandes des § 46 Abs. 2a Halbsatz 2 SGB VI nicht erbracht. Der Krankheitsverlauf des Versicherten zeige, dass sowohl der Klägerin als auch dem Versicherten der lebensbedrohliche Charakter der Erkrankung zum Zeitpunkt der Eheschließung bekannt gewesen sei. Dies habe die Klägerin in der mündlichen Verhandlung am 31.05.2010 auch nicht bestritten. Sie habe vielmehr eingeräumt, dass die Überlebenschancen ihres Ehemannes gering gewesen seien. Wenn die Klägerin geltend mache, dass dennoch die Versorgungsabsicht keine bzw. keine überwiegende Rolle gespielt habe und sie und ihr Mann sich durch die Heirat Mut und neue Kraft und ein Zeichen für die gemeinsame Zukunft hätten geben wollen, so könnten solche allgemeinen Gesichtspunkte wie das Begründen einer gemeinsamen Zukunft oder das dokumentieren der Zusammengehörigkeit, die bei der Mehrzahl der Eheschließungen als Motiv eine Rolle spielten, als solche noch nicht die Annahme von besonderen Umständen im Sinne des § 46 Abs. 2 a SGB VI rechtfertigen. Soweit die Klägerin eine bereits langjährige Absicht zu heiraten behauptet habe, sei dazu anzumerken, dass bei Kenntnis einer lebensbedrohlichen Erkrankung die Vermutung einer Versorgungsehe nur dann widerlegt werden könne, wenn sich die Heirat als konsequente Verwirklichung eines bereits vor Erlangung dieser Kenntnis bestehenden Heiratsentschlusses darstellen würde. Lediglich abstrakte Pläne zur Heirat ohne entsprechende Vorbereitungen und ohne definitiv ins Auge gefassten Termin reichten hingegen nicht aus, um einen bereits vor dem Bekanntwerden der lebensbedrohlichen Erkrankung gefassten Heiratsentschluss annehmen zu können. Die Klägerin habe auch keine überzeugenden Angaben zu einer langjährigen Heiratsabsicht gemacht. Es sei nicht einleuchtend, warum sie diese nach dem zunächst entgegen stehenden Tod der Eltern des Versicherten in den Jahren 1999 und 2001 nicht konkret umgesetzt hätten. Auch die Angabe, im Falle einer Schwangerschaft der Klägerin heiraten zu wollen, spreche gegen eine konkrete Heiratsabsicht. Auch habe die Klägerin allgemeine Bedenken gegen die Eheschließung geäußert mit ihrer Annahme, es klappe bei Paaren nach der Eheschließung oft nicht mehr. Dass die Klägerin während des gemeinsamen eheähnlichen Zusammenlebens einer Heirat eher skeptisch gegenüber gestanden und auch der Versicherte erst bei Wiederausbruch seiner Erkrankung mit Nachdruck die Eheschließung gewünscht habe, spreche nicht gegen eine Versorgungsehe, sondern eher dafür. Aus den Unterlagen des Standesamtes ergebe sich eindeutig, dass es sich um eine Nottrauung gehandelt habe. Eine Anmeldung zur Eheschließung beim Standesamt in M. sei vor dem 26.06.2008 nicht erfolgt. Dies ergebe sich aus dem Schreiben der Gemeinde M. an das Standesamt Bad C. vom 26.06.2008. Die Behauptung der Klägerin, schon Wochen vorher beim Standesamt in M. vorgesprochen zu haben, sei damit widerlegt. Die Klägerin und der Versicherte hätten erst nach dessen Aufnahme ins Krankenhaus am 24.06.2008 Maßnahmen zur Eheschließung in Form einer Nottrauung ergriffen. Nachdem die Klägerin und der Versicherte von den Ärzten über die notwendige unvorhergesehene Operation und deren möglichen letalen Ausgang informiert worden seien, hätten sie sich entschieden, noch vor der Operation zu heiraten. Ein solches Verhalten spreche in Verbindung mit der Tatsache, dass bis zum Bekanntwerden der akuten Lebensbedrohung durch das Nierenversagen am 23.06.2008 und die lymphombedingte Darmperforation bei ohnehin schon bekanntem lebensbedrohlichen Charakter der Grunderkrankung keinerlei konkrete Heiratsabsichten bestanden hätten, gerade für das Vorliegen einer Versorgungsehe. Wenn die Klägerin schließlich die Motivation zur Eheschließung mit der Sicherstellung der Pflege des Ehemannes begründe, sei dem entgegenzuhalten, dass bei den gegebenen Umständen von einem dauerhaften Pflegebedarf nicht mehr habe ausgegangen werden können. Auch die Aussage, dass nach der Genesung des Ehemannes noch kirchlich geheiratet werden sollte, spreche nicht gegen eine Versorgungsehe. Die Tatsache, dass die standesamtliche Trauung vorgezogen und unter den widrigen Bedingungen der bevorstehenden Notoperation als Nottrauung durchgeführt worden sei, bestätige, dass nicht eine mögliche künftige Pflege, sondern das zu befürchtende baldige Ableben des Ehemannes den Ausschlag für die Heirat gegeben habe. Zudem habe die Klägerin den Versicherten auch im Jahr 2007 bereits gepflegt, ohne dass es zur Eheschließung gekommen sei, und hätte ihn nach ihren Angaben auch im Jahr 2008 gepflegt, ohne mit ihm verheiratet zu sein. Diese Aussage widerlege ebenfalls die Behauptung, die Eheschließung sei zur Sicherstellung der Pflege erfolgt. Das Argument der eigenen finanziellen Absicherung der Klägerin müsse unbeachtet bleiben, da andernfalls gutsituierte Hinterbliebene bei der Prüfung der gesetzlichen Vermutung und deren Widerlegung bevorzugt würden (vgl. Urteile des LSG Baden-Württemberg vom 15.12.2006 - L 4 R 3372/05 -? vom 16.05.2008 - L 4 R 3254/07 -? vom 06.03.2008 - L 2 R 4994/07 - und vom 06.03.2009 - L 4 R 3663/07 -). Eine Versorgungsabsicht könne auch schon dann bestehen, wenn die finanzielle Situation des Hinterbliebenen durch den Bezug der Hinterbliebenenrente verbessert werde. Der Versorgungszweck für eine Eheschließung sei auch in keiner Weise ehrenrührig, sondern entspreche vielmehr einem der wesentlichen Zwecke der gesetzlichen Eheschließung. Dennoch führe er nach Maßgabe des § 46 Abs. 2a SGB VI als überwiegendes Motiv zum Ausschluss der Hinterbliebenenrente (vgl. Urteil des LSG Sachsen-Anhalt vom 24.06.2009 - L 10 KN 51/06 -).
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 31.05.2010 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für rechtmäßig und verweist auf die Entscheidungsgründe. Die Beklagte gehe mit ihrem Vortrag von einem unzutreffenden Sachverhalt aus. Das zur Operation führende CT sei nicht am 26.06.2008, sondern am 27.06.2008 angefertigt worden. Dies ergebe sich aus der sachverständigen Zeugenaussage des Herrn Prof. Dr. A. vom 22.03.2010. Hierauf habe die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht hingewiesen. Hieraus folge, dass sämtliche Vorbereitungen zur Eheschließung bereits abgeschlossen gewesen seien, als sich die Notwendigkeit der am 28.06.2008 durchgeführten Notoperation ergeben habe. Die Klägerin habe in der mündlichen Verhandlung detaillierte Angaben gemacht, an denen Zweifel der Beklagten nicht angebracht seien. Aus dem Umstand, dass die Unterlagen für die Eheschließung erst nach dieser vorgelegt worden seien, könne auch nicht geschlossen werden, dass eine Vorsprache beim Standesamt in M. nicht stattgefunden habe.
Der Senat hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 21.11.2012 zu den Motiven ihrer Eheschließung gehört.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten, die Gerichtsakten des Sozialgerichts St. sowie auf die Akten des Senats zum vorliegenden Berufungsverfahren Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist gem. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und auch sonst zulässig. Sie ist auch begründet.
Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, der Klägerin eine kleine Witwenrente nach § 46 Abs. 1 SGB VI zu gewähren. Sie hat darauf keinen Anspruch. Denn es greift die gesetzliche Vermutung einer diesen Anspruch ausschließenden Versorgungsehe, ohne dass besondere Umstände zur Widerlegung dieser gesetzlichen Vermutung vorliegen. Das Sozialgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben.
Gemäß § 46 Abs. 1 Satz 1 SGB VI haben Witwen, die nicht wieder geheiratet haben, nach dem Tod des versicherten Ehegatten Anspruch auf kleine Witwenrente, wenn der versicherte Ehegatte die allgemeine Wartezeit erfüllt hat. Der Anspruch besteht längstens für 24 Kalendermonate nach Ablauf des Monats in dem der Versicherte verstorben ist.
Nach § 46 Abs. 2a SGB VI ist der Anspruch auf Witwenrente ausgeschlossen, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen. Die Ehe zwischen der Klägerin und dem Versicherten hat weniger als ein Jahr gedauert (vom 27.06. bis 30.07.2008), so dass der Tatbestand des § 46 Abs 2a Halbs 1 SGB VI erfüllt ist.
Entgegen der vom Sozialgericht vertretenen Auffassung vermag der Senat aber keine Tatsachen dafür festzustellen, dass nach den besonderen Umstände des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat darin bestand, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen (§ 46 Abs. 2a SGB VI). Die gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe ist nicht widerlegt.
Die Frage, ob besondere Umstände im Sinne des Ausnahmetatbestands vorliegen, die gegen die Annahme einer Versorgungsehe sprechen, ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) vorrangig anhand aller vorhandenen objektiven Ermittlungsmöglichkeiten (§ 103 SGG) auf tatsächlicher Ebene zu beantworten (BSG, zuletzt im Urteil vom 19.11.2011 - B 13 R 33/11 R mit Hinweis auf BSG, Urteil vom 15.09.2009 - B 5 R 282/09 B -, jeweils in Juris). Dabei ist nach Ausschöpfung aller Erkenntnisquellen und unter Würdigung aller Indizien zur Überzeugung des Gericht festzustellen, ob im Einzelfall die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass die Erlangung eines Anspruchs auf Hinterbliebenenversorgung der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war (BSG, Urteil vom 27.08.2009 - B 13 R 101/08 R - in Juris). Eine abschließende Typisierung und Bewertung einzelner von den Tatsacheninstanzen festgestellter Ehemotive hat das Bundessozialgericht abgelehnt. Nach Wortlaut und Entstehungsgeschichte des § 46 Abs. 2a Halbs. 2 SGB VI sind als "besondere Umstände des Falles" alle äußeren und inneren Umstände des Einzelfalls zu prüfen, die auf einen von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggrund für die Heirat schließen lassen. Die vom Gesetzgeber selbst intendierte Einzelfallprüfung lässt eine abschließende abstrakt-generelle (normgleiche) Einordnung einzelner denkbarer Ehemotive nicht zu. Vielmehr kommt es nach dem Gesetz auf die - gegebenenfalls auch voneinander abweichenden - Beweggründe beider Ehegatten im konkreten Einzelfall an. Dabei sind die vom hinterbliebenen Ehegatten behaupteten inneren Umstände für die Heirat nicht nur für sich isoliert zu betrachten, sondern vor dem Hintergrund der im Zeitpunkt der jeweiligen Eheschließung bestehenden äußeren Umstände in eine Gesamtwürdigung einzustellen und unter Berücksichtigung aller sonstigen Umstände des Falls zu bewerten (BSG, Urteil vom 06.05.2010 - B 13 R 134/08 R - in Juris).
Der Senat geht im Rahmen dieser Gesamtwürdigung davon aus, dass bei der Heirat eines zum Zeitpunkt der Eheschließung bereits an einer lebensbedrohlichen Erkrankung leidenden Versicherten in der Regel der Ausnahmetatbestand des § 46 Abs. 2a Halbsatz 2 SGB VI nicht erfüllt ist (hierzu BSG, Urteil vom 06.05.2010, a.a.O.; vgl. auch Bayerisches LSG, Urteil vom 08.08.2012 - L 13 R 555/10 - in Juris). Darauf hat die Beklagte in ihrer Berufungsbegründung zu Recht hingewiesen. Zwar ist bei einer schweren Erkrankung mit einer ungünstigen Verlaufsprognose und entsprechender Kenntnis der Nachweis nicht ausgeschlossen, dass dessen ungeachtet zumindest gleichwertig aus anderen als aus Versorgungsgründen geheiratet worden ist. Mit dem Grad der Lebensbedrohlichkeit einer Krankheit und dem Grad der Offenkundigkeit steigt jedoch der Grad des Zweifels an dem Vorliegen solcher vom hinterbliebenen Ehegatten zu beweisenden besonderen Umstände, die zu einer Widerlegung der gesetzlichen Vermutung führen (BSG, a.a.O). Im vorliegenden Fall ist insoweit maßgeblich, dass die Klägerin und der Versicherte mit der Eheschließung offenkundig auf eine akute Lebensbedrohung reagiert und sich zu einer Nottrauung im R.-B.-Krankenhaus entschlossen haben.
Bereits mit dem beim Versicherten im April 2008 erneut aufgetretenen hochmalignen Non-Hodgkin-Lymphom litt dieser zum Zeitpunkt der Eheschließung an einer lebensbedrohlichen, unheilbaren Erkrankung. Dies stellt der Senat auf der Grundlage der ärztlichen Stellungnahme des Prof. Dr. A. vom 22.03.2010 fest. Darin wurde der Krankheitsverlauf seit April 2008 dahingehend beschrieben, dass die chemotherapeutische Behandlung des im April 2008 aufgetretenen Tumorrezidivs nach der bereits im Jahr 2007 erstmals aufgetretenen Krebserkrankung nicht zum Erfolg geführt hat. Bereits am 13.05.2008 wurde ein Tumorprogress festgestellt. Zwar war eine Hochdosistherapie und anschließende Stammzellentransplantation angedacht worden, dies aber nach den Angaben von Prof. Dr. A. von dem Erfolg einer Umstellung der Chemotherapie abhängig gemacht worden. Die Tumorerkrankung entwickelte sich jedoch bis zum 23.06.2008 weiter progredient, so dass es zu einem Nierenversagen kam und von Seiten der behandelnden Ärzte einer erneuten Chemotherapie auch nach Normalisierung der Nierenwerte nur ein sehr geringer Erfolg beigemessen wurde. Bereits aufgrund des aufgetretenen chemotherapierefraktären Frührezidivs lag die Überlebenschance des Versicherten nach den Angaben von Prof. Dr. A. bei deutlich unter 20 %. Man sei bei ihm von einer Überlebenswahrscheinlichkeit von 10 bis 20 % ausgegangen und habe dies mehrfach mit dem Versicherten und der Klägerin besprochen. Diese Situation bestand bereits bei der erneuten stationären Aufnahme in das R.-B.-Krankenhaus am 24.06.2008. Hinzu kam die am 26.06.2008 aufgetretene Darmperforation, für die nach den Angaben von Prof. Dr. A. als solche schon eine sehr hohe Letalitätsrate innerhalb der ersten 12 Stunden besteht. Die geplante Operation barg ein weiteres, von Prof. Dr. A. als hoch angegebenes Risiko des Versterbens, da der Tumorbefall schon sehr weit ausgedehnt war und die Nekrotisierung durch das Lymphom die Gefahr einer Sepsis begründete.
Der Senat geht aufgrund dieses Krankheitsverlaufes davon aus, dass sich die Klägerin und der Versicherte in der sich zuspitzenden Situation der unmittelbaren und ernsthaften Lebensgefahr für den Versicherten bewusst waren und dies zum Anlass genommen haben, am 27.06.2008 im Wege der Nottrauung die Ehe zu schließen. Sie haben die Ehe in Ansehung dessen geschlossen, dass der Versicherte die für den Folgetag geplante Operation möglicherweise nicht überleben werde. Dass sie die Heirat in dieser überaus kritischen Lebensphase vorgenommen und hierzu noch kurzfristig alles Organisatorische in die Wege geleitet haben, spricht in hohem Maße dafür, dass der Versorgungsgedanke ausschlaggebend für die Eheschließung war.
Dabei kommt es nicht maßgeblich darauf an, ob das die Darmperforation bestätigende CT erst am 27.06.2008 oder bereits am Vortag durchgeführt wurde. Aus der ärztlichen Stellungnahme von Prof. Dr. A. ergibt sich zwar, dass das CT erst am 27.06.2008 aufgenommen worden war. Die Beschwerden des Versicherten, die zu dieser Untersuchung geführt haben, bestanden aber schon am Vortag und haben bereits eine massive Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Versicherten erkennen lassen. Prof. Dr. A. hat hierzu ausgeführt, dass die Klägerin und der Versicherte eingehend über die bevorstehende Operation und deren möglichen letalen Ausgang informiert worden seien. Sie hätten sich entschieden, am 27.06.2008 zu heiraten und mit einer Operation am 28.06.2008 einverstanden erklärt. Selbst wenn die davon abweichende Schilderung der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht zutreffen sollte, dass sie und der Versicherte erst unmittelbar vor der bereits für den 27.06.2008 angesetzten Hochzeit von der Notwendigkeit der Notoperation erfahren hätten, führt dies zu keiner anderen Bewertung. Konkrete Schritte zur Durchführung der Nottrauung wurden frühestens am 26.06.2008, als sich der Gesundheitszustand des Versicherten bereits noch weiter verschlechtert hatte, in die Wege geleitet, wie sich aus dem Schreiben der Gemeinde M. vom 26.06.2008 an das Standesamt Bad C. ergibt. Bis zu diesem Zeitpunkt war eine Anmeldung der Eheschließung bei der Gemeinde M. nicht erfolgt.
Konkrete Heiratspläne, die schon vor Ausbruch der lebensbedrohlichen Erkrankung des Versicherten bestanden hätten, kann die Klägerin daher nicht nachweisen. Ihre Angaben zu einer bereits langjährig bestehenden Heiratsabsicht reichen insoweit nicht aus, da deren konkrete Umsetzung bis zum Auftreten der Krebserkrankung des Versicherten im Jahr 2007 und auch nach deren zunächst angenommener Ausheilung nicht erfolgt ist. Der vom Versicherten bei der stationären Aufnahme am 24.06.2008 geäußerte Heiratswunsch ist vor dem Hintergrund zu würdigen, dass zu diesem Zeitpunkt seine Krebserkrankung schon erheblich weit fortgeschritten war. Insofern ist der Beklagten zuzustimmen, dass dieser erst nach Wiederausbruch der Erkrankung geäußerte Heiratswunsch eher für eine Versorgungsehe spricht, als dagegen.
Nicht zu überzeugen vermag der Vortrag der Klägerin, die Operation am 28.06.2008 sei zur Vorbereitung des Versicherten auf eine geplante Hochdosistherapie und anschließende Stammzellentransplantation durchgeführt worden. Aus der Stellungnahme von Prof. Dr. A. ergibt sich vielmehr, dass die Operation allein der akuten Lebensbedrohung aufgrund der Darmperforation begegnen sollte, weil hierfür - ohne Operation - bereits ein sehr hohes Letalitätsrisiko innerhalb der ersten 12 Stunden bestand. Die nach Auftreten des Tumorrezidivs angedachte Stammzellentransplantation nach Hochdosistherapie war zudem abhängig von dem vorherigen Erfolg einer umgestellten Chemotherapie, der beim Versicherten aber ausgeblieben ist. So ist den Angaben von Prof. Dr. A. zu entnehmen, dass dem Versicherten bei der erneuten stationären Aufnahme am 24.06.2008 von den Ärzten mitgeteilt worden war, dass auch eine erneute Aufnahme der Chemotherapie nur eine sehr geringe Remissionswahrscheinlichkeit besaß. Spätestens zu diesem Zeitpunkt musste der Klägerin und dem Versicherten bewusst gewesen sein, dass die Überlebenschancen des Versicherten gering waren, zumal er bereits akut an Nierenversagen litt.
Es kommt deshalb letztlich nicht entscheidend darauf an, ob die Vorbereitungen zur Hochzeit wie die Klägerin in der Berufungserwiderung geltend macht, bereits vor der Kenntnis der erforderlichen Notoperation abgeschlossen gewesen sind. Denn schon bei der erneuten stationären Aufnahme des Versicherten am 24.06.2008 war seine Erkrankung in einem Ausmaß fortgeschritten, dass eine begründete Hoffnung auf Heilung nicht mehr bestand. So ist auch das Attest des Hausarztes Dr. Sch., welches die Klägerin mit dem Antrag auf Witwenrente vorgelegt hat, nicht nachvollziehbar. Dies hat Dr. Sch. vom sozialmedizinischen Dienst der Beklagten in ihrer Stellungnahme vom 23.10.2008 zutreffend festgestellt. Es war, wie sich aus der Stellungnahem von Prof. Dr. A. ergibt, zum Zeitpunkt der Eheschließung keineswegs das erklärte Behandlungsziel der Ärzte, den Versicherten zu heilen. Vielmehr hat Prof. Dr. A. ausdrücklich dargelegt, dass nach der Niereninsuffizienz sinnvolle kurativ orientierte Behandlungsalternativen nicht gegeben waren.
Der Senat wertet im Übrigen allein den Umstand, dass die Klägerin bereits bei Rentenantragstellung ein entsprechendes Attest vorgelegt hat, dahingehend, dass die Klägerin sich sehr wohl über die Problematik der Versorgungsehe bewusst war und deren Voraussetzungen sowie die Voraussetzungen für die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung kannte.
Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts hält der Senat auch die von der Klägerin vorgetragenen Motive für die Eheschließung für nicht ausreichend, um damit die gesetzliche Vermutung der Versorgungsehe, die hier durch den konkreten Krankheitsverlauf und den Zeitpunkt der Eheschließung eine in tatsächlicher Hinsicht besonders gefestigte Grundlage gefunden hat, zu widerlegen. Ihre Angaben, der Versicherte und sie hätten sich mit der Heirat Hoffnung auf baldige Genesung geben wollen und Zuversicht für die gemeinsamt Zukunft geben wollen, erscheint angesichts dessen, dass die Klägerin und der Versicherte umfassend über dessen Gesundheitszustand und die geringe Überlebenswahrscheinlichkeit aufgeklärt waren, nicht überzeugend. Diese Motivationslage hätte bereits auch im Jahr 2007 bei dem erstmaligen Auftreten der Erkrankung bestehen können, hat damals aber tatsächlich nicht zu einer Eheschließung geführt. Zwar mag es menschlich durchaus nachvollziehbar und verständlich sein, dass die Partner auch in der extrem zugespitzten Situation Ende Juni 2008 eine letzte Hoffnung auf Heilung nicht aufgeben wollten. Vor diesem Hintergrund ist auch der dringende Therapiewunsch des Versicherten, den Prof. Dr. A. bestätigt hat, zu verstehen. Eine solche Motivationslage basierte aber erkennbar nicht auf dem Boden ärztlicherseits vermittelter Aussicht auf Heilung. Vielmehr dürfte für die Eheschließung erkennbar das zu befürchtende baldige Ableben des Versicherten maßgeblich gewesen sein.
Deshalb kann auch das Argument der Sicherstellung einer Pflege des Versicherten durch die Klägerin nicht überzeugen. Das BSG hat für den Bereich des Versorgungsrechts entschieden, dass die Rechtsvermutung der Versorgungsehe in der Regel widerlegt ist, wenn ein Beschädigter im Sinne des Bundesversorgungsgesetzes heiratet, der auf Pflege ständig angewiesen ist, sofern das Ableben des Pflegebedürftigen bei Eheschließung auf absehbare Zeit nicht zu erwarten ist (BSG, Urteil vom 03.09.1986 ? 9 a RV 8/84 - in Juris). Für pflegebedürftige Versicherte kann insoweit nichts anderes gelten (vgl. auch LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 24.06.2009 - L 10 KN 51/06 - in Juris). Diese Voraussetzungen sind hier aber nicht erfüllt. Denn die Klägerin konnte zum Zeitpunkt der Eheschließung bereits aufgrund des beim Versicherten eingetretenen Nierenversagens und der deutlichen Verschlechterung seines Gesundheitszustandes zwei Tage nach der stationären Aufnahme nicht davon ausgehen, dass er für einen unbestimmten Zeitraum pflegebedürftig sein werde. Vielmehr stand einer solchen Annahme entgegen, dass mit seinem Versterben alsbald zu rechnen war.
Die eigene finanzielle Versorgung der Klägerin als Bezieherin von Ruhegehalt ist für die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung der Versorgungsehe schon deshalb nicht maßgeblich heranzuziehen, weil dies zu einer Besserstellung bereits abgesicherter Hinterbliebener führen würde. Darauf hat die Beklagte zu Recht unter Bezugnahme auf die ständige Rechtsprechung des LSG Baden-Württemberg hingewiesen.
Die Beklagte hat daher die Gewährung der Witwenrente zu Recht abgewiesen und deshalb mit ihrer Berufung Erfolg. Das Sozialgericht hätte der Klage nicht stattgeben dürfen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch der Klägerin auf Witwenrente.
Die 1965 geborene Klägerin lebte seit Juli 1996 mit dem 1960 geborenen selbständigen Schlossermeister M. K. (Versicherter) in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft zusammen. Der am 30.07.2008 verstorbene Versicherte war bei der Beklagten zuletzt freiwillig rentenversichert. Die Klägerin, deren erste Ehe im Jahr 1991 geschieden worden war, bezieht seit 1999 Ruhegeld vom Versorgungsservice der D. T. (ab 01.08.2008 in Höhe von 1.339,- Euro brutto). Berufstätig ist die Klägerin nicht. Die Klägerin und der Versicherte hatten weder gemeinsame Kinder noch Kinder aus anderen Lebenspartnerschaften. Die Klägerin ist die Alleinerbin des Versicherten, der ihr sein Elternhaus sowie Kapitalvermögen hinterlassen hat.
Im März 2007 wurde bei dem Versicherten eine bösartige Krebserkrankung des Lymphsystems (hochmalignes Non-Hodgkin-Lymphom) mit Befall des rechten Nierenhilus und der rechten Leistenarterie diagnostiziert. Er wurde deswegen im R.-B.-Krankenhaus in St. von April bis November 2007 mit insgesamt acht Zyklen einer Chemotherapie und anschließender Bestrahlung behandelt. Im Verlauf der Behandlung kam es zu einem Blinddarmdurchbruch, der operativ versorgt wurde. Im November 2007 zeigte sich eine vollständige Remission des Lymphoms. Kontrolluntersuchungen in der Zeit von Dezember 2007 bis März 2008 ergaben keinen Anhalt für ein Rezidiv. Am 17.04.2008 wurde der Versicherte wegen zunehmender Obstipation und mit Verdacht auf ein Tumorrezidiv erneut stationär aufgenommen. Eine CT-Untersuchung bestätigte den Befall des Enddarmes und ergab zugleich einen dringenden Verdacht auch auf Befall der Blase. Trotz einer am 19.04.2008 begonnenen erneuten chemotherapeutischen Behandlung wurde am 13.05.2008 eine Progression des Tumors festgestellt, woraufhin die Therapie umgestellt wurde und eine autologe Stammzellentransplantation im Falle eines Therapieansprechens ins Auge gefasst wurde. In der Folge kam es jedoch zu einem weiteren deutlichen Progress des Lymphoms. Dies führte im weiteren Verlauf zu einem akuten Nierenversagen, so dass sich der Versicherte am 24.06.2008 wiederum in stationäre Behandlung in das R.-B.-Krankenhaus begeben musste. Dort wurde am 26.06.2008 eine Darmperforation aufgrund des Lyphombefalls des Darmes festgestellt. Der Versicherte und die Klägerin wurden über den Notwendigkeit einer Operation und deren möglichen letalen Ausgang aufgeklärt. Am 27.06.2008 heirateten der Versicherte und die Klägerin im R.-B.-Krankenhaus. Am 28.06.2008 wurde der Versicherte operiert. In der Folgezeit kam es zu einem erneuten Harnstau und zu einem Anstieg der Retentionsparameter, so dass eine weitere Chemotherapie nicht mehr möglich war. Der Versicherte wurde am 16.07.2008 auf die Palliativstation verlegt und am 18.07.2008 nach Hause entlassen. Dort verstarb er am 30.07.2008.
Am 15.09.2008 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung von Witwenrente. Sie legte ein Attest des Hausarztes Dr. Sch. vom 05.09.2008 vor, wonach sich die Krankheit des Versicherten zum Zeitpunkt der Eheschließung noch in einem Stadium befunden habe, in dem das erklärte Behandlungsziel die Heilung des Versicherten gewesen sei. Die Ehe sei nicht aus Versorgungszwecken geschlossen worden.
Die Beklagte holte nach Beiziehung von Befundberichten eine ärztliche Stellungnahme ihres Sozialmedizinischen Dienstes ein. Die Anästhesistin und Sozialmedizinerin Dr. Sch. führte am 23.10.2008 aus, das Attest des Hausarztes sei nicht nachvollziehbar. Nach den vorliegenden Unterlagen sei vielmehr am Tag der Heirat bereits absehbar gewesen, dass die Karzinomerkrankung bei massivem Lymphombefall und wegen des ausbleibenden Erfolgs der Chemotherapie tödlich verlaufen werde.
Die Beklagte lehnte gestützt auf dieses Ermittlungsergebnis den Rentenantrag der Klägerin mit Bescheid vom 27.10.2008 ab. Die Voraussetzungen für die Gewährung einer Hinterbliebenenrente seien nicht gegeben. Die Ehe habe weniger als ein Jahr gedauert. Es sei nicht nachgewiesen, dass der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat nicht die Begründung eines Anspruchs auf Hinterbliebenenversorgung gewesen sei. Der Versicherte sei zum Zeitpunkt der Eheschließung schwerstkrank gewesen. Die Eheleute hätten sich über den lebensbedrohlichen Charakter der Erkrankung im Klaren gewesen sein müssen.
Am 24.11.2008 erhob die Klägerin dagegen Widerspruch und machte geltend, die Ärzte hätten ihnen auch nach dem erneuten Ausbruch der Krankheit noch Hoffnung auf Heilung gegeben. Ihr Ehemann sei einen Tag nach der Hochzeit operiert worden, um ihn auf eine Hochdosistherapie und eine spätere Stammzellentherapie vorzubereiten. Man habe ihnen Hoffnung gegeben, dass die geplante Chemotherapie zur Heilung führen werde. Die Nierenwerte ihres Ehemannes hätten sich dann aber unerwartet verschlechtert, so dass die Chemotherapie nicht mehr habe durchgeführt werden können. Die Heirat auch sei zur Sicherung der absehbar gewordenen Pflege ihres Partners geschlossen worden und nicht zur Hinterbliebenenversorgung. Sie hätten sich geliebt und sich mit der Heirat Zuversicht und Hoffnung auf baldige Genesung und auf eine gemeinsame Zukunft geben wollen.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 14.01.2009 zurück. Zur Begründung führte sie aus, bei der Prüfung, ob der alleinige oder überwiegende Zweck der Eheschließung die Versorgung des Lebenspartners sei, müsse eine Gesamtabwägung der Motive vorgenommen werden. Die gesetzliche Vermutung könne nur dann als widerlegt angesehen werden, wenn die Versorgungsabsicht insgesamt nicht überwiege. Gerade im Hinblick auf die lange Bekanntschaft und auf das seit zehn Jahren bestehende Zusammenleben sei für die Eheschließung des Versicherten und der Klägerin zu einem so späten Zeitpunkt ein anderer Grund als die Versorgung nicht ersichtlich. Nach den Umständen könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Eheschließung die konsequente Verwirklichung eines schon vor dem Auftreten der lebensbedrohenden Erkrankung bestehenden Heiratsentschlusses sei.
Am 02.02.2009 erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht Karlsruhe. Sie machte geltend, schon vor der Erkrankung habe ihr Ehemann mehrfach den Wunsch geäußert, sie zu heiraten. Mit dem Ausbruch der Krankheit seien die Heiratspläne zunächst zurückgestellt worden. Als das Lymphom im Frühjahr 2008 erneut aufgetreten sei, habe sie in die Eheschließung eingewilligt, um ihrem Ehemann und sich durch die Hochzeit zusätzliche Motivation, Hoffnung und Zuversicht für die gemeinsame Zukunft zu geben. Die behandelnden Ärzte des R.-B.-Krankenhauses hätten zum Zeitpunkt der Eheschließung durch eine hochdosierte Chemotherapie und spätere Stammzellentherapie Chancen auf Heilung gesehen. Am Tag nach der Eheschließung sei ihr Ehemann zur Vorbereitung der Therapie am Darm operiert worden. Er habe sich davon rasch wieder erholt und sei auf die Onkologie verlegt worden. Durch die Heirat habe auch die Pflege ihres Ehemanns sichergestellt werden sollen. Denn es sei bereits abzusehen gewesen, dass der Ehemann aufgrund des Nierenkatheters und des Stomabeutels längere Zeit auf Pflege angewiesen sein würde. Eine Versorgungsabsicht habe schließlich schon deshalb nicht bestanden, weil sie über eine ausreichende eigene wirtschaftliche Absicherung verfügt habe und eine hohe Witwenrente nicht habe erwarten können.
Das Sozialgericht zog die Akte des Standesamtes Bad C. über die Eheschließung der Klägerin und des Versicherten bei. Darin befindet sich eine ärztliche Bescheinigung der Assistenzärztin P. vom 27.06.2008 zur Vorlage beim Standesamt, in der bestätigt wird, dass der Versicherte seit dem 24.06.2008 wegen einer lebensbedrohlichen Erkrankung zur Behandlung im R.-B.-Krankenhaus ist. Es werde deshalb gebeten, die standesamtliche Trauung im Krankenhaus durchzuführen. Mit Schreiben vom 01.07.2008 legte die Gemeinde M. dem Standesamt Bad C. Unterlagen zur Nottrauung der Klägerin und des Versicherten vor.
Das Sozialgericht vernahm die den Versicherten zuletzt behandelnden Ärzte der internistisch-onkologischen Abteilung des R.-B.-Krankenhauses als sachverständige Zeugen schriftlich. In der Stellungnahme von Prof. Dr. A. und Dr. T. vom 22.03.2010 wird ausgeführt, dass nach dem am 13.05.2008 festgestellten Tumorprogress trotz Chemotherapie eine Therapieumstellung vorgenommen worden sei und im Falle des Ansprechens dieser Therapie eine autologe Stammzellentransplantation nach Hochdosistherapie vorgesehen gewesen sei. Im kurzfristigen Verlauf habe sich aber am 23.06.2008 ein erneuter Tumorprogress gezeigt, der zu einem Nierenversagen geführt habe. Da der Versicherte einen dringenden Therapiewunsch geäußerte habe, sei ihm eine weitere Chemotherapie nach Normalisierung der Nierenwerte vorgeschlagen worden., zu der er sich trotz der zu erwartenden sehr geringen Remissionswahrscheinlichkeit entschlossen habe. Der Versicherte habe bei der stationären Aufnahme den Wusch geäußert, sich vor der Chemotherapie trauen zu lassen. Am 26.06.2008 sei nach Auftreten starker Bauchschmerzen bei dem Versicherten mittels CT eine Darmperforation festgestellt worden. Der Versicherte und die Klägerin seien über die bevorstehende Operation und deren möglichen letalen Ausgang aufgeklärt worden. Sie hätten sich für eine Trauung am 27.06.2008 entschieden und einer für den darauffolgenden Tag geplanten Operation zugestimmt. Der Versicherte habe an einem chemotherapierefraktären Frührezidiv gelitten, für das eine sehr schlechte Prognose von deutlich unter 20 % bestanden habe. Eine akute Lebensbedrohung habe aufgrund der Darmperforation bestanden, wobei das Risiko, an der Operation zu versterben, aufgrund des ausgedehnten Tumorbefalls sehr hoch gewesen sei. Aufgrund der Niereninsuffizienz habe eine Chemotherapie nicht mehr durchgeführt werden können. Sinnvolle kurativ orientierte Therapiealternativen hätten zu keinem Zeitpunkt bestanden. Die langfristige Prognose sei bei dem Versicherten mit einer Überlebenswahrscheinlichkeit von 20 - 10 % eingeschätzt worden. Dies sei mit dem Versicherten und der Klägerin mehrfach besprochen worden.
Das Sozialgericht hörte die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 31.05.2010 an und hob mit Urteil vom selben Tag den Bescheid der Beklagten vom 27.10.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.01.2009 auf und verurteilte die Beklagte, der Klägerin ab August 2008 kleine Witwenrente aus der Versicherung ihres verstorbenen Ehemanns in gesetzlicher Höhe zu gewähren. Die Klägerin habe Anspruch auf kleine Witwenrente nach § 46 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI), dessen Voraussetzungen erfüllt seien. Der Rentenanspruch scheitere nicht am Ausschlusstatbestand des § 46 Abs. 2a SGB VI. Nach dieser Vorschrift entfalle der Anspruch auf Witwenrente, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert habe, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt sei, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat gewesen sei, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen. Solche besonderen Umstände seien nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens zur Überzeugung der Kammer im Streitfall gegeben. Die Klägerin habe die gesetzliche Vermutung für eine Versorgungsehe widerlegt. Auch wenn die Ehe nur fünf Wochen gedauert, den Eheleuten der lebensbedrohliche Gesundheitszustand des Versicherten bekannt gewesen sei und die Eheschließung als ?Nottrauung? im Krankenhaus stattgefunden habe, seien diese objektiven, äußeren Umstände nicht allein maßgeblich, sondern es komme auch auf die persönlichen Motive für die Eheschließung an, die in eine Gesamtwürdigung einzustellen seien. Vor dem Hintergrund der glaubhaften Angaben der Klägerin würden die äußeren Umstände in einem anderen Licht erscheinen. Die Klägerin habe glaubhaft geschildert, auch in Anbetracht der widrigen Umstände hätten sie und ihr Lebensgefährte an der Hoffnung auf eine gemeinsame Zukunft festgehalten. Durch die Hochzeit hätten sie sich in dieser Hoffnung bestärken und gegenseitig Mut machen sowie einander ein Zeichen der Zusammengehörigkeit geben und sich der Unterstützung in der im Falle einer Heilung zu erwartenden schwierigen Situation der Pflegebedürftigkeit vergewissern wollen. An eine spätere Versorgung habe sie in dieser Lage nicht gedacht. Die Motivation der Klägerin sei für die Kammer nachvollziehbar. Die Klägerin habe einen glaubwürdigen Eindruck gemacht. Sie habe auch auf kritische Nachfragen und Vorhalte stimmige und detaillierte Angaben machen können. Dabei habe sie - teilweise sogar von sich aus - auch Gesichtspunkte angesprochen, die ganz offensichtlich ihrer Position abträglich gewesen seien (skeptische Haltung gegenüber der Ehe, Kenntnis der Lebensbedrohung). Die Richtigkeit der Angaben der Klägerin würden durch die eingeholten medizinischen Zeugenauskünfte bestätigt. Danach habe der Verstorbene bis zuletzt einen dringenden Therapiewunsch gehabt. Dies spreche dafür, dass die Partner trotz der schweren Diagnose die Hoffnung auf einen zumindest gewissen Zeitraum gemeinsamen Lebens nicht aufgegeben hätten. Auch der zeitliche Ablauf lasse sich mit dem von der Klägerin genannten Heiratsgrund vereinbaren. Hätte für sie der Versorgungswunsch im Vordergrund gestanden, hätte es nahe gelegen, bereits im Zusammenhang mit dem ersten Auftreten der schweren Erkrankung zu heiraten; zumal auch damals mit dem Blinddarmdurchbruch eine akut lebensbedrohliche Situation eingetreten war. Stattdessen habe die Klägerin nach ihren glaubhaften Angaben selbst nach dem nochmaligen Auftreten der Erkrankung mit der Hochzeit trotz aller Komplikationen eigentlich zuwarten wollen, bis ihr Lebensgefährte nach Abschluss der Therapie aus dem Krankenhaus entlassen und nach Hause zurückgekehrt sei. Erst auf Drängen des Lebensgefährten habe sie in eine Hochzeit im Krankenhaus eingewilligt. Ein solches Verhalten wäre jedoch aus der Perspektive eines Versorgungsbegehrens kaum nachvollziehbar. Aufgrund des persönlichen Eindrucks von der Klägerin sei es glaubhaft, dass sie in der damaligen Situation, in der ihr langjähriger Lebensgefährte um das Überleben gekämpft habe, nicht an die eigene finanzielle Absicherung gedacht habe. Die Klägerin habe hierzu auch keinen Anlass gehabt, da sie durch Versorgungsbezüge ein eigenes Auskommen habe und unabhängig von der Witwenrente finanziell versorgt sei. Allein das langjährige Zusammenleben der Partner in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft sei kein hinreichendes Indiz für eine Versorgungsabsicht (vgl. LSG Schleswig-Holstein vom 11.05.2009 - L 8 R 162/07- zit. nach Juris, Rz. 31) Die Klägerin habe die späte Eheschließung bei ihrer Anhörung plausibel erläutern können.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 05.07.2010 zugestellte Urteil am 14.07.2010 Berufung eingelegt. Die gesetzliche Vermutung einer sogenannten Versorgungsehe sei nicht widerlegt. Bei der Heirat eines zum Zeitpunkt der Eheschließung offenkundig bereits an einer lebensbedrohlichen Krankheit leidenden Versicherten sei in der Regel der Ausnahmetatbestand des § 46 Abs.2 a Halbsatz 2 SGB VI nicht erfüllt. Bei der Gesamtbewertung müssten die besonderen (inneren und äußeren) Umstände, die gegen eine Versorgungsehe sprächen, umso gewichtiger sein, je offenkundiger und lebensbedrohlicher die Krankheit eines Versicherten zum Zeitpunkt der Eheschließung gewesen sei. Dementsprechend steige mit dem Grad der Lebensbedrohlichkeit einer Krankheit und dem Grad der Offenkundigkeit zugleich der Grad des Zweifels an dem Vorliegen solcher vom hinterbliebenen Ehegatten zu beweisenden besonderen Umstände für die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung einer Versorgungsehe bei einem Versterben des versicherten Ehegatten innerhalb eines Jahres nach Eheschließung.
Die Klägerin habe den Beweis für das Vorliegen eines Ausnahmetatbestandes des § 46 Abs. 2a Halbsatz 2 SGB VI nicht erbracht. Der Krankheitsverlauf des Versicherten zeige, dass sowohl der Klägerin als auch dem Versicherten der lebensbedrohliche Charakter der Erkrankung zum Zeitpunkt der Eheschließung bekannt gewesen sei. Dies habe die Klägerin in der mündlichen Verhandlung am 31.05.2010 auch nicht bestritten. Sie habe vielmehr eingeräumt, dass die Überlebenschancen ihres Ehemannes gering gewesen seien. Wenn die Klägerin geltend mache, dass dennoch die Versorgungsabsicht keine bzw. keine überwiegende Rolle gespielt habe und sie und ihr Mann sich durch die Heirat Mut und neue Kraft und ein Zeichen für die gemeinsame Zukunft hätten geben wollen, so könnten solche allgemeinen Gesichtspunkte wie das Begründen einer gemeinsamen Zukunft oder das dokumentieren der Zusammengehörigkeit, die bei der Mehrzahl der Eheschließungen als Motiv eine Rolle spielten, als solche noch nicht die Annahme von besonderen Umständen im Sinne des § 46 Abs. 2 a SGB VI rechtfertigen. Soweit die Klägerin eine bereits langjährige Absicht zu heiraten behauptet habe, sei dazu anzumerken, dass bei Kenntnis einer lebensbedrohlichen Erkrankung die Vermutung einer Versorgungsehe nur dann widerlegt werden könne, wenn sich die Heirat als konsequente Verwirklichung eines bereits vor Erlangung dieser Kenntnis bestehenden Heiratsentschlusses darstellen würde. Lediglich abstrakte Pläne zur Heirat ohne entsprechende Vorbereitungen und ohne definitiv ins Auge gefassten Termin reichten hingegen nicht aus, um einen bereits vor dem Bekanntwerden der lebensbedrohlichen Erkrankung gefassten Heiratsentschluss annehmen zu können. Die Klägerin habe auch keine überzeugenden Angaben zu einer langjährigen Heiratsabsicht gemacht. Es sei nicht einleuchtend, warum sie diese nach dem zunächst entgegen stehenden Tod der Eltern des Versicherten in den Jahren 1999 und 2001 nicht konkret umgesetzt hätten. Auch die Angabe, im Falle einer Schwangerschaft der Klägerin heiraten zu wollen, spreche gegen eine konkrete Heiratsabsicht. Auch habe die Klägerin allgemeine Bedenken gegen die Eheschließung geäußert mit ihrer Annahme, es klappe bei Paaren nach der Eheschließung oft nicht mehr. Dass die Klägerin während des gemeinsamen eheähnlichen Zusammenlebens einer Heirat eher skeptisch gegenüber gestanden und auch der Versicherte erst bei Wiederausbruch seiner Erkrankung mit Nachdruck die Eheschließung gewünscht habe, spreche nicht gegen eine Versorgungsehe, sondern eher dafür. Aus den Unterlagen des Standesamtes ergebe sich eindeutig, dass es sich um eine Nottrauung gehandelt habe. Eine Anmeldung zur Eheschließung beim Standesamt in M. sei vor dem 26.06.2008 nicht erfolgt. Dies ergebe sich aus dem Schreiben der Gemeinde M. an das Standesamt Bad C. vom 26.06.2008. Die Behauptung der Klägerin, schon Wochen vorher beim Standesamt in M. vorgesprochen zu haben, sei damit widerlegt. Die Klägerin und der Versicherte hätten erst nach dessen Aufnahme ins Krankenhaus am 24.06.2008 Maßnahmen zur Eheschließung in Form einer Nottrauung ergriffen. Nachdem die Klägerin und der Versicherte von den Ärzten über die notwendige unvorhergesehene Operation und deren möglichen letalen Ausgang informiert worden seien, hätten sie sich entschieden, noch vor der Operation zu heiraten. Ein solches Verhalten spreche in Verbindung mit der Tatsache, dass bis zum Bekanntwerden der akuten Lebensbedrohung durch das Nierenversagen am 23.06.2008 und die lymphombedingte Darmperforation bei ohnehin schon bekanntem lebensbedrohlichen Charakter der Grunderkrankung keinerlei konkrete Heiratsabsichten bestanden hätten, gerade für das Vorliegen einer Versorgungsehe. Wenn die Klägerin schließlich die Motivation zur Eheschließung mit der Sicherstellung der Pflege des Ehemannes begründe, sei dem entgegenzuhalten, dass bei den gegebenen Umständen von einem dauerhaften Pflegebedarf nicht mehr habe ausgegangen werden können. Auch die Aussage, dass nach der Genesung des Ehemannes noch kirchlich geheiratet werden sollte, spreche nicht gegen eine Versorgungsehe. Die Tatsache, dass die standesamtliche Trauung vorgezogen und unter den widrigen Bedingungen der bevorstehenden Notoperation als Nottrauung durchgeführt worden sei, bestätige, dass nicht eine mögliche künftige Pflege, sondern das zu befürchtende baldige Ableben des Ehemannes den Ausschlag für die Heirat gegeben habe. Zudem habe die Klägerin den Versicherten auch im Jahr 2007 bereits gepflegt, ohne dass es zur Eheschließung gekommen sei, und hätte ihn nach ihren Angaben auch im Jahr 2008 gepflegt, ohne mit ihm verheiratet zu sein. Diese Aussage widerlege ebenfalls die Behauptung, die Eheschließung sei zur Sicherstellung der Pflege erfolgt. Das Argument der eigenen finanziellen Absicherung der Klägerin müsse unbeachtet bleiben, da andernfalls gutsituierte Hinterbliebene bei der Prüfung der gesetzlichen Vermutung und deren Widerlegung bevorzugt würden (vgl. Urteile des LSG Baden-Württemberg vom 15.12.2006 - L 4 R 3372/05 -? vom 16.05.2008 - L 4 R 3254/07 -? vom 06.03.2008 - L 2 R 4994/07 - und vom 06.03.2009 - L 4 R 3663/07 -). Eine Versorgungsabsicht könne auch schon dann bestehen, wenn die finanzielle Situation des Hinterbliebenen durch den Bezug der Hinterbliebenenrente verbessert werde. Der Versorgungszweck für eine Eheschließung sei auch in keiner Weise ehrenrührig, sondern entspreche vielmehr einem der wesentlichen Zwecke der gesetzlichen Eheschließung. Dennoch führe er nach Maßgabe des § 46 Abs. 2a SGB VI als überwiegendes Motiv zum Ausschluss der Hinterbliebenenrente (vgl. Urteil des LSG Sachsen-Anhalt vom 24.06.2009 - L 10 KN 51/06 -).
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 31.05.2010 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für rechtmäßig und verweist auf die Entscheidungsgründe. Die Beklagte gehe mit ihrem Vortrag von einem unzutreffenden Sachverhalt aus. Das zur Operation führende CT sei nicht am 26.06.2008, sondern am 27.06.2008 angefertigt worden. Dies ergebe sich aus der sachverständigen Zeugenaussage des Herrn Prof. Dr. A. vom 22.03.2010. Hierauf habe die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht hingewiesen. Hieraus folge, dass sämtliche Vorbereitungen zur Eheschließung bereits abgeschlossen gewesen seien, als sich die Notwendigkeit der am 28.06.2008 durchgeführten Notoperation ergeben habe. Die Klägerin habe in der mündlichen Verhandlung detaillierte Angaben gemacht, an denen Zweifel der Beklagten nicht angebracht seien. Aus dem Umstand, dass die Unterlagen für die Eheschließung erst nach dieser vorgelegt worden seien, könne auch nicht geschlossen werden, dass eine Vorsprache beim Standesamt in M. nicht stattgefunden habe.
Der Senat hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 21.11.2012 zu den Motiven ihrer Eheschließung gehört.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten, die Gerichtsakten des Sozialgerichts St. sowie auf die Akten des Senats zum vorliegenden Berufungsverfahren Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist gem. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und auch sonst zulässig. Sie ist auch begründet.
Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, der Klägerin eine kleine Witwenrente nach § 46 Abs. 1 SGB VI zu gewähren. Sie hat darauf keinen Anspruch. Denn es greift die gesetzliche Vermutung einer diesen Anspruch ausschließenden Versorgungsehe, ohne dass besondere Umstände zur Widerlegung dieser gesetzlichen Vermutung vorliegen. Das Sozialgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben.
Gemäß § 46 Abs. 1 Satz 1 SGB VI haben Witwen, die nicht wieder geheiratet haben, nach dem Tod des versicherten Ehegatten Anspruch auf kleine Witwenrente, wenn der versicherte Ehegatte die allgemeine Wartezeit erfüllt hat. Der Anspruch besteht längstens für 24 Kalendermonate nach Ablauf des Monats in dem der Versicherte verstorben ist.
Nach § 46 Abs. 2a SGB VI ist der Anspruch auf Witwenrente ausgeschlossen, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen. Die Ehe zwischen der Klägerin und dem Versicherten hat weniger als ein Jahr gedauert (vom 27.06. bis 30.07.2008), so dass der Tatbestand des § 46 Abs 2a Halbs 1 SGB VI erfüllt ist.
Entgegen der vom Sozialgericht vertretenen Auffassung vermag der Senat aber keine Tatsachen dafür festzustellen, dass nach den besonderen Umstände des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat darin bestand, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen (§ 46 Abs. 2a SGB VI). Die gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe ist nicht widerlegt.
Die Frage, ob besondere Umstände im Sinne des Ausnahmetatbestands vorliegen, die gegen die Annahme einer Versorgungsehe sprechen, ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) vorrangig anhand aller vorhandenen objektiven Ermittlungsmöglichkeiten (§ 103 SGG) auf tatsächlicher Ebene zu beantworten (BSG, zuletzt im Urteil vom 19.11.2011 - B 13 R 33/11 R mit Hinweis auf BSG, Urteil vom 15.09.2009 - B 5 R 282/09 B -, jeweils in Juris). Dabei ist nach Ausschöpfung aller Erkenntnisquellen und unter Würdigung aller Indizien zur Überzeugung des Gericht festzustellen, ob im Einzelfall die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass die Erlangung eines Anspruchs auf Hinterbliebenenversorgung der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war (BSG, Urteil vom 27.08.2009 - B 13 R 101/08 R - in Juris). Eine abschließende Typisierung und Bewertung einzelner von den Tatsacheninstanzen festgestellter Ehemotive hat das Bundessozialgericht abgelehnt. Nach Wortlaut und Entstehungsgeschichte des § 46 Abs. 2a Halbs. 2 SGB VI sind als "besondere Umstände des Falles" alle äußeren und inneren Umstände des Einzelfalls zu prüfen, die auf einen von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggrund für die Heirat schließen lassen. Die vom Gesetzgeber selbst intendierte Einzelfallprüfung lässt eine abschließende abstrakt-generelle (normgleiche) Einordnung einzelner denkbarer Ehemotive nicht zu. Vielmehr kommt es nach dem Gesetz auf die - gegebenenfalls auch voneinander abweichenden - Beweggründe beider Ehegatten im konkreten Einzelfall an. Dabei sind die vom hinterbliebenen Ehegatten behaupteten inneren Umstände für die Heirat nicht nur für sich isoliert zu betrachten, sondern vor dem Hintergrund der im Zeitpunkt der jeweiligen Eheschließung bestehenden äußeren Umstände in eine Gesamtwürdigung einzustellen und unter Berücksichtigung aller sonstigen Umstände des Falls zu bewerten (BSG, Urteil vom 06.05.2010 - B 13 R 134/08 R - in Juris).
Der Senat geht im Rahmen dieser Gesamtwürdigung davon aus, dass bei der Heirat eines zum Zeitpunkt der Eheschließung bereits an einer lebensbedrohlichen Erkrankung leidenden Versicherten in der Regel der Ausnahmetatbestand des § 46 Abs. 2a Halbsatz 2 SGB VI nicht erfüllt ist (hierzu BSG, Urteil vom 06.05.2010, a.a.O.; vgl. auch Bayerisches LSG, Urteil vom 08.08.2012 - L 13 R 555/10 - in Juris). Darauf hat die Beklagte in ihrer Berufungsbegründung zu Recht hingewiesen. Zwar ist bei einer schweren Erkrankung mit einer ungünstigen Verlaufsprognose und entsprechender Kenntnis der Nachweis nicht ausgeschlossen, dass dessen ungeachtet zumindest gleichwertig aus anderen als aus Versorgungsgründen geheiratet worden ist. Mit dem Grad der Lebensbedrohlichkeit einer Krankheit und dem Grad der Offenkundigkeit steigt jedoch der Grad des Zweifels an dem Vorliegen solcher vom hinterbliebenen Ehegatten zu beweisenden besonderen Umstände, die zu einer Widerlegung der gesetzlichen Vermutung führen (BSG, a.a.O). Im vorliegenden Fall ist insoweit maßgeblich, dass die Klägerin und der Versicherte mit der Eheschließung offenkundig auf eine akute Lebensbedrohung reagiert und sich zu einer Nottrauung im R.-B.-Krankenhaus entschlossen haben.
Bereits mit dem beim Versicherten im April 2008 erneut aufgetretenen hochmalignen Non-Hodgkin-Lymphom litt dieser zum Zeitpunkt der Eheschließung an einer lebensbedrohlichen, unheilbaren Erkrankung. Dies stellt der Senat auf der Grundlage der ärztlichen Stellungnahme des Prof. Dr. A. vom 22.03.2010 fest. Darin wurde der Krankheitsverlauf seit April 2008 dahingehend beschrieben, dass die chemotherapeutische Behandlung des im April 2008 aufgetretenen Tumorrezidivs nach der bereits im Jahr 2007 erstmals aufgetretenen Krebserkrankung nicht zum Erfolg geführt hat. Bereits am 13.05.2008 wurde ein Tumorprogress festgestellt. Zwar war eine Hochdosistherapie und anschließende Stammzellentransplantation angedacht worden, dies aber nach den Angaben von Prof. Dr. A. von dem Erfolg einer Umstellung der Chemotherapie abhängig gemacht worden. Die Tumorerkrankung entwickelte sich jedoch bis zum 23.06.2008 weiter progredient, so dass es zu einem Nierenversagen kam und von Seiten der behandelnden Ärzte einer erneuten Chemotherapie auch nach Normalisierung der Nierenwerte nur ein sehr geringer Erfolg beigemessen wurde. Bereits aufgrund des aufgetretenen chemotherapierefraktären Frührezidivs lag die Überlebenschance des Versicherten nach den Angaben von Prof. Dr. A. bei deutlich unter 20 %. Man sei bei ihm von einer Überlebenswahrscheinlichkeit von 10 bis 20 % ausgegangen und habe dies mehrfach mit dem Versicherten und der Klägerin besprochen. Diese Situation bestand bereits bei der erneuten stationären Aufnahme in das R.-B.-Krankenhaus am 24.06.2008. Hinzu kam die am 26.06.2008 aufgetretene Darmperforation, für die nach den Angaben von Prof. Dr. A. als solche schon eine sehr hohe Letalitätsrate innerhalb der ersten 12 Stunden besteht. Die geplante Operation barg ein weiteres, von Prof. Dr. A. als hoch angegebenes Risiko des Versterbens, da der Tumorbefall schon sehr weit ausgedehnt war und die Nekrotisierung durch das Lymphom die Gefahr einer Sepsis begründete.
Der Senat geht aufgrund dieses Krankheitsverlaufes davon aus, dass sich die Klägerin und der Versicherte in der sich zuspitzenden Situation der unmittelbaren und ernsthaften Lebensgefahr für den Versicherten bewusst waren und dies zum Anlass genommen haben, am 27.06.2008 im Wege der Nottrauung die Ehe zu schließen. Sie haben die Ehe in Ansehung dessen geschlossen, dass der Versicherte die für den Folgetag geplante Operation möglicherweise nicht überleben werde. Dass sie die Heirat in dieser überaus kritischen Lebensphase vorgenommen und hierzu noch kurzfristig alles Organisatorische in die Wege geleitet haben, spricht in hohem Maße dafür, dass der Versorgungsgedanke ausschlaggebend für die Eheschließung war.
Dabei kommt es nicht maßgeblich darauf an, ob das die Darmperforation bestätigende CT erst am 27.06.2008 oder bereits am Vortag durchgeführt wurde. Aus der ärztlichen Stellungnahme von Prof. Dr. A. ergibt sich zwar, dass das CT erst am 27.06.2008 aufgenommen worden war. Die Beschwerden des Versicherten, die zu dieser Untersuchung geführt haben, bestanden aber schon am Vortag und haben bereits eine massive Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Versicherten erkennen lassen. Prof. Dr. A. hat hierzu ausgeführt, dass die Klägerin und der Versicherte eingehend über die bevorstehende Operation und deren möglichen letalen Ausgang informiert worden seien. Sie hätten sich entschieden, am 27.06.2008 zu heiraten und mit einer Operation am 28.06.2008 einverstanden erklärt. Selbst wenn die davon abweichende Schilderung der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht zutreffen sollte, dass sie und der Versicherte erst unmittelbar vor der bereits für den 27.06.2008 angesetzten Hochzeit von der Notwendigkeit der Notoperation erfahren hätten, führt dies zu keiner anderen Bewertung. Konkrete Schritte zur Durchführung der Nottrauung wurden frühestens am 26.06.2008, als sich der Gesundheitszustand des Versicherten bereits noch weiter verschlechtert hatte, in die Wege geleitet, wie sich aus dem Schreiben der Gemeinde M. vom 26.06.2008 an das Standesamt Bad C. ergibt. Bis zu diesem Zeitpunkt war eine Anmeldung der Eheschließung bei der Gemeinde M. nicht erfolgt.
Konkrete Heiratspläne, die schon vor Ausbruch der lebensbedrohlichen Erkrankung des Versicherten bestanden hätten, kann die Klägerin daher nicht nachweisen. Ihre Angaben zu einer bereits langjährig bestehenden Heiratsabsicht reichen insoweit nicht aus, da deren konkrete Umsetzung bis zum Auftreten der Krebserkrankung des Versicherten im Jahr 2007 und auch nach deren zunächst angenommener Ausheilung nicht erfolgt ist. Der vom Versicherten bei der stationären Aufnahme am 24.06.2008 geäußerte Heiratswunsch ist vor dem Hintergrund zu würdigen, dass zu diesem Zeitpunkt seine Krebserkrankung schon erheblich weit fortgeschritten war. Insofern ist der Beklagten zuzustimmen, dass dieser erst nach Wiederausbruch der Erkrankung geäußerte Heiratswunsch eher für eine Versorgungsehe spricht, als dagegen.
Nicht zu überzeugen vermag der Vortrag der Klägerin, die Operation am 28.06.2008 sei zur Vorbereitung des Versicherten auf eine geplante Hochdosistherapie und anschließende Stammzellentransplantation durchgeführt worden. Aus der Stellungnahme von Prof. Dr. A. ergibt sich vielmehr, dass die Operation allein der akuten Lebensbedrohung aufgrund der Darmperforation begegnen sollte, weil hierfür - ohne Operation - bereits ein sehr hohes Letalitätsrisiko innerhalb der ersten 12 Stunden bestand. Die nach Auftreten des Tumorrezidivs angedachte Stammzellentransplantation nach Hochdosistherapie war zudem abhängig von dem vorherigen Erfolg einer umgestellten Chemotherapie, der beim Versicherten aber ausgeblieben ist. So ist den Angaben von Prof. Dr. A. zu entnehmen, dass dem Versicherten bei der erneuten stationären Aufnahme am 24.06.2008 von den Ärzten mitgeteilt worden war, dass auch eine erneute Aufnahme der Chemotherapie nur eine sehr geringe Remissionswahrscheinlichkeit besaß. Spätestens zu diesem Zeitpunkt musste der Klägerin und dem Versicherten bewusst gewesen sein, dass die Überlebenschancen des Versicherten gering waren, zumal er bereits akut an Nierenversagen litt.
Es kommt deshalb letztlich nicht entscheidend darauf an, ob die Vorbereitungen zur Hochzeit wie die Klägerin in der Berufungserwiderung geltend macht, bereits vor der Kenntnis der erforderlichen Notoperation abgeschlossen gewesen sind. Denn schon bei der erneuten stationären Aufnahme des Versicherten am 24.06.2008 war seine Erkrankung in einem Ausmaß fortgeschritten, dass eine begründete Hoffnung auf Heilung nicht mehr bestand. So ist auch das Attest des Hausarztes Dr. Sch., welches die Klägerin mit dem Antrag auf Witwenrente vorgelegt hat, nicht nachvollziehbar. Dies hat Dr. Sch. vom sozialmedizinischen Dienst der Beklagten in ihrer Stellungnahme vom 23.10.2008 zutreffend festgestellt. Es war, wie sich aus der Stellungnahem von Prof. Dr. A. ergibt, zum Zeitpunkt der Eheschließung keineswegs das erklärte Behandlungsziel der Ärzte, den Versicherten zu heilen. Vielmehr hat Prof. Dr. A. ausdrücklich dargelegt, dass nach der Niereninsuffizienz sinnvolle kurativ orientierte Behandlungsalternativen nicht gegeben waren.
Der Senat wertet im Übrigen allein den Umstand, dass die Klägerin bereits bei Rentenantragstellung ein entsprechendes Attest vorgelegt hat, dahingehend, dass die Klägerin sich sehr wohl über die Problematik der Versorgungsehe bewusst war und deren Voraussetzungen sowie die Voraussetzungen für die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung kannte.
Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts hält der Senat auch die von der Klägerin vorgetragenen Motive für die Eheschließung für nicht ausreichend, um damit die gesetzliche Vermutung der Versorgungsehe, die hier durch den konkreten Krankheitsverlauf und den Zeitpunkt der Eheschließung eine in tatsächlicher Hinsicht besonders gefestigte Grundlage gefunden hat, zu widerlegen. Ihre Angaben, der Versicherte und sie hätten sich mit der Heirat Hoffnung auf baldige Genesung geben wollen und Zuversicht für die gemeinsamt Zukunft geben wollen, erscheint angesichts dessen, dass die Klägerin und der Versicherte umfassend über dessen Gesundheitszustand und die geringe Überlebenswahrscheinlichkeit aufgeklärt waren, nicht überzeugend. Diese Motivationslage hätte bereits auch im Jahr 2007 bei dem erstmaligen Auftreten der Erkrankung bestehen können, hat damals aber tatsächlich nicht zu einer Eheschließung geführt. Zwar mag es menschlich durchaus nachvollziehbar und verständlich sein, dass die Partner auch in der extrem zugespitzten Situation Ende Juni 2008 eine letzte Hoffnung auf Heilung nicht aufgeben wollten. Vor diesem Hintergrund ist auch der dringende Therapiewunsch des Versicherten, den Prof. Dr. A. bestätigt hat, zu verstehen. Eine solche Motivationslage basierte aber erkennbar nicht auf dem Boden ärztlicherseits vermittelter Aussicht auf Heilung. Vielmehr dürfte für die Eheschließung erkennbar das zu befürchtende baldige Ableben des Versicherten maßgeblich gewesen sein.
Deshalb kann auch das Argument der Sicherstellung einer Pflege des Versicherten durch die Klägerin nicht überzeugen. Das BSG hat für den Bereich des Versorgungsrechts entschieden, dass die Rechtsvermutung der Versorgungsehe in der Regel widerlegt ist, wenn ein Beschädigter im Sinne des Bundesversorgungsgesetzes heiratet, der auf Pflege ständig angewiesen ist, sofern das Ableben des Pflegebedürftigen bei Eheschließung auf absehbare Zeit nicht zu erwarten ist (BSG, Urteil vom 03.09.1986 ? 9 a RV 8/84 - in Juris). Für pflegebedürftige Versicherte kann insoweit nichts anderes gelten (vgl. auch LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 24.06.2009 - L 10 KN 51/06 - in Juris). Diese Voraussetzungen sind hier aber nicht erfüllt. Denn die Klägerin konnte zum Zeitpunkt der Eheschließung bereits aufgrund des beim Versicherten eingetretenen Nierenversagens und der deutlichen Verschlechterung seines Gesundheitszustandes zwei Tage nach der stationären Aufnahme nicht davon ausgehen, dass er für einen unbestimmten Zeitraum pflegebedürftig sein werde. Vielmehr stand einer solchen Annahme entgegen, dass mit seinem Versterben alsbald zu rechnen war.
Die eigene finanzielle Versorgung der Klägerin als Bezieherin von Ruhegehalt ist für die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung der Versorgungsehe schon deshalb nicht maßgeblich heranzuziehen, weil dies zu einer Besserstellung bereits abgesicherter Hinterbliebener führen würde. Darauf hat die Beklagte zu Recht unter Bezugnahme auf die ständige Rechtsprechung des LSG Baden-Württemberg hingewiesen.
Die Beklagte hat daher die Gewährung der Witwenrente zu Recht abgewiesen und deshalb mit ihrer Berufung Erfolg. Das Sozialgericht hätte der Klage nicht stattgeben dürfen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 SGG).
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