L 11 R 4321/11

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 2 R 1514/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 4321/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 06.09.2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Im Streit steht die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente.

Die am 01.06.1958 geborene Klägerin, türkischer Staatsangehörigkeit, zog im Jahr 1969 in die Bundesrepublik Deutschland. Sie hat keinen Beruf erlernt. Von 1974 bis 2003 war die Klägerin als Maschinenstickerin in der Textilindustrie abhängig beschäftigt. Das Beschäftigungsverhältnis endete durch Kündigung des Arbeitgebers. Seither ist sie arbeitslos. Im Versicherungsverlauf der Klägerin sind im Zeitraum vom 02.10.2003 bis 01.10.2008 mehr als drei Jahre mit Pflichtbeitragszeiten belegt. Insgesamt sind Beitragszeiten von mehr als fünf Jahren vorhanden.

Am 01.10.2008 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Zur Begründung gab sie Schmerzen im Bereich der linken Hüfte und des linken Beines, Kniebeschwerden, Diabetes mellitus, Bandscheibenprobleme und Beschwerden auf nervenärztlichem Fachgebiet an. Die Beklagte ließ die Klägerin daraufhin von Dr. M., Internistin und Sozialmedizinerin, begutachten. Die Gutachterin stellte am 20.01.2009 einen insulin- und tablettenbehandelten Diabetes mellitus (ED 1995), Bluthochdruck bei deutlichem Übergewicht, leichte diabetische Schädigung der körperfernen Beinnerven, Wirbelsäulenveränderungen mit Bandscheibenschäden L4/5 ohne neurologisches Funktionsdefizit, Neigung zu Sehnenreizerscheinungen im linken Hüftbereich bei Sehnenansatzverkalkung, Hüftgelenksveränderungen ohne Bewegungseinschränkung, Verdacht auf Meniskusschaden am rechten Kniegelenk ohne Bewegungseinschränkung, einen Fersensporn links, eine leichte Angststörung und eine minimale chronische Anämie fest. Trotz der festgestellten Gesundheitsstörungen könne die Klägerin noch leichte Tätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich ausüben. Mit Bescheid vom 28.01.2009 lehnte die Beklagte daraufhin den Antrag der Klägerin ab. Den hiergegen eingelegten Widerspruch der Klägerin vom 03.02.2009 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24.04.2009 zurück. Die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung seien nicht erfüllt, da weder volle noch teilweise Erwerbsminderung vorliege. Auch Berufsunfähigkeit sei nicht gegeben, da die Klägerin auf sämtliche ungelernte Tätigkeiten verwiesen werden könne.

Am 11.05.2009 hat die Klägerin beim Sozialgericht Reutlingen Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen, sie sei nicht in der Lage auch nur leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig zu verrichten. Die gesamte linke Körperhälfte von der Hüfte bis zum Fuß schmerze. Seit rund fünf Wochen schmerze auch die rechte Seite. Das Sitz-, Steh- und Gehvermögen sei eingeschränkt. Es bestünden außerdem Ganzkörperschmerzen. Sie sei körperlich und geistig nicht mehr belastbar. Der Nachtschlaf sei infolge von Panikanfällen beeinträchtigt. Ohne Unterstützung ihres Sohnes und Ehemannes könne sie den Haushalt nicht mehr bewältigen. Der Diabetes mellitus, der mit Spritzen und Tabletten behandelt werde, führe zu Kreislaufproblemen.

Das SG hat die Ärzte der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen befragt. Der Orthopäde Dr. K. hat im August 2009 mitgeteilt, die degenerativen Veränderungen seien nicht sehr stark ausgeprägt. Es resultierten daraus keine bleibenden Funktionseinschränkungen. Es handele sich hauptsächlich um haltungsbedingte Rückenbeschwerden und Schmerzen im Bereich der linken Thoraxapportur. Gelegentlich kämen Hüft- und Kniegelenksbeschwerden hinzu, die jedoch unter ambulanter Behandlung immer wieder rasch abklängen. Aus orthopädischer Sicht bestünden keine Bedenken gegen die Beurteilung der Beklagten. Der Neurochirurg Dr. H. hat im Juli 2009 angegeben, im Vordergrund stünde eine belastungsabhängige Schmerzsymptomatik bei kleinem Bandscheibenprolaps L4/5 mit Ausstrahlung in das linke Bein. Zum letzten Untersuchungszeitpunkt im April 2009 habe sich die Symptomatik so weit gebessert, dass leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mit qualitativen Einschränkungen möglich seien. Dr. K., Hausarzt und Internist, hat im September 2009 angegeben, von internistischer Seite lägen keine Befunde vor, die einer leichten Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt entgegenstünden. Ob die orthopädischen Beeinträchtigungen einer solchen Tätigkeit im Umfang von mindestens sechs Stunden entgegenstünden, müsse durch den Orthopäden beurteilt werden.

Auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das SG Dr. H., Internist, Rheumatologe, Endokrinologe und Diabetologe, mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. Im Gutachten vom 26.11.2009 werden folgende Gesundheitsstörungen genannt: 1. Diabetes mellitus Typ 2b (nicht insulinpflichtig bei Fettleibigkeit), nicht ausreichend kompensiert, mit Anhaltspunkten für eine bereits deutliche Nervenschädigung (diabetische Polyneuropathie), 2. multilokuläres weichteilrheumatisches Schmerzbild, kein ausgebreiteter Schmerz wie bei der anhaltenden somatoformen Schmerzstörung vom Fibromyalgie-Typ und 3. Thalassämia minor. Der nur unzureichend kompensierte Diabetes mellitus führe zu einer Minderbelastbarkeit. Dieser Zustand könne durch eine verbesserte Behandlung behoben werden. In allen vier Gliedmaßen liege bereits eine deutliche Nervenschädigung vor. Auswirkungen habe dies vor allem auf die Feinmotorik der Hände und das Lageempfinden der Füße. Die Thalassämie bedinge keine Beeinträchtigung des Leistungsvermögens. Der weiteren Beobachtung bedürfe die nachweisbare Entzündungskonstellation. Derzeit ergäben sich aber keine Hinweise auf das Vorliegen einer entzündlichen-rheumatischen Systemerkrankung. Aufgrund der polytopen Schmerzen, die überwiegend das Weichteilgewebe beträfen, sei die Arbeitsschwere, die statische und dynamische Belastbarkeit beeinträchtigt. Aufgrund der chronischen Schmerzen und der Schlafstörung seien das Konzentrationsvermögen und die Stressbelastung verringert. Auch leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes könne die Klägerin mit qualitativen Einschränkungen nur noch drei bis unter sechs Stunden ausüben. Der Grund hierfür liege in dem Zusammenwirken der Erkrankungen auf internistischem (Stoffwechselerkrankung mit bereits schwergradiger Neuropathie) und orthopädisch/rheumatologischem Fachgebiet (polytopes weichteilrheumatisches Schmerzgeschehen). Jede einzelne Gesundheitsstörung für sich alleine gesehen, ziehe eine quantitative Einschränkung nicht nach sich.

Das SG hat auf Antrag der Klägerin ein weiteres Gutachten eingeholt. Im unfallchirurgisch/orthopädischen Gutachten von Dr. L. vom 26.04.2010 werden folgende Gesundheitsstörungen genannt: 1. endgradige aktive Bewegungseinschränkung beider Schultergelenke 2. das altersentsprechende Maß nicht überschreitende, degenerative, radiologische Veränderungen an der unteren Brust- und der Lendenwirbelsäule mit Einschränkungen der Beweglichkeit 3. schnellender Finger D III rechte Hand 4. ganz endgradige Bewegungseinschränkung rechtes Daumensattelgelenk 5. vermehrte BWS-Kyphose 6. herabgesetzte Berührungsempfindlichkeit an den Händen 7. röntgenologisch beginnende Coxarthrose beidseits 8. Reizzustand großer Rollhügel linke Hüfte 9. im CT nachgewiesener, kleiner Bandscheibenprolaps L4/5 ohne aktuelle Wurzelreizsymptomatik 10. mäßige Senk- und Spreizfußbildung beidseits 11. herabgesetzte Gefühlsempfindung an den Füßen Die Klägerin könne noch leichte Arbeiten im Wechsel von überwiegendem Sitzen und zeitweisem Stehen und Gehen für wenigstens sechs Stunden täglich ausüben. Gleichförmige Körperhaltungen und Zwangshaltungen sowie die Einwirkung von Hitze, Kälte, Zugluft und Nässe seien zu vermeiden. Akkord- und Fließbandarbeiten seien nicht mehr durchführbar. Wechselschicht- und Nachtschichtarbeiten seien nicht mehr sinnvoll. Arbeiten mit besonderer Verantwortung und besonderer geistiger Beanspruchung seien nicht mehr möglich. Die Wegefähigkeit sei erhalten.

Das SG hat daraufhin Dr. S. von Amts wegen mit der Erstattung eines nervenfachärztlichen Gutachtens beauftragt. Im Gutachten vom 25.02.2011 werden die Diagnosen undifferenzierte Somatisierungsstörung, Diabetes mellitus und Bluthochdruck genannt. Die Klägerin sei in der Lage mindestens sechs Stunden täglich einer regelmäßigen Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nachzugehen. Akkord- und Fließbandarbeiten sowie Arbeiten mit besonderer Verantwortung und besonderer geistiger Beanspruchung sollten vermieden werden.

Mit Urteil vom 06.09.2011 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, es liege weder eine teilweise noch eine volle Erwerbsminderung vor. Auf orthopädischem Fachgebiet seien die Gesundheitsstörungen nicht derart gravierend, dass hierdurch eine Leistungseinschränkung in rentenrelevantem Ausmaß anzunehmen sei. Dies ergebe sich aus den Angaben des behandelnden Orthopäden der Klägerin sowie aus der gutachterlichen Einschätzung von Dr. L ... Auch auf nervenfachärztlichem Fachgebiet lägen keine Erkrankungen vor, die einer regelmäßigen Leistungserbringung von sechs Stunden täglich entgegenstünden. Die Kammer stütze sich auf das schlüssige Gutachten von Dr. S ... Auf internistischem Fachgebiet habe der Hausarzt der Klägerin erklärt, dass Befunde, die einer leichten Tätigkeit entgegenstünden, nicht vorlägen. Dies habe auch Dr. H. bestätigt, da nach seinen Feststellungen jede einzelne Erkrankung der Klägerin eine quantitative Leistungseinschränkung nicht bedinge. Soweit er aber eine solche Einschränkung aufgrund einer Gesamtschau der Gesundheitsstörungen annehme, sei ihm nicht zu folgen. Die von ihm mit angeführte schwere Polyneuropathie habe der nervenärztliche Gutachter nicht mit Sicherheit feststellen können. Gegen starke Beeinträchtigungen durch den Diabetes spreche, dass der Gutachter Dr. L. ausgeführt habe, dass in den vorliegenden Befunden Bewusstseinsstörungen infolge von Über- oder Unterzuckerungen nicht beschrieben würden. Zudem müsse berücksichtigt werden, dass Dr. S. ein ausgeprägtes Aggravationsverhalten und eine Fehldarstellung der Beschwerden im Sinne einer Simulation beobachtet habe.

Gegen das dem Prozessbevollmächtigen der Klägerin am 12.09.2011 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 05.10.2011 Berufung eingelegt und zur Begründung vorgetragen, der Gesundheitszustand der Klägerin habe sich weiter verschlechtert. Im linken Kniegelenk sei eine deutliche Arthrose festgestellt worden. Jegliche Bewegungen des Kniegelenks seien mit erheblichen Schmerzen verbunden. Eine im März 2011 durchgeführte Arthroskopie habe keine Besserung ergeben, sondern im Gegenteil eine weitere Verschlechterung. Ab Oktober 2011 befinde sich die Klägerin in einer speziellen Schmerztherapie. Seit längerem befinde sich die Klägerin außerdem in psychiatrischer Behandlung.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 06.09.2011 und den Bescheid der Beklagten vom 28.01.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.04.2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung ab dem 01.10.2008 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung hat die Beklagte auf ihren Vortrag im erstinstanzlichen Verfahren sowie auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil verwiesen.

Das LSG hat weiter Beweis erhoben durch Einholung eines orthopädischen Gutachtens von Dr. H ... Im Gutachten vom 19.12.2011 werden folgende Gesundheitsstörungen genannt: 1. chronisches, therapieresistentes Ganzkörperschmerzsyndrom ohne Nachweis gravierender körperlicher Schädigungen, 2. in der Vergangenheit schlecht eingestellter, insulinpflichtiger Diabetes mellitus, 3. chronischer, entzündlicher Reizzustand im linken Knie nach Kniespiegelung vor knapp neun Monaten bei zuletzt kernspintomographisch nachgewiesenem mäßiggradigem Gelenkknorpelschaden innenseitig Die Klägerin könne aufgrund der derzeit eingeschränkten Belastbarkeit des linken Kniegelenks nur leichte Tätigkeiten, kurzfristig mittelschwere Tätigkeiten ausüben. Gelegentliches, kurzfristiges Heben und Tragen von Lasten bis 15 kg sei unbedenklich. Längeres und schwereres Tragen solle vermieden werden. Eine Tätigkeit im Wechsel von Sitzen, Gehen und Stehen sowie das gelegentliche Treppensteigen im Umfang von ein bis zwei Stockwerke seien möglich. Arbeiten im Knien und in der Hocken oder mit Sprungbelastung seien derzeit ausgeschlossen. Mit geeigneter Schutzkleidung könne die Klägerin auch unter Einfluss von Nässe, Kälte und Zugluft arbeiten. Ein ständiger Wechsel von Kälte und Wärme sowie Arbeiten auf sehr unebenem oder rutschigem Gelände sollten vermieden werden. Im Hinblick auf die Stoffwechselstörung und die angegebenen Schlafstörungen könnten Arbeiten unter Akkord- oder Schichtbedingungen sowie Arbeiten, die mit einer erhöhten seelischen Stressbelastung einhergingen, nicht abverlangt werden. Zusätzliche Einschränkungen könnten sich aus den nicht objektivierbaren Schmerzzuständen der Klägerin ergeben. Unter Beachtung der qualitativen Einschränkungen sei die Klägerin noch in der Lage vollschichtig eine leichte Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auszuüben. Die Wegefähigkeit sei erhalten. Eine wesentliche Befundänderung sei seit der Begutachtung durch Dr. H. nicht eingetreten. Die unterschiedlichen Begutachtungsergebnisse resultierten aus einer unterschiedlichen Bewertung desselben medizinischen Sachverhalts.

Das LSG hat außerdem den Entlassungsbericht des Z. Klinikums B./H. beigezogen. Dort befand sich die Klägerin vom 02.04. bis 05.04.2012 in stationärer Behandlung. Die Aufnahme erfolgte wegen Schwindels. Es wurde ein benigner paroxysmaler Lagerungsschwindel beidseits festgestellt, der bei Entlassung rückläufig war. Die Klägerin wurde darauf hingewiesen, dass sie regelmäßig Mahlzeiten einnehmen müsse.

Außerdem hat das LSG den Psychiater der Klägerin, H. H., schriftlich als sachverständigen Zeugen befragt. Er gab an, bei der Klägerin im Mai 2009 eine Dysthymia sowie eine generalisierte Angststörung diagnostiziert habe. Die Kriterien einer Panikstörung seien nicht erfüllt. Eine Änderung im Gesundheitszustand sei seither nicht eingetreten. Die Leistungsfähigkeit sei seiner Einschätzung nach auch für leichte Tätigkeiten auf vier bis fünf Stunden täglich eingeschränkt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte und auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 28.01.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.04.2009 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.

Die Anspruchsvoraussetzungen ergeben sich aus § 43 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) in der ab 01.01.2008 geltenden Fassung des Art 1 Nr 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20.04.2007 (BGBl I, 554). Versicherte haben nach § 43 Abs 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs 1 und Abs 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs 3 SGB VI).

Nach dem Ergebnis der vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme sowie unter Berücksichtigung der im Klage- und Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Klägerin weder voll noch teilweise erwerbsgemindert ist, weil sie noch unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann.

Die Klägerin leidet an einem insulinpflichtigen Diabetes mellitus Typ 2, Bluthochdruck, Thalassämie, einer undifferenzierten Somatisierungsstörung und einem chronischen, entzündlichen Reizzustand im linken Knie bei zuletzt kernspintomographisch nachgewiesenem mäßiggradigem Gelenkknorpelschaden innenseitig. Dies entnimmt der Senat den Gutachten von Dr. S. und Dr. H ... Eine eigenständige Depression konnte der Nervenarzt Dr. S. nicht feststellen. Die Kriterien einer Angststörung waren ebenfalls nicht erfüllt. Die von Dr. H. angenommen deutlichen Nervenschädigungen im Sinne einer diabetischen Polyneuropathie bestätigte der nervenfachärztliche Gutachter nicht. Bei der Untersuchung durch Dr. S. konnten die von der Klägerin in den Vorgutachten angegebenen Gefühlsstörungen an den Händen und Füßen in relevantem Ausmaß nicht objektiviert werden. Geringe Beschwerden schloss der Gutachter zwar nicht aus, da es möglich ist, dass diese neurophysiologisch nicht erfasst würden. Keinesfalls aber bestehen gravierende Störungen. Es fanden sich keine Muskelatrophien und keine Reflexausfälle. Dagegen zeigte sich eine fehlende Konsistenz zwischen den angegebenen Beschwerden und dem objektivierbaren neurologischen Befund. Bei der Kraftprüfung der kleinen Fußmuskulatur erfolgte zB keinerlei Mitarbeit der Klägerin, obwohl diese Muskulatur beim Gehen eingesetzt werden muss. Auch die von der Klägerin angegebenen Gefühlsstörungen mit einem völlig aufgehobenen Vibrationsempfinden am ganzen Körper ließen sich neurologisch nicht erklären. Der Senat ist darüber hinaus nicht vom Vorliegen eines rheumatischen Geschehens überzeugt. Dr. H. benennt zwar als Diagnose ein multilokuläres weichteilrheumatisches Schmerzbild. Nach seinen eigenen Ausführungen im Gutachten lagen jedoch keine Hinweise auf das Vorliegen einer entzündlich-rheumatischen Systemerkrankung vor. Dies bestätigte der Gutachter in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 03.09.2010 nochmals ausdrücklich. Ein Fibromyalgiesyndrom schloss Dr. H. ebenfalls aus.

Aufgrund dieser Gesundheitsstörungen ist die Klägerin nicht mehr in der Lage, Tätigkeiten in gleichförmigen Körperhaltungen, Zwangshaltungen, Arbeiten im Knien und in der Hocken oder mit Sprungbelastung, mit Einwirkung von Hitze, Kälte, Zugluft und Nässe sowie Arbeiten auf sehr unebenem oder rutschigem Gelände, Arbeiten unter Akkord-, Fließband- oder Schichtbedingungen sowie Arbeiten, die mit einer erhöhten seelischen Stressbelastung verbunden sind, auszuführen. Unter Beachtung dieser qualitativen Einschränkungen kann die Klägerin aber jedenfalls noch leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden arbeitstäglich verrichten. Dies entnimmt der Senat den schlüssigen und widerspruchsfreien Gutachten von Dr. H. und Dr. S ...

Dr. H. konnte neben der Gesundheitsstörung am linken Kniegelenk keine organischen Ursachen für die von der Klägerin angegebenen Schmerzen feststellen. Alle Wirbelsäulenabschnitte zeigten sich frei beweglich mit Ausnahme der globalen Rumpfvorneigung bei Verspannung der Rumpfmuskulatur. Die Auswertung der vorgelegten Bildgebung ergab eine diskrete degenerative Veränderung der Lendenwirbelsäule, die der Gutachter in Bezug auf das Lebensalter der Klägerin nicht eindeutig als krankhaft einstufen konnte. Eine Wurzelreizsymptomatik infolge des computertomographisch nachgewiesenen kleinen, mittigen Bandscheibenvorfalls konnte nicht festgestellt werden. Die Beweglichkeit des linken Kniegelenks zeigte sich leicht eingeschränkt bei diskreten entzündlichen Reizerscheinungen. Die übrigen Untersuchungen der oberen und unteren Gliedmaßen waren unauffällig. Vor dem Hintergrund dieser Befundsituation kommt Dr. H. für den Senat schlüssig und nachvollziehbar zu dem Ergebnis, dass von Seiten des orthopädischen Fachgebietes keine Gesundheitsstörungen vorliegen, die unter Berücksichtigung der genannten qualitativen Einschränkungen auch eine zeitliche Limitierung der Leistungsfähigkeit für zumindest leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zur Folge hätten. Bestätigt wird diese Leistungseinschätzung von dem Gutachter Dr. L ... Er stellte auf orthopädischem Fachgebiet zusätzlich eine endgradige aktive Bewegungseinschränkung beider Schultergelenke, einen Reizzustand des großen Rollhügels der linken Hüfte, eine ganz endgradige Bewegungseinschränkung des rechten Daumensattelgelenks sowie mäßige Senk- und Spreizfußbildung beidseits fest, gelangte aber auch zu der Einschätzung, dass leichte Tätigkeiten im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich zumutbar sind. Dieser Auffassung sind ebenfalls die Ärzte der Klägerin, Dr. K. und Dr. H ...

Die Leistungseinschätzung von Dr. H. ist auch unter Berücksichtigung der vorliegenden Ganzkörperschmerzsymptomatik schlüssig und nachvollziehbar. Der nervenfachärztliche Gutachter Dr. S. ordnet diese Beschwerden mangels organischer Ursache einer undifferenzierten Somatisierungsstörung zu. In überzeugender Würdigung des Schweregrads dieser Erkrankung nimmt auch Dr. S. ein quantitativ uneingeschränktes Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten an. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (zB Urteile vom 14.12.2010, L 11 R 3243/09, vom 20.07.2010, L 11 R 5140/09 und vom 24.09.2009, L 11 R 742/09) wird der Schwergrad somatoformer Schmerzstörungen aus den daraus resultierenden Defiziten im Hinblick auf die Tagesstrukturierung, das allgemeine Interessenspektrum und die soziale Interaktionsfähigkeit abgleitet. Außerdem ist zu berücksichtigen, ob und in welcher Form der Betroffene versucht, einem sich aus der Schmerzstörung ergebenden Leidensdruck durch angemessene therapeutische Bemühungen entgegen zu wirken. Die anamnestischen Angaben der Klägerin gegenüber den Gutachtern lassen die Fähigkeit erkennen, einen regelrecht strukturierten Tagesablauf einzuhalten. Sowohl gegenüber Dr. H. als auch gegenüber Dr. H. gab sie an, jedenfalls gelegentlich noch zu kochen und mit Unterstützung ihrer Familie den Haushalt zu machen. Die Angaben zeigen zudem, dass die Klägerin in der Lage ist, die für Auto(mit)fahrten in die Türkei notwendige Energie aufzubringen. Außerdem ergibt sich aus der Anamnese, dass die soziale Interaktionsfähigkeit mit der Familie ungestört ist. Sie hat darüber hinaus soziale Kontakte zu Bekannten. Soweit sie angab, nicht mehr viel zu machen und kaum noch das Haus zu verlassen, sind diese Angaben im Hinblick auf das ausgestaltete Aggravationsverhalten der Klägerin zu relativieren. Mit Rückzugstendenzen einhergehende schwere psychische Störungen konnte der Gutachter nicht feststellen. Die Befunderhebung hatte keine relevante Beeinträchtigung des Antriebs ergeben. Das Schwingungsvermögen und die emotionale Reagibilität waren nicht gestört. Die Gestik war stets rege und uneingeschränkt. Einen deutlichen Gegensatz stellte Dr. S. auch in Bezug auf die geklagten Schmerzen und die angegebene gestörte Beweglichkeit fest. Er beobachtete eine damit nicht vereinbare ausgesprochen flinke und gute Beweglichkeit bei der körperlichen Untersuchung. Auch die Stimmungslage der Klägerin passte nicht zu den Schmerzangaben. Darüber hinaus ist der Leidensdruck der Klägerin gemessen an den therapeutischen Bemühungen als nicht schwerwiegend zu bewerten. Zwar steht sie seit Oktober 2011 in schmerztherapeutischer Behandlung. Außerdem wird sie von ihrem Nervenarzt H. H. medikamentös behandelt. Eine engmaschige Gesprächstherapie oder ambulante Verhaltenstherapie findet dagegen nicht statt. Ihren Nervenarzt hat sie im Jahr 2011 insgesamt nur sechs Mal aufgesucht. Vor diesem Hintergrund ist die Einschätzung des Nervenarztes H. H., dass auch leichte Tätigkeiten im Umfang von nur vier bis fünf Stunden täglich möglich seien, nicht nachvollziehbar. Die von ihm angegebenen Diagnosen (Dysthymia und Angststörung), die seit 2009 nahezu unverändert bestehen sollen, konnten von Dr. S. nicht bestätigt werden. Auch die von H. H. angeführten Aufmerksamkeits- und Konzentrationsstörungen infolge des gestörten Nachtschlafes zeigten sich bei der Begutachtung nicht.

Schließlich stehen auch die Erkrankungen auf internistischem Fachgebiet (Diabetes mellitus, Bluthochdruck, Thalassämie) einer leichten Tätigkeit im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich nicht entgegen. Der Senat stützt seine Überzeugung auf die Aussage des Hausarztes der Klägerin Dr. K., der mitteilte, dass von internistischer Seite keine Befunde vorliegen, die einer leichten Tätigkeit entgegenstünden. Bewusstseinsstörungen oder andere schwerwiegende Symptome von Unter- oder Überzuckerungszuständen als Folge eines schlecht eingestellten Diabetes mellitus werden nicht mitgeteilt. Aktenkundig sind nur die Angaben der Klägerin gegenüber Dr. H., wonach sie zweimal Anfälle von Schweißausbrüchen, Zittern und Heißhunger infolge von Unterzuckerungen erlitten habe. Dies allein rechtfertigt nicht die Annahme einer quantitativen Leistungseinschränkung. Bestätigt wird diese Leistungseinschätzung durch den Gutachter Dr. H ... Er hat ausdrücklich festgehalten, dass jede einzelne der vorhandenen Gesundheitsstörungen für sich genommen eine quantitative Einschränkung im Leistungsvermögen nicht nach sich ziehe. Die unzureichend kompensierte diabetische Stoffwechsellage bedinge zwar eine allgemeine Minderbelastbarkeit, sei jedoch durch eine verbesserte Behandlung beseitigbar. Er begründete die Annahme eines nur unter sechsstündigen Leistungsvermögen allein mit dem Zusammenwirken der Stoffwechselerkrankung mit ?bereits schwergradiger Neuropathie? und den Erkrankungen auf ?orthopädisch/rheumatologischem? Fachgebiet. Es sind jedoch weder eine Erkrankung des rheumatologischen Formenkreises noch eine relevante Nervenschädigung nachgewiesen (vgl oben). Soweit er in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 20.03.2011 die Leistungsminderung auf eine integrierende Sichtweise der Stoffwechsel- und Schmerzerkrankung stützt, versäumt es der Gutachter, die von der Klägerin angegebenen Schmerzzustände und Konzentrationsstörungen kritisch zu hinterfragen. Seine Untersuchungsbefunde enthalten keinerlei Angaben zum Konzentrationsvermögen. Demgegenüber stellte der nervenfachärztliche Gutachter Dr. S. eine Störungen in diesem Bereich gerade nicht fest. Er beobachtete vielmehr ein aggravatorisches Verhalten, das die anamnestischen Angaben der Klägerin relativiert (vgl oben). Der Leistungseinschätzung von Dr. H. kann daher nicht gefolgt werden.

Der im April 2012 diagnostizierte benigne paroxysmale Lagerungsschwindel führt schließlich ebenfalls nicht zur Annahme einer zeitlichen Einschränkung der Leistungsfähigkeit der Klägerin. Bei Entlassung waren die Beschwerden schon wieder rückläufig. Zudem hätte eine solche Erkrankung lediglich qualitative Leistungseinschränkungen für Arbeiten auf Leitern und Gerüsten zur Folge.

Die bei der Klägerin bestehenden qualitativen Leistungseinschränkungen, die sämtlich nicht ungewöhnlich sind, lassen keine ernstlichen Zweifel daran aufkommen, dass sie noch wettbewerbsfähig in einem Betrieb einsetzbar ist. Aus ihnen ergeben sich damit weder schwere spezifische Leistungsbehinderungen noch stellen die qualitativen Leistungseinschränkungen eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen (vgl BSG 11.03.1999, B 13 RJ 71/97 R, juris) dar. Die Wegefähigkeit ist ebenfalls nicht eingeschränkt (zu den Voraussetzungen: BSG 17.12.1991, 13/5 RJ 73/90, SozR 3-2200 § 1247 Nr 10; 19.11.1997, 5 RJ 16/97, SozR 3-2600 § 44 Nr 10; 30.01.2002, B 5 RJ 36/01 R, juris). Die Klägerin ist noch in der Lage, eine Gehstrecke von 500 m innerhalb von 20 Minuten zurückzulegen und auch öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeiten zu nutzen. Sowohl Dr. H. und Dr. S. als auch Dr. L. kommen zu diesem Ergebnis. Vor dem Hintergrund der dokumentierten Diagnosen und Funktionsstörungen ist dies für den Senat schlüssig und nachvollziehbar.

Die Klägerin ist damit nach Überzeugung des Senats in der Lage, ohne unmittelbare Gefährdung der Gesundheit und unter Beachtung der dargestellten qualitativen Leistungseinschränkungen, jedenfalls leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden an fünf Tagen pro Woche zu verrichten. Sie hat damit keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung.

Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§ 240 SGB VI). Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben nach § 240 Abs 1 SGB VI bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Erreichung der Regelaltersgrenze auch Versicherte, die vor dem 02.01.1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind nach § 240 Abs 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach dem die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihm unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs unter besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen. Deshalb besteht ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nicht bereits dann, wenn der bisherige Beruf (Hauptberuf) nicht mehr ausgeübt werden kann, sondern erst, wenn der Versicherte nicht auf eine zumutbare andere Tätigkeit verwiesen werden kann. Das Gesetz verlangt dazu, einen zumutbaren beruflichen Abstieg in Kauf zu nehmen. Um bestimmen zu können, auf welche Berufe der Versicherte verweisbar ist, hat die Rechtsprechung des BSG ein sogenanntes Mehrstufenschema entwickelt, das die Angestellten- und Arbeiterberufe in mehrere, durch unterschiedliche "Leitberufe" charakterisierte Gruppen untergliedert (vgl BSG, Beschluss vom 27.08.2009, B 13 R 85/09 B, juris). Nach diesem Schema ist die Klägerin als Ungelernte einzustufen. Sie hat keinen Beruf erlernt und war als Arbeiterin in der Textilindustrie beschäftigt. Für eine Tätigkeit mit Vorgesetztenfunktion liegen keine Anhaltspunkte vor. Damit ist sie auf sämtliche auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vorkommende Tätigkeiten verweisbar. Derartige leichte Tätigkeiten kann die Klägerin - wie oben dargelegt - arbeitstäglich noch sechs Stunden und mehr verrichten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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