L 13 SB 140/12 B PKH

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 41 SB 214/10
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 13 SB 140/12 B PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 21. Mai 2012 geändert. Der Klägerin wird mit Wirkung ab dem 5. November 2012 für das Verfahren vor dem Sozialgericht Berlin Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt ohne Festsetzung von Monatsraten und aus dem Vermögen zu zahlenden Beträgen bewilligt. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen. Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Die Beschwerde der Klägerin ist statthaft (§ 172 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) und auch im Übrigen zulässig. Sie ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet, denn seit dem 5. November 2012 liegt die für eine Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 73 a Absatz 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 114 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) neben der Erfüllung der persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen erforderliche hinreichende Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung durch die Klägerin vor.

Der unbestimmte Rechtsbegriff der hinreichenden Erfolgsaussicht ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verfassungskonform auszulegen. Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes gebietet in Verbindung mit dem in Artikel 20 Absatz 3 Grundgesetz zum Ausdruck gebrachten Rechtsstaatsprinzip und dem aus Artikel 19 Absatz 4 Satz 1 Grundgesetz folgenden Gebot effektiven Rechtsschutzes eine weitergehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes. Hierbei braucht der Unbemittelte allerdings nur einem solchen Bemittelten gleichgestellt zu werden, der seine Prozessaussichten vernünftig abwägt und dabei auch das Kostenrisiko berücksichtigt. Dementsprechend darf die Prüfung der Erfolgsaussichten jedenfalls nicht dazu führen, über die Vorverlagerung der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung in das Nebenverfahren der Prozesskostenhilfe eben dieses Nebenverfahren an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 28. November 2007 – 1 BvR 68/07). Deshalb dürfen insbesondere schwierige, bislang nicht geklärte Rechts- und Tatfragen im Prozesskostenhilfeverfahren nicht entschieden werden, sondern müssen über die Gewährung von Prozesskostenhilfe auch von Unbemittelten einer prozessualen Klärung im Hauptsacheverfahren zugeführt werden können (Bundesverfassungsgericht, a.a.O., und Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 4. Juli 1993 – 1 BvR 1523/92). Demnach ist ausgehend von dem für das Hauptsacheverfahren zugrunde zu legenden Sachantrag eine hinreichende Erfolgsaussicht bereits dann gegeben, wenn das Gericht den klägerischen Rechtsstandpunkt aufgrund eines geklärten Sachverhalts für zutreffend oder für zumindest vertretbar und klärungsbedürftig hält.

Nach diesen Maßstäben ist die hinreichende Erfolgsaussicht vorliegend seit dem 5. November 2012 nicht zu verneinen. Denn die hier streitbefangene Frage eines Anspruchs der Klägerin auf Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) von 80 sowie Zuerkennung der Merkzeichen "G" und "B" seit Oktober 2007 ist vor dem Hintergrund der am 5. November 2012 von der Klägerin eingereichten medizinischen Unterlagen mit bisher nicht aktenkundigen Untersuchungsergebnissen seit Mai 2012 nicht nur nicht abschließend geklärt, sondern zunächst auch ohne die von der Klägerin bis heute nicht uneingeschränkt erklärte Bereitschaft zur Mitwirkung an einer medizinischen Sachaufklärung durch Sachverständigenbegutachtung mit Untersuchung weiterer Klärung etwa durch Einholung einer ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme des im Klageverfahren bereits tätig gewordenen Sachverständigen Dr. B zugänglich. Der Senat weist allerdings bereits an dieser Stelle darauf hin, dass sich die Klägerin vergegenwärtigen sollte, dass im Rahmen der objektiven Beweislastverteilung die Nichtaufklärbarkeit der anspruchsbegründenden Tatsachen infolge fehlender Bereitschaft zur Teilnahme an weiteren Begutachtungsuntersuchungen sich zu ihren Lasten auswirken kann.

Für die Zeit vor dem 5. November 2012 fehlt es aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Beschlusses des Sozialgerichts Berlin vom 21. Mai 2012, auf die der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen entsprechend § 153 Absatz 2 SGG Bezug nimmt, an einer hinreichenden Erfolgsaussicht, so dass die Beschwerde insoweit zurückzuweisen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 73 a Absatz 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 127 Absatz 4 ZPO.

Dieser Beschluss kann gemäß § 177 SGG nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.
Rechtskraft
Aus
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