Land
Hessen
Sozialgericht
SG Fulda (HES)
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
4
1. Instanz
SG Fulda (HES)
Aktenzeichen
S 4 SF 56/10 E
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 2 R 106/13 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Für die stationäre Unterbringung eines Probanden zur Begutachtung kann ein Krankenhaus seinen Aufwendungsersatzanspruch nicht unter Anwendung von Fallpauschalen (DRGs) nach dem KHEntgG berechnen. Ebenso wenig muss sich ein Krankenhaus auf die Empfehlung des ständigen Ausschusses BG-NT verweisen lassen.
2. Da seit Einführung des Fallpauschalensystems in der Krankenhausvergütung tagesgleiche Pflegesätze fehlen, sind zur Bestimmung des Kostenaufwands für die stationäre Unterbringung eines Begutachtungspatienten die Kalkulationen heranzuziehen, die der niedrigsten eintagesbezogenen Fallpauschale für Belegabteilungen zugrunde liegen.
3. Für das Jahr 2010 ergibt sich daraus ein Aufwendungsersatzanspruch eines Krankenhauses von 200 EUR pro Berechnungstag.
2. Da seit Einführung des Fallpauschalensystems in der Krankenhausvergütung tagesgleiche Pflegesätze fehlen, sind zur Bestimmung des Kostenaufwands für die stationäre Unterbringung eines Begutachtungspatienten die Kalkulationen heranzuziehen, die der niedrigsten eintagesbezogenen Fallpauschale für Belegabteilungen zugrunde liegen.
3. Für das Jahr 2010 ergibt sich daraus ein Aufwendungsersatzanspruch eines Krankenhauses von 200 EUR pro Berechnungstag.
Die Entschädigung der Antragstellerin für die stationäre Unterbringung zur Begutachtung des Klägers im Verfahren des SG Fulda S 3 R 302/06 in der Zeit vom 2. bis 6. Februar 2010 wird auf
800,00 EUR
festgesetzt. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
Diese Entscheidung ergeht gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten über die Vergütung der Antragstellerin für die stationäre Aufnahme des Klägers in dem Rechtsstreit vor dem SG Fulda mit dem Aktenzeichen S 3 R 302/06 (in Folgenden nur: Kläger) zwecks sozialmedizinischer Begutachtung.
Mit Beweisanordnung vom 15. Dezember 2009 ordnete der Vorsitzende der 3. Kammer des SG Fulda die Erstattung eines schriftlichen Gutachtens durch den Sachverständigen Prof. Dr. B. (in Folgenden nur: Sachverständiger) an; zugleich wurde bestimmt, dass das Gutachten nach stationärer Untersuchung des Klägers des Ausgangsverfahrens im Umfang von bis zu sechs Tagen erstattet werden solle.
Aufgrund dieser Beweisanordnung wurde der Kläger im Zentrum Neurologische Medizin, Abt. Klinische Neurophysiologie, das in der Trägerschaft der Antragstellerin steht, in der Zeit vom 2. bis 6. Februar 2010 stationär aufgenommen. Dem Gutachtenauftrag beigefügt war ein Merkblatt zur Vergütungsberechnung für Sachverständige, das u.a. folgende Passage enthielt:
"Vorbehaltlich der hierzu noch ergehenden Rechtsprechung wird als Entgelt für die stationäre Aufnahme eines Gutachtenspatieten von der Gerichtsverwaltung im Regelfall ein Ralativwert von 0,12 pro Berechnungstag – wobei Aufenthalts- und Entlasstungstag zusammenzufassen sind – (Basisfallwert x 0,12 pro Berechnungstag) anerkannt."
Nach Erstattung des Gutachtens liquidierte der Sachverständige mit Rechnung vom 6. August 2010 einen Gesamtbetrag von 1.237,45 EUR, von denen der Kostenbeamte einen Betrag von 1.212,03 EUR als korrekt anerkannte. Kosten für die stationäre Unterbringung waren in der Liquidation des Sachverständigen nicht enthalten.
Bereits zuvor hatte die Antragstellerin mit Rechnung vom 18. März 2010 die Kosten der stationären Unterbringung während der Begutachtung gegenüber der Staatskasse geltend gemacht und wie folgt berechnet:
Fallpauschale DRG B77Z 1.512,80 EUR
QS-Zuschlag 1,04 EUR
Systemzuschlag gem. Bundesausschuss 0,87 EUR
DRG Systemzuschlag 0,99 EUR
Zuschlag für Ausbildungsstätten 78,89 EUR
Zuschlag Sonderprogramm Pflege 7,26 EUR
1.601,85 EUR
Der Kostenbeamte setzte jedoch die Vergütung für die stationäre Unterbringung lediglich in Höhe von 726,14 EUR fest.
Mit Schreiben vom 21. September 2010, bei dem SG Fulda eingegangen am 27. September 2010, hat die Antragstellerin richterliche Festsetzung der Aufwandsentschädigung beantragt.
Zur Begründung führt sie aus, dass eine Abrechnung für stationäre Aufenthalte zwingend nach dem DRG-System mit Fallpauschalen zu erfolgen habe. Für den Aufenthalt des Klägers sei die DRG B77Z (Kopfschmerzen) einschlägig und daher entsprechend abzurechnen. Dabei nahm sie Bezug auf das Urteil des LSG Rheinland-Pfalz vom 5. September 2005 – L 2 B 36/05 U – (NZS 2006, S. 424 ff.), das unter Geltung des Gesetzes über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen eine Vergütungsbestimmung unter Anwendung des DRG-Systems bejaht hat.
Während des gerichtlichen Verfahrens erklärte der Sachverständige mit Datum vom 14. März 2011 die Abtretung seiner Vergütung, "soweit die Kosten der UMG aus der stationären Behandlung betroffen sind". Diese Abtretung nahm die Antragstellerin mit Datum vom 21. Februar 2012 an. Sie erklärte weiterhin, dem Sachverständigen für die streitgegenständliche Begutachtung ein Nutzungsentgelt von 211 EUR in Rechnung gestellt zu haben.
Eine Einzelabrechnung, wie sie von dem Antragsgegner unter Bezugnahme auf gerichtliche Entscheidungen gefordert werde, scheide aus, weil es hierfür an einer Rechtsgrundlage fehle. Wenn eine Pauschalierung erforderlich sei, müsse diese nach den einschlägigen Abrechnungsvorschriften im Rahmen des DRG-Systems erfolgen.
Selbst wenn man dem nicht folge, müsse zumindest derjenige Betrag als Vergütung festgesetzt werden, der sich aus dem dem Gutachtenauftrag beigefügten Merkblatt ergebe, nämlich das Produkt aus dem für Niedersachsen im Jahr 2009 geltenden Basisfallwert von 2.894,56 EUR und dem Faktor 0,12 je Berechnungstag, für einen viertägigen Aufenthalt also ein Betrag von 1.389,39 EUR
Die Antragstellerin beantragt,
die Entschädigung für die stationäre Unterbringung des Klägers in der Universitätsmedizin X-Stadt in der Zeit vom 2. bis 6. Februar 2010 in Höhe von 1.601,85 EUR festzusetzen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Aufwendungsersatz für die stationäre Unterbringung des Klägers auf 440 EUR festzusetzen.
Zur Begründung führt er aus, dass der Aufwendungsersatz für die stationäre Aufnahme zur Begutachtung nach den Grundsätzen, wie sie etwa in Entscheidungen des SG Dresden vom 14. September 2004 – S 1 SB 30/02 – und des LSG Baden-Württemberg vom 21. Januar 2008 – L 12 R 4403/06 KO-B – dargelegt seien, berechnet werden müssten. Hiernach sei zur Abgeltung von Leistungen im Zusammenhang mit dem stationären Aufenthalt eines Gutachtenpatienten ein Kostenersatz von 110 EUR je Berechnungstag angemessen. Hierbei handele es sich um einen Aufwendungsersatz im Sinne des § 12 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 JVEG. Der Höhe nach lehne sich der Aufwendungsersatz an die Empfehlung des ständigen Ausschusses BG-NT über die Vergütung für stationäre Begutachtungen bei Arbeitsunfallverletzten/Berufskrankheiten an.
II.
Der zulässig Antrag auf richterliche Festsetzung der Entschädigung hat teilweise Erfolg. Der Antragsteller hat aus abgetretenem Recht Anspruch auf die aus dem Tenor ersichtliche Vergütung.
1. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin kann zur Bestimmung des Betrages, den ein Sachverständiger als Aufwendungsersatz für die stationäre Unterbringung eines zu begutachtenden Probanden im Rahmen seiner Vergütung verlangen kann, nicht das DRG-System unmittelbar herangezogen werden (zur Vergütungsbestimmung nach Fallpauschalen [Diagnosis Related Groups – DRG] s. BSG, SozR 4-2500 § 109 Nr 11, sowie jüngst BSGE 109, 236 ff.). Dies ergibt sich zunächst daraus, dass das JVEG als Rechtsgrundlage für die Vergütung eines gerichtlich beauftragten Sachverständigen dem KHEntgG als lex specialis vorgeht. Daher ist der Aufwendungsersatz ausgehend von den Vorschriften des JVEG, hier § 12 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 JVEG, zu bestimmen (ebenso LSG Baden-Württemberg, Beschl. v. 29. Januar 2008 – L 12 R 4303/06 KO-B – nicht veröff.).
Die Unanwendbarkeit des DRG-Systems folgt aber auch aus §§ 1, 2 KHEntgG. Denn gemäß § 1 Abs. 1 KHEntgG werden die vollstationären und teilstationären Leistungen der DRG-Krankenhäuser nach dem KHEntgG (und dem Krankenhausfinanzierungsgesetz) vergütet, wobei Krankenhausleistungen in diesem Sinne "insbesondere ärztliche Behandlung, Krankenpflege, Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, die für die Versorgung im Krankenhaus notwendig sind, sowie Unterkunft und Verpflegung" umfassen. Diese Leistungen werden mit den jeweiligen Fallpauschalen gem. § 7 f. KHEntgG abgegolten. Zöge man nunmehr (diagnoseanhängige) Fallpauschalen zur Bestimmung des Aufwendungsersatzes heran, würde seitens des Zahlungspflichtigen, bei Begutachtung von Amts wegen im sozialgerichtlichen Verfahren also die Staatskasse, notwendig Leistungen vergütet, die nicht erbracht worden sind. Denn im Rahmen einer stationären Unterbringung zur Begutachtung durch einen Sachverständigen sind seitens eines Krankenhauses weder ärztliche Behandlung noch die Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln zu erbringen. Da hierfür keine Aufwendungen anfallen, kann auch kein entsprechender Ersatz verlangt werden.
Zudem weist auch das KHEntgG selbst eine Sonderregelung für die Kostenerstattung bei Begutachtungen auf: Gem. § 19 Abs. 3, 1 KHEntgG haben Ärzte bei Inanspruchnahme von Krankenhausleistungen die darauf entfallenden Kosten zu ersetzen; dabei erlaubt § 19 Abs. 1 S. 2 KHEntgG die Pauschalierung dieser Kostenerstattung. Daraus kann nur geschlossen werden, dass die Fallpauschalen des DRG-Systems auch nach der Konzeption des Gesetzgebers nicht als Grundlage einer Kostenerstattung und damit zur Bestimmung des Aufwendungsersatzanspruchs eines Sacherständigen gegenüber der Staatskasse herangezogen werden sollen. Denn andernfalls bedürfte es einer eigenen Pauschalierung gerade nicht; vielmehr wäre ein einfacher Verweis auf Fallpauschalen möglich gewesen, die der Gesetzgeber aber gerade nicht vorgenommen hat.
Aus diesem Grund kann der Entscheidung des LSG Rheinland-Pfalz (NZS 2006, S. 424 ff.) nicht gefolgt werden, das DRG-systemkonform den Aufwendungsersatz aufgrund zu kodierender, krankheitsabhängiger Diagnosen bestimmen will, obwohl es ausdrücklich darauf hinweist, dass für stationäre Aufenthalte zur Begutachtung gerade keine Pauschale zur Verfügung steht. Da die den Diagnosen zugrunde liegenden Erkrankungen als solche im Rahmen einer Begutachtung keine Behandlung erfahren, fehlt es in diesen Fällen an jeglichen Zusammenhang zwischen Diagnose und Ressourcenverbrauch eines Krankenhauses, der jedoch für die Bestimmung der Fallpauschale von entscheidender Bedeutung ist (vgl. BSGE 107, 140 ff.)
2. Hat demnach die Vergütung nach dem JVEG zu erfolgen, ist zunächst allerdings festzuhalten, dass es für die Bestimmung des Aufwendungsersatzes keine Regelungen enthält. Vielmehr hat ein Sachverständiger gemäß § 12 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 JVEG Anspruch auf Ersatz der "aufgewendeten notwendigen besonderen Kosten". Folglich sind einem Sachverständigen grundsätzlich die Kosten zu ersetzen, wie sie für ihn tatsächlich angefallen sind (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 42. Aufl. 2012, § 12 JVEG Rn. 9 m.w.Nw.).
a) Dies könnte zunächst so interpretiert werden, dass seitens der Staatskasse generell sämtliche Kosten zu ersetzen sind, wie sie einem Sachverständigen durch einen von ihm in Anspruch genommenen Dritten, etwa dem Träger eines Klinikums, in Rechnung gestellt worden sind. Es bestünde dann gar kein Prüfungsrecht der Staatskasse dahingehend, ob der Aufwendungsersatz der Höhe nach gerechtfertigt ist.
Einer solchen Interpretation steht jedoch der Wortlaut insoweit entgegen, als nur die "notwendigen" besonderen Kosten ersetzt werden. Sofern also ein Sachverständiger Dritte heranzieht und dadurch Aufwendungen entstehen, trägt er das Risiko, über das notwendige Maß hinausgehende Kosten selbst tragen zu müssen. Dies ist Folge der gesetzgeberischen Vergütungsregeln und von dem Sachverständigen hinzunehmen.
b) Daher ist der von der Antragstellerin aus abgetretenem Recht geltend gemachte Aufwendungsersatz der Höhe nach auf das Notwendige zu beschränken. Notwendig in diesem Sinne sind demnach die Kosten, die der Antragstellerin durch die Unterbringung des Klägers entstanden sind.
Anders als vor Einführung des DRG-Systems fehlt es an einer Festlegung von tagesgleichen Pflegesätzen eines DRG-Krankenhauses, auf die zurückgegriffen werden könnte. Vielmehr können allein dem Fallpauschalenkatalog (Anlage 1 zu § 1 Abs. 1 der Fallpauschalenvereinbarung 2010) Rückschlüsse darauf entnommen werden, welche Kosten durch die stationäre Unterbringung eines zu begutachtenden Probanden entstehen. Hierzu geht die Kammer von folgenden abstrakten Kriterien aus:
- Da die Unterbringung zur stationären Begutachtung keiner bestimmten Dauer unterliegt, kann nur eine Fallpauschale herangezogen werden, die speziell für einen stationären Aufenthalt von einem Tag definiert ist; andernfalls könnten keine taggenauen Abrechnungen erfolgen.
- Da insbesondere ärztliche Leistungen nicht durch das Krankenhaus erbracht werden, kommt nur eine Fallpauschale gemäß § 18 Abs. 2 KHEntgG für Belegpatienten in Betracht.
- Ergeben sich bei Anwendung dieser Kriterien mehrere in Frage kommende Fallpauschalen, ist diejenige mit der niedrigsten Bewertungsrelationen zugrundezulegen. Hierfür ist ausschlaggebend, dass selbst in den Fallpauschalen für Belegpatienten noch Leistungen eines Krankenhauses kalkulatorisch enthalten sind, die gegenüber einem zur Begutachtung stationär Aufgenommenem nicht erbracht werden. Soll daher der Betrag bestimmt werden, der für die reine Unterbringung in einem Krankenhaus ohne Krankenpflege und Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln als notwendig anzusehen ist, kann dies nur durch Heranziehung der niedrigsten Fallpauschale erfolgen. In dieser Pauschale dürfte der Anteil kalkulierter, aber gegenüber einem zu Begutachtenden nicht erbrachter Leistungen am Geringsten sein, während die Mindestkosten einer stationären Unterbringung als solche am Ehesten ablesbar sein werden.
- Zusatzentgelte gem. KHEntgG sind ausgeschlossen, da diese nur innerhalb des DRG-Systems anfallen, das auf den Aufwendungsersatz nach dem JVEG, wie dargelegt, keine Anwendung findet. Sie stehen ihrer Konzeption nach nicht mit einem konkreten Behandlungsfall und damit auch nicht einem bestimmten Begutachtungsaufenthalt in Verbindung.
Legt man diese Kriterien zu Grunde, gelangt man im Fallpauschalenkatalog für das Jahr 2010 zur DRG O64B (frustrane Wehen, ein Belegungstag), die eine Bewertungsrelation von 0,095 aufweist. Die Kostenstruktur des arithmetischen Mittels dieser Behandlungen stellt sich für die dem Jahr 2010 zugrunde liegende Kalkulation wie folgt dar:
Quelle: G-DRG V2008/2010 BA-Report-Browser, abrufbar auf den Internetseiten des Instituts für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK; www.g-drg.de).
Daraus ergeben sich zunächst Kosten der hier allein berücksichtigungsfähigen Normalstation von durchschnittlich 205,20 EUR. Da einem Gutachtenpatienten aber weder Arzneimittel noch sonstiger medizinischer Bedarf zuzuwenden sind, müssen die entsprechenden Kosten noch in Abzug gebracht werden, also 8,60 EUR. Daraus ergeben sich sodann Kosten eines Krankenhauses, die aufgrund des reinen Aufenthalts im Krankenhaus einschließlich eines Mindestmaßes an personeller Betreuung anfallen und die daher auch von einem Gutachtenpatienten in Anspruch genommen werden. Diese belaufen sich im Jahr 2010 also auf 196,60 EUR pro Tag als durchschnittliche Mindestkosten. Da es sich um einen Enschädigungsanspruch handelt, wendet die Kammer den Rechtsgedanken des § 287 ZPO an und geht aufgrund der vorstehenden Erwägungen pauschalierend von einem Aufwendungsersatzanspruch von 200 EUR aus.
Bei einem Aufenthalt im Umfang von vier abrechenbaren Tagen ergibt sich somit ein Gesamtbetrag von 800,00 EUR.
3. Der von der Antragstellerin dem Sachverständigen in Rechnung gestellte Betrag von 211 EUR ist hiervon nicht in Abzug zu bringen. Ob die Antragstellerin diese Zahlung aufgrund ihrer Rechtsbeziehung im Innenverhältnis zu dem Sachverständigen von ihm zusätzlich zu der obigen Vergütung verlangen kann, braucht dazu nicht entschieden zu werden. Denn der Sachverständige hat diese Aufwendungen gegenüber der Staatskasse nicht geltend gemacht und sie wurde ihm auch nicht ersetzt. Zwischenzeitlich hat er sämtliche Ansprüche betreffend die stationäre Unterbringung als solche an die Antragstellerin abgetreten, so dass der Sachverständige nicht mehr Inhaber der Forderung ist und damit auch keinen Ersatz mehr für Aufwendungen, die er gegenüber der Antragstellerin hatte, verlangen kann. Der Umfang der notwendige Aufwendungen wurde aber wie dargelegt bestimmt. Nur insoweit hatte der Sachverständige auch den Aufwendungsersatzanspruch gegen die Staatskasse, und nur in diesem Umfang ist dieser durch die Abtretung auf die Antragstellerin übergegangen. Sämtliche weitere Forderungen betreffen allein das Innenverhältnis zwischen der Antragstellerin und dem Sachverständigen.
4. Eine Vergütung in Höhe von nur 110 EUR pro Belegungstag gemäß dem Antrag des Antragsgegners scheidet aus. Eine kalkulatorische Grundlage, die diesen Betrag als die "notwendigen besonderen Kosten" für die stationäre Unterbringung des Klägers ausweisen könnte, ist weder von dem Antragsgegner vorgetragen worden noch sonst ersichtlich. Insofern kann auch offen bleiben, ob einem solchen Antrag nicht der Einwand des venire contra factum proprium entgegen steht, nachdem die Gerichtsverwaltung selbst eine deutliche höhere Entschädigung in dem von ihr autorisierten Merkblatt angekündigt hat.
a) Soweit auf die Empfehlung des ständigen Ausschusses BG-NT (Berufsgenossenschaft-Nebentarif) verwiesen wird, ist dies weder eine Rechtsnorm, noch kommt dem irgendeine Verbindlichkeit gegenüber dem Sachverständigen und damit auch nicht der Antragstellerin als Zessionarin zu (i.E. ebenso LSG Rheinland-Pfalz, NZS 2006, S. 424 [426]). Die Arbeit dieses Ausschuss beruht auf dem Abkommen zwischen der Deutschen Krankenhausgesellschaft und den Unfallversicherungsträgern i.d.F. vom 29. April 1965 (abgdr. in: Deutsche Krankenhausgesellschaft e.V. [Hrsg.], DKG-NT Band I/BG-NT, 32. Aufl. 2011, S. 471 f.), bindet demgemäß nur die Vertragspartner und gilt nach § 1 des vorbezeichneten Abkommens nur für "die Abrechnung zwischen Krankenhäusern und Berufsgenossenschaften". Daher muss sich der Sachverständige und mit ihm die Antragstellerin im Falle einer gerichtlich angeordneten Begutachtung nicht auf diese Regelungen oder gar nur bloße "Empfehlungen" verweisen lassen.
Entsprechend kann auch der Entscheidung des SG Dresden vom 14. September 2004 S 1 SB 30/02 – nicht veröff., nicht gefolgt werden. Dabei mag offen bleiben, ob die dort in Bezug genommene Rechtsgrundlage, nämlich § 612 Abs. 2 BGB, zur Bestimmung einer üblichen Vergütung nach dem JVEG herangezogen werden kann. Denn es ist schon äußerst fraglich, ob tatsächlich eine "übliche" Vergütung empirisch bestimmbar wäre. Vor allem aber kann ein im Jahr 2004 – unterstellt – als kostendeckend für den stationären Aufenthalt in einem Krankenhaus angesehener Betrag für das Jahr 2010 keine Geltung mehr beanspruchen.
b) Soweit das LSG Baden-Württemberg im Beschluss vom 29. Januar 2008 – L 12 R 4303/06 KO-B – nicht veröff., auf einen DRG-Entgelttarif (des Jahres 2005) Bezug nimmt, der ebenfalls einen Betrag von 110 EUR pro Tag für die stationäre Aufnahme zur Begutachtung enthält, ist hieraus für das vorliegende Verfahren nichts abzuleiten. Denn ein solcher Tarif für das Jahr 2010 mit Bindung für die Antragstellerin ist nicht ersichtlich.
5. Nach alldem ist auf die abstrakten Kriterien zurückzugreifen, die jahresspezifisch eine kalkulatorische Ermittlung des Kostenaufwands für die stationäre Unterbringung im Rahmen der Grundsätze des DRG-Systems, das die Grundlage der Vergütung von Krankenhausleistungen bildet, ermöglicht. Daraus folgt sodann die tenorierte Vergütungshöhe.
Der Antragstellerin war auch im vorliegenden Einzelfall nicht aus Gründen des Vertrauensschutzes eine höhere Vergütung zu gewähren wegen der Angaben in dem an den Sachverständigen übersandten Merkblatt. Denn die darin beschriebene Vergütung wurde ausdrücklich "Vorbehaltlich der hierzu noch ergehenden Rechtsprechung" angekündigt, so dass die Antragstellerin damit rechnen musste, dass eine gerichtliche Festsetzung von den Inhalten des Merkblatts abweicht.
6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 4 Abs. 8 JVEG.
800,00 EUR
festgesetzt. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
Diese Entscheidung ergeht gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten über die Vergütung der Antragstellerin für die stationäre Aufnahme des Klägers in dem Rechtsstreit vor dem SG Fulda mit dem Aktenzeichen S 3 R 302/06 (in Folgenden nur: Kläger) zwecks sozialmedizinischer Begutachtung.
Mit Beweisanordnung vom 15. Dezember 2009 ordnete der Vorsitzende der 3. Kammer des SG Fulda die Erstattung eines schriftlichen Gutachtens durch den Sachverständigen Prof. Dr. B. (in Folgenden nur: Sachverständiger) an; zugleich wurde bestimmt, dass das Gutachten nach stationärer Untersuchung des Klägers des Ausgangsverfahrens im Umfang von bis zu sechs Tagen erstattet werden solle.
Aufgrund dieser Beweisanordnung wurde der Kläger im Zentrum Neurologische Medizin, Abt. Klinische Neurophysiologie, das in der Trägerschaft der Antragstellerin steht, in der Zeit vom 2. bis 6. Februar 2010 stationär aufgenommen. Dem Gutachtenauftrag beigefügt war ein Merkblatt zur Vergütungsberechnung für Sachverständige, das u.a. folgende Passage enthielt:
"Vorbehaltlich der hierzu noch ergehenden Rechtsprechung wird als Entgelt für die stationäre Aufnahme eines Gutachtenspatieten von der Gerichtsverwaltung im Regelfall ein Ralativwert von 0,12 pro Berechnungstag – wobei Aufenthalts- und Entlasstungstag zusammenzufassen sind – (Basisfallwert x 0,12 pro Berechnungstag) anerkannt."
Nach Erstattung des Gutachtens liquidierte der Sachverständige mit Rechnung vom 6. August 2010 einen Gesamtbetrag von 1.237,45 EUR, von denen der Kostenbeamte einen Betrag von 1.212,03 EUR als korrekt anerkannte. Kosten für die stationäre Unterbringung waren in der Liquidation des Sachverständigen nicht enthalten.
Bereits zuvor hatte die Antragstellerin mit Rechnung vom 18. März 2010 die Kosten der stationären Unterbringung während der Begutachtung gegenüber der Staatskasse geltend gemacht und wie folgt berechnet:
Fallpauschale DRG B77Z 1.512,80 EUR
QS-Zuschlag 1,04 EUR
Systemzuschlag gem. Bundesausschuss 0,87 EUR
DRG Systemzuschlag 0,99 EUR
Zuschlag für Ausbildungsstätten 78,89 EUR
Zuschlag Sonderprogramm Pflege 7,26 EUR
1.601,85 EUR
Der Kostenbeamte setzte jedoch die Vergütung für die stationäre Unterbringung lediglich in Höhe von 726,14 EUR fest.
Mit Schreiben vom 21. September 2010, bei dem SG Fulda eingegangen am 27. September 2010, hat die Antragstellerin richterliche Festsetzung der Aufwandsentschädigung beantragt.
Zur Begründung führt sie aus, dass eine Abrechnung für stationäre Aufenthalte zwingend nach dem DRG-System mit Fallpauschalen zu erfolgen habe. Für den Aufenthalt des Klägers sei die DRG B77Z (Kopfschmerzen) einschlägig und daher entsprechend abzurechnen. Dabei nahm sie Bezug auf das Urteil des LSG Rheinland-Pfalz vom 5. September 2005 – L 2 B 36/05 U – (NZS 2006, S. 424 ff.), das unter Geltung des Gesetzes über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen eine Vergütungsbestimmung unter Anwendung des DRG-Systems bejaht hat.
Während des gerichtlichen Verfahrens erklärte der Sachverständige mit Datum vom 14. März 2011 die Abtretung seiner Vergütung, "soweit die Kosten der UMG aus der stationären Behandlung betroffen sind". Diese Abtretung nahm die Antragstellerin mit Datum vom 21. Februar 2012 an. Sie erklärte weiterhin, dem Sachverständigen für die streitgegenständliche Begutachtung ein Nutzungsentgelt von 211 EUR in Rechnung gestellt zu haben.
Eine Einzelabrechnung, wie sie von dem Antragsgegner unter Bezugnahme auf gerichtliche Entscheidungen gefordert werde, scheide aus, weil es hierfür an einer Rechtsgrundlage fehle. Wenn eine Pauschalierung erforderlich sei, müsse diese nach den einschlägigen Abrechnungsvorschriften im Rahmen des DRG-Systems erfolgen.
Selbst wenn man dem nicht folge, müsse zumindest derjenige Betrag als Vergütung festgesetzt werden, der sich aus dem dem Gutachtenauftrag beigefügten Merkblatt ergebe, nämlich das Produkt aus dem für Niedersachsen im Jahr 2009 geltenden Basisfallwert von 2.894,56 EUR und dem Faktor 0,12 je Berechnungstag, für einen viertägigen Aufenthalt also ein Betrag von 1.389,39 EUR
Die Antragstellerin beantragt,
die Entschädigung für die stationäre Unterbringung des Klägers in der Universitätsmedizin X-Stadt in der Zeit vom 2. bis 6. Februar 2010 in Höhe von 1.601,85 EUR festzusetzen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Aufwendungsersatz für die stationäre Unterbringung des Klägers auf 440 EUR festzusetzen.
Zur Begründung führt er aus, dass der Aufwendungsersatz für die stationäre Aufnahme zur Begutachtung nach den Grundsätzen, wie sie etwa in Entscheidungen des SG Dresden vom 14. September 2004 – S 1 SB 30/02 – und des LSG Baden-Württemberg vom 21. Januar 2008 – L 12 R 4403/06 KO-B – dargelegt seien, berechnet werden müssten. Hiernach sei zur Abgeltung von Leistungen im Zusammenhang mit dem stationären Aufenthalt eines Gutachtenpatienten ein Kostenersatz von 110 EUR je Berechnungstag angemessen. Hierbei handele es sich um einen Aufwendungsersatz im Sinne des § 12 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 JVEG. Der Höhe nach lehne sich der Aufwendungsersatz an die Empfehlung des ständigen Ausschusses BG-NT über die Vergütung für stationäre Begutachtungen bei Arbeitsunfallverletzten/Berufskrankheiten an.
II.
Der zulässig Antrag auf richterliche Festsetzung der Entschädigung hat teilweise Erfolg. Der Antragsteller hat aus abgetretenem Recht Anspruch auf die aus dem Tenor ersichtliche Vergütung.
1. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin kann zur Bestimmung des Betrages, den ein Sachverständiger als Aufwendungsersatz für die stationäre Unterbringung eines zu begutachtenden Probanden im Rahmen seiner Vergütung verlangen kann, nicht das DRG-System unmittelbar herangezogen werden (zur Vergütungsbestimmung nach Fallpauschalen [Diagnosis Related Groups – DRG] s. BSG, SozR 4-2500 § 109 Nr 11, sowie jüngst BSGE 109, 236 ff.). Dies ergibt sich zunächst daraus, dass das JVEG als Rechtsgrundlage für die Vergütung eines gerichtlich beauftragten Sachverständigen dem KHEntgG als lex specialis vorgeht. Daher ist der Aufwendungsersatz ausgehend von den Vorschriften des JVEG, hier § 12 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 JVEG, zu bestimmen (ebenso LSG Baden-Württemberg, Beschl. v. 29. Januar 2008 – L 12 R 4303/06 KO-B – nicht veröff.).
Die Unanwendbarkeit des DRG-Systems folgt aber auch aus §§ 1, 2 KHEntgG. Denn gemäß § 1 Abs. 1 KHEntgG werden die vollstationären und teilstationären Leistungen der DRG-Krankenhäuser nach dem KHEntgG (und dem Krankenhausfinanzierungsgesetz) vergütet, wobei Krankenhausleistungen in diesem Sinne "insbesondere ärztliche Behandlung, Krankenpflege, Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, die für die Versorgung im Krankenhaus notwendig sind, sowie Unterkunft und Verpflegung" umfassen. Diese Leistungen werden mit den jeweiligen Fallpauschalen gem. § 7 f. KHEntgG abgegolten. Zöge man nunmehr (diagnoseanhängige) Fallpauschalen zur Bestimmung des Aufwendungsersatzes heran, würde seitens des Zahlungspflichtigen, bei Begutachtung von Amts wegen im sozialgerichtlichen Verfahren also die Staatskasse, notwendig Leistungen vergütet, die nicht erbracht worden sind. Denn im Rahmen einer stationären Unterbringung zur Begutachtung durch einen Sachverständigen sind seitens eines Krankenhauses weder ärztliche Behandlung noch die Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln zu erbringen. Da hierfür keine Aufwendungen anfallen, kann auch kein entsprechender Ersatz verlangt werden.
Zudem weist auch das KHEntgG selbst eine Sonderregelung für die Kostenerstattung bei Begutachtungen auf: Gem. § 19 Abs. 3, 1 KHEntgG haben Ärzte bei Inanspruchnahme von Krankenhausleistungen die darauf entfallenden Kosten zu ersetzen; dabei erlaubt § 19 Abs. 1 S. 2 KHEntgG die Pauschalierung dieser Kostenerstattung. Daraus kann nur geschlossen werden, dass die Fallpauschalen des DRG-Systems auch nach der Konzeption des Gesetzgebers nicht als Grundlage einer Kostenerstattung und damit zur Bestimmung des Aufwendungsersatzanspruchs eines Sacherständigen gegenüber der Staatskasse herangezogen werden sollen. Denn andernfalls bedürfte es einer eigenen Pauschalierung gerade nicht; vielmehr wäre ein einfacher Verweis auf Fallpauschalen möglich gewesen, die der Gesetzgeber aber gerade nicht vorgenommen hat.
Aus diesem Grund kann der Entscheidung des LSG Rheinland-Pfalz (NZS 2006, S. 424 ff.) nicht gefolgt werden, das DRG-systemkonform den Aufwendungsersatz aufgrund zu kodierender, krankheitsabhängiger Diagnosen bestimmen will, obwohl es ausdrücklich darauf hinweist, dass für stationäre Aufenthalte zur Begutachtung gerade keine Pauschale zur Verfügung steht. Da die den Diagnosen zugrunde liegenden Erkrankungen als solche im Rahmen einer Begutachtung keine Behandlung erfahren, fehlt es in diesen Fällen an jeglichen Zusammenhang zwischen Diagnose und Ressourcenverbrauch eines Krankenhauses, der jedoch für die Bestimmung der Fallpauschale von entscheidender Bedeutung ist (vgl. BSGE 107, 140 ff.)
2. Hat demnach die Vergütung nach dem JVEG zu erfolgen, ist zunächst allerdings festzuhalten, dass es für die Bestimmung des Aufwendungsersatzes keine Regelungen enthält. Vielmehr hat ein Sachverständiger gemäß § 12 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 JVEG Anspruch auf Ersatz der "aufgewendeten notwendigen besonderen Kosten". Folglich sind einem Sachverständigen grundsätzlich die Kosten zu ersetzen, wie sie für ihn tatsächlich angefallen sind (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 42. Aufl. 2012, § 12 JVEG Rn. 9 m.w.Nw.).
a) Dies könnte zunächst so interpretiert werden, dass seitens der Staatskasse generell sämtliche Kosten zu ersetzen sind, wie sie einem Sachverständigen durch einen von ihm in Anspruch genommenen Dritten, etwa dem Träger eines Klinikums, in Rechnung gestellt worden sind. Es bestünde dann gar kein Prüfungsrecht der Staatskasse dahingehend, ob der Aufwendungsersatz der Höhe nach gerechtfertigt ist.
Einer solchen Interpretation steht jedoch der Wortlaut insoweit entgegen, als nur die "notwendigen" besonderen Kosten ersetzt werden. Sofern also ein Sachverständiger Dritte heranzieht und dadurch Aufwendungen entstehen, trägt er das Risiko, über das notwendige Maß hinausgehende Kosten selbst tragen zu müssen. Dies ist Folge der gesetzgeberischen Vergütungsregeln und von dem Sachverständigen hinzunehmen.
b) Daher ist der von der Antragstellerin aus abgetretenem Recht geltend gemachte Aufwendungsersatz der Höhe nach auf das Notwendige zu beschränken. Notwendig in diesem Sinne sind demnach die Kosten, die der Antragstellerin durch die Unterbringung des Klägers entstanden sind.
Anders als vor Einführung des DRG-Systems fehlt es an einer Festlegung von tagesgleichen Pflegesätzen eines DRG-Krankenhauses, auf die zurückgegriffen werden könnte. Vielmehr können allein dem Fallpauschalenkatalog (Anlage 1 zu § 1 Abs. 1 der Fallpauschalenvereinbarung 2010) Rückschlüsse darauf entnommen werden, welche Kosten durch die stationäre Unterbringung eines zu begutachtenden Probanden entstehen. Hierzu geht die Kammer von folgenden abstrakten Kriterien aus:
- Da die Unterbringung zur stationären Begutachtung keiner bestimmten Dauer unterliegt, kann nur eine Fallpauschale herangezogen werden, die speziell für einen stationären Aufenthalt von einem Tag definiert ist; andernfalls könnten keine taggenauen Abrechnungen erfolgen.
- Da insbesondere ärztliche Leistungen nicht durch das Krankenhaus erbracht werden, kommt nur eine Fallpauschale gemäß § 18 Abs. 2 KHEntgG für Belegpatienten in Betracht.
- Ergeben sich bei Anwendung dieser Kriterien mehrere in Frage kommende Fallpauschalen, ist diejenige mit der niedrigsten Bewertungsrelationen zugrundezulegen. Hierfür ist ausschlaggebend, dass selbst in den Fallpauschalen für Belegpatienten noch Leistungen eines Krankenhauses kalkulatorisch enthalten sind, die gegenüber einem zur Begutachtung stationär Aufgenommenem nicht erbracht werden. Soll daher der Betrag bestimmt werden, der für die reine Unterbringung in einem Krankenhaus ohne Krankenpflege und Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln als notwendig anzusehen ist, kann dies nur durch Heranziehung der niedrigsten Fallpauschale erfolgen. In dieser Pauschale dürfte der Anteil kalkulierter, aber gegenüber einem zu Begutachtenden nicht erbrachter Leistungen am Geringsten sein, während die Mindestkosten einer stationären Unterbringung als solche am Ehesten ablesbar sein werden.
- Zusatzentgelte gem. KHEntgG sind ausgeschlossen, da diese nur innerhalb des DRG-Systems anfallen, das auf den Aufwendungsersatz nach dem JVEG, wie dargelegt, keine Anwendung findet. Sie stehen ihrer Konzeption nach nicht mit einem konkreten Behandlungsfall und damit auch nicht einem bestimmten Begutachtungsaufenthalt in Verbindung.
Legt man diese Kriterien zu Grunde, gelangt man im Fallpauschalenkatalog für das Jahr 2010 zur DRG O64B (frustrane Wehen, ein Belegungstag), die eine Bewertungsrelation von 0,095 aufweist. Die Kostenstruktur des arithmetischen Mittels dieser Behandlungen stellt sich für die dem Jahr 2010 zugrunde liegende Kalkulation wie folgt dar:
Quelle: G-DRG V2008/2010 BA-Report-Browser, abrufbar auf den Internetseiten des Instituts für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK; www.g-drg.de).
Daraus ergeben sich zunächst Kosten der hier allein berücksichtigungsfähigen Normalstation von durchschnittlich 205,20 EUR. Da einem Gutachtenpatienten aber weder Arzneimittel noch sonstiger medizinischer Bedarf zuzuwenden sind, müssen die entsprechenden Kosten noch in Abzug gebracht werden, also 8,60 EUR. Daraus ergeben sich sodann Kosten eines Krankenhauses, die aufgrund des reinen Aufenthalts im Krankenhaus einschließlich eines Mindestmaßes an personeller Betreuung anfallen und die daher auch von einem Gutachtenpatienten in Anspruch genommen werden. Diese belaufen sich im Jahr 2010 also auf 196,60 EUR pro Tag als durchschnittliche Mindestkosten. Da es sich um einen Enschädigungsanspruch handelt, wendet die Kammer den Rechtsgedanken des § 287 ZPO an und geht aufgrund der vorstehenden Erwägungen pauschalierend von einem Aufwendungsersatzanspruch von 200 EUR aus.
Bei einem Aufenthalt im Umfang von vier abrechenbaren Tagen ergibt sich somit ein Gesamtbetrag von 800,00 EUR.
3. Der von der Antragstellerin dem Sachverständigen in Rechnung gestellte Betrag von 211 EUR ist hiervon nicht in Abzug zu bringen. Ob die Antragstellerin diese Zahlung aufgrund ihrer Rechtsbeziehung im Innenverhältnis zu dem Sachverständigen von ihm zusätzlich zu der obigen Vergütung verlangen kann, braucht dazu nicht entschieden zu werden. Denn der Sachverständige hat diese Aufwendungen gegenüber der Staatskasse nicht geltend gemacht und sie wurde ihm auch nicht ersetzt. Zwischenzeitlich hat er sämtliche Ansprüche betreffend die stationäre Unterbringung als solche an die Antragstellerin abgetreten, so dass der Sachverständige nicht mehr Inhaber der Forderung ist und damit auch keinen Ersatz mehr für Aufwendungen, die er gegenüber der Antragstellerin hatte, verlangen kann. Der Umfang der notwendige Aufwendungen wurde aber wie dargelegt bestimmt. Nur insoweit hatte der Sachverständige auch den Aufwendungsersatzanspruch gegen die Staatskasse, und nur in diesem Umfang ist dieser durch die Abtretung auf die Antragstellerin übergegangen. Sämtliche weitere Forderungen betreffen allein das Innenverhältnis zwischen der Antragstellerin und dem Sachverständigen.
4. Eine Vergütung in Höhe von nur 110 EUR pro Belegungstag gemäß dem Antrag des Antragsgegners scheidet aus. Eine kalkulatorische Grundlage, die diesen Betrag als die "notwendigen besonderen Kosten" für die stationäre Unterbringung des Klägers ausweisen könnte, ist weder von dem Antragsgegner vorgetragen worden noch sonst ersichtlich. Insofern kann auch offen bleiben, ob einem solchen Antrag nicht der Einwand des venire contra factum proprium entgegen steht, nachdem die Gerichtsverwaltung selbst eine deutliche höhere Entschädigung in dem von ihr autorisierten Merkblatt angekündigt hat.
a) Soweit auf die Empfehlung des ständigen Ausschusses BG-NT (Berufsgenossenschaft-Nebentarif) verwiesen wird, ist dies weder eine Rechtsnorm, noch kommt dem irgendeine Verbindlichkeit gegenüber dem Sachverständigen und damit auch nicht der Antragstellerin als Zessionarin zu (i.E. ebenso LSG Rheinland-Pfalz, NZS 2006, S. 424 [426]). Die Arbeit dieses Ausschuss beruht auf dem Abkommen zwischen der Deutschen Krankenhausgesellschaft und den Unfallversicherungsträgern i.d.F. vom 29. April 1965 (abgdr. in: Deutsche Krankenhausgesellschaft e.V. [Hrsg.], DKG-NT Band I/BG-NT, 32. Aufl. 2011, S. 471 f.), bindet demgemäß nur die Vertragspartner und gilt nach § 1 des vorbezeichneten Abkommens nur für "die Abrechnung zwischen Krankenhäusern und Berufsgenossenschaften". Daher muss sich der Sachverständige und mit ihm die Antragstellerin im Falle einer gerichtlich angeordneten Begutachtung nicht auf diese Regelungen oder gar nur bloße "Empfehlungen" verweisen lassen.
Entsprechend kann auch der Entscheidung des SG Dresden vom 14. September 2004 S 1 SB 30/02 – nicht veröff., nicht gefolgt werden. Dabei mag offen bleiben, ob die dort in Bezug genommene Rechtsgrundlage, nämlich § 612 Abs. 2 BGB, zur Bestimmung einer üblichen Vergütung nach dem JVEG herangezogen werden kann. Denn es ist schon äußerst fraglich, ob tatsächlich eine "übliche" Vergütung empirisch bestimmbar wäre. Vor allem aber kann ein im Jahr 2004 – unterstellt – als kostendeckend für den stationären Aufenthalt in einem Krankenhaus angesehener Betrag für das Jahr 2010 keine Geltung mehr beanspruchen.
b) Soweit das LSG Baden-Württemberg im Beschluss vom 29. Januar 2008 – L 12 R 4303/06 KO-B – nicht veröff., auf einen DRG-Entgelttarif (des Jahres 2005) Bezug nimmt, der ebenfalls einen Betrag von 110 EUR pro Tag für die stationäre Aufnahme zur Begutachtung enthält, ist hieraus für das vorliegende Verfahren nichts abzuleiten. Denn ein solcher Tarif für das Jahr 2010 mit Bindung für die Antragstellerin ist nicht ersichtlich.
5. Nach alldem ist auf die abstrakten Kriterien zurückzugreifen, die jahresspezifisch eine kalkulatorische Ermittlung des Kostenaufwands für die stationäre Unterbringung im Rahmen der Grundsätze des DRG-Systems, das die Grundlage der Vergütung von Krankenhausleistungen bildet, ermöglicht. Daraus folgt sodann die tenorierte Vergütungshöhe.
Der Antragstellerin war auch im vorliegenden Einzelfall nicht aus Gründen des Vertrauensschutzes eine höhere Vergütung zu gewähren wegen der Angaben in dem an den Sachverständigen übersandten Merkblatt. Denn die darin beschriebene Vergütung wurde ausdrücklich "Vorbehaltlich der hierzu noch ergehenden Rechtsprechung" angekündigt, so dass die Antragstellerin damit rechnen musste, dass eine gerichtliche Festsetzung von den Inhalten des Merkblatts abweicht.
6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 4 Abs. 8 JVEG.
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