Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 12 R 4291/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 3367/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 6. Juni 2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1961 geborene Kläger erlernte von 1978 bis 1980 den Beruf des Handelsfachpackers (Lagerist) und übte diesen, unterbrochen durch Tätigkeiten als Kraft- und Staplerfahrer, bis 2004 aus. Er ist als Schwerbehinderter mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 50 anerkannt.
Am 29. August 2008 beantragte der Kläger die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Zur Begründung gab er an, er halte sich wegen Schwindelanfällen, einem ?Aderverschluss im Kopf?; Panikattacken und Taubheitsgefühlen in Armen und Beinen für erwerbsgemindert. Nach Beiziehung von Befundunterlagen der den Kläger behandelnden Ärzte veranlasste die Beklagte eine Begutachtung durch den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. Di ... Dieser stellte in seinem Gutachten vom 15. Januar 2009 folgende Diagnosen: (1.) Angststörung mit Panikattacken; (2.) autonome somatoforme Schmerzstörung. Bei einer Optimierung der (nervenärztlichen) Therapie sei der Kläger trotz dieser Erkrankungen vollschichtig leistungsfähig. In qualitativer Hinsicht müssten allerdings Tätigkeiten, die zu einer besonderen psychischen Beanspruchung führen (z. B. Akkord-, Schicht- oder Nachtarbeit, Arbeiten unter Zeitdruck sowie mit stark erhöhter Eigenverantwortung), vermieden werden. Mit Bescheid vom 22. Januar 2009 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Den seitens des Klägers gegen diesen Bescheid am 5. Februar 2009 erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 1. September 2009 zurück.
Mit der am 30. September 2009 beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt und zur Begründung weitere Arztberichte vorgelegt. Entgegen den Feststellungen der Beklagten sei er nicht in der Lage, selbst leichte körperliche Arbeiten in einem Umfang von drei Stunden oder länger arbeitstäglich zu verrichten. Die Beklagte ist der Klage unter Vorlage einer ärztlichen Stellungnahme von Facharzt für Neurologie Dr. Wa. vom 7. Juli 2010 (Bl. 192/193 der SG-Akte) entgegengetreten. Das SG hat zunächst schriftliche sachverständige Zeugenaussagen des Orthopäden Dr. St., des Facharztes für Neurologie Ri., des Facharztes für Innere Medizin Br. und des Facharztes für Neurologie Dr. Ha. eingeholt. Dr. St. hat in seiner Aussage vom 22. März 2010 mitgeteilt, ausgehend von dem Beschwerdebild, das der Kläger in seiner Praxis demonstriert habe, liege ein mindestens sechsstündiges Leistungsvermögen nicht vor. Letztlich halte er für eine Beurteilung des Leistungsvermögens die Durchführung einer psychiatrischen Begutachtung für angezeigt. Dr. Ri. hat mitgeteilt, die letzte Konsultation habe im November 2008 stattgefunden. Zu diesem Zeitpunkt sei der Kläger nicht in der Lage gewesen, einer mindestens sechsstündigen Tätigkeit nachzugehen (Aussage vom 8. April 2010). Dr. Br. hat in seiner Aussage vom 28. April 2010 ausgeführt, der Kläger sei wegen zahlreicher psychosomatischer Beschwerden und Panikattacken außerstande, einer geregelten Arbeit nachzugehen. Der Neurologe Dr. Ha. sah sich demgegenüber nicht in der Lage, die Leistungsfähigkeit des Klägers ausreichend zuverlässig zu beurteilen; dies müsse einem Gutachten vorbehalten bleiben (Aussage vom 25. April 2010).
Das SG hat daraufhin den Facharzt für Neurologie, Psychiatrie, Psychotherapie und psychotherapeutische Medizin Dr. Wi. zum Sachverständigen ernannt und mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. Dr. Wi. hat in seinem Gutachten vom 2. November 2010 ausgeführt, der Kläger leide unter geringfügigen sensiblen Reizerscheinungen C6/C7 rechts und L5/S1 rechts, jeweils ohne Lähmungen oder Atrophien, unter einer Panikerkrankung, einer somatoformen autonomen Funktionsstörung und unter einer hypochondrischen Störung im Rahmen einer Neurasthenie. Trotz dieser Erkrankungen sei der Kläger aber weiterhin in der Lage, leichte Arbeiten ohne Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten über 10 kg, ohne überwiegende Wirbelsäulenzwangshaltungen und ohne Überkopfarbeiten acht Stunden arbeitstäglich auszuüben. Akkord-, Fließband-, Schicht- oder Nachtarbeit solle allerdings nicht abverlangt werden. Auf den seitens des Klägers in der Folge gestellten Antrag, gemäß § 109 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Prof. Dr. Bre. mit der Erstattung eines weiteren Gutachtens zu beauftragen, hat das SG mit Hinweisschreiben vom 8. April 2011 mitgeteilt, der Antrag werde gemäß § 109 Abs. 2 SGG abgelehnt. Zur Einzahlung eines Kostenvorschusses in Höhe von 1.000,00 Euro sei dem Kläger eine Frist bis 16. Februar 2011 gesetzt worden; tatsächlich sei der Betrag erst am 21. März 2011 eingezahlt worden. Mit Urteil vom 11. Mai 2011 hat das SG die Klage abgewiesen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe fest, dass der Kläger zumindest leichte Arbeiten noch in einem zeitlichen Umfang von wenigstens sechs Stunden täglich verrichten könne. Die Kammer schließe sich insoweit dem überzeugenden Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen Dr. Wi. an.
Gegen dieses ihm gemäß Empfangsbekenntnis am 7. Juli 2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 29. Juli 2011 schriftlich beim SG Berufung eingelegt. Er sei in der Zeit vom 5. bis 31. April 2011 im Klinikum W. stationär behandelt worden. Die dort festgestellte Besserung seines Gesundheitszustands habe sich zwischenzeitlich aber wieder verflüchtigt. Insgesamt habe er sich nicht stabilisieren können und deshalb zumindest Anspruch auf Gewährung einer Zeitrente.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 11. Mai 2011 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 22. Januar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. September 2009 zu verurteilen, ihm ab 1. August 2008 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, höchst hilfsweises auf Zeit, zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält ihren Bescheid für rechtmäßig und das angefochtene Urteil für zutreffend.
Der Senat hat den Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Ma. zum Sachverständigen ernannt und mit der Erstattung eines (weiteren) Gutachtens über die Klägerin beauftragt. In seinem Gutachten vom 11. März 2012 hat Nervenarzt Ma. folgende Diagnosen gestellt: (1.) Spannungskopfschmerzen; (2.) Undifferenzierte somatoforme Störung mit im Verlauf wechselnden Beschwerden und Neigung hypochondrischen Befürchtungen; (3.) nach Aktenlage Zustand nach Panikattacken, aktuell ließen sich keine voll ausgebildeten Panikattacken erfragen, gering ausgeprägtes phobisches Vermeidungsverhalten; (4.) Zustand nach Neuronitis vestibularis; (5.) weitgehende Remission reaktiv-depressiver Verstimmungen; (6.) Cervico-brachialgie bei Zustand nach ventraler Fusion C5 bis C7. Trotz dieser Erkrankungen könne die Klägerin ohne unmittelbare Gefährdung seiner Gesundheit leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden täglich und mehr an fünf Tagen in der Woche ausüben.
Wegen der weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten (18 291161 E 031), die Klageakte des SG (S 12 R 4291/09) und die Berufungsakte des Senats (L 13 R 3367/11) Bezug genommen.
II.
Der Senat konnte über die Berufung durch Beschluss der Berufsrichter und ohne mündliche Verhandlung entscheiden (vgl. § 153 Abs. 4 SGG), denn er hält die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Anhörung der Beteiligten hat keine Gesichtspunkte ergeben, die Anlass geben könnten, von dieser Verfahrensform abzuweichen.
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
Die gemäß §§ 143, 144 Abs.1 SGG statthafte Berufung ist zulässig; sie ist unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 und 2 SGG) eingelegt worden. Die Berufung ist jedoch unbegründet, das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (vgl. Bundessozialgericht [BSG] SozR 3-2600 § 44 Nr. 7) ist der den Rentenantrag des Klägers vom 29. August 2008 ablehnende Bescheid vom 22. Januar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. September 2009. Dieser erweist sich als rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in subjektiven Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung.
Durch das am 1. Januar 2001 in Kraft getretene Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1827 ff.) hat der Gesetzgeber das Recht der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit grundlegend neu geordnet. Kernstück der auch im vorliegenden Fall anwendbaren Neuregelung ist die Abschaffung der bisherigen Berufsunfähigkeitsrente für nach dem 1. Januar 1961 geborene Versicherte und die Einführung einer zweistufigen Erwerbsminderungsrente mit einer vollen Erwerbsminderungsrente bei einem Restleistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von unter drei Stunden und einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei einem Restleistungsvermögen von drei bis sechs Stunden.
Gemäß § 43 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB V) haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind (Satz 1 Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Satz 1 Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Satz 1 Nr. 3). Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (Satz 2). Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben - bei im Übrigen identischen Tatbestandsvoraussetzungen - Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Gemäß § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Nach § 240 Abs. 1 SGB VI haben darüber hinaus Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind, bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie die sonstigen Voraussetzungen erfüllen. Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist (§ 240 Abs. 2 Satz 1 SGB VI). Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufes und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 240 Abs. 2 Sätze 2 und 4 SGB VI).
Der Kläger ist noch in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Er ist damit nicht erwerbsgemindert und hat deshalb keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung. Die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit kommt bereits deshalb nicht in Betracht, weil der Kläger erst am 22. November 1961 und damit nach dem 1. Januar 1961 geboren ist. Dass beim Kläger eine quantitative Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens auf ein unter sechsstündiges Maß nicht gegeben ist, hat das SG in nicht zu beanstandender Würdigung der erhobenen Beweise zutreffend insbesondere aus dem im Verlauf des Klageverfahrens eingeholten Sachverständigengutachten von Dr. Wi. geschlussfolgert. Der Senat schließt sich deshalb zunächst den Entscheidungsgründen des mit der Berufung angefochtenen Urteils vom 5. November 2011, insbesondere der dort vorgenommene Beweiswürdigung an, macht sich diese aufgrund eigener Überzeugungsbildung vollinhaltlich zu eigen und sieht insoweit von einer (weiteren) Darstellung eigener Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG).
Das Vorbringen des Klägers zur Begründung der Berufung rechtfertigt, ebenso wie die im Verlauf des Berufungsverfahrens durchgeführte Beweiserhebung, keine abweichende Beurteilung. Das berufliche Leistungsvermögen des Klägers wird ? Abweichendes ergibt sich weder nach Aktenlage noch aus dem Vorbringen des Klägers ? durch Erkrankungen auf nervenärztlichem Fachgebiet beeinträchtigt. Insoweit hat neben dem im Verlauf des erstinstanzlichen Verfahrens gehörten Gutachter Dr. Wi. auch der vom Senat zum Sachverständigen ernannte Nervenarzt Ma. dem Kläger in der Begründung nachvollziehbar ein noch mindestens sechsstündiges Leistungsvermögen attestiert. Damit sind ? auch aus Sicht des Senats ? die entgegenstehenden Einschätzungen der vom SG gehörten behandelnden Ärzte widerlegt. Dass der Bevollmächtigte des Klägers noch kein Gutachten des Sachverständigen gelesen haben im will, in dem dieser sich ?pro patiente? ausgesprochen habe, vermag die Überzeugungskraft des Gutachtens von Nervenarzt Ma. ebenso wenig in Zweifel zu ziehen, wie das pauschale Vorbringen, der Kläger sei durch das Gutachten ?nicht erreicht? worden. Im Ergebnis steht nach Vorliegen von drei in der sozialmedizinischen Beurteilung übereinstimmenden nervenärztlichen Gutachten (Dr. Di., Dr. Wi. und Ma.) zur vollen Überzeugung des Senats fest, dass beim Kläger eine Einschränkung des beruflichen Restleistungsvermögens in zeitlicher Hinsicht nicht gegeben ist. Nachdem der Kläger seinen Antrag, gemäß § 109 Abs. 1 SGG ein Gutachten von Prof. Dr. Bre. einzuholen, bereits in der mündlichen Verhandlung vor dem SG ? und auch im Berufungsverfahren ? nicht mehr aufrechterhalten hat, bestand für den Senat keine Veranlassung zur Durchführung weiterer medizinischer Ermittlungen.
Letztlich ist auch der Ausnahmefall einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung (vgl. hierzu etwa BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 117; auch Großer Senat BSGE 80, 24, 33 ff.) nicht gegeben. In einem solchen Fall kann der Arbeitsmarkt selbst bei einem noch vorhandenen sechsstündigen Leistungsvermögen ausnahmsweise als verschlossen gelten. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass eine Verweisung auf noch vorhandenes Restleistungsvermögen nur dann möglich ist, wenn nicht nur die theoretische Möglichkeit besteht, einen entsprechenden Arbeitsplatz zu erhalten (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 110). Einschränkungen, die eine solche Annahme rechtfertigen könnten, liegen beim Kläger nicht vor. In qualitativer Hinsicht muss dieser, wie Dr. Wi. in seinem Gutachten vom 2. November 2010 ausgeführt hat, schwere Arbeiten, Heben und Tragen oder Bewegen von Lasten über 10 kg, überwiegende Wirbelsäulenzwangshaltungen, Überkopfarbeiten sowie Akkord-, Fließband-, Schicht- und Nachtarbeit vermeiden. Ausweislich des ? auch insoweit überzeugenden ? Gutachtens von Nervenarzt Ma. sollten darüber hinaus keine Arbeiten auf Leitern oder Gerüsten, keine Pflege von Schwerstkranken und keine Arbeiten mit sehr hoher Verantwortung für andere Menschen abverlangt werden. Die genannten Einschränkungen können zwar das Spektrum der für den Kläger in Betracht kommenden Tätigkeiten einschränken, sie begründen aber keine Zweifel an der normalen betrieblichen Einsatzfähigkeit für leichtere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Hierbei war für den Senat im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens ausschlaggebend, dass die Beklagte keinen berechtigten Anlass zur Klageerhebung gegeben hat und die Rechtsverfolgung insgesamt ohne Erfolg geblieben ist.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1961 geborene Kläger erlernte von 1978 bis 1980 den Beruf des Handelsfachpackers (Lagerist) und übte diesen, unterbrochen durch Tätigkeiten als Kraft- und Staplerfahrer, bis 2004 aus. Er ist als Schwerbehinderter mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 50 anerkannt.
Am 29. August 2008 beantragte der Kläger die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Zur Begründung gab er an, er halte sich wegen Schwindelanfällen, einem ?Aderverschluss im Kopf?; Panikattacken und Taubheitsgefühlen in Armen und Beinen für erwerbsgemindert. Nach Beiziehung von Befundunterlagen der den Kläger behandelnden Ärzte veranlasste die Beklagte eine Begutachtung durch den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. Di ... Dieser stellte in seinem Gutachten vom 15. Januar 2009 folgende Diagnosen: (1.) Angststörung mit Panikattacken; (2.) autonome somatoforme Schmerzstörung. Bei einer Optimierung der (nervenärztlichen) Therapie sei der Kläger trotz dieser Erkrankungen vollschichtig leistungsfähig. In qualitativer Hinsicht müssten allerdings Tätigkeiten, die zu einer besonderen psychischen Beanspruchung führen (z. B. Akkord-, Schicht- oder Nachtarbeit, Arbeiten unter Zeitdruck sowie mit stark erhöhter Eigenverantwortung), vermieden werden. Mit Bescheid vom 22. Januar 2009 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Den seitens des Klägers gegen diesen Bescheid am 5. Februar 2009 erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 1. September 2009 zurück.
Mit der am 30. September 2009 beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt und zur Begründung weitere Arztberichte vorgelegt. Entgegen den Feststellungen der Beklagten sei er nicht in der Lage, selbst leichte körperliche Arbeiten in einem Umfang von drei Stunden oder länger arbeitstäglich zu verrichten. Die Beklagte ist der Klage unter Vorlage einer ärztlichen Stellungnahme von Facharzt für Neurologie Dr. Wa. vom 7. Juli 2010 (Bl. 192/193 der SG-Akte) entgegengetreten. Das SG hat zunächst schriftliche sachverständige Zeugenaussagen des Orthopäden Dr. St., des Facharztes für Neurologie Ri., des Facharztes für Innere Medizin Br. und des Facharztes für Neurologie Dr. Ha. eingeholt. Dr. St. hat in seiner Aussage vom 22. März 2010 mitgeteilt, ausgehend von dem Beschwerdebild, das der Kläger in seiner Praxis demonstriert habe, liege ein mindestens sechsstündiges Leistungsvermögen nicht vor. Letztlich halte er für eine Beurteilung des Leistungsvermögens die Durchführung einer psychiatrischen Begutachtung für angezeigt. Dr. Ri. hat mitgeteilt, die letzte Konsultation habe im November 2008 stattgefunden. Zu diesem Zeitpunkt sei der Kläger nicht in der Lage gewesen, einer mindestens sechsstündigen Tätigkeit nachzugehen (Aussage vom 8. April 2010). Dr. Br. hat in seiner Aussage vom 28. April 2010 ausgeführt, der Kläger sei wegen zahlreicher psychosomatischer Beschwerden und Panikattacken außerstande, einer geregelten Arbeit nachzugehen. Der Neurologe Dr. Ha. sah sich demgegenüber nicht in der Lage, die Leistungsfähigkeit des Klägers ausreichend zuverlässig zu beurteilen; dies müsse einem Gutachten vorbehalten bleiben (Aussage vom 25. April 2010).
Das SG hat daraufhin den Facharzt für Neurologie, Psychiatrie, Psychotherapie und psychotherapeutische Medizin Dr. Wi. zum Sachverständigen ernannt und mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. Dr. Wi. hat in seinem Gutachten vom 2. November 2010 ausgeführt, der Kläger leide unter geringfügigen sensiblen Reizerscheinungen C6/C7 rechts und L5/S1 rechts, jeweils ohne Lähmungen oder Atrophien, unter einer Panikerkrankung, einer somatoformen autonomen Funktionsstörung und unter einer hypochondrischen Störung im Rahmen einer Neurasthenie. Trotz dieser Erkrankungen sei der Kläger aber weiterhin in der Lage, leichte Arbeiten ohne Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten über 10 kg, ohne überwiegende Wirbelsäulenzwangshaltungen und ohne Überkopfarbeiten acht Stunden arbeitstäglich auszuüben. Akkord-, Fließband-, Schicht- oder Nachtarbeit solle allerdings nicht abverlangt werden. Auf den seitens des Klägers in der Folge gestellten Antrag, gemäß § 109 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Prof. Dr. Bre. mit der Erstattung eines weiteren Gutachtens zu beauftragen, hat das SG mit Hinweisschreiben vom 8. April 2011 mitgeteilt, der Antrag werde gemäß § 109 Abs. 2 SGG abgelehnt. Zur Einzahlung eines Kostenvorschusses in Höhe von 1.000,00 Euro sei dem Kläger eine Frist bis 16. Februar 2011 gesetzt worden; tatsächlich sei der Betrag erst am 21. März 2011 eingezahlt worden. Mit Urteil vom 11. Mai 2011 hat das SG die Klage abgewiesen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe fest, dass der Kläger zumindest leichte Arbeiten noch in einem zeitlichen Umfang von wenigstens sechs Stunden täglich verrichten könne. Die Kammer schließe sich insoweit dem überzeugenden Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen Dr. Wi. an.
Gegen dieses ihm gemäß Empfangsbekenntnis am 7. Juli 2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 29. Juli 2011 schriftlich beim SG Berufung eingelegt. Er sei in der Zeit vom 5. bis 31. April 2011 im Klinikum W. stationär behandelt worden. Die dort festgestellte Besserung seines Gesundheitszustands habe sich zwischenzeitlich aber wieder verflüchtigt. Insgesamt habe er sich nicht stabilisieren können und deshalb zumindest Anspruch auf Gewährung einer Zeitrente.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 11. Mai 2011 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 22. Januar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. September 2009 zu verurteilen, ihm ab 1. August 2008 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, höchst hilfsweises auf Zeit, zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält ihren Bescheid für rechtmäßig und das angefochtene Urteil für zutreffend.
Der Senat hat den Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Ma. zum Sachverständigen ernannt und mit der Erstattung eines (weiteren) Gutachtens über die Klägerin beauftragt. In seinem Gutachten vom 11. März 2012 hat Nervenarzt Ma. folgende Diagnosen gestellt: (1.) Spannungskopfschmerzen; (2.) Undifferenzierte somatoforme Störung mit im Verlauf wechselnden Beschwerden und Neigung hypochondrischen Befürchtungen; (3.) nach Aktenlage Zustand nach Panikattacken, aktuell ließen sich keine voll ausgebildeten Panikattacken erfragen, gering ausgeprägtes phobisches Vermeidungsverhalten; (4.) Zustand nach Neuronitis vestibularis; (5.) weitgehende Remission reaktiv-depressiver Verstimmungen; (6.) Cervico-brachialgie bei Zustand nach ventraler Fusion C5 bis C7. Trotz dieser Erkrankungen könne die Klägerin ohne unmittelbare Gefährdung seiner Gesundheit leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden täglich und mehr an fünf Tagen in der Woche ausüben.
Wegen der weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten (18 291161 E 031), die Klageakte des SG (S 12 R 4291/09) und die Berufungsakte des Senats (L 13 R 3367/11) Bezug genommen.
II.
Der Senat konnte über die Berufung durch Beschluss der Berufsrichter und ohne mündliche Verhandlung entscheiden (vgl. § 153 Abs. 4 SGG), denn er hält die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Anhörung der Beteiligten hat keine Gesichtspunkte ergeben, die Anlass geben könnten, von dieser Verfahrensform abzuweichen.
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
Die gemäß §§ 143, 144 Abs.1 SGG statthafte Berufung ist zulässig; sie ist unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 und 2 SGG) eingelegt worden. Die Berufung ist jedoch unbegründet, das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (vgl. Bundessozialgericht [BSG] SozR 3-2600 § 44 Nr. 7) ist der den Rentenantrag des Klägers vom 29. August 2008 ablehnende Bescheid vom 22. Januar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. September 2009. Dieser erweist sich als rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in subjektiven Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung.
Durch das am 1. Januar 2001 in Kraft getretene Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1827 ff.) hat der Gesetzgeber das Recht der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit grundlegend neu geordnet. Kernstück der auch im vorliegenden Fall anwendbaren Neuregelung ist die Abschaffung der bisherigen Berufsunfähigkeitsrente für nach dem 1. Januar 1961 geborene Versicherte und die Einführung einer zweistufigen Erwerbsminderungsrente mit einer vollen Erwerbsminderungsrente bei einem Restleistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von unter drei Stunden und einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei einem Restleistungsvermögen von drei bis sechs Stunden.
Gemäß § 43 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB V) haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind (Satz 1 Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Satz 1 Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Satz 1 Nr. 3). Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (Satz 2). Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben - bei im Übrigen identischen Tatbestandsvoraussetzungen - Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Gemäß § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Nach § 240 Abs. 1 SGB VI haben darüber hinaus Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind, bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie die sonstigen Voraussetzungen erfüllen. Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist (§ 240 Abs. 2 Satz 1 SGB VI). Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufes und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 240 Abs. 2 Sätze 2 und 4 SGB VI).
Der Kläger ist noch in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Er ist damit nicht erwerbsgemindert und hat deshalb keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung. Die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit kommt bereits deshalb nicht in Betracht, weil der Kläger erst am 22. November 1961 und damit nach dem 1. Januar 1961 geboren ist. Dass beim Kläger eine quantitative Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens auf ein unter sechsstündiges Maß nicht gegeben ist, hat das SG in nicht zu beanstandender Würdigung der erhobenen Beweise zutreffend insbesondere aus dem im Verlauf des Klageverfahrens eingeholten Sachverständigengutachten von Dr. Wi. geschlussfolgert. Der Senat schließt sich deshalb zunächst den Entscheidungsgründen des mit der Berufung angefochtenen Urteils vom 5. November 2011, insbesondere der dort vorgenommene Beweiswürdigung an, macht sich diese aufgrund eigener Überzeugungsbildung vollinhaltlich zu eigen und sieht insoweit von einer (weiteren) Darstellung eigener Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG).
Das Vorbringen des Klägers zur Begründung der Berufung rechtfertigt, ebenso wie die im Verlauf des Berufungsverfahrens durchgeführte Beweiserhebung, keine abweichende Beurteilung. Das berufliche Leistungsvermögen des Klägers wird ? Abweichendes ergibt sich weder nach Aktenlage noch aus dem Vorbringen des Klägers ? durch Erkrankungen auf nervenärztlichem Fachgebiet beeinträchtigt. Insoweit hat neben dem im Verlauf des erstinstanzlichen Verfahrens gehörten Gutachter Dr. Wi. auch der vom Senat zum Sachverständigen ernannte Nervenarzt Ma. dem Kläger in der Begründung nachvollziehbar ein noch mindestens sechsstündiges Leistungsvermögen attestiert. Damit sind ? auch aus Sicht des Senats ? die entgegenstehenden Einschätzungen der vom SG gehörten behandelnden Ärzte widerlegt. Dass der Bevollmächtigte des Klägers noch kein Gutachten des Sachverständigen gelesen haben im will, in dem dieser sich ?pro patiente? ausgesprochen habe, vermag die Überzeugungskraft des Gutachtens von Nervenarzt Ma. ebenso wenig in Zweifel zu ziehen, wie das pauschale Vorbringen, der Kläger sei durch das Gutachten ?nicht erreicht? worden. Im Ergebnis steht nach Vorliegen von drei in der sozialmedizinischen Beurteilung übereinstimmenden nervenärztlichen Gutachten (Dr. Di., Dr. Wi. und Ma.) zur vollen Überzeugung des Senats fest, dass beim Kläger eine Einschränkung des beruflichen Restleistungsvermögens in zeitlicher Hinsicht nicht gegeben ist. Nachdem der Kläger seinen Antrag, gemäß § 109 Abs. 1 SGG ein Gutachten von Prof. Dr. Bre. einzuholen, bereits in der mündlichen Verhandlung vor dem SG ? und auch im Berufungsverfahren ? nicht mehr aufrechterhalten hat, bestand für den Senat keine Veranlassung zur Durchführung weiterer medizinischer Ermittlungen.
Letztlich ist auch der Ausnahmefall einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung (vgl. hierzu etwa BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 117; auch Großer Senat BSGE 80, 24, 33 ff.) nicht gegeben. In einem solchen Fall kann der Arbeitsmarkt selbst bei einem noch vorhandenen sechsstündigen Leistungsvermögen ausnahmsweise als verschlossen gelten. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass eine Verweisung auf noch vorhandenes Restleistungsvermögen nur dann möglich ist, wenn nicht nur die theoretische Möglichkeit besteht, einen entsprechenden Arbeitsplatz zu erhalten (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 110). Einschränkungen, die eine solche Annahme rechtfertigen könnten, liegen beim Kläger nicht vor. In qualitativer Hinsicht muss dieser, wie Dr. Wi. in seinem Gutachten vom 2. November 2010 ausgeführt hat, schwere Arbeiten, Heben und Tragen oder Bewegen von Lasten über 10 kg, überwiegende Wirbelsäulenzwangshaltungen, Überkopfarbeiten sowie Akkord-, Fließband-, Schicht- und Nachtarbeit vermeiden. Ausweislich des ? auch insoweit überzeugenden ? Gutachtens von Nervenarzt Ma. sollten darüber hinaus keine Arbeiten auf Leitern oder Gerüsten, keine Pflege von Schwerstkranken und keine Arbeiten mit sehr hoher Verantwortung für andere Menschen abverlangt werden. Die genannten Einschränkungen können zwar das Spektrum der für den Kläger in Betracht kommenden Tätigkeiten einschränken, sie begründen aber keine Zweifel an der normalen betrieblichen Einsatzfähigkeit für leichtere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Hierbei war für den Senat im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens ausschlaggebend, dass die Beklagte keinen berechtigten Anlass zur Klageerhebung gegeben hat und die Rechtsverfolgung insgesamt ohne Erfolg geblieben ist.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
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