Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 8 R 205/08
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 1 R 192/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 5 R 444/12 B
Datum
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 08. April 2011 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Rechtsstreit betrifft die Frage, ob die Zeit der planmäßigen wissenschaftlichen Aspirantur des Klägers vom 01. September 1980 bis zum 31. August 1983 als Pflichtbeitragszeit bei der Rentenberechnung zu berücksichtigen ist.
Der am ... 1947 geborene Kläger war nach seinem Studium in der Sektion für Staats- und Rechtswissenschaft der M.-L.-Universität H.-W. mit dem Abschluss Diplomjurist (Urkunde vom 16. Dezember 1970) vom 01. September 1970 bis zum 31. August 1980 wissenschaftlicher Assistent bzw. Oberassistent zunächst an der Martin-Luther-Universität H.-W. und sodann an der Ingenieurhochschule K ... Während dieser Zeit erwarb er mit Urkunde der Martin-Luther-Universität H.-W. vom 30. Juni 1976 den akademischen Grad eines Doktors der Rechtswissenschaft. Vom 01. September 1980 bis zum 31. August 1983 folgte die umstrittene Zeit der planmäßigen wissenschaftlichen B-Aspirantur an der M.-L.-Universität H.-W ... Der Kläger erhielt ausweislich einer Bescheinigung der M.-L.-Universität H.-W. vom 03. März 2004 während dieser Zeit "ein monatliches Stipendium in Höhe von 823,- M und war pflichtversichert". Ab dem 01. September 1983 nahm der Kläger seine Tätigkeit als wissenschaftlicher Oberassistent an der Ingenieurhochschule K. wieder auf. Mit Urkunde vom 16. Oktober 1984 verlieh ihm die M.-L.-Universität H.-W. den akademischen Grad eines Doktor scientiae philosophiae aufgrund seiner "hervorragenden wissenschaftlichen Befähigung auf dem Gebiet Ethik und Recht und seiner erfolgreichen Tätigkeit als Leiter wissenschaftlicher Kollektive".
Am 17. November 2005 stellte der Kläger bei der Beklagten einen Antrag auf Kontenklärung. Die Beklagte führte zunächst Ermittlungen durch und stellte sodann mit Bescheid vom 01. November 2006 gemäß § 149 Abs. 5 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches – Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) die in dem beigefügten Versicherungsverlauf enthaltenen Daten bis 31. Dezember 1999 als für die Beteiligten verbindlich fest. Der Versicherungsverlauf enthält im Zeitraum vom 01. September 1980 bis zum 31. August 1983 eine Lücke. Diese Zeit könne auch nicht als Anrechnungszeit vorgemerkt werden, weil die Ausbildung keine Lehrzeit, Schul-, Fachschul-, Fachhochschul- oder Hochschulausbildung sei und weil sie nach Ablegung der Abschlussprüfung zurückgelegt worden sei. Dagegen legte der Kläger am 22. November 2006 Widerspruch ein und führte u. a. aus, gemäß der seinerzeit geltenden Anordnung über die wissenschaftliche Aspirantur – Aspirantenordnung – vom 22. September 1972 (GBl. DDR II, S. 648; im Folgenden: Asp-AO), dort § 10 Abs. 2, sei die Zeit der planmäßigen Aspirantur auf die Dienst-, Berufs- oder Tätigkeitsjahre anzurechnen.
Diesen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 08. Februar 2008 zurück und führte zur Begründung u. a. aus, die Zeit vom 01. September 1980 bis zum 31. August 1983 könne nicht als Anrechnungszeit berücksichtigt werden, weil dieser Ausbildungsgang grundsätzlich eine abgeschlossene Hochschulausbildung vorausgesetzt habe. Auch der Kläger habe sein Hochschulstudium bereits mit dem Diplom im Dezember 1970 abgeschlossen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei die Zeit einer Hochschulausbildung lediglich bis zu ihrem ersten Abschluss Anrechungszeit im Sinne des § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB VI. Die wissenschaftliche Aspirantur könne auch nicht als neues in sich geschlossenes Studium angesehen werden. Hierfür spreche, dass die wissenschaftliche Aspirantur den Erwerb des akademischen Grades "Dr. eines Wissenschaftszweiges" zum Ziel gehabt habe. Die Grundsätze zu Promotionsstudienzeiten fänden insoweit Anwendung.
Gegen den ihm nach eigenen Angaben am 15. Februar 2008 zugegangenen Bescheid hat der Kläger am 13. März 2008 beim Sozialgericht Halle (SG) Klage erhoben und sein Vorbringen im Widerspruchsverfahren wiederholt. Ergänzend und vertiefend hat er ausgeführt, aus der Bescheinigung der M.-L.-Universität H.-W. vom 03. März 2004 gehe hervor, dass er während der Aspirantur vom 01. September 1980 bis zum 31. August 1983 pflichtversichert gewesen sei. Die Tätigkeit im Rahmen der Aspirantur sei keine Zeit im Sinne einer "Studentenzeit" gewesen. Denn während dieser Zeit habe er – wie es die Asp-AO vorgesehen habe – seine sonstige "normale" Arbeitsleistung erbracht, z.B. Vorlesungen gehalten und Seminare durchgeführt. Die Aspirantur habe somit nicht der Studentenversicherung unterlegen, denn nicht die Teilnahme am Unterricht sei Gegenstand der Aspirantur gewesen, sondern Forschungs- und Qualifizierungsleistungen, "gepaart" mit den bisherigen Arbeitsleistungen wie das Halten von Vorlesungen und die Durchführung von Seminaren. Es habe sich um wissenschaftliche Graduierungs- bzw. eigenständige Forschungsarbeit gehandelt, die insofern keinen Ausbildungscharakter gehabt habe. Sein damaliger Arbeitgeber, die M.-L.-Universität H.-W., habe ihn während der Aspirantenzeit versicherungsrechtlich so gestellt wie es Inhalt des seinerzeit weiter geltenden Arbeitsrechtsverhältnisses gewesen sei. Die Aspirantur habe das Arbeitsrechtsverhältnis nicht aufgehoben. Er sei deshalb entsprechend § 10 Abs. 2 Asp-AO in der Bewertung der Aspirantenzeit rentenrechtlich so zu stellen, wie es die "Intention" dieser Norm gewesen sei. Beabsichtigt und gewollt sei gewesen, dass der Aspirant rentenrechtlich so gestellt bleibe wie bis zur Aufnahme der Aspirantur. Die Aspirantur sei in eine entgeltliche Beschäftigung integriert gewesen. Er habe während der gesamten drei Jahre u. a. auch Vorlesungen gehalten. Dabei habe es sich um eine entgeltliche Tätigkeit gehandelt, denn die genannten Lehrveranstaltungen seien auf Honorarbasis abgerechnet worden, wobei vom Honorar 20 % Honorarsteuer gezahlt worden sei (Pflichtbeitrag gemäß Honorarordnung). Die Honorarordnung könne als "besondere Vorschrift" gelten, für die Pflichtbeiträge "als gezahlt gelten" würden. Außerdem sei er neben der dreijährigen Aspirantur einer weiteren entgeltlichen Beschäftigung nachgegangen. Er habe nämlich an der Bezirksakademie für ärztliche Weiterbildung durchgehend Lehrveranstaltungen auf den Gebieten Ethik und Recht in der Medizin sowie der Pharmazie abgehalten.
Mit Urteil vom 08. April 2011 hat das SG die Klage abgewiesen und ausgeführt, die Beklagte habe die Aspirantur vom 01. September 1980 bis zum 31. August 1983 zu Recht nicht als Beitragszeit berücksichtigt. Planmäßige Aspiranten hätten ein Stipendium erhalten. Sie seien während des Bestehens der DDR als Vollstipendiaten beitragsfrei versichert gewesen und hätten damit nicht der Versicherungspflicht unterlegen. Es habe während der Aspirantur auch kein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der M.-L.-Universität H.-W. oder der Ingenieurhochschule K. bestanden. Nur im Falle einer Delegierung, die beim Kläger allerdings nicht vorgelegen habe, sei nach § 10 Abs. 2 Asp-AO die Zeit der Aspirantur auf die Dienst-, Berufs- oder Tätigkeitsjahre sowie auf die Dauer der Zugehörigkeit zur delegierenden Einrichtung anzurechnen gewesen. Auf das vom Kläger zusätzlich zum Stipendium erhaltene Honorar für seine Vorlesungstätigkeit seien keine Beiträge zur Sozialversicherung der DDR entrichtet worden. Dieses Honorar habe nicht der Sozialversicherungspflicht unterlegen.
Gegen das am 25. Mai 2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 22. Juni 2011 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt und vorgetragen, entgegen der Auffassung des SG sei er sehr wohl von seiner Einrichtung, der Ingenieurhochschule K., zur planmäßigen Aspirantur zur M.-L.-Universität H.-W. delegiert worden, und zwar mit der Maßgabe, ihn nach Abschluss der Delegierungsphase sowie Erarbeitung und Verteidigung der Habilitationsschrift zum ordentlichen Dozenten an der delegierenden Hochschule zu berufen. Seinerzeit sei ohne Delegierung seitens der Entsendehochschule eine planmäßige Aspirantur im Rahmen des Hochschulwesens nicht möglich gewesen. In diesem Zusammenhang verweist der Kläger auf ein von ihm eingereichtes Schreiben des Rektors der Ingenieurhochschule K. über ein Personalgespräch am 16. Mai 1983. Im Übrigen habe er, wie bereits dargelegt, während der Erstellung seiner Habilitationsschrift auch weiterhin Lehrtätigkeit im Sinne einer entgeltlichen Beschäftigung ausgeübt. Nach § 248 SGB VI rechtfertige dieser Sachverhalt die Anerkennung der Aspirantur nicht nur als "Anrechnungszeit", sondern sogar als "Beitragszeit".
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 08. April 2011 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 01. November 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. Februar 2008 insoweit aufzuheben, als die Anerkennung der Zeit vom 01. September 1980 bis 31. August 1983 als Beitragszeit, hilfsweise Anrechnungszeit abgelehnt worden ist, und die Beklagte zu verurteilen, die Zeit vom 01. September 1980 bis 31. August 1983 als Pflichtbeitragszeit bei der Rentenberechnung zu berücksichtigen.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 08. April 2011 zurückzuweisen.
Sie schließt sich den Ausführungen des SG an.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Schriftsätze des Klägers und der Beklagten vom 17. Februar 2012).
Die Gerichtsakten und die Verwaltungsakten der Beklagten haben vorgelegen und sind Gegenstand der Beratung gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Sachvortrags der Beteiligten wird ergänzend auf den Inhalt dieser Akten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers – über die der Senat mit Zustimmung der Beteiligten gemäß §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte – ist nicht begründet. Denn der Bescheid der Beklagten vom 01. November 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. Februar 2008 ist hinsichtlich der vom Kläger geltend gemachten und von der Beklagten abgelehnten Feststellung der Zeit vom 01. September 1980 bis 31. August 1983 als Pflichtbeitragszeit rechtmäßig. Der Kläger ist insoweit nicht im Sinne der §§ 157, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG in seinen Rechten verletzt.
Zeiten einer planmäßigen wissenschaftlichen Aspirantur sind gemäß § 248 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 SGB VI keine Beitragszeiten, weil danach kraft Gesetzes Zeiten der Hochschulausbildung von einer Bewertung als Beitragszeiten ausgenommen sind (BSG, Urteil vom 24. Oktober 1996 – 4 RA 121/95 –, juris). Denn inhaltlich ging es um die Ausbildung an einer Hochschule der DDR für einen Beruf, ohne dass die Ausbildung in ein entgeltliches Beschäftigungsverhältnis integriert gewesen, daneben eine entgeltliche Beschäftigung ausgeübt worden oder ein (anderer) Beitragszeittatbestand verwirklicht worden wäre (vgl. BSG, Urteil vom 23. März 1999 – B 4 RA 18/98 R –, juris). Beim Kläger bestand ein durch ein Stipendium abgesichertes universitäres Ausbildungsverhältnis. Es lag weder eine in ein entgeltliches Beschäftigungsverhältnis integrierte Ausbildung vor, noch hat der Kläger nachgewiesen, daneben eine entgeltliche, sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt oder einen (anderen) Beitragszeittatbestand verwirklicht zu haben.
Die Einordnung der Aspirantur des Klägers als Hochschulausbildung folgt aus den Umständen, die nach der Asp-AO vom 22. September 1972 kennzeichnend waren. Danach waren die Ausbildungseinrichtungen beschränkt: Es musste sich um Universitäten bzw. wissenschaftliche Hochschulen oder sonstige wissenschaftliche Einrichtungen mit Promotionsrecht handeln (§ 2 Asp-AO). Zweck der Aspirantur war nach § 1 Abs. 2 Asp-AO grundsätzlich der Erwerb des akademischen Grades "Doktor eines Wissenschaftszweiges" – im Falle des Klägers der akademische Grad eines Doktor scientiae philosophiae. Der planmäßige Aspirant war für die Dauer der Ausbildung Angehöriger – nicht Werktätiger – der Ausbildungseinrichtung (§ 11 Abs. 4 Asp-AO). Er erhielt kein Entgelt, sondern – wie der Kläger – ein Stipendium (§ 11 Abs. 1 Satz 2 Asp-AO).
Entgegen der Auffassung des SG ist hier von einer Delegierung zur Aspirantur auszugehen. Allerdings ruhte gemäß § 10 Abs. 1 Asp-AO das Arbeitsrechtsverhältnis zwischen dem Aspiranten und dem delegierenden Betrieb für die Zeit der planmäßigen Aspirantur. Das verdeutlicht, dass ein die Sozialversicherungspflicht auslösendes Beschäftigungsverhältnis während dieser Ruhenszeit gerade nicht bestand, sondern ausgesetzt war. Auf § 10 Abs. 2 Asp-AO kann sich der Kläger ebenfalls nicht berufen. Danach wurde die Zeit der planmäßigen Aspirantur auf die Dienst-, Berufs- oder Tätigkeitsjahre sowie auf die Dauer der Zugehörigkeit zur delegierenden Einrichtung angerechnet. Dabei handelte es sich aber nicht um eine sozialversicherungsrechtliche Regelung, wie die Überschrift von § 10 Asp-AO ("Arbeitsrechtliche Regelungen") zeigt. Abgesehen davon könnte der Kläger daraus ohnehin keinen Anspruch auf Berücksichtigung der Aspirantur als Beitragszeit herleiten, weil als Anspruchsgrundlage einzig das SGB VI in Betracht kommt – hier konkret § 248 SGB VI. Aus diesem Grund kann auch die Bescheinigung der M.-L.-Universität H.-W. vom 03. März 2004, wonach der Kläger während der Aspirantur pflichtversichert gewesen sei, ihm nicht zum Erfolg verhelfen, zumal unklar ist, um welche Art von Pflichtversicherung es sich gehandelt haben soll.
Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass die Aspirantur auch keine Anrechnungszeit im Sinne von § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB VI ist (BSG, Urteil vom 24. Oktober 1996 – 4 RA 121/95, juris).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG bestehen nicht, weil die Rechtslage durch die angeführte Rechtsprechung geklärt ist.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Rechtsstreit betrifft die Frage, ob die Zeit der planmäßigen wissenschaftlichen Aspirantur des Klägers vom 01. September 1980 bis zum 31. August 1983 als Pflichtbeitragszeit bei der Rentenberechnung zu berücksichtigen ist.
Der am ... 1947 geborene Kläger war nach seinem Studium in der Sektion für Staats- und Rechtswissenschaft der M.-L.-Universität H.-W. mit dem Abschluss Diplomjurist (Urkunde vom 16. Dezember 1970) vom 01. September 1970 bis zum 31. August 1980 wissenschaftlicher Assistent bzw. Oberassistent zunächst an der Martin-Luther-Universität H.-W. und sodann an der Ingenieurhochschule K ... Während dieser Zeit erwarb er mit Urkunde der Martin-Luther-Universität H.-W. vom 30. Juni 1976 den akademischen Grad eines Doktors der Rechtswissenschaft. Vom 01. September 1980 bis zum 31. August 1983 folgte die umstrittene Zeit der planmäßigen wissenschaftlichen B-Aspirantur an der M.-L.-Universität H.-W ... Der Kläger erhielt ausweislich einer Bescheinigung der M.-L.-Universität H.-W. vom 03. März 2004 während dieser Zeit "ein monatliches Stipendium in Höhe von 823,- M und war pflichtversichert". Ab dem 01. September 1983 nahm der Kläger seine Tätigkeit als wissenschaftlicher Oberassistent an der Ingenieurhochschule K. wieder auf. Mit Urkunde vom 16. Oktober 1984 verlieh ihm die M.-L.-Universität H.-W. den akademischen Grad eines Doktor scientiae philosophiae aufgrund seiner "hervorragenden wissenschaftlichen Befähigung auf dem Gebiet Ethik und Recht und seiner erfolgreichen Tätigkeit als Leiter wissenschaftlicher Kollektive".
Am 17. November 2005 stellte der Kläger bei der Beklagten einen Antrag auf Kontenklärung. Die Beklagte führte zunächst Ermittlungen durch und stellte sodann mit Bescheid vom 01. November 2006 gemäß § 149 Abs. 5 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches – Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) die in dem beigefügten Versicherungsverlauf enthaltenen Daten bis 31. Dezember 1999 als für die Beteiligten verbindlich fest. Der Versicherungsverlauf enthält im Zeitraum vom 01. September 1980 bis zum 31. August 1983 eine Lücke. Diese Zeit könne auch nicht als Anrechnungszeit vorgemerkt werden, weil die Ausbildung keine Lehrzeit, Schul-, Fachschul-, Fachhochschul- oder Hochschulausbildung sei und weil sie nach Ablegung der Abschlussprüfung zurückgelegt worden sei. Dagegen legte der Kläger am 22. November 2006 Widerspruch ein und führte u. a. aus, gemäß der seinerzeit geltenden Anordnung über die wissenschaftliche Aspirantur – Aspirantenordnung – vom 22. September 1972 (GBl. DDR II, S. 648; im Folgenden: Asp-AO), dort § 10 Abs. 2, sei die Zeit der planmäßigen Aspirantur auf die Dienst-, Berufs- oder Tätigkeitsjahre anzurechnen.
Diesen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 08. Februar 2008 zurück und führte zur Begründung u. a. aus, die Zeit vom 01. September 1980 bis zum 31. August 1983 könne nicht als Anrechnungszeit berücksichtigt werden, weil dieser Ausbildungsgang grundsätzlich eine abgeschlossene Hochschulausbildung vorausgesetzt habe. Auch der Kläger habe sein Hochschulstudium bereits mit dem Diplom im Dezember 1970 abgeschlossen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei die Zeit einer Hochschulausbildung lediglich bis zu ihrem ersten Abschluss Anrechungszeit im Sinne des § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB VI. Die wissenschaftliche Aspirantur könne auch nicht als neues in sich geschlossenes Studium angesehen werden. Hierfür spreche, dass die wissenschaftliche Aspirantur den Erwerb des akademischen Grades "Dr. eines Wissenschaftszweiges" zum Ziel gehabt habe. Die Grundsätze zu Promotionsstudienzeiten fänden insoweit Anwendung.
Gegen den ihm nach eigenen Angaben am 15. Februar 2008 zugegangenen Bescheid hat der Kläger am 13. März 2008 beim Sozialgericht Halle (SG) Klage erhoben und sein Vorbringen im Widerspruchsverfahren wiederholt. Ergänzend und vertiefend hat er ausgeführt, aus der Bescheinigung der M.-L.-Universität H.-W. vom 03. März 2004 gehe hervor, dass er während der Aspirantur vom 01. September 1980 bis zum 31. August 1983 pflichtversichert gewesen sei. Die Tätigkeit im Rahmen der Aspirantur sei keine Zeit im Sinne einer "Studentenzeit" gewesen. Denn während dieser Zeit habe er – wie es die Asp-AO vorgesehen habe – seine sonstige "normale" Arbeitsleistung erbracht, z.B. Vorlesungen gehalten und Seminare durchgeführt. Die Aspirantur habe somit nicht der Studentenversicherung unterlegen, denn nicht die Teilnahme am Unterricht sei Gegenstand der Aspirantur gewesen, sondern Forschungs- und Qualifizierungsleistungen, "gepaart" mit den bisherigen Arbeitsleistungen wie das Halten von Vorlesungen und die Durchführung von Seminaren. Es habe sich um wissenschaftliche Graduierungs- bzw. eigenständige Forschungsarbeit gehandelt, die insofern keinen Ausbildungscharakter gehabt habe. Sein damaliger Arbeitgeber, die M.-L.-Universität H.-W., habe ihn während der Aspirantenzeit versicherungsrechtlich so gestellt wie es Inhalt des seinerzeit weiter geltenden Arbeitsrechtsverhältnisses gewesen sei. Die Aspirantur habe das Arbeitsrechtsverhältnis nicht aufgehoben. Er sei deshalb entsprechend § 10 Abs. 2 Asp-AO in der Bewertung der Aspirantenzeit rentenrechtlich so zu stellen, wie es die "Intention" dieser Norm gewesen sei. Beabsichtigt und gewollt sei gewesen, dass der Aspirant rentenrechtlich so gestellt bleibe wie bis zur Aufnahme der Aspirantur. Die Aspirantur sei in eine entgeltliche Beschäftigung integriert gewesen. Er habe während der gesamten drei Jahre u. a. auch Vorlesungen gehalten. Dabei habe es sich um eine entgeltliche Tätigkeit gehandelt, denn die genannten Lehrveranstaltungen seien auf Honorarbasis abgerechnet worden, wobei vom Honorar 20 % Honorarsteuer gezahlt worden sei (Pflichtbeitrag gemäß Honorarordnung). Die Honorarordnung könne als "besondere Vorschrift" gelten, für die Pflichtbeiträge "als gezahlt gelten" würden. Außerdem sei er neben der dreijährigen Aspirantur einer weiteren entgeltlichen Beschäftigung nachgegangen. Er habe nämlich an der Bezirksakademie für ärztliche Weiterbildung durchgehend Lehrveranstaltungen auf den Gebieten Ethik und Recht in der Medizin sowie der Pharmazie abgehalten.
Mit Urteil vom 08. April 2011 hat das SG die Klage abgewiesen und ausgeführt, die Beklagte habe die Aspirantur vom 01. September 1980 bis zum 31. August 1983 zu Recht nicht als Beitragszeit berücksichtigt. Planmäßige Aspiranten hätten ein Stipendium erhalten. Sie seien während des Bestehens der DDR als Vollstipendiaten beitragsfrei versichert gewesen und hätten damit nicht der Versicherungspflicht unterlegen. Es habe während der Aspirantur auch kein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der M.-L.-Universität H.-W. oder der Ingenieurhochschule K. bestanden. Nur im Falle einer Delegierung, die beim Kläger allerdings nicht vorgelegen habe, sei nach § 10 Abs. 2 Asp-AO die Zeit der Aspirantur auf die Dienst-, Berufs- oder Tätigkeitsjahre sowie auf die Dauer der Zugehörigkeit zur delegierenden Einrichtung anzurechnen gewesen. Auf das vom Kläger zusätzlich zum Stipendium erhaltene Honorar für seine Vorlesungstätigkeit seien keine Beiträge zur Sozialversicherung der DDR entrichtet worden. Dieses Honorar habe nicht der Sozialversicherungspflicht unterlegen.
Gegen das am 25. Mai 2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 22. Juni 2011 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt und vorgetragen, entgegen der Auffassung des SG sei er sehr wohl von seiner Einrichtung, der Ingenieurhochschule K., zur planmäßigen Aspirantur zur M.-L.-Universität H.-W. delegiert worden, und zwar mit der Maßgabe, ihn nach Abschluss der Delegierungsphase sowie Erarbeitung und Verteidigung der Habilitationsschrift zum ordentlichen Dozenten an der delegierenden Hochschule zu berufen. Seinerzeit sei ohne Delegierung seitens der Entsendehochschule eine planmäßige Aspirantur im Rahmen des Hochschulwesens nicht möglich gewesen. In diesem Zusammenhang verweist der Kläger auf ein von ihm eingereichtes Schreiben des Rektors der Ingenieurhochschule K. über ein Personalgespräch am 16. Mai 1983. Im Übrigen habe er, wie bereits dargelegt, während der Erstellung seiner Habilitationsschrift auch weiterhin Lehrtätigkeit im Sinne einer entgeltlichen Beschäftigung ausgeübt. Nach § 248 SGB VI rechtfertige dieser Sachverhalt die Anerkennung der Aspirantur nicht nur als "Anrechnungszeit", sondern sogar als "Beitragszeit".
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 08. April 2011 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 01. November 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. Februar 2008 insoweit aufzuheben, als die Anerkennung der Zeit vom 01. September 1980 bis 31. August 1983 als Beitragszeit, hilfsweise Anrechnungszeit abgelehnt worden ist, und die Beklagte zu verurteilen, die Zeit vom 01. September 1980 bis 31. August 1983 als Pflichtbeitragszeit bei der Rentenberechnung zu berücksichtigen.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 08. April 2011 zurückzuweisen.
Sie schließt sich den Ausführungen des SG an.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Schriftsätze des Klägers und der Beklagten vom 17. Februar 2012).
Die Gerichtsakten und die Verwaltungsakten der Beklagten haben vorgelegen und sind Gegenstand der Beratung gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Sachvortrags der Beteiligten wird ergänzend auf den Inhalt dieser Akten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers – über die der Senat mit Zustimmung der Beteiligten gemäß §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte – ist nicht begründet. Denn der Bescheid der Beklagten vom 01. November 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. Februar 2008 ist hinsichtlich der vom Kläger geltend gemachten und von der Beklagten abgelehnten Feststellung der Zeit vom 01. September 1980 bis 31. August 1983 als Pflichtbeitragszeit rechtmäßig. Der Kläger ist insoweit nicht im Sinne der §§ 157, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG in seinen Rechten verletzt.
Zeiten einer planmäßigen wissenschaftlichen Aspirantur sind gemäß § 248 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 SGB VI keine Beitragszeiten, weil danach kraft Gesetzes Zeiten der Hochschulausbildung von einer Bewertung als Beitragszeiten ausgenommen sind (BSG, Urteil vom 24. Oktober 1996 – 4 RA 121/95 –, juris). Denn inhaltlich ging es um die Ausbildung an einer Hochschule der DDR für einen Beruf, ohne dass die Ausbildung in ein entgeltliches Beschäftigungsverhältnis integriert gewesen, daneben eine entgeltliche Beschäftigung ausgeübt worden oder ein (anderer) Beitragszeittatbestand verwirklicht worden wäre (vgl. BSG, Urteil vom 23. März 1999 – B 4 RA 18/98 R –, juris). Beim Kläger bestand ein durch ein Stipendium abgesichertes universitäres Ausbildungsverhältnis. Es lag weder eine in ein entgeltliches Beschäftigungsverhältnis integrierte Ausbildung vor, noch hat der Kläger nachgewiesen, daneben eine entgeltliche, sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt oder einen (anderen) Beitragszeittatbestand verwirklicht zu haben.
Die Einordnung der Aspirantur des Klägers als Hochschulausbildung folgt aus den Umständen, die nach der Asp-AO vom 22. September 1972 kennzeichnend waren. Danach waren die Ausbildungseinrichtungen beschränkt: Es musste sich um Universitäten bzw. wissenschaftliche Hochschulen oder sonstige wissenschaftliche Einrichtungen mit Promotionsrecht handeln (§ 2 Asp-AO). Zweck der Aspirantur war nach § 1 Abs. 2 Asp-AO grundsätzlich der Erwerb des akademischen Grades "Doktor eines Wissenschaftszweiges" – im Falle des Klägers der akademische Grad eines Doktor scientiae philosophiae. Der planmäßige Aspirant war für die Dauer der Ausbildung Angehöriger – nicht Werktätiger – der Ausbildungseinrichtung (§ 11 Abs. 4 Asp-AO). Er erhielt kein Entgelt, sondern – wie der Kläger – ein Stipendium (§ 11 Abs. 1 Satz 2 Asp-AO).
Entgegen der Auffassung des SG ist hier von einer Delegierung zur Aspirantur auszugehen. Allerdings ruhte gemäß § 10 Abs. 1 Asp-AO das Arbeitsrechtsverhältnis zwischen dem Aspiranten und dem delegierenden Betrieb für die Zeit der planmäßigen Aspirantur. Das verdeutlicht, dass ein die Sozialversicherungspflicht auslösendes Beschäftigungsverhältnis während dieser Ruhenszeit gerade nicht bestand, sondern ausgesetzt war. Auf § 10 Abs. 2 Asp-AO kann sich der Kläger ebenfalls nicht berufen. Danach wurde die Zeit der planmäßigen Aspirantur auf die Dienst-, Berufs- oder Tätigkeitsjahre sowie auf die Dauer der Zugehörigkeit zur delegierenden Einrichtung angerechnet. Dabei handelte es sich aber nicht um eine sozialversicherungsrechtliche Regelung, wie die Überschrift von § 10 Asp-AO ("Arbeitsrechtliche Regelungen") zeigt. Abgesehen davon könnte der Kläger daraus ohnehin keinen Anspruch auf Berücksichtigung der Aspirantur als Beitragszeit herleiten, weil als Anspruchsgrundlage einzig das SGB VI in Betracht kommt – hier konkret § 248 SGB VI. Aus diesem Grund kann auch die Bescheinigung der M.-L.-Universität H.-W. vom 03. März 2004, wonach der Kläger während der Aspirantur pflichtversichert gewesen sei, ihm nicht zum Erfolg verhelfen, zumal unklar ist, um welche Art von Pflichtversicherung es sich gehandelt haben soll.
Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass die Aspirantur auch keine Anrechnungszeit im Sinne von § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB VI ist (BSG, Urteil vom 24. Oktober 1996 – 4 RA 121/95, juris).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG bestehen nicht, weil die Rechtslage durch die angeführte Rechtsprechung geklärt ist.
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