Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 5 R 3/12 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 8 R 193/12 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 3.2.2012 geändert. Die vom Sozialgericht angeordnete aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den Bescheid vom 15.11.2011 wird nur aufrechterhalten, soweit die Antragsgegnerin Beitragsnachforderungen für die Beschäftigten K T, P U und hinsichtlich des Beschäftigungszeitraums vom 25.9. bis 16.10.2004 für den Beschäftigten N Q sowie auf diese Nachforderungen entfallende Säumniszuschläge geltend macht. Insoweit wird die Beschwerde der Antragsgegnerin zurückgewiesen. Im Übrigen wird der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung abgelehnt. Von den Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen trägt die Antragstellerin neun Zehntel, die Antragsgegnerin ein Zehntel. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 13.561,67 Euro festgesetzt.
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 15.11.2011, mit dem diese im Anschluss an eine Betriebsprüfung Beitragsnachforderungen für ausländische Saisonkräfte sowie Säumniszuschläge geltend macht.
Der Antragsteller bewirtschaftete in X einen landwirtschaftlichen Betrieb, den er bis zum 30.6.2005 als Einzelunternehmen führte. Seitdem war Betriebsinhaber die T GbR, die aus dem Antragsteller und einem Sohn besteht.
Im Anschluss an eine in der Zeit vom 29.1.2009 bis 20.6.2011 durchgeführte Betriebsprüfung setzte die Antragsgegnerin eine Beitragsnachforderung von insgesamt 54.246,68 Euro (einschließlich Säumniszuschlägen von 24.460,50 Euro) gegen den Antragsteller fest. Hierzu traf sie im Bescheid unter anderem folgende Feststellungen: Der Antragsteller habe die bei ihm beschäftigten osteuropäischen Saisonkräfte in der Zeit vom 18.6.2001 bis zum Jahr 2009 nicht zur Sozialversicherung angemeldet. Bis zum 30.6.2005 habe er für diese Kräfte auch keine Lohnabrechnungen oder Beitragsnachweise erstellt. Des Weiteren seien Einstellungszusagen und Statusfragebögen nicht vollständig vorgelegt worden. Zum Teil habe die tatsächliche Beschäftigungsdauer zwei Monate überschritten. Zum Teil sei den Arbeitskräften eine Einstellungszusage für einen längeren Zeitraum als zwei Monate erteilt worden, auch wenn die tatsächliche Beschäftigungsdauer geringer gewesen sei. Schließlich sei der Nachweis der fehlenden Berufsmäßigkeit der Beschäftigung nicht erbracht worden. Wegen der nach den einzelnen Beschäftigten spezifizierten Feststellungen der Antragsgegnerin wird auf den angefochtenen Bescheid Bezug genommen. In allen Fällen sei nicht von einer kurzfristigen versicherungsfreien Beschäftigung auszugehen. Im Hinblick auf die Verletzung der Meldepflichten liege zudem ein illegales Beschäftigungsverhältnis im Sinne von § 14 Abs. 2 Satz 2 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) vor. Überdies sei davon auszugehen, dass der Antragsteller die Beiträge bedingt vorsätzlich nicht entrichtet habe, sodass die 30jährige Verjährungsfrist des § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV eröffnet sei.
Mit dem Widerspruch gegen diesen Bescheid und dem Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung hat der Antragsteller vorgetragen: Er habe hinsichtlich aller Saisonarbeitskräfte das Vermittlungsverfahren eingehalten, ordnungsgemäß Einstellungszusagen erteilt und Arbeitsgenehmigungen beantragt. Zudem habe er pauschale Lohnsteuer abgeführt. Die von der Antragsgegnerin beanstandeten Beschäftigungen seien versicherungsfrei gewesen, weil sie als Saisonarbeit ihrer Art nach auf längstens zwei Monate begrenzt gewesen seien. Da die Einstellungszusage auch die Möglichkeit eines Abrufs der Arbeitsleistung zulasse, komme es für die Beurteilung der Kurzfristigkeit der Beschäftigung auf die Dauer der tatsächlichen Beschäftigung an. Zudem könnten Einstellungszusagen auch mündlich geändert werden. Soweit die Antragsgegnerin den Nachweis fehlender Berufsmäßigkeit vermisse, treffe sie die Darlegungs- und Beweislast. Im Übrigen könnten entsprechende Nachweise aber voraussichtlich noch erbracht werden. Die betreffenden Beschäftigungen seien des Weiteren nicht illegal gewesen. Aus dem inzwischen in Kraft getretenen § 7 Abs. 4 SGB IV ergebe sich, dass der Gesetzgeber die Beschäftigung eines Ausländers nur dann für illegal halte, wenn dies ohne die erforderliche Genehmigung oder Berechtigung zur Erwerbstätigkeit geschehe. Infolgedessen komme auch § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV nicht zum Tragen. Darüber hinaus berufe er sich auf Verjährung. Er habe keinen Vorsatz hinsichtlich der Nichtabführung der Beiträge gehabt. Jedenfalls habe die Antragsgegnerin insoweit ihre Amtsermittlungspflicht verletzt. Schließlich bestünden Zweifel an der hinreichenden Bestimmtheit des Bescheides, da die Antragsgegnerin darin einen Prüfzeitraum lediglich vom 1.12.2004 bis zum 30.6.2005 angegeben habe, tatsächlich aber Nachforderungen ab dem Jahr 2002 erhebe.
Der Antragsteller hat beantragt,
die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 15.11.2011 anzuordnen.
Die Antragsgegnerin hat beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Sie hat den angefochtenen Bescheid verteidigt und auch keine Anhaltspunkte dafür gesehen, dass dessen sofortige Vollziehung für den Antragsteller eine unbillige Härte bedeuten könnte.
Das SG hat die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 15.11.2001 angeordnet (Beschluss v. 3.2.2012). Es bestünden ernsthafte Zweifel, dass der Antragsteller vorsätzlich Beiträge vorenthalten habe. So habe er dargelegt, dass die bei ihm beschäftigten Saisonarbeitskräfte die Zeitgrenzen einer geringfügigen Beschäftigung objektiv eingehalten hätten. Diese zeitlichen Grenzen seien gerade auch im landwirtschaftlichen Bereich allgemein bekannt.
Mit der Beschwerde trägt die Antragsgegnerin vor: Der Antragsteller habe bis 2001 die Entgeltabrechnungen durch einen Steuerberater vornehmen lassen. In dieser Zeit seien Meldungen zur Sozialversicherung erfolgt und Beiträge abgeführt worden. Die entsprechenden Pflichten seien dem Antragsteller also bekannt gewesen. Durch die nicht erstatteten Meldungen habe er die Nichtabführung von Pflicht- und Umlagebeiträgen also zumindest billigend in Kauf genommen. Zudem sei ihre Auffassung hinsichtlich eines späteren Prüfzeitraums bei im Übrigen identischem Sachverhalt von einer anderen Kammer des SG bestätigt worden (Beschluss v. 23.2.2012, S 52 R 3269/11 ER).
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts vom 3.2.2012 aufzuheben und den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den Bescheid vom 15.11.2011 abzulehnen.
Der Antragsteller beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie verteidigt den Beschluss des SG und tritt insbesondere der Auffassung entgegen, das Unterlassen der Beauftragung eines Steuerberaters spreche für bedingten Vorsatz hinsichtlich der Nichtabführung von Beiträgen.
Die Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin sind beigezogen worden.
II.
Die zulässige Beschwerde ist überwiegend begründet. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist lediglich zu einem kleinen Teil, nämlich in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Im Übrigen ist er unbegründet.
Nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, diese ganz oder teilweise anordnen. Die aufschiebende Wirkung entfällt gemäß § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG bei Entscheidungen über Beitragspflichten und die Anforderung von Beiträgen sowie der darauf entfallenden Nebenkosten einschließlich der Säumniszuschläge (vgl. zu Letzteren Senat, Beschluss v. 7.1.2011, L 8 R 864/10 B ER, NZS 2011, 906 m.w.N.) ... Die Entscheidung, ob die aufschiebende Wirkung ausnahmsweise dennoch durch das Gericht angeordnet wird, erfolgt aufgrund einer umfassenden Abwägung des Aufschubinteresses des Antragstellers einerseits und des öffentlichen Interesses an der Vollziehung des Verwaltungsaktes andererseits. Im Rahmen dieser Interessenabwägung ist in Anlehnung an § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG zu berücksichtigen, in welchem Ausmaß Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder ob die Vollziehung für den Antragsteller eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
Da § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG das Vollzugsrisiko bei Beitragsbescheiden grundsätzlich auf den Adressaten verlagert, können nur solche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides ein überwiegendes Aufschubinteresse begründen, die einen Erfolg des Rechtsbehelfs, hier des Widerspruchs, zumindest überwiegend wahrscheinlich erscheinen lassen. Hierfür reicht es nicht schon aus, dass im Rechtsbehelfsverfahren möglicherweise noch ergänzende Tatsachenfeststellungen zu treffen sind. Maßgebend ist vielmehr, ob nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Eilentscheidung mehr für als gegen die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides spricht (vgl. Senat, NZS 2011, 906 [907 f.]; Beschluss v. 10.5.2012, L 8 R 164/12 B ER; juris; jeweils m.w.N.).
Nach Maßgabe dieser Grundsätze bestehen gegenwärtig - mit Ausnahme der im Tenor bezeichneten Forderungen - keine überwiegenden Zweifel an der Rechtmäßigkeit der von der Antragsgegnerin geltend gemachten Beitragsnachforderungen.
1. Ermächtigungsgrundlage für den angefochtenen Beitragsbescheid ist § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV. Danach erlassen die Träger der Rentenversicherung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege-, und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung gegenüber den Arbeitgebern. Dabei unterlagen Personen, die - wie hier - gegen Arbeitsentgelt beschäftigt wurden, im Streitzeitraum der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch [SGB V], 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI), 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VI], 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch [SGB III]). Anhaltspunkte, dass deutsches Sozialrecht keine Anwendung findet, bestehen nicht.
2. Nach der im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung ist derzeit nicht überwiegend wahrscheinlich, dass es sich - mit Ausnahme der im Tenor bezeichneten Beschäftigten (dazu unter b)) - um versicherungsfreie geringfügige Beschäftigungen im Sinne von §§ 7 Satz 1 SGB V, 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI, 27 Abs. 2 Satz 1 SGB III gehandelt hat.
Versicherungsfreiheit kommt hier nur nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV in Betracht. Danach lag in der bis zum 31.3.2003 maßgebenden Fassung der Vorschrift eine geringfügige Beschäftigung vor, wenn die Beschäftigung innerhalb eines Jahres seit ihrem Beginn auf längstens zwei Monate oder 50 Arbeitstage nach ihrer Eigenart begrenzt zu sein pflegte oder im Voraus vertraglich begrenzt war, es sei denn, dass sie berufsmäßig ausgeübt wurde und ihr Entgelt 325 Euro im Monat überstieg. In der ab dem 1.4.2003 (aufgrund von Art. 2 Nr. 3 Zweites Gesetz für Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt v. 23.12.2002, BGBl. I, S. 4621) geltenden, im Übrigen unveränderten Fassung kam es auf ein monatliches Entgelt von 400 Euro an, wobei maßgebend das Kalenderjahr und nicht mehr - wie zuvor (vgl. BSG, Urteil v. 25.4.1991, 12 RK 46/89, SozR 3-2400 § 8 Nr. 2) - das Beschäftigungsjahr war.
a) Mit Ausnahme der im Tenor genannten Beschäftigungen bestehen gegenwärtig keine überwiegenden Anhaltspunkte dafür, dass die Beschäftigungen auf längstens zwei Monate oder 50 Arbeitstage nach im Voraus vertraglich begrenzt waren. Hinweise auf die getroffenen vertraglichen Vereinbarungen geben derzeit nur die vom Antragsteller vorgelegten Einstellungszusagen bzw. die hierzu im Prüfverfahren von der Bundesagentur für Arbeit unwidersprochen mitgeteilten Zeiträume, für die Einstellungszusagen erteilt worden sind. Diese haben sich jeweils auf Zeiträume von mehr als zwei Monaten erstreckt. Abweichende Vereinbarungen schriftlicher oder mündlicher Art hat der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht.
Es ist auch nicht überwiegend wahrscheinlich, dass die Beschäftigungen ihrer Art nach auf längstens zwei Monate begrenzt waren. Zwar kann Saisonarbeit ihrer Art nach zeitlich in diesem Sinne begrenzt sein. Der Antragsteller hat von einer entsprechenden Gestaltung der Einstellungszusagen jedoch gerade abgesehen. So hätte er ohne Weiteres ankreuzen können, dass die Beschäftigung der Arbeitnehmer erst auf Abruf beginne und sodann für einen von ihm selbst zu bestimmenden Zeitraum andauern werde. Stattdessen hat er definierte Zeiträume von mehr als zwei Monaten angegeben. Den darin liegenden Widerspruch hat er bislang nicht schlüssig aufgelöst.
b) Anders verhält es sich bei den im Tenor genannten Beschäftigungen, bei denen es überwiegend wahrscheinlich ist, dass die Voraussetzungen der Versicherungsfreiheit wegen Geringfügigkeit vorliegen, sodass ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit der auf diese Beschäftigungen entfallenden Beitragsnachforderungen bestehen. Hier waren die Einstellungszusagen nämlich auf Zeiträume begrenzt, die jeweils kürzer als zwei Monate waren. Es ist nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand auch nicht davon auszugehen, dass die betreffenden Beschäftigungen berufsmäßig ausgeübt worden sind, was Geringfügigkeit im Sinne von § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV ausschlösse. Zwar stehen insoweit, wie die Antragsgegnerin selbst vorträgt, weitere mögliche Ermittlungen noch aus, deren Ergebnis offen ist. Im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes ist jedoch zu berücksichtigen, dass die objektive Beweislast für das - im Sinne einer Gegenausnahme - zur Versicherungspflicht führende Merkmal der Berufsmäßigkeit bei der Antragsgegnerin liegt (vgl. BSG, Urteil v. 11.5.1993, 12 RK 23/91, SozR 3-2400 § 8 Nr. 3, juris-Rdnr. 25), die bislang keine für eine berufsmäßige Beschäftigung sprechenden Tatsachen festgestellt hat.
3. Es bestehen keine überwiegenden Bedenken dagegen, dass die Antragsgegnerin bei der Berechnung der Beitragshöhe von einer fiktiven Nettolohnvereinbarung im Sinne von § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV ausgehen durfte. Hierzu ist objektiv erforderlich, dass zentrale arbeitgeberbezogene Pflichten des Sozialversicherungsrechts verletzt und subjektiv diese Pflichtverletzungen zumindest bedingt vorsätzlich begangen wurden (BSG, Urteil v. 9.11.2011, B 12 R 18/09 R, SozR 4-2400 § 14 Nr. 13).
a) Die Verletzung objektiver Arbeitgeberpflichten steht außer Zweifel. So hat der Antragsteller insbesondere seiner auch bei geringfügiger Beschäftigung bestehenden Meldepflicht nach § 28a Abs. 9 SGB IV nicht genügt.
b) Es ist zudem überwiegend wahrscheinlich, dass der Antragsteller diese Pflichtverletzung zumindest bedingt vorsätzlich begangen hat.
aa) Hierfür genügt es, dass er seine Beitragspflicht für möglich gehalten und die Nichtabführung der Beiträge billigend in Kauf genommen hat. Diese Voraussetzungen müssen konkret festgestellt, d.h. anhand der Umstände des Einzelfalles und bezogen auf den betroffenen Beitragsschuldner durch Sachverhaltsaufklärung individuell ermittelt werden. Die objektive Beweislast trifft im Zweifel den Versicherungsträger, der sich auf die für ihn günstige längere Verjährungsfrist beruft (BSG, Urteil v. 30.3.2000, B 12 KR 14/99 R, SozR 3-2400 § 25 Nr. 7; Urteil v. 26.1.2005, B 12 KR 3/04 R, SozR 4-2400 § 14 Nr. 7; jeweils m.w.N.).
bb) Insoweit ist dem Antragsteller zwar zuzugeben, dass es keine gesetzliche Verpflichtung gibt, bei der Befolgung der Arbeitgeberpflichten nach dem SGB IV einen Steuerberater einzuschalten. Andererseits entbindet der Verzicht auf eine fachkundige Beratung jedoch nicht von der sorgfältigen Erfüllung dieser Pflichten. Der Antragsteller hat nach dem gegenwärtigen Sachstand trotz offenbar fehlender eigener Sachkunde zur Beurteilung der Versicherungspflicht sämtliche Maßnahmen unterlassen, die die Erfüllung seiner Verpflichtung zur Zahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags hätten sichern können. So hat er keine Meldungen im Sinne von § 28a Abs. 9 SGB IV abgegeben, obwohl dies auch bei kurzfristigen geringfügigen Beschäftigungen erforderlich ist und obwohl bis 2001 entsprechende Meldungen - wenn auch durch den Steuerberater des Unternehmens - erfolgt sind. Er hat auch trotz des Widerspruchs zwischen der Dauer der Einstellungszusage und der tatsächlichen Beschäftigungsdauer weder abweichende Vereinbarungen mit den Saisonarbeitnehmern dokumentiert noch von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, eine Entscheidung der Einzugsstelle herbeizuführen (§ 28h Abs. 2 SGB IV). Schließlich sind auch die übrigen Unterlagen (Einstellungszusagen, Entgeltnachweise etc.) nur unvollständig vorhanden. Diese Umstände erlauben nach dem gegenwärtigen Sachstand den Schluss, dass der Antragsteller es zumindest für möglich gehalten hat, seine Beitragspflichten nicht zu erfüllen, und dies auch billigend in Kauf nahm. Dass die tatsächliche Beschäftigungsdauer - überwiegend - zwei Monate nicht überschritt, steht dem nicht entgegen, weil es hierauf nach dem klaren Wortlaut des § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV nicht entscheidend ankommt.
c) Die Vorschrift des § 7 Abs. 4 SGB IV, auf die der Antragsteller sich ergänzend beruft, ist erst seit dem 1.1.2012 in Kraft und galt daher nicht im Streitzeitraum. Abgesehen davon betrifft sie den Sonderfall der Tätigkeit ohne Genehmigung bzw. Berechtigung zur Erwerbstätigkeit und damit nicht die im vorliegenden Fall zu beurteilenden Konstellationen.
4. Hinsichtlich der Beitragshöhe im Übrigen bestehen im Rahmen der summarischen Prüfung keine Bedenken. Auch der Antragsteller hat keine konkreten Einwände vorgetragen.
5. Überwiegende Bedenken gegen die Anwendung der 30jährigen Verjährungsfrist des § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV sind im Hinblick auf die Ausführungen zum bedingten Vorsatz nicht gegeben.
6. Gleiches gilt für die Erhebung der Säumniszuschläge nach Grund und Höhe.
7. Anhaltspunkte, dass eine sofortige Vollziehung zu einer unbilligen, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotenen Härte für den Antragsteller führen würden, sind weder ersichtlich noch glaubhaft gemacht worden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 155 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung. Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren gemäß § 197a SGG i.V.m. §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 4 Gerichtskostengesetz entspricht der ständigen Senatspraxis, im einstweiligen Rechtsschutz von einem Viertel des Hauptsachestreitwerts (Senat, Beschluss v. 27.7.2009, L 8 B 5/09 R, juris) einschließlich der Säumniszuschläge (Senat, Beschlüsse v. 31.8 ...2009, L 8 B 11/09 R, und v. 3.9.2009, L 8 B 12/09 R; jeweils juris und sozialgerichtsbarkeit.de) auszugehen.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 15.11.2011, mit dem diese im Anschluss an eine Betriebsprüfung Beitragsnachforderungen für ausländische Saisonkräfte sowie Säumniszuschläge geltend macht.
Der Antragsteller bewirtschaftete in X einen landwirtschaftlichen Betrieb, den er bis zum 30.6.2005 als Einzelunternehmen führte. Seitdem war Betriebsinhaber die T GbR, die aus dem Antragsteller und einem Sohn besteht.
Im Anschluss an eine in der Zeit vom 29.1.2009 bis 20.6.2011 durchgeführte Betriebsprüfung setzte die Antragsgegnerin eine Beitragsnachforderung von insgesamt 54.246,68 Euro (einschließlich Säumniszuschlägen von 24.460,50 Euro) gegen den Antragsteller fest. Hierzu traf sie im Bescheid unter anderem folgende Feststellungen: Der Antragsteller habe die bei ihm beschäftigten osteuropäischen Saisonkräfte in der Zeit vom 18.6.2001 bis zum Jahr 2009 nicht zur Sozialversicherung angemeldet. Bis zum 30.6.2005 habe er für diese Kräfte auch keine Lohnabrechnungen oder Beitragsnachweise erstellt. Des Weiteren seien Einstellungszusagen und Statusfragebögen nicht vollständig vorgelegt worden. Zum Teil habe die tatsächliche Beschäftigungsdauer zwei Monate überschritten. Zum Teil sei den Arbeitskräften eine Einstellungszusage für einen längeren Zeitraum als zwei Monate erteilt worden, auch wenn die tatsächliche Beschäftigungsdauer geringer gewesen sei. Schließlich sei der Nachweis der fehlenden Berufsmäßigkeit der Beschäftigung nicht erbracht worden. Wegen der nach den einzelnen Beschäftigten spezifizierten Feststellungen der Antragsgegnerin wird auf den angefochtenen Bescheid Bezug genommen. In allen Fällen sei nicht von einer kurzfristigen versicherungsfreien Beschäftigung auszugehen. Im Hinblick auf die Verletzung der Meldepflichten liege zudem ein illegales Beschäftigungsverhältnis im Sinne von § 14 Abs. 2 Satz 2 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) vor. Überdies sei davon auszugehen, dass der Antragsteller die Beiträge bedingt vorsätzlich nicht entrichtet habe, sodass die 30jährige Verjährungsfrist des § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV eröffnet sei.
Mit dem Widerspruch gegen diesen Bescheid und dem Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung hat der Antragsteller vorgetragen: Er habe hinsichtlich aller Saisonarbeitskräfte das Vermittlungsverfahren eingehalten, ordnungsgemäß Einstellungszusagen erteilt und Arbeitsgenehmigungen beantragt. Zudem habe er pauschale Lohnsteuer abgeführt. Die von der Antragsgegnerin beanstandeten Beschäftigungen seien versicherungsfrei gewesen, weil sie als Saisonarbeit ihrer Art nach auf längstens zwei Monate begrenzt gewesen seien. Da die Einstellungszusage auch die Möglichkeit eines Abrufs der Arbeitsleistung zulasse, komme es für die Beurteilung der Kurzfristigkeit der Beschäftigung auf die Dauer der tatsächlichen Beschäftigung an. Zudem könnten Einstellungszusagen auch mündlich geändert werden. Soweit die Antragsgegnerin den Nachweis fehlender Berufsmäßigkeit vermisse, treffe sie die Darlegungs- und Beweislast. Im Übrigen könnten entsprechende Nachweise aber voraussichtlich noch erbracht werden. Die betreffenden Beschäftigungen seien des Weiteren nicht illegal gewesen. Aus dem inzwischen in Kraft getretenen § 7 Abs. 4 SGB IV ergebe sich, dass der Gesetzgeber die Beschäftigung eines Ausländers nur dann für illegal halte, wenn dies ohne die erforderliche Genehmigung oder Berechtigung zur Erwerbstätigkeit geschehe. Infolgedessen komme auch § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV nicht zum Tragen. Darüber hinaus berufe er sich auf Verjährung. Er habe keinen Vorsatz hinsichtlich der Nichtabführung der Beiträge gehabt. Jedenfalls habe die Antragsgegnerin insoweit ihre Amtsermittlungspflicht verletzt. Schließlich bestünden Zweifel an der hinreichenden Bestimmtheit des Bescheides, da die Antragsgegnerin darin einen Prüfzeitraum lediglich vom 1.12.2004 bis zum 30.6.2005 angegeben habe, tatsächlich aber Nachforderungen ab dem Jahr 2002 erhebe.
Der Antragsteller hat beantragt,
die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 15.11.2011 anzuordnen.
Die Antragsgegnerin hat beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Sie hat den angefochtenen Bescheid verteidigt und auch keine Anhaltspunkte dafür gesehen, dass dessen sofortige Vollziehung für den Antragsteller eine unbillige Härte bedeuten könnte.
Das SG hat die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 15.11.2001 angeordnet (Beschluss v. 3.2.2012). Es bestünden ernsthafte Zweifel, dass der Antragsteller vorsätzlich Beiträge vorenthalten habe. So habe er dargelegt, dass die bei ihm beschäftigten Saisonarbeitskräfte die Zeitgrenzen einer geringfügigen Beschäftigung objektiv eingehalten hätten. Diese zeitlichen Grenzen seien gerade auch im landwirtschaftlichen Bereich allgemein bekannt.
Mit der Beschwerde trägt die Antragsgegnerin vor: Der Antragsteller habe bis 2001 die Entgeltabrechnungen durch einen Steuerberater vornehmen lassen. In dieser Zeit seien Meldungen zur Sozialversicherung erfolgt und Beiträge abgeführt worden. Die entsprechenden Pflichten seien dem Antragsteller also bekannt gewesen. Durch die nicht erstatteten Meldungen habe er die Nichtabführung von Pflicht- und Umlagebeiträgen also zumindest billigend in Kauf genommen. Zudem sei ihre Auffassung hinsichtlich eines späteren Prüfzeitraums bei im Übrigen identischem Sachverhalt von einer anderen Kammer des SG bestätigt worden (Beschluss v. 23.2.2012, S 52 R 3269/11 ER).
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts vom 3.2.2012 aufzuheben und den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den Bescheid vom 15.11.2011 abzulehnen.
Der Antragsteller beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie verteidigt den Beschluss des SG und tritt insbesondere der Auffassung entgegen, das Unterlassen der Beauftragung eines Steuerberaters spreche für bedingten Vorsatz hinsichtlich der Nichtabführung von Beiträgen.
Die Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin sind beigezogen worden.
II.
Die zulässige Beschwerde ist überwiegend begründet. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist lediglich zu einem kleinen Teil, nämlich in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Im Übrigen ist er unbegründet.
Nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, diese ganz oder teilweise anordnen. Die aufschiebende Wirkung entfällt gemäß § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG bei Entscheidungen über Beitragspflichten und die Anforderung von Beiträgen sowie der darauf entfallenden Nebenkosten einschließlich der Säumniszuschläge (vgl. zu Letzteren Senat, Beschluss v. 7.1.2011, L 8 R 864/10 B ER, NZS 2011, 906 m.w.N.) ... Die Entscheidung, ob die aufschiebende Wirkung ausnahmsweise dennoch durch das Gericht angeordnet wird, erfolgt aufgrund einer umfassenden Abwägung des Aufschubinteresses des Antragstellers einerseits und des öffentlichen Interesses an der Vollziehung des Verwaltungsaktes andererseits. Im Rahmen dieser Interessenabwägung ist in Anlehnung an § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG zu berücksichtigen, in welchem Ausmaß Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder ob die Vollziehung für den Antragsteller eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
Da § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG das Vollzugsrisiko bei Beitragsbescheiden grundsätzlich auf den Adressaten verlagert, können nur solche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides ein überwiegendes Aufschubinteresse begründen, die einen Erfolg des Rechtsbehelfs, hier des Widerspruchs, zumindest überwiegend wahrscheinlich erscheinen lassen. Hierfür reicht es nicht schon aus, dass im Rechtsbehelfsverfahren möglicherweise noch ergänzende Tatsachenfeststellungen zu treffen sind. Maßgebend ist vielmehr, ob nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Eilentscheidung mehr für als gegen die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides spricht (vgl. Senat, NZS 2011, 906 [907 f.]; Beschluss v. 10.5.2012, L 8 R 164/12 B ER; juris; jeweils m.w.N.).
Nach Maßgabe dieser Grundsätze bestehen gegenwärtig - mit Ausnahme der im Tenor bezeichneten Forderungen - keine überwiegenden Zweifel an der Rechtmäßigkeit der von der Antragsgegnerin geltend gemachten Beitragsnachforderungen.
1. Ermächtigungsgrundlage für den angefochtenen Beitragsbescheid ist § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV. Danach erlassen die Träger der Rentenversicherung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege-, und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung gegenüber den Arbeitgebern. Dabei unterlagen Personen, die - wie hier - gegen Arbeitsentgelt beschäftigt wurden, im Streitzeitraum der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch [SGB V], 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI), 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VI], 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch [SGB III]). Anhaltspunkte, dass deutsches Sozialrecht keine Anwendung findet, bestehen nicht.
2. Nach der im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung ist derzeit nicht überwiegend wahrscheinlich, dass es sich - mit Ausnahme der im Tenor bezeichneten Beschäftigten (dazu unter b)) - um versicherungsfreie geringfügige Beschäftigungen im Sinne von §§ 7 Satz 1 SGB V, 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI, 27 Abs. 2 Satz 1 SGB III gehandelt hat.
Versicherungsfreiheit kommt hier nur nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV in Betracht. Danach lag in der bis zum 31.3.2003 maßgebenden Fassung der Vorschrift eine geringfügige Beschäftigung vor, wenn die Beschäftigung innerhalb eines Jahres seit ihrem Beginn auf längstens zwei Monate oder 50 Arbeitstage nach ihrer Eigenart begrenzt zu sein pflegte oder im Voraus vertraglich begrenzt war, es sei denn, dass sie berufsmäßig ausgeübt wurde und ihr Entgelt 325 Euro im Monat überstieg. In der ab dem 1.4.2003 (aufgrund von Art. 2 Nr. 3 Zweites Gesetz für Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt v. 23.12.2002, BGBl. I, S. 4621) geltenden, im Übrigen unveränderten Fassung kam es auf ein monatliches Entgelt von 400 Euro an, wobei maßgebend das Kalenderjahr und nicht mehr - wie zuvor (vgl. BSG, Urteil v. 25.4.1991, 12 RK 46/89, SozR 3-2400 § 8 Nr. 2) - das Beschäftigungsjahr war.
a) Mit Ausnahme der im Tenor genannten Beschäftigungen bestehen gegenwärtig keine überwiegenden Anhaltspunkte dafür, dass die Beschäftigungen auf längstens zwei Monate oder 50 Arbeitstage nach im Voraus vertraglich begrenzt waren. Hinweise auf die getroffenen vertraglichen Vereinbarungen geben derzeit nur die vom Antragsteller vorgelegten Einstellungszusagen bzw. die hierzu im Prüfverfahren von der Bundesagentur für Arbeit unwidersprochen mitgeteilten Zeiträume, für die Einstellungszusagen erteilt worden sind. Diese haben sich jeweils auf Zeiträume von mehr als zwei Monaten erstreckt. Abweichende Vereinbarungen schriftlicher oder mündlicher Art hat der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht.
Es ist auch nicht überwiegend wahrscheinlich, dass die Beschäftigungen ihrer Art nach auf längstens zwei Monate begrenzt waren. Zwar kann Saisonarbeit ihrer Art nach zeitlich in diesem Sinne begrenzt sein. Der Antragsteller hat von einer entsprechenden Gestaltung der Einstellungszusagen jedoch gerade abgesehen. So hätte er ohne Weiteres ankreuzen können, dass die Beschäftigung der Arbeitnehmer erst auf Abruf beginne und sodann für einen von ihm selbst zu bestimmenden Zeitraum andauern werde. Stattdessen hat er definierte Zeiträume von mehr als zwei Monaten angegeben. Den darin liegenden Widerspruch hat er bislang nicht schlüssig aufgelöst.
b) Anders verhält es sich bei den im Tenor genannten Beschäftigungen, bei denen es überwiegend wahrscheinlich ist, dass die Voraussetzungen der Versicherungsfreiheit wegen Geringfügigkeit vorliegen, sodass ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit der auf diese Beschäftigungen entfallenden Beitragsnachforderungen bestehen. Hier waren die Einstellungszusagen nämlich auf Zeiträume begrenzt, die jeweils kürzer als zwei Monate waren. Es ist nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand auch nicht davon auszugehen, dass die betreffenden Beschäftigungen berufsmäßig ausgeübt worden sind, was Geringfügigkeit im Sinne von § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV ausschlösse. Zwar stehen insoweit, wie die Antragsgegnerin selbst vorträgt, weitere mögliche Ermittlungen noch aus, deren Ergebnis offen ist. Im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes ist jedoch zu berücksichtigen, dass die objektive Beweislast für das - im Sinne einer Gegenausnahme - zur Versicherungspflicht führende Merkmal der Berufsmäßigkeit bei der Antragsgegnerin liegt (vgl. BSG, Urteil v. 11.5.1993, 12 RK 23/91, SozR 3-2400 § 8 Nr. 3, juris-Rdnr. 25), die bislang keine für eine berufsmäßige Beschäftigung sprechenden Tatsachen festgestellt hat.
3. Es bestehen keine überwiegenden Bedenken dagegen, dass die Antragsgegnerin bei der Berechnung der Beitragshöhe von einer fiktiven Nettolohnvereinbarung im Sinne von § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV ausgehen durfte. Hierzu ist objektiv erforderlich, dass zentrale arbeitgeberbezogene Pflichten des Sozialversicherungsrechts verletzt und subjektiv diese Pflichtverletzungen zumindest bedingt vorsätzlich begangen wurden (BSG, Urteil v. 9.11.2011, B 12 R 18/09 R, SozR 4-2400 § 14 Nr. 13).
a) Die Verletzung objektiver Arbeitgeberpflichten steht außer Zweifel. So hat der Antragsteller insbesondere seiner auch bei geringfügiger Beschäftigung bestehenden Meldepflicht nach § 28a Abs. 9 SGB IV nicht genügt.
b) Es ist zudem überwiegend wahrscheinlich, dass der Antragsteller diese Pflichtverletzung zumindest bedingt vorsätzlich begangen hat.
aa) Hierfür genügt es, dass er seine Beitragspflicht für möglich gehalten und die Nichtabführung der Beiträge billigend in Kauf genommen hat. Diese Voraussetzungen müssen konkret festgestellt, d.h. anhand der Umstände des Einzelfalles und bezogen auf den betroffenen Beitragsschuldner durch Sachverhaltsaufklärung individuell ermittelt werden. Die objektive Beweislast trifft im Zweifel den Versicherungsträger, der sich auf die für ihn günstige längere Verjährungsfrist beruft (BSG, Urteil v. 30.3.2000, B 12 KR 14/99 R, SozR 3-2400 § 25 Nr. 7; Urteil v. 26.1.2005, B 12 KR 3/04 R, SozR 4-2400 § 14 Nr. 7; jeweils m.w.N.).
bb) Insoweit ist dem Antragsteller zwar zuzugeben, dass es keine gesetzliche Verpflichtung gibt, bei der Befolgung der Arbeitgeberpflichten nach dem SGB IV einen Steuerberater einzuschalten. Andererseits entbindet der Verzicht auf eine fachkundige Beratung jedoch nicht von der sorgfältigen Erfüllung dieser Pflichten. Der Antragsteller hat nach dem gegenwärtigen Sachstand trotz offenbar fehlender eigener Sachkunde zur Beurteilung der Versicherungspflicht sämtliche Maßnahmen unterlassen, die die Erfüllung seiner Verpflichtung zur Zahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags hätten sichern können. So hat er keine Meldungen im Sinne von § 28a Abs. 9 SGB IV abgegeben, obwohl dies auch bei kurzfristigen geringfügigen Beschäftigungen erforderlich ist und obwohl bis 2001 entsprechende Meldungen - wenn auch durch den Steuerberater des Unternehmens - erfolgt sind. Er hat auch trotz des Widerspruchs zwischen der Dauer der Einstellungszusage und der tatsächlichen Beschäftigungsdauer weder abweichende Vereinbarungen mit den Saisonarbeitnehmern dokumentiert noch von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, eine Entscheidung der Einzugsstelle herbeizuführen (§ 28h Abs. 2 SGB IV). Schließlich sind auch die übrigen Unterlagen (Einstellungszusagen, Entgeltnachweise etc.) nur unvollständig vorhanden. Diese Umstände erlauben nach dem gegenwärtigen Sachstand den Schluss, dass der Antragsteller es zumindest für möglich gehalten hat, seine Beitragspflichten nicht zu erfüllen, und dies auch billigend in Kauf nahm. Dass die tatsächliche Beschäftigungsdauer - überwiegend - zwei Monate nicht überschritt, steht dem nicht entgegen, weil es hierauf nach dem klaren Wortlaut des § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV nicht entscheidend ankommt.
c) Die Vorschrift des § 7 Abs. 4 SGB IV, auf die der Antragsteller sich ergänzend beruft, ist erst seit dem 1.1.2012 in Kraft und galt daher nicht im Streitzeitraum. Abgesehen davon betrifft sie den Sonderfall der Tätigkeit ohne Genehmigung bzw. Berechtigung zur Erwerbstätigkeit und damit nicht die im vorliegenden Fall zu beurteilenden Konstellationen.
4. Hinsichtlich der Beitragshöhe im Übrigen bestehen im Rahmen der summarischen Prüfung keine Bedenken. Auch der Antragsteller hat keine konkreten Einwände vorgetragen.
5. Überwiegende Bedenken gegen die Anwendung der 30jährigen Verjährungsfrist des § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV sind im Hinblick auf die Ausführungen zum bedingten Vorsatz nicht gegeben.
6. Gleiches gilt für die Erhebung der Säumniszuschläge nach Grund und Höhe.
7. Anhaltspunkte, dass eine sofortige Vollziehung zu einer unbilligen, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotenen Härte für den Antragsteller führen würden, sind weder ersichtlich noch glaubhaft gemacht worden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 155 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung. Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren gemäß § 197a SGG i.V.m. §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 4 Gerichtskostengesetz entspricht der ständigen Senatspraxis, im einstweiligen Rechtsschutz von einem Viertel des Hauptsachestreitwerts (Senat, Beschluss v. 27.7.2009, L 8 B 5/09 R, juris) einschließlich der Säumniszuschläge (Senat, Beschlüsse v. 31.8 ...2009, L 8 B 11/09 R, und v. 3.9.2009, L 8 B 12/09 R; jeweils juris und sozialgerichtsbarkeit.de) auszugehen.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Login
NRW
Saved