L 4 R 5379/11

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 15 R 1539/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 5379/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 27. Oktober 2011 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits beider Rechtszüge mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird endgültig auf Euro 114.234,88 festgesetzt.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen eine Forderung von insgesamt Euro 114.234,88 (Gesamtsozialversicherungsbeiträge zuzüglich Säumniszuschläge).

Die am 1965 geborene Klägerin ist mit dem am 1962 geborenen M. C. (im Folgenden M.C.) verheiratet. Am 27. April 2009 meldeten die Klägerin und der am 1963 geborene D. M. (im Folgenden D.M.) beim Gewerbeamt der Stadt S. die S.P.Z. Glas- und Gebäudereinigung Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (im Folgenden S.P.Z.) mit dem Gegenstand Glas- und Gebäudereinigung-Handwerk zum 01. Mai 2003 als Gewerbe an. Unterschrieben waren die Anmeldungen jeweils von D.M ... In der Anmeldung war als Sitz der Betriebsstätte die Wohnanschrift der Klägerin und als vertretungsberechtigte Person/Betriebsleiter D.M. angegeben. Zum 31. Mai 2004 meldete D.M. ausweislich der Gewerbe-Abmeldung vom 14. Juni 2004 sein Gewerbe ab. Als Grund gab er seinen Austritt aus der Gesellschaft bürgerlichen Rechts an. Mit Gewerbe-Abmeldung vom 26. Januar 2007 meldete auch die Klägerin zum 31. Januar 2007 das Gewerbe wegen Betriebsaufgabe ab. Unterschrieben war die Gewerbe-Abmeldung von M.C ... Gleichzeitig meldete M.C., der vom 01. Februar 2002 bis 04. Januar 2006 bei der Firma Fitnesspark P. als Hausmeister/Haustechniker beschäftigt war, unter dem 26. Januar 2007 ab 01. Februar 2007 ein Gewerbe mit den Gegenstand Glas- und Gebäudereinigung sowie Hausmeisterdienste ebenfalls mit dem Sitz unter der Wohnanschrift der Klägerin und des M.C. bei dem Gewerbeamt der Stadt S. an. Seit 01. November 2005 hatte M.C. als Mieter in der E. Straße X in S. eine Lagerhalle mit Büro angemietet. Von der Agentur für Arbeit wurde an die Klägerin die Betriebsnummer 63920431 vergeben. Unter dieser Betriebsnummer waren im Jahr 2004 zwölf geringfügig Beschäftigte und neun Vollzeitkräfte und im Jahr 2005 15 geringfügig Beschäftigte und vier Vollzeitkräfte gemeldet, darunter befand sich bis 13. April 2005 auch M.C ... 2006 waren nach dem Lohnjournal 25 geringfügig Beschäftigte und drei Vollzeit-Beschäftigte tätig. Abrechnungen der Brutto-Nettobezüge für die Monate März und April 2006 für einen Mitarbeiter weisen als Arbeitgeber die Klägerin aus. Ein maschinengeschriebenes Kündigungsschreiben vom 15. April 2006 trägt als Absender und Unterschrift den Namen der Klägerin bzw. S.P.Z. und den Namen der Klägerin. Überwiegend handelte es sich bei den Arbeitnehmern um türkische, kurdische und iranische Arbeitnehmer. Auf die Klägerin persönlich war nach Auskunft des Kraftfahrt-Bundesamts vom 04. September 2006 ein Fahrzeug und unter ihrem Namen auf die S.P.Z drei Fahrzeuge angemeldet. Nach der Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft Mannheim vom 14. Juli 2007 (307 Js 26756/06; hierzu im Folgenden) richtete die Klägerin das Firmenkonto ein und stellte zwei Arbeitnehmer ein. Die S.P.Z. reinigte im Auftrag der Firma Fitnesspark Verwaltungs GmbH S. (im Folgenden F-GmbH) Fitness-Studios. Außerdem führte die S.P.Z. seit 01. Juni 2004 Reinigungsaufträge im Alten Schlachthof W., in der I. GmbH S., in der American Fitness GmbH H., im Bowling-Center S., in der P. GmbH S., in der Zahnärztlichen Praxis U. in M. und bei P. & M. in M. aus. Für eine ordnungsgemäße Reinigung der einzelnen Fitnessstudios waren nach Auskunft von Frau H., Facilitymanager bei der F-GmbH, mindestens drei Arbeitnehmer mit jeweils fünf Stunden Arbeitszeit anzusetzen, wobei die Studios auch an den Wochenenden gereinigt wurden. Beim Finanzamt S. wurden für S.P.Z. nach der telefonischen Auskunft eines Sachbearbeiters des Finanzamts S. Umsätze im Jahr 2004 in Höhe von Euro 161.535,00, im Jahr 2005 in Höhe von Euro 386.133,00 und von Januar bis November 2006 in Höhe von Euro 449.815,00 gemeldet. Im Jahr 2006 meldete die S.P.Z. an die Einzugsstellen eine Lohnsumme von insgesamt Euro 10.467,20. Nach dem seit 01. April 2004 allgemeinverbindlichen Lohntarifvertrag des Gebäudereinigerhandwerks Baden-Württemberg hatten Arbeitnehmer des Gebäudereinigerhandwerks vom 01. April bis 31. Dezember 2004 Anspruch auf Entlohnung in Höhe von Euro 7,68 pro Stunde und seit 01. Januar 2005 in Höhe von Euro 7,87 pro Stunde.

Am 08. September 2005 durchsuchte das Polizeirevier Mannheim-Oststadt das Fahrlachcenter in Mannheim und kontrollierte hierbei drei Personen, die jeweils angaben, für die Reinigungsfirma S. zu arbeiten. Zur Abklärung eines dabei entstandenen Verdachts auf Schwarzarbeit leitete die Polizei den Vorgang an das Hauptzollamt Karlsruhe, Nebenstelle Mannheim (im Folgenden FKS) weiter.

Im Rahmen einer von der FKS am 23. November 2006 in S. in der Wohnung der Klägerin durchgeführten Hausdurchsuchung, bei der mit Ausnahme eines Kalenders des Jahres 2006 keine Geschäftsunterlagen gefunden wurden, gab sich M.C. den Beamten gegenüber als verantwortlich Handelnder aus. Bei der gleichzeitig durchgeführten Durchsuchung der F-GmbH wurden Ordner mit Reinigungsprotokollen sowie Rechnungen der Jahre 2003 bis 2006 sichergestellt. S. P., der Geschäftsführer der einzelnen Fitness-Studios der F-GmbH ist, gab an, dass zwischen der F-GmbH und der Firma S. höchstwahrscheinlich kein schriftlicher Vertrag abgeschlossen worden sei. Er habe mit M.C. einen Pauschalbetrag zur Reinigung der Studios vereinbart. Im Juni 2003 habe S.P.Z. angefangen, das Studio in Neuostheim, im April 2004 in Viernheim, im Juni 2004 in Fahrlach, im September 2004 in Neustadt und im Januar 2006 drei Studios in Heidelberg sowie in Ketsch, Wiesloch, Leimen und S. zu reinigen. In S. und Viernheim habe S.P.Z. bis zum 30. April 2006 und in Wiesloch und Leimen bis zum 31. August 2006 gereinigt. Bei der Steuerberaterin der S.P.Z. Marina Weber wurden Ordner mit Lohnunterlagen, die die Aufschrift mit dem Namen der Klägerin, die Nachnamen der Klägerin und des D.M. mit dem Zusatz GbR sowie allein den Nachnamen der Klägerin tragen, beschlagnahmt. Ein im Rahmen der Durchsuchungen beschlagnahmtes Schreiben trägt den Briefkopf S. und als Absender den Namen M.C. und die Wohnanschrift der Klägerin und des M.C ... Die maschinengeschriebene Unterschrift lautet auf den Namen der Klägerin. Inhalt des Briefes ist die Beseitigung festgestellter Mängel im Objekt Heidelberg 1 der F GmbH in S. (Schreiben vom 10. Januar 2006). Beschlagnahmte Protokolle zur Mängelanzeige vom 20. und 28. April 2006, 15. und 31. Mai 2006 und 06. Juni 2006 sind adressiert an die Firma S.P.Z., zu Händen der Geschäftsleitung. Auf Seiten der S.P.Z. waren entweder eine Frau Sa. und/oder eine Frau Y. und/oder M.C. beteiligt. Ein Schreiben ohne Datum, das bei der F-GmbH in S. am 11. September 2006 einging und in dem eine Rechnungskürzung beanstandet wurde, unterschrieb M.C. ?im Auftrag?. Weitere Schreiben/Angebote tragen jeweils die maschinenschriftliche Unterschrift der Klägerin und die handschriftliche Unterschrift des M.C ... Im Briefkopf ist entweder M.C. oder S.P.Z. genannt. Weitere Schreiben an S.P.Z. vom 13. April und 18. August 2006 sind jeweils an ?Herrn C.? gerichtet. Eine des Weiteren beschlagnahmte ?Bescheinigung des Arbeitsentgelts durch den Arbeitgeber? vom 14. April 2005 trägt die handschriftliche Unterschrift des M.C ...

Im Ermittlungsverfahren erstellte die Beklagte eine Aufstellung über den sozialversicherungsrechtlichen Beitragsschaden. Grundlagen für die Berechnung waren die von der FKS ermittelten Arbeitsstunden multipliziert mit dem jeweiligen, sich aus den für allgemeinverbindlich erklärten Lohntarifverträgen für das Gebäudereinigerhandwerk ergebenden Mindestlohn, abzüglich der von der FKS zusammengestellten, sich aus den Lohnjournalen ergebenden, bereits ?gemeldeten? Lohnsummen. Danach ergab sich ein nachberechneter Gesamtsozialversicherungsbeitrag für die Zeit von Juni 2004 bis Oktober 2006 in Höhe von Euro 80.329,54.

Das gegen die Klägerin wegen des Vorenthaltens von Beiträgen zur Sozialversicherung eingeleitete strafrechtliche Verfahren unter dem Aktenzeichen 307 Js 26756/06 stellte die Staatsanwaltschaft Mannheim mit Beschluss vom 14. Juli 2007 gemäß § 170 Abs. 2 Strafprozessordnung (StPO) ein, weil derzeit nicht mit einer für eine Verurteilung ausreichenden Sicherheit nachgewiesen werden könne, dass die Klägerin als Mittäterin oder Gehilfin des Vergehens der Vorenthaltung von Beiträgen zur Sozialversicherung strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden kann. Sie habe S. zwar zum Gewerberegister angemeldet, sei zuletzt nach dem Ausscheiden des Mitgesellschafters D.M. auch alleinige Gesellschafterin gewesen und habe das Firmenkonto eingerichtet und zwei Arbeitnehmer eingestellt. Den Geschäftsbetrieb habe jedoch allein M.C. geführt.

M.C. wurde mit Urteil des Amtsgerichts S. vom 24. September 2008, rechtskräftig seit 02. Oktober 2008, wegen des Vorenthaltens von Arbeitsentgelt in 29 Fällen schuldig gesprochen. Gegen ihn wurde eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt wurde, verhängt (Amtsgericht S. - 2 Ls 307 Js 26756/06 Ak 18/07). Das Amtsgericht ging in seinem Urteil davon aus, dass M.C. tatsächlicher Inhaber der formal auf die Klägerin angemeldeten Reinigungsfirma S. Glas- und Gebäudereinigung GdbR gewesen sei.

Auch das weitere Ermittlungsverfahren gegen die Klägerin, das unter dem Aktenzeichen 610 Js 4913/11 geführt wurde und in dem der Klägerin zur Last gelegt wurde, auf den Lohn des Beschäftigten H. S. E. Z. (im Folgenden Z.) ihres Einzelgewerbes für die Monate März und April 2006 keine Sozialversicherungsbeiträge gegenüber der zuständigen Einzugsstelle gemeldet und abgeführt zu haben, wurde gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt, da die Klägerin lediglich formal Inhaberin des Gewerbes gewesen sei, tatsächlich jedoch M.C. das Unternehmen geführt habe. Die Klägerin sei nicht Arbeitgeberin im Sinne des Sonderdelikts des § 266a Strafgesetzbuch (StGB) gewesen. Bezüglich des M.C. wurde insoweit gemäß § 154 Abs. 1 StPO von der Verfolgung abgesehen.

Mit Bescheid vom 10. Juli 2009 hob das Finanzamt S. den Lohnsteuerhaftungsbescheid gegen die Klägerin auf, da sie nicht als tatsächliche Inhaberin von S.P.Z. anzusehen sei.

Nach entsprechender Anhörung der Klägerin mit Schriftsatz vom 07. Juli 2009 setzte die Beklagte mit Bescheid vom 10. September 2009 gegenüber der Klägerin eine Nachforderung bestehend aus Gesamtsozialversicherungsbeiträgen (Euro 78.588,38) sowie Säumniszuschlägen (Euro 35.646,50) in Höhe von insgesamt Euro 114.234,88 für den Zeitraum vom 01. Juni 2004 bis 31. Oktober 2006 fest. Nach der vorliegenden Auskunft aus der Gewerbedatei der Stadt S. sei die Klägerin in der Zeit vom 01. Juni 2004 bis 31. Dezember 2006 alleinige Inhaberin der Firma S.P.Z. gewesen. Unabhängig davon, dass sie M.C. mit der Wahrnehmung von Aufgaben betraut habe, habe nach § 278 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) der Schuldner ein Verschulden der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeiten bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die nicht bzw. verkürzt gemeldeten Arbeitnehmer, die namentlich nicht bekannt seien und bezüglich derer die Klägerin ihrer Vorlagepflicht nicht nachgekommen sei, unterlägen in der für die Klägerin ausgeübten Beschäftigung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), § 20 Abs. 1 Nr. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI), § 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) und § 25 Abs. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und der Rentenversicherung sowie der Beitragspflicht nach dem Recht der Arbeitsförderung. Sozialversicherungsbeiträge seien entsprechend den tariflich geschuldeten Arbeitsentgelten zu zahlen gewesen. Für die nicht bzw. verkürzt gemeldeten Arbeitnehmer seien deshalb Sozialversicherungsbeiträge nachberechnet worden. Da eine personenbezogene Zuordnung nicht möglich gewesen sei, seien die Sozialversicherungsbeiträge in Form eines Summenbeitragsbescheids im Sinne des § 28f Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) festgesetzt worden. Die Beitragsansprüche seien gemäß § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV auch noch nicht als verjährt zu betrachten, da es sich eindeutig um vorsätzlich vorenthaltene Beiträge handele. Dem Bescheid war eine Anlage über die festgestellten beitragspflichtigen Gesamtlohnsummen, die Berechnung der Beiträge sowie die genaue Zusammensetzung der Forderungen und der Säumniszuschläge beigefügt.

Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch. Sie trug vor, zum 01. Januar 2007 sei eine Betriebsübernahme im Ganzen durch M.C. erfolgt. Nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Handelsgesetzbuch (HGB) hafte derjenige, der ein unter Lebenden erworbenes Handelsgeschäft unter der bisherigen Firmenbezeichnung mit oder ohne Beifügung eines das Nachfolgeverhältnis andeutenden Zusatzes fortführe, für alle im Geschäftsbetrieb begründeten Verbindlichkeiten des früheren Inhabers. Ein Haftungsausschluss gemäß § 25 Abs. 2 HGB sei nicht erfolgt. Streitig sei, ob die Haftung des Betriebsübernehmers nach § 25 HGB auch rückständige Sozialversicherungsbeiträge erfasse. Insoweit bestehe keine endgültige Rechtssicherheit (Verweis auf Urteil Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 13. August 2008 - L 4 R 366/07 - in juris). Abgesehen davon sei ein sukzessiver Geschäftsübergang schon Ende Mai 2004 erfolgt. Diese Auffassung vertrete auch das Amtsgericht S., das M.C. ab diesem Zeitpunkt als tatsächlichen Inhaber von S.P.Z. rechtskräftig verurteilt habe. Aus diesem Grund sei sie, die Klägerin, schon zum 01. Juni 2004 nicht als Firmeninhaberin anzusehen. Man könne auch nicht davon ausgehen, dass sie M.C. mit der Wahrnehmung von Aufgaben betraut habe. Sie habe M.C. nicht mit der Wahrnehmung von Aufgaben betrauen können, da sie mit dem Geschäftsablauf in keinster Weise zu tun gehabt habe. Die rein formale Stellung als Firmeninhaberin gemäß der Auskunft der Gewerbedatei der Stadt S. könne auch hier nicht zu dem Ergebnis führen, dass sie für die Beitragsrückstände hafte, da schon diese rein formale Stellung nicht den wahren Begebenheiten entsprochen habe. Außerdem gebe es auch noch die Möglichkeit, die Leistung freiwillig im Wege des Schuldnerwechsels zu übernehmen. Dem würde M.C. zustimmen. Voraussetzung hierfür wäre, dass auch die Beklagte zustimme.

Mit Widerspruchsbescheid vom 25. März 2010 wies die bei der Beklagten gebildete Widerspruchsstelle den Widerspruch zurück. Das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz stelle klar, dass § 25 HGB keine Ermächtigungsgrundlage zur Festsetzung einer Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen darstelle. Folglich hafte ein neuer Firmeninhaber nicht für Beitragsnachforderungen zur gesetzlichen Sozialversicherung, die sich gegen den Rechtsvorgänger richteten. Die Tatsache, dass das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz wegen grundsätzlicher Bedeutung die Revision zugelassen habe, könne zu keiner Änderung der vertretenen Rechtsauffassung führen. Die Verurteilung von M.C. durch das Amtsgericht S. entbinde die Klägerin nicht von ihren Verpflichtungen als formelle Firmeninhaberin. Während sich das Urteil des Amtsgerichts S. gegen M.C. als strafrechtlich tatsächlich Handelnden richte, hafte sie, die Klägerin, als Inhaberin nach § 278 BGB auch für das Verschulden von Personen, deren sie sich zur Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten bedient habe. Ob bzw. inwieweit sie mit dem Geschäftsablauf tatsächlich betraut gewesen sei, sei dabei irrelevant. Die zivilrechtliche Möglichkeit eines Schuldnerwechsels sei für das Widerspruchsverfahren nicht von Bedeutung.

Am 27. April 2010 erhob die Klägerin zum Sozialgericht Mannheim (SG) Klage. Sie trug unter Verweis auf ihr bisheriges Vorbringen vertiefend vor, dass das Finanzamt S. und die Staatsanwaltschaft Mannheim sowie das Amtsgericht S. zu der Auffassung gelangt seien, dass nicht sie, sondern M.C., der auch im Firmennamen seinen Namen aufführe, zu jedem Zeitpunkt der Existenz von S. der tatsächliche Inhaber und Betreiber gewesen sei. Sie sei nicht Arbeitgeber im Sinne der von der Beklagten zitierten Rechtsprechung (hierzu im Folgenden) gewesen. Eine persönliche Abhängigkeit der Arbeitnehmer von S. gegenüber ihr sei gerade nicht vorhanden gewesen. Es sei M.C. gewesen, der hier als Arbeitgeber fungiert habe. Ihm gegenüber habe seitens der jeweiligen Arbeitnehmer eine persönliche Abhängigkeit bestanden. Die Argumentation der Beklagten, dass sie sich M.C. als Vertreter bzw. Erfüllungsgehilfen bedient habe, gehe völlig fehl. Erforderlich sei hierfür, dass dies - was hier nicht der Fall sei - in irgendeiner Weise gewollt gewesen sei. Sie habe sich um überhaupt nichts gekümmert. Von einem Wissen und Wollen oder gar von einer Vertretung bzw. einem Erfüllungsgehilfen könne man deshalb nicht sprechen. Ignoriert werde insoweit das eindeutige Ermittlungsergebnis der Staatsanwaltschaft Mannheim, die zwei Ermittlungsverfahren gegen sie eingestellt habe. Nicht nachvollziehbar sei, weshalb die Beklagte den Sachverhalt rechtlich anders beurteile.

Die Beklagte trat der Klage unter Verweis auf ihre ausführlichen Erörterungen im Bescheid vom 10. September 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. März 2010 entgegen. Nach § 28e Abs. 4 SGB IV i.V.m. § 28e Abs. 1 SGB IV hafte der Arbeitgeber für die Zahlung der Gesamtsozialversicherungsbeiträge. Arbeitgeber sei derjenige, zu dem der Versicherte als Arbeitnehmer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit stehe. Wer über die Arbeitskraft verfügen könne, wem die Einstellung, Verwendung und Entlassung des Arbeitnehmers zustehe, wer zu Arbeitsanweisungen berechtigt sei, zu wessen Lasten der Lohn gezahlt werde und wem der Erfolg der Arbeitsleistung (also der wirtschaftliche Wert) zu Gute komme, der sei im Allgemeinen als Arbeitgeber anzusehen (Verweis auf Urteil des Landessozialgericht Hessen vom 16. Oktober 1960 - 6 KR 2/60 - in Die Beiträge 1961, S. 28). Auch das Bundessozialgericht (BSG) habe in diesem Sinne entschieden, wobei es insbesondere hervorgehoben habe, dass derjenige Arbeitgeber sei, zu dem der versicherungspflichtige Arbeitnehmer im Verhältnis persönlicher Abhängigkeit stehe (vgl. BSG, Urteil vom 16. März 1972 - 3 RK 73/68 - in juris). M.C. habe sämtliche, auch die strafbaren Handlungen in seiner Eigenschaft als Vertreter der Klägerin vorgenommen. Auch sein Auftreten gegenüber den Arbeitnehmern sei somit seiner Funktion als Erfüllungsgehilfe zuzurechnen. Gemäß § 278 BGB habe ein Schuldner ein Verschulden der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeiten bediene, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Offizielle Inhaberin von S.P.Z. sei nachweislich bis 31. Januar 2007 die Klägerin gewesen. Inwieweit sie nach außen als Arbeitgeberin oder Firmeninhaberin aufgetreten sei, sei nicht relevant.

Das SG zog von der Staatsanwaltschaft Mannheim die Ermittlungsakten 307 Js 26756/06 bei und nahm hieraus gefertigte Kopien zu der Akte.

Mit Urteil vom 27. Oktober 2011 hob das SG den Bescheid der Beklagten vom 10. September 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. März 2009 auf. Die Beklagte fordere von der Klägerin zu Unrecht Gesamtsozialversicherungsbeiträge inklusive Säumniszuschläge für den Zeitraum vom 01. Juni 2004 bis 31. Oktober 2006 in Höhe von Euro 114.234,88. Die Klägerin sei bezüglich der Arbeitnehmer, für die die Beklagte Beiträge nachfordere, nicht Arbeitgeberin und damit nicht zahlungspflichtig. Soweit sie selbst zwei Arbeitnehmer eingestellt habe, ergebe sich bereits aus dem Einstellungsbeschluss der Staatsanwaltschaft Mannheim vom 14. Juli 2007, dass bezüglich dieser beiden Arbeitnehmer Beiträge zur Sozialversicherung ordnungsgemäß abgeführt worden seien. Die Nachforderung der Beklagten betreffe daher diese beiden Arbeitnehmer nicht. Für die Beantwortung der Frage, ob die Arbeitgebereigenschaft vorliege, sei darauf abzustellen, für wen das Weisungsrecht wirksam begründet worden sei (Verweis auf Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 14. Januar 2011 - L 1 KR 620/07 - in Juris). Aufgrund der gesamten Ermittlungsergebnisse der Staatsanwaltschaft Mannheim sei nicht feststellbar, dass die Klägerin mit den Personen, für die die Beklagte Gesamtsozialversicherungsbeiträge nachfordere, selbst Arbeitsverträge zur Begründung eines eigenen Weisungsrechts abgeschlossen habe. Es ergebe sich hieraus vielmehr, dass M.C. sämtliche vertraglichen Beziehungen mit den Arbeitnehmern von S.P.Z. begründet habe. Aus den Ausführungen des Amtsgerichts S. im Urteil vom 24. September 2008 sei darüber hinaus zu entnehmen, dass diese Feststellungen bereits für den Zeitraum seit 01. Juni 2004 Gültigkeit hätten. Das Amtsgericht S. habe diesbezüglich ausgeführt, M.C. habe spätestens Ende Mai 2004 beschlossen, in S. als tatsächlicher Inhaber der formal auf die Klägerin angemeldeten S. nicht angemeldete Arbeitnehmer als Arbeitskräfte einzusetzen und für diese den für den Einzug der Gesamtsozialversicherungsbeiträge zuständigen Einzugsstelle keinerlei Beiträge abzuführen und weitere Arbeitnehmer, die nur als geringfügig Beschäftigte oder mit einer Teilzeitbeschäftigung angemeldet gewesen seien, über die Geringfügigkeitsgrenze bzw. über die Teilzeitbeschäftigung hinaus zu beschäftigen, die wahren Bruttolohnzahlungen jedoch nicht der Einzugsstelle mitzuteilen. Entgegen der Auffassung der Beklagten sei die Klägerin nicht deshalb als Arbeitgeberin anzusehen, weil sie als solche in das Gewerberegister der Stadt S. eingetragen gewesen sei. Der Eintrag in das Gewerberegister begründe nicht die Inhaberschaft an einem Betrieb (vgl. dazu LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14. Januar 2011 a.a.O.). Aus den Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft Mannheim ergebe sich auch, dass die Klägerin nach außen hin nicht in Erscheinung getreten sei. Demgemäß sei der Eintrag in das Gewerberegister falsch gewesen und tatsächlicher Gewerbebetreiber und Inhaber des Betriebs im streitigen Zeitraum M.C. gewesen. Soweit die Klägerin sich durch das Zurverfügungstellen ihres Namens im Gewerberegister als Betriebsinhaberin geriert habe, reiche dies nicht aus, um ihre Haftung wie ein Arbeitgeber nach § 28e Abs.1 Satz 1 SGB IV zu begründen (Verweis auf LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14. Januar 2011, a.a.O.). Das Gewerberegister sei kein Rechtsscheinträger, der geeignet wäre, Ansprüche der Beklagten gegenüber der Klägerin zu begründen. Darüber hinaus sei davon auszugehen, dass die Arbeitnehmer, für die die Beklagte Gesamtsozialversicherungsbeiträge nachfordere, vor ihrer Arbeitsaufnahme keinerlei Erkundigungen darüber eingeholt hätten, wer als Inhaber im Gewerberegister tatsächlich eingetragen gewesen sei. Auch die Tatsache, dass eine Vielzahl von Schriftstücken unter dem Namen der Klägerin in den Rechtsverkehr gelangt seien, rechtfertige es nicht, die Klägerin als Arbeitgeberin anzusehen. Zwar habe M.C. den Namen der Klägerin benutzt, um im Geschäftsverkehr Stellungnahmen abzugeben. Nach dem Ermittlungsergebnis der Staatsanwaltschaft Mannheim seien die Schreiben jedoch von M.C. unterzeichnet gewesen. Diese Ergebnisse seien für die Kammer anhand eines Abgleichs der Unterschriften nachvollziehbar. Der Abgleich der Unterschriften ergebe, dass M.C. sämtliche Schreiben unterzeichnet habe. Eine Zurechnung der Erklärungen, die M.C. im Namen der Klägerin abgegeben habe, komme nicht in Betracht, da sich aus den durchgeführten Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Mannheim nicht ergebe, dass die Klägerin überhaupt Kenntnis von den entsprechenden Erklärungen gehabt habe. Da M.C. tatsächlicher Arbeitgeber und Betriebsinhaber gewesen sei, komme eine Zurechnung seines Verschuldens über § 278 BGB von vornherein nicht in Betracht. Die Frage, ob M.C. als Betriebsübernehmer nach § 25 HGB für rückständige Gesamtsozialversicherungsbeiträge hafte, sei nicht relevant, wenn davon auszugehen sei, dass M.C. bereits seit 01. Juni 2004 Arbeitgeber gewesen sei.

Gegen dieses ihr am 07. November 2011 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 06. Dezember 2011 Berufung eingelegt. Die Feststellung des SG, dass die Klägerin im streitigen Zeitraum nicht Arbeitgeberin im Sinne des § 28e Abs. 1 Satz 1 SGB IV gewesen sei, sei unzutreffend. Unter Wiederholung ihres bisherigen Vorbringens hat sie ergänzend ausgeführt, der Begriff des Arbeitgebers sei im Gesetz nicht definiert und folge als Gegenstück zum Begriff des Beschäftigten aus § 7 Abs. 1 SGB IV. Arbeitgeber sei danach diejenige natürliche oder juristische Person des privaten oder öffentlichen Rechts, zu der der Arbeitnehmer in einem Verhältnis der persönlichen Abhängigkeit stehe. Einschätzungen zur Frage der Arbeitgebereigenschaft in anderen Rechtsgebieten, insbesondere im strafrechtlichen Bereich, könnten in diesem Zusammenhang Anhaltspunkte bieten, seien allerdings im Ergebnis nicht verbindlich und nicht geeignet, eine eigenständige sozialversicherungsrechtliche Beurteilung zu ersetzen. Im Gegensatz zum Strafrecht setze das Sozialrecht keine subjektive Tatbestandsmäßigkeit voraus. Das Sozialrecht orientiere sich am typisierten Schutzbedürfnis der Betroffenen. Die Klägerin sei vom 01. Juni 2004 bis 31. Januar 2007 alleinige Inhaberin von S.P.Z. gewesen. Insoweit sei sie auch Inhaberin der Rechtsmacht gewesen, die allein durch den fehlenden Gebrauch nicht verlorengehe. Im Konfliktfall hätte von der Klägerin als Firmeninhaberin von den niedergelegten bzw. faktisch nicht genutzten Befugnissen jederzeit wieder Gebrauch gemacht werden können, so etwa auch von ihrem Weisungs- und Kündigungsrecht. Es sei daher konsequent und im Hinblick auf größtmögliche Rechtssicherheit geboten, eine von Anfang an latent vorhandene Rechtsmacht auch dann ausschlaggebend sein zu lassen, wenn von ihr konkret (noch) kein Gebrauch gemacht worden sei (Verweis auf Landessozialgericht Hessen vom 27. Oktober 2011 - L 8 KR 338/09 - in juris). Die Klägerin sei auch sehr wohl nach außen in Erscheinung getreten. Sie habe unter ihrem Namen u.a. das Geschäftskonto eröffnet. Hierfür habe sie sich ausweisen müssen. Zahlreiche Auftragsangebote seien von ihr unterzeichnet worden und in den Rechtsverkehr gelangt. Insofern sei davon auszugehen, dass sie auch Rechnungsempfängerin gewesen sei. Ausweislich des Einstellungsbeschlusses der Staatsanwaltschaft habe sie zumindest zwei Arbeitnehmer eingestellt. Da S. unter ihrer Inhaberschaft faktisch existiert habe, sei sie Gläubigerin des Anspruchs auf Arbeitsleistung und zugleich Schuldnerin des Arbeitsentgelts gewesen. Insgesamt sei sie damit Arbeitgeberin im Sinne der Sozialversicherung und nicht lediglich ?Strohfrau? von M.C. gewesen. Dass aufgrund seiner Stellung in der Familie möglicherweise M.C. die Organisation der Firma S. maßgeblich bestimmt habe, könne kein rechtlich entscheidendes Kriterium sein, um die Arbeitgebereigenschaft für die Klägerin auszuschließen. Vorliegend sei auch die Betriebsnummer an die Klägerin vergeben worden. Diese sei ein Identifikationsmerkmal für Name, Anschrift und die von der Arbeitsagentur bestimmte Wirtschaftsklasse eines Betriebs. Soweit keine objektiven Zweifel an der wirtschaftlichen Existenz bestünden, müsse der prüfende Rentenversicherungsträger von der Arbeitgebereigenschaft im Sinne des § 28e Abs.1 Satz 1 SGB IV ausgehen. Daher sei der Bescheid an die Klägerin als Arbeitgeberin gesandt worden. Objektive Zweifel an der wirtschaftlichen Existenz von S. unter der Inhaberschaft der Klägerin hätten nicht vorgelegen. Sie habe zumindest einen nach außen wirkenden Rechtsschein gesetzt, dem sie sich nicht nachträglich mit dem Argument entziehen könne, den alltäglichen Geschäftsbetrieb habe M.C. besorgt. Auch wenn sie keine Detailkenntnisse über einzelne Geschäftsvorgänge gehabt habe, habe sie unstreitig gewusst, dass sie Firmeninhaberin sei.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 27. Oktober 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Eintragung auf ihren Namen im Gewerberegister sei nur deshalb erfolgt, weil M.C. bei Gründung von S. noch als eine Art Hausmeister bei der F-GmbH beschäftigt gewesen sei. Es sei von vornherein seitens des M.C. beabsichtigt gewesen, dass S. von der F-GmbH die Aufträge zur Reinigung von mehreren oder sogar allen Fitnessstudios erhalte. Eine entsprechende mündliche Zusage sei ihm von der Unternehmensleitung gemacht worden. Da er als Angestellter der F-GmbH nicht gleichzeitig als selbstständiger Unternehmer die Reinigung der Fitnessstudios habe durchführen können, habe die Klägerin als ?Strohfrau? für S.P.Z. herhalten müssen. Sie habe die Gewerbeanmeldung bei der Stadt S. auch nicht selbst vorgenommen. Sie sei ohne ihr Wissen erfolgt. Die Unterschrift unter der Gewerberegisteranmeldung vom 26. Januar 2007 stamme nicht von ihr, sondern von M.C ... M.C. habe als tatsächlicher Inhaber von S. ständig ihre Unterschrift verwendet. In einem vorangegangenen arbeitsgerichtlichen Verfahren eines früheren Mitarbeiters der Firma S. sei sowohl der Arbeitsvertrag als auch das Kündigungsschreiben jeweils vorgelegt - offensichtlich von M.C. unterschrieben worden. Davon dass die Unterschriften auf dem von der Staatsanwaltschaft im Einstellungsbeschluss erwähnten Anmeldeformular des Geschäftskontos und die beiden Arbeitsverträge für zwei Arbeitnehmer ebenfalls von M.C. unterschrieben worden seien, sei auszugehen. Auch für ihren Bevollmächtigten, der S. während ihrer Existenz vertreten habe, sei immer M.C. der Ansprechpartner gewesen. Sie, die Klägerin, sei selbst überhaupt nicht in der Lage gewesen, eine solche Firma persönlich zu führen. Keiner der von S.P.Z. in dem streitigen Zeitraum beschäftigten Arbeitnehmer sei im Übrigen in einem persönlichen Abhängigkeitsverhältnis zu ihr, der Klägerin, gestanden. Dies treffe allenfalls auf das Verhältnis der Arbeitnehmer zu M.C. zu, der rein faktisch der Arbeitgeber gewesen sei, die Arbeitnehmer beaufsichtigt habe und ihnen Anweisungen gegeben habe und der auch für die Lohnzahlung, die Einstellung und Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit den Arbeitnehmern verantwortlich gewesen sei. Es fänden sich in den Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft eine Vielzahl von Aussagen früherer Arbeitnehmer von S., die immer wieder darauf hinwiesen, dass sie die Klägerin überhaupt nicht kennen würden. Sie hätten immer nur mit M.C. zu tun gehabt und seien davon ausgegangen, dass dieser auch der Inhaber von S. sei. Der Gesetzgeber habe die seit langer Zeit bekannte und häufig vorkommende Fallkonstellation der Strohfrau/des Strohmannes bis heute trotz in vielen Fällen missbräuchlicher Handhabung nicht im Sinne der Beklagten eindeutig so geregelt, dass die im Gewerberegister eingetragene Person Arbeitgeber im Sinne des § 28e Abs.1 Satz 1 SGB IV sei. Da dies nicht geschehen sei, sei sie, die Klägerin, aufgrund des vorstehenden Sachverhalts im streitigen Zeitraum eben nicht Arbeitgeberin in diesem Sinne. Sie, die Klägerin, habe auch weder Kundenangebote unterbreitet, noch habe sie selbst Rechnungen ausgestellt oder empfangen. Diese Tätigkeit habe allein M.C. ausgeübt, wobei als Firmensitz in der Gewerbeanmeldung zwar ihre private Anschrift angegeben worden sei, M.C. habe jedoch unmittelbar nach der Gewerbeanmeldung für S. eine Lagerhalle auf dem Anwesen E. Straße X in S. angemietet. Diese Lagerhalle habe M.C. nicht nur als solche, sondern auch als Büro und als Adresse von S. gedient.

Die Beigeladene (Beiladungsbeschluss des Senats vom 24. Oktober 2012) äußerte sich nicht.

Der Senat hat die genannten Akten der Strafverfahren gegen die Klägerin und M.C. beigezogen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten, die Akten der Staatsanwaltschaft und die Gerichtsakte in beiden Instanzenzügen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die nach den §§ 143, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig und auch begründet. Der angefochtene Bescheid vom 10. September 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. März 2010 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Zu Recht hat die Beklagte Beiträge zu Gesamtsozialversicherung und Säumniszuschläge für bei der Klägerin in der Zeit vom 01. Juni 2004 bis 31. Oktober 2006 als Reinigungskräfte beschäftigte Arbeitnehmer festgesetzt. Die Klägerin war in diesem Zeitraum Arbeitgeberin der Arbeitnehmer, weshalb die Beklagte zu Recht von ihr die Gesamtsozialversicherungsbeiträge fordert. Die Beklagte hat auch in nicht zu beanstandender Weise einen Summenbeitragsbescheid erlassen und von der Klägerin Säumniszuschläge gefordert.

1. Die Beklagte ist nach § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV für die Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen zuständig. Danach erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen von Prüfungen bei den Arbeitgebern nach Abs. 1 Satz 1 der Vorschrift Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern.

2. Für die Zahlung von Beiträgen von Versicherungspflichtigen aus Arbeitsentgelt zur gesetzlichen Krankenversicherung, gesetzlichen Rentenversicherung, Arbeitslosenversicherung und sozialen Pflegeversicherung gelten nach § 253 SGB V, § 174 Abs. 1 SGB VI sowie § 60 Abs. 1 Satz 2 SGB XI die Vorschriften über den Gesamtsozialversicherungsbeitrag (§§ 28d bis 28n und 28r SGB IV). Diese Vorschriften gelten nach § 1 Abs. 1 Satz 2 SGB IV, § 348 Abs. 1 Satz 1 SGB III auch für die Arbeitslosenversicherung bzw. Arbeitsförderung. Als Gesamtsozialversicherungsbeitrag werden nach § 28d Satz 1 SGB IV die Beiträge in der Kranken- oder Rentenversicherung für einen kraft Gesetzes versicherten Beschäftigten oder Hausgewerbetreibenden sowie der Beitrag des Arbeitnehmers und der Anteil des Beitrags des Arbeitgebers zur Bundesagentur für Arbeit, der sich nach der Grundlage für die Bemessung des Beitrags des Arbeitnehmers richtet, gezahlt. Dies gilt auch für den Beitrag zur Pflegeversicherung für einen in der Krankenversicherung kraft Gesetzes versicherten Beschäftigten (§ 28d Satz 2 SGB IV).

Versicherungspflichtig sind in der Krankenversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, in der Rentenversicherung nach § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI, in der Arbeitslosenversicherung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III und in der Pflegeversicherung nach § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB XI gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Personen. Beschäftigung ist nach § 7 Abs. 1 SGB IV die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.

3. Zahlungspflichtig für den Sozialversicherungsbeitrag ist nach § 28e Abs. 1 Satz 1 SGB IV der Arbeitgeber. Dies ist hier entgegen den Ausführungen des SG die Klägerin.

Das Gesetz definiert den Begriff des Arbeitgebers nicht. Er ergibt sich im Umkehrschluss aus dem Begriff der Beschäftigung, an den die Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung - neben weiteren Tatbeständen - anknüpft. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG, der der Senat folgt, setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer in einem Verhältnis ?persönlicher Abhängigkeit? zum Arbeitgeber steht. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur ?funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess? verfeinert sein. Damit ist Arbeitgeber insbesondere derjenige, der Weisungen an unselbstständig Beschäftigte erteilt und in dessen Arbeitsorganisation und Verantwortungsbereich die Arbeitnehmer tätig werden. Es kommt - wie im Arbeitsrecht - darauf an, ob ein Arbeitsvertrag geschlossen wurde, der eine Weisungsbefugnis begründet (vgl. BSG, Urteil vom 20. Dezember 1962 - 3 RK 31/58 - in Juris). Nicht entscheidend darauf abzustellen ist demzufolge, wer tatsächlich und direkt den Arbeitnehmern Weisungen erteilt, sondern für wen das Weisungsrecht wirksam begründet worden ist (so auch Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14. Januar 2011 - L 1 KR 620/07 - a.a.O.).

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die Beklagte zutreffend von einer unselbstständigen Beschäftigung der als Reinigungskräfte tätigen Personen ausgegangen, dies wird auch von der Klägerin nicht bestritten. Die Reinigungskräfte wurden auf Weisung tätig. Das Weisungsrecht betraf Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsausführung. So lag es hier. M.C. bestimmte über die Art des Arbeitseinsatzes der Arbeitnehmer. Er wies sie an, in welchem Objekt sie was, wie und wie lange zu reinigen hatten. Den Reinigungskräften wurden auch die Betriebsmittel in Form von Putzgeräten zur Verfügung gestellt.

Trotz der Tätigkeit des M.C., der den Arbeitnehmern Weisungen erteilte, ist jedoch nicht dieser, sondern die Klägerin als Arbeitgeberin anzusehen.

Nach der Gewerbeanmeldung vom 27. April 2009 war die Klägerin zunächst zusammen mit D.M. Inhaberin von S ... Nachdem D.M. sein Gewerbe zum 31. Mai 2004 abgemeldet hatte, war die Klägerin alleinige Inhaberin von S.P.Z ... Die Klägerin trat auch im Geschäftsverkehr als Inhaberin von S.P.Z. auf. Dies ergibt sich aus dem von der Klägerin im Berufungsverfahren selbst vorgelegten Anstellungsvertrag mit einem Mitarbeiter vom 20. September 2006, der mit der Klägerin, dort als ?Firma? bezeichnet, geschlossen wurde. Auch die maschinenschriftliche Unterschrift unter dem Vertrag lautet auf den Namen der Klägerin mit dem Zusatz ?Arbeitgeber?. Ohne Belang ist in diesem Zusammenhang, dass dieser Arbeitsvertrag handschriftlich von M.C. unterschrieben wurde, denn dies ändert nichts daran, dass die Klägerin als Arbeitgeberin und Firma bezeichnet wird. Ebenso verhält es sich auch mit dem an Z. unter dem 15. April 2006 gerichteten Kündigungsschreiben. Dieses Kündigungsschreiben trägt als Absender den Namen S.P.Z. und den Namen der Klägerin und im Übrigen lediglich die maschinenschriftliche Unterschrift der Klägerin. Der Klägerin war von der Agentur für Arbeit auch die Betriebsnummer 63920431 vergeben worden. Dementsprechend waren die Abrechnungen der Brutto-Nettobezüge für März und April 2006 für Z. unter dem Namen der Klägerin und deren Wohnanschrift gefertigt. Unter dem Namen der Klägerin waren auf die S.P.Z. auch drei Fahrzeuge angemeldet. Im Zusammenhang mit der Ausführung der Reinigungstätigkeit trat die Klägerin ebenfalls namentlich nach außen auf. Das Schreiben vom 10. Januar 2006, in dem es um die Beseitigung festgestellter Mängel im Objekt Heidelberg 1 der F-GmbH in S. geht, trägt ihre, der Klägerin, maschinengeschriebene Unterschrift. Auch Angebote tragen die maschinenschriftliche Unterschrift der Klägerin und es gab, dies bestreitet auch die Klägerin nicht, auf den Namen der Klägerin auch ein Firmenkonto.

Abgesehen davon, dass die Klägerin aufgrund ihrer Stellung als Inhaberin von S.P.Z. die tatsächliche Rechtsmacht hatte, Entscheidungen zu treffen und gegebenenfalls zu verlangen, dass M.C. sich nach ihren Weisungen richtet - wobei es unerheblich ist, ob sie davon Gebrauch machte oder nicht -, gilt insoweit der Rechtsgrundsatz einer Rechtsscheinhaftung (vgl. BSG, Urteil vom 12. November 1986 - 9 B RU 8/84 - in Juris). In diesem Zusammenhang hat das BSG entschieden, dass für einen Mitgesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, der unmittelbar nach Abschluss des Gesellschaftsvertrags wieder aus der Gesellschaft ausgeschieden war, der Rechtsgrundsatz einer Rechtsscheinhaftung gelte und als haftungsbegründender Tatbestand auch im Sozialrecht anwendbar sei. Der zum Beitragseinzug berufene Sozialversicherungsträger dürfe sich auf den nach außen bekundeten Willen eines Unternehmers verlassen und müsse sich darauf einrichten, Versicherungsleistungen zu erbringen. Die hier zu beurteilende Konstellation unterscheidet sich von diesem vom BSG entschiedenen Fall dadurch, dass die Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum nicht nur Mitgesellschafterin, sondern alleinige Unternehmensinhaberin war. Rechtliche Hindernisse, um auf die S.P.Z. einzuwirken, gab es nicht. Dass die Klägerin nach ihrem Vortrag mit dem Geschäftsablauf in keinster Weise zu tun hatte, steht der Tatsache, dass sie, wenn sie gewollt hätte, tatsächlich auf die S.P.Z. hätte einwirken können, nicht entgegen. Die Klägerin hätte auch auf die Arbeitnehmer Einfluss nehmen können und ihnen etwa mit Blick darauf, welches Objekt sie zu reinigen haben, Weisungen erteilen können. Dies hätte keine besonderen Geschäftskenntnisse vorausgesetzt. Damit gilt der Rechtsgrund einer Rechtsscheinhaftung hier erst recht.

Die Klägerin hat diesen Rechtsschein auch bewusst gesetzt. Auch wenn sie sich grundsätzlich nicht um S. gekümmert haben und in das Handeln und Wirken von M.C. sowie D.M., der ihr Gewerbe angemeldet hat, nicht involviert gewesen sein sollte, kann ihr nicht entgangen sein, dass es die S. gab, nachdem sich zumindest in der Zeit vom 01. Juni 2004 bis zur Anmietung der Lagerhalle mit Büro ab 01. November 2005 die Geschäftsräume - wie auch aus der Gewerbeanmeldung hervorgeht - in den Wohnräumen bzw. im gleichen Haus wie die Wohnräume der Klägerin befanden. An diese Anschrift war auch die Post gerichtet. Zumindest für die Eröffnung des Firmenkontos bedurfte M.C., wenn er derjenige gewesen sein sollte, der das Konto eröffnete, wie gerichtsbekannt ist auch der Vollmacht der Klägerin. Das Handeln des M.C. in ihrem Namen war der Klägerin damit bekannt. Zu keiner Zeit hat sie etwas dagegen unternommen, um diesen Rechtsschein zu erschüttern. Erst durch die Abmeldung des Gewerbes zum 31. Januar 2007 wegen Betriebsaufgabe hat sie nach außen dokumentiert, dass sie nicht mehr Arbeitgeberin ist. Dass die Klägerin nach außen als Inhaberin der S. auftreten sollte, wird auch durch dem Vortrag im Berufungsverfahren zum Grund der gewählten Konstruktion bekräftigt und zeigt zugleich, dass dies beabsichtigt war. Denn Grund für die Anmeldung des Gewerbes unter dem Namen der Klägerin war, dass M.C. zum Zeitpunkt der Gründung der S.P.Z. noch als Hausmeister bei der F GmbH beschäftigt war und er die Aufträge der F-GmbH zur Reinigung der Fitnessstudios nicht daneben als selbstständiger Unternehmer durchführen wollte oder konnte.

Da eine gewerbliche Tätigkeit der Klägerin nach außen dokumentiert wurde, unterscheidet sich auch der vorliegende Sachverhalt von dem Sachverhalt, der dem Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 14. Januar 2011 (a.a.O.) zugrundelag. Die dortige Klägerin hatte allein ihren Namen für die Anmeldung des Gewerbes zur Verfügung gestellt, ist aber nicht weiter nach außen aufgetreten und hat sogar ausdrücklich durch eine Abrede ausgeschlossen, dass Arbeitnehmer eingestellt werden.

Etwas anderes gilt nicht deshalb, weil der Anstellungsvertrag, der die maschinenschriftliche Unterschrift der Klägerin trägt, einen Arbeitnehmer betrifft, für den Beiträge zur Sozialversicherung ordnungsgemäß abgeführt worden sind. Mit Blick auf die zu beurteilende Frage der Arbeitgebereigenschaft ist nicht darauf abzustellen, ob in diesem speziellen Fall die Abwicklung des Vertrags nicht zu beanstanden ist. Der Vertrag ist ein Indiz für die Arbeitgebereigenschaft der Klägerin, ob sie wegen dieses Beschäftigungsverhältnisses ein Vorwurf trifft, ist irrelevant.

Der Beklagten ist auch darin zuzustimmen, dass die strafrechtliche Beurteilung des Sachverhalts nach § 170 Abs. 2 StPO und auch die Aufhebung des steuerrechtlichen Haftungsbescheids keinerlei rechtliches oder tatsächliches Indiz für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung der Arbeitgebereigenschaft der Klägerin darstellt. Der Senat hat sich vielmehr anhand des vorhandenen Beweismaterials einen eigenen Eindruck von der Tätigkeit der Klägerin zu verschaffen (vgl. dazu auch Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 117 Rdnr. 5 ff.). Im Übrigen gilt im Rahmen des Sozialversicherungsrechts im Gegensatz zur strafrechtlichen Verantwortung nicht die subjektive Tatbestandsmäßigkeit, es ist vielmehr auch auf die Rechtsscheinhaftung bzw. für die Haftung auf § 278 BGB abzustellen.

4. Auch die Höhe der Beitragsforderung ist nicht zu beanstanden.

Die Beklagte durfte den Gesamtsozialversicherungsbeitrag nach § 28f Abs. 2 SGB IV in einem Summenbescheid geltend machen. Nach dieser Regelung kann der prüfende Träger der Rentenversicherung den Beitrag in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung und zur Arbeitsförderung von der Summe der vom Arbeitgeber gezahlten Arbeitsentgelte geltend machen, wenn ein Arbeitgeber die Aufzeichnungspflicht nicht ordnungsgemäß erfüllt hat und dadurch die Versicherungs- oder Beitragspflicht oder die Beitragshöhe nicht festgestellt werden können. Dies gilt nicht, soweit ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand festgestellt werden kann, dass Beiträge nicht zu zahlen waren oder Arbeitsentgelt einem bestimmten Beschäftigten zugeordnet werden kann.

Letzteres war hier nicht der Fall. Die Klägerin oder M.C., für den die Klägerin insoweit nach § 278 BGB haftet, so dass dies nicht weiter aufgeklärt werden muss, hat gegen die aus § 28a Abs. 1, § 28e Abs. 1 SGB IV folgenden Pflichten zur Meldung und Beitragszahlung verstoßen. Sie hat im Jahr 2004 nur 12 geringfügig Beschäftigte und neun Vollzeitkräfte, im Jahr 2005 15 geringfügig Beschäftigte und vier Vollzeitkräfte und im Jahr 2005 25 geringfügig Beschäftigte und drei Vollzeitbeschäftigte gemeldet. Diese Anzahl von Arbeitnehmern war nicht in der Lage, die von der Klägerin übernommenen Reinigungsarbeiten zu verrichten, tatsächlich bedurfte es hierfür unter Zugrundelegung der von der Facicilitymanagerin H. angegebenen notwendigen Stundenzahl einer höheren Anzahl von Arbeitnehmern. Auch hat die Klägerin nicht den Lohn bezahlt, der nach dem seit 01. April 2004 für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrag des Gebäudereinigerhandwerks zu zahlen ist. Wegen der unterbliebenen Meldungen konnte das Arbeitsentgelt nicht einem bestimmten Beschäftigten zugerechnet werden und auch die Höhe der gemeldeten Arbeitsentgelte entsprach nicht den zu zahlenden Entgelten. Der Beklagten waren weitere Ermittlungen unter Beachtung des Gebots der Verhältnismäßigkeit des Verwaltungshandelns nicht möglich. Weder die Klägerin noch M.C. haben im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren und auch nicht im strafrechtlichen Verfahren Angaben gemacht, die für die individuelle Beitragsfeststellung erforderlich wären. Auch über die Steuerberaterin konnten die an die Arbeitnehmer ausbezahlten Löhne nicht vollständig ermittelt werden. Dies war schon dem FKS nicht gelungen.

Gegen die Höhe der Beitragsforderung und die diesbezügliche Berechnung wendet sich die Klägerin nicht. Etwaige Anhaltspunkte für Fehler bei der Berechnung der Beiträge sind nicht ersichtlich. Auf die dem Bescheid vom 10. September 2009 beigefügte Anlage wird verwiesen.

Die Beklagte war auch zur Schätzung berechtigt. Gemäß § 28f Abs. 2 Satz 3 und 4 SGB IV hat der prüfende Träger der Rentenversicherung die Höhe der Arbeitsentgelte zu schätzen, wenn er diese nicht oder nicht ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand ermitteln kann. Dabei ist der Berechnung der Beklagten entsprechend ein allgemeinverbindlicher Tarifvertrag bezüglich der Höhe des Arbeitsentgeltes zu berücksichtigen. Die konkrete Ermittlung der Arbeitsentgelte war der Beklagten nicht mehr möglich.

5. Die Forderung ist auch nicht verjährt. Nach § 25 Abs.1 SGB IV verjähren Ansprüche auf Beiträge in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Ansprüche auf vorsätzlich vorenthaltene Beiträge verjähren in 30 Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind (§ 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Die Beiträge wurden hier - wie sich aus dem vorangegangenen ergibt - vorsätzlich vorenthalten, nachdem keine vollständige Meldung erfolgte und auch nicht der tarifliche Lohn bezahlt wurde. Eine Verjährung war deshalb mit Blick auf die seit 01. Juni 2004 geltend gemachten Beiträge bei Erlass des Bescheids der Beklagten am 10. September 2009 nicht eingetreten.

6. Schließlich hat die Beklagte auch zu Recht Säumniszuschläge nach § 24 SGB IV erhoben. Die Festsetzung von Säumniszuschlägen auch für die Vergangenheit beruht auf § 24 Abs. 1 SGB IV. Danach ist für Beiträge und Beitragsvorschüsse, die der Zahlungspflichtige nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt hat, für jeden angefangenen Monat ein Säumniszuschlag von 1 v.H. des rückständigen, auf Euro 50,00 nach unten abgerundeten Betrags zu zahlen. Wird eine Beitragsforderung durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit festgestellt, ist nach § 24 Abs. 2 SGB IV ein darauf entfallender Säumniszuschlag nicht zu erheben, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft macht, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte. Das Verschulden beurteilt sich entsprechend § 276 BGB und umfasst damit neben Vorsatz auch die Fahrlässigkeit. Gemäß § 278 BGB hat der Schuldner ein Verschulden der Person, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeiten bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Es kann damit auch hier dahingestellt bleiben, ob M.C. oder die Klägerin selbst die verspätete Beitragszahlung verschuldet hat, denn die Klägerin haftet auch für ein Verschulden des M.C ... Die Klägerin beruft sich insoweit auf keinen Irrtum. Es wurden bewusst nicht die vollständigen Beiträge bezahlt. Die Höhe der Säumniszuschläge hat die Beklagte auch zutreffend berechnet. Der Senat verweist insoweit auf die dem Bescheid vom 10. September 2009 beigefügte Anlage. Einwände sind von der Klägerin insoweit nicht erhoben worden.

7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. §§ 154 Abs.2, 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Da Klägerin und Beklagte nicht zu den in § 183 SGG genannten Personen gehören, finden nach § 197a SGG die VwGO und das Gerichtskostengesetz (GKG) Anwendung. Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten, nachdem sie keinen Antrag gestellt hat.

8. Zur Zulassung der Revision bestand kein Anlass.

9. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 63 Abs.2 und 3, 52 Abs.1 und 3, 47 Abs.1 GKG. Nachdem über den feststehenden Betrag von Euro 114.234,88 zu befinden war, ist dieser Betrag maßgeblich.
Rechtskraft
Aus
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