Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 26 KR 3311/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 4362/12 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 20.09.2012 (S 26 KR 4653/12 ER) wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt die Feststellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klagen (S 26 KR 3311/12).
Mit seinen Klagen hat sich der Antragsteller zunächst gegen die Bescheide der Antragsgegnerinnen vom 27.12.2011 in der Fassung der Bescheide vom 13.01.2012 und 24.02.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.04.2012 in der Fassung des Bescheids vom 28.06.2012, mit denen diese die Versicherungspflicht des Antragstellers in der Gesetzlichen Kranken- und Sozialen Pflegeversicherung ab dem 20.05.2011 und Beiträge iHv anfangs monatlich (KV: 126,90 Euro; PV: 16,61 Euro) 143,51 Euro festgesetzt hatten, sowie des Weiteren gegen den Bescheid der Antragsgegnerin zu 1 vom 29.03.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.07.2012, mit dem die Antragsgegnerin zu 1 das Ruhen des Leistungsanspruchs nach § 16 Abs 3a SGB V ab dem 05.04.2012 festgesetzt hatten, gewandt.
Das Sozialgericht Stuttgart (SG) hat auf den Antrag des Antragstellers vom 20.08.2012 mit Beschluss vom 20.09.2012 die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 29.03.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.07.2012 (Ruhen des Leistungsanspruchs) angeordnet; im Übrigen (Beitragsfestsetzung ab 20.05.2011) hat das SG den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage abgelehnt.
Gegen den ihm am 21.09.2012 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 18.10.2012 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) Beschwerde eingelegt. Er führt sinngemäß aus, das SG und die Antragsgegnerinnen hätten das Recht unrichtig angewandt und hätten unrichtige Feststellungen zum Sachverhalt getroffen. Die Entscheidungen seien von Anfang an nichtig, weil sie Fehler enthielten. Er habe mehrfach beim Vorstand der Antragsgegnerinnen gebeten, den Verpflichtungen nachzukommen.
Mit Schreiben vom 11.11.2012 hat der Antragsteller ua ergänzt, dass Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens nicht die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes sondern nur dessen Vollziehung gewesen sei.
Der Antragsteller begehrt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 20.09.2012 abzuändern und auch die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerinnen vom 27.12.2011 in der Fassung der Bescheide vom 13.01.2012 und 24.02.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.04.2012 in der Fassung des Bescheids vom 28.06.2012 anzuordnen.
Die Antragsgegnerinnen beantragen,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie sind der Beschwerde entgegengetreten und halten die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Mit Schreiben vom 01.10.2012 (Blatt 51 der Akte im Verfahren S 26 KR 3311/12) hat die Antragsgegnerin zu 1 dem Antragsteller mitgeteilt, dass der Leistungsanspruch ab dem 05.04.2012 nicht ruhe. Zugleich hat sie mit Bescheid vom 01.10.2012 (Blatt 52 der SG-Akte S 26 KR 3311/12) das Ruhen des Leistungsanspruchs nach § 16 Abs 3a SGB V ab dem 08.10.2012 festgesetzt; eine Rechtsbehelfsbelehrung enthielt der Bescheid nicht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde des Antragstellers ist ohne Erfolg.
Nachdem das SG dem Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage insoweit stattgegeben hat, als es die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin zu 1 vom 29.03.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.07.2012 (Ruhen des Leistungsanspruchs nach § 16 Abs 3a SGB V ab 05.04.2012) angeordnet hat, ist der Antragsteller nicht beschwert, weshalb eine Beschwerde hiergegen unzulässig wäre. Daher legt der Senat die Beschwerde des Antragstellers in dessen wohlverstandenem Interesse dahingehend aus, dass sich dieser nur soweit gegen die Entscheidung des SG wendet, als dieses seinen Antrag abgelehnt hat.
Die so verstandene Beschwerde ist Sd § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegt. Sie ist auch nicht nach § 172 Abs 3 Nr 1 SGG in der seit 11.08.2010 geltenden Fassung des Art 6 Drittes Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 05.08.2010 (BGBl I S 1127) ausgeschlossen (§ 144 Abs 1 SGG). Denn die Beteiligten streiten um Versicherungs- und Beitragspflichten (BSG 25.07.2002, B 10 LW 6/02 B, juris Rdnr 8) - auch für einen Zeitraum von mehr als einem Jahr.
Die Beschwerde ist unbegründet.
Die vom Antragsteller erhobene Anfechtungsklage gegen die Bescheide der Antragsgegnerinnen vom 27.12.2011 in der Fassung der Bescheide vom 13.01.2012 und 24.02.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.04.2012 in der Fassung des Bescheids vom 28.06.2012, mit denen diese die Versicherungspflicht des Klägers nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V und die daraus folgende Beitragspflicht einschließlich der monatlichen Beiträge festgesetzt haben, hat nicht bereits kraft Gesetzes aufschiebende Wirkung. Nach Abs 1 des mit Wirkung vom 02.01.2002 durch Art 1 Nr 35 des Sechsten Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes (6. SGGÄndG) vom 17.08.2001 (BGBl I S 2144) eingefügten § 86a SGG haben Widerspruch und Anfechtungsklage zwar grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Nach § 86a Abs 2 Nr 1 SGG entfällt jedoch - wie vorliegend - die aufschiebende Wirkung bei der Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten. Nach § 86b Abs 1 Nr 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache aber auf Antrag die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen.
Die Frage, ob die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Klage aufgrund von § 86b Abs 1 Nr 2 SGG anzuordnen ist, ist anhand einer Interessenabwägung zu beurteilen. Die öffentlichen Interessen am sofortigen Vollzug des Verwaltungsaktes und die privaten Interessen an der Aussetzung der Vollziehung sind gegeneinander abzuwägen. Dabei ist zu beachten, dass das Gesetz mit dem Ausschluss der aufschiebenden Wirkung dem öffentlichen Interesse an einer sofortigen Vollziehung des angefochtenen Bescheides Vorrang vor dem Interesse des Betroffenen an einem Aufschub der Vollziehung einräumt. Diese typisierend zu Lasten des Einzelnen ausgestaltete Interessenabwägung kann aber auch im Einzelfall zugunsten des Betroffenen ausfallen. Die konkreten gegeneinander abzuwägenden Interessen ergeben sich in der Regel aus den konkreten Erfolgsaussichten des Hauptsachverfahrens, dem konkreten Vollziehungsinteresse und der für die Dauer einer möglichen aufschiebenden Wirkung drohenden Rechtsbeeinträchtigung (so auch Beschluss des Senats 06.05.2010, L 11 R 1806/10 ER-B). Dabei sind auch stets die Maßstäbe des § 86a Abs 3 Satz 2 SGG zu berücksichtigen. Demgemäß hat eine Aussetzung der Vollziehung zu erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgabepflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
Der Senat geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass bei Beitragsstreitigkeiten ernstliche Zweifel in Sinne des § 86a Abs 3 Satz 2 SGG nur dann vorliegen, wenn ein Obsiegen des Antragstellers in der Hauptsache wahrscheinlicher ist als ein Unterliegen (vgl auch Beschluss des Senats 28.06.2010, L 11 R 1903/10 ER-B, nv). Andernfalls wäre in Beitragsangelegenheiten angesichts der vielfach in vorläufigen Rechtsschutzverfahren noch ungeklärten Verhältnisse eine Vollziehung häufig nicht durchsetzbar, was die Funktionsfähigkeit der Sozialversicherungsträger beeinträchtigen könnte (ebenso LSG Nordrhein-Westfalen 01.07.2004, L 5 B 2/04 KR ER mwN, juris). Insoweit müssen erhebliche Gründe für ein Obsiegen in der Hauptsache sprechen, damit die in § 86a Abs 2 Nr 1 SGG vorgenommene gesetzliche Risikoverteilung geändert werden kann.
Angesichts der vorgetragenen und sich aus den Akten ergebenden Umstände dürfte der angefochtene Bescheid vom 27.12.2011 in der Fassung der Bescheide vom 13.01.2012 und 24.02.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.04.2012 in der Fassung des Bescheids vom 28.06.2012 zutreffend sein, weshalb die Vollzugsinteressen der Antragsgegnerinnen vorliegend die Interessen des Antragstellers überwiegen.
Mit dem mit der Klage vom 31.05.2012 angefochtenen Bescheid vom 27.12.2011 in der Fassung der Bescheide vom 13.01.2012 und 24.02.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.04.2012 in der Fassung des Bescheids vom 28.06.2012 haben die Antragsgegnerinnen den Antragsteller verpflichtet, Beiträge für die Zeit ab dem 20.05.2011 iHv anfänglich monatlich insgesamt 143,51 Euro, ab 01.01.2012 iHv monatlich 147,44 Euro, wegen einer Pflichtmitgliedschaft nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V zu zahlen. Den Grund (§ 5 Abs 1 Nr 13 SGB V) und den Beginn (bis zum 19.05.2011 war der Antragsteller als sozialversicherungspflichtig abhängig Beschäftigter pflichtversichert) der Pflichtversicherung haben die Antragsgegnerinnen zutreffend bestimmt, nachdem der Antragsteller zuvor bei ihnen versichert gewesen war und seither eine anderweitige Versicherung - auch eine vorgehende Versicherung - nicht besteht. Da es sich um eine Pflichtversicherung handelt, ist deren Entstehen auch vom Willen des Antragstellers, eben nicht versichert zu sein, unabhängig.
Auch die Beitragsbemessungsgrundlagen sind - bei summarischer Prüfung - zutreffend bestimmt (§§ 227 iVm 240 Abs 4 Satz 1 SGB V); die Beitragsbemessung in der Pflegeversicherung folgt derjenigen der Krankenversicherung (dazu vgl § 57 Abs 1 Satz 1 bzw Abs 4 Satz 1 SGB XI). Hieraus haben die Antragsgegnerinnen unter Anlegung des zutreffenden Beitragssatzes den jeweiligen Beitrag zutreffend errechnet. Dass der Antragsteller vorbringt, tatsächlich keine Einnahmen zu haben, steht der Beitragsfestsetzung nicht entgegen, denn bei Pflichtversicherten nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V, wie auch bei freiwillig Versicherte (§ 240 SGB V) erfolgt die Beitragsbemessung unter Zugrundelegung von gesetzlich definierten (fiktiven) Mindesteinnahmen, denen tatsächliche Einnahmen nicht gegenüberstehen müssen.
Auch unter Berücksichtigung der vom Antragsteller geltend gemachten persönlichen, familiären und beruflichen Umstände ist der Senat der Auffassung, dass seine Interessen - auch unter Betrachtung der Folgen dieser Entscheidung -, hinter das Vollzugsinteresse zurückzutreten haben. Damit konnte der Senat auch dem Begehren des Antragstellers, die Zwangsvollstreckung einzustellen und begonnene Vollstreckungsmaßnahmen aufzugheben, im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes nicht nachkommen.
Soweit der Antragsteller darüber hinaus ausgeführt hat, es sei von Amts wegen gegen Missstände einzuschreiten, der Sachverhalt von Amts wegen kostenfrei zu untersuchen, rechtswidrige angefochtene Entscheide rückwirkend aufzuheben und festzustellen, dass die Antragsgegnerinnen ihm wiederholt im Laufe des hängigen Gerichtsverfahrens in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise absichtlich Schaden zugefügt hätten, handelt es sich nicht um Anträge im Verfahren sondern um Begründungselemente seines Vorbringens. Jedoch ergibt sich auch hieraus keine dem Antragsteller günstigere Entscheidung.
Auch musste der Senat nicht über den Bescheid vom 01.10.2012 (Blatt 52 der SG-Akte S 26 KR 3311/12), mit dem die Antragsgegnerin zu 1 das Ruhen des Leistungsanspruchs nach § 16 Abs 3a SGB V ab dem 08.10.2012 festgesetzt hat, entscheiden. Denn dieser ist weder nach § 96 SGG Gegenstand des Hauptsacheverfahrens S 26 KR 3311/12 noch des hier vorliegenden Beschwerdeverfahrens geworden, denn er ändert oder ersetzt keinen im vorliegenden Verfahren angefochtenen Bescheid.
Damit war die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung im Beschwerdeverfahren beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Außergerichtliche Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt die Feststellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klagen (S 26 KR 3311/12).
Mit seinen Klagen hat sich der Antragsteller zunächst gegen die Bescheide der Antragsgegnerinnen vom 27.12.2011 in der Fassung der Bescheide vom 13.01.2012 und 24.02.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.04.2012 in der Fassung des Bescheids vom 28.06.2012, mit denen diese die Versicherungspflicht des Antragstellers in der Gesetzlichen Kranken- und Sozialen Pflegeversicherung ab dem 20.05.2011 und Beiträge iHv anfangs monatlich (KV: 126,90 Euro; PV: 16,61 Euro) 143,51 Euro festgesetzt hatten, sowie des Weiteren gegen den Bescheid der Antragsgegnerin zu 1 vom 29.03.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.07.2012, mit dem die Antragsgegnerin zu 1 das Ruhen des Leistungsanspruchs nach § 16 Abs 3a SGB V ab dem 05.04.2012 festgesetzt hatten, gewandt.
Das Sozialgericht Stuttgart (SG) hat auf den Antrag des Antragstellers vom 20.08.2012 mit Beschluss vom 20.09.2012 die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 29.03.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.07.2012 (Ruhen des Leistungsanspruchs) angeordnet; im Übrigen (Beitragsfestsetzung ab 20.05.2011) hat das SG den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage abgelehnt.
Gegen den ihm am 21.09.2012 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 18.10.2012 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) Beschwerde eingelegt. Er führt sinngemäß aus, das SG und die Antragsgegnerinnen hätten das Recht unrichtig angewandt und hätten unrichtige Feststellungen zum Sachverhalt getroffen. Die Entscheidungen seien von Anfang an nichtig, weil sie Fehler enthielten. Er habe mehrfach beim Vorstand der Antragsgegnerinnen gebeten, den Verpflichtungen nachzukommen.
Mit Schreiben vom 11.11.2012 hat der Antragsteller ua ergänzt, dass Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens nicht die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes sondern nur dessen Vollziehung gewesen sei.
Der Antragsteller begehrt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 20.09.2012 abzuändern und auch die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerinnen vom 27.12.2011 in der Fassung der Bescheide vom 13.01.2012 und 24.02.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.04.2012 in der Fassung des Bescheids vom 28.06.2012 anzuordnen.
Die Antragsgegnerinnen beantragen,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie sind der Beschwerde entgegengetreten und halten die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Mit Schreiben vom 01.10.2012 (Blatt 51 der Akte im Verfahren S 26 KR 3311/12) hat die Antragsgegnerin zu 1 dem Antragsteller mitgeteilt, dass der Leistungsanspruch ab dem 05.04.2012 nicht ruhe. Zugleich hat sie mit Bescheid vom 01.10.2012 (Blatt 52 der SG-Akte S 26 KR 3311/12) das Ruhen des Leistungsanspruchs nach § 16 Abs 3a SGB V ab dem 08.10.2012 festgesetzt; eine Rechtsbehelfsbelehrung enthielt der Bescheid nicht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde des Antragstellers ist ohne Erfolg.
Nachdem das SG dem Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage insoweit stattgegeben hat, als es die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin zu 1 vom 29.03.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.07.2012 (Ruhen des Leistungsanspruchs nach § 16 Abs 3a SGB V ab 05.04.2012) angeordnet hat, ist der Antragsteller nicht beschwert, weshalb eine Beschwerde hiergegen unzulässig wäre. Daher legt der Senat die Beschwerde des Antragstellers in dessen wohlverstandenem Interesse dahingehend aus, dass sich dieser nur soweit gegen die Entscheidung des SG wendet, als dieses seinen Antrag abgelehnt hat.
Die so verstandene Beschwerde ist Sd § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegt. Sie ist auch nicht nach § 172 Abs 3 Nr 1 SGG in der seit 11.08.2010 geltenden Fassung des Art 6 Drittes Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 05.08.2010 (BGBl I S 1127) ausgeschlossen (§ 144 Abs 1 SGG). Denn die Beteiligten streiten um Versicherungs- und Beitragspflichten (BSG 25.07.2002, B 10 LW 6/02 B, juris Rdnr 8) - auch für einen Zeitraum von mehr als einem Jahr.
Die Beschwerde ist unbegründet.
Die vom Antragsteller erhobene Anfechtungsklage gegen die Bescheide der Antragsgegnerinnen vom 27.12.2011 in der Fassung der Bescheide vom 13.01.2012 und 24.02.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.04.2012 in der Fassung des Bescheids vom 28.06.2012, mit denen diese die Versicherungspflicht des Klägers nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V und die daraus folgende Beitragspflicht einschließlich der monatlichen Beiträge festgesetzt haben, hat nicht bereits kraft Gesetzes aufschiebende Wirkung. Nach Abs 1 des mit Wirkung vom 02.01.2002 durch Art 1 Nr 35 des Sechsten Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes (6. SGGÄndG) vom 17.08.2001 (BGBl I S 2144) eingefügten § 86a SGG haben Widerspruch und Anfechtungsklage zwar grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Nach § 86a Abs 2 Nr 1 SGG entfällt jedoch - wie vorliegend - die aufschiebende Wirkung bei der Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten. Nach § 86b Abs 1 Nr 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache aber auf Antrag die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen.
Die Frage, ob die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Klage aufgrund von § 86b Abs 1 Nr 2 SGG anzuordnen ist, ist anhand einer Interessenabwägung zu beurteilen. Die öffentlichen Interessen am sofortigen Vollzug des Verwaltungsaktes und die privaten Interessen an der Aussetzung der Vollziehung sind gegeneinander abzuwägen. Dabei ist zu beachten, dass das Gesetz mit dem Ausschluss der aufschiebenden Wirkung dem öffentlichen Interesse an einer sofortigen Vollziehung des angefochtenen Bescheides Vorrang vor dem Interesse des Betroffenen an einem Aufschub der Vollziehung einräumt. Diese typisierend zu Lasten des Einzelnen ausgestaltete Interessenabwägung kann aber auch im Einzelfall zugunsten des Betroffenen ausfallen. Die konkreten gegeneinander abzuwägenden Interessen ergeben sich in der Regel aus den konkreten Erfolgsaussichten des Hauptsachverfahrens, dem konkreten Vollziehungsinteresse und der für die Dauer einer möglichen aufschiebenden Wirkung drohenden Rechtsbeeinträchtigung (so auch Beschluss des Senats 06.05.2010, L 11 R 1806/10 ER-B). Dabei sind auch stets die Maßstäbe des § 86a Abs 3 Satz 2 SGG zu berücksichtigen. Demgemäß hat eine Aussetzung der Vollziehung zu erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgabepflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
Der Senat geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass bei Beitragsstreitigkeiten ernstliche Zweifel in Sinne des § 86a Abs 3 Satz 2 SGG nur dann vorliegen, wenn ein Obsiegen des Antragstellers in der Hauptsache wahrscheinlicher ist als ein Unterliegen (vgl auch Beschluss des Senats 28.06.2010, L 11 R 1903/10 ER-B, nv). Andernfalls wäre in Beitragsangelegenheiten angesichts der vielfach in vorläufigen Rechtsschutzverfahren noch ungeklärten Verhältnisse eine Vollziehung häufig nicht durchsetzbar, was die Funktionsfähigkeit der Sozialversicherungsträger beeinträchtigen könnte (ebenso LSG Nordrhein-Westfalen 01.07.2004, L 5 B 2/04 KR ER mwN, juris). Insoweit müssen erhebliche Gründe für ein Obsiegen in der Hauptsache sprechen, damit die in § 86a Abs 2 Nr 1 SGG vorgenommene gesetzliche Risikoverteilung geändert werden kann.
Angesichts der vorgetragenen und sich aus den Akten ergebenden Umstände dürfte der angefochtene Bescheid vom 27.12.2011 in der Fassung der Bescheide vom 13.01.2012 und 24.02.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.04.2012 in der Fassung des Bescheids vom 28.06.2012 zutreffend sein, weshalb die Vollzugsinteressen der Antragsgegnerinnen vorliegend die Interessen des Antragstellers überwiegen.
Mit dem mit der Klage vom 31.05.2012 angefochtenen Bescheid vom 27.12.2011 in der Fassung der Bescheide vom 13.01.2012 und 24.02.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.04.2012 in der Fassung des Bescheids vom 28.06.2012 haben die Antragsgegnerinnen den Antragsteller verpflichtet, Beiträge für die Zeit ab dem 20.05.2011 iHv anfänglich monatlich insgesamt 143,51 Euro, ab 01.01.2012 iHv monatlich 147,44 Euro, wegen einer Pflichtmitgliedschaft nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V zu zahlen. Den Grund (§ 5 Abs 1 Nr 13 SGB V) und den Beginn (bis zum 19.05.2011 war der Antragsteller als sozialversicherungspflichtig abhängig Beschäftigter pflichtversichert) der Pflichtversicherung haben die Antragsgegnerinnen zutreffend bestimmt, nachdem der Antragsteller zuvor bei ihnen versichert gewesen war und seither eine anderweitige Versicherung - auch eine vorgehende Versicherung - nicht besteht. Da es sich um eine Pflichtversicherung handelt, ist deren Entstehen auch vom Willen des Antragstellers, eben nicht versichert zu sein, unabhängig.
Auch die Beitragsbemessungsgrundlagen sind - bei summarischer Prüfung - zutreffend bestimmt (§§ 227 iVm 240 Abs 4 Satz 1 SGB V); die Beitragsbemessung in der Pflegeversicherung folgt derjenigen der Krankenversicherung (dazu vgl § 57 Abs 1 Satz 1 bzw Abs 4 Satz 1 SGB XI). Hieraus haben die Antragsgegnerinnen unter Anlegung des zutreffenden Beitragssatzes den jeweiligen Beitrag zutreffend errechnet. Dass der Antragsteller vorbringt, tatsächlich keine Einnahmen zu haben, steht der Beitragsfestsetzung nicht entgegen, denn bei Pflichtversicherten nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V, wie auch bei freiwillig Versicherte (§ 240 SGB V) erfolgt die Beitragsbemessung unter Zugrundelegung von gesetzlich definierten (fiktiven) Mindesteinnahmen, denen tatsächliche Einnahmen nicht gegenüberstehen müssen.
Auch unter Berücksichtigung der vom Antragsteller geltend gemachten persönlichen, familiären und beruflichen Umstände ist der Senat der Auffassung, dass seine Interessen - auch unter Betrachtung der Folgen dieser Entscheidung -, hinter das Vollzugsinteresse zurückzutreten haben. Damit konnte der Senat auch dem Begehren des Antragstellers, die Zwangsvollstreckung einzustellen und begonnene Vollstreckungsmaßnahmen aufzugheben, im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes nicht nachkommen.
Soweit der Antragsteller darüber hinaus ausgeführt hat, es sei von Amts wegen gegen Missstände einzuschreiten, der Sachverhalt von Amts wegen kostenfrei zu untersuchen, rechtswidrige angefochtene Entscheide rückwirkend aufzuheben und festzustellen, dass die Antragsgegnerinnen ihm wiederholt im Laufe des hängigen Gerichtsverfahrens in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise absichtlich Schaden zugefügt hätten, handelt es sich nicht um Anträge im Verfahren sondern um Begründungselemente seines Vorbringens. Jedoch ergibt sich auch hieraus keine dem Antragsteller günstigere Entscheidung.
Auch musste der Senat nicht über den Bescheid vom 01.10.2012 (Blatt 52 der SG-Akte S 26 KR 3311/12), mit dem die Antragsgegnerin zu 1 das Ruhen des Leistungsanspruchs nach § 16 Abs 3a SGB V ab dem 08.10.2012 festgesetzt hat, entscheiden. Denn dieser ist weder nach § 96 SGG Gegenstand des Hauptsacheverfahrens S 26 KR 3311/12 noch des hier vorliegenden Beschwerdeverfahrens geworden, denn er ändert oder ersetzt keinen im vorliegenden Verfahren angefochtenen Bescheid.
Damit war die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung im Beschwerdeverfahren beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
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