L 8 U 3868/11

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 11 U 118/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 U 3868/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 3. August 2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Der Kläger trägt die Kosten und eigenen Auslagen der Begutachtung durch Dr. M. (Gutachten vom 30.05.2012) selbst.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger Anspruch auf Gewährung einer höheren Verletztenrente und auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 17.07.2008 hat.

Der 1961 geborene Kläger war zuletzt von 2000 bis 2008 als Bierfahrer und ab 01.06.2008 als angelernter Monteur bei der Firma K. M. GmbH in einem befristeten Arbeitsverhältnis beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete mit Fristablauf zum 31.05.2009 (Arbeitgeberauskunft vom 25.06.2009).

Am 17.07.2008 erlitt der Kläger auf dem Weg zur Arbeit einen Verkehrsunfall, bei dem er als Fahrer eines Motorrollers von einem Pkw angefahren worden war. Hierbei zog er sich eine offene Luxationsfraktur des oberen Sprunggelenks links und multiple Prellungen zu (Durchgangsarztbericht von Dr. B. vom 17.07.2008). Er wurde vom 17.07.2008 bis 05.09.2008 stationär im Kreiskrankenhaus S. behandelt, wobei mehrfach nachoperiert werden musste, zuletzt wurde am 26.08.2008 eine Hauttransplantation wegen Wundheilungsstörungen vorgenommen (Entlassungsbericht der Kliniken L. S. vom 05.09.2008). Arbeitsunfähigkeit bestand bis 08.03.2009 (Abschlussbericht von Dr. B. vom 13.03.2009). Am 09.03.2009 nahm der Kläger die Tätigkeit eigenen Angaben zufolge mit 7 Stunden täglich wieder auf (Bericht von Dr. B. vom 31.03.2009).

Auf der Grundlage des Gutachtens von Dr. B. vom 22.05.2009 gewährte die Berufsgenossenschaft M. N. S., eine Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden nur noch Beklagte), eine Gesamtvergütung für den Zeitraum vom 09.03.2009 bis 31.10.2009 nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 20 v.H. (Bescheid vom 20.07.2009). Der hiergegen eingelegte Widerspruch des Klägers blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 08.12.2009). Im Klageverfahren vor dem Sozialgericht Konstanz (S 11 U 3506/09) schlossen die Beteiligten einen vom Sozialgericht vorgeschlagenen außergerichtlichen Vergleich, in dem sich die Beklagte verpflichtete, über die Gewährung von Verletztenrente als vorläufige Entschädigung über den 31.10.2009 hinaus zu entscheiden und die Höhe der bis zum 31.10.2009 gewährten Verletztenrente im Zugunstenverfahren zu überprüfen.

Am 21.01.2010 diagnostizierte PD Dr. N. eine Schädigung des Nervus peronaeus links bei Zustand nach drittgradiger offener oberer Sprunggelenk-Luxationsfraktur links (Bericht von PD Dr. N. vom 26.01.2010). In seinen Nachschauberichten vom 19.02. und 04.06.2010 beurteilte Dr. B. den Kläger als weiterhin arbeitsfähig. In dem von der Beklagten veranlassten Gutachten vom 02.06.2010 beschrieb der Gutachter Prof. Dr. M. einen knöchern fest verheilten Sprunggelenksverrenkungsbruch links mit eingeschränkter Beweglichkeit im oberen (rechts 25/0/40, links 10/0/20) und unteren Sprunggelenk (um 1/4), eine Zehenheberparese links, reizlose Narbe am ventralen linken Oberschenkel im mittleren Drittel, ein 6 mal 3 cm großes Hauttransplantat am Außenknöchel und eine 20 cm lange Narbe epimalleolär sowie eine quere, 5 cm lange und distal davon 3 cm längs verlaufende, reizlose Narbe am Innenknöchel als Unfallfolgen, was eine MdE um 20 v.H. nach Ablauf des Gesamtvergütungszeitraums bis auf weiteres bedinge.

Mit Bescheid vom 06.08.2010 gewährte die Beklagte über den 31.10.2009 hinaus Rente als vorläufige Entschädigung nach einer MdE um 20 v.H. und teilte mit, die Überprüfung des Bescheides vom 20.07.2009 habe ergeben, dass die Rentenhöhe nach einer MdE um 20 v.H. zutreffend gewesen sei. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein und machte geltend, die ARGE Landkreis S. habe im Hinblick auf die Wiedereingliederung in die Arbeit auf die Möglichkeit einer Aus- und Weiterbildung durch die Beklagte verwiesen (Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten vom 12.08.2010).

Mit Bescheid vom 23.08.2010 lehnte die Beklagte die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben ab. Nach Auskunft des Arbeitgebers habe es sich bei der Tätigkeit des Klägers als angelernter Monteur um eine ungelernte Tätigkeit gehandelt. Im Gutachten vom 02.06.2010 sei die Frage, ob berufliche Wiedereingliederungsmaßnahmen angezeigt seien, verneint worden. Es sei davon auszugehen, dass der Kläger leichte bis mittelschwere Anlerntätigkeiten, die überwiegend im Stehen und Gehen, jedoch ohne Zwangshaltungen, z.B. im Knien oder in der Hocke zu verrichten sind, weiterhin dauerhaft wettbewerbsfähig ausüben könne. Der Kläger legte auch gegen diesen Bescheid Widerspruch ein.

Mit jeweils gesonderten Widerspruchsbescheiden vom 02.11.2010 wies die Beklagte die Widersprüche zurück.

Der Kläger erhob jeweils am 13.01.2011 Klagen beim Sozialgericht Konstanz (SG), das die Klageverfahren S 8 U 118/11 und S 8 U 119/11 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter dem führenden Aktenzeichen S 8 U 118/11 verband (Beschluss vom 16.05.2011). Der Kläger verfolgte die Klageziele, ihm Verletztenrente ab 01.11.2000 nach einer MdE von mehr als 20 v.H. und Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, insbesondere Umschulung zum Berufskraftfahrer, zu gewähren.

Während des anhängigen Klageverfahrens holte die Beklagte das Gutachten von Prof. Dr. M. vom 04.04.2011 zur Rente auf unbestimmte Zeit ein, der die unfallbedingte MdE mit 20 v.H. bewertete. Zur Wiederherstellung oder Besserung der Erwerbsfähigkeit seien weder weitere ärztliche oder sonstige geeignete Maßnahmen (z.B. Umsetzung, Umschulung) erforderlich. Hierauf gestützt gewährte die Beklagte mit Bescheid vom 27.04.2011 anstelle der vorläufigen Entschädigung Rente auf unbestimmte Zeit nach einer MdE von 20 v.H. und stellte als Unfallfolgen fest: Bewegungseinschränkung des oberen und unteren Sprunggelenks links, diskrete Zehenheberlähmung, Schwellneigung im Bereich des Sprunggelenks. Der Bescheid enthielt die Rechtsmittelbelehrung, dass er als mitangefochten im Rahmen des anhängigen Gerichtsverfahrens gelte.

Das Sozialgericht hörte Dr. B. schriftlich als sachverständigen Zeugen (Aussage vom 11.05.2011) zu den ab Oktober 2010 erfolgten Untersuchungen und Behandlungen des Klägers und den dabei erhobenen Befunden. Der von Amts wegen zum Sachverständigen ernannte Dr. K. erstattete das Gutachten vom 09.06.2011. Danach begründeten die von ihm erhobene Bewegungseinschränkung mit Bewegungsmaßen im oberen (rechts 20/0/50, links 10/0/35) und unteren (rechts 1/1, links 3/4) Sprunggelenk, den umschriebenen Narben, eine Schwellneigung des körperfernen Unterschenkels und der Knöchelregion sowie eine initiale Arthrose des Sprunggelenks eine MdE um 20 v.H. Ausschließlich im Stehen durchzuführende Tätigkeiten seien nicht leidensgerecht.

Mit Urteil vom 03.08.2011 wies das Sozialgericht die Klage ab. In den Entscheidungsgründen stützte es sich auf den Sachverständigen Dr. K., der die einschlägige Begutachtungsliteratur berücksichtigt habe und dessen Einschätzung mit derjenigen von Prof. Dr. M. und Dr. B. übereinstimme.

Gegen das dem Klägerbevollmächtigten am 09.08.2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 08.09.2011 Berufung eingelegt mit der Begründung, ihm stehe eine höhere Verletztenrente zu. Er sei auch nicht in der Lage, in dem von ihm zuletzt ausgeübten Beruf als Monteur tätig zu sein.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 03.08.2011 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 06.08.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.11.2010 i.d.F. des Bescheides vom 27.04.2011 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ab 01.11.2009 Verletztenrente auf unbestimmte Zeit nach einer MdE von mehr als 20 v.H. zu gewähren, und den Bescheid der Beklagten vom 23.08.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.11.2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, insbesondere eine Umschulung zum Berufskraftfahrer, zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie bezieht sich zur Begründung auf ihren Vortrag erster Instanz und auf die Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils des Sozialgerichts.

Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Senat von Dr. M. das orthopädische Gutachten vom 30.05.2012 eingeholt. Danach bestehe als Unfallfolgen beim Kläger ein Zustand nach drittgradig offener Luxationsfraktur des linken Sprunggelenks mit Peronealsehnenluxation und schwerer Weichteiltraumatisierung, eine Nervenläsion des Nervus peronaeus am linken Unterschenkel mit Zehen- und Fußheberschwäche links mit Gangstörung, eine deutliche posttraumatische Arthrose im oberen und unteren Sprunggelenk mit eingeschränkter Beweglichkeit und Bewegungs-und Belastungsschmerzen im oberen und unteren Sprunggelenk, eine chronische Schwellneigung mit Notwendigkeit dauerhaft einen Kompressionstrumpf zu tragen, eine Fehlstatik und Fehlbelastung der angrenzende Gelenke vor allem Knie, Hüfte und Becken durch verändertes Abrollverhalten und Belastbarkeit des linken Fußes. Die unfallbedingte MdE betrage (mindestens) 25 v.H. Der Kläger sei durch diese Unfallfolgen auf Dauer in seiner Wettbewerbsfähigkeit in seinem Beruf eingeschränkt. Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben seien angezeigt, zu empfehlen sei eine Umschulung zum Berufskraftfahrer im Personenverkehr. Seine derzeitige berufliche Tätigkeit als Taxifahrer komme seinem Leistungsvermögen entgegen, allerdings seien nicht alle Taxis mit Automatikgetriebe ausgestattet.

Die Beteiligten haben sich zum Gutachten geäußert und haben sich mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Der Senat hat die Verwaltungsakten der Beklagten und die Akten des Sozialgerichts beigezogen. Auf diese Unterlagen und auf die vor dem Senat angefallene Akte im Berufungsverfahren wird wegen weiterer Einzelheiten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat nach § 124 Abs. 2 SGG mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig.

Zu Recht hat das Sozialgericht mit dem angefochtenen Urteil die Klagen abgewiesen. Die streitgegenständlichen Bescheide der Beklagten sind im angefochtenen Umfang rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf höhere Verletztenrente ab 01.11.2009 und auf Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Soweit die Beklagte mit dem Bescheid vom 06.08.2010 auch den Überprüfungsantrag des Klägers betreffend die als vorläufige Entschädigung gewährte Rente vor dem 01.11.2009 abgelehnt hat, hat der Kläger diese Entscheidung nicht angefochten, weshalb das Sozialgericht hierüber nicht zu entscheiden hatte.

Das Sozialgericht hat im angefochtenen Urteil die Rechtsgrundlagen und Rechtsgrundsätze zur Gewährung von Verletztenrente und Teilhabeleistungen umfassend und rechtlich zutreffend dargelegt sowie unter Berücksichtigung der Gutachten von Dr. B., Prof. Dr. M. und Dr. K. diese auch rechtsfehlerfrei angewendet. Der Senat gelangt nach eigener Überprüfung zum selben Ergebnis, weshalb er insoweit auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil verweist (§ 153 Abs. 2 SGG).

Das Vorbringen des Klägers und die Ermittlungen im Berufungsverfahren führen zu keiner anderen Beurteilung.

Das Gutachten von Dr. M. enthält keine medizinischen Befunde, die eine unfallbedingte MdE von mehr als 20 v.H. rechtfertigen.

Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 SGB VII), worauf bereits das Sozialgericht im angefochtenen Urteil zutreffend hingewiesen hat. Die Bemessung der MdE ist eine Tatsachenfeststellung, die das Gericht gemäß § 128 Abs 1 Satz 1 SGG nach seiner freien aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung trifft (BSG SozR 4-2700 § 56 Nr. 2; BSG SozR 3-2200 § 581 Nr. 8, S 36 m.w.N.). Die zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind deshalb bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der tägliche Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel (BSG a.a.O.; zuletzt BSG Urteil vom 22. Juni 2004 - B 2 U 14/03 R - SozR 4-2700 § 56 Nr. 1).

Die in den Tabellen und Empfehlungen enthaltenen Richtwerte bilden die Basis für einen Vorschlag, den der medizinische Sachverständige zur Höhe der MdE unterbreitet, und gewährleisten, dass alle Betroffenen bei der medizinischen Begutachtung nach einheitlichen Kriterien beurteilt werden (vgl. BSG Urteil v. 30.06.1998 - B 2 U 41/97 R - ; BSGE 82, 212 = SozR 3-2200 § 581 Nr. 5), was unter dem Gesichtspunkt des grundrechtlichen Gleichbehandlungsgebots zur Selbstbindung der Verwaltung führt. Abweichungen von den Bewertungsgrundsätzen der unfallmedizinischen Literatur sind daher nur bei Funktionsbeeinträchtigungen rechtlich geboten, die von den dort angeführten Verletzungsmustern nicht erfasst werden.

Nach den unfallmedizinischen Grundsätzen ist ein in guter Stellung unter Erhaltung der Knöchelgabel verheilter Sprunggelenkverrenkungsbruch mit einer MdE von 0-10 v.H. zu bewerten. Erst ein Sprunggelenksverrenkungsbruch mit Verbreiterung der Knöchelgabel oder Sprengung der Bandverbindung, mit sekundärer Verkantung des Sprungbeins oder sekundärer Arthrose mit wesentlicher Funktionsstörung rechtfertigt eine MdE um 30 v.H. Die Bewegungseinschränkung des oberen Sprunggelenks mit den Bewegungsmaßen 0/0/30° ist mit einer MdE um 10 v.H. und die Versteifung des oberen und unteren Sprunggelenks in Funktionsstellung mit einer MdE um 25 v.H. bewertet. Auch die Versteifung des unteren Sprunggelenks in Funktionsstellung erlaubt eine MdE um 15 v.H., bei schmerzhafter Wackelsteife eine MdE um 20-30 v.H. (vgl. insgesamt Schönberger/Mehrtens/Valentin, 8. Auflage, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, S. 678).

Aus dem Gutachten von Dr. M. ergibt sich in Übereinstimmung zu den Vorgutachten ein verheilter Sprunggelenksbruch links. Eine Fehlstellung und eine nicht erhaltene oder funktionell verbreiterte Knöchelgabel ist seinem Röntgenbefund ebenso wenig zu entnehmen, was dem mit einer MdE um 0-10 v.H. bewerteten Verletzungsmuster entspricht. Die mitgeteilten Bewegungsmaße 10/0/30°, passiv assistiert 15/0/35° des oberen Sprunggelenks und 1/2 bzw. 2/5 des unteren Sprunggelenks rechtfertigt eine MdE um 20 v.H. nicht, da diese Funktionseinschränkung mit den Verletzungsmustern einer Versteifung des oberen und/oder des unteren Sprunggelenk nicht vergleichbar ist. Vielmehr ist die Bewegungseinschränkung des oberen Sprunggelenks sogar noch geringfügig besser als der mit einer MdE von 10 v.H. bewertete Ansatz einer Einschränkung mit 0/0/30° in der unfallmedizinischen Literatur, worauf die Beklagte zutreffend hingewiesen hat.

Für die rentenrelevante MdE-Bewertung mit 20 v.H. sind über die knöcherne Funktionseinschränkung hinausgehende Unfallfolgen auch nach Auffassung des Senats angemessen berücksichtigt. Hierzu gehören zum einen die Druckschädigung des Wadenbeinnerven (Nervus peronaeus), der funktionell zu einer diskreten Zehenheberlähmung und zusätzlich einer geringfügigen Fußheberlähmung, so Dr. K., führt. Die auch von Dr. M. beschriebene Gangstörung wird von Dr. K. bei uneingeschränkter Zehenbeweglichkeit als leichte Funktionseinschränkung des linken Sprunggelenks beim Gehen geschildert. Relevante funktionelle Einschränkungen durch die Narben bzw. die vorgenommene Hauttransplantation sind dem Gutachten von Dr. M. nicht zu entnehmen. Dr. K. teilt mit, dass trophische Störungen der Narben nicht nachweisbar und die Narbenverhältnisse stabil sind.

Soweit Dr. M. auf die röntgenologisch nachgewiesene posttraumatische Arthrose im oberen und unteren Sprunggelenk abstellt, die er im Widerspruch zu Dr. K., der sie als initiale Arthrose beschreibt, als deutliche Arthrose bezeichnet, ist dies für die rechtliche Beurteilung der MdE nicht maßgebend, denn bewertungsrelevant ist allein die hieraus folgende funktionelle Einschränkung, was die Beklagte zutreffend hervorhebt. Insoweit weichen aber die von Dr. M. erhobenen funktionellen Befunde nicht von denjenigen der Vorgutachter ab. Das Ausmaß der Bewegungseinschränkung am linken Sprunggelenk des Klägers und eine chronische Schwellneigung der Knöchelregion mit damit verbundenen Belastungsschmerzen werden in allen Gutachten durchgehend annähernd gleich beschrieben. Die von Dr. M. angegebenen Umfangmaße 20 cm oberhalb des inneren Kniegelenkspaltes (Differenz zu rechts 1 cm) und am Knöchel (keine Differenz zu rechts) sind im Vergleich zu den von Dr. K. mitgeteilten Messwerten (Differenz zu rechts jeweils 2 cm) sogar besser geworden.

Soweit Dr. M. entgegen der Vorgutachter, insbesondere entgegen der Beurteilung von Dr. K., eine Fehlstatik und Fehlbelastung der Knie, Hüfte und des Beckens als Unfallfolge beschreibt, sind seinem Gutachten hieraus resultierende und für die MdE-Bewertung allein maßgebende funktionelle Beeinträchtigungen nicht zu entnehmen. Die in seinem Gutachten dokumentierten Bewegungsmaße für die Hüft- und Kniegelenke zeigen keine auffälligen Einschränkungen im Seitenvergleich und geben eine Normalbeweglichkeit wieder. Die auch von Dr. K. beschriebene Schmerzhaftigkeit an den Knie- und Hüftgelenken hatte zu keiner auffälligen Schonhaltung mit Muskelverschmächtigung auch nach den von Dr. M. erhobenen Umfangmaßen geführt. Schmerzbedingte Funktionsbeeinträchtigungen bei noch gut erhaltener Beweglichkeit sind daher nicht im MdE-relevanten Ausmaß nachgewiesen. Abgesehen davon hat Dr. K. überzeugend die vom Kläger berichteten Schmerzen auf unfallunabhängige Insertionstendopathien im Bereich der Außenrotatoren des Hüftgelenks aufgrund einer festgestellten Blockierung des Kreuzdarmbeingelenkes und auf ein unfallunabhängiges patellofemorales Schmerzsyndrom am linken Knie bezogen.

Darüber hinaus ist die MdE-Einschätzung von Dr. M. mit 25 v.H. nicht geeignet, die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entscheidung der Beklagten zu begründen, was die Beklagte ebenfalls rechtlich zutreffend eingewandt hat. Dr. M. weicht insoweit nur um 5 v.H. von der Einschätzung von Dr. B., Prof. Dr. M. und Dr. K. ab und bewegt sich damit noch in der natürlichen Schwankungsbreite von Schätzungen, innerhalb der die um 5 v.H. voneinander abweichenden MdE-Bewertungen gleichermaßen rechtmäßig sind, was selbst dann gilt, wenn der von der Abweichung betroffenen höheren MdE-Stufe Rentenrelevanz zukommt (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG Kommentar, 10. Aufl., § 128 Rdnr. 3g m. w.N.; BSG Urteil vom 14.12.1978, SozSich. 1979,89; BSG Urteil vom 07.12.1976, SozR 2200 § 581 Nr. 9). Es ist nicht ersichtlich, dass Dr. B., Prof. Dr. M. und Dr. K. zulasten des Klägers nachgewiesene Unfallfolgen nicht gewürdigt oder maßgebende Bewertungsgrundsätze nicht beachtet haben. Sie haben jeweils die gleichen Gesundheitsstörungen gewürdigt, die auch Dr. M. bei seiner Untersuchung erhoben und seiner MdE-Bewertung zu Grunde gelegt hat.

Für den Senat besteht auch kein Anlass, der als vorläufige Entschädigung gewährten Rente in diesem Zeitraum eine höhere MdE zugrunde zu legen, weil eine Phase der Anpassung und Gewöhnung bis zur Gewährung einer Rente auf unbestimmte Zeit mit Bescheid vom 27.04.2011 noch nicht abgeschlossen war. Aus den in den Gutachten ersichtlichen Befunden ergeben sich keine Hinweise dafür, dass die MdE in Abweichung von den Bewertungsgrundsätzen der unfallmedizinischen Literatur, die für die Bemessung einer Rente auf unbestimmte Zeit ausgerichtet sind, mit Rücksicht auf eine noch andauernde Anpassungsphase zu bemessen ist. Die Phase des Abklingens akuter (Wund-)Schmerzen, der Gewöhnung an Unfallbeeinträchtigungen und der Eingewöhnung erforderlicher Kompensationstechniken zum Ausgleich unfallbedingter Funktionseinschränkungen, die eine höhere MdE als sich nach den Bewertungsgrundsätzen ergeben würde in dieser Anpassungs- und Gewöhnungsphase erlaubt, war nach den Gutachten von Dr. B., Prof. Dr. M. und Dr. K. abgeschlossen, denn nach den Gutachten von Prof. Dr. M. vom 02.06.2010 und 04.04.2011 haben sich die Befunde zunehmend stabilisiert, eine Verschlechterung oder Verbesserung im relevanten Umfang war nicht zu diagnostizieren, was Dr. K. in seinem Gutachten nachvollziehbar ausgeführt hat. Eine durchgehende MdE von 20 v.H. ist daher in dem vom Kläger beantragten Zeitraum ab 01.11.2009 rechtlich nicht zu beanstanden.

Ausgehend von diesem Befund ist für den Senat die Beurteilung von Dr. M., beim Kläger seien Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben angezeigt, nicht nachvollziehbar. Die Beurteilung von Dr. M., dass mit medizinischen Mitteln die Unfallfolgen nicht weiter verbessert werden können, stimmt mit der Beurteilung von Dr. K. überein. Maßnahmen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zur Teilhabe am Arbeitsleben sind gleichwohl nicht geboten.

Nach Auskunft des letzten Arbeitgebers des Klägers (Arbeitgeberfragebogen vom 22.06.2010) war der Kläger als Monteur in ungelernter Tätigkeit mit der Montage von Verrohrungen unter Verwendung einer großen Zange beschäftigt. Für diese Tätigkeit wurde der Kläger von Dr. B. in seinem Abschlussbericht vom 13.03.2009 und bei seinen Untersuchungen am 30.03.2009 (Befundbericht von Dr. B. vom 31.03.2009) und am 08.05.2009 als arbeitsfähig beurteilt. Dem Kläger waren zuletzt Schuheinlagen verordnet worden, wonach sich bei der Untersuchung am 08.05.2009 die Beschwerdesymptomatik deutlich gebessert hatte und nur noch wechselnde Schmerzen am Knöchel und Probleme beim Treppensteigen bestanden (Befundbericht von Dr. B. vom 11.05.2009). Der Kläger war danach auch bis Ende Mai 2009 weiter als Monteur tätig. Eine erhebliche Gefährdung bezogen auf die letzte berufliche Tätigkeit als angelernter Monteur lag daher nicht vor.

Auch mit der von Dr. M. mitgeteilten Einschränkung, dass für den Kläger Tätigkeiten mit starken multidirektionalen Belastungen beim Gehen, Stehen und Gehen auf unebener Fläche, mit Treppensteigen und mit auf Leitern steigen nicht leidensgerecht seien, ist der Kläger weiterhin auf dem Arbeitsmarkt wettbewerbsfähig. Der Kläger übt nach eigenen Angaben zurzeit eine Tätigkeit als Taxifahrer aus, die nach Dr. M. als sitzende Tätigkeit für ihn ideal ist. Maßgebend ist, dass auf dem Arbeitsmarkt Tätigkeiten für ungelernte Kräfte in unterschiedlichster Ausprägung weit verbreitet sind, weshalb die Wettbewerbsfähigkeit des Klägers auch mit den genannten Beeinträchtigungen nicht soweit beschränkt ist, dass nur mit Teilhabeleistungen die Einsatzfähigkeit als ungelernter Arbeiter erreicht werden könnte. Dass vorhandene leidensgerechte Arbeitsstellen in ausreichender Zahl auch offen sind, ist bei der Beurteilung der vom Unfallversicherer zu gewährenden Teilhabeleistung nicht zu berücksichtigen. Darüber hinaus ist von Dr. K. nachvollziehbar dargelegt worden, dass lediglich Tätigkeiten, die ausschließlich im Stehen und überwiegend auf rauem Untergrund durchzuführen sind oder das häufige Besteigen von Leitern oder Gerüsten erforderlich machen, ausgeschlossen sind. Damit sind Arbeitsplätze, bei denen solche Anforderungen nur gelegentlich auftreten, noch ebenso leidensgerecht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Die Kosten der Begutachtung durch Dr. M., über die der Senat als Gerichtskosten in Ausübung des ihm nach § 109 Abs. 1 Satz 2 SGG zustehenden Ermessens auch im Urteil entscheiden kann (vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 16.08.2006 L 1 U 3854/06 KO B, juris und www.sozialgerichtsbarkeit.de), werden nicht auf die Staatskasse übernommen. Das Gutachten hat den Rechtsstreit nicht objektiv gefördert und nicht zu seiner Erledigung beigetragen.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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