Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 18 P 4153/12 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 P 4264/12 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 04. September 2012 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes ab 23. November 2011 Pflegegeld mindestens nach der Pflegestufe I.
Der am 2009 geborene Kläger ist familienversichertes Mitglied der Beklagten. Er leidet an Diabetes mellitus Typ I. Seit 23. November 2011 ist ein Grad der Behinderung von 50 sowie der Nachteilsausgleich ?H? festgestellt.
Der Kläger beantragte am 14. Dezember 2011 Leistungen der Pflegeversicherung (Geldleistung) und begehrte die Einstufung in die Pflegestufe II. Er bezifferte den zusätzlichen durchschnittlichen täglichen Hilfebedarf der Grundpflege mit mindestens fünf Stunden und acht Minuten. Pflegefachkraft G., Medizinischer Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) schätzte in ihrem Gutachten vom 12. Januar 2012 nach einem Hausbesuch am 11. Januar 2012 den täglichen Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege auf sechs Minuten (sechsmal täglich Unterstützung bei der Teilwäsche Hände/Gesicht) und den hauswirtschaftlichen Hilfebedarf auf 60 Minuten. Die frühkindliche Entwicklung des Klägers sei altersentsprechend. Körperlich bestünden keine Einschränkungen. Er esse alleine und könne auf einem Stuhl oder Sessel selbstständig sitzen. Er habe eine gut entwickelte Feinmotorik. Bei der Blutzuckerentgleisung sei es zur vermehrten Urinausscheidung gekommen. Der Kläger habe es dann teilweise nicht mehr rechtzeitig geschafft, die Toilette/das Töpfchen aufzusuchen. Aktuell habe sich die Kontrolle über die Urinausscheidung aber wieder gebessert und es würden zum Wäscheschutz zu Hause am Tag Stoffwindeln und in der Nacht eine normale Windel getragen. Das Insulin werde ca. alle sechs Stunden gespritzt. Regelmäßige Blutzuckerkontrollen und eine gezielte Broteinheiten-Ernährung finde statt. Je nach Blutzuckerwert seien zusätzliche Injektionen oder Nahrungsverabreichungen erforderlich. Die Mutter des Klägers sei durch die häufigen nächtlichen Blutzuckerkontrollen und Essensverabreichungen mit Zähne putzen, Toilettengang usw. sehr belastet. Die Beklagte lehnte es ab, Leistungen aus der Pflegeversicherung zu zahlen (Bescheid vom 24. Januar 2012).
Der Kläger erhob Widerspruch und wies hierbei insbesondere auf seinen im Vergleich zu einem gesunden, gleichaltrigen Kind zusätzlichen Pflegebedarf bei der Ernährung, auch nachts, der Mobilität, der Körperpflege durch Händewaschen und Zähneputzen, beim Zubettbringen und Wecken und die regelmäßigen (ein- bis zweimal pro Monat) stattfindenden Besuche in der Diabetesambulanz hin. Pflegefachkraft S., MDK, schätzte in ihrem Gutachten nach Aktenlage vom 05. März 2012 den täglichen Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege auf 21 Minuten (sechsmal täglich erforderliche Teilwäsche Hände/Gesicht: sechs Minuten; zusätzlich erforderliche einmal tägliche Zahnpflege: fünf Minuten; Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung: zehn Minuten täglich). Den hauswirtschaftlichen Hilfebedarf schätzte sie auf 60 Minuten. Beim Händewaschen vor den Blutzuckermessungen sei ein erhöhter Pflegebedarf nachvollziehbar. Ebenfalls nachvollziehbar sei aufgrund der häufigeren Zwischenmahlzeiten zusätzliches Zähneputzen. Zusätzliche Windelwechsel würden seltener und fielen unregelmäßig an. Eine Würdigung der zeitintensiven behandlungspflegerischen Maßnahmen wie Blutzuckermessungen und Insulininjektionen ließen die Richtlinien der Spitzenverbände der Pflegekassen zur Begutachtung von Pflegebedürftigkeit nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch - SGB XI - (Begutachtungs-Richtlinien) nicht zu. Die Begutachtungs-Richtlinien ließen auch nicht zu, dass die sehr aufwändige diätetische Ernährung bei Diabeteskindern gewürdigt werden könne. Sie sei der hauswirtschaftlichen Versorgung zuzuordnen. Die ständige Krankenbeobachtung, um rechtzeitig Über- und vor allem Unterzuckerung erkennen zu können, finde nach den geltenden Begutachtungs-Richtlinien ebenfalls keine Berücksichtigung. Das unvorhersehbare und unregelmäßige Tragen des Kindes könne nicht berücksichtigt werden. Gewürdigt würden die vierzehntägigen Ambulanzbesuche. Nachdem der Kläger noch einmal ergänzend auf die für ihn existentiell notwendige, weit über das Maß dessen hinausgehende Pflege, die für ein gesundes, altersgleiches Kleinkind aufgebracht werden müsse, hingewiesen hatte, hörte die Beklagte erneut Pflegefachkraft S ... Diese erläuterte in ihrer sozialmedizinischen Fallberatung vom 12. April 2012, die geltenden gesetzlichen Vorgaben und ihre durch die Begutachtungs-Richtlinien geregelte Anwendung ließen eine Berücksichtigung der sogenannten Behandlungspflege nicht zu, wenn ansonsten ein alterstypischer Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege bestehe. An der Empfehlung von Pflegestufe 0 müsse daher festgehalten werden. Mit Widerspruchsbescheid vom 24. Juli 2012 wies der bei der Beklagten gebildete Widerspruchsausschuss den Widerspruch zurück. Er stützte sich auf die eingeholten Gutachten des MDK. Er, der Widerspruchsausschuss, verkenne die umfassenden Betreuungsleistungen der Mutter des Klägers nicht. Diese könnten jedoch nicht umfänglich berücksichtigt werden.
Der Kläger erhob am 20. August 2012 beim Sozialgericht Freiburg (SG) Klage (S 18 P 4154/12). Er wandte sich gegen die Versagung von Pflegegeld. Er bedürfe seit dem 23. November 2011 der Hilfe in den Bereichen der Grundpflege und Hauswirtschaft, die über das Maß der Hilfe hinausgehe, derer gleichaltrige Kinder bedürften. Der notwendige Aufwand zur Vorbereitung der eigentlichen Nahrungsaufnahme belaufe sich auf 204 Minuten (Hände waschen, Blutzucker messen, Auswiegen/Berechnen/Zusammenstellen der Nahrung, Rechnen und Blutzuckertagebuchführung/Spritzen/Überwachen des Ess-Spritz-Abstandes) und der Aufwand für die eigentliche Nahrungsaufnahme, Auswiegen/Berechnen/Zusammenstellen von Resten und Ersatz bzw. bei Hypoglykämien, Rechnung und Tagebuchführung für Hypos, nächtliches Wecken, Zähne putzen, wieder Zubettbringen bei nächtlichen Hypos, Beaufsichtigung der Nahrungsaufnahme bei Hypo/Hyperglykämien auf 140 Minuten. Im Vergleich zu Gleichaltrigen müsse er bei plötzlich auftretenden Hyper- und Hypoglykämien auch deutlich mehr gefahren/getragen werden und bedürfe der ständigen Begleitung. Aufgrund seiner Erkrankung müsse dauerhaft nachts mehrmals der Blutzucker gemessen werden und dann gegebenenfalls durch Gabe von Zusatz-Broteinheiten durch seine Mutter eingegriffen werden. Er sei auf diese ständige, auch nächtliche, Hilfebereitschaft der Pflegeperson angewiesen. Da seine Mutter diese allein gewährleisten müsse, sei eine individuelle Sondersituation gegeben und damit auch eine Überschreitung der durch die Begutachtungs-Richtlinien angesetzten Orientierungsminuten begründet. Gleichzeitig beantragte der Kläger den Erlass einer einstweiligen Anordnung, ihm Pflegegeld seit Entstehen des Hilfebedarfs am 23. November 2011 zu gewähren.
Die Beklagte trat dem Antrag entgegen. Ein glaubhaft gemachter Anordnungsanspruch liege nicht vor, da durch den MDK keine Einstufung in eine Pflegestufe erfolgt sei. Auch sei nicht ersichtlich, welche schweren unzumutbaren und anders nicht abwendbaren Nachteile drohen würden, zu deren Beseitigung eine Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre. Ein Anordnungsgrund liege deshalb ebenfalls nicht vor.
Das SG lehnte mit Beschluss vom 4. September 2012 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ab. Der vorliegende Antrag sei nicht begründet, da ein Anordnungsanspruch vom Kläger nicht glaubhaft gemacht worden sei. Offenbleiben könne insofern, ob der Kläger einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht habe. Allerdings sei derzeit für es, das SG, nicht ersichtlich, welche wesentlichen Nachteile dem Kläger durch das Abwarten einer Entscheidung in der Hauptsache entstehen sollten. Die Voraussetzungen für die Zuordnung zur Pflegestufe I seien beim Kläger vorliegend nicht gegeben. Der Kläger leide an Diabetes mellitus. Seine Entwicklung verlaufe ansonsten altersgerecht. Er könne ohne fremde Hilfe essen und sich auf einen Stuhl oder Sessel setzen. Seine Feinmotorik sei gut entwickelt. Aufgrund dieser Feststellungen seien die Gutachter des MDK zu dem Ergebnis gelangt, dass beim Kläger ein grundpflegerischer Hilfebedarf in Höhe von insgesamt sechs bzw. 21 Minuten bestehe. Die Gutachten seien für die Kammer mit Blick auf die Hilfe beim Waschen der Hände und die Zahnpflege schlüssig und überzeugend. Entgegen der Annahme der Gutachterin S. bestehe ein Mehrbedarf in Höhe von zehn Minuten täglich für das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung jedoch nicht. Hilfen bei der Fortbewegung außerhalb der Wohnung seien nur in besonderen Fällen Grundpflege. Dies sei dann der Fall, wenn das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung zur Aufrechterhaltung der Lebensführung zu Hause unumgänglich sei. Hervorzuheben seien insbesondere die in der Gesetzesbegründung genannten Besuche bei Ärzten, Krankengymnasten, Apotheken oder Behörden. Erforderlich sei hierzu eine gewisse, wöchentliche Regelmäßigkeit dieser Verrichtungen. Die Notwendigkeit solcher Verrichtungen ergebe sich aus den vorliegenden Unterlagen nicht. Termine in der Diabetesambulanz seien lediglich vierteljährlich verpflichtend und somit nicht wöchentlich erforderlich. Der erforderliche Zeitbedarf für die Blutzuckermessungen und das Spritzen von Insulin gehöre zur Behandlungspflege und sei somit im Rahmen der Grundpflege nicht berücksichtigungsfähig (Verweis auf Urteil des Bundessozialgerichts [BSG] vom 19. Februar 1998 - B 3 P 3/97 R - Landessozialgericht Baden-Württemberg [LSG], Urteil vom 30. März 2012 - L 4 P 342/10 - jeweils in Juris). Auch ein Mehraufwand für die Beschaffung hochwertiger Nahrungsmittel, Berechnung der Kohlenhydrate, Abwiegen der Nahrung, Berechnung und Aufzeichnung der jeweiligen Broteinheiten sowie das Vorbereiten und Bereitstellen zusätzlicher - gegebenenfalls auch kohlenhydratfreier - Mahlzeiten begründe keinen zusätzlichen Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege. Hierbei handele es sich um Verrichtungen hauswirtschaftlicher Art. Erst die mundgerechte Zubereitung der Mahlzeit auf dem Teller und die Aufnahme der Nahrung seien Verpflichtungen der Grundpflege. Bei diesen Verrichtungen sei ein weitergehender Hilfebedarf aufgrund der altersentsprechenden Entwicklung des Klägers jedoch nicht nachzuvollziehen. Ergänzend sei darauf hinzuweisen, dass die Mutter des Klägers gegebenenfalls während der bloßen Beaufsichtigung der Nahrungsaufnahme auch andere Tätigkeiten ausführen könne. Insofern entstehe ebenfalls kein zeitlicher Mehrbedarf. Soweit der Kläger zwischen Injektion des Insulins und der Nahrungsaufnahme sowie in Gegenwart Dritter besonders beobachtet werden müsse oder nachts nach dem Wecken beruhigt werden müsse, handele es sich um einen erhöhten allgemeinen Betreuungsbedarf, der ebenfalls nicht im Bereich der Grundpflege berücksichtigungsfähig sei.
Gegen den am 6. September 2012 zugestellten Beschluss hat der Kläger am 1. Oktober 2012 Beschwerde eingelegt. Er macht geltend, er habe einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Pflegebedarf bestehe ununterbrochen seit Erstmanifestation seiner Erkrankung am 21. November 2011. Er habe damit zum Zeitpunkt des Beschlusses des SG bereits neun Monate bestanden und bestehe auch weiterhin längerfristig fort. Eine Entscheidung sei somit überfällig gewesen. Pflege könne nicht nachgeholt werden. Im Übrigen habe die Elternzeit seiner Mutter, die ihn allein pflege und mit der er zusammen mit seinen zwei Geschwistern in einer Bedarfsgemeinschaft lebe, mit Ablauf seines dritten Lebensjahres, also am 18. Juni 2012 geendet, sodass seine Mutter wieder eine Erwerbstätigkeit aufnehmen müsse und dies auch gerne täte. Dies sei aufgrund seiner Erkrankung und der hierdurch bedingten notwendigen Pflege, insbesondere der permanenten nächtlichen Ruhestörungen, allerdings unmöglich. Das Jobcenter erkenne die Beschränkung der Erwerbsmöglichkeit seiner Mutter aber nur bei Gewährung von Pflegegeld an. Insoweit drohten in Kürze sozialrechtliche Nachteile und damit die Gefährdung seiner notwendigen Lebensgrundlage und Anspruch auf körperliche Unversehrtheit. Das Zuwarten auf die Hauptsacheentscheidung sei daher nicht zumutbar. Auch ein Anordnungsanspruch liege vor. Die vom SG angeführten Urteile des LSG vom 30. März 2012 und des BSG vom 19. Februar 1998 seien ganz offensichtlich weder anwendbar noch auf ihn übertragbar. In der Rechtsprechung der höchsten Gerichte sei bisher kein einziger Fall zum Pflegegeldanspruch eines an Diabetes mellitus Typ I erkrankten Kleinkindes entschieden worden. Das SG mache sich auch ganz offensichtlich falsche Vorstellungen von seiner Erkrankung und komme daher zu einer falschen Tatsachenbewertung. Die Insulintherapie sei untrennbarer Bestandteil der Grundpflege nach § 14 Abs. 4 SGB XI. Sie stehe nicht nur in unmittelbarem zeitlichen wie sachlichen Zusammenhang mit seiner Grundpflege, sondern ermögliche diese überhaupt erst. Beim Zähneputzen, insbesondere nachts, könne er seine Mutter nicht unterstützen. Es bestehe auch ein Mehrbedarf für das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung, denn seine Krankenakte belege eine häufigere Frequenz der Ambulanzbesuche. Die Tatsache, dass diese Termine nicht wöchentlich stattfänden, sei krankheitsspezifisch, da die Behandlungspflege typischerweise gerade im häuslichen Bereich abgegeben werde. Eine vom SG geforderte wöchentliche Vorstellung ließe auf das Vorhandensein von schwerwiegenden Sekundärerkrankungen schließen und spreche damit für eine schlechte häusliche Behandlungstherapie, also für eine schlechte Pflege. Ausschlaggebend sei, ob die erhöhte Vorstellungsfrequenz krankheitsspezifisch sei und im Vergleich zu gleichaltrigen gesunden Kleinkindern deutlich erhöht. Dies sei der Fall. Die Annahme des SG, seine Mutter könne während der notwendigen Beaufsichtigungsphasen andere Tätigkeiten ausführen, gehe an den Realitäten des Lebens mit einem Kleinkind vorbei. Die Begleitung und Überwachung durch die medizinischen Pflegepersonen werde als Hilfeform/ständige Hilfebereitschaft sehr wohl anerkannt, wenn durch die Erkrankung ein plötzlicher Hilfebedarf auftreten könne oder die Überwachung zur Gewährleistung der Grundpflege nötig sei. Er sei schwerbehindert mit Merkzeichen ?H?. Damit habe er genau diesen Hilfebedarf. Er sei auf die Hilfe Dritter existenziell angewiesen. Das nächtliche Beruhigen bei Unterzuckerungen sei gemäß § 14 Abs. 4 Nr. 3 SGB XI zu berücksichtigen. Seine individuelle Pflegesituation sei bei der Begutachtung durch den MDK, die nur einmal im Rahmen eines Hausbesuches stattgefunden habe, völlig unberücksichtigt geblieben.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 4. September 2012 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm ab 23. November 2011 Pflegegeld mindestens nach der Pflegestufe I zu zahlen, hilfsweise, das Gutachten eines Diabetologen, der auf Kleinkinder spezialisiert sei, einzuholen, hilfsweise, die Rechtsbeschwerde zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Ein Anordnungsanspruch liege nicht vor. Ein Großteil des von der Mutter des Klägers geschilderten - unstreitig sehr umfangreichen - Hilfebedarfs betreffe nicht die Verrichtungen des § 14 Abs. 4 SGB XI, sondern gehöre der Behandlungspflege an. Dies gelte z.B. für das Blutzuckermessen, Dokumentation und Auswertung des Messergebnisses und das Spritzen von Insulin. Die Behandlungspflege gehöre nur ausnahmsweise zur Grundpflege, wenn sie in unmittelbarem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit der Grundpflege erforderlich werde oder wenn der behandlungspflegerische Hilfebedarf untrennbarer Bestandteil der Grundpflege sei (§ 15 Abs. 3 Satz 3 SGB XI). Ein solcher Zusammenhang bestehe im vorliegenden Fall nicht. Das Blutzuckermessen, die Dokumentation und das Spritzen von Insulin werde nicht im unmittelbaren zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit der Grundpflege erforderlich, sondern könne unabhängig davon betätigt werden. Ebensowenig seien die behandlungspflegerischen Maßnahmen untrennbarer Bestandteil der Grundpflege. Die allgemeine Überwachung des Klägers sei bei der Grundpflege nicht zu berücksichtigen. Auch das Zubereiten von Diäten, das damit verbundene Berechnen, Zusammenstellen, Abwiegen und Zuteilen der Nahrung insbesondere bei diabeteskranken Kindern und die Überwachung der richtigen Essmenge seien nicht als Verrichtungen der Grundpflege zu berücksichtigen. Ebenfalls nicht anrechenbar sei das Beruhigen schlafgestörter Kinder. Wie oft die Mutter des Klägers den Kläger bei Überzuckerungen im Wagen fahren oder tragen müsse, bleibe unklar. Berücksichtigungsfähig wäre nur das Fahren/Tragen im Zusammenhang mit anderen Grundpflegeverrichtungen. Zum Hilfebedarf beim Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung könne nur von den Ermittlungen des MDK zur Häufigkeit ausgegangen werden, da die von der Mutter des Klägers erwähnten Unterlagen nicht vorlägen. Auch ein Anordnungsgrund sei nicht glaubhaft gemacht. Es sei nicht glaubhaft gemacht, zur Abwendung welcher wesentlicher Nachteile der Erlass einer einstweiligen Anordnung erforderlich wäre. Bezüglich der Ausführungen zur Gewährung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) sei darauf hinzuweisen, dass die Elternzeit nach Angabe der Mutter bereits am 18. Juni 2012 geendet habe, sodass die erwähnten Nachteile bereits zu diesem Zeitpunkt hätten eintreten müssen. Auch insoweit sei nichts glaubhaft gemacht.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akten des SG sowie die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde des Klägers ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und auch statthaft. Die Beschwerde ist nicht nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ausgeschlossen. Denn in der Hauptsache wäre die Berufung zulässig. Der Kläger begehrt Leistungen für die Zeit ab 23. November 2011 und damit für einen Zeitraum von mehr als einem Jahr (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
Die zulässige Beschwerde des Klägers ist jedoch nicht begründet. Das SG hat es zu Recht abgelehnt, die Beklagte im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Kläger vorläufige Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung in Form von Pflegegeld zu gewähren.
Der Senat geht davon aus, dass der Kläger Pflegegeld mindestens nach der Pflegestufe I begehrt. Zwar hat der Kläger im gerichtlichen Verfahren mit Blick auf die Höhe der Pflegestufe keinen konkreten Antrag gestellt. Mit dem bei der Beklagten am 14. Dezember 2011 eingegangenen Antrag beantragte er Einstufung in die Pflegestufe II. Die Beklagte hat mit Bescheid vom 24. Januar 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. Juli 2012 die Gewährung von Leistungen der Pflegestufe I abgelehnt. Mit der Klagebegründung hat der Kläger dargelegt, dass bei ihm ein zusätzlicher Grundpflegebedarf von über vier Stunden vorliege. Daraus entnimmt der Senat, dass der Kläger mindestens Pflegegeld nach der Pflegestufe I begehrt. Konkret beantragt hat er mit der Klagebegründung die Gewährung von Pflegegeld seit Entstehen des Hilfebedarfs am 23. November 2011.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung). Für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist Voraussetzung, dass ein dem Antragsteller zustehendes Recht oder ein rechtlich geschütztes Interesse vorliegen muss (Anordnungsanspruch), das ohne Gewährung des vorläufigen Rechtsschutzes vereitelt oder wesentlich erschwert würde, sodass dem Antragsteller schwere, unzumutbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (Anordnungsgrund). Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund müssen glaubhaft gemacht sein (§ 86b Abs.2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung - ZPO -). Glaubhaftmachung liegt vor, wenn das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrunds überwiegend wahrscheinlich sind. Dabei begegnet es grundsätzlich keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn sich die Gerichte bei der Beurteilung der Sach- und Rechtslage an den Erfolgsaussichten der Hauptsache orientieren (vgl. Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss vom 02. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 - in Juris). Regelmäßig ist eine summarische Prüfung, bezogen auf den gegenwärtigen Verfahrensstand vorzunehmen.
1. Soweit der Kläger Pflegegeld mindestens nach der Pflegestufe I für die Zeit vom 23. November 2011 bis 19. August 2012 begehrt, fehlt es an einem Anordnungsgrund, weil es sich ausschließlich um Leistungen für einen Zeitraum vor dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, den er am 20. August 2012 beim SG stellte, handelt. Die Regelungsanordnung dient zur Abwendung wesentlicher Nachteile mit dem Ziel, dem Betroffenen die Mittel zur Verfügung zu stellen, die zur Behebung aktueller - noch bestehender - Notlagen notwendig sind. Einen Ausgleich für Rechtsbeeinträchtigungen in der Vergangenheit herbeizuführen ist deshalb grundsätzlich nicht Aufgabe des vorläufigen Rechtsschutzes; eine Ausnahme ist bei einer begehrten Regelungsanordnung nur dann zu machen, wenn die Notlage noch bis in die Gegenwart fortwirkt und den Betroffenen in seiner menschenwürdigen Existenz bedroht (vgl. z.B. LSG, Beschluss vom 28. März 2007 - L 7 AS 1214/07 ER-B -, in Juris). Anhaltspunkte für das Vorliegen der genannten Ausnahme sind nicht ersichtlich. Der Kläger war jedenfalls bis zum Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz in der Lage, seinen Lebensunterhalt mit Hilfe von Leistungen nach dem SGB II sicherzustellen.
2. Ob für die Zeit ab 20. August 2012 ein Anordnungsgrund besteht, da für die Mutter des Klägers mit Ablauf der Elternzeit wieder eine Erwerbsobliegenheit besteht, lässt der Senat - wie das SG - offen. Denn nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nur möglichen summarischen Prüfung besteht hier schon kein Anordnungsanspruch, weil davon auszugehen ist, dass der Kläger gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung in Form von Pflegegeld mindestens nach der Pflegestufe I hat.
Nach § 37 Abs. 1 Satz 1 SGB XI können Pflegebedürftige anstelle der häuslichen Pflegehilfe ein Pflegegeld beantragen. Pflegebedürftig sind nach § 14 Abs. 1 SGB XI Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens, die im Einzelnen in § 14 Abs. 4 SGB XI genannt sind, auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate in erheblichem oder höherem Maß (§ 15 SGB XI) der Hilfe bedürfen. Pflegebedürftige der niedrigsten - Pflegestufe I (erheblich Pflegebedürftige) sind nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XI Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für wenigstens zwei Verrichtungen aus einem oder mehreren Bereichen mindestens einmal täglich der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen. Der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson benötigt, muss wöchentlich im Tagesdurchschnitt in der Pflegestufe I mindestens 90 Minuten betragen; hierbei müssen auf die Grundpflege mehr als 45 Minuten entfallen (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 SGB XI). Pflegebedürftige der Pflegestufe II (Schwerpflegebedürftige) sind nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB XI Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität mindestens dreimal täglich zu verschiedenen Tageszeiten der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen. Der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, muss wöchentlich im Tagesdurchschnitt in der Pflegestufe II mindestens drei Stunden betragen; hierbei müssen auf die Grundpflege mindestens zwei Stunden entfallen (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 SGB XI). Die Grundpflege umfasst die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen aus den Bereichen der Körperpflege (§ 14 Abs. 4 Nr. 1 SGB XI), der Ernährung (Nr. 2) und der Mobilität (Nr. 3). Zur Grundpflege zählt ein Hilfebedarf im Bereich der Körperpflege beim Waschen, Duschen, Baden, bei der Zahnpflege, beim Kämmen, Rasieren sowie bei der Darm- und Blasenentleerung, im Bereich der Ernährung beim mundgerechten Zubereiten und der Aufnahme der Nahrung sowie im Bereich der Mobilität beim selbstständigen Aufstehen und Zu-Bett-Gehen, dem An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen und beim Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung. Das Ausmaß des Pflegebedarfs ist nach einem objektiven (?abstrakten") Maßstab zu beurteilen. Denn § 14 SGB XI stellt allein auf den ?Bedarf" an Pflege und nicht auf die unterschiedliche Art der Deckung dieses Bedarfs bzw. die tatsächlich erbrachte Pflege ab (vgl. BSG, Urteil vom 21. Februar 2002 - B 3 P 12/01 R - SozR 3-3300 § 14 Nr. 19). Bei der Bestimmung des erforderlichen Zeitbedarfs für die Grundpflege sind als Orientierungswerte die Zeitkorridore der Begutachtungs-Richtlinien zu berücksichtigen. Diese Zeitwerte sind zwar keine verbindlichen Vorgaben; es handelt sich jedoch um Zeitkorridore mit Leitfunktion (Abschnitt F Nr. 1 Begutachtungs-Richtlinien; vgl. dazu BSG, Urteil vom 22. Juli 2004 - B 3 P 6/03 R - SozR 4-3300 § 23 Nr. 3 m.w.N.). Dabei beruhen die Zeitkorridore auf der vollständigen Übernahme der Verrichtungen durch eine Laienpflegekraft. Die Zeiten für den Hilfebedarf bei den einzelnen Verrichtungen beruhen regelmäßig auf Schätzungen, denen eine gewisse und auf wenige Minuten beschränkte Unschärfe nicht abgesprochen werden kann und die dennoch hinzunehmen sind (vgl. BSG, Urteil vom 10. März 2010 - B 3 P 10/08 R -, in juris). Bei Kindern ist nach § 15 Abs. 2 SGB XI für die Zuordnung zu einer Pflegestufe nur der zusätzliche Hilfebedarf gegenüber einem gesunden gleichaltrigen Kind maßgebend. Damit wird klargestellt, dass der natürliche, altersentsprechende Pflegebedarf von Kindern, der jeweils vom Lebensalter der Betroffenen abhängt (vgl. dazu u.a. BSG, Urteil vom 29. April 1999 - B 3 P 13/98 R - SozR 3-3300 § 14 Nr. 11), unberücksichtigt bleibt und allein auf den das altersübliche Maß übersteigenden Aufwand abzustellen ist (BSG, Urteil vom 26. November 1998 - B 3 P 20/97 R - SozR 3-3300 § 14 Nr. 9).
Der Kläger leidet seit November 2011 an einem Diabetes mellitus Typ I. Wegen dieser Erkrankung wurde und wird wie der Senat zuletzt im Urteil vom 27. April 2012 - L 4 P 3854/11 - (nicht veröffentlicht) bezugnehmend auf die Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteile vom 19. Februar 1998 - B 3 P 3/97 R und B 3 P 5/97 R - SozR 3-3300 § 14 Nrn. 2 und 3; Urteil vom 24. Juni 1998 - B 3 P 4/97 R - SozR 3-3300 § 14 Nr. 5; Urteil vom 17. Juni 1999 - B 3 P 10/98 R - SozR 3-3300 § 15 Nr. 7; Urteil vom 28. Juni 2001 - B 3 P 12/00 R -, in Juris) hinsichtlich eines an Diabetes erkrankten Kleinkindes entschieden hat, mit Blick auf die berücksichtigungsfähigen Verrichtungen der Grundpflege, die abschließend (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 26. November 1998 - B 3 P 13/97 R - SozR 3-3300 § 14 Nr. 8) und von der Hauswirtschaft zu unterscheiden sind, auch ab 20. August 2012 ein Hilfebedarf von mindestens 46 Minuten täglich nicht erreicht. Dies hat das SG zutreffend entschieden. Das SG ist zu Recht den Gutachten von Pflegefachkraft G. und S. mit Blick auf den Hilfebedarf bei der Teilwäsche der Hände mit einem Zeitaufwand von sechs Minuten täglich gefolgt. Zusätzlich zu berücksichtigen ist auch der von Pflegefachkraft S. berücksichtigte Bedarf im Bereich der Zahnpflege von fünf Minuten täglich. In nicht zu beanstandender Weise nicht gefolgt ist das SG dem Gutachten der Pflegefachkraft S. im Hinblick auf die Mobilität, denn insoweit fehlt es an der wöchentlichen Regelmäßigkeit des Aufsuchens von Ärzten.
Bei an Diabetes erkrankten Versicherten, insbesondere Kindern, ist zu unterscheiden zwischen Grundpflege und nicht berücksichtigungsfähiger Behandlungspflege einerseits sowie zwischen Grundpflege und Hauswirtschaft andererseits, insbesondere beim Bereich der Ernährung. Die gesamte Vorbereitung der Nahrungsaufnahme (Einkaufen, Kochen, Vor- und Zubereiten der Bestandteile der Mahlzeiten, Tätigkeiten des Berechnens, Abwiegens und der Zusammenstellung der Speisen zur Herstellung der erforderlichen Diät) gehört nicht zur Grundpflege (Bereich der Ernährung), sondern zum Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung. Zur Hauswirtschaft gehört auch als Abschluss des ?Kochens" das anhand der Diätvorschriften vorzunehmende Bemessen und Zuteilen der zubereiteten Nahrung bzw. der Nahrungsbestandteile. Letzteres rechnet auch nicht zum mundgerechten Zubereiten der Nahrung im Sinne des § 14 Abs. 4 Nr. 2 SGB XI, bei dem es nur darum geht, dass die zubereitete Nahrung so aufbereitet wird, dass der Pflegebedürftige sie greifen, zum Mund führen, zerkauen und schlucken kann (BSG, Urteile vom 17. Juni 1999 - B 3 P 10/98 R - a.a.O. und 28. Juni 2001 - B 3 P 12/00 R - a.a.O.). Daran ändert sich nichts, dass bei dem Kläger im Hinblick auf seine Diabetes-Erkrankung, im Gegensatz zu gesunden Kindern, neben drei Hauptmahlzeiten und einer Zwischenmahlzeit noch weitere Mahlzeiten erforderlich sind.
Der Senat verkennt nicht, dass es beim Kläger - altersbedingt - an der notwendigen Einsicht mit Blick auf das Ernährungsverhalten fehlt, weshalb dies durch die Pflegeperson zu übernehmen ist. Allein für die Überwachung der Aufnahme der erforderlichen Nahrungsmenge sowie der Anleitung und Aufforderung während der täglichen Mahlzeiten ergibt sich aber kein Zeitaufwand für die Aufnahme der Nahrung von mehr als 45 Minuten täglich, auch wenn man, zumindest bei einem Kind, einen zur Grundpflege zählenden Hilfebedarf bei der Aufnahme der Nahrung mit der Erwägung bejaht, dass bei einem Kind ein Hilfebedarf bestehe, wenn es zum Essen angehalten werden müsse, weil ihm die Einsichtsfähigkeit dafür fehle, dass es aus Gesundheitsgründen notwendig sei, Widerwillen erregende Speisen oder Speisen in großen Mengen - über den Appetit hinaus - einzunehmen (BSG, Urteil vom 29. März 1999 - B 3 P 12/98 R -, in Juris). Denn eine Beaufsichtigung und Kontrolle bei der Nahrungsaufnahme ist nur als berücksichtigungsfähige Hilfe einzustufen, wenn sie von einer solchen Intensität ist, dass die Pflegeperson, wie beim Füttern - praktisch an der Erledigung anderer Aufgaben gehindert ist bzw. diese, wenn auch möglicherweise nur kurzzeitig, unterbrechen muss, die Hilfe also über das - gewissermaßen ?nebenbei? erfolgende - bloße ?im Auge behalten? des Pflegebedürftigen und das nur vereinzelte, gelegentliche Auffordern bzw. Ermahnen hinausgeht (BSG, Beschluss vom 08. Mai 2001 - B 3 P 4/01 B - in Juris; Urteil vom 28. Mai 2003 - B 3 P 6/02 R - SozR 4-3300 § 15 Nr.1; siehe auch D 4.0/II Begutachtungs-Richtlinien). Der Senat geht insoweit davon aus, dass es bei dem Kläger, wie auch bei gleichaltrigen dreijährigen Kindern, die nicht an Diabetes mellitus leiden, um die Beaufsichtigung geht, ob er die Nahrung im vorgesehenen Maße aufnimmt. Der Senat vermag deshalb nicht festzustellen, dass hier die Mutter des Klägers insbesondere bei den jeweiligen gemeinsamen Mahlzeiten in der Familie durch die Überwachung der Nahrungsaufnahme in solchem Umfang zeitlich und örtlich eingebunden ist, dass sie anderweitigen Tätigkeiten nicht nachgehen kann (vgl. BSG, Urteil vom 19. Februar 1998 - B 3 P 5/97 R - a.a.O.). Ebenso verhält es sich auch mit Blick auf die vom Kläger geltend gemachte Zeit zwischen dem Spritzen des Insulins und der Essensaufnahme. Auch insoweit handelt es sich um die Beaufsichtigung, die auch bei gleichaltrigen Kindern notwendig ist. Unter Berücksichtigung dessen könnte eine zeitliche und örtliche Einbindung der Pflegeperson allenfalls für die Überwachung der erforderlichen Mahlzeiten während der Nacht beim Auftreten von Unterzuckerungen angenommen werden. Auch wenn dies jede Nacht erforderlich sein sollte, ergäbe sich hierdurch jedoch kein täglicher Zeitaufwand von mindestens 35 Minuten, was erforderlich wäre, dass zusammen mit dem im Bereich der Körperpflege anzusetzenden Zeitbedarf von 11 Minuten ein Grundpflegebedarf von mindestens 46 Minuten erreicht wäre.
Bei Diabetikern, auch soweit es sich um Kinder handelt, rechnen auch Blutzuckertests (einschließlich der Führung eines Blutzucker-Tagebuchs) sowie das Spritzen von Insulin sowohl als Basisinsulin als auch als Korrekturinsulin, zu den Maßnahmen der Behandlungspflege, bei denen auch bei dem Kläger kein unmittelbarer Zusammenhang mit der ?Aufnahme der Nahrung? im Sinne des § 14 Abs. 4 Nr. 2 SGB XI besteht (BSG, Urteile vom 17. Juni 1999 - B 3 P 10/98 R - a.a.O. und 28. Mai 2003 - B 3 P 6/02 R - a.a.O.).
Ein Bedarf kann auch nicht mit Blick auf die Müdigkeit des Klägers bei plötzlich auftretenden Hyper- wie Hypoglykämien mit der Folge, dass er getragen oder gefahren werden muss, berücksichtigt werden, denn insoweit ist nicht glaubhaft gemacht, wie oft es zu solchen Hypoglykämien kommt und dass diese im Zusammenhang mit anderen Grundpflegeverrichtungen notwendig sind.
Auch die Berücksichtigung von Arztbesuchen kommt weiterhin nicht in Betracht. Erforderlich ist insoweit, dass - wie vom SG zu Recht ausgeführt - wöchentliche Arztbesuche stattfinden und stattgefunden haben (vgl. BSG, Urteil vom 29. April 1999 - B 3 P 7/98 R - SozR 3-3300 § 14 Nr. 10; Urteil vom 12. August 2010 - B 3 P 3/09 R - SozR 4-3300 § 45b Nr. 1). Dies ist auch nach dem Vortrag des Klägers in der Beschwerdebegründung vom 29. September 2012, in der er bestätigt, dass Arztbesuche nicht wöchentlich stattfänden, nicht der Fall. Darauf, ob der Kläger öfters als ein gleichaltriges gesundes Kind dem Arzt vorzustellen ist, kommt es nicht an. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aufgrund der im November 2012 aufgetretenen Urticaria mit der Notwendigkeit von Arztbesuchen. Aufgrund dieser akuten Erkrankung waren zwar weitere zusätzliche Arztbesuche erforderlich. Dass die Urticaria weiterhin eine wöchentliche Vorstellung des Klägers erforderlich macht, hat der Kläger jedoch nicht glaubhaft gemacht.
3. Dem Hilfsantrag des Klägers, ein ärztliches Gutachten eines Diabetologen einzuholen, war im Rahmen des Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes nicht nachzukommen. Zum einen ist aus den genannten rechtlichen Gründen eine Berücksichtigung des vom Kläger behaupteten Pflegeaufwands nicht möglich. Zum anderen dient der einstweilige Rechtsschutz dazu, einen Rechtsstreit vorläufig und möglichst rasch zu entscheiden. Eine abschließende Klärung findet in der Hauptsache statt. Die Entscheidung über den einstweiligen Rechtsschutz wäre erheblich verzögert worden, wenn zunächst noch ein Gutachten eingeholt worden wäre. Dies ist im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes nicht tunlich.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
5. Der Beschluss des Senats ist gemäß § 177 SGG mit der Beschwerde nicht anfechtbar.
Eine Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen. Das Gesetz sieht diese Beschwerdemöglichkeit nicht vor. Soweit der Kläger die Fortbildung des Rechts geltend macht, ist er auf das Hauptsacheverfahren zu verweisen.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes ab 23. November 2011 Pflegegeld mindestens nach der Pflegestufe I.
Der am 2009 geborene Kläger ist familienversichertes Mitglied der Beklagten. Er leidet an Diabetes mellitus Typ I. Seit 23. November 2011 ist ein Grad der Behinderung von 50 sowie der Nachteilsausgleich ?H? festgestellt.
Der Kläger beantragte am 14. Dezember 2011 Leistungen der Pflegeversicherung (Geldleistung) und begehrte die Einstufung in die Pflegestufe II. Er bezifferte den zusätzlichen durchschnittlichen täglichen Hilfebedarf der Grundpflege mit mindestens fünf Stunden und acht Minuten. Pflegefachkraft G., Medizinischer Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) schätzte in ihrem Gutachten vom 12. Januar 2012 nach einem Hausbesuch am 11. Januar 2012 den täglichen Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege auf sechs Minuten (sechsmal täglich Unterstützung bei der Teilwäsche Hände/Gesicht) und den hauswirtschaftlichen Hilfebedarf auf 60 Minuten. Die frühkindliche Entwicklung des Klägers sei altersentsprechend. Körperlich bestünden keine Einschränkungen. Er esse alleine und könne auf einem Stuhl oder Sessel selbstständig sitzen. Er habe eine gut entwickelte Feinmotorik. Bei der Blutzuckerentgleisung sei es zur vermehrten Urinausscheidung gekommen. Der Kläger habe es dann teilweise nicht mehr rechtzeitig geschafft, die Toilette/das Töpfchen aufzusuchen. Aktuell habe sich die Kontrolle über die Urinausscheidung aber wieder gebessert und es würden zum Wäscheschutz zu Hause am Tag Stoffwindeln und in der Nacht eine normale Windel getragen. Das Insulin werde ca. alle sechs Stunden gespritzt. Regelmäßige Blutzuckerkontrollen und eine gezielte Broteinheiten-Ernährung finde statt. Je nach Blutzuckerwert seien zusätzliche Injektionen oder Nahrungsverabreichungen erforderlich. Die Mutter des Klägers sei durch die häufigen nächtlichen Blutzuckerkontrollen und Essensverabreichungen mit Zähne putzen, Toilettengang usw. sehr belastet. Die Beklagte lehnte es ab, Leistungen aus der Pflegeversicherung zu zahlen (Bescheid vom 24. Januar 2012).
Der Kläger erhob Widerspruch und wies hierbei insbesondere auf seinen im Vergleich zu einem gesunden, gleichaltrigen Kind zusätzlichen Pflegebedarf bei der Ernährung, auch nachts, der Mobilität, der Körperpflege durch Händewaschen und Zähneputzen, beim Zubettbringen und Wecken und die regelmäßigen (ein- bis zweimal pro Monat) stattfindenden Besuche in der Diabetesambulanz hin. Pflegefachkraft S., MDK, schätzte in ihrem Gutachten nach Aktenlage vom 05. März 2012 den täglichen Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege auf 21 Minuten (sechsmal täglich erforderliche Teilwäsche Hände/Gesicht: sechs Minuten; zusätzlich erforderliche einmal tägliche Zahnpflege: fünf Minuten; Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung: zehn Minuten täglich). Den hauswirtschaftlichen Hilfebedarf schätzte sie auf 60 Minuten. Beim Händewaschen vor den Blutzuckermessungen sei ein erhöhter Pflegebedarf nachvollziehbar. Ebenfalls nachvollziehbar sei aufgrund der häufigeren Zwischenmahlzeiten zusätzliches Zähneputzen. Zusätzliche Windelwechsel würden seltener und fielen unregelmäßig an. Eine Würdigung der zeitintensiven behandlungspflegerischen Maßnahmen wie Blutzuckermessungen und Insulininjektionen ließen die Richtlinien der Spitzenverbände der Pflegekassen zur Begutachtung von Pflegebedürftigkeit nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch - SGB XI - (Begutachtungs-Richtlinien) nicht zu. Die Begutachtungs-Richtlinien ließen auch nicht zu, dass die sehr aufwändige diätetische Ernährung bei Diabeteskindern gewürdigt werden könne. Sie sei der hauswirtschaftlichen Versorgung zuzuordnen. Die ständige Krankenbeobachtung, um rechtzeitig Über- und vor allem Unterzuckerung erkennen zu können, finde nach den geltenden Begutachtungs-Richtlinien ebenfalls keine Berücksichtigung. Das unvorhersehbare und unregelmäßige Tragen des Kindes könne nicht berücksichtigt werden. Gewürdigt würden die vierzehntägigen Ambulanzbesuche. Nachdem der Kläger noch einmal ergänzend auf die für ihn existentiell notwendige, weit über das Maß dessen hinausgehende Pflege, die für ein gesundes, altersgleiches Kleinkind aufgebracht werden müsse, hingewiesen hatte, hörte die Beklagte erneut Pflegefachkraft S ... Diese erläuterte in ihrer sozialmedizinischen Fallberatung vom 12. April 2012, die geltenden gesetzlichen Vorgaben und ihre durch die Begutachtungs-Richtlinien geregelte Anwendung ließen eine Berücksichtigung der sogenannten Behandlungspflege nicht zu, wenn ansonsten ein alterstypischer Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege bestehe. An der Empfehlung von Pflegestufe 0 müsse daher festgehalten werden. Mit Widerspruchsbescheid vom 24. Juli 2012 wies der bei der Beklagten gebildete Widerspruchsausschuss den Widerspruch zurück. Er stützte sich auf die eingeholten Gutachten des MDK. Er, der Widerspruchsausschuss, verkenne die umfassenden Betreuungsleistungen der Mutter des Klägers nicht. Diese könnten jedoch nicht umfänglich berücksichtigt werden.
Der Kläger erhob am 20. August 2012 beim Sozialgericht Freiburg (SG) Klage (S 18 P 4154/12). Er wandte sich gegen die Versagung von Pflegegeld. Er bedürfe seit dem 23. November 2011 der Hilfe in den Bereichen der Grundpflege und Hauswirtschaft, die über das Maß der Hilfe hinausgehe, derer gleichaltrige Kinder bedürften. Der notwendige Aufwand zur Vorbereitung der eigentlichen Nahrungsaufnahme belaufe sich auf 204 Minuten (Hände waschen, Blutzucker messen, Auswiegen/Berechnen/Zusammenstellen der Nahrung, Rechnen und Blutzuckertagebuchführung/Spritzen/Überwachen des Ess-Spritz-Abstandes) und der Aufwand für die eigentliche Nahrungsaufnahme, Auswiegen/Berechnen/Zusammenstellen von Resten und Ersatz bzw. bei Hypoglykämien, Rechnung und Tagebuchführung für Hypos, nächtliches Wecken, Zähne putzen, wieder Zubettbringen bei nächtlichen Hypos, Beaufsichtigung der Nahrungsaufnahme bei Hypo/Hyperglykämien auf 140 Minuten. Im Vergleich zu Gleichaltrigen müsse er bei plötzlich auftretenden Hyper- und Hypoglykämien auch deutlich mehr gefahren/getragen werden und bedürfe der ständigen Begleitung. Aufgrund seiner Erkrankung müsse dauerhaft nachts mehrmals der Blutzucker gemessen werden und dann gegebenenfalls durch Gabe von Zusatz-Broteinheiten durch seine Mutter eingegriffen werden. Er sei auf diese ständige, auch nächtliche, Hilfebereitschaft der Pflegeperson angewiesen. Da seine Mutter diese allein gewährleisten müsse, sei eine individuelle Sondersituation gegeben und damit auch eine Überschreitung der durch die Begutachtungs-Richtlinien angesetzten Orientierungsminuten begründet. Gleichzeitig beantragte der Kläger den Erlass einer einstweiligen Anordnung, ihm Pflegegeld seit Entstehen des Hilfebedarfs am 23. November 2011 zu gewähren.
Die Beklagte trat dem Antrag entgegen. Ein glaubhaft gemachter Anordnungsanspruch liege nicht vor, da durch den MDK keine Einstufung in eine Pflegestufe erfolgt sei. Auch sei nicht ersichtlich, welche schweren unzumutbaren und anders nicht abwendbaren Nachteile drohen würden, zu deren Beseitigung eine Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre. Ein Anordnungsgrund liege deshalb ebenfalls nicht vor.
Das SG lehnte mit Beschluss vom 4. September 2012 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ab. Der vorliegende Antrag sei nicht begründet, da ein Anordnungsanspruch vom Kläger nicht glaubhaft gemacht worden sei. Offenbleiben könne insofern, ob der Kläger einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht habe. Allerdings sei derzeit für es, das SG, nicht ersichtlich, welche wesentlichen Nachteile dem Kläger durch das Abwarten einer Entscheidung in der Hauptsache entstehen sollten. Die Voraussetzungen für die Zuordnung zur Pflegestufe I seien beim Kläger vorliegend nicht gegeben. Der Kläger leide an Diabetes mellitus. Seine Entwicklung verlaufe ansonsten altersgerecht. Er könne ohne fremde Hilfe essen und sich auf einen Stuhl oder Sessel setzen. Seine Feinmotorik sei gut entwickelt. Aufgrund dieser Feststellungen seien die Gutachter des MDK zu dem Ergebnis gelangt, dass beim Kläger ein grundpflegerischer Hilfebedarf in Höhe von insgesamt sechs bzw. 21 Minuten bestehe. Die Gutachten seien für die Kammer mit Blick auf die Hilfe beim Waschen der Hände und die Zahnpflege schlüssig und überzeugend. Entgegen der Annahme der Gutachterin S. bestehe ein Mehrbedarf in Höhe von zehn Minuten täglich für das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung jedoch nicht. Hilfen bei der Fortbewegung außerhalb der Wohnung seien nur in besonderen Fällen Grundpflege. Dies sei dann der Fall, wenn das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung zur Aufrechterhaltung der Lebensführung zu Hause unumgänglich sei. Hervorzuheben seien insbesondere die in der Gesetzesbegründung genannten Besuche bei Ärzten, Krankengymnasten, Apotheken oder Behörden. Erforderlich sei hierzu eine gewisse, wöchentliche Regelmäßigkeit dieser Verrichtungen. Die Notwendigkeit solcher Verrichtungen ergebe sich aus den vorliegenden Unterlagen nicht. Termine in der Diabetesambulanz seien lediglich vierteljährlich verpflichtend und somit nicht wöchentlich erforderlich. Der erforderliche Zeitbedarf für die Blutzuckermessungen und das Spritzen von Insulin gehöre zur Behandlungspflege und sei somit im Rahmen der Grundpflege nicht berücksichtigungsfähig (Verweis auf Urteil des Bundessozialgerichts [BSG] vom 19. Februar 1998 - B 3 P 3/97 R - Landessozialgericht Baden-Württemberg [LSG], Urteil vom 30. März 2012 - L 4 P 342/10 - jeweils in Juris). Auch ein Mehraufwand für die Beschaffung hochwertiger Nahrungsmittel, Berechnung der Kohlenhydrate, Abwiegen der Nahrung, Berechnung und Aufzeichnung der jeweiligen Broteinheiten sowie das Vorbereiten und Bereitstellen zusätzlicher - gegebenenfalls auch kohlenhydratfreier - Mahlzeiten begründe keinen zusätzlichen Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege. Hierbei handele es sich um Verrichtungen hauswirtschaftlicher Art. Erst die mundgerechte Zubereitung der Mahlzeit auf dem Teller und die Aufnahme der Nahrung seien Verpflichtungen der Grundpflege. Bei diesen Verrichtungen sei ein weitergehender Hilfebedarf aufgrund der altersentsprechenden Entwicklung des Klägers jedoch nicht nachzuvollziehen. Ergänzend sei darauf hinzuweisen, dass die Mutter des Klägers gegebenenfalls während der bloßen Beaufsichtigung der Nahrungsaufnahme auch andere Tätigkeiten ausführen könne. Insofern entstehe ebenfalls kein zeitlicher Mehrbedarf. Soweit der Kläger zwischen Injektion des Insulins und der Nahrungsaufnahme sowie in Gegenwart Dritter besonders beobachtet werden müsse oder nachts nach dem Wecken beruhigt werden müsse, handele es sich um einen erhöhten allgemeinen Betreuungsbedarf, der ebenfalls nicht im Bereich der Grundpflege berücksichtigungsfähig sei.
Gegen den am 6. September 2012 zugestellten Beschluss hat der Kläger am 1. Oktober 2012 Beschwerde eingelegt. Er macht geltend, er habe einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Pflegebedarf bestehe ununterbrochen seit Erstmanifestation seiner Erkrankung am 21. November 2011. Er habe damit zum Zeitpunkt des Beschlusses des SG bereits neun Monate bestanden und bestehe auch weiterhin längerfristig fort. Eine Entscheidung sei somit überfällig gewesen. Pflege könne nicht nachgeholt werden. Im Übrigen habe die Elternzeit seiner Mutter, die ihn allein pflege und mit der er zusammen mit seinen zwei Geschwistern in einer Bedarfsgemeinschaft lebe, mit Ablauf seines dritten Lebensjahres, also am 18. Juni 2012 geendet, sodass seine Mutter wieder eine Erwerbstätigkeit aufnehmen müsse und dies auch gerne täte. Dies sei aufgrund seiner Erkrankung und der hierdurch bedingten notwendigen Pflege, insbesondere der permanenten nächtlichen Ruhestörungen, allerdings unmöglich. Das Jobcenter erkenne die Beschränkung der Erwerbsmöglichkeit seiner Mutter aber nur bei Gewährung von Pflegegeld an. Insoweit drohten in Kürze sozialrechtliche Nachteile und damit die Gefährdung seiner notwendigen Lebensgrundlage und Anspruch auf körperliche Unversehrtheit. Das Zuwarten auf die Hauptsacheentscheidung sei daher nicht zumutbar. Auch ein Anordnungsanspruch liege vor. Die vom SG angeführten Urteile des LSG vom 30. März 2012 und des BSG vom 19. Februar 1998 seien ganz offensichtlich weder anwendbar noch auf ihn übertragbar. In der Rechtsprechung der höchsten Gerichte sei bisher kein einziger Fall zum Pflegegeldanspruch eines an Diabetes mellitus Typ I erkrankten Kleinkindes entschieden worden. Das SG mache sich auch ganz offensichtlich falsche Vorstellungen von seiner Erkrankung und komme daher zu einer falschen Tatsachenbewertung. Die Insulintherapie sei untrennbarer Bestandteil der Grundpflege nach § 14 Abs. 4 SGB XI. Sie stehe nicht nur in unmittelbarem zeitlichen wie sachlichen Zusammenhang mit seiner Grundpflege, sondern ermögliche diese überhaupt erst. Beim Zähneputzen, insbesondere nachts, könne er seine Mutter nicht unterstützen. Es bestehe auch ein Mehrbedarf für das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung, denn seine Krankenakte belege eine häufigere Frequenz der Ambulanzbesuche. Die Tatsache, dass diese Termine nicht wöchentlich stattfänden, sei krankheitsspezifisch, da die Behandlungspflege typischerweise gerade im häuslichen Bereich abgegeben werde. Eine vom SG geforderte wöchentliche Vorstellung ließe auf das Vorhandensein von schwerwiegenden Sekundärerkrankungen schließen und spreche damit für eine schlechte häusliche Behandlungstherapie, also für eine schlechte Pflege. Ausschlaggebend sei, ob die erhöhte Vorstellungsfrequenz krankheitsspezifisch sei und im Vergleich zu gleichaltrigen gesunden Kleinkindern deutlich erhöht. Dies sei der Fall. Die Annahme des SG, seine Mutter könne während der notwendigen Beaufsichtigungsphasen andere Tätigkeiten ausführen, gehe an den Realitäten des Lebens mit einem Kleinkind vorbei. Die Begleitung und Überwachung durch die medizinischen Pflegepersonen werde als Hilfeform/ständige Hilfebereitschaft sehr wohl anerkannt, wenn durch die Erkrankung ein plötzlicher Hilfebedarf auftreten könne oder die Überwachung zur Gewährleistung der Grundpflege nötig sei. Er sei schwerbehindert mit Merkzeichen ?H?. Damit habe er genau diesen Hilfebedarf. Er sei auf die Hilfe Dritter existenziell angewiesen. Das nächtliche Beruhigen bei Unterzuckerungen sei gemäß § 14 Abs. 4 Nr. 3 SGB XI zu berücksichtigen. Seine individuelle Pflegesituation sei bei der Begutachtung durch den MDK, die nur einmal im Rahmen eines Hausbesuches stattgefunden habe, völlig unberücksichtigt geblieben.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 4. September 2012 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm ab 23. November 2011 Pflegegeld mindestens nach der Pflegestufe I zu zahlen, hilfsweise, das Gutachten eines Diabetologen, der auf Kleinkinder spezialisiert sei, einzuholen, hilfsweise, die Rechtsbeschwerde zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Ein Anordnungsanspruch liege nicht vor. Ein Großteil des von der Mutter des Klägers geschilderten - unstreitig sehr umfangreichen - Hilfebedarfs betreffe nicht die Verrichtungen des § 14 Abs. 4 SGB XI, sondern gehöre der Behandlungspflege an. Dies gelte z.B. für das Blutzuckermessen, Dokumentation und Auswertung des Messergebnisses und das Spritzen von Insulin. Die Behandlungspflege gehöre nur ausnahmsweise zur Grundpflege, wenn sie in unmittelbarem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit der Grundpflege erforderlich werde oder wenn der behandlungspflegerische Hilfebedarf untrennbarer Bestandteil der Grundpflege sei (§ 15 Abs. 3 Satz 3 SGB XI). Ein solcher Zusammenhang bestehe im vorliegenden Fall nicht. Das Blutzuckermessen, die Dokumentation und das Spritzen von Insulin werde nicht im unmittelbaren zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit der Grundpflege erforderlich, sondern könne unabhängig davon betätigt werden. Ebensowenig seien die behandlungspflegerischen Maßnahmen untrennbarer Bestandteil der Grundpflege. Die allgemeine Überwachung des Klägers sei bei der Grundpflege nicht zu berücksichtigen. Auch das Zubereiten von Diäten, das damit verbundene Berechnen, Zusammenstellen, Abwiegen und Zuteilen der Nahrung insbesondere bei diabeteskranken Kindern und die Überwachung der richtigen Essmenge seien nicht als Verrichtungen der Grundpflege zu berücksichtigen. Ebenfalls nicht anrechenbar sei das Beruhigen schlafgestörter Kinder. Wie oft die Mutter des Klägers den Kläger bei Überzuckerungen im Wagen fahren oder tragen müsse, bleibe unklar. Berücksichtigungsfähig wäre nur das Fahren/Tragen im Zusammenhang mit anderen Grundpflegeverrichtungen. Zum Hilfebedarf beim Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung könne nur von den Ermittlungen des MDK zur Häufigkeit ausgegangen werden, da die von der Mutter des Klägers erwähnten Unterlagen nicht vorlägen. Auch ein Anordnungsgrund sei nicht glaubhaft gemacht. Es sei nicht glaubhaft gemacht, zur Abwendung welcher wesentlicher Nachteile der Erlass einer einstweiligen Anordnung erforderlich wäre. Bezüglich der Ausführungen zur Gewährung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) sei darauf hinzuweisen, dass die Elternzeit nach Angabe der Mutter bereits am 18. Juni 2012 geendet habe, sodass die erwähnten Nachteile bereits zu diesem Zeitpunkt hätten eintreten müssen. Auch insoweit sei nichts glaubhaft gemacht.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akten des SG sowie die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde des Klägers ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und auch statthaft. Die Beschwerde ist nicht nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ausgeschlossen. Denn in der Hauptsache wäre die Berufung zulässig. Der Kläger begehrt Leistungen für die Zeit ab 23. November 2011 und damit für einen Zeitraum von mehr als einem Jahr (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
Die zulässige Beschwerde des Klägers ist jedoch nicht begründet. Das SG hat es zu Recht abgelehnt, die Beklagte im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Kläger vorläufige Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung in Form von Pflegegeld zu gewähren.
Der Senat geht davon aus, dass der Kläger Pflegegeld mindestens nach der Pflegestufe I begehrt. Zwar hat der Kläger im gerichtlichen Verfahren mit Blick auf die Höhe der Pflegestufe keinen konkreten Antrag gestellt. Mit dem bei der Beklagten am 14. Dezember 2011 eingegangenen Antrag beantragte er Einstufung in die Pflegestufe II. Die Beklagte hat mit Bescheid vom 24. Januar 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. Juli 2012 die Gewährung von Leistungen der Pflegestufe I abgelehnt. Mit der Klagebegründung hat der Kläger dargelegt, dass bei ihm ein zusätzlicher Grundpflegebedarf von über vier Stunden vorliege. Daraus entnimmt der Senat, dass der Kläger mindestens Pflegegeld nach der Pflegestufe I begehrt. Konkret beantragt hat er mit der Klagebegründung die Gewährung von Pflegegeld seit Entstehen des Hilfebedarfs am 23. November 2011.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung). Für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist Voraussetzung, dass ein dem Antragsteller zustehendes Recht oder ein rechtlich geschütztes Interesse vorliegen muss (Anordnungsanspruch), das ohne Gewährung des vorläufigen Rechtsschutzes vereitelt oder wesentlich erschwert würde, sodass dem Antragsteller schwere, unzumutbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (Anordnungsgrund). Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund müssen glaubhaft gemacht sein (§ 86b Abs.2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung - ZPO -). Glaubhaftmachung liegt vor, wenn das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrunds überwiegend wahrscheinlich sind. Dabei begegnet es grundsätzlich keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn sich die Gerichte bei der Beurteilung der Sach- und Rechtslage an den Erfolgsaussichten der Hauptsache orientieren (vgl. Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss vom 02. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 - in Juris). Regelmäßig ist eine summarische Prüfung, bezogen auf den gegenwärtigen Verfahrensstand vorzunehmen.
1. Soweit der Kläger Pflegegeld mindestens nach der Pflegestufe I für die Zeit vom 23. November 2011 bis 19. August 2012 begehrt, fehlt es an einem Anordnungsgrund, weil es sich ausschließlich um Leistungen für einen Zeitraum vor dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, den er am 20. August 2012 beim SG stellte, handelt. Die Regelungsanordnung dient zur Abwendung wesentlicher Nachteile mit dem Ziel, dem Betroffenen die Mittel zur Verfügung zu stellen, die zur Behebung aktueller - noch bestehender - Notlagen notwendig sind. Einen Ausgleich für Rechtsbeeinträchtigungen in der Vergangenheit herbeizuführen ist deshalb grundsätzlich nicht Aufgabe des vorläufigen Rechtsschutzes; eine Ausnahme ist bei einer begehrten Regelungsanordnung nur dann zu machen, wenn die Notlage noch bis in die Gegenwart fortwirkt und den Betroffenen in seiner menschenwürdigen Existenz bedroht (vgl. z.B. LSG, Beschluss vom 28. März 2007 - L 7 AS 1214/07 ER-B -, in Juris). Anhaltspunkte für das Vorliegen der genannten Ausnahme sind nicht ersichtlich. Der Kläger war jedenfalls bis zum Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz in der Lage, seinen Lebensunterhalt mit Hilfe von Leistungen nach dem SGB II sicherzustellen.
2. Ob für die Zeit ab 20. August 2012 ein Anordnungsgrund besteht, da für die Mutter des Klägers mit Ablauf der Elternzeit wieder eine Erwerbsobliegenheit besteht, lässt der Senat - wie das SG - offen. Denn nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nur möglichen summarischen Prüfung besteht hier schon kein Anordnungsanspruch, weil davon auszugehen ist, dass der Kläger gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung in Form von Pflegegeld mindestens nach der Pflegestufe I hat.
Nach § 37 Abs. 1 Satz 1 SGB XI können Pflegebedürftige anstelle der häuslichen Pflegehilfe ein Pflegegeld beantragen. Pflegebedürftig sind nach § 14 Abs. 1 SGB XI Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens, die im Einzelnen in § 14 Abs. 4 SGB XI genannt sind, auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate in erheblichem oder höherem Maß (§ 15 SGB XI) der Hilfe bedürfen. Pflegebedürftige der niedrigsten - Pflegestufe I (erheblich Pflegebedürftige) sind nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XI Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für wenigstens zwei Verrichtungen aus einem oder mehreren Bereichen mindestens einmal täglich der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen. Der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson benötigt, muss wöchentlich im Tagesdurchschnitt in der Pflegestufe I mindestens 90 Minuten betragen; hierbei müssen auf die Grundpflege mehr als 45 Minuten entfallen (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 SGB XI). Pflegebedürftige der Pflegestufe II (Schwerpflegebedürftige) sind nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB XI Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität mindestens dreimal täglich zu verschiedenen Tageszeiten der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen. Der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, muss wöchentlich im Tagesdurchschnitt in der Pflegestufe II mindestens drei Stunden betragen; hierbei müssen auf die Grundpflege mindestens zwei Stunden entfallen (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 SGB XI). Die Grundpflege umfasst die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen aus den Bereichen der Körperpflege (§ 14 Abs. 4 Nr. 1 SGB XI), der Ernährung (Nr. 2) und der Mobilität (Nr. 3). Zur Grundpflege zählt ein Hilfebedarf im Bereich der Körperpflege beim Waschen, Duschen, Baden, bei der Zahnpflege, beim Kämmen, Rasieren sowie bei der Darm- und Blasenentleerung, im Bereich der Ernährung beim mundgerechten Zubereiten und der Aufnahme der Nahrung sowie im Bereich der Mobilität beim selbstständigen Aufstehen und Zu-Bett-Gehen, dem An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen und beim Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung. Das Ausmaß des Pflegebedarfs ist nach einem objektiven (?abstrakten") Maßstab zu beurteilen. Denn § 14 SGB XI stellt allein auf den ?Bedarf" an Pflege und nicht auf die unterschiedliche Art der Deckung dieses Bedarfs bzw. die tatsächlich erbrachte Pflege ab (vgl. BSG, Urteil vom 21. Februar 2002 - B 3 P 12/01 R - SozR 3-3300 § 14 Nr. 19). Bei der Bestimmung des erforderlichen Zeitbedarfs für die Grundpflege sind als Orientierungswerte die Zeitkorridore der Begutachtungs-Richtlinien zu berücksichtigen. Diese Zeitwerte sind zwar keine verbindlichen Vorgaben; es handelt sich jedoch um Zeitkorridore mit Leitfunktion (Abschnitt F Nr. 1 Begutachtungs-Richtlinien; vgl. dazu BSG, Urteil vom 22. Juli 2004 - B 3 P 6/03 R - SozR 4-3300 § 23 Nr. 3 m.w.N.). Dabei beruhen die Zeitkorridore auf der vollständigen Übernahme der Verrichtungen durch eine Laienpflegekraft. Die Zeiten für den Hilfebedarf bei den einzelnen Verrichtungen beruhen regelmäßig auf Schätzungen, denen eine gewisse und auf wenige Minuten beschränkte Unschärfe nicht abgesprochen werden kann und die dennoch hinzunehmen sind (vgl. BSG, Urteil vom 10. März 2010 - B 3 P 10/08 R -, in juris). Bei Kindern ist nach § 15 Abs. 2 SGB XI für die Zuordnung zu einer Pflegestufe nur der zusätzliche Hilfebedarf gegenüber einem gesunden gleichaltrigen Kind maßgebend. Damit wird klargestellt, dass der natürliche, altersentsprechende Pflegebedarf von Kindern, der jeweils vom Lebensalter der Betroffenen abhängt (vgl. dazu u.a. BSG, Urteil vom 29. April 1999 - B 3 P 13/98 R - SozR 3-3300 § 14 Nr. 11), unberücksichtigt bleibt und allein auf den das altersübliche Maß übersteigenden Aufwand abzustellen ist (BSG, Urteil vom 26. November 1998 - B 3 P 20/97 R - SozR 3-3300 § 14 Nr. 9).
Der Kläger leidet seit November 2011 an einem Diabetes mellitus Typ I. Wegen dieser Erkrankung wurde und wird wie der Senat zuletzt im Urteil vom 27. April 2012 - L 4 P 3854/11 - (nicht veröffentlicht) bezugnehmend auf die Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteile vom 19. Februar 1998 - B 3 P 3/97 R und B 3 P 5/97 R - SozR 3-3300 § 14 Nrn. 2 und 3; Urteil vom 24. Juni 1998 - B 3 P 4/97 R - SozR 3-3300 § 14 Nr. 5; Urteil vom 17. Juni 1999 - B 3 P 10/98 R - SozR 3-3300 § 15 Nr. 7; Urteil vom 28. Juni 2001 - B 3 P 12/00 R -, in Juris) hinsichtlich eines an Diabetes erkrankten Kleinkindes entschieden hat, mit Blick auf die berücksichtigungsfähigen Verrichtungen der Grundpflege, die abschließend (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 26. November 1998 - B 3 P 13/97 R - SozR 3-3300 § 14 Nr. 8) und von der Hauswirtschaft zu unterscheiden sind, auch ab 20. August 2012 ein Hilfebedarf von mindestens 46 Minuten täglich nicht erreicht. Dies hat das SG zutreffend entschieden. Das SG ist zu Recht den Gutachten von Pflegefachkraft G. und S. mit Blick auf den Hilfebedarf bei der Teilwäsche der Hände mit einem Zeitaufwand von sechs Minuten täglich gefolgt. Zusätzlich zu berücksichtigen ist auch der von Pflegefachkraft S. berücksichtigte Bedarf im Bereich der Zahnpflege von fünf Minuten täglich. In nicht zu beanstandender Weise nicht gefolgt ist das SG dem Gutachten der Pflegefachkraft S. im Hinblick auf die Mobilität, denn insoweit fehlt es an der wöchentlichen Regelmäßigkeit des Aufsuchens von Ärzten.
Bei an Diabetes erkrankten Versicherten, insbesondere Kindern, ist zu unterscheiden zwischen Grundpflege und nicht berücksichtigungsfähiger Behandlungspflege einerseits sowie zwischen Grundpflege und Hauswirtschaft andererseits, insbesondere beim Bereich der Ernährung. Die gesamte Vorbereitung der Nahrungsaufnahme (Einkaufen, Kochen, Vor- und Zubereiten der Bestandteile der Mahlzeiten, Tätigkeiten des Berechnens, Abwiegens und der Zusammenstellung der Speisen zur Herstellung der erforderlichen Diät) gehört nicht zur Grundpflege (Bereich der Ernährung), sondern zum Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung. Zur Hauswirtschaft gehört auch als Abschluss des ?Kochens" das anhand der Diätvorschriften vorzunehmende Bemessen und Zuteilen der zubereiteten Nahrung bzw. der Nahrungsbestandteile. Letzteres rechnet auch nicht zum mundgerechten Zubereiten der Nahrung im Sinne des § 14 Abs. 4 Nr. 2 SGB XI, bei dem es nur darum geht, dass die zubereitete Nahrung so aufbereitet wird, dass der Pflegebedürftige sie greifen, zum Mund führen, zerkauen und schlucken kann (BSG, Urteile vom 17. Juni 1999 - B 3 P 10/98 R - a.a.O. und 28. Juni 2001 - B 3 P 12/00 R - a.a.O.). Daran ändert sich nichts, dass bei dem Kläger im Hinblick auf seine Diabetes-Erkrankung, im Gegensatz zu gesunden Kindern, neben drei Hauptmahlzeiten und einer Zwischenmahlzeit noch weitere Mahlzeiten erforderlich sind.
Der Senat verkennt nicht, dass es beim Kläger - altersbedingt - an der notwendigen Einsicht mit Blick auf das Ernährungsverhalten fehlt, weshalb dies durch die Pflegeperson zu übernehmen ist. Allein für die Überwachung der Aufnahme der erforderlichen Nahrungsmenge sowie der Anleitung und Aufforderung während der täglichen Mahlzeiten ergibt sich aber kein Zeitaufwand für die Aufnahme der Nahrung von mehr als 45 Minuten täglich, auch wenn man, zumindest bei einem Kind, einen zur Grundpflege zählenden Hilfebedarf bei der Aufnahme der Nahrung mit der Erwägung bejaht, dass bei einem Kind ein Hilfebedarf bestehe, wenn es zum Essen angehalten werden müsse, weil ihm die Einsichtsfähigkeit dafür fehle, dass es aus Gesundheitsgründen notwendig sei, Widerwillen erregende Speisen oder Speisen in großen Mengen - über den Appetit hinaus - einzunehmen (BSG, Urteil vom 29. März 1999 - B 3 P 12/98 R -, in Juris). Denn eine Beaufsichtigung und Kontrolle bei der Nahrungsaufnahme ist nur als berücksichtigungsfähige Hilfe einzustufen, wenn sie von einer solchen Intensität ist, dass die Pflegeperson, wie beim Füttern - praktisch an der Erledigung anderer Aufgaben gehindert ist bzw. diese, wenn auch möglicherweise nur kurzzeitig, unterbrechen muss, die Hilfe also über das - gewissermaßen ?nebenbei? erfolgende - bloße ?im Auge behalten? des Pflegebedürftigen und das nur vereinzelte, gelegentliche Auffordern bzw. Ermahnen hinausgeht (BSG, Beschluss vom 08. Mai 2001 - B 3 P 4/01 B - in Juris; Urteil vom 28. Mai 2003 - B 3 P 6/02 R - SozR 4-3300 § 15 Nr.1; siehe auch D 4.0/II Begutachtungs-Richtlinien). Der Senat geht insoweit davon aus, dass es bei dem Kläger, wie auch bei gleichaltrigen dreijährigen Kindern, die nicht an Diabetes mellitus leiden, um die Beaufsichtigung geht, ob er die Nahrung im vorgesehenen Maße aufnimmt. Der Senat vermag deshalb nicht festzustellen, dass hier die Mutter des Klägers insbesondere bei den jeweiligen gemeinsamen Mahlzeiten in der Familie durch die Überwachung der Nahrungsaufnahme in solchem Umfang zeitlich und örtlich eingebunden ist, dass sie anderweitigen Tätigkeiten nicht nachgehen kann (vgl. BSG, Urteil vom 19. Februar 1998 - B 3 P 5/97 R - a.a.O.). Ebenso verhält es sich auch mit Blick auf die vom Kläger geltend gemachte Zeit zwischen dem Spritzen des Insulins und der Essensaufnahme. Auch insoweit handelt es sich um die Beaufsichtigung, die auch bei gleichaltrigen Kindern notwendig ist. Unter Berücksichtigung dessen könnte eine zeitliche und örtliche Einbindung der Pflegeperson allenfalls für die Überwachung der erforderlichen Mahlzeiten während der Nacht beim Auftreten von Unterzuckerungen angenommen werden. Auch wenn dies jede Nacht erforderlich sein sollte, ergäbe sich hierdurch jedoch kein täglicher Zeitaufwand von mindestens 35 Minuten, was erforderlich wäre, dass zusammen mit dem im Bereich der Körperpflege anzusetzenden Zeitbedarf von 11 Minuten ein Grundpflegebedarf von mindestens 46 Minuten erreicht wäre.
Bei Diabetikern, auch soweit es sich um Kinder handelt, rechnen auch Blutzuckertests (einschließlich der Führung eines Blutzucker-Tagebuchs) sowie das Spritzen von Insulin sowohl als Basisinsulin als auch als Korrekturinsulin, zu den Maßnahmen der Behandlungspflege, bei denen auch bei dem Kläger kein unmittelbarer Zusammenhang mit der ?Aufnahme der Nahrung? im Sinne des § 14 Abs. 4 Nr. 2 SGB XI besteht (BSG, Urteile vom 17. Juni 1999 - B 3 P 10/98 R - a.a.O. und 28. Mai 2003 - B 3 P 6/02 R - a.a.O.).
Ein Bedarf kann auch nicht mit Blick auf die Müdigkeit des Klägers bei plötzlich auftretenden Hyper- wie Hypoglykämien mit der Folge, dass er getragen oder gefahren werden muss, berücksichtigt werden, denn insoweit ist nicht glaubhaft gemacht, wie oft es zu solchen Hypoglykämien kommt und dass diese im Zusammenhang mit anderen Grundpflegeverrichtungen notwendig sind.
Auch die Berücksichtigung von Arztbesuchen kommt weiterhin nicht in Betracht. Erforderlich ist insoweit, dass - wie vom SG zu Recht ausgeführt - wöchentliche Arztbesuche stattfinden und stattgefunden haben (vgl. BSG, Urteil vom 29. April 1999 - B 3 P 7/98 R - SozR 3-3300 § 14 Nr. 10; Urteil vom 12. August 2010 - B 3 P 3/09 R - SozR 4-3300 § 45b Nr. 1). Dies ist auch nach dem Vortrag des Klägers in der Beschwerdebegründung vom 29. September 2012, in der er bestätigt, dass Arztbesuche nicht wöchentlich stattfänden, nicht der Fall. Darauf, ob der Kläger öfters als ein gleichaltriges gesundes Kind dem Arzt vorzustellen ist, kommt es nicht an. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aufgrund der im November 2012 aufgetretenen Urticaria mit der Notwendigkeit von Arztbesuchen. Aufgrund dieser akuten Erkrankung waren zwar weitere zusätzliche Arztbesuche erforderlich. Dass die Urticaria weiterhin eine wöchentliche Vorstellung des Klägers erforderlich macht, hat der Kläger jedoch nicht glaubhaft gemacht.
3. Dem Hilfsantrag des Klägers, ein ärztliches Gutachten eines Diabetologen einzuholen, war im Rahmen des Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes nicht nachzukommen. Zum einen ist aus den genannten rechtlichen Gründen eine Berücksichtigung des vom Kläger behaupteten Pflegeaufwands nicht möglich. Zum anderen dient der einstweilige Rechtsschutz dazu, einen Rechtsstreit vorläufig und möglichst rasch zu entscheiden. Eine abschließende Klärung findet in der Hauptsache statt. Die Entscheidung über den einstweiligen Rechtsschutz wäre erheblich verzögert worden, wenn zunächst noch ein Gutachten eingeholt worden wäre. Dies ist im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes nicht tunlich.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
5. Der Beschluss des Senats ist gemäß § 177 SGG mit der Beschwerde nicht anfechtbar.
Eine Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen. Das Gesetz sieht diese Beschwerdemöglichkeit nicht vor. Soweit der Kläger die Fortbildung des Rechts geltend macht, ist er auf das Hauptsacheverfahren zu verweisen.
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