L 10 U 714/11

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 5 U 2244/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 714/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 13.01.2011 abgeändert und der Bescheid der Beklagten vom 08.05.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04.07.2008 aufgehoben.

Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Verletztenrente streitig.

Der am 1948 geborene Kläger erlitt am 05.12.2005 im Rahmen seiner Tätigkeit als Fliesenleger einen Arbeitsunfall, indem er auf einer Baustelle stürzte und zu Boden fiel.

Am 16.12.2005 stellte sich der Kläger bei dem Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. G. vor und klagte über Schmerzen im rechten Kniegelenk. Er gab an, gestürzt und mit dem rechten Knie auf den Boden gefallen zu sein. Dr. G. erhob mit Ausnahme eines Druckschmerzes an der Patellaspitze keinen pathologischen Befund, diagnostizierte eine Prellung des Knies und verordnete bei fortbestehender Arbeitsfähigkeit Krankengymnastik (vgl. Unfallmeldung vom 16.12.2005).

Am 16.06.2006 stellte sich der Kläger bei Dr. R. , Chefarzt der Chirurgischen Abteilung des Städtischen Krankenhauses N. in W. , vor und klagte über Schulterbeschwerden links. Ausweislich des Durchgangsarztberichts vom 19.06.2006 gab der Kläger an, er sei am 06.12.2005 auf einer Baustelle gestolpert, habe sich dabei an einer Schubkarre abstützen wollen und sei dabei auf die linke Schulter sowie den Kopf gestürzt. Er habe zunächst weiter gearbeitet und sich dann ein paar Tage später bei Dr. G. vorgestellt. Dr. R. beschrieb als Befund eine Druckschmerzhaftigkeit und eingeschränkte Beweglichkeit des linken Schultergelenks, wobei die Abduktion über 90 Grad nicht möglich gewesen sei. Die durchgeführte Röntgenuntersuchung der Schulter erbrachte keine knöchernen Verletzungen. Diagnostisch ging Dr. R. von einem Zustand nach Distorsion des linken Schultergelenks sowie einem beginnenden Impingementsyndrom aus.

Bei der am 29.06.2006 durchgeführten MRT zeigten sich eine Tendinitis der Supraspinatussehne ansatznah mit Ausdehnung auf die Subscapularissehne, kleinere nicht-transmurale Einrisse im vorderen und mittleren Drittel der Subraspinatussehne, eine intakte lange Bizepssehne mit peritendinitischen Veränderungen sowie eine leichte Omarthose und eine AC-Gelenksarthrose. Bei persistierenden Schmerzen überwies Dr. R. den Kläger in die Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik T. (BG-Klinik), wo der Kläger sich am 10.08.2006 vorstellte. Nach seinen dort gemachten Angaben war er am 06.12.2005 auf Schnee ausgerutscht und auf die linke Schulter gestürzt, wobei eine kurze Bewusstlosigkeit eingetreten gewesen sei; der genaue Hergang des Sturzes sei ihm nicht mehr erinnerlich. Prof. Dr. W. diagnostizierte eine Periatropathia humeroscapularis links und schloss die Behandlung zu Lasten der Berufsgenossenschaft ab (vgl. Zwischenbericht vom 18.08.2006).

Mit Schreiben vom 23.10.2006 stellte der Kläger gegenüber der Beklagten klar, dass sich keine zwei Unfälle, sondern nur ein einziger Unfall, und zwar am 05.12.2005 ereignet habe. Er sei im Schnee gestolpert, auf das rechte Knie gefallen, habe sich am Schubkarren abfangen wollen und die linke Schulter am Schubkarren angeschlagen. Zeugen hierfür gäbe es keine, er sei allein auf der Baustelle gewesen. Wegen der Schulterverletzung sei er seit 21.06.2006 in Behandlung.

Im November 2006 beantragte der Kläger durch seinen Bevollmächtigten die Gewährung von Verletztenrente. Dieser führte u.a. weiter aus, der Kläger habe den Unfall Dr. G. geschildert und ihn gebeten, zu vermerken, dass die Verletzung an Knie und Schulter durch den Arbeitsunfall vom 05.12.2005 verursacht worden sei. Er habe ausdrücklich keine Krankschreibung gewünscht, weil er als Reaktion darauf eine Kündigung befürchtet habe. Trotz anhaltenden Beeinträchtigungen vor allem von Seiten der Schulter habe er seine Arbeit fortgesetzt und sich erst am 21.06.2006, als dies nicht mehr möglich gewesen sei, krankschreiben lassen. Die Knieverletzung sei nach einiger Zeit behoben gewesen, hinsichtlich der Schulterverletzung sei keine Besserung eingetreten; nach wie vor könne er den linken Arm nicht über die Horizontale anheben.

Im weiteren Verlauf äußerte sich der Kläger auf Veranlassung der Beklagten im Fragebogen "Schulter" zu seinem Verhalten nach dem Unfallereignis dahingehend, dass er am Boden gelegen, einige Zeit benommen gewesen sei und dann habe aufstehen können; er sei ins Gebäude gegangen, habe sich dort etwa eine Stunde hingesetzt und dann weiter gearbeitet, so gut es mit dem rechten Arm gegangen sei. In der Schulter seien Schmerzen aufgetreten. Äußere Verletzungen hätten nicht bestanden. Schwellungen, die kaum sichtbar gewesen seien, seien ca. 14 Tage später aufgetreten. Wegen Schulterbeschwerden sei er zuvor nie behandelt worden. Die Beklagte zog im Übrigen das Vorerkrankungsverzeichnis der A. - Die Gesundheitskasse A-O. bei, das eine Arbeitsunfähigkeit ab 21.06.2006 wegen Impingement-Syndrom der Schulter ausweist, holte zu den vom Kläger angegebenen Schulterschmerzen die Auskunft des Dr. G. ein, der mitteilte, der Kläger habe am 16.12.2005 über Knieschmerzen rechts geklagt, Schulterschmerzen seien nicht geäußert worden (Schreiben vom 13.04.2007) und veranlasste die Vorlage einer Unfallanzeige des Arbeitgebers, die unter dem 16.04.2007 erstellt wurde (Unfallzeitpunkt: 06.12.2005; Unfallhergang: "Glatteis ausgerutscht"; verletzte Körperteile: "Schulter/Arm"). Befragt nach den im Vorerkrankungsverzeichnis im Februar/März 2005 und am 10.11.2005 dokumentierten Behandlungen bei Dr. G. äußerte sich dieser der Beklagten gegenüber ergänzend dahingehend, dass der Kläger nach seinem Unfall vom 05.12.2005 erstmalig am 16.12.2005 bei ihm vorstellig geworden sei und über Schmerzen im rechten Kniegelenk berichtet habe. Am 28.04.2006 habe er erstmals über Schulterschmerzen der linken Seite geklagt. Am 08.06.2006 habe er dann den Verdacht geäußert, dass die Schulterschmerzen durch den Unfall im Dezember 2005 entstanden seien. Zwischen dem 16.12.2005 und Juni (gemeint: April) 2006 sei der Kläger regelmäßig in seiner Behandlung gewesen, hauptsächlich wegen einer internistischen Erkrankung. Schulterschmerzen seien in dieser Zeit nicht geäußert worden.

Auf Veranlassung der Beklagten erstattete Prof. Dr. M. ein unfallchirurgisches Zusammenhangsgutachten auf Grund Untersuchung des Klägers im September 2007. Dabei gab der Kläger an, auf einer Baustelle auf Glatteis ausgerutscht und hierbei auf das rechte Knie gestürzt zu sein. Vor ihm habe eine Schubkarre gestanden, an der er sich habe festhalten wollen. Offensichtlich sei er bewusstlos gewesen, denn als er wieder zu sich gekommen sei, sei die Schubkarre auf ihm gelegen. Er habe länger gelegen und habe auch lange gebraucht, um wieder aufzustehen. Er habe in der Schulter umgehend Schmerzen gehabt und habe den Arm nicht richtig anheben können, habe jedoch weiter gearbeitet. Prof. Dr. M. verwies auf die Diskrepanz zu der erstmaligen Konsultation des Hausarztes am 16.12.2005 und führte weiter aus, es sei nicht zu erkennen, dass das angeschuldigte Ereignis rechtlich wesentlich bzw. rechtlich teilursächlich für den eingetretenen Schaden sei. Bei der MRT sechs Monate nach dem Unfall seien keine Veränderungen festgestellt worden, die auf ein abgelaufenes Trauma schließen ließen, sondern vielmehr entzündliche degenerative Veränderungen.

Mit Bescheid vom 20.11.2007 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente aus Anlass des Arbeitsunfalls vom 05.12.2005 ab. Im Rahmen der Begründung führte sie nach Darlegung der Anspruchsvoraussetzungen für eine Rente aus, der Arbeitsunfall habe "zu nachstehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen geführt, die wir ... berücksichtigt haben", wobei sie im Folgenden dann "Verheilte Prellung der linken Schulter. Verheilte Prellung des rechten Knies" aufführte. Darüber hinaus führte sie aus, die am 28.04.2006 erstmals geklagten Beschwerden im linken Schultergelenk und die ab Anfang Juni bestehende Behandlungs- und Arbeitsunfähigkeit seien nicht Folgen des Unfalls vom 05.12.2005, sondern durch die (näher aufgeführten) unfallunabhängigen Schäden im Bereich der linken Schulter verursacht. Im Widerspruchsverfahren wandte sich der Kläger gegen das Gutachten des Prof. Dr. M. und machte u.a. geltend, schon am Unfalltag seien schwere Schmerzen in der linken Schulter aufgetreten. Bereits am 16.12.2005 habe er seinen Hausarzt Dr. G. aufgesucht und über die Schmerzen im Knie und der linken Schulter berichtet, wobei Dr. G. auch die Schulter untersucht habe. Er habe den Arm hochgezogen und nach der Untersuchung erklärt, dass dort nichts gebrochen sei. Damit stehe unzweifelhaft fest, dass die Beeinträchtigungen im Bereich der linken Schulter durch den Unfall hervorgerufen und nicht erst Monate später aufgetreten seien.

Mit Bescheid vom 08.05.2008 (vgl. Bl. 36 LSG-Akte) nahm die Beklagte nach Anhörung des Klägers den Bescheid vom 20.11.2007 gemäß § 45 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB X) mit Wirkung für die Zukunft insoweit zurück, als durch ihn eine verheilte Prellung der linken Schulter als Unfallfolge anerkannt worden sei. Als Folge des Unfalls werde eine folgenlos verheilte Prellung des rechten Knies anerkannt. Mit Widerspruchsbescheid vom 04.07.2008 wies die Beklagte den Widerspruch gegen die Bescheide vom 20.11.2007 und 08.05.2008 zurück.

Am 28.07.2008 hat der Kläger dagegen beim Sozialgericht Konstanz (SG) Klage erhoben und im Wesentlichen sein Vorbringen im Widerspruchsverfahren wiederholt.

Das SG hat das Gutachten des Facharztes für Orthopädie Dr. K. nebst ergänzender Stellungnahme eingeholt. Diesem gegenüber hat der Kläger angegeben, dass er bei starkem Regen auf nassem Untergrund gestolpert und über eine Schubkarre gefallen sei. Ob er bewusstlos gewesen sei, wisse er nicht mehr, jedenfalls sei die Schubkarre über ihm gelegen, als er sich am Boden wiedergefunden habe. Er habe deswegen die Schubkarre mitgerissen. Er habe sofort Schmerzen im Schultergelenk links empfunden, in der Vorstellung, die Sache heile ab, sich jedoch zunächst selbst behandelt. Dr. K. hat einen ausschließlich oder wesentlich verletzungsbedingten Schaden der Rotatorenmanschette verneint. Die insoweit festgestellten Gesundheitsschäden hat er als unfallunabhängig bewertet.

Mit Gerichtsbescheid vom 13.01.2011 hat das SG die auf Abänderung der Bescheide vom 20.11.2007 und 08.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04.07.2008 und Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung, insbesondere Unfallrente gerichtete Klage abgewiesen. Die ganz allgemein auf die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung gerichtete Klage hat es für unzulässig erachtet, da die Beklagte lediglich über die Gewährung von Verletztenrente entschieden habe. Einen diesbezüglichen Anspruch hat es gestützt auf die Gutachten des Prof. Dr. M. und des Dr. K. verneint, da die vom Kläger beklagten Beschwerden nicht rechtlich wesentlich auf den Arbeitsunfall vom 05.12.2005 zurückzuführen seien. Die Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 08.05.2008 hat es wegen der Bedeutungslosigkeit der zurückgenommenen "Anerkennung" im Hinblick auf den gestellten Leistungsantrag offen gelassen.

Gegen den am 19.01.2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 18.02.2011 Berufung eingelegt und geltend gemacht, vor dem in Rede stehenden Unfall keinerlei Schulterbeschwerden links gehabt zu haben, weshalb es evident erscheine, dass der Arbeitsunfall Ursache der seither bestehenden Beschwerden sei. Die Schmerzen seien seit dem Unfall durchgehend vorhanden gewesen. Insbesondere habe er Dr. G. am 16.12.2005 hiervon berichtet, worauf dieser ihn auch untersucht habe. Er habe ihm daraufhin mitgeteilt, dass nichts gebrochen sei, aber eine Verstauchung vorliege, was er noch eine Zeitlang merken werde. Wegen dieser Erläuterung habe er anlässlich seiner nächsten wegen Blutzuckerkontrollen erfolgten Arztbesuche die Schulterschmerzen nicht mehr thematisiert. Erst nachdem diese nach vier Monaten nicht besser geworden seien, sich vielmehr verschlimmert hätten, habe er schließlich am 24.04.2006 (richtig wohl: 28.04.2006) über die fortbestehenden Schulterbeschwerden geklagt. Dass sich die Schulterbeschwerden zwischen den beiden Arztbesuchen am 16.12.2005 und 24.04.2006 (richtig wohl: 28.04.2006) laufend verschlimmert hätten, könnten u.a. seine Ehefrau und sein Sohn bestätigen.

Der Kläger beantragt (Schriftsatz vom 17.02.2011),

das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 13.01.2011 abzuändern und die Beklagte unter Abänderung der Bescheide vom 20.11.2007 und 08.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04.07.2008 zu verurteilen, ihm aus Anlass des Arbeitsunfalls vom 05.12.2005 Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung, insbesondere Unfallrente, zu gewähren, hilfsweise den Rücknahmebescheid vom 08.05.2008 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig. Sie ist insbesondere der Auffassung, dass weiterhin nicht bewiesen sei, dass der Kläger anlässlich des am 05.12.2005 erlittenen Unfalls eine Prellung der linken Schulter erlitt.

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 153 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig; die Berufung des Klägers ist jedoch überwiegend unbegründet.

Das SG hat die Klage hinsichtlich der in erster Linie begehrten Verletztenrente zu Recht als unbegründet abgewiesen. Denn der Bescheid vom 20.11.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.07.2008, mit dem die Beklagte die Gewährung dieser Leistung ablehnte, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Zutreffend hat das SG darüber hinaus auch den - im Berufungsverfahren erneut gestellten - Antrag, ihm "Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung" zu gewähren für unzulässig erachtet. Soweit der Kläger sich gegen den Rücknahmebescheid vom 08.05.2008 gewandt hat, hätte das SG der Klage allerdings im Ergebnis stattgeben müssen. Denn dieser Bescheid ging nach seinem Regelungsgegenstand ins "Leere" und ist zur Klarstellung daher aufzuheben.

Rechtsgrundlage für die vom Kläger begehrte Verletztenrente ist § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII). Danach haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente.

Versicherungsfälle sind nach § 7 Abs. 1 SGB VII Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3, 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII).

Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls i.S. des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII (zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis, das zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führt) ist danach in der Regel erforderlich (BSG, Urteil vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 17), dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität); das Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitserstschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls, sondern für die Gewährung einer Verletztenrente.

Nach ständiger Rechtsprechung müssen im Unfallversicherungsrecht die anspruchsbe-gründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung (Arbeitsunfall bzw. Berufskrankheit) und die als Unfallfolge geltend gemachte Gesundheitsstörung erwiesen sein, d.h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 43/84 in SozR 2200 § 555a Nr. 1). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 30.04.1985, a.a.O.); das bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen muss, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (vgl. BSG, Urteil vom 02.11.1999, B 2 U 47/98 R in SozR 3-1300 § 48 Nr. 67; Urteil vom 02.05.2001, B 2 U 16/00 R in SozR 3-2200 § 551 Nr. 16).

Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (vgl. BSG, Urteil vom 27.06.1991, 2 RU 31/90 in SozR 3-2200 § 548 Nr. 11).

Unter Anwendung dieser Grundsätze steht dem Kläger aus Anlass des am 05.12.2005 im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit erlittenen Sturzes Verletztenrente nicht zu. Die vom Kläger bei diesem Sturz erlittene Prellung des rechten Knies ist folgenlos ausgeheilt und bedingt daher keine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE). Soweit der Kläger geltend macht, er habe sich bei diesem Sturz darüber hinaus auch eine Verletzung der linken Schulter zugezogen, die zu erheblichen Beschwerden, insbesondere gravierenden Bewegungseinschränkungen geführt habe, vermag der Senat eine derartige Verletzung nicht festzustellen. Der Senat sieht schon keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass beim Kläger anlässlich des in Rede stehenden Sturzes im Bereich der linken Schulter ein Gesundheitserstschadens auftrat, insbesondere liegen keine Hinweise auf eine Prellung vor, die nach den Ausführungen der Beklagten in dem die beantragte Verletztenrente ablehnenden Bescheid vom 20.11.2007 sodann folgenlos ausgeheilt sein könnte, oder auf eine sonstige Verletzung, die für die im MRT vom 29.06.2006 beschriebenen Veränderungen (teilweise) ursächlich sein könnte.

Ein Gesundheitsschaden im Bereich der linken Schulter wurde von ärztlicher Seite zeitnah zu dem Unfall, mithin am Unfalltag oder einem der Folgetage, nicht objektiviert. Vielmehr stellte sich der Kläger erst elf Tage nach dem angeschuldigten Sturz, nämlich am 16.12.2005 bei seinem Hausarzt Dr. G. vor. Nach dessen ärztlicher Unfallmeldung vom selben Tag klagte der Kläger anlässlich dieser Vorstellung jedoch lediglich über Beschwerden am rechten Knie, nicht aber über Schulterschmerzen. Entsprechend diesem Beschwerdevorbringen gab Dr. G. in der genannten Unfallmeldung zum Unfallhergang auch lediglich an, der Kläger sei gestürzt und mit dem rechten Knie auf den Boden gefallen. Von einem Sturz mit Beteiligung des Schulterbereichs wurde gerade nicht berichtet. Die Richtigkeit dessen bestätigte Dr. G. auf die Rückfrage der Beklagten sodann mit Schreiben vom 13.04.2007, in dem er ausführte, dass der Kläger am 16.12.2005 über Knieschmerzen rechts geklagt habe und Schulterbeschwerden nicht beklagt worden seien. Schulterbeschwerden links machte der Kläger - so der behandelnde Dr. G. in seinem weiteren Schreiben an die Beklagte vom 15.06.2007 - vielmehr erstmals am 28.04.2006 geltend, wobei der Kläger dann am 08.06.2006 den Verdacht geäußert habe, dass die Schulterschmerzen durch den Unfall vom Dezember 2005 entstanden seien. Die vom Kläger geklagten linksseitigen Schulterschmerzen, die er auf den Unfall vom 05.12.2005 zurückführt, wurden von ärztlicher Seite damit erstmals mehr als vier Monaten nach dem angeschuldigten Ereignis dokumentiert. Objektive Hinweise für die Annahme, dass der Kläger sich am 05.12.2005 eine wie auch immer geartete Schulterverletzung zugezogen hat, sind daher nicht ersichtlich. Allein der vom Kläger insoweit hergestellte Zusammenhang beweist keinen durch den Unfall verursachten Gesundheitserstschaden.

Der Senat sieht insbesondere auch keine hinreichende Grundlage für die Annahme, dass in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Ereignis vom 05.12.2005 ein Schmerzzustand auftrat, hinsichtlich dessen lediglich die ärztliche Feststellung unterblieb. Den Senat überzeugt insoweit schon nicht das Vorbringen des Klägers, dass er anlässlich seiner Vorstellung am 16.12.2005 bei Dr. G. bereits über Schulterschmerzen links geklagt habe und Dr. G. sogar zur Dokumentation aufgefordert habe. Denn für den Senat sind keine Gründe ersichtlich, weshalb Dr. G. bei einem entsprechenden Vorbringen des Klägers keine Dokumentation derartiger Beschwerdeangaben sowohl in seinen Patientenunterlagen als auch in der Unfallmeldung unterlassen haben soll. Entsprechendes gilt für die vom Kläger für den selben Zeitpunkt behauptete Untersuchung der linken Schulter, bei der Dr. G. seinen linken Arm hochgezogen und nach der Untersuchung geäußert habe, es sei nichts gebrochen. Auch diese Untersuchung hätte - die Richtigkeit des Vorbringens des Klägers unterstellt - weder Eingang in die Patientendokumentation des Dr. G. noch in die gegenüber der Beklagten abgegebene Unfallmeldung gefunden. Der Senat hält es zudem auch für wenig wahrscheinlich, dass sich Dr. G. im Rahmen seiner ärztlichen Unfallmeldung bei der Schilderung des Unfallhergangs auf die Angabe eines Sturzes mit dem rechten Knie auf den Boden beschränkte hätte, wenn der Kläger ihm darüber hinaus auch über eine Schulterbeteiligung berichtet hätte und insbesondere den Unfallablauf dergestalt beschrieben hätte, wie er dies anlässlich seiner Vorstellung bei Dr. R. am 16.06.2006 tat. Diesem gegenüber gab der Kläger nämlich an, er sei gestolpert, habe sich dabei an einer Schubkarre abstützen wollen und sei dabei auf die linke Schulter und den Kopf gestürzt. In ähnlicher Weise äußerte sich der Kläger hiernach auch gegenüber der Beklagten in seinem Schreiben vom 23.10.2006, in dem er zusätzlich noch von einem Anschlagen der linken Schulter an die Schubkarre berichtete. Bei den nachfolgenden Unfallschilderungen berichtete der Kläger dann über eine "einige Zeit" andauernde Benommenheit und eine erforderlich gewesene einstündige Arbeitspause in einem Gebäude (vgl. Angaben vom 05.02.2007 im Fragebogen "Schulter") und schließlich sogar von einer Bewusstlosigkeit (so erstmals gegenüber Prof. Dr. W. im August 2006 mit der Ergänzung, der genaue Hergang sei nicht erinnerlich), wobei - so die gleichen Angaben gegenüber Prof. Dr. M. anlässlich seiner gutachtlichen Untersuchung am 25.09.2007 - die Schubkarre auf ihm gelegen sei, als er wieder zu sich gekommen sei. Dass Dr. G. ein solches Unfallgeschehen auf die Beschreibung eines Sturzes auf das rechte Knie reduziert hätte und die vom Kläger - seinen Angaben zufolge - ausdrücklich erwähnten und auch untersuchten Schulterbeschwerden gänzlich außen vor gelassen hätte, hält der Senat für ausgeschlossen. Demgegenüber lassen sich die Angaben des Dr. G. , wonach der Kläger erstmals am 08.06.2006 den Verdacht geäußert habe, dass die Schulterschmerzen durch den Unfall vom Dezember 2005 entstanden seien, eher mit dem dokumentierten Akteninhalt in Einklang bringen (Vorstellung wegen Knieschmerzen am 16.12.2005 ohne Angabe von Schulterbeschwerden, Bericht über Arbeitsunfall mit Sturz auf das rechte Knie; erstmalige Angabe von Schulterbeschwerden links am 28.04.2006), zumal gerade auch acht Tage nach diesem Zeitpunkt, nämlich am 16.06.2006, erstmals durch Dr. R. eine Beteiligung der Schulter bei dem Unfallhergang - so nach dessen Ausführungen die Angaben des Klägers - dokumentiert wurde, wobei die Unfallschilderungen des Klägers im weiteren Verlauf des Verwaltungsverfahrens dann sogar noch eine zusätzliche Ausgestaltung bis hin zu einer Bewusstlosigkeit erfahren haben.

Da somit weder Zeugen vorhanden sind, die den vom Kläger angegebenen Sturz auf die bzw. das Anschlagen der linken Schulter bestätigen können (so die eigenen Angaben des Klägers), noch eine ärztliche Dokumentation vorliegt, die auf eine Beteiligung der linken Schulter bei dem Ereignis vom 05.12.2005 hinweisen würde, die vorhandene ärztliche Dokumentation von Dr. G. vielmehr - wie ausgeführt - gegen eine Beteiligung der linken Schulter spricht, ist somit im Ergebnis eine Verletzung im Bereich der linken Schulter am 05.12.2005 während der Verrichtung der versicherten Tätigkeit nicht nachgewiesen. Hieran ändert auch die vom Arbeitgeber erstattete Unfallanzeige nichts. Denn die dortige Angabe einer Verletzung von Schulter/Arm beruht erkennbar auf den Angaben des Klägers.

Soweit der Kläger auf den Umstand verweist, dass er eine Massageserie wegen anhaltender Schulterbeschwerden abbrechen musste, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Aus dem diesbezüglichen Vortrag ergibt sich, dass der Kläger die entsprechenden Massagen zu seinem Geburtstag am 29.12.2005 geschenkt bekam. Entsprechend kann der Abbruch der Massageserie erst danach erfolgt sein. Ein Indiz für ein unmittelbar nach dem Unfall am 05.12.2005 aufgetretenes Schmerzgeschehen im Bereich der linken Schulter lässt sich hieraus nicht ableiten.

Auch der vom Kläger angebotene Zeugenbeweis - Vernehmung seiner Familienmitglieder - ändert an der Beurteilung nichts. Denn nach dem eigenen Vorbringen des Klägers war bei dem Unfall keine weitere Person zugegen, so dass die benannten Zeugen weder Angaben über eine Beteiligung der linken Schulter bei dem Unfallereignis noch über eine dabei vom Kläger erlittene Verletzung machen können. Soweit die Zeugen - so der Kläger - bestätigen können, dass bei ihm im Zeitraum zwischen dem 16.12.2005 und 28.04.2006 durchgehend Schmerzzustände bestanden haben, kann hierdurch eine Verletzung der linken Schulter am 05.12.2005 - also mehr als eine Woche davor - wiederum nicht nachgewiesen werden. Im Übrigen könnten die Zeugen allenfalls Angaben des Klägers über Schmerzen sowie hierauf hindeutende Verhaltensweisen bekunden. Eine ärztliche Dokumentation über die möglichen oder auszuschließenden Ursachen dieser Beschwerden, gar in Bezug auf den angegebenen Sturz am 05.12.2005, lässt sich durch solche Angaben nicht ersetzen.

Nichts anderes gilt für den vom Kläger nach § 109 SGG gestellten Antrag auf Einholung eines Gutachtens von Dr. K ... Ein solches Gutachten kann die fehlende Dokumentation eines Gesundheitserstschadens nicht ersetzen. Selbst wenn unterstellt würde, dass sich aus dem MRT vom 29.06.2006 Hinweise auf eine mögliche traumatische Schädigung der linken Schulter ableiten ließen (was keiner der mit der Beurteilung betrauten Ärzte tat), ließe sich auch hieraus eine Schädigung am 05.12.2006, also mehr als ein halbes Jahr zuvor, nicht ableiten. Auch insoweit steht entgegen, dass ein Akutzustand im Bereich der linken Schulter erstmals durch Dr. R. am 16.06.2006 ärztlich dokumentiert wurde und gerade nicht zeitnah durch Dr. G ... Der Senat lehnt daher den gestellten Beweisantrag wegen fehlender Eignung des Beweismittels ab.

Nach alledem kann die Berufung hinsichtlich der vom Kläger in erster Linie begehrten Verletztenrente keinen Erfolg haben.

Soweit der Kläger die Verurteilung der Beklagten allgemein zur Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung beantragt, hat schon das SG dies im Ergebnis zu Recht als unzulässig angesehen. Diese Leistungsklage bezweckt den Erlass eines unzulässigen unbestimmten unechten Grundurteils ohne einen bezüglich der "Leistungsgewährung" vollstreckungsfähigen Inhalt (BSG, Urteil vom 02.04.2009, B 2 U 30/07 R m.w.N.). Auch insoweit ist die Berufung zurückzuweisen.

Erfolgreich ist die Berufung im Ergebnis lediglich insoweit, als sich der Kläger gleichzeitig auch gegen den Rücknahmebescheid vom 08.05.2008 wendet. Dieser ist zur Klarstellung aufzuheben, da er seinem Regelungsgegenstand nach ins "Leere" geht, zugleich aber durch die ausgesprochene Rücknahme eine den Kläger belastende Wirkung suggeriert. Denn diesem Bescheid lag fehlerhafterweise die Annahme der Beklagten zugrunde, dass sie mit Bescheid vom 20.11.2007 eine verheilte Prellung der linken Schulter als Unfallfolge anerkannt habe. Dies war jedoch nicht der Fall. Denn einen Verfügungssatz dieses Inhalts enthält der Bescheid vom 20.11.2007 nicht. Vielmehr wurde mit diesem Bescheid, wie die Ausführungen im Eingangssatz "wegen der Folgen Ihres Arbeitsunfalls haben Sie keinen Anspruch auf Rente" deutlich machen, nur über den vom Kläger geltend gemachten Rentenanspruch entschieden. Demgegenüber ist die Feststellung von Unfallfolgen nicht Gegenstand eines Verfügungssatzes in diesem Bescheid. Soweit nach dem dargestellten Verfügungssatz über die Ablehnung der Rente im Anschluss an den Text "Unsere Entscheidung begründen wir wie folgt:" ausgeführt ist, dass der Arbeitsunfall zu nachstehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen geführt habe, die im Rahmen der Entscheidung (hier also: Verletztenrente) berücksichtig worden seien und sodann neben der verheilten Prellung des rechten Knies eine verheilte Prellung der linken Schulter aufgeführt ist, stellen sich diese Ausführungen lediglich als Teil der Begründung dar, ohne dass ihnen ein eigenständiger Regelungscharakter beizumessen wäre. Mit Bescheid vom 20.11.2007 stellte die Beklagte daher als Unfallfolge auch keine verheilte Prellung der linken Schulter fest. Entsprechend war auch kein Raum für die Rücknahme der Anerkennung einer verheilten Prellung der linken Schulter als Unfallfolge, weshalb der Bescheid vom 08.05.2008 zur Klarstellung aufzuheben ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Dabei hat es der Senat angesichts des lediglich geringfügigen Obsiegens des Klägers nicht für angemessen erachtet, die Beklagten mit außergerichtlichen Kosten des Verfahrens zu belasten.

Für die Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung.
Rechtskraft
Aus
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