Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 12 AS 5919/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AS 5511/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 03. November 2011 wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen einen Bescheid über die Aufhebung von Bewilligungen und die Erstattung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) von Dezember 2006 bis November 2007.
Der am 15.06.1955 geborene Kläger beantragte am 05.01.2006 nach seinem Umzug in den Bezirk des Beklagten von diesem Leistungen nach dem SGB II. Er legte Kontoauszüge und Unterlagen vor. Aus diesen ergab sich, dass er zu Lasten der Sozialversicherungsanstalt des Kantons Baselland (SUVA) vom 03.10. bis 31.12.2005 eine Umschulung absolviert und hierzu für diese Zeit von der Eidgenössischen Invalidenversicherung G. ein ?Taggeld? in Höhe von CHF 141,60 (ca. Euro 81,00) am Tag erhalten hatte, das ihm jeweils zu Beginn des Folgemonats überwiesen worden war (Euro 2.429,05 im November, Euro 2.512,63 im Dezember 2005). Aus den Kontoauszügen ergab sich ferner ein Lottogewinn von Euro 11,27 (Eingang am 16.12.2005). Der Beklagte bewilligte ab dem 01.02.2006 Leistungen nach dem SGB II.
Ab dem 08.07.2006 war der Kläger bei einem Reinigungs- und Sicherheitsunternehmen abhängig beschäftigt, sein Gehalt lag durchgängig über der Geringfügigkeitsgrenze. Dieses Einkommen berücksichtigte der Beklagte und gewährte dem Kläger nur aufstockende Leistungen. So bewilligte er mit Bescheid und Änderungsbescheid vom 14.07.2006 unter anderem für Dezember 2006 und Januar 2007 jeweils Euro 138,72. Nach Vorlage der Lohnabrechnungen bewilligte er mit weiterem Änderungsbescheid vom 24.01.2007 für Dezember 2006 Euro 249,47 und für Januar 2007 Euro 262,55. Auf den Folgeantrag des Klägers hin bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 24.01.2007 für Februar bis Juli 2007 monatlich jeweils Euro 233,94, wobei ein durchschnittliches Einkommen angerechnet wurde. Für diese Monate ergingen keine Änderungsbescheide, lediglich wurde mit Bescheid vom 16.08.2007 die Bewilligung für Juli insgesamt aufgehoben. Ab dem 15.07.2007 war der Kläger arbeitslos. Er bezog zunächst Krankengeld von seiner Krankenkasse, der DAK. Außerdem bewilligte ihm die Bundesagentur für Arbeit ab dem 05.08.2007 (nach Wiedergenesung) Arbeitslosengeld. Daneben war der Kläger als Zeitungszusteller erwerbstätig, wobei die Einkünfte hieraus die Geringfügigkeitsgrenze nicht überstiegen. Der Beklagte berücksichtigte nunmehr diese Einkünfte. Für die Zeit ab August 2007 ergingen der Bescheid vom 09.07.2007 sowie insgesamt vier Änderungsbescheide. Die jeweils letzten Bewilligungen umfassten Euro 62,94 für August, Euro 283,71 für September (beide Änderungsbescheid vom 08.10.2007), Euro 270,52 für Oktober (Änderungsbescheid vom 23.10.2007) und Euro 275,02 für November 2007 (Änderungsbescheid vom 23.11.2007).
Mit Bescheid vom 10.01.2007 hatte die schweizerische IV-Stelle für Versicherte im Ausland den Antrag des Klägers auf eine Invalidenversorgung aus der Schweiz abgelehnt, weil der Invaliditätsgrad (der nach der fiktiven Einkommenseinbuße berechnet wurde) nur 19 % betrage. Dieser Bescheid wurde unmittelbar auch der Agentur für Arbeit F. (die arbeitsförderungsrechtlich für den Kläger zuständig war) übersandt.
Durch den automatisierten Datenabgleich für das zweite Quartal 2007 am 03.12.2007 erfuhr der Beklagte über das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt), dass der Kläger bei der Volksbank F. im Jahre 2006 Kapitalerträge von Euro 103,00 erzielt hatte. Hierzu schriftlich angehört gab der Kläger am 13.12.2007 telefonisch an, er habe einen Lottogewinn erzielt und angelegt, er werde Unterlagen einreichen. Aus den dann vorgelegten Unterlagen ergaben sich Wertpapieranlagen bei der Union-Investment von Euro 3.845,33 und bei der Volksbank F. von Euro 4.361,15 sowie ein Guthaben auf einem Sparkonto der Volksbank F. am 07.10.2006 von Euro 16.000,00. Aus den Auszügen des Girokontos bei der Volksbank ergab sich, dass der Kläger am 02.10.2006 von der nunmehr so bezeichneten Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (im Folgenden: SUVA) Luzern Euro 18.885,64 und sowie am 08.11.2006 einen Lottogewinn von Euro 4.436,80 erhalten hatte. Zu der Zahlung aus der Schweiz teilte der Kläger handschriftlich mit, es handle sich um eine Entschädigung für einen Unfall im Jahre 1995, der zu einer ?Behinderung von 33 %? geführt habe. Ferner legte der Kläger die Abrechnung der SUVA vom 13.09.2006 über die genannte Zahlung von CHF 29.160,00 vor. Daraus ergab sich, dass es sich bei der Zahlung um eine ?Integritätsentschädigung? nach Art. 24, 25 des Schweizerischen Bundesgesetzes über die Unfallversicherung (im Folgenden: schwUVG) handelte und der Invaliditätsgrad des Klägers mit 40 % angenommen worden war. Die SUVA teilte dem Beklagten per e-mail am 11.02.2008 mit, die Integritätsentschädigung sei vergleichbar einer Schmerzensgeldzahlung und könne zugesprochen werden, wenn jemand nach einem Unfall oder einer Berufskrankheit einen dauernden und erheblichen Schaden an seinem Körper erlitten habe. Auf das Anhörungsschreiben vom 01.02.2008 teilte der Kläger am 10.03.2008 noch mit, er habe nur die genannten CHF 29.982 erhalten, Taggeld habe er vom 13.09.2004 bis 31.01.2005 und vom 01.10.2005 bis 31.12.2005 erhalten. Ferner gab er an, er habe bereits am 10.03.1999 eine - nunmehr angerechnete - Entschädigung nach einem Invaliditätsgrad von 10 % erhalten. Bei Vorlage eines Bestätigungsschreibens der SUVA vom 12.03.2008 teilte der Kläger am 17.03.2008 ferner mit, er habe 1995 in der Schweiz auf dem Weg zur Arbeit einen Autounfall erlitten und sich dabei die Zunge abgebissen. Hierbei gab er auch an, dass er die Integritätsentschädigung und den Lottogewinn - mit Ausnahme der Anlagen bei der Union-Invest und der Volksbank - ausgegeben habe.
Bei einer Vorsprache am 31.03.2008 gab der Kläger - unterschriftlich bestätigt - an, er habe den Erhalt der Integritätsentschädigung im Jahre 2006 an der Infotheke des Beklagten mitgeteilt und sich aus dem Leistungsbezug abmelden wollen; ihm sei damals gesagt worden, man könne sich nicht so einfach abmelden; daraufhin habe er nichts Weiteres unternommen, sondern den fälligen Fortzahlungsantrag gestellt. Den Lottogewinn habe er nicht angegeben.
Mit Bescheid vom 02.04.2008 hob der Beklagte die Bewilligung von Leistungen für die Zeit vom 01.11.2006 bis zum 30.11.2007 ?in folgender Höhe ganz? auf und forderte den Kläger zur Erstattung von Euro 3.071,76 auf. Darin waren Beiträge zur Krankenversicherung in Höhe von Euro 201,89 und zur Pflegeversicherung von Euro 25,82 enthalten. Nach Monaten aufgeschlüsselt waren die Erstattungsbeträge nicht. Zur Begründung führte der Beklagte aus, die Integritätsentschädigung der SUVA und der Lottogewinn seien als einmalige Einnahmen für jeweils zwölf Monate anrechenbar gewesen. Die Entschädigung werde ab November 2006, der Lottogewinn ab Dezember 2006 angerechnet. Die Aufhebung sei möglich, weil der Kläger zumindest grob fahrlässig seiner Verpflichtung nicht nachgekommen sei, alle für den Leistungsbezug relevanten Tatsachen mitzuteilen. Als Rechtsgrundlage für die Aufhebung wurde § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) genannt. Auch die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung habe der Kläger zu ersetzen.
Der Kläger erhob am 05.05.2008 Widerspruch. Während des Widerspruchsverfahrens teilte der Beklagte dem Bevollmächtigten des Klägers unter dem 10.06.2008 mit, nach erneuter Prüfung sei die Integritätsentschädigung nicht als anrechenbares Einkommen einzustufen, wohl aber der Lottogewinn. Der Kläger erwiderte hierzu unter dem 23.06.2008, hinsichtlich der Anrechenbarkeit des nicht weiter zu bereinigenden Lottogewinns bestehe Konsens, jedoch nicht hinsichtlich der Rechtsfolgen. Gemäß § 40 Abs. 2 SGB II sei von den um die Heizkosten bereinigten Kosten der Unterkunft und Heizung ein Anteil von 56 % nicht zurückzufordern. Insgesamt lägen die Voraussetzungen für eine Aufhebung der Bewilligung aber nicht vor. Er - der Kläger - habe noch im November an der Infotheke des Beklagten vorgesprochen und mitgeteilt, er wolle sich wegen seines Lottogewinns abmelden. Er habe in Begleitung zweier Bekannter vorgesprochen. Mit weiterem Schreiben vom 24.09.2008 gab der Kläger die Namen der beiden Bekannten an und teilte zugleich mit, einer von ihnen sei am 06.11.2006 verstorben. Ferner trug er vor, er habe bei der Vorsprache Lottogewinn und Integritätsentschädigung mitgeteilt und den Bescheid der SUVA sowie die Gewinnmitteilung der Lotto-Gesellschaft vorgelegt. Er habe mit einer jüngeren Mitarbeiterin gesprochen, deren Namen er nicht angeben könne.
Während des Widerspruchsverfahrens stellte sich ferner - im Rahmen eines anderen Widerspruchsverfahrens - heraus, dass der Kläger im September 2007 einen geringeren Anspruch auf Arbeitslosengeld und damit einen höheren Anspruch auf aufstockendes Alg II gehabt hatte als der Bewilligung und auch dem Aufhebungs- und Erstattungsbescheid zu Grunde gelegen hatte.
Entsprechend erließ der Beklagte den Teil-Abhilfe-Bescheid vom 20.10.2008. Darin ist ausgeführt, die Integritätsentschädigung werde nicht als Einkommen angerechnet, wohl aber der Lottogewinn. Dieser werde - wie bisher - in den zwölf Monaten Dezember 2006 bis November 2007 berücksichtigt. Hierdurch komme es für November 2007 nicht mehr zu einer Aufhebung und Rückforderung. Ferner errechne sich im September 2007 nur eine Überzahlung von Euro 237,73. Für diesen Monat würden auf Grund des verbliebenen Anspruchs die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung nicht zurückgefordert. Auch listete der Beklagte im Einzelnen die ganz oder teilweise aufgehobenen Bescheide auf. Die Erstattungsforderung bezifferte er insgesamt mit Euro 2.699,27, darin eingeschlossen Beiträge von Euro 151,92 zur Kranken- und Euro 19,42 zur Pflegeversicherung. Statt einer Rechtsbehelfsbelehrung enthielt der Teil-Abhilfe-Bescheid den Hinweis, er werde Gegenstand des laufenden Widerspruchsverfahrens.
Ebenfalls am 20.10.2008 wies der Beklagte den (verbleibenden) Widerspruch zurück. Für die Zeit vom 01.12.2006 bis 31.01.2007 sei die Bewilligung nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X allein wegen des als Einkommen zu wertenden Lottogewinns aufzuheben gewesen. Für die Zeit danach seien - nach § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X - die Bewilligungen für Februar bis August 2007 und Oktober und November 2007 insgesamt und für September 2007 teilweise zurückzunehmen gewesen. Der Kläger habe den Lottogewinn pflichtwidrig nicht mitgeteilt. Seine Einlassungen überzeugten nicht. Soweit ein Leistungsbezieher vorspreche und aus dem Leistungsbezug ausscheiden wolle, werde ihm dies nicht verwehrt. Es sei auch nicht nachvollziehbar, dass der Kläger keine Leistungen mehr habe beziehen wollen, aber gleichwohl Fortzahlungsantrag gestellt habe. In dem Antragsformular habe er die zugeflossenen Einkünfte auch nicht angegeben. In dem Widerspruchsbescheid (S. 5 f.) listete der Beklagte auch die auf die einzelnen betroffenen Monate entfallenden Erstattungsbeträge, jeweils getrennt nach Leistungen für Unterkunft und Heizung, Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge, auf.
In dieser Sache hat der Kläger am 24.11.2008 Klage zum Sozialgericht F. (SG) erhoben (S 12 AS 5919/08).
Ebenfalls am 24.11.2008 legte der Kläger über seinen Bevollmächtigten außerdem Widerspruch gegen den Teil-Abhilfe-Bescheid vom 20.10.2008 ein. Er trug vor, jener Bescheid sei entgegen dem Hinweis darin nicht Gegenstand des (anderen) Widerspruchsverfahrens geworden. Diesen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26.01.2009 als unzulässig zurück. Die hiergegen erhobene Klage wies das Sozialgericht F. (SG) mit Gerichtsbescheid vom 14.09.2009 (S 19 AS 1033/09) wegen anderweitiger Rechtshängigkeit als unzulässig ab. Die hiergegen eingelegte Berufung (L 7 AS 4785/09) nahm der Kläger am 22.04.2010 zurück.
In dem Verfahren S 12 AS 5919/08 hat der Kläger vorgetragen, der angegriffene Aufhebungs- und Erstattungsbescheid habe hinsichtlich der von ihm erfassten drei Bewilligungsabschnitte nicht jeweils alle relevanten Bewilligungs-, Änderungs- und Aufhebungsbescheide genannt.
In der mündlichen Verhandlung hat das SG den Kläger persönlich angehört und Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung des Zeugen B. Wegen der Angaben des Klägers und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der öffentlichen Sitzung vom 03.11.2011 verwiesen.
Mit Urteil vom 03.11.2011 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt: Der angegriffene Bescheid sei formell rechtmäßig, insbesondere ausreichend bestimmt. Die Aufhebung habe vollständig einen klar umrissenen Zeitraum betroffen. Soweit für September 2007 nur teilweise aufgehoben worden sei, bestehe keine Unklarheit über Art und Höhe der Aufhebung. Dass der Bescheid vom 02.04.2008 nicht alle aufgehobenen Bescheide mit zutreffendem Datum benannt habe, sei unbeachtlich. Im Übrigen sei diese Unzulänglichkeit durch die zutreffenden Daten in dem Teil-Abhilfe-Bescheid vom 20.10.2008 korrigiert worden. Rechtsgrundlage für die Aufhebung der beiden Bescheide vom 14.07.2006 betreffend August 2006 bis Januar 2007 sei § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X (i.V.m. §§ 40 Abs. 1 Nr. 1 SGB II, 330 Abs. 3 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch [SGB III]). Der Einkommenszufluss in Form des Lottogewinns am 08.11.2006 sei eine wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse gewesen. Der Kläger habe entgegen seinen Obliegenheiten diese Veränderung grob fahrlässig nicht mitgeteilt. Seine Behauptung, er habe eine entsprechende Mitteilung an der Infotheke des Beklagten gemacht, sei nicht bewiesen. Ein Aktenvermerk über diese Vorsprache existiere nicht. Zwar sei das SG nach den insoweit übereinstimmenden Schilderungen des Klägers und des Zeugen B. davon überzeugt, dass eine solche Vorsprache stattgefunden habe. Der Inhalt des Gesprächs sei jedoch nicht mehr rekonstruierbar. Die Angabe des Klägers in der Verhandlung, er habe sowohl die Integritätsentschädigung als auch den Lottogewinn mitteilen wollen und die Gewinnmitteilung dabei gehabt, widerspreche den Angaben bei seiner Vorsprache am 31.03.2008, er habe den Lottogewinn damals nicht angegeben. Der Zeuge habe angegeben, niemals von einer weiteren Summe von etwa Euro 20.000,00 gehört zu haben, der Kläger habe sich vielmehr wegen des Lottogewinns abmelden wollen. Jedoch habe der Zeuge nach seinen Angaben das Gespräch des Klägers an der Infotheke zunächst nicht im Einzelnen verfolgt, sondern sei erst aufmerksam geworden, als die Gesprächssituation laut geworden und eskaliert sei und der Kläger dann das Gespräch abgebrochen habe, um nicht ?auszurasten?. Es sprächen auch zahlreiche objektive Umstände gegen den Vortrag des Klägers. Nach den glaubhaften Angaben des Beklagten zur den Aufgaben und zur Ausstattung der Infotheke (Entgegennahme von Erklärungen und Unterlagen, Eingangsstempel und Kopiergerät) sei es äußerst unwahrscheinlich, dass dort kein Aktenvermerk über die Vorsprache und keine Kopien der Gewinnmitteilung angefertigt worden seien, wenn die Angaben des Klägers zuträfen. Auch das Verhalten des Klägers sei insoweit widersprüchlich. Es sei nicht verständlich, dass er sich habe ?abmelden? wollen, dann aber bereits am 23.01.2007 und erneut am 25.06.2007 Folgeanträge gestellt habe, ohne auf den Lottogewinn hinzuweisen. Auch die telefonische Reaktion des Klägers am 13.12.2007 spreche genauso wie der Ablauf des Gesprächs am 31.03.2008 gegen die Darstellung des Klägers, er habe den Lottogewinn bereits 2006 mitgeteilt. All dies könne jedoch dahinstehen. Der Kläger habe auch dann grob fahrlässig gehandelt, wenn er bei der Vorsprache tatsächlich auf den Lottogewinn verwiesen habe. Nachdem das Gespräch eskaliert sei und er es selbst abgebrochen habe, sei ihm bewusst gewesen, dass seine Angaben dort offensichtlich nicht ordnungsgemäß verstanden und aufgenommen worden seien. Dies habe er nicht ignorieren dürfen, ohne einen weiteren Versuch zu unternehmen, den Gewinn - ggfs. schriftlich - mitzuteilen. Dagegen sei die Grundlage für die Aufhebung des Änderungsbescheids vom 24.01.2007 (August bis Januar 2007) und der Bewilligungsbescheide vom 24.01.2007 (Februar bis Juli 2007) und vom 09.07.2007 mitsamt den Änderungsbescheiden (August 2007 bis Januar 2008) § 45 Abs. 1, Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X. Jene Bewilligungen seien von Anfang an rechtswidrig gewesen, nachdem der Kläger zuvor anrechenbares bedarfsdeckendes Einkommen erzielt habe. Der Kläger habe den Lottogewinn obliegenheitswidrig nicht mitgeteilt, sodass die Bewilligungen auf falschen bzw. unvollständigen Angaben beruht hätten. Die Erstattungsforderung gründe sich auf § 50 Abs. 1 SGB X. Da die Aufhebung bzw. Rücknahme der Bewilligungsbescheide auf grober Fahrlässigkeit beruht habe, komme die Ausnahmeregelung in § 40 Abs. 2 SGB II a.F. (betreffend die nur anteilige Erstattung von Unterkunftsleistungen, heute § 40 Abs. 4 SGB II n.F.) nicht in Betracht. Für September 2007 gelte dies schon deswegen, weil die Bewilligung nur teilweise aufgehoben worden sei.
Gegen dieses Urteil, das seinem Prozessbevollmächtigten am 15.11.2011 zugestellt worden ist, hat der Kläger am 15.12.2011 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Er trägt vor, auch die Aufhebung für Dezember 2006 und Januar 2007 könne sich nicht auf § 48 SGB X stützen. Leistungen für diesen Zeitraum seien zunächst am 14.07.2006 und sodann mit Änderungsbescheid vom 24.01.2007 bewilligt worden, der den ursprünglichen Bewilligungs¬bescheid aufgehoben habe. Der Lottogewinn sei dem Kläger jedoch schon vor dem 24.01.2007 zugeflossen. Auch § 45 SGB X könne eine Rücknahme der Bewilligungen für den gesamten streitigen Zeitraum nicht rechtfertigen. Er - der Kläger - habe den Lottogewinn spätestens im November 2006 an der Infotheke mitgeteilt. Es sei übliche Praxis des Beklagten, dass Leistungsberechtigte keinen Termin bei ihrem Sachbearbeiter erhielten. An der Infotheke des Beklagten träfen sie im Regelfall auf gering qualifizierte Mitarbeiter, die kaum über die erforderlichen Kenntnisse verfügten, um Mitteilungen sachgerecht würdigen zu können. Wenn die Information über den Lottogewinn nicht zur Akte gelangt sei, habe sich dies der Beklagte selbst zuzuschreiben. Er habe dem Kläger keinen hinreichend qualifizierten Ansprechpartner zur Verfügung gestellt. Es sei bekannt, dass der Beklagte nur mit befristet Beschäftigten arbeite, die unzureichend auf ihre Arbeit vorbereitet seien. Er - der Kläger - habe sich entgegen der Ansicht des SG auch nicht widersprüchlich verhalten. Wenn er den Lottogewinn anfangs tatsächlich verschwiegen hätte, hätte er dies auch später tun können, denn durch die Integritätsentschädigung, die unstreitig kein anrechenbares Einkommen darstelle, habe eine plausible Erklärung für den Zinsertrag vorgelegen. Unabhängig hiervon sei daran festzuhalten, dass der angegriffene Aufhebungs- und Erstattungsbescheid auch in seiner abschließenden Fassung vom 20.10.2008 nicht hinreichend bestimmt im Sinne von § 33 SGB X gewesen sei. Ihm lasse sich nicht entnehmen, welcher Betrag für jeden der streitgegenständlichen Monate gefordert werde. Dies sei aber zu fordern, nachdem Leistungen nach dem SGB II dem Monatsprinzip unterlägen. Letztlich seien der Bescheid vom 02.04.2008 und erst recht jener vom 20.10.2008 außerhalb der Jahresfrist ergangen, nachdem der Beklagte im Oktober oder November 2006 von dem Lottogewinn erfahren habe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts F. vom 03. November 2011 und den Bescheid des Beklagten vom 02. April 2008 in Gestalt des Bescheids vom 20. Oktober 2008 und des Widerspruchsbescheids vom 20. Oktober 2008 aufzuheben, hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er behauptet, sein Personal an der Infotheke sei ausreichend qualifiziert. Es sei wahrscheinlich, dass der Kläger verschiedene Organisationseinheiten, die sich am Standort des Beklagten befänden, verwechselt habe.
Der Berichterstatter des Senats hat unter dem 15.05.2012 darauf hingewiesen, es sei denkbar, dass - ggfs. zusätzlich - die schweizerische Integritätsentschädigung des Klägers anrechenbar gewesen sei. Nach deutschem Recht vergleichbar sei die Verletztenrente nach §§ 56 ff. Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII). Das schwUVG differenziere zwischen Invalidenrente für die materiellen und Integritätsentschädigung für die immateriellen Folgen eines Arbeitsunfalls. Die deutsche Verletztenrente decke beide Bereiche ab, auch sie ersetze - zum Teil - die nach §§ 104 ff. SGB VII ausgeschlossenen Schmerzensgeldansprüche des Verletzten. Gleichwohl hätten Bundessozialgericht und Bundesverfassungsgericht (Beschl. v. 16.03.2011, 1 BvR 591/08 u. a.) entschieden, dass die Verletztenrente vollen Umfangs anrechenbares Einkommen nach dem SGB II darstelle. Es sei womöglich nicht vertretbar, Unfallverletzte mit Schweizer Ansprüchen besser zu stellen als solche mit deutschen Ansprüchen.
Der Kläger hat sich unter dem 12.09.2012, der Beklagte mit Schriftsatz vom 04.10.2012 mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Mit Schriftsatz vom 25.10.2012 hat der Beklagte im Hinblick auf die Regelung in § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II a.F. (entsprechend § 40 Abs. 2 Nr. 5 SGB II n.F.) i.V.m. § 335 Abs. 1 Satz 2 SGB III die angegriffenen Bescheide zurückgenommen, soweit er darin die Ersetzung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung von dem Kläger gefordert hatte. Der Grund hierfür war, dass der Kläger in dem streitigen Zeitraum auch als Beschäftigter und sodann als Bezieher von Arbeitslosengeld kranken- und pflegeversichert war. Der Beklagte hat insoweit ein Teil-Anerkenntnis abgegeben, dass der Kläger mit Schriftsatz vom 31.10.2012 angenommen hat.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet über die Berufung des Klägers im Einverständnis beider Beteiligter nach § 153 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung.
1. Die Berufung ist zulässig. Insbesondere war sie nicht nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG zulassungspflichtig, denn der Kläger ist aus dem angegriffenen Urteil um mehr als Euro 750,00 beschwert: Die Aufhebungs- und Erstattungsforderung aus den angegriffenen Bescheiden beträgt noch Euro 2.527,93, nachdem der Rechtsstreit hinsichtlich der ursprünglich ebenfalls geforderten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung durch angenommenes Teil-Anerkenntnis erledigt ist.
2. Die Berufung ist aber nicht begründet. Zu Recht hat das SG die Anfechtungsklage des Klägers (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 SGG) als unbegründet abgewiesen. Der angegriffene Aufhebungs- und Erstattungsbescheid ist rechtmäßig. Zur Begründung für diese Ansicht verweist der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen des SG zur Rechtslage und macht sich nach eigener Prüfung die tatsächlichen Feststellungen des SG zu eigen (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist lediglich Folgendes auszuführen:
a) Auch der Senat ist der Ansicht, dass der angegriffene Bescheid in der Fassung des Teil-Abhilfe- und des Widerspruchsbescheids vom 20.10.2008, auf die es ankommt (§ 95 SGG), ausreichend bestimmt im Sinne von § 33 Abs. 1 SGB X ist.
Zu den Bestimmtheitsanforderungen an Aufhebungs- und Erstattungsbescheide im Bereich des SGB II hat das Bundessozialgericht (BSG) in dem Urteil vom 07.07.2011 (B 14 AS 153/10 R, Juris Rn. 32 ff.) ausgeführt: Das Bestimmtheitserfordernis als materielle Rechtmäßigkeits-voraussetzung verlangt zum einen, dass der Verfügungssatz eines Verwaltungsaktes nach seinem Regelungsgehalt in sich wider-spruchsfrei ist und den Betroffenen bei Zugrundelegung der Erkenntnismöglichkeiten eines verständigen Empfängers in die Lage versetzen muss, sein Verhalten daran auszurichten (näher BSGE 105, 194 = SozR 4-4200 § 31 Nr 2, RdNr 13 mwN). Zum anderen muss der Verwaltungsakt eine geeignete Grundlage für seine zwangsweise Durchsetzung bilden (BVerwGE 123, 261, 283) (?).
Vor diesem Hintergrund reicht es für eine Erstattungsforderung (§ 50 Abs. 1, Abs. 2 SGB X) aus, wenn der - auf den jeweiligen Schuldner entfallende - Gesamtbetrag genannt wird. Bereits hiermit ist der Bescheid ein vollstreckungsfähiger Titel. Zwar sind die Anforderungen an die - vorgelagerte - Aufhebungs- oder Rücknahmeentscheidung (§§ 45, 47, 48 SGB X) höher. Aber auch hier ist nicht der Ansicht des Klägers zu folgen, bei Leistungen nach dem SGB II müsse ausnahmslos nach einzelnen Monaten differenziert werden. Der Umfang der behördlichen Entscheidung kann sich aus der Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers auch aus anderen Umständen ergeben. Notwendig ist nur, dass klargestellt wird, ob die Leistungsbewilligung für einen Monat vollständig oder nur anteilig aufgehoben wird. Dies ist für die Einschränkung bei der Rückforderung von Unterkunftsleistungen (§ 40 Abs. 4 SGB II n.F.) relevant und für die Frage, ob ein Leistungsempfänger trotz der Aufhebung in dem fraglichen Monat krankenversichert ist und - bis Ende 2010 - rentenversichert war. In welcher Höhe eine Leistungsbewilligung teilweise aufgehoben wird, kann sich dagegen auch aus anderen Umständen ergeben. So reicht es ggfs. aus, wenn der Leistungsträger nur den verbleibenden Bewilligungsbetrag benennt, sodass der Empfänger die Höhe des Aufhebungs- (und damit des Erstattungs-)betrags durch eine Subtraktion von der ursprünglichen Bewilligungshöhe errechnen kann. Welche Monate betroffen sind, muss sich dagegen immer aus dem Bescheid ergeben, dies kann für die Verjährung der nachgelagerten Erstattungsansprüche relevant sein (§ 50 Abs. 3, § 52 Abs. 1 SGB X).
Diesen Anforderungen genügt der angegriffene Bescheid. Bis auf September 2007 waren die Bewilligungen für alle erfassten Monate vollständig aufgehoben worden. Insoweit konnte der Kläger die Höhe der betroffenen Beträge aus den jeweiligen Bewilligungs- und Änderungsbescheiden ersehen. Die Teil-Aufhebung für September 2007 hat der Beklagte in dem Teil-Abhilfe-Bescheid vom 20.10.2008 mit Euro 237,73 beziffert, auch dies ist ausreichend konkret. Hinzu kommt, dass der Beklagte in dem Widerspruchsbescheid vom 20.10.2008 sodann (auf S. 5) die Höhe der betroffenen Leistungen für alle Monate aufgelistet hat, auch für jene Monate, in denen die Bewilligungen vollständig aufgehoben worden waren.
b) Der Senat folgt nicht der Ansicht des Klägers, die Bewilligung für die ersten beiden Monate des Streitzeitraums, Dezember 2006 und Januar 2007, habe nicht auf § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X (i.V.m. § 40 Abs. 1 SGB II, § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III) gestützt werden können.
Für diese beiden Monate hatte der Beklagte dem Kläger schon mit Bescheid und Änderungsbescheid vom 14.07.2006 Leistungen bewilligt. Insoweit stellte der Zufluss des Lottogewinns und ggfs. der Integritätsentschädigung im Oktober und November 2006 eine nachträgliche wesentliche Änderung der Sachlage dar. Dass der Beklagte - ohne Kenntnis von diesen Zuflüssen - u. a. für diese beiden Monate am 24.01.2007 einen Änderungsbescheid erließ, ist unerheblich:
Ein Änderungsbescheid hebt die bisherige Bewilligungsentscheidung nicht vollständig auf. Sein Regelungsgehalt beschränkt sich auf den geänderten Teil. Soweit weniger bewilligt wird als zuvor, handelt es sich um eine Teilaufhebung, die insoweit nach § 48 Abs. 1 (oder ggfs. §§ 45, 47 SGB X) gerechtfertigt sein muss. Soweit die Bewilligung höher ausfällt als zuvor, ist der Änderungsbescheid nur für den Erhöhungsbetrag die Rechtsgrundlage. Die ursprüngliche Bewilligung bleibt in rechtlicher Hinsicht bestehen, sie stellt durchgängig eine Rechtsgrundlage, einen Behaltensgrund, für die eventuell schon erbrachten Leistungen dar. Soweit die fragliche Änderung in Umständen eingetreten ist, über die der zwischenzeitliche Änderungsbescheid nicht entschieden hat, bleibt der ursprüngliche Bescheid die maßgebliche Vergleichsgrundlage (Schütze, in: v. Wulffen, SGB X, 6. Aufl. 2007, § 48 Rn. 5 m.w.N.).
c) Das SG hat zutreffend angenommen, dass der Kläger vorsätzlich oder grob fahrlässig geschuldete Angaben nicht gemacht hat und daher die - insoweit gleich lautenden - subjektiven Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X für die ersten betroffenen Monate und des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X für die restlichen Monate von Februar bis November 2007 erfüllt hat.
Der Kläger war nach §§ 60 ff. Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) gehalten, den Lottogewinn und auch - zwecks Überprüfung einer etwaigen Anrechenbarkeit - den Erhalt der Integritätsentschädigung zu melden. Er hat dies nicht getan. Der Senat folgt insoweit der Beweiswürdigung durch das SG. Der Zeuge B. konnte bei seiner Vernehmung schon keine konkreten Aussagen zu den Angaben des Klägers bei dem angeblichen Gespräch an der Infotheke des Beklagten machen. Er hat lediglich bekundet, der Kläger habe ihm im Eingangsbereich des Jobcenters von dem Lottogewinn erzählt, dass dies auch an der Infotheke erwähnt worden sei, habe er nicht mitbekommen. Nachdem es aber auf die Angaben des Klägers gegenüber dem Beklagten ankommt, war die Aussage des Zeugen insoweit bereits unergiebig. Weiterhin sieht auch der Senat zahlreiche Widersprüche in den Angaben des Klägers, die nicht zu erklären wären, wenn sein Vorbringen zuträfe. Bei dem Anruf am 13.12.2007 hat er dem Beklagten spontan von dem Lottogewinn erzählt. Es wäre zu erwarten gewesen, dass er bereits hier auf eine entsprechende Mitteilung ein Jahr zuvor hingewiesen hätte. Die Integritätsentschädigung hat der Kläger hier gar nicht erwähnt. Bei der Vorsprache am 31.03.2008 hat der Kläger dann angegeben, er habe damals - Ende 2006 - die Integritätsentschädigung angegeben, jedoch ausdrücklich nicht den Lottogewinn. Vor diesem Hintergrund erscheinen die Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem SG, er habe beide Zuflüsse mitteilen wollen und auch die entsprechenden Unterlagen dabei gehabt, höchst unglaubwürdig. Auffällig ist auch, dass der Kläger nicht nachgehakt hat, als ihm die bereits bewilligten Leistungen weiterhin ausbezahlt wurden und er sogar Fortzahlungsanträge gestellt hat, wenn er sich tatsächlich aus dem Leistungsbezug hätte abmelden wollen. Vor diesem Hintergrund sieht es der Senat nicht als erwiesen an, dass der Kläger bei einer Vorsprache Ende 2006 den Lottogewinn und die Integritätsentschädigung mitgeteilt hat. Die (materielle) Beweislast für diesen Punkt trägt aber er.
Dass der Kläger grob fahrlässig gehandelt hat, ergibt sich bereits daraus, dass er aus den Fragen in den vorangegangenen Anträgen, insbesondere aus den damals verwendeten Zusatzblättern 2.1 und 3 (Einkommen und Vermögen), wusste, dass jeglicher Zufluss von Geldern anzugeben ist.
d) Auch die objektiven Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X bzw. des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X waren erfüllt. Zumindest durch den Zufluss des Lottogewinns, den der Kläger nach dem Gesagten nicht mitgeteilt hat, wurden die Bewilligung für Dezember 2006 und Januar 2007 nachträglich rechtswidrig bzw. waren die anschließenden Bewilligungen für Februar 2007 bis November 2007 insgesamt (bzw. für September 2007 teilweise) von Anfang an rechtswidrig.
aa) Der Lottogewinn war anrechenbares Einkommen nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II in der damals (und bis zum 31.12.2010 bzw. 24.03.2011) geltenden Fassung (a.F.). Lottogewinne waren insbesondere nicht nach § 11 Abs. 2 oder Abs. 3 SGB II a.F. anrechnungsfrei. Vor diesem Hintergrund lässt der Senat die Frage offen, ob - entgegen der Ansicht beider Beteiligter - auch die Integritätsentschädigung anrechenbares Einkommen war.
bb) Der Lottogewinn, soweit er anrechenbar war, überstiegt die ungedeckten Restbedarfe des Klägers in den streitigen Monaten insgesamt und im September 2007 teilweise. Der Kläger war insoweit nicht im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II bedürftig.
Nach § 2 Abs. 4 Satz 3 Arbeitslosengeld-II-/Sozialgeld-Verordnung (AlgIIV) in der damals noch geltenden Fassung vom 17.12.2007 (BGBl I S. 2942), hinsichtlich des Lottogewinns i.V.m. § 4 Satz 1 AlgIIV, waren einmalige Einkünfte wie ein Lottogewinn auf einen angemessenen Zeitraum aufzuteilen und monatlich mit einem entsprechenden Teilbetrag zu berücksichtigen. Angemessen in diesem Sinne waren entsprechend dem regulären Bewilligungszeitraum (§ 41 Abs. 1 Satz 4 SGB II) sechs Monate (Mecke, in: Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl. 2008, § 11 Rn. 66). Dieser Verteilzeitraum ist heute in § 11 Abs. 3 Satz 3 SGB II n.F. zwingend vorgeschrieben. Unter der alten Rechtslage aber war es bei größeren einmaligen Einnahmen, die bei wirtschaftlicher Betrachtung dem Lebensunterhalt für einen länger als sechs Monate andauernden Zeitraum dienten, gerechtfertigt, auch einen längeren Verteilzeitraum anzunehmen. Ein Grund hierfür war, dass einmalige Leistungen auch deshalb tendenziell auf einen längeren Zeitraum verteilt werden sollten, damit möglichst in jedem Monat ein Restanspruch verblieb und dadurch z. B. der Krankenversicherungsschutz des Betroffenen gesichert war (vgl. Mecke, a.a.O.). Ein Verteilzeitraum bis zu zwölf Monate nach dem Zufluss war unter der alten Rechtslage noch als angemessen i.S.v. § 2 Abs. 4 Satz 3 AlgIIV anzusehen (so auch ausdrücklich BSG, Urt. v. 27.09.2011, B 4 AS 180/10 R, Juris Rn. 32). Der Lottogewinn von Euro 4.436,80 war hiernach zwölf Monate lang mit Euro 369,73 zu berücksichtigen.
Der Verteilzeitraum begann nach § 2 Abs. 4 Satz 2 AlgIIV mit dem Monat nach dem Zufluss des Lottogewinns am 08.11.2006, also mit Dezember 2006, weil der Kläger die Leistungen für November bereits ohne Berücksichtigung des Lottogewinns erhalten hatte.
Eine Einkommensbereinigung nach § 11 Abs. 2 SGB II a.F. hatte nicht stattzufinden. Der Kläger hatte während des gesamten betroffenen Zeitraums andere Einkünfte, von denen bereits die vorgesehenen Freibeträge abgesetzt worden waren, insbesondere der Grundfreibetrag nach § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II a.F., soweit es Erwerbseinkommen war, und die Versicherungspauschale nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 AlgIIV a.F., soweit der Kläger Arbeitslosengeld bezog.
Vor der Anrechnung des Lottogewinns hatte der ungedeckte Restbedarf des Klägers - entsprechend den vorherigen Bewilligungen - bei Euro 249,47 im Dezember 2006, bei Euro 262,55 im Januar 2007, bei jeweils Euro 233,94 für Februar bis Juni 2007, bei Euro 0,00 im Juli 2007 (wegen der vorherigen vollständigen Aufhebung der Bewilligung für Juli mit Bescheid vom 16.08.2007), bei Euro 62,94 für August, bei zuletzt Euro 415,71 im September (vgl. die dem Teil-Abhilfe-Bescheid vom 20.10.2008 zu Grunde liegende Horizontalberechnung), Euro 270,52 im Oktober und Euro 275,02 im November 2007 gelegen. Das zusätzlich anzurechnende Einkommen aus dem Lottogewinn von Euro 369,73 monatlich überstieg diese Beträge vollständig bzw. verringerte den Restanspruch des Klägers im September 2007 auf Euro 45,98. Es waren daher die gesamten erhaltenen Leistungen für die betroffenen Monate zurückzuzahlen bzw. für September Euro 237,73 (Euro 283,71 - Euro 45,98). Insgesamt betraf die Aufhebung bzw. Rücknahme der Bewilligungen daher Arbeitslosengeld II i.H.v. Euro 2.527,93.
e) Die formellen Voraussetzungen für eine rückwirkende Aufhebung bzw. Rücknahme der Bewilligungen waren erfüllt. Insbesondere hat der Beklagte die Jahresfrist aus § 45 Abs. 4 Satz 2 (ggfs. i.V.m. § 48 Abs. 4 Satz 1) SGB X eingehalten. Er hat von den Einkommenszuflüssen des Klägers nicht vor Vorlage der Kontoauszüge im Dezember 2007 bzw. Januar 2008 erfahren; der angegriffene Bescheid datiert vom 02.04.2008.
f) Nur hinzuweisen ist am Ende darauf, dass die Aufhebung der Bewilligung für Dezember 2006 und Januar 2007 (vorbehaltlich der Ausnahmeregelung für Unterkunftsleistungen in § 40 Abs. 2 SGB II a.F.) auch auf § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X gestützt werden konnte, ohne dass es insoweit auf ein Verschulden des Klägers angekommen wäre.
g) Die Erstattung der genannten Euro 2.527,93 konnte der Beklagte aus § 50 Abs. 1 SGB X verlangen. Nachdem der Kläger mindestens grob fahrlässig gehandelt hat bzw. - für September 2007 - nur eine Teilrücknahme erfolgt ist, greift die Ausnahmeregelung in § 40 Abs. 2 SGB II a.F. (Rückforderung von nur 44 % der gewährten Unterkunftsleistungen) nicht ein.
3. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 193 SGG.
4. Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht dargetan oder ersichtlich. Insbesondere liegt keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG vor. Die Anforderungen an die Bestimmtheit eines Aufhebungs- und Erstattungsbescheids hat das BSG in dem Urteil vom 07.07.2011 geklärt. Auf die Anrechenbarkeit der schweizerischen Integritätsentschädigung kam es nicht an.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen einen Bescheid über die Aufhebung von Bewilligungen und die Erstattung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) von Dezember 2006 bis November 2007.
Der am 15.06.1955 geborene Kläger beantragte am 05.01.2006 nach seinem Umzug in den Bezirk des Beklagten von diesem Leistungen nach dem SGB II. Er legte Kontoauszüge und Unterlagen vor. Aus diesen ergab sich, dass er zu Lasten der Sozialversicherungsanstalt des Kantons Baselland (SUVA) vom 03.10. bis 31.12.2005 eine Umschulung absolviert und hierzu für diese Zeit von der Eidgenössischen Invalidenversicherung G. ein ?Taggeld? in Höhe von CHF 141,60 (ca. Euro 81,00) am Tag erhalten hatte, das ihm jeweils zu Beginn des Folgemonats überwiesen worden war (Euro 2.429,05 im November, Euro 2.512,63 im Dezember 2005). Aus den Kontoauszügen ergab sich ferner ein Lottogewinn von Euro 11,27 (Eingang am 16.12.2005). Der Beklagte bewilligte ab dem 01.02.2006 Leistungen nach dem SGB II.
Ab dem 08.07.2006 war der Kläger bei einem Reinigungs- und Sicherheitsunternehmen abhängig beschäftigt, sein Gehalt lag durchgängig über der Geringfügigkeitsgrenze. Dieses Einkommen berücksichtigte der Beklagte und gewährte dem Kläger nur aufstockende Leistungen. So bewilligte er mit Bescheid und Änderungsbescheid vom 14.07.2006 unter anderem für Dezember 2006 und Januar 2007 jeweils Euro 138,72. Nach Vorlage der Lohnabrechnungen bewilligte er mit weiterem Änderungsbescheid vom 24.01.2007 für Dezember 2006 Euro 249,47 und für Januar 2007 Euro 262,55. Auf den Folgeantrag des Klägers hin bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 24.01.2007 für Februar bis Juli 2007 monatlich jeweils Euro 233,94, wobei ein durchschnittliches Einkommen angerechnet wurde. Für diese Monate ergingen keine Änderungsbescheide, lediglich wurde mit Bescheid vom 16.08.2007 die Bewilligung für Juli insgesamt aufgehoben. Ab dem 15.07.2007 war der Kläger arbeitslos. Er bezog zunächst Krankengeld von seiner Krankenkasse, der DAK. Außerdem bewilligte ihm die Bundesagentur für Arbeit ab dem 05.08.2007 (nach Wiedergenesung) Arbeitslosengeld. Daneben war der Kläger als Zeitungszusteller erwerbstätig, wobei die Einkünfte hieraus die Geringfügigkeitsgrenze nicht überstiegen. Der Beklagte berücksichtigte nunmehr diese Einkünfte. Für die Zeit ab August 2007 ergingen der Bescheid vom 09.07.2007 sowie insgesamt vier Änderungsbescheide. Die jeweils letzten Bewilligungen umfassten Euro 62,94 für August, Euro 283,71 für September (beide Änderungsbescheid vom 08.10.2007), Euro 270,52 für Oktober (Änderungsbescheid vom 23.10.2007) und Euro 275,02 für November 2007 (Änderungsbescheid vom 23.11.2007).
Mit Bescheid vom 10.01.2007 hatte die schweizerische IV-Stelle für Versicherte im Ausland den Antrag des Klägers auf eine Invalidenversorgung aus der Schweiz abgelehnt, weil der Invaliditätsgrad (der nach der fiktiven Einkommenseinbuße berechnet wurde) nur 19 % betrage. Dieser Bescheid wurde unmittelbar auch der Agentur für Arbeit F. (die arbeitsförderungsrechtlich für den Kläger zuständig war) übersandt.
Durch den automatisierten Datenabgleich für das zweite Quartal 2007 am 03.12.2007 erfuhr der Beklagte über das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt), dass der Kläger bei der Volksbank F. im Jahre 2006 Kapitalerträge von Euro 103,00 erzielt hatte. Hierzu schriftlich angehört gab der Kläger am 13.12.2007 telefonisch an, er habe einen Lottogewinn erzielt und angelegt, er werde Unterlagen einreichen. Aus den dann vorgelegten Unterlagen ergaben sich Wertpapieranlagen bei der Union-Investment von Euro 3.845,33 und bei der Volksbank F. von Euro 4.361,15 sowie ein Guthaben auf einem Sparkonto der Volksbank F. am 07.10.2006 von Euro 16.000,00. Aus den Auszügen des Girokontos bei der Volksbank ergab sich, dass der Kläger am 02.10.2006 von der nunmehr so bezeichneten Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (im Folgenden: SUVA) Luzern Euro 18.885,64 und sowie am 08.11.2006 einen Lottogewinn von Euro 4.436,80 erhalten hatte. Zu der Zahlung aus der Schweiz teilte der Kläger handschriftlich mit, es handle sich um eine Entschädigung für einen Unfall im Jahre 1995, der zu einer ?Behinderung von 33 %? geführt habe. Ferner legte der Kläger die Abrechnung der SUVA vom 13.09.2006 über die genannte Zahlung von CHF 29.160,00 vor. Daraus ergab sich, dass es sich bei der Zahlung um eine ?Integritätsentschädigung? nach Art. 24, 25 des Schweizerischen Bundesgesetzes über die Unfallversicherung (im Folgenden: schwUVG) handelte und der Invaliditätsgrad des Klägers mit 40 % angenommen worden war. Die SUVA teilte dem Beklagten per e-mail am 11.02.2008 mit, die Integritätsentschädigung sei vergleichbar einer Schmerzensgeldzahlung und könne zugesprochen werden, wenn jemand nach einem Unfall oder einer Berufskrankheit einen dauernden und erheblichen Schaden an seinem Körper erlitten habe. Auf das Anhörungsschreiben vom 01.02.2008 teilte der Kläger am 10.03.2008 noch mit, er habe nur die genannten CHF 29.982 erhalten, Taggeld habe er vom 13.09.2004 bis 31.01.2005 und vom 01.10.2005 bis 31.12.2005 erhalten. Ferner gab er an, er habe bereits am 10.03.1999 eine - nunmehr angerechnete - Entschädigung nach einem Invaliditätsgrad von 10 % erhalten. Bei Vorlage eines Bestätigungsschreibens der SUVA vom 12.03.2008 teilte der Kläger am 17.03.2008 ferner mit, er habe 1995 in der Schweiz auf dem Weg zur Arbeit einen Autounfall erlitten und sich dabei die Zunge abgebissen. Hierbei gab er auch an, dass er die Integritätsentschädigung und den Lottogewinn - mit Ausnahme der Anlagen bei der Union-Invest und der Volksbank - ausgegeben habe.
Bei einer Vorsprache am 31.03.2008 gab der Kläger - unterschriftlich bestätigt - an, er habe den Erhalt der Integritätsentschädigung im Jahre 2006 an der Infotheke des Beklagten mitgeteilt und sich aus dem Leistungsbezug abmelden wollen; ihm sei damals gesagt worden, man könne sich nicht so einfach abmelden; daraufhin habe er nichts Weiteres unternommen, sondern den fälligen Fortzahlungsantrag gestellt. Den Lottogewinn habe er nicht angegeben.
Mit Bescheid vom 02.04.2008 hob der Beklagte die Bewilligung von Leistungen für die Zeit vom 01.11.2006 bis zum 30.11.2007 ?in folgender Höhe ganz? auf und forderte den Kläger zur Erstattung von Euro 3.071,76 auf. Darin waren Beiträge zur Krankenversicherung in Höhe von Euro 201,89 und zur Pflegeversicherung von Euro 25,82 enthalten. Nach Monaten aufgeschlüsselt waren die Erstattungsbeträge nicht. Zur Begründung führte der Beklagte aus, die Integritätsentschädigung der SUVA und der Lottogewinn seien als einmalige Einnahmen für jeweils zwölf Monate anrechenbar gewesen. Die Entschädigung werde ab November 2006, der Lottogewinn ab Dezember 2006 angerechnet. Die Aufhebung sei möglich, weil der Kläger zumindest grob fahrlässig seiner Verpflichtung nicht nachgekommen sei, alle für den Leistungsbezug relevanten Tatsachen mitzuteilen. Als Rechtsgrundlage für die Aufhebung wurde § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) genannt. Auch die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung habe der Kläger zu ersetzen.
Der Kläger erhob am 05.05.2008 Widerspruch. Während des Widerspruchsverfahrens teilte der Beklagte dem Bevollmächtigten des Klägers unter dem 10.06.2008 mit, nach erneuter Prüfung sei die Integritätsentschädigung nicht als anrechenbares Einkommen einzustufen, wohl aber der Lottogewinn. Der Kläger erwiderte hierzu unter dem 23.06.2008, hinsichtlich der Anrechenbarkeit des nicht weiter zu bereinigenden Lottogewinns bestehe Konsens, jedoch nicht hinsichtlich der Rechtsfolgen. Gemäß § 40 Abs. 2 SGB II sei von den um die Heizkosten bereinigten Kosten der Unterkunft und Heizung ein Anteil von 56 % nicht zurückzufordern. Insgesamt lägen die Voraussetzungen für eine Aufhebung der Bewilligung aber nicht vor. Er - der Kläger - habe noch im November an der Infotheke des Beklagten vorgesprochen und mitgeteilt, er wolle sich wegen seines Lottogewinns abmelden. Er habe in Begleitung zweier Bekannter vorgesprochen. Mit weiterem Schreiben vom 24.09.2008 gab der Kläger die Namen der beiden Bekannten an und teilte zugleich mit, einer von ihnen sei am 06.11.2006 verstorben. Ferner trug er vor, er habe bei der Vorsprache Lottogewinn und Integritätsentschädigung mitgeteilt und den Bescheid der SUVA sowie die Gewinnmitteilung der Lotto-Gesellschaft vorgelegt. Er habe mit einer jüngeren Mitarbeiterin gesprochen, deren Namen er nicht angeben könne.
Während des Widerspruchsverfahrens stellte sich ferner - im Rahmen eines anderen Widerspruchsverfahrens - heraus, dass der Kläger im September 2007 einen geringeren Anspruch auf Arbeitslosengeld und damit einen höheren Anspruch auf aufstockendes Alg II gehabt hatte als der Bewilligung und auch dem Aufhebungs- und Erstattungsbescheid zu Grunde gelegen hatte.
Entsprechend erließ der Beklagte den Teil-Abhilfe-Bescheid vom 20.10.2008. Darin ist ausgeführt, die Integritätsentschädigung werde nicht als Einkommen angerechnet, wohl aber der Lottogewinn. Dieser werde - wie bisher - in den zwölf Monaten Dezember 2006 bis November 2007 berücksichtigt. Hierdurch komme es für November 2007 nicht mehr zu einer Aufhebung und Rückforderung. Ferner errechne sich im September 2007 nur eine Überzahlung von Euro 237,73. Für diesen Monat würden auf Grund des verbliebenen Anspruchs die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung nicht zurückgefordert. Auch listete der Beklagte im Einzelnen die ganz oder teilweise aufgehobenen Bescheide auf. Die Erstattungsforderung bezifferte er insgesamt mit Euro 2.699,27, darin eingeschlossen Beiträge von Euro 151,92 zur Kranken- und Euro 19,42 zur Pflegeversicherung. Statt einer Rechtsbehelfsbelehrung enthielt der Teil-Abhilfe-Bescheid den Hinweis, er werde Gegenstand des laufenden Widerspruchsverfahrens.
Ebenfalls am 20.10.2008 wies der Beklagte den (verbleibenden) Widerspruch zurück. Für die Zeit vom 01.12.2006 bis 31.01.2007 sei die Bewilligung nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X allein wegen des als Einkommen zu wertenden Lottogewinns aufzuheben gewesen. Für die Zeit danach seien - nach § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X - die Bewilligungen für Februar bis August 2007 und Oktober und November 2007 insgesamt und für September 2007 teilweise zurückzunehmen gewesen. Der Kläger habe den Lottogewinn pflichtwidrig nicht mitgeteilt. Seine Einlassungen überzeugten nicht. Soweit ein Leistungsbezieher vorspreche und aus dem Leistungsbezug ausscheiden wolle, werde ihm dies nicht verwehrt. Es sei auch nicht nachvollziehbar, dass der Kläger keine Leistungen mehr habe beziehen wollen, aber gleichwohl Fortzahlungsantrag gestellt habe. In dem Antragsformular habe er die zugeflossenen Einkünfte auch nicht angegeben. In dem Widerspruchsbescheid (S. 5 f.) listete der Beklagte auch die auf die einzelnen betroffenen Monate entfallenden Erstattungsbeträge, jeweils getrennt nach Leistungen für Unterkunft und Heizung, Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge, auf.
In dieser Sache hat der Kläger am 24.11.2008 Klage zum Sozialgericht F. (SG) erhoben (S 12 AS 5919/08).
Ebenfalls am 24.11.2008 legte der Kläger über seinen Bevollmächtigten außerdem Widerspruch gegen den Teil-Abhilfe-Bescheid vom 20.10.2008 ein. Er trug vor, jener Bescheid sei entgegen dem Hinweis darin nicht Gegenstand des (anderen) Widerspruchsverfahrens geworden. Diesen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26.01.2009 als unzulässig zurück. Die hiergegen erhobene Klage wies das Sozialgericht F. (SG) mit Gerichtsbescheid vom 14.09.2009 (S 19 AS 1033/09) wegen anderweitiger Rechtshängigkeit als unzulässig ab. Die hiergegen eingelegte Berufung (L 7 AS 4785/09) nahm der Kläger am 22.04.2010 zurück.
In dem Verfahren S 12 AS 5919/08 hat der Kläger vorgetragen, der angegriffene Aufhebungs- und Erstattungsbescheid habe hinsichtlich der von ihm erfassten drei Bewilligungsabschnitte nicht jeweils alle relevanten Bewilligungs-, Änderungs- und Aufhebungsbescheide genannt.
In der mündlichen Verhandlung hat das SG den Kläger persönlich angehört und Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung des Zeugen B. Wegen der Angaben des Klägers und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der öffentlichen Sitzung vom 03.11.2011 verwiesen.
Mit Urteil vom 03.11.2011 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt: Der angegriffene Bescheid sei formell rechtmäßig, insbesondere ausreichend bestimmt. Die Aufhebung habe vollständig einen klar umrissenen Zeitraum betroffen. Soweit für September 2007 nur teilweise aufgehoben worden sei, bestehe keine Unklarheit über Art und Höhe der Aufhebung. Dass der Bescheid vom 02.04.2008 nicht alle aufgehobenen Bescheide mit zutreffendem Datum benannt habe, sei unbeachtlich. Im Übrigen sei diese Unzulänglichkeit durch die zutreffenden Daten in dem Teil-Abhilfe-Bescheid vom 20.10.2008 korrigiert worden. Rechtsgrundlage für die Aufhebung der beiden Bescheide vom 14.07.2006 betreffend August 2006 bis Januar 2007 sei § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X (i.V.m. §§ 40 Abs. 1 Nr. 1 SGB II, 330 Abs. 3 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch [SGB III]). Der Einkommenszufluss in Form des Lottogewinns am 08.11.2006 sei eine wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse gewesen. Der Kläger habe entgegen seinen Obliegenheiten diese Veränderung grob fahrlässig nicht mitgeteilt. Seine Behauptung, er habe eine entsprechende Mitteilung an der Infotheke des Beklagten gemacht, sei nicht bewiesen. Ein Aktenvermerk über diese Vorsprache existiere nicht. Zwar sei das SG nach den insoweit übereinstimmenden Schilderungen des Klägers und des Zeugen B. davon überzeugt, dass eine solche Vorsprache stattgefunden habe. Der Inhalt des Gesprächs sei jedoch nicht mehr rekonstruierbar. Die Angabe des Klägers in der Verhandlung, er habe sowohl die Integritätsentschädigung als auch den Lottogewinn mitteilen wollen und die Gewinnmitteilung dabei gehabt, widerspreche den Angaben bei seiner Vorsprache am 31.03.2008, er habe den Lottogewinn damals nicht angegeben. Der Zeuge habe angegeben, niemals von einer weiteren Summe von etwa Euro 20.000,00 gehört zu haben, der Kläger habe sich vielmehr wegen des Lottogewinns abmelden wollen. Jedoch habe der Zeuge nach seinen Angaben das Gespräch des Klägers an der Infotheke zunächst nicht im Einzelnen verfolgt, sondern sei erst aufmerksam geworden, als die Gesprächssituation laut geworden und eskaliert sei und der Kläger dann das Gespräch abgebrochen habe, um nicht ?auszurasten?. Es sprächen auch zahlreiche objektive Umstände gegen den Vortrag des Klägers. Nach den glaubhaften Angaben des Beklagten zur den Aufgaben und zur Ausstattung der Infotheke (Entgegennahme von Erklärungen und Unterlagen, Eingangsstempel und Kopiergerät) sei es äußerst unwahrscheinlich, dass dort kein Aktenvermerk über die Vorsprache und keine Kopien der Gewinnmitteilung angefertigt worden seien, wenn die Angaben des Klägers zuträfen. Auch das Verhalten des Klägers sei insoweit widersprüchlich. Es sei nicht verständlich, dass er sich habe ?abmelden? wollen, dann aber bereits am 23.01.2007 und erneut am 25.06.2007 Folgeanträge gestellt habe, ohne auf den Lottogewinn hinzuweisen. Auch die telefonische Reaktion des Klägers am 13.12.2007 spreche genauso wie der Ablauf des Gesprächs am 31.03.2008 gegen die Darstellung des Klägers, er habe den Lottogewinn bereits 2006 mitgeteilt. All dies könne jedoch dahinstehen. Der Kläger habe auch dann grob fahrlässig gehandelt, wenn er bei der Vorsprache tatsächlich auf den Lottogewinn verwiesen habe. Nachdem das Gespräch eskaliert sei und er es selbst abgebrochen habe, sei ihm bewusst gewesen, dass seine Angaben dort offensichtlich nicht ordnungsgemäß verstanden und aufgenommen worden seien. Dies habe er nicht ignorieren dürfen, ohne einen weiteren Versuch zu unternehmen, den Gewinn - ggfs. schriftlich - mitzuteilen. Dagegen sei die Grundlage für die Aufhebung des Änderungsbescheids vom 24.01.2007 (August bis Januar 2007) und der Bewilligungsbescheide vom 24.01.2007 (Februar bis Juli 2007) und vom 09.07.2007 mitsamt den Änderungsbescheiden (August 2007 bis Januar 2008) § 45 Abs. 1, Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X. Jene Bewilligungen seien von Anfang an rechtswidrig gewesen, nachdem der Kläger zuvor anrechenbares bedarfsdeckendes Einkommen erzielt habe. Der Kläger habe den Lottogewinn obliegenheitswidrig nicht mitgeteilt, sodass die Bewilligungen auf falschen bzw. unvollständigen Angaben beruht hätten. Die Erstattungsforderung gründe sich auf § 50 Abs. 1 SGB X. Da die Aufhebung bzw. Rücknahme der Bewilligungsbescheide auf grober Fahrlässigkeit beruht habe, komme die Ausnahmeregelung in § 40 Abs. 2 SGB II a.F. (betreffend die nur anteilige Erstattung von Unterkunftsleistungen, heute § 40 Abs. 4 SGB II n.F.) nicht in Betracht. Für September 2007 gelte dies schon deswegen, weil die Bewilligung nur teilweise aufgehoben worden sei.
Gegen dieses Urteil, das seinem Prozessbevollmächtigten am 15.11.2011 zugestellt worden ist, hat der Kläger am 15.12.2011 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Er trägt vor, auch die Aufhebung für Dezember 2006 und Januar 2007 könne sich nicht auf § 48 SGB X stützen. Leistungen für diesen Zeitraum seien zunächst am 14.07.2006 und sodann mit Änderungsbescheid vom 24.01.2007 bewilligt worden, der den ursprünglichen Bewilligungs¬bescheid aufgehoben habe. Der Lottogewinn sei dem Kläger jedoch schon vor dem 24.01.2007 zugeflossen. Auch § 45 SGB X könne eine Rücknahme der Bewilligungen für den gesamten streitigen Zeitraum nicht rechtfertigen. Er - der Kläger - habe den Lottogewinn spätestens im November 2006 an der Infotheke mitgeteilt. Es sei übliche Praxis des Beklagten, dass Leistungsberechtigte keinen Termin bei ihrem Sachbearbeiter erhielten. An der Infotheke des Beklagten träfen sie im Regelfall auf gering qualifizierte Mitarbeiter, die kaum über die erforderlichen Kenntnisse verfügten, um Mitteilungen sachgerecht würdigen zu können. Wenn die Information über den Lottogewinn nicht zur Akte gelangt sei, habe sich dies der Beklagte selbst zuzuschreiben. Er habe dem Kläger keinen hinreichend qualifizierten Ansprechpartner zur Verfügung gestellt. Es sei bekannt, dass der Beklagte nur mit befristet Beschäftigten arbeite, die unzureichend auf ihre Arbeit vorbereitet seien. Er - der Kläger - habe sich entgegen der Ansicht des SG auch nicht widersprüchlich verhalten. Wenn er den Lottogewinn anfangs tatsächlich verschwiegen hätte, hätte er dies auch später tun können, denn durch die Integritätsentschädigung, die unstreitig kein anrechenbares Einkommen darstelle, habe eine plausible Erklärung für den Zinsertrag vorgelegen. Unabhängig hiervon sei daran festzuhalten, dass der angegriffene Aufhebungs- und Erstattungsbescheid auch in seiner abschließenden Fassung vom 20.10.2008 nicht hinreichend bestimmt im Sinne von § 33 SGB X gewesen sei. Ihm lasse sich nicht entnehmen, welcher Betrag für jeden der streitgegenständlichen Monate gefordert werde. Dies sei aber zu fordern, nachdem Leistungen nach dem SGB II dem Monatsprinzip unterlägen. Letztlich seien der Bescheid vom 02.04.2008 und erst recht jener vom 20.10.2008 außerhalb der Jahresfrist ergangen, nachdem der Beklagte im Oktober oder November 2006 von dem Lottogewinn erfahren habe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts F. vom 03. November 2011 und den Bescheid des Beklagten vom 02. April 2008 in Gestalt des Bescheids vom 20. Oktober 2008 und des Widerspruchsbescheids vom 20. Oktober 2008 aufzuheben, hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er behauptet, sein Personal an der Infotheke sei ausreichend qualifiziert. Es sei wahrscheinlich, dass der Kläger verschiedene Organisationseinheiten, die sich am Standort des Beklagten befänden, verwechselt habe.
Der Berichterstatter des Senats hat unter dem 15.05.2012 darauf hingewiesen, es sei denkbar, dass - ggfs. zusätzlich - die schweizerische Integritätsentschädigung des Klägers anrechenbar gewesen sei. Nach deutschem Recht vergleichbar sei die Verletztenrente nach §§ 56 ff. Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII). Das schwUVG differenziere zwischen Invalidenrente für die materiellen und Integritätsentschädigung für die immateriellen Folgen eines Arbeitsunfalls. Die deutsche Verletztenrente decke beide Bereiche ab, auch sie ersetze - zum Teil - die nach §§ 104 ff. SGB VII ausgeschlossenen Schmerzensgeldansprüche des Verletzten. Gleichwohl hätten Bundessozialgericht und Bundesverfassungsgericht (Beschl. v. 16.03.2011, 1 BvR 591/08 u. a.) entschieden, dass die Verletztenrente vollen Umfangs anrechenbares Einkommen nach dem SGB II darstelle. Es sei womöglich nicht vertretbar, Unfallverletzte mit Schweizer Ansprüchen besser zu stellen als solche mit deutschen Ansprüchen.
Der Kläger hat sich unter dem 12.09.2012, der Beklagte mit Schriftsatz vom 04.10.2012 mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Mit Schriftsatz vom 25.10.2012 hat der Beklagte im Hinblick auf die Regelung in § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II a.F. (entsprechend § 40 Abs. 2 Nr. 5 SGB II n.F.) i.V.m. § 335 Abs. 1 Satz 2 SGB III die angegriffenen Bescheide zurückgenommen, soweit er darin die Ersetzung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung von dem Kläger gefordert hatte. Der Grund hierfür war, dass der Kläger in dem streitigen Zeitraum auch als Beschäftigter und sodann als Bezieher von Arbeitslosengeld kranken- und pflegeversichert war. Der Beklagte hat insoweit ein Teil-Anerkenntnis abgegeben, dass der Kläger mit Schriftsatz vom 31.10.2012 angenommen hat.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet über die Berufung des Klägers im Einverständnis beider Beteiligter nach § 153 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung.
1. Die Berufung ist zulässig. Insbesondere war sie nicht nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG zulassungspflichtig, denn der Kläger ist aus dem angegriffenen Urteil um mehr als Euro 750,00 beschwert: Die Aufhebungs- und Erstattungsforderung aus den angegriffenen Bescheiden beträgt noch Euro 2.527,93, nachdem der Rechtsstreit hinsichtlich der ursprünglich ebenfalls geforderten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung durch angenommenes Teil-Anerkenntnis erledigt ist.
2. Die Berufung ist aber nicht begründet. Zu Recht hat das SG die Anfechtungsklage des Klägers (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 SGG) als unbegründet abgewiesen. Der angegriffene Aufhebungs- und Erstattungsbescheid ist rechtmäßig. Zur Begründung für diese Ansicht verweist der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen des SG zur Rechtslage und macht sich nach eigener Prüfung die tatsächlichen Feststellungen des SG zu eigen (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist lediglich Folgendes auszuführen:
a) Auch der Senat ist der Ansicht, dass der angegriffene Bescheid in der Fassung des Teil-Abhilfe- und des Widerspruchsbescheids vom 20.10.2008, auf die es ankommt (§ 95 SGG), ausreichend bestimmt im Sinne von § 33 Abs. 1 SGB X ist.
Zu den Bestimmtheitsanforderungen an Aufhebungs- und Erstattungsbescheide im Bereich des SGB II hat das Bundessozialgericht (BSG) in dem Urteil vom 07.07.2011 (B 14 AS 153/10 R, Juris Rn. 32 ff.) ausgeführt: Das Bestimmtheitserfordernis als materielle Rechtmäßigkeits-voraussetzung verlangt zum einen, dass der Verfügungssatz eines Verwaltungsaktes nach seinem Regelungsgehalt in sich wider-spruchsfrei ist und den Betroffenen bei Zugrundelegung der Erkenntnismöglichkeiten eines verständigen Empfängers in die Lage versetzen muss, sein Verhalten daran auszurichten (näher BSGE 105, 194 = SozR 4-4200 § 31 Nr 2, RdNr 13 mwN). Zum anderen muss der Verwaltungsakt eine geeignete Grundlage für seine zwangsweise Durchsetzung bilden (BVerwGE 123, 261, 283) (?).
Vor diesem Hintergrund reicht es für eine Erstattungsforderung (§ 50 Abs. 1, Abs. 2 SGB X) aus, wenn der - auf den jeweiligen Schuldner entfallende - Gesamtbetrag genannt wird. Bereits hiermit ist der Bescheid ein vollstreckungsfähiger Titel. Zwar sind die Anforderungen an die - vorgelagerte - Aufhebungs- oder Rücknahmeentscheidung (§§ 45, 47, 48 SGB X) höher. Aber auch hier ist nicht der Ansicht des Klägers zu folgen, bei Leistungen nach dem SGB II müsse ausnahmslos nach einzelnen Monaten differenziert werden. Der Umfang der behördlichen Entscheidung kann sich aus der Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers auch aus anderen Umständen ergeben. Notwendig ist nur, dass klargestellt wird, ob die Leistungsbewilligung für einen Monat vollständig oder nur anteilig aufgehoben wird. Dies ist für die Einschränkung bei der Rückforderung von Unterkunftsleistungen (§ 40 Abs. 4 SGB II n.F.) relevant und für die Frage, ob ein Leistungsempfänger trotz der Aufhebung in dem fraglichen Monat krankenversichert ist und - bis Ende 2010 - rentenversichert war. In welcher Höhe eine Leistungsbewilligung teilweise aufgehoben wird, kann sich dagegen auch aus anderen Umständen ergeben. So reicht es ggfs. aus, wenn der Leistungsträger nur den verbleibenden Bewilligungsbetrag benennt, sodass der Empfänger die Höhe des Aufhebungs- (und damit des Erstattungs-)betrags durch eine Subtraktion von der ursprünglichen Bewilligungshöhe errechnen kann. Welche Monate betroffen sind, muss sich dagegen immer aus dem Bescheid ergeben, dies kann für die Verjährung der nachgelagerten Erstattungsansprüche relevant sein (§ 50 Abs. 3, § 52 Abs. 1 SGB X).
Diesen Anforderungen genügt der angegriffene Bescheid. Bis auf September 2007 waren die Bewilligungen für alle erfassten Monate vollständig aufgehoben worden. Insoweit konnte der Kläger die Höhe der betroffenen Beträge aus den jeweiligen Bewilligungs- und Änderungsbescheiden ersehen. Die Teil-Aufhebung für September 2007 hat der Beklagte in dem Teil-Abhilfe-Bescheid vom 20.10.2008 mit Euro 237,73 beziffert, auch dies ist ausreichend konkret. Hinzu kommt, dass der Beklagte in dem Widerspruchsbescheid vom 20.10.2008 sodann (auf S. 5) die Höhe der betroffenen Leistungen für alle Monate aufgelistet hat, auch für jene Monate, in denen die Bewilligungen vollständig aufgehoben worden waren.
b) Der Senat folgt nicht der Ansicht des Klägers, die Bewilligung für die ersten beiden Monate des Streitzeitraums, Dezember 2006 und Januar 2007, habe nicht auf § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X (i.V.m. § 40 Abs. 1 SGB II, § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III) gestützt werden können.
Für diese beiden Monate hatte der Beklagte dem Kläger schon mit Bescheid und Änderungsbescheid vom 14.07.2006 Leistungen bewilligt. Insoweit stellte der Zufluss des Lottogewinns und ggfs. der Integritätsentschädigung im Oktober und November 2006 eine nachträgliche wesentliche Änderung der Sachlage dar. Dass der Beklagte - ohne Kenntnis von diesen Zuflüssen - u. a. für diese beiden Monate am 24.01.2007 einen Änderungsbescheid erließ, ist unerheblich:
Ein Änderungsbescheid hebt die bisherige Bewilligungsentscheidung nicht vollständig auf. Sein Regelungsgehalt beschränkt sich auf den geänderten Teil. Soweit weniger bewilligt wird als zuvor, handelt es sich um eine Teilaufhebung, die insoweit nach § 48 Abs. 1 (oder ggfs. §§ 45, 47 SGB X) gerechtfertigt sein muss. Soweit die Bewilligung höher ausfällt als zuvor, ist der Änderungsbescheid nur für den Erhöhungsbetrag die Rechtsgrundlage. Die ursprüngliche Bewilligung bleibt in rechtlicher Hinsicht bestehen, sie stellt durchgängig eine Rechtsgrundlage, einen Behaltensgrund, für die eventuell schon erbrachten Leistungen dar. Soweit die fragliche Änderung in Umständen eingetreten ist, über die der zwischenzeitliche Änderungsbescheid nicht entschieden hat, bleibt der ursprüngliche Bescheid die maßgebliche Vergleichsgrundlage (Schütze, in: v. Wulffen, SGB X, 6. Aufl. 2007, § 48 Rn. 5 m.w.N.).
c) Das SG hat zutreffend angenommen, dass der Kläger vorsätzlich oder grob fahrlässig geschuldete Angaben nicht gemacht hat und daher die - insoweit gleich lautenden - subjektiven Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X für die ersten betroffenen Monate und des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X für die restlichen Monate von Februar bis November 2007 erfüllt hat.
Der Kläger war nach §§ 60 ff. Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) gehalten, den Lottogewinn und auch - zwecks Überprüfung einer etwaigen Anrechenbarkeit - den Erhalt der Integritätsentschädigung zu melden. Er hat dies nicht getan. Der Senat folgt insoweit der Beweiswürdigung durch das SG. Der Zeuge B. konnte bei seiner Vernehmung schon keine konkreten Aussagen zu den Angaben des Klägers bei dem angeblichen Gespräch an der Infotheke des Beklagten machen. Er hat lediglich bekundet, der Kläger habe ihm im Eingangsbereich des Jobcenters von dem Lottogewinn erzählt, dass dies auch an der Infotheke erwähnt worden sei, habe er nicht mitbekommen. Nachdem es aber auf die Angaben des Klägers gegenüber dem Beklagten ankommt, war die Aussage des Zeugen insoweit bereits unergiebig. Weiterhin sieht auch der Senat zahlreiche Widersprüche in den Angaben des Klägers, die nicht zu erklären wären, wenn sein Vorbringen zuträfe. Bei dem Anruf am 13.12.2007 hat er dem Beklagten spontan von dem Lottogewinn erzählt. Es wäre zu erwarten gewesen, dass er bereits hier auf eine entsprechende Mitteilung ein Jahr zuvor hingewiesen hätte. Die Integritätsentschädigung hat der Kläger hier gar nicht erwähnt. Bei der Vorsprache am 31.03.2008 hat der Kläger dann angegeben, er habe damals - Ende 2006 - die Integritätsentschädigung angegeben, jedoch ausdrücklich nicht den Lottogewinn. Vor diesem Hintergrund erscheinen die Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem SG, er habe beide Zuflüsse mitteilen wollen und auch die entsprechenden Unterlagen dabei gehabt, höchst unglaubwürdig. Auffällig ist auch, dass der Kläger nicht nachgehakt hat, als ihm die bereits bewilligten Leistungen weiterhin ausbezahlt wurden und er sogar Fortzahlungsanträge gestellt hat, wenn er sich tatsächlich aus dem Leistungsbezug hätte abmelden wollen. Vor diesem Hintergrund sieht es der Senat nicht als erwiesen an, dass der Kläger bei einer Vorsprache Ende 2006 den Lottogewinn und die Integritätsentschädigung mitgeteilt hat. Die (materielle) Beweislast für diesen Punkt trägt aber er.
Dass der Kläger grob fahrlässig gehandelt hat, ergibt sich bereits daraus, dass er aus den Fragen in den vorangegangenen Anträgen, insbesondere aus den damals verwendeten Zusatzblättern 2.1 und 3 (Einkommen und Vermögen), wusste, dass jeglicher Zufluss von Geldern anzugeben ist.
d) Auch die objektiven Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X bzw. des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X waren erfüllt. Zumindest durch den Zufluss des Lottogewinns, den der Kläger nach dem Gesagten nicht mitgeteilt hat, wurden die Bewilligung für Dezember 2006 und Januar 2007 nachträglich rechtswidrig bzw. waren die anschließenden Bewilligungen für Februar 2007 bis November 2007 insgesamt (bzw. für September 2007 teilweise) von Anfang an rechtswidrig.
aa) Der Lottogewinn war anrechenbares Einkommen nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II in der damals (und bis zum 31.12.2010 bzw. 24.03.2011) geltenden Fassung (a.F.). Lottogewinne waren insbesondere nicht nach § 11 Abs. 2 oder Abs. 3 SGB II a.F. anrechnungsfrei. Vor diesem Hintergrund lässt der Senat die Frage offen, ob - entgegen der Ansicht beider Beteiligter - auch die Integritätsentschädigung anrechenbares Einkommen war.
bb) Der Lottogewinn, soweit er anrechenbar war, überstiegt die ungedeckten Restbedarfe des Klägers in den streitigen Monaten insgesamt und im September 2007 teilweise. Der Kläger war insoweit nicht im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II bedürftig.
Nach § 2 Abs. 4 Satz 3 Arbeitslosengeld-II-/Sozialgeld-Verordnung (AlgIIV) in der damals noch geltenden Fassung vom 17.12.2007 (BGBl I S. 2942), hinsichtlich des Lottogewinns i.V.m. § 4 Satz 1 AlgIIV, waren einmalige Einkünfte wie ein Lottogewinn auf einen angemessenen Zeitraum aufzuteilen und monatlich mit einem entsprechenden Teilbetrag zu berücksichtigen. Angemessen in diesem Sinne waren entsprechend dem regulären Bewilligungszeitraum (§ 41 Abs. 1 Satz 4 SGB II) sechs Monate (Mecke, in: Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl. 2008, § 11 Rn. 66). Dieser Verteilzeitraum ist heute in § 11 Abs. 3 Satz 3 SGB II n.F. zwingend vorgeschrieben. Unter der alten Rechtslage aber war es bei größeren einmaligen Einnahmen, die bei wirtschaftlicher Betrachtung dem Lebensunterhalt für einen länger als sechs Monate andauernden Zeitraum dienten, gerechtfertigt, auch einen längeren Verteilzeitraum anzunehmen. Ein Grund hierfür war, dass einmalige Leistungen auch deshalb tendenziell auf einen längeren Zeitraum verteilt werden sollten, damit möglichst in jedem Monat ein Restanspruch verblieb und dadurch z. B. der Krankenversicherungsschutz des Betroffenen gesichert war (vgl. Mecke, a.a.O.). Ein Verteilzeitraum bis zu zwölf Monate nach dem Zufluss war unter der alten Rechtslage noch als angemessen i.S.v. § 2 Abs. 4 Satz 3 AlgIIV anzusehen (so auch ausdrücklich BSG, Urt. v. 27.09.2011, B 4 AS 180/10 R, Juris Rn. 32). Der Lottogewinn von Euro 4.436,80 war hiernach zwölf Monate lang mit Euro 369,73 zu berücksichtigen.
Der Verteilzeitraum begann nach § 2 Abs. 4 Satz 2 AlgIIV mit dem Monat nach dem Zufluss des Lottogewinns am 08.11.2006, also mit Dezember 2006, weil der Kläger die Leistungen für November bereits ohne Berücksichtigung des Lottogewinns erhalten hatte.
Eine Einkommensbereinigung nach § 11 Abs. 2 SGB II a.F. hatte nicht stattzufinden. Der Kläger hatte während des gesamten betroffenen Zeitraums andere Einkünfte, von denen bereits die vorgesehenen Freibeträge abgesetzt worden waren, insbesondere der Grundfreibetrag nach § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II a.F., soweit es Erwerbseinkommen war, und die Versicherungspauschale nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 AlgIIV a.F., soweit der Kläger Arbeitslosengeld bezog.
Vor der Anrechnung des Lottogewinns hatte der ungedeckte Restbedarf des Klägers - entsprechend den vorherigen Bewilligungen - bei Euro 249,47 im Dezember 2006, bei Euro 262,55 im Januar 2007, bei jeweils Euro 233,94 für Februar bis Juni 2007, bei Euro 0,00 im Juli 2007 (wegen der vorherigen vollständigen Aufhebung der Bewilligung für Juli mit Bescheid vom 16.08.2007), bei Euro 62,94 für August, bei zuletzt Euro 415,71 im September (vgl. die dem Teil-Abhilfe-Bescheid vom 20.10.2008 zu Grunde liegende Horizontalberechnung), Euro 270,52 im Oktober und Euro 275,02 im November 2007 gelegen. Das zusätzlich anzurechnende Einkommen aus dem Lottogewinn von Euro 369,73 monatlich überstieg diese Beträge vollständig bzw. verringerte den Restanspruch des Klägers im September 2007 auf Euro 45,98. Es waren daher die gesamten erhaltenen Leistungen für die betroffenen Monate zurückzuzahlen bzw. für September Euro 237,73 (Euro 283,71 - Euro 45,98). Insgesamt betraf die Aufhebung bzw. Rücknahme der Bewilligungen daher Arbeitslosengeld II i.H.v. Euro 2.527,93.
e) Die formellen Voraussetzungen für eine rückwirkende Aufhebung bzw. Rücknahme der Bewilligungen waren erfüllt. Insbesondere hat der Beklagte die Jahresfrist aus § 45 Abs. 4 Satz 2 (ggfs. i.V.m. § 48 Abs. 4 Satz 1) SGB X eingehalten. Er hat von den Einkommenszuflüssen des Klägers nicht vor Vorlage der Kontoauszüge im Dezember 2007 bzw. Januar 2008 erfahren; der angegriffene Bescheid datiert vom 02.04.2008.
f) Nur hinzuweisen ist am Ende darauf, dass die Aufhebung der Bewilligung für Dezember 2006 und Januar 2007 (vorbehaltlich der Ausnahmeregelung für Unterkunftsleistungen in § 40 Abs. 2 SGB II a.F.) auch auf § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X gestützt werden konnte, ohne dass es insoweit auf ein Verschulden des Klägers angekommen wäre.
g) Die Erstattung der genannten Euro 2.527,93 konnte der Beklagte aus § 50 Abs. 1 SGB X verlangen. Nachdem der Kläger mindestens grob fahrlässig gehandelt hat bzw. - für September 2007 - nur eine Teilrücknahme erfolgt ist, greift die Ausnahmeregelung in § 40 Abs. 2 SGB II a.F. (Rückforderung von nur 44 % der gewährten Unterkunftsleistungen) nicht ein.
3. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 193 SGG.
4. Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht dargetan oder ersichtlich. Insbesondere liegt keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG vor. Die Anforderungen an die Bestimmtheit eines Aufhebungs- und Erstattungsbescheids hat das BSG in dem Urteil vom 07.07.2011 geklärt. Auf die Anrechenbarkeit der schweizerischen Integritätsentschädigung kam es nicht an.
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