Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
2
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 7 AS 1970/12
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 2 AS 1996/12 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 10.09.2012 aufgehoben. Dem Kläger wird für das erstinstanzliche Verfahren unter Beiordnung von Rechtsanwalt H ratenfrei Prozesskostenhilfe seit Antragstellung bewilligt. Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die zulässige Beschwerde des Klägers ist begründet.
Beteiligte, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen können, erhalten gemäß § 73a Sozialgerichtsgesetz (SGG) iVm § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) Prozesskostenhilfe (PKH), wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder- verteidigung Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Diese Voraussetzungen hat der Kläger glaubhaft gemacht. Der im laufenden Bezug von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) stehende Kläger kann die Kosten der Prozessführung nicht selbst aufbringen. Eine hinreichende Erfolgsaussicht der von ihm betriebenen und auf die Bewilligung von Kosten der Unterkunft im von Februar bis Juli 2012 laufenden Bewilligungszeitraum gerichteten Rechtsverfolgung besteht ebenfalls.
Hinreichende Erfolgsaussichten sind gegeben, wenn der Rechtsstandpunkt des Klägers aufgrund von Sachverhaltsschilderung und Aktenlage zumindest als vertretbar anzusehen und in tatsächlicher Hinsicht die Möglichkeit der Beweisführung nicht fernliegend ist. Von letzterem ist regelmäßig dann auszugehen, wenn Ermittlungen von Amts wegen erforderlich sind. Allerdings ist nicht in allen Fällen, in denen aufgrund des die Sozialgerichtsbarkeit weitgehend bestimmenden und sehr weit reichenden Amtsermittlungsgrundsatzes eine Beweisaufnahme zu erfolgen hat, auch PKH zu bewilligen. Jedenfalls dann, wenn es bei einer Gesamtbetrachtung des Verfahrens weitgehend unwahrscheinlich erscheint, dass mit den in Betracht kommenden Beweismitteln eine erfolgreiche Beweisführung gelingen wird, ist eine vorweggenommene Beweiswürdigung zulässig und kann dazu führen, dass vom Fehlen hinreichender Erfolgsaussichten auszugehen ist. Allerdings dürfen die Anforderungen an die Erfolgsaussicht nicht überspannt werden, denn ebenso wie die Prüfung schwieriger Rechtsfragen ist auch eine eingehende Beweiswürdigung nicht in das Nebenverfahren über die PKH mit der Folge vorzuverlagern, dass dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens tritt. Es liefe dem mit PKH bezweckten Ziel der Rechtschutzgleichheit zuwider, wenn unbemittelten Beteiligten wegen Fehlens von Erfolgsaussichten ihres Rechtschutzbegehrens PKH verweigert wird, obwohl eine Beweisaufnahme ernsthaft in Betracht kommt und keine konkreten und nachvollziehbaren Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Beweisaufnahme mit großer Wahrscheinlichkeit zu ihrem Nachteil ausgehen wird (st. Rechtspr. des Bundesverfassungsgerichts, siehe Beschluss vom 01.07.2009, 1 BvR 560/08 mwN).
Unter Berücksichtigung dieses rechtlichen Rahmens hat das Sozialgericht die Bewilligung von PKH zu Unrecht abgelehnt. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass sich im Verfahren ergeben wird, dass der Kläger Anspruch auf Kosten für Unterkunft und Heizung gemäß § 22 SGB II im streitbefangenen Zeitraum (oder in Teilen des selben) für die von ihm angemietete Wohnung in der Hatzfeldstraße 10 in Düsseldorf hat. Ob einem solchen Anspruch mit Erfolg entgegengehalten werden kann, der Kläger bewohne diese Wohnung nicht, ist vom Sozialgericht in tatsächlicher Hinsicht noch aufzuklären, weil der Kläger demgegenüber bereits im Vorverfahren angegeben hatte, er nutze die Wohnung täglich. Zwar gibt es durchaus Anhaltspunkte dafür, dass die Wohnung nicht Lebensmittelpunkt des Klägers war bzw. ist. Er konnte beispielsweise bei fünf Hausbesuchen in der Zeit vom 07. bis 15.03.2012, die zu unterschiedlichen Tageszeiten stattfanden, nicht angetroffen werden. Auch begründet der anlässlich des erfolgreichen Hausbesuchs am 06.01.2012 festgestellte Einrichtungszustand der Wohnung Zweifel an einer regelmäßigen Nutzung. Sowohl die Art der Wohnungseinrichtung als auch die Intensität der Wohnungsnutzung sind aber individuell verschieden, so dass sich daraus nur bedingt Rückschlüsse auf einen Wohnsitz herleiten lassen. Hier haben die Feststellungen anlässlich der Besichtigung am 06.01.2012 eine grundsätzlich bewohnbare Wohnung, in der sich persönliche Gegenstände (Bettwäsche, Shirts, etc.) befanden, ergeben. Selbst wenn noch nicht alle Räume eingerichtet waren und sich nur wenig Lebensmittel in der Wohnung befanden, so spricht dies nicht notwendig gegen eine regelmäßige Nutzung. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den wiedergegebenen Angaben von namentlich nicht genannten Nachbarn, wonach der Kläger dort nicht wohne. Sie können sich bereits nicht auf den hier streitigen Zeitraum beziehen, da sie vor dessen Beginn eingeholt wurden und sich die Umstände seit der Befragung der Nachbarn geändert haben können. Im Übrigen wäre auch insoweit eine weitere Aufklärung erforderlich, da geklärt werden müsste, inwieweit die Nachbarschaft überhaupt Einblick in das Wohnungsnutzungsverhalten des Klägers gewinnen konnte.
Da sich aus den Verwaltungsakten des Beklagten ergibt, dass eine Nachkontrolle der Wohnverhältnisse für Mai 2012 beabsichtigt war, erscheint es ebenfalls notwendig, einen ggf. aus diesem Anlass erstellten Prüfbericht zum erstinstanzlichen Verfahren beizuziehen. Inwieweit darüber hinaus eine Befragung der vom Kläger benannten Zeugen zu erfolgen hat, ist vom Sozialgericht in eigener Zuständigkeit zu beurteilen. Auch wenn vom Kläger bislang keine näheren Angaben beispielsweise dazu erfolgten, warum er an mehreren Tagen nicht in der Wohnung angetroffen werden konnte, handelt es sich entgegen der Auffassung des Sozialgerichts schon deshalb nicht um Ermittlungen "ins Blaue hinein", weil eine tägliche Nutzung der Wohnung vom Kläger behauptet wurde und aufgrund der bisher getroffenen Feststellungen nicht völlig auszuschließen ist.
Bei dieser Sachlage sind weitere Ermittlungen von Amts wegen erforderlich und es fehlt an nachvollziehbaren Anhaltspunkten dafür, dass eine Beweisaufnahme mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil des Klägers ausgehen wird.
Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts ist auch notwendig.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 73a SGG iVm § 127 Abs. 4 ZPO.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
Gründe:
Die zulässige Beschwerde des Klägers ist begründet.
Beteiligte, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen können, erhalten gemäß § 73a Sozialgerichtsgesetz (SGG) iVm § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) Prozesskostenhilfe (PKH), wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder- verteidigung Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Diese Voraussetzungen hat der Kläger glaubhaft gemacht. Der im laufenden Bezug von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) stehende Kläger kann die Kosten der Prozessführung nicht selbst aufbringen. Eine hinreichende Erfolgsaussicht der von ihm betriebenen und auf die Bewilligung von Kosten der Unterkunft im von Februar bis Juli 2012 laufenden Bewilligungszeitraum gerichteten Rechtsverfolgung besteht ebenfalls.
Hinreichende Erfolgsaussichten sind gegeben, wenn der Rechtsstandpunkt des Klägers aufgrund von Sachverhaltsschilderung und Aktenlage zumindest als vertretbar anzusehen und in tatsächlicher Hinsicht die Möglichkeit der Beweisführung nicht fernliegend ist. Von letzterem ist regelmäßig dann auszugehen, wenn Ermittlungen von Amts wegen erforderlich sind. Allerdings ist nicht in allen Fällen, in denen aufgrund des die Sozialgerichtsbarkeit weitgehend bestimmenden und sehr weit reichenden Amtsermittlungsgrundsatzes eine Beweisaufnahme zu erfolgen hat, auch PKH zu bewilligen. Jedenfalls dann, wenn es bei einer Gesamtbetrachtung des Verfahrens weitgehend unwahrscheinlich erscheint, dass mit den in Betracht kommenden Beweismitteln eine erfolgreiche Beweisführung gelingen wird, ist eine vorweggenommene Beweiswürdigung zulässig und kann dazu führen, dass vom Fehlen hinreichender Erfolgsaussichten auszugehen ist. Allerdings dürfen die Anforderungen an die Erfolgsaussicht nicht überspannt werden, denn ebenso wie die Prüfung schwieriger Rechtsfragen ist auch eine eingehende Beweiswürdigung nicht in das Nebenverfahren über die PKH mit der Folge vorzuverlagern, dass dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens tritt. Es liefe dem mit PKH bezweckten Ziel der Rechtschutzgleichheit zuwider, wenn unbemittelten Beteiligten wegen Fehlens von Erfolgsaussichten ihres Rechtschutzbegehrens PKH verweigert wird, obwohl eine Beweisaufnahme ernsthaft in Betracht kommt und keine konkreten und nachvollziehbaren Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Beweisaufnahme mit großer Wahrscheinlichkeit zu ihrem Nachteil ausgehen wird (st. Rechtspr. des Bundesverfassungsgerichts, siehe Beschluss vom 01.07.2009, 1 BvR 560/08 mwN).
Unter Berücksichtigung dieses rechtlichen Rahmens hat das Sozialgericht die Bewilligung von PKH zu Unrecht abgelehnt. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass sich im Verfahren ergeben wird, dass der Kläger Anspruch auf Kosten für Unterkunft und Heizung gemäß § 22 SGB II im streitbefangenen Zeitraum (oder in Teilen des selben) für die von ihm angemietete Wohnung in der Hatzfeldstraße 10 in Düsseldorf hat. Ob einem solchen Anspruch mit Erfolg entgegengehalten werden kann, der Kläger bewohne diese Wohnung nicht, ist vom Sozialgericht in tatsächlicher Hinsicht noch aufzuklären, weil der Kläger demgegenüber bereits im Vorverfahren angegeben hatte, er nutze die Wohnung täglich. Zwar gibt es durchaus Anhaltspunkte dafür, dass die Wohnung nicht Lebensmittelpunkt des Klägers war bzw. ist. Er konnte beispielsweise bei fünf Hausbesuchen in der Zeit vom 07. bis 15.03.2012, die zu unterschiedlichen Tageszeiten stattfanden, nicht angetroffen werden. Auch begründet der anlässlich des erfolgreichen Hausbesuchs am 06.01.2012 festgestellte Einrichtungszustand der Wohnung Zweifel an einer regelmäßigen Nutzung. Sowohl die Art der Wohnungseinrichtung als auch die Intensität der Wohnungsnutzung sind aber individuell verschieden, so dass sich daraus nur bedingt Rückschlüsse auf einen Wohnsitz herleiten lassen. Hier haben die Feststellungen anlässlich der Besichtigung am 06.01.2012 eine grundsätzlich bewohnbare Wohnung, in der sich persönliche Gegenstände (Bettwäsche, Shirts, etc.) befanden, ergeben. Selbst wenn noch nicht alle Räume eingerichtet waren und sich nur wenig Lebensmittel in der Wohnung befanden, so spricht dies nicht notwendig gegen eine regelmäßige Nutzung. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den wiedergegebenen Angaben von namentlich nicht genannten Nachbarn, wonach der Kläger dort nicht wohne. Sie können sich bereits nicht auf den hier streitigen Zeitraum beziehen, da sie vor dessen Beginn eingeholt wurden und sich die Umstände seit der Befragung der Nachbarn geändert haben können. Im Übrigen wäre auch insoweit eine weitere Aufklärung erforderlich, da geklärt werden müsste, inwieweit die Nachbarschaft überhaupt Einblick in das Wohnungsnutzungsverhalten des Klägers gewinnen konnte.
Da sich aus den Verwaltungsakten des Beklagten ergibt, dass eine Nachkontrolle der Wohnverhältnisse für Mai 2012 beabsichtigt war, erscheint es ebenfalls notwendig, einen ggf. aus diesem Anlass erstellten Prüfbericht zum erstinstanzlichen Verfahren beizuziehen. Inwieweit darüber hinaus eine Befragung der vom Kläger benannten Zeugen zu erfolgen hat, ist vom Sozialgericht in eigener Zuständigkeit zu beurteilen. Auch wenn vom Kläger bislang keine näheren Angaben beispielsweise dazu erfolgten, warum er an mehreren Tagen nicht in der Wohnung angetroffen werden konnte, handelt es sich entgegen der Auffassung des Sozialgerichts schon deshalb nicht um Ermittlungen "ins Blaue hinein", weil eine tägliche Nutzung der Wohnung vom Kläger behauptet wurde und aufgrund der bisher getroffenen Feststellungen nicht völlig auszuschließen ist.
Bei dieser Sachlage sind weitere Ermittlungen von Amts wegen erforderlich und es fehlt an nachvollziehbaren Anhaltspunkten dafür, dass eine Beweisaufnahme mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil des Klägers ausgehen wird.
Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts ist auch notwendig.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 73a SGG iVm § 127 Abs. 4 ZPO.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
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