Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 5 R 4689/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 5562/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichtes Karlsruhe vom 07.11.2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger aufgrund seines Antrags vom 17.11.2009 ein Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung, ggf bei Berufsunfähigkeit, ab dem 01.11.2009 zusteht.
Der am 11.04.1962 geborene Kläger, türkischer Staatsangehöriger, zog 1988 in die Bundesrepublik Deutschland. Er ist verheiratet und hat drei Kinder. 1974 verlor der Kläger bei einem Zugunglück den linken Unterschenkel ca 20 cm unterhalb des Kniegelenks; er ist mit einer Schaftprothese versorgt. Seit 2006 besteht eine koronare Zwei-Gefäß-Erkrankung, welche mehrfach interventionell mit PTCA und Stent-Implantation versorgt wurde. 2009 wurde ein gutartiger Tumor an der rechten Wange entfernt. Eine Berufsausbildung absolvierte der Kläger nicht; zuletzt war er als Kurierfahrer (Medikamentenverteiler) in Vollzeit sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Seit Mai 2002 ist er arbeitslos. Vom 01.11.2008 bis 30.11.2009 war der Kläger arbeitslos, war aber - ohne Leistungsbezug - auch bei der Bundesagentur für Arbeit nicht gemeldet. Dem Kläger ist seit dem 07.12.1990 ein GdB von 50, seit 01.09.2006 ein GdB von 60, sowie das Merkzeichen G zuerkannt.
Frühere Anträge auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung vom 29.08.2005 bzw 01.10.2007 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 25.10.2005 bzw 07.12.2007 ab. Erneut beantragte der Kläger am 17.11.2009 bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Hierzu gab er an, sich seit 24.04.2009 ua wegen massivster Verschlechterung des Gesundheitszustandes, zusätzlich wegen eines Zustandes nach Tumoroperation in der rechten Gesichtshälfte und geringer Sehkraft des rechten Auges für erwerbsgemindert zu halten.
Im Auftrag der Beklagten untersuchte die Fachärztin für Innere Medizin und Rheumatologie W. den Kläger. In ihrem Gutachten vom 15.02.2010 teilte sie mit, der Kläger leide an einer koronaren Zwei-Gefäßerkrankung (mit Stentimplantation im Jahr 2006) sowie einem chronischen Cervikal- und Lumbalsyndrom. Trotz der Unterschenkelamputation links sei er noch in der Lage, eine leichte bis mittelschwere Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes in einem zeitlichen Umfang von mindestens sechs Stunden täglich auszuüben.
Die Beklagte lehnte daraufhin die Gewährung der begehrten Rente mit Bescheid vom 18.02.2010 ab; der Kläger sei nicht erwerbsgemindert.
Mit seinem Widerspruch vom 01.03.2010 machte der Kläger geltend, es bestehe auch eine depressive Verstimmung. Das Versorgungsamt habe einen GdB von 60 anerkannt. Insbesondere der Verlust des linken Unterschenkels und die Koronarerkrankung stünden einer kontinuierlichen Tätigkeit entgegen.
Am 05.03.2010 wurde beim Kläger ein einfacher aortokoronarer Bypass (LIMA auf RIVA) gelegt. Anschließend gewährte die Beklagte dem Kläger ab dem 15.03.2010 stationäre Leistungen zur medizinischen Rehabilitation in der A.-Privatklinik B. K ... Nach zwei Tagen brach der Kläger die Maßnahme ab, weil er gegen seinen Willen in die Rehabilitation geschickt worden sei (vgl Entlassbericht auf Blatt 29 ff der Reha-Akte der Beklagten). Der Entlassbericht vom 19.03.2010 teilt mit, ein Leistungsbild sei zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht zu erheben gewesen. Jedoch - einen ordnungsgemäßen Heilverlauf vorausgesetzt - sei der Kläger leistungsfähig für leichte körperliche Arbeiten ohne Stressoren wie Akkordarbeit, Nachtschicht, Arbeiten in ständigem Gehen und Stehen sowie Arbeiten unter erhöhter geistig-psychischer Belastung.
Mit Widerspruchsbescheid vom 20.10.2010 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Hiergegen hat der Kläger am 05.11.2010 beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) Klage erhoben und sein Begehren weiterverfolgt.
Das SG hat Beweis erhoben durch schriftliche Befragung der den Kläger behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen. Wegen des Inhalts und Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf Blatt 33, 34/35, 36 bis 64 sowie 78 bis 91 der SG-Akte Bezug genommen. Der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. H. hat dem SG mit Schreiben vom 03.02.2011 mitgeteilt, der Kläger sei nur einmal bei ihm gewesen. Der Facharzt für Orthopädie, Unfallarzt, Badearzt, Dr. H. hat in seinem Schreiben vom 11.02.2011 ausgeführt, der Kläger sei zuletzt am 14.12.2010 ins einer Behandlung gewesen. Die Beschwerden in der Brustwirbelsäule seien damals nach den Infiltrationen rückläufig gewesen. Er nehme auch an, dass sich die Kniegelenksbeschwerden gebessert hätten, sonst wäre der Kläger ?sicherlich wieder erschienen?. Auf orthopädischem Fachgebiet müssten leichte vollschichtige Tätigkeiten zumutbar sein. Frau D., Fachärztin Allgemeinmedizin, hat dem SG in ihrer Auskunft vom 21.02.2011 mitgeteilt, dass die Beschwerden seitens des muskuloskelettalen Sytems eher besser seien. Die KHK sei auf jeden Fall besser. Eine Tätigkeit, die überwiegend im Sitzen erledigt werden könne, so dass die Benutzung der Prothese minimiert sei, sei durchaus vorstellbar. Prof. Dr. K., Europäischer Gastroenterologe, Kardiologe und Internist, hat mit Schreiben vom 19.04.2011 ausgeführt, nach der Bypass-Operation 2010 sei der Kläger bis 75 Watt belastbar gewesen. Der Gesamtverlauf des Krankheitsbildes zeige eine deutliche progressierende Erkrankung. Die letzte Belastung im Oktober 2010 habe bei 75 Watt ohne Ischämienachweis gelegen. Nach dem Stand von Oktober 2010 könne der Kläger sicher in Teilzeit eine leichte körperliche Tätigkeit ausüben. Allerdings bestehe der Zustand nach Unterschenkelamputation links. Eine darüber hinausgehend berufliche Tätigkeit, vollschichtig, sei zu vertreten.
Das SG hat des Weiteren Beweis erhoben durch Einholung eines kardiologischen Gutachtens bei Dr. K ... Wegen des Inhalts und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf Blatt 98 bis 106 der SG-Akte Bezug genommen. Dr. K., Arzt für Innere Medizin, Kardiologie, Verkehrsmedizin, hat in seinem Gutachten vom 18.07.2011 eine koronare Herzerkrankung, aktuell noch in Form einer koronaren Ein-Gefäßerkrankung mit Zustand nach erfolgreicher vierfach-Stent-PCI der RCA im Januar 2006 sowie Zustand nach einfach Myokardrevaskularisation des medialen RIVA im März 2010 festgestellt. Hierbei sei die Funktion der linken Herzkammer nicht beeinträchtigt, es handele sich um einen ungeschädigten linken Ventrikel entsprechend dem myokardialen Funktionsstadium 0. Die Brustkorbschmerzen des Klägers seien nicht durch das Herz bedingt, eine limitierende Angina pectoris könne nicht festgestellt werden. Bei unauffälliger Herzfunktion und ergometrisch beschwerdefreier Belastbarkeit bis 75 Watt könnten dem Kläger unter Beachtung von qualitativen Einschränkungen noch leichte Tätigkeiten sechs Stunden und mehr im Rahmen einer Fünf-Tage-Woche zugemutet werden. Von kardialer Seite sei die Wegefähigkeit nicht eingeschränkt.
Mit Urteil vom 07.11.2011 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger sei nicht erwerbsgemindert, denn er sei gesundheitlich in der Lage, eine leichte körperliche Arbeit mindestens sechs Stunden täglich auszuüben; zudem sei er imstande, eine Arbeitsstelle zu erreichen.
Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 17.11.2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am Montag, 19.12.2011, beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) Berufung eingelegt. Er sei entgegen der Auffassung der Beklagten und des SG eben nicht in der Lage, einer mindestens sechsstündigen Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nachzugehen. Jeder der Ärzte habe fachspezifische Feststellungen getroffen, ohne dass anschließend ein Abgleich in Form einer Gesamtbeurteilung erfolgt sei. Er habe sich bei der Agentur für Arbeit als arbeitssuchend gemeldet, wo erhebliche Zweifel an seiner gesundheitlichen Leistungsfähigkeit vorgebracht worden seien, weshalb er auf jeden Fall auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht vermittelbar sei. Nach diesem Gespräch habe er nun vollends resigniert.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 07.11.2011 und den Bescheid der Beklagten vom 18.02.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.10.2010 aufzuheben sowie die Beklagte zu verurteilen, ihm ab dem 01.11.2009 eine Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung, ggf bei Berufsunfähigkeit, zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte ist der Berufung entgegen getreten und hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Der Senat hat Beweis erhoben durch schriftliche Befragung von Dr. H. als sachverständigem zeugen. Wegen des Inhalts und Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf Blatt 37 der Senatsakte Bezug genommen. Dr. H. hat dem LSG seine an das SG formulierte Auskunft erneut zukommen lassen.
Mit Schreiben vom 10.05.2012 wurden die Beteiligten darauf hingewiesen, dass beabsichtigt sei, die Berufung ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss zurückzuweisen, da der Senat die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halte. Die Beklagte hat sich mit dieser Vorgehensweise einverstanden erklärt. Der Kläger hat mit Schreiben vom 02.07.2012 nochmals inhaltlich zu seinem Begehren vorgetragen und ua ausgeführt, dass er seit dem 03.02.2011 weitere zwei Mal bei Dr. H. in Behandlung gewesen sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des Senats sowie die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat kann gemäß § 153 Abs 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) über die Berufung ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss entscheiden, da die Berufsrichter des Senats die Berufung einstimmig für unbegründet erachten und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halten.
Die nach den §§ 143, 151 Abs 1, 144 Abs 1 Satz 2 SGG form- und fristgerecht eingelegte sowie statthafte Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet.
Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 iVm Abs 4 SGG) ist der die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung ablehnende Bescheid der Beklagten vom 18.02.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2010.2010. Dieser Bescheid ist - wie das SG zu Recht festgestellt hat - nicht rechtswidrig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Denn der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller bzw teilweiser Erwerbsminderung, auch nicht bei Berufsunfähigkeit.
Der geltend gemachte Anspruch richtet sich nach § 43 SGB VI in der ab 01.01.2008 geltenden Fassung des Art 1 Nr 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20.04.2007 (BGBl I, 554). Versicherte haben nach § 43 Abs 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbs-minderung und nach § 43 Abs 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbs-minderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs 1 und Abs 2 SGB VI vor. Wer noch 6 Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs 3 SGB VI).
Nach dem Ergebnis der vom SG und dem Senat durchgeführten Ermittlungen steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger noch in der Lage ist, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Beachtung qualitativer Einschränkungen sechs Stunden und mehr an fünf Tagen pro Woche zu verrichten. Insoweit sieht der Senat von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab, verweist auf die zutreffenden Ausführungen des SG und weist die Berufungen aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurück (§ 153 Abs 2 SGG). Ergänzend sei auf folgendes hingewiesen:
Die kardiologische Erkrankungen des Klägers hat Dr. K. zutreffend dargestellt. Danach leidet der Kläger an einer koronaren Herzerkrankung, aktuell noch in Form einer koronaren Ein-Gefäßerkrankung mit Zustand nach erfolgreicher vierfach-Stent-PCI der RCA im Januar 2006 sowie Zustand nach einfach Myokardrevaskularisation des medialen RIVA im März 2010. Die Funktion der linken Herzkammer ist nicht beeinträchtigt. Eine Angina pectoris liegt nicht vor. Dr. K. konnte bei der Farb-Doppler-Echokardiographie auch einen unauffälligen Klappenstatus, normal große Herzhöhlen, eine normale linksventrikuläre Funktion mit einer Auswurffunktion von 51 %, keine Linkshypertrophie, keine regionalen Wandbewegungsstörungen, ein unauffälliges Flussverhalten über alle Klappen, ein normales diastolisches Füllungsverhalten des linken Ventrikels und keine Hinweise auf pulmonale Hypertonie feststellen. Auch wenn der Kläger das Belastungs-EKG nach wenigen Sekunden wegen Brustkorbschmerzen abgebrochen hatte, konnte Dr. K. diese Brustkorbschmerzen nicht auf die Herzerkrankung zurück führen. Daher ist seine Einschätzung, der Kläger könne noch leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt arbeitstäglich sechs Stunden und mehr unter Beachtung qualitativer Einschränkungen verrichten, schlüssig; der Senat schließt sich dieser Einschätzung an. Er sieht sich auch durch die Aussage des Klägers gegenüber Dr. K., er sei kurz vor dem Untersuchungstermin bei Dr. K. zu einem Herzcheck in der Türkei und dort sei alles in Ordnung gewesen, bestätigt. Auch Prof. Dr. K. hat letztlich keine andere Einschätzung der Erkrankungslage als auch des Leistungsvermögens abgegeben. Vielmehr konnte Prof. Dr. K. sogar noch im Oktober 2010 eine Belastbarkeit bis 75 Watt ohne Ischämienachweis darlegen. Damit bedingen die kardiologischen Erkrankungen keine rentenrechtlich relevanten zeitlichen Einschränkungen der Leistungsfähigkeit. Vielmehr hat der Kläger lediglich qualitative Leistungseinschränkungen zu beachten. Insoweit sind Tätigkeiten ausgeschlossen, die mit Heben und Tragen von Gewichten über 10 kg, gleichförmigen Körperhaltungen, mit Tätigkeiten in Kälte, Hitze oder mit starken Temperaturschwankungen, mit dem Umgang mit gefährdenden Stoffen, mit Schichtdienst mit gestörtem Tag- Nacht- Rhythmus und mit Akkordarbeit verbunden sind.
Auch nervenärztliche Erkrankungen führen nach Überzeugung des Senats nicht zu einer zeitlichen Einschränkung des Leistungsvermögens. Dr. H., der vom Senat erneut befragt worden war, hat gegenüber seiner Auskunft an das SG keine neuen Befunde mitteilen können. Auch dass der Kläger - wie er selbst ausführt - noch weitere zweimal bei Dr. H. in Behandlung gewesen sein will, führt nicht zu einer anderen Beurteilung. Dr. H. hat lediglich leichte neurologische Befunde erhoben im Hinblick auf die Tumoroperation der rechten Gesichtshälfte (Taubheitsgefühl und Spannungsgefühl) mit leichtem Klopfschmerz über der Stirn rechts und von einer leicht eingeschränkten HWS-Beweglichkeit mit Schmerzausstrahlung in den Nackenbereich, einer Hypalgesie an den Fingerkuppen beidseits, nächtlichem Einschlafen beider Hände sowie einem Klopfschmerz lumbal ausstrahlend in den linken Oberschenkel berichtet. Hieraus lassen sich aber genauso wenig psychiatrische Erkrankungen - insbesondere nicht eine depressive Verstimmung mit psychovegetativen Störungen - entnehmen wie aus den anderen vorliegenden ärztlichen Unterlagen. Schließlich spricht auch die Tatsache, dass der Kläger nach eigenen Angaben Dr. H. seit 2009 erst zwei Mal wieder aufgesucht hat, klar gegen das Vorliegen gravierender neurologischer und psychiatrischer Erkrankungen. Auch bedingen die neurologischen Befunde keine Einschränkung der zeitlichen Leistungsfähigkeit des Klägers.
Auch aus Sicht des orthopädischen Fachgebiets ist der Kläger noch in der Lage, leichte Tätigkeiten mehr als sechs Stunden arbeitstäglich auszuüben. Dies stellt der Senat auf Grundlage der schlüssigen und widerspruchsfreien Auskunft von Dr. H. fest. Insbesondere bedingt auch das kurz unterhalb des Knies amputierte Bein keine zeitliche Einschränkung der Leistungsfähigkeit. Soweit Frau D. hier auf Beschwerden beim Tragen der Prothese bzw bei der Fortbewegung mittels Krücken hingewiesen hat, ergeben sich hieraus keine Umstände, die die Leistungsfähigkeit in zeitlicher Hinsicht einschränkten. Auch soweit Dr. K. im Hinblick auf die Herzoperation im März 2010 eine Änderung der Einschätzung auf orthopädischem Fachgebiet angedacht hat, so führt dies letztlich nicht zu der Annahme eines auf orthopädischem Fachgebiet eingeschränkten Leistungsvermögens. Denn der behandelnde Orthopäde Dr. H. konnte noch im Februar 2011 im Hinblick auf Untersuchungen des Klägers am 14.12.2010 ein vollschichtiges Leistungsvermögen angeben. Insbesondere konnte er darlegen, dass die Brustkorbschmerzbeschwerden einer Behandlung zugänglich waren. Vielmehr sind lediglich im Hinblick auf die Amputationssituation Tätigkeiten, die mit mehr als geringen Belastungen des linken Beines, mit Wirbelsäulenzwangshaltungen, häufigem Bücken, Tragen und Heben von Lasten über 10 kg verbunden sind, zu meiden. So können Tätigkeiten ständig im Sitzen sowie zweitweisem Stehen und Gehen ausgeübt werden (vgl Gutachten von Frau W.).
Die beim Kläger bestehenden qualitativen Leistungseinschränkungen, die sämtlich nicht ungewöhnlich sind, lassen keine ernstlichen Zweifel daran aufkommen, dass dieser noch wettbewerbsfähig in einem Betrieb einsetzbar ist; dies gilt insbesondere sowohl hinsichtlich des in Folge der in Kinderjahren amputierten Beines bestehenden Zustandes, als auch im Hinblick auf die Herzerkrankung. Aus den bestehenden Einschränkungen ergeben sich damit weder schwere spezifische Leistungsbehinderungen noch stellen die qualitativen Leistungseinschränkungen eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen (vgl BSG 11.03.1999, B 13 RJ 71/97 R, juris) dar. Der Kläger ist dabei auch in der Lage, täglich viermal eine Wegstrecke von 500 Metern innerhalb von jeweils 20 Minuten zu Fuß zurückzulegen sowie öffentliche Verkehrsmittel zu Hauptverkehrszeiten zweimal am Tag zu benutzen. Dies konnten ua Dr. K. für das kardiologische Fachgebiet als auch Dr. H. für das orthopädische Fachgebiet darlegen. Auch spricht für die Wegefähigkeit des Klägers, dass dieser noch in der Lage ist, Reisen in die Türkei zu unternehmen. Im Übrigen hat die Verwaltungsgutachterin Frau W. beschrieben, wie sich der Kläger während ihrer Begutachtung über Stockwerke hinweg zügig im Haus habe fortbewegen können.
Dass die Bundesagentur für Arbeit den Kläger - so seine Ausführungen - nicht als vermittelbar ansieht, bedeutet nicht, dass er die zuvor beschriebenen leichten Tätigkeiten unter Beachtung der genannten qualitativen Leistungseinschränkungen nicht in dem oben dargestellten Umfang (sechs Stunden und mehr an fünf Tagen pro Woche) noch ausüben könnte. Das Risiko eine solche Tätigkeit nicht vermittelt zu bekommen, trifft insoweit nicht die Beklagte sondern ist Teil des nach dem Gesetz (hier: SGB III) der Bundesagentur für Arbeit zugewiesenen Bereichs der Sozialversicherung.
Der Kläger ist damit nach Überzeugung des Senats noch in der Lage, ohne unmittelbare Gefährdung der Gesundheit und unter Beachtung der dargestellten qualitativen Leistungseinschränkungen, zumindest leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden an fünf Tagen pro Woche zu verrichten. Dieses Leistungsvermögen besteht nach Überzeugung des Senats seit Rentenantragstellung und seither durchgehend. Mit diesem Leistungsvermögen ist der Kläger nicht erwerbsgemindert (§ 43 Abs 3 SGB VI); er hat damit keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser bzw voller Erwerbsminderung.
Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt; die vorhandenen Gutachten und Arztauskünfte bilden eine ausreichende Grundlage für die Entscheidung des Senats. Der Senat hält deshalb weitere Ermittlungen nicht mehr für erforderlich. Die vorliegenden Gutachten von Dr. K. und von Frau W. haben in Verbindung mit den vorliegenden Auskünften der als sachverständige Zeugen befragten behandelnden Ärzte dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs 1 ZPO). Die Gutachten gehen von zutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen aus, enthalten keine unlösbare inhaltliche Widersprüche und sie geben keinen Anlass, an der Sachkunde oder Unparteilichkeit der Gutachter zu zweifeln; weitere Beweiserhebungen waren daher von Amts wegen nicht mehr notwendig. Insbesondere war auch ein ?Zusammenhangsgutachten? nicht einzuholen. Denn aus den vorliegenden Gutachten und ärztlichen Stellungnahmen ergeben sich Anhaltspunkte für ein das jeweilige Fachgebiet übergreifendes Zusammenspiel der verschiedenen Erkrankungen nicht. Ins Blaue hinein zu ermitteln ist der Senat aber nicht verpflichtet.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§ 240 SGB VI). Voraussetzung eines solchen Rentenanspruchs ist (vgl § 240 SGB VI), dass er vor dem 02.01.1961 geboren und berufsunfähig wäre. Da der Kläger jedoch am 11.04.1962 geboren wurde hat er - selbst wenn er seine letzte Tätigkeit nicht mehr ausüben könnte - keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Dabei hat der Senat im Rahmen seines Ermessens insbesondere berücksichtigt, dass der Kläger in beiden Instanzen ohne Erfolg geblieben ist.
Die Revision wird nicht zugelassen, da Gründe für die Zulassung nicht vorliegen (§ 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger aufgrund seines Antrags vom 17.11.2009 ein Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung, ggf bei Berufsunfähigkeit, ab dem 01.11.2009 zusteht.
Der am 11.04.1962 geborene Kläger, türkischer Staatsangehöriger, zog 1988 in die Bundesrepublik Deutschland. Er ist verheiratet und hat drei Kinder. 1974 verlor der Kläger bei einem Zugunglück den linken Unterschenkel ca 20 cm unterhalb des Kniegelenks; er ist mit einer Schaftprothese versorgt. Seit 2006 besteht eine koronare Zwei-Gefäß-Erkrankung, welche mehrfach interventionell mit PTCA und Stent-Implantation versorgt wurde. 2009 wurde ein gutartiger Tumor an der rechten Wange entfernt. Eine Berufsausbildung absolvierte der Kläger nicht; zuletzt war er als Kurierfahrer (Medikamentenverteiler) in Vollzeit sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Seit Mai 2002 ist er arbeitslos. Vom 01.11.2008 bis 30.11.2009 war der Kläger arbeitslos, war aber - ohne Leistungsbezug - auch bei der Bundesagentur für Arbeit nicht gemeldet. Dem Kläger ist seit dem 07.12.1990 ein GdB von 50, seit 01.09.2006 ein GdB von 60, sowie das Merkzeichen G zuerkannt.
Frühere Anträge auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung vom 29.08.2005 bzw 01.10.2007 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 25.10.2005 bzw 07.12.2007 ab. Erneut beantragte der Kläger am 17.11.2009 bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Hierzu gab er an, sich seit 24.04.2009 ua wegen massivster Verschlechterung des Gesundheitszustandes, zusätzlich wegen eines Zustandes nach Tumoroperation in der rechten Gesichtshälfte und geringer Sehkraft des rechten Auges für erwerbsgemindert zu halten.
Im Auftrag der Beklagten untersuchte die Fachärztin für Innere Medizin und Rheumatologie W. den Kläger. In ihrem Gutachten vom 15.02.2010 teilte sie mit, der Kläger leide an einer koronaren Zwei-Gefäßerkrankung (mit Stentimplantation im Jahr 2006) sowie einem chronischen Cervikal- und Lumbalsyndrom. Trotz der Unterschenkelamputation links sei er noch in der Lage, eine leichte bis mittelschwere Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes in einem zeitlichen Umfang von mindestens sechs Stunden täglich auszuüben.
Die Beklagte lehnte daraufhin die Gewährung der begehrten Rente mit Bescheid vom 18.02.2010 ab; der Kläger sei nicht erwerbsgemindert.
Mit seinem Widerspruch vom 01.03.2010 machte der Kläger geltend, es bestehe auch eine depressive Verstimmung. Das Versorgungsamt habe einen GdB von 60 anerkannt. Insbesondere der Verlust des linken Unterschenkels und die Koronarerkrankung stünden einer kontinuierlichen Tätigkeit entgegen.
Am 05.03.2010 wurde beim Kläger ein einfacher aortokoronarer Bypass (LIMA auf RIVA) gelegt. Anschließend gewährte die Beklagte dem Kläger ab dem 15.03.2010 stationäre Leistungen zur medizinischen Rehabilitation in der A.-Privatklinik B. K ... Nach zwei Tagen brach der Kläger die Maßnahme ab, weil er gegen seinen Willen in die Rehabilitation geschickt worden sei (vgl Entlassbericht auf Blatt 29 ff der Reha-Akte der Beklagten). Der Entlassbericht vom 19.03.2010 teilt mit, ein Leistungsbild sei zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht zu erheben gewesen. Jedoch - einen ordnungsgemäßen Heilverlauf vorausgesetzt - sei der Kläger leistungsfähig für leichte körperliche Arbeiten ohne Stressoren wie Akkordarbeit, Nachtschicht, Arbeiten in ständigem Gehen und Stehen sowie Arbeiten unter erhöhter geistig-psychischer Belastung.
Mit Widerspruchsbescheid vom 20.10.2010 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Hiergegen hat der Kläger am 05.11.2010 beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) Klage erhoben und sein Begehren weiterverfolgt.
Das SG hat Beweis erhoben durch schriftliche Befragung der den Kläger behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen. Wegen des Inhalts und Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf Blatt 33, 34/35, 36 bis 64 sowie 78 bis 91 der SG-Akte Bezug genommen. Der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. H. hat dem SG mit Schreiben vom 03.02.2011 mitgeteilt, der Kläger sei nur einmal bei ihm gewesen. Der Facharzt für Orthopädie, Unfallarzt, Badearzt, Dr. H. hat in seinem Schreiben vom 11.02.2011 ausgeführt, der Kläger sei zuletzt am 14.12.2010 ins einer Behandlung gewesen. Die Beschwerden in der Brustwirbelsäule seien damals nach den Infiltrationen rückläufig gewesen. Er nehme auch an, dass sich die Kniegelenksbeschwerden gebessert hätten, sonst wäre der Kläger ?sicherlich wieder erschienen?. Auf orthopädischem Fachgebiet müssten leichte vollschichtige Tätigkeiten zumutbar sein. Frau D., Fachärztin Allgemeinmedizin, hat dem SG in ihrer Auskunft vom 21.02.2011 mitgeteilt, dass die Beschwerden seitens des muskuloskelettalen Sytems eher besser seien. Die KHK sei auf jeden Fall besser. Eine Tätigkeit, die überwiegend im Sitzen erledigt werden könne, so dass die Benutzung der Prothese minimiert sei, sei durchaus vorstellbar. Prof. Dr. K., Europäischer Gastroenterologe, Kardiologe und Internist, hat mit Schreiben vom 19.04.2011 ausgeführt, nach der Bypass-Operation 2010 sei der Kläger bis 75 Watt belastbar gewesen. Der Gesamtverlauf des Krankheitsbildes zeige eine deutliche progressierende Erkrankung. Die letzte Belastung im Oktober 2010 habe bei 75 Watt ohne Ischämienachweis gelegen. Nach dem Stand von Oktober 2010 könne der Kläger sicher in Teilzeit eine leichte körperliche Tätigkeit ausüben. Allerdings bestehe der Zustand nach Unterschenkelamputation links. Eine darüber hinausgehend berufliche Tätigkeit, vollschichtig, sei zu vertreten.
Das SG hat des Weiteren Beweis erhoben durch Einholung eines kardiologischen Gutachtens bei Dr. K ... Wegen des Inhalts und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf Blatt 98 bis 106 der SG-Akte Bezug genommen. Dr. K., Arzt für Innere Medizin, Kardiologie, Verkehrsmedizin, hat in seinem Gutachten vom 18.07.2011 eine koronare Herzerkrankung, aktuell noch in Form einer koronaren Ein-Gefäßerkrankung mit Zustand nach erfolgreicher vierfach-Stent-PCI der RCA im Januar 2006 sowie Zustand nach einfach Myokardrevaskularisation des medialen RIVA im März 2010 festgestellt. Hierbei sei die Funktion der linken Herzkammer nicht beeinträchtigt, es handele sich um einen ungeschädigten linken Ventrikel entsprechend dem myokardialen Funktionsstadium 0. Die Brustkorbschmerzen des Klägers seien nicht durch das Herz bedingt, eine limitierende Angina pectoris könne nicht festgestellt werden. Bei unauffälliger Herzfunktion und ergometrisch beschwerdefreier Belastbarkeit bis 75 Watt könnten dem Kläger unter Beachtung von qualitativen Einschränkungen noch leichte Tätigkeiten sechs Stunden und mehr im Rahmen einer Fünf-Tage-Woche zugemutet werden. Von kardialer Seite sei die Wegefähigkeit nicht eingeschränkt.
Mit Urteil vom 07.11.2011 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger sei nicht erwerbsgemindert, denn er sei gesundheitlich in der Lage, eine leichte körperliche Arbeit mindestens sechs Stunden täglich auszuüben; zudem sei er imstande, eine Arbeitsstelle zu erreichen.
Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 17.11.2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am Montag, 19.12.2011, beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) Berufung eingelegt. Er sei entgegen der Auffassung der Beklagten und des SG eben nicht in der Lage, einer mindestens sechsstündigen Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nachzugehen. Jeder der Ärzte habe fachspezifische Feststellungen getroffen, ohne dass anschließend ein Abgleich in Form einer Gesamtbeurteilung erfolgt sei. Er habe sich bei der Agentur für Arbeit als arbeitssuchend gemeldet, wo erhebliche Zweifel an seiner gesundheitlichen Leistungsfähigkeit vorgebracht worden seien, weshalb er auf jeden Fall auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht vermittelbar sei. Nach diesem Gespräch habe er nun vollends resigniert.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 07.11.2011 und den Bescheid der Beklagten vom 18.02.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.10.2010 aufzuheben sowie die Beklagte zu verurteilen, ihm ab dem 01.11.2009 eine Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung, ggf bei Berufsunfähigkeit, zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte ist der Berufung entgegen getreten und hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Der Senat hat Beweis erhoben durch schriftliche Befragung von Dr. H. als sachverständigem zeugen. Wegen des Inhalts und Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf Blatt 37 der Senatsakte Bezug genommen. Dr. H. hat dem LSG seine an das SG formulierte Auskunft erneut zukommen lassen.
Mit Schreiben vom 10.05.2012 wurden die Beteiligten darauf hingewiesen, dass beabsichtigt sei, die Berufung ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss zurückzuweisen, da der Senat die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halte. Die Beklagte hat sich mit dieser Vorgehensweise einverstanden erklärt. Der Kläger hat mit Schreiben vom 02.07.2012 nochmals inhaltlich zu seinem Begehren vorgetragen und ua ausgeführt, dass er seit dem 03.02.2011 weitere zwei Mal bei Dr. H. in Behandlung gewesen sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des Senats sowie die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat kann gemäß § 153 Abs 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) über die Berufung ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss entscheiden, da die Berufsrichter des Senats die Berufung einstimmig für unbegründet erachten und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halten.
Die nach den §§ 143, 151 Abs 1, 144 Abs 1 Satz 2 SGG form- und fristgerecht eingelegte sowie statthafte Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet.
Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 iVm Abs 4 SGG) ist der die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung ablehnende Bescheid der Beklagten vom 18.02.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2010.2010. Dieser Bescheid ist - wie das SG zu Recht festgestellt hat - nicht rechtswidrig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Denn der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller bzw teilweiser Erwerbsminderung, auch nicht bei Berufsunfähigkeit.
Der geltend gemachte Anspruch richtet sich nach § 43 SGB VI in der ab 01.01.2008 geltenden Fassung des Art 1 Nr 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20.04.2007 (BGBl I, 554). Versicherte haben nach § 43 Abs 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbs-minderung und nach § 43 Abs 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbs-minderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs 1 und Abs 2 SGB VI vor. Wer noch 6 Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs 3 SGB VI).
Nach dem Ergebnis der vom SG und dem Senat durchgeführten Ermittlungen steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger noch in der Lage ist, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Beachtung qualitativer Einschränkungen sechs Stunden und mehr an fünf Tagen pro Woche zu verrichten. Insoweit sieht der Senat von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab, verweist auf die zutreffenden Ausführungen des SG und weist die Berufungen aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurück (§ 153 Abs 2 SGG). Ergänzend sei auf folgendes hingewiesen:
Die kardiologische Erkrankungen des Klägers hat Dr. K. zutreffend dargestellt. Danach leidet der Kläger an einer koronaren Herzerkrankung, aktuell noch in Form einer koronaren Ein-Gefäßerkrankung mit Zustand nach erfolgreicher vierfach-Stent-PCI der RCA im Januar 2006 sowie Zustand nach einfach Myokardrevaskularisation des medialen RIVA im März 2010. Die Funktion der linken Herzkammer ist nicht beeinträchtigt. Eine Angina pectoris liegt nicht vor. Dr. K. konnte bei der Farb-Doppler-Echokardiographie auch einen unauffälligen Klappenstatus, normal große Herzhöhlen, eine normale linksventrikuläre Funktion mit einer Auswurffunktion von 51 %, keine Linkshypertrophie, keine regionalen Wandbewegungsstörungen, ein unauffälliges Flussverhalten über alle Klappen, ein normales diastolisches Füllungsverhalten des linken Ventrikels und keine Hinweise auf pulmonale Hypertonie feststellen. Auch wenn der Kläger das Belastungs-EKG nach wenigen Sekunden wegen Brustkorbschmerzen abgebrochen hatte, konnte Dr. K. diese Brustkorbschmerzen nicht auf die Herzerkrankung zurück führen. Daher ist seine Einschätzung, der Kläger könne noch leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt arbeitstäglich sechs Stunden und mehr unter Beachtung qualitativer Einschränkungen verrichten, schlüssig; der Senat schließt sich dieser Einschätzung an. Er sieht sich auch durch die Aussage des Klägers gegenüber Dr. K., er sei kurz vor dem Untersuchungstermin bei Dr. K. zu einem Herzcheck in der Türkei und dort sei alles in Ordnung gewesen, bestätigt. Auch Prof. Dr. K. hat letztlich keine andere Einschätzung der Erkrankungslage als auch des Leistungsvermögens abgegeben. Vielmehr konnte Prof. Dr. K. sogar noch im Oktober 2010 eine Belastbarkeit bis 75 Watt ohne Ischämienachweis darlegen. Damit bedingen die kardiologischen Erkrankungen keine rentenrechtlich relevanten zeitlichen Einschränkungen der Leistungsfähigkeit. Vielmehr hat der Kläger lediglich qualitative Leistungseinschränkungen zu beachten. Insoweit sind Tätigkeiten ausgeschlossen, die mit Heben und Tragen von Gewichten über 10 kg, gleichförmigen Körperhaltungen, mit Tätigkeiten in Kälte, Hitze oder mit starken Temperaturschwankungen, mit dem Umgang mit gefährdenden Stoffen, mit Schichtdienst mit gestörtem Tag- Nacht- Rhythmus und mit Akkordarbeit verbunden sind.
Auch nervenärztliche Erkrankungen führen nach Überzeugung des Senats nicht zu einer zeitlichen Einschränkung des Leistungsvermögens. Dr. H., der vom Senat erneut befragt worden war, hat gegenüber seiner Auskunft an das SG keine neuen Befunde mitteilen können. Auch dass der Kläger - wie er selbst ausführt - noch weitere zweimal bei Dr. H. in Behandlung gewesen sein will, führt nicht zu einer anderen Beurteilung. Dr. H. hat lediglich leichte neurologische Befunde erhoben im Hinblick auf die Tumoroperation der rechten Gesichtshälfte (Taubheitsgefühl und Spannungsgefühl) mit leichtem Klopfschmerz über der Stirn rechts und von einer leicht eingeschränkten HWS-Beweglichkeit mit Schmerzausstrahlung in den Nackenbereich, einer Hypalgesie an den Fingerkuppen beidseits, nächtlichem Einschlafen beider Hände sowie einem Klopfschmerz lumbal ausstrahlend in den linken Oberschenkel berichtet. Hieraus lassen sich aber genauso wenig psychiatrische Erkrankungen - insbesondere nicht eine depressive Verstimmung mit psychovegetativen Störungen - entnehmen wie aus den anderen vorliegenden ärztlichen Unterlagen. Schließlich spricht auch die Tatsache, dass der Kläger nach eigenen Angaben Dr. H. seit 2009 erst zwei Mal wieder aufgesucht hat, klar gegen das Vorliegen gravierender neurologischer und psychiatrischer Erkrankungen. Auch bedingen die neurologischen Befunde keine Einschränkung der zeitlichen Leistungsfähigkeit des Klägers.
Auch aus Sicht des orthopädischen Fachgebiets ist der Kläger noch in der Lage, leichte Tätigkeiten mehr als sechs Stunden arbeitstäglich auszuüben. Dies stellt der Senat auf Grundlage der schlüssigen und widerspruchsfreien Auskunft von Dr. H. fest. Insbesondere bedingt auch das kurz unterhalb des Knies amputierte Bein keine zeitliche Einschränkung der Leistungsfähigkeit. Soweit Frau D. hier auf Beschwerden beim Tragen der Prothese bzw bei der Fortbewegung mittels Krücken hingewiesen hat, ergeben sich hieraus keine Umstände, die die Leistungsfähigkeit in zeitlicher Hinsicht einschränkten. Auch soweit Dr. K. im Hinblick auf die Herzoperation im März 2010 eine Änderung der Einschätzung auf orthopädischem Fachgebiet angedacht hat, so führt dies letztlich nicht zu der Annahme eines auf orthopädischem Fachgebiet eingeschränkten Leistungsvermögens. Denn der behandelnde Orthopäde Dr. H. konnte noch im Februar 2011 im Hinblick auf Untersuchungen des Klägers am 14.12.2010 ein vollschichtiges Leistungsvermögen angeben. Insbesondere konnte er darlegen, dass die Brustkorbschmerzbeschwerden einer Behandlung zugänglich waren. Vielmehr sind lediglich im Hinblick auf die Amputationssituation Tätigkeiten, die mit mehr als geringen Belastungen des linken Beines, mit Wirbelsäulenzwangshaltungen, häufigem Bücken, Tragen und Heben von Lasten über 10 kg verbunden sind, zu meiden. So können Tätigkeiten ständig im Sitzen sowie zweitweisem Stehen und Gehen ausgeübt werden (vgl Gutachten von Frau W.).
Die beim Kläger bestehenden qualitativen Leistungseinschränkungen, die sämtlich nicht ungewöhnlich sind, lassen keine ernstlichen Zweifel daran aufkommen, dass dieser noch wettbewerbsfähig in einem Betrieb einsetzbar ist; dies gilt insbesondere sowohl hinsichtlich des in Folge der in Kinderjahren amputierten Beines bestehenden Zustandes, als auch im Hinblick auf die Herzerkrankung. Aus den bestehenden Einschränkungen ergeben sich damit weder schwere spezifische Leistungsbehinderungen noch stellen die qualitativen Leistungseinschränkungen eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen (vgl BSG 11.03.1999, B 13 RJ 71/97 R, juris) dar. Der Kläger ist dabei auch in der Lage, täglich viermal eine Wegstrecke von 500 Metern innerhalb von jeweils 20 Minuten zu Fuß zurückzulegen sowie öffentliche Verkehrsmittel zu Hauptverkehrszeiten zweimal am Tag zu benutzen. Dies konnten ua Dr. K. für das kardiologische Fachgebiet als auch Dr. H. für das orthopädische Fachgebiet darlegen. Auch spricht für die Wegefähigkeit des Klägers, dass dieser noch in der Lage ist, Reisen in die Türkei zu unternehmen. Im Übrigen hat die Verwaltungsgutachterin Frau W. beschrieben, wie sich der Kläger während ihrer Begutachtung über Stockwerke hinweg zügig im Haus habe fortbewegen können.
Dass die Bundesagentur für Arbeit den Kläger - so seine Ausführungen - nicht als vermittelbar ansieht, bedeutet nicht, dass er die zuvor beschriebenen leichten Tätigkeiten unter Beachtung der genannten qualitativen Leistungseinschränkungen nicht in dem oben dargestellten Umfang (sechs Stunden und mehr an fünf Tagen pro Woche) noch ausüben könnte. Das Risiko eine solche Tätigkeit nicht vermittelt zu bekommen, trifft insoweit nicht die Beklagte sondern ist Teil des nach dem Gesetz (hier: SGB III) der Bundesagentur für Arbeit zugewiesenen Bereichs der Sozialversicherung.
Der Kläger ist damit nach Überzeugung des Senats noch in der Lage, ohne unmittelbare Gefährdung der Gesundheit und unter Beachtung der dargestellten qualitativen Leistungseinschränkungen, zumindest leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden an fünf Tagen pro Woche zu verrichten. Dieses Leistungsvermögen besteht nach Überzeugung des Senats seit Rentenantragstellung und seither durchgehend. Mit diesem Leistungsvermögen ist der Kläger nicht erwerbsgemindert (§ 43 Abs 3 SGB VI); er hat damit keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser bzw voller Erwerbsminderung.
Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt; die vorhandenen Gutachten und Arztauskünfte bilden eine ausreichende Grundlage für die Entscheidung des Senats. Der Senat hält deshalb weitere Ermittlungen nicht mehr für erforderlich. Die vorliegenden Gutachten von Dr. K. und von Frau W. haben in Verbindung mit den vorliegenden Auskünften der als sachverständige Zeugen befragten behandelnden Ärzte dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs 1 ZPO). Die Gutachten gehen von zutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen aus, enthalten keine unlösbare inhaltliche Widersprüche und sie geben keinen Anlass, an der Sachkunde oder Unparteilichkeit der Gutachter zu zweifeln; weitere Beweiserhebungen waren daher von Amts wegen nicht mehr notwendig. Insbesondere war auch ein ?Zusammenhangsgutachten? nicht einzuholen. Denn aus den vorliegenden Gutachten und ärztlichen Stellungnahmen ergeben sich Anhaltspunkte für ein das jeweilige Fachgebiet übergreifendes Zusammenspiel der verschiedenen Erkrankungen nicht. Ins Blaue hinein zu ermitteln ist der Senat aber nicht verpflichtet.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§ 240 SGB VI). Voraussetzung eines solchen Rentenanspruchs ist (vgl § 240 SGB VI), dass er vor dem 02.01.1961 geboren und berufsunfähig wäre. Da der Kläger jedoch am 11.04.1962 geboren wurde hat er - selbst wenn er seine letzte Tätigkeit nicht mehr ausüben könnte - keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Dabei hat der Senat im Rahmen seines Ermessens insbesondere berücksichtigt, dass der Kläger in beiden Instanzen ohne Erfolg geblieben ist.
Die Revision wird nicht zugelassen, da Gründe für die Zulassung nicht vorliegen (§ 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG).
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