Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
S 1 AL 104/08
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 9 AL 196/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 11 AL 21/12 R
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Soweit in § 185 Abs. 1 SGB III auf die „monatliche Beitragsbemessungsgrenze“ Bezug
genommen wird, ist die Regelung dahingehend auszulegen, dass für den gesamten Insolvenzgeldzeitraum von einem einheitlichen Begrenzungsbetrag - errechnet aus den monatlichen Beitragsbemessungsgrenzen - auszugehen ist.
genommen wird, ist die Regelung dahingehend auszulegen, dass für den gesamten Insolvenzgeldzeitraum von einem einheitlichen Begrenzungsbetrag - errechnet aus den monatlichen Beitragsbemessungsgrenzen - auszugehen ist.
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 17. August 2010 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat dem Kläger seine notwendigen außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Bewilligung höheren Insolvenzgeldes nach dem Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III).
Der Kläger war als Senior Consultant seit dem 1. November 2001 zunächst bei der XY. AG und später bei der Rechtsnachfolgerin, der XZ. AG (XZ. AG), in B-Stadt beschäftigt. Der Kläger kündigte das Beschäftigungsverhältnis mit der Firma XZ. AG zum 31. Juli 2007. Mit Beschluss vom 1. Oktober 2007 hat das Amtsgericht B-Stadt (xxxxx) das Insolvenzverfahren über das Vermögen der XZ. AG eröffnet.
Das monatliche Bruttofixgehalt des Klägers betrug seit dem 1. Januar 2006 6.000,00 Euro. Außerdem hatte der Kläger nach dem Anstellungsvertrag Anspruch auf erfolgsabhängige Tantiemenzahlungen nach Jahresabschluss. Das Gehalt wurde dem Kläger letztmalig im Juni 2007 in Höhe von 2.904,30 Euro aus dem Bruttogehalt in Höhe von 6.000,00 Euro zuzüglich des PKW-Wertes (geldwerter Vorteil) von 395,00 Euro ausgezahlt. Für den Monat Juli 2007 erfolgte zwar noch eine Abrechnung, aber keine Auszahlung der Bezüge. Nach den Abrechnungen für den Monat Juli 2007 vom 7. August 2007 und vom 26. Oktober 2007 ergab sich für diesen Monat ein Gesamt-Bruttobetrag in Höhe von 15.005,00 Euro, der sich zusammensetzte aus dem Bruttogehalt in Höhe von 6.000,00 Euro, dem geldwerten Vorteil für den PKW von 395,00 Euro, der Tantieme- Endabrechnung von 2.910,00 Euro sowie der Urlaubsabgeltung in Höhe von 5.700,00 Euro.
Der Kläger beantragte durch seine Bevollmächtigten am 16. November 2007 für die Zeit vom 1. Mai 2007 bis zum 31. Juli 2007 Insolvenzgeld, berechnet jeweils aus dem monatlichen Bruttoarbeitsentgelt bis zur Beitragsbemessungsgrenze in Höhe von 5.250,00 Euro. Nach der vorgelegten Insolvenzgeldbescheinigung vom 24. Oktober 2007 betrug das noch nicht ausgezahlte Arbeitsentgelt für Juni 2007 311,72 Euro (brutto = netto) und für Juli 2007 5.250,00 Euro brutto, nach Abzug von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen 3.031,41 Euro netto. Die noch nicht ausgezahlten bzw. abgeführten Beitragszuschüsse zur privaten Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung wurden in Höhe von monatlich 270,75 Euro für die Monate Juni und Juli 2007 bescheinigt. Zur Begründung des geltend gemachten Anspruchs führten die Bevollmächtigten ergänzend aus, aufgrund einer entsprechenden einzelvertraglichen Vereinbarung habe dem Kläger für das Jahr 2006 eine Tantieme zugestanden. Diese Tantieme sei im ersten Monat nach Vorlage der Bilanz des Jahres 2006, also im Juni 2007, zur Auszahlung fällig gewesen. Dementsprechend sei auch an die überwiegende Anzahl der Mitarbeiter, die einen Tantiemeanspruch für das Jahr 2006 gehabt hätten, die Tantieme mit dem Juni-Gehalt 2007 abgerechnet und ausgezahlt worden. Lediglich bei dem Kläger und einem weiteren Mitarbeiter, die ihrerseits ihre Arbeitsverhältnisse zum 31. Juli 2007 gekündigt hätten, sei die Tantieme mit dem Juni-Gehalt nicht ausgezahlt, sondern erst mit dem aufgrund der Insolvenz nicht ausgezahlten Juli-Gehalt abgerechnet worden. Dem Kläger stehe daher noch die im Juni 2007 fällige Tantieme für das Jahr 2006 in Höhe von 2.910,00 Euro zu. Weitere Ansprüche ergäben sich aus dem Urlaubsabgeltungsanspruch in Höhe von 5.700,00 Euro, den Reisekostenabrechnungen für die Monate Juni 2007 in Höhe von 322,00 Euro und Juli 2007 in Höhe von 532,00 Euro sowie dem anteiligen Tantiemeanspruch für das Jahr 2007 in Höhe von 5.600,00 Euro. Diese in den Monaten Juni und Juli 2007 nicht ausgezahlten Vergütungsansprüche seien für den Zeitraum von drei Monaten in Höhe von jeweils 5.250,00 Euro insolvenzgeldgesichert, auch wenn die Grundvergütung in diesen Monaten ausgezahlt worden sei. Dies ergebe sich aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH - Urteil vom 4. März 2004, Rs. C-19/01, C-50/01, C-84/01).
Mit Bescheid vom 5. Dezember 2007 bewilligte die Beklagte für den Zeitraum vom 1. Juni 2007 bis zum 31. Juli 2007 Insolvenzgeld in Höhe von 582,47 Euro für den Monat Juni 2007 und in Höhe von 3.302,16 Euro für den Monat Juli 2007. Gegen die Höhe des bewilligten Insolvenzgeldes legte der Kläger durch seine Bevollmächtigten am 21. Dezember 2007 Widerspruch ein. Ihm stünden Vergütungsansprüche jeweils mindestens in Höhe der Beitragsbemessungsgrenze auch für die Monate Mai und Juni 2007 zu. Dies ergebe sich aus den in diesen Monaten fällig gewordenen Tantiemeansprüchen für das Jahr 2006 und anteilig für 2007 sowie Urlaubsabgeltungsansprüchen für das Jahr 2007. Aus der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 4. März 2004 s. o.) ergebe sich für das deutsche Recht, dass die Vergütungsansprüche der Arbeitnehmer, die innerhalb des Dreimonatszeitraums vor Insolvenzeröffnung fällig geworden seien, bis zur dreifachen Beitragsmessungsgrenze abgesichert seien.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 10. März 2008 zurück. Dem Kläger sei entsprechend der Insolvenzgeldbescheinigung Insolvenzgeld bewilligt worden. Die Höhe des erstattungsfähigen Insolvenzgeldes sei auf das auf die monatliche Beitragsbemessungsgrenze begrenzte Bruttoarbeitsentgelt als Berechnungsgrundlage begrenzt. Die von dem Kläger angeführte Rechtsprechung des EuGH sei auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar. Für die Anwendung des "dreifachen insolvenzgesicherten Monatsbetrages" wie in dem vom EuGH entschiedenen Fall, bestehe kein Raum, da es sich hierbei um eine Regelung des italienischen Rechts handele und nach dem deutschen Recht die monatliche Beitragsbemessungsgrenze als Obergrenze des der Berechnung des Insolvenzgeldes zugrunde liegenden monatlichen Bruttoentgelts maßgeblich sei. Die Entscheidung des EuGH lasse keine Gesichtspunkte erkennen, diese Höchstgrenze anzuzweifeln. Der Urlaubsabgeltungsanspruch entstehe erst mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses und sei somit nicht dem Insolvenzgeldzeitraum zuzuordnen.
Der Kläger hat am 9. April 2008 beim Sozialgericht Darmstadt Klage erhoben. Zur Begründung hat er ausgeführt, die von der Beklagten vorgenommene Auslegung der Insolvenzgeldvorschriften des SGB III sei mit Europarecht nicht vereinbar. Denn danach stünde einem Arbeitnehmer auch bei bestehenden unbefriedigten Entgeltansprüchen aus den letzten drei Monaten überhaupt kein Anspruch auf Insolvenzgeld zu, so lange er in jedem Monat eine Teilzahlung in Höhe der Beitragsbemessungsgrenze vom Arbeitgeber erhalten habe. Die Entscheidung des EuGH besage hingegen, dass der Mindestschutz, der durch die nationale Gesetzgebung zu gewährleisten sei, nicht dadurch nochmals verringert werden dürfe, dass auf eine zulässigerweise begrenzte Garantiezahlung bereits in diesem Zeitraum geleistete Teilzahlungen des Arbeitgebers nochmals angerechnet werden. Die Auslegung der §§ 183 und 185 SGB III habe unter Berücksichtigung der Mindestgarantie zu erfolgen, wie sie sich aus dem Europarecht ergebe, so dass die absolute Grenze für die Gewährung von Insolvenzgeld beim dreifachen sich aus der Beitragsbemessungsgrenze ergebenden monatlichen Nettoentgelt liege. Außerdem legte der Kläger eine Berechnung des von ihm geltend gemachten Insolvenzgeldanspruchs vor, aus der sich neben den bereits vorgetragenen Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis auch Ansprüche auf Erstattung von Reisekosten für die Monate Juni und Juli 2007 ergaben. Im Hinblick auf § 184 Abs. 1 Nr. 1 SGB III forderte der Kläger nicht mehr die Berücksichtigung des Urlaubsabgeltungsanspruchs bei der Berechnung des Insolvenzgeldanspruchs. Der Insolvenzverwalter bestätigte Reisekosten in Höhe von 322,13 Euro für den Monat Juni 2007 und in Höhe von 525,50 Euro für den Monat Juli 2007.
Das Sozialgericht hat die Beklagte mit Urteil vom 17. August 2010 verurteilt, dem Kläger unter Abänderung des Bescheides vom 5. Dezember 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. März 2008 weiteres Insolvenzgeld in Höhe von 3.660,00 brutto und 847,63 Euro netto zu bewilligen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, die zulässige Klage sei teilweise begründet. Der angefochtene Bescheid vom 5. Dezember 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. März 2008 verletze den Kläger insoweit in seinen Rechten, als bei der Berechnung des Insolvenzgeldes die Tantieme für das Jahr 2006 und die Reisekosten für die Monate Juni und Juli 2007 nicht berücksichtigt worden seien. Soweit der Kläger auch die Berücksichtigung der anteiligen Tantieme für das Jahr 2007 geltend mache, sei die Klage unbegründet.
Anspruch auf Insolvenzgeld hätten nach § 183 Abs. 1 Satz Nr. 1 SGB III Arbeitnehmer, wenn sie bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arbeitgebers (Insolvenzereignis) für die vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt haben. Zu den Ansprüchen auf Arbeitsentgelt gehörten nach § 183 Abs. 1 Satz 3 SGB III alle Ansprüche auf Bezüge aus dem Arbeitsverhältnis, soweit sie sich den dem Insolvenzereignis vorausgehenden drei Monaten des Arbeitsverhältnisses zuordnen ließen. Der Insolvenzgeldzeitraum umfasse vorliegend die Zeit vom 1. Mai 2007 bis 31. Juli 2007. Zwar sei das Insolvenzverfahren erst am 1. Oktober 2007 eröffnet worden, jedoch habe das Arbeitsverhältnis des Klägers bereits am 31. Juli 2007 geendet, so dass für den Anspruch des Klägers auf den Dreimonatszeitraum vor Beendigung seines Arbeitsverhältnisses abzustellen sei. Für den Monat Mai 2007 bestünden vorliegend keine offenen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis. Im Monat Juni 2007 seien neben dem restlichen Gehaltsanspruch in Höhe von 582,47 Euro brutto, den die Beklagte bei der Berechnung des Insolvenzgeldes bereits berücksichtigt habe, ebenfalls der Anspruch auf Reisekostenerstattung in Höhe von 322,13 Euro netto zu berücksichtigen. Im Monat Juli 2007 sei neben dem restlichen Gehaltsanspruch, den die Beklagte bereits bis zur monatlichen Beitragsbemessungsgrenze berücksichtigt habe, auch der darüber hinausgehende Teil in Höhe von 750,00 Euro brutto sowie der Anspruch auf Reisekostenerstattung in Höhe von 525,50 Euro netto und die in diesem Monat fällige Tantiemeforderung für das Jahr 2006 in Höhe von 2.910,00 Euro brutto zu berücksichtigen. Dem Anspruch stehe nicht entgegen, dass der Kläger für die Insolvenzgeldmonate bereits Leistungen bis zur Höhe der jeweiligen monatlichen Bemessungsgrenze erhalten habe. Nach § 185 Abs. 1 SGB III werde Insolvenzgeld in Höhe des Nettoarbeitsentgelts geleistet, das sich ergebe, wenn das auf die monatliche Beitragsbemessungsgrenze begrenzte Bruttoarbeitsentgelt um die gesetzlichen Abzüge vermindert werde. Die Begrenzung auf eine Höchstgrenze verstoße weder gegen Verfassungsrecht noch gegen Europarecht. Die Richtlinie EWGRL 80/987 vom 20. Oktober 1980 (ABl. L 283, 23) regele die Ansprüche von Arbeitnehmern aus Arbeitsverträgen oder Arbeitsverhältnissen gegen Arbeitgeber, die zahlungsunfähig im Sinne des Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie seien. Art. 3 der Richtlinie sehe hierfür vor, dass die Mitgliedsstaaten die erforderlichen Maßnahmen treffen, damit - vorbehaltlich des Art. 4 - Garantieeinrichtungen die Befriedigung der nicht erfüllten Ansprüche der Arbeitnehmer aus Arbeitsverträgen oder Arbeitsverhältnissen, die das Arbeitsentgelt für den vor einem bestimmten Zeitpunkt liegenden Zeitraum betreffen, sicherstellen. Der Schaffung der Garantieeinrichtung sei der Gesetzgeber mit dem Instrument des Insolvenzgeldes nach den §§ 183 ff. SGB III nachgekommen. Die Mitgliedstaaten könnten jedoch, insbesondere, um die Zahlung von Beträgen zu vermeiden, die über die soziale Zweckbestimmung der Richtlinie hinausgingen, für die Garantie der Erfüllung unbefriedigter Ansprüche der Arbeitnehmer eine Höchstgrenze festsetzen (Art. 4 Abs. 3 der Richtlinie). Die soziale Zweckbestimmung bestehe darin, allen Arbeitnehmern durch die Befriedigung nicht erfüllter Ansprüche aus Arbeitsverträgen oder Arbeitsverhältnissen, die sich auf Arbeitsentgelt für einen bestimmten Zeitraum bezögen, einen gemeinschaftsrechtlichen Mindestschutz bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers zu garantieren (vgl. EuGH, Urteil vom 4. März 2004, C-19/01, C-50/01, C-84/01). Im Insolvenzgeldrecht des SGB III sei dementsprechend in der Regelung des § 185 Abs. 1 SGB III eine Begrenzung auf die monatliche Beitragsbemessungsgrenze erfolgt (vgl. SG Dresden, Urteil vom 21. April 2010 - S 35 AL 256/08 -). Hieraus ergebe sich jedoch nicht die von der Beklagten vorgenommene monatliche Betrachtung. Die Regelung sei vielmehr im Zusammenhang mit § 183 SGB III zu sehen. Der Wortlaut des § 183 SGB III stelle auf "noch bestehende Arbeitsentgeltansprüche" ab. Nur diese würden durch § 185 SGB III höhenmäßig begrenzt. Von der EuGH-Rechtsprechung ausgehend könne der Wortlaut des § 185 Abs. 1 SGB III nach Auffassung der erkennenden Kammer nur so verstanden werden, dass ein Betrag in Höhe des dreifachen der monatlichen Bemessungsgrenze abzüglich der gesetzlichen Abzüge gemeint sei, jedenfalls dann, wenn Insolvenzgeld für volle drei Monate zu zahlen sei (ebenso SG Mainz, Urteil vom 22. Juni 2009 - S AL 71/08 -; SG Dresden, Urteil vom 21. April 2010 s. o.). Denn nur diese Auslegung führe beispielsweise bei der Berücksichtigung von Einmalzahlungen dazu, dass sie bei der Berechnung des Insolvenzgeldes berücksichtigt werden könnten und nicht aufgrund von Zufälligkeiten der Auszahlungsmodalitäten unbeachtlich blieben. Die von der Beklagten in ihrer Dienstanweisung vorgenommene strenge Zuordnung zum Bezugsmonat (etwa bei Sonderzahlungen) würde hingegen zu Ungerechtigkeiten führen. Denn danach bestünde überhaupt kein Anspruch auf Insolvenzgeld, wenn der Arbeitnehmer aus den letzten drei Monaten zwar noch unbefriedigte Entgeltansprüche habe, aber in jedem Monat eine Teilzahlung in Höhe der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze erhalten habe. Dies gehe über die von Art. 4 der Richtlinie zugelassene Begrenzungsmöglichkeit hinaus. Vielmehr müsse mit der Begrenzung eine Erfüllung aller bislang nicht erfüllten Ansprüche auf Arbeitsentgelt bis zu dem Höchstbetrag sichergestellt sein. Die geleisteten Zahlungen dürften damit nur zur Ermittlung des insgesamt rückständigen Betrages herangezogen und nicht von der Höchstgrenze nochmals abgezogen werden. Für den Kläger sei aufgrund der Beschäftigung bei der XZ. AG die im Jahr 2007 bei monatlich 5.250,00 Euro liegende Beitragsbemessungsgrenze West einschlägig. Es könne dahingestellt bleiben, ob sich die Höchstgrenze der insolvenzgesicherten Ansprüche vorliegend auf die zweifache monatliche Bemessungsgrenze beschränke, da für den Monat Mai 2007 keine offenen Arbeitsentgeltansprüche bestanden hätten, denn die offenen Arbeitsentgeltansprüche erreichten bereits diesen Betrag nicht. Der Kläger habe Anspruch auf weiteres Insolvenzgeld in Höhe von 3.660,00 Euro brutto (restliches Gehalt für den Monat Juli und Tantieme für das Jahr 2006) und 847,63 Euro netto (Reisekostenerstattung, welche ohne Steuer oder sozialversicherungspflichtige Abzüge erfolge). In Summe mit dem bereits von der Beklagten gewährten Insolvenzgeld in Höhe von 3.884,63 Euro werde die Garantiehöchstgrenze im oben dargestellten Sinne nicht überschritten. Der Kläger habe jedoch keinen Anspruch auf die (anteilige) Berücksichtigung einer Tantieme für das Jahr 2007 bei der Insolvenzgeldberechnung.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 26. Oktober 2010 zugestellte Urteil am 25. November 2010 beim Hessischen Landessozialgericht Berufung eingelegt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, entgegen der Auffassung des Sozialgerichts komme es sehr wohl auf die explizite monatliche Betrachtungsweise an. Die Höhe des Insolvenzgeldes sei nach § 185 Abs.1 SGB III beschränkt. Es werde in Höhe des Nettoarbeitsentgelts geleistet, das sich ergebe, wenn das auf die monatliche Beitragsbemessungsgrenze (in der Rentenversicherung) begrenzte Bruttoarbeitsentgelt um die gesetzlichen Abzüge vermindert werde. Den Ausgangspunkt der Berechnung des Nettoarbeitsentgelts bilde das Bruttoarbeitsentgelt, soweit dieses insolvenzgeldfähig und dem Insolvenzzeitraum zuzuordnen sei. Zu diesen Leistungen gehörten neben dem laufenden erarbeiteten Arbeitsentgelt auch der Auslagenersatz (also Reisekosten/Spesen), soweit die Auslagen im Insolvenzgeldzeitraum angefallen seien. Seit dem 1. Januar 2004 sei der Anspruch der Höhe nach auf dasjenige Nettoarbeitsentgelt begrenzt, das sich aus der Grundlage des auf die Höhe der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze begrenzten Bruttoarbeitsentgelts ergebe. Im Gesetz heiße es: "monatlich" und "auf die anteilige Jahresbeitragsbemessungsgrenze"; es sei daher nach Auffassung der Beklagten maßgeblich auf den jeweiligen Monat des Insolvenzzeitraums abzustellen und nicht summenmäßig auf die jeweiligen (vorliegend zwei) Anspruchsmonate. Es handele sich bei der ab 1. Januar 2004 geltenden Neuregelung in § 185 Abs. 1 SGB III um eine reine Leistungsbemessungsgrenze. Die Mittel für die Zahlung des Insolvenzgeldes würden durch eine Umlage von den Arbeitgebern aufgebracht. Die Umlage werde vom maßgeblichen Arbeitsentgelt berechnet. Dabei werde das Arbeitsentgelt auf die Beitragsbemessungsgrenze der Rentenversicherung begrenzt. Dies sei ein Indiz dafür, dass der Gesetzgeber beim Insolvenzgeld durch die Benennung der monatlichen Leistungsbemessungsgrenze eine monatliche Leistungsbegrenzung angestrebt habe. Die Beklagte habe dem Kläger für den Monat Juli 2007 Insolvenzgeld in Höhe von 3.302,16 Euro (= Nettobetrag aus 5.250,00 Euro brutto) bewilligt. Dies entspreche der Höchstgrenze des erstattungsfähigen ausgefallenen Arbeitsentgelts. Im Übrigen werde auf die Entscheidungsbegründung im Verwaltungsverfahren sowie der ersten Instanz vollinhaltlich Bezug genommen.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 17. August 2010 zu ändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung trägt er vor, die Beklagte begründe ihre Berufung letztlich allein damit, dass nach dem Wortlaut des § 185 Abs. 1 SGB III auf die monatliche Beitragsbemessungsgrenze Bezug genommen werde und deshalb bei der Leistungsbewilligung immer nur darauf abzustellen sei, ob in dem jeweiligen Monat noch Ansprüche innerhalb der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze offenstünden. Die Beklagte setze sich bei dieser Argumentation weder mit dem Wortlaut des § 183 SGB III auseinander noch mit der ausführlichen rechtlichen Argumentation des Sozialgerichts in dem angefochtenen Urteil. Die Anspruchsgrundlage für die Forderung auf Insolvenzgeld sei in § 183 SGB III geregelt ("für die vorausgehenden drei Monate"). § 185 SGB III regele dann lediglich die maximale Leistungshöhe pro Monat. Danach sei zunächst zu prüfen, welche insolvenzgeschützten Vergütungsansprüche des betroffenen Arbeitnehmers in den vorangegangenen drei Monaten bestanden hätten und nicht erfüllt worden seien. Alle diese Ansprüche seien insolvenzgeschützt und § 185 SGB III regele dann nur die maximale Obergrenze, bis zu der diese Ansprüche zu berücksichtigen seien, nämlich pro Monat, aus dem noch Ansprüche offenstünden, bis zur Beitragsbemessungsgrenze. Nur eine solche Auslegung, die auch der mehrfach zitierten Entscheidung des EuGH entspreche, führe zu einer möglichst gerechten Berücksichtigung aller durch das Insolvenzereignis ausfallenden Vergütungsansprüche der Arbeitnehmer. Diese Auslegung sei auch von den Sozialgerichten Mainz und Dresden in den angegebenen Parallelfällen entsprechend vertreten worden und entspreche wohl auch der überwiegenden Auffassung in der Literatur. Rechtliche Argumente, die gegen diese Auslegung sprechen könnten, trage die Beklagte auch in der Berufungsbegründung nicht vor. Die im erstinstanzlichen Urteil vorgenommene Auslegung der §§ 183 und 185 SGB III entspreche allein dem Sinn dieser Regelungen eines gerechten und angemessenen Schutzes aller betroffenen Arbeitnehmer. Die Berufung sei daher zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben im Erörterungstermin des Berichterstatters am 13. Februar 2012 ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen nimmt der Senat Bezug auf den Inhalt der Gerichtsakte und auf den der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
Das angefochtene Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 17. August 2010 erweist sich - soweit es der Überprüfung des Senats unterliegt (der klageabweisende Teil der Entscheidung ist nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens, da der Kläger keine Berufung eingelegt hat) - zur Überzeugung des Senats als rechtmäßig.
Der Bescheid der Beklagten vom 5. Dezember 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. März 2008 ist teilweise rechtswidrig, so dass der Kläger insoweit beschwert ist (vgl. § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Das Sozialgericht hat die Beklagte zu Recht verurteilt, dem Kläger weiteres Insolvenzgeld in Höhe von 3.660,00 brutto und 847,63 Euro netto zu bewilligen.
Nach § 183 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB III in der Fassung des Gesetzes vom 10. Dezember 2001 (BGBl. I 3443) haben Arbeitnehmer Anspruch auf Insolvenzgeld, wenn sie im Inland beschäftigt waren und bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen ihres Arbeitgebers (Insolvenzereignis) für die vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt haben.
Das Sozialgericht hat zutreffend angenommen, dass die Anspruchsvoraussetzungen für die Bewilligung von Insolvenzgeld für die noch nicht erfüllten Ansprüche des Klägers auf Arbeitsentgelt - dazu gehören auch dem Insolvenzgeldzeitraum zeitlich zuzuordnende Auslagen wie Reisekosten (vgl. BSG, Urteil vom 18. September 1991 - 10 RAr 12/90 - SozR 3-4100 § 141b Nr. 2) - dem Grunde nach erfüllt sind und sich der Insolvenzgeldzeitraum, da das Arbeitsverhältnis des Klägers bereits am 31. Juli 2007 endete, auf die Zeit vom 1. Mai 2007 bis zum 31. Juli 2007 erstreckt hat.
Nach § 185 Abs. 1 SGB III in der ab 1. Januar 2004 geltenden Fassung des Gesetzes vom 23. Dezember 2003 (BGBl. I 2848) wird Insolvenzgeld in Höhe des Nettoarbeitsentgelts geleistet, das sich ergibt, wenn das auf die monatliche Beitragsbemessungsgrenze (§ 341 Abs. 4 SGB III) begrenzte Bruttoarbeitsentgelt um die gesetzlichen Abzüge vermindert wird. Zwischen den Beteiligten streitig ist vorliegend allein die Berechnung des Insolvenzgeldes. Dabei geht es zum einen um die Frage, ob ein Anspruch auf Insolvenzgeld ausgeschlossen ist, wenn der Arbeitnehmer aus den letzten drei Monaten noch unbefriedigte Entgeltansprüche hat, aber in jedem Monat eine Teilzahlung in Höhe der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze erhalten hat, zum anderen um die Frage, ob unter der "monatlichen Beitragsbemessungsgrenze" in § 185 Abs. 1 SGB III (in der Fassung des Gesetzes vom 23. Dezember 2003 - BGBl. I 2848) eine auf den Kalendermonat bzw. Anspruchsmonat bezogene Beitragsbemessungsgrenze zu verstehen ist oder ob der Grenzbetrag im Sinne eines einheitlichen Begrenzungsbetrages errechnet aus den monatlichen Beitragsbemessungsgrenzen auf den gesamten Insolvenzgeldzeitraum zu beziehen ist.
Die erste Frage ist dahingehend zu beantworten, dass die bereits geleisteten Zahlungen nur für die Ermittlung der insgesamt bestehenden Ansprüche von Bedeutung sind. Denn § 183 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB III stellt auf die "noch bestehenden" Arbeitsentgeltansprüche ab. Nur diese Auslegung ist auch mit Europarecht vereinbar. Art. 3 der Richtlinie EWGRL 80/987 vom 20. Oktober 1980 (ABl. L 283, 23) sieht für Ansprüche von Arbeitnehmern aus Arbeitsverträgen oder Arbeitsverhältnissen gegen Arbeitgeber, die zahlungsunfähig sind, vor, dass die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen treffen, damit - vorbehaltlich des Art. 4 - Garantieeinrichtungen die Befriedigung der nicht erfüllten Ansprüche der Arbeitnehmer aus Arbeitsverträgen oder Arbeitsverhältnissen sicherstellen. Nach Art. 4 der Richtlinie dürfen die Mitgliedstaaten für die Garantie nicht erfüllter Ansprüche eine Höchstgrenze festsetzen. Die Mitgliedstaaten können insbesondere, um die Zahlung von Beträgen zu vermeiden, die über die soziale Zweckbestimmung der Richtlinie hinausgehen, für die Garantie der Erfüllung unbefriedigter Ansprüche der Arbeitnehmer eine Höchstgrenze festsetzen (Art. 4 Abs. 3 der Richtlinie). Aus dem Wortlaut der Richtlinie "Befriedigung der nicht erfüllten Ansprüche" kann wie aus dem Wortlaut des § 183 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB III auf die "noch bestehenden" Arbeitsentgeltansprüche geschlossen werden. Insoweit ist auch in der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 4. März 2004 s. o.) geklärt, dass die Mitgliedstaaten zwar für die Garantie nicht erfüllter Ansprüche eine Höchstgrenze festsetzen dürfen, doch müssen sie bis zu dieser Höchstgrenze die Befriedigung aller in Rede stehenden nicht erfüllten Ansprüche gewährleisten. Vorauszahlungen, die die betreffenden Arbeitnehmer auf ihre den Garantiezeitraum betreffenden Ansprüche erhalten haben, sind von diesen (nur) abzuziehen, um zu bestimmen, inwieweit die Ansprüche unerfüllt geblieben sind. Demgegenüber würde ein Kumulierungsverbot, wonach das Arbeitsentgelt, das diesen Arbeitnehmern während des von der Garantie erfassten Zeitraums gezahlt wird, von dem Höchstbetrag abzuziehen ist, den der Mitgliedstaat für die Garantie der nicht erfüllten Ansprüche festgelegt hat, den durch die Richtlinie gewährleisteten Mindestschutz unmittelbar beeinträchtigen (EuGH s. o.). Durch die die Richtlinie EWGRL 80/987 vom 20. Oktober 1980 ersetzende Richtlinie 2008/94/EG vom 22. Oktober 2008 (ABl. L 283, 36) hat sich die Rechtslage insoweit nicht geändert. Es muss daher mit der Begrenzung eine Erfüllung aller bislang nicht erfüllten Ansprüche auf Arbeitsentgelt bis zu dem Höchstbetrag sichergestellt sein; die geleisteten Zahlungen dürfen nur zur Ermittlung des insgesamt rückständigen Betrages herangezogen werden.
Soweit in § 185 Abs. 1 SGB III auf die "monatliche Beitragsbemessungsgrenze" Bezug genommen wird, ergibt sich daraus nicht die von der Beklagten auf der Grundlage ihrer Durchführungsanweisungen (DA zu § 185 SGB III) vorgenommene kalendermonatliche Betrachtung. Vielmehr ist die Regelung des § 185 Abs. 1 SGB III - wie das Sozialgericht zutreffend angenommen hat - dahingehend auszulegen, dass für den gesamten Insolvenzgeldzeitraum von einem einheitlichen Begrenzungsbetrag - errechnet aus den monatlichen Beitragsbemessungsgrenzen - auszugehen ist.
Zwar lässt der auf die "monatliche Beitragsbemessungsgrenze" abstellende Wortlaut des § 185 Abs. 1 SGB III nicht zwingend den Rückschluss zu, dass das Arbeitsentgelt der Beitragsbemessungsgrenze monatsweise zuzuordnen ist (Estelmann in: Eicher/Schlegel, SGB III, Stand August 2012, § 185 Rdnr. 62). Der Wortlaut der Bestimmung ist vielmehr offen und nicht auf eine Auslegungsmöglichkeit beschränkt. Auch die Begründung des Gesetzesentwurfs (BT-Drucks. 15/1515, S. 89) gibt für die Auslegung der Bestimmung keine eindeutige Antwort. Intention des Gesetzgebers war wegen des starken Ansteigens der Ausgaben die Begrenzung der Höhe des Insolvenzgeldes in der Weise, dass das der Berechnung des Insolvenzgeldes zugrunde zu legende Arbeitsentgelt (Bruttoarbeitsentgelt) auf die Höhe der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze begrenzt werden sollte. Die von der Beklagten der Berechnung des Insolvenzgeldes zugrunde gelegte monatsbezogene Betrachtungsweise ist aber mit Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) nicht vereinbar. Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln, und verpflichtet die Grundrechtsadressaten, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches entsprechend seiner Verschiedenheit und Eigenart ungleich zu behandeln. Der Gleichheitssatz ist nach ständiger Rechtsprechung dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten oder Normbetroffenen im Vergleich zu einer anderen anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16. Juli 2012 - 1 BvR 2983/10 - m. w. N.; BVerfG, Beschluss vom 4. April 2001 - 2 BvL 7/98 - BVerfGE 103, 310 m. w. N.).
Die von der Beklagten der Berechnung des Insolvenzgeldes zu Grunde gelegte kalendermonatsbezogene Betrachtungsweise führt zu einer Ungleichbehandlung von Antragstellern, denn je nach Zeitpunkt des Insolvenzereignisses kann für den gesamten Insolvenzgeldzeitraum ein unterschiedlicher Zahlbetrag anfallen; z. B. ergeben sich unterschiedliche Beträge bei Arbeitnehmern, deren Arbeitsentgelt im Kalendermonat oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze liegt, je danach, ob der Insolvenzgeldzeitraum zur Monatsmitte beginnt und dementsprechend aus (ein oder) zwei vollen und zwei anteiligen Kalendermonaten besteht oder ab Monatsbeginn genau (zwei oder) drei Kalendermonate umfasst. Die Beklagte behandelt daher Insolvenzgeldfälle allein wegen des - zufälligen - Zeitpunkts des Insolvenzereignisses unterschiedlich. Für eine derartige Ungleichbehandlung ist ein sachlicher Grund nicht erkennbar. Die Auslegung des § 185 Abs. 1 SGB III durch die Beklagte ist daher mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) nicht vereinbar, so dass die gewählte Berechnungsmethode ausscheidet.
Auch die weitere in der rechtswissenschaftlichen Literatur diskutierte Berechnungsmethode der Zuordnung von Arbeitsentgelten zum Anspruchsmonat (vgl. Estelmann in: Eicher/Schlegel, § 185 Rdnr. 62) kann zur Ermittlung des Insolvenzgeldanspruchs nach § 185 Abs. 1 SGB III nicht herangezogen werden. Sie würde dazu führen, dass bei einem Insolvenzereignis z.B. zur Monatsmitte Einmalzahlungen wie Tantiemen nicht mehr zweifelsfrei bestimmten Monaten zugeordnet werden könnten. Dass derartige Einmalzahlungen bei der Berechnung des Insolvenzgeldes unberücksichtigt bleiben, kann aber weder Wortlaut noch Sinn und Zweck des § 185 Abs. 1 SGB III entnommen werden.
Es ist daher für den gesamten Insolvenzgeldzeitraum von einem einheitlichen Begrenzungsbetrag - errechnet aus den monatlichen Beitragsbemessungsgrenzen - auszugehen (im Ergebnis ebenso SG Mainz, Urteil vom 22. Juni 2009 - S AL 71/08 -; SG Dresden, Urteil vom 21. April 2010 - S 35 AL 256/08 - info also 2010, 217; Schmidt in NKSGB III, 3. Aufl. 2008, § 185 Rdnr. 8; Voelzke in: Hauck/Nofts, SGB III, Stand: Februar 2012, § 185 Rdnr. 5b ff.; Peters-Lange in Gagel, SGB III, Stand: Juni 2012, § 167 Rdnr. 7b, 7c; Estelmann s. o. § 185 Rdnr. 57 ff.; a. M. Krodel in Niesel/Brand, SGB III, 5. Aufl. 2010, § 185 Rdnr. 2).
Da der Kläger für die Monate Juni und Juli 2007 noch offene Arbeitsentgeltansprüche hatte, war somit bei der Berechnung der Höhe des Insolvenzgeldes das Zweifache der monatlichen Bemessungsentgeltgrenze, mithin 10.500,00 Euro, als Obergrenze zu berücksichtigen. Diese Grenze wird durch das bislang bewilligte Insolvenzgeld von 3.831,84 Euro nicht erreicht. Sie wird auch durch die weiteren, dem Kläger zustehenden Beträge nicht erreicht. Diese ergeben sich aus den restlichen Arbeitsentgeltansprüchen für Juli 2007 in Höhe von 750,00 Euro brutto, aus den im Insolvenzgeldzeitraum fällig gewordenen Tantiemezahlungen für das Jahr 2006 in Höhe von 2.910,00 Euro brutto sowie aus den Reisekosten für die Monate Juni und Juli 2007 in Höhe von 322,13 Euro netto und 525,50 Euro netto.
War damit die Berufung der Beklagten aufgrund der von dem Senat der Berechnung des Insolvenzgeldes zu Grunde gelegten Berechnungsmethode zurückzuweisen, brauchte der Senat der Frage, ob die Tantiemezahlungen für das Jahr 2006 - wie von dem Kläger vorgetragen - bereits im Juni 2007 fällig geworden sind, nicht nachzugehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG). Die Frage, ob unter der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze in § 185 Abs. 1 SGB III (in der Fassung des Gesetzes vom 23. Dezember 2003 - BGBl. I 2848) bzw. der Nachfolgevorschrift des § 167 Abs. 1 SGB III (in der Fassung des ab 1. April 2012 geltenden Gesetzes vom 20. Dezember 2011 - BGBl. I 2854) eine auf den Kalendermonat bzw. Anspruchsmonat bezogene Beitragsbemessungsgrenze zu verstehen ist oder ob der Grenzbetrag im Sinne eines einheitlichen Begrenzungsbetrages errechnet aus den monatlichen Beitragsbemessungsgrenzen auf den gesamten Insolvenzgeldzeitraum zu beziehen ist, hat das BSG bisher nicht entschieden.
II. Die Beklagte hat dem Kläger seine notwendigen außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Bewilligung höheren Insolvenzgeldes nach dem Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III).
Der Kläger war als Senior Consultant seit dem 1. November 2001 zunächst bei der XY. AG und später bei der Rechtsnachfolgerin, der XZ. AG (XZ. AG), in B-Stadt beschäftigt. Der Kläger kündigte das Beschäftigungsverhältnis mit der Firma XZ. AG zum 31. Juli 2007. Mit Beschluss vom 1. Oktober 2007 hat das Amtsgericht B-Stadt (xxxxx) das Insolvenzverfahren über das Vermögen der XZ. AG eröffnet.
Das monatliche Bruttofixgehalt des Klägers betrug seit dem 1. Januar 2006 6.000,00 Euro. Außerdem hatte der Kläger nach dem Anstellungsvertrag Anspruch auf erfolgsabhängige Tantiemenzahlungen nach Jahresabschluss. Das Gehalt wurde dem Kläger letztmalig im Juni 2007 in Höhe von 2.904,30 Euro aus dem Bruttogehalt in Höhe von 6.000,00 Euro zuzüglich des PKW-Wertes (geldwerter Vorteil) von 395,00 Euro ausgezahlt. Für den Monat Juli 2007 erfolgte zwar noch eine Abrechnung, aber keine Auszahlung der Bezüge. Nach den Abrechnungen für den Monat Juli 2007 vom 7. August 2007 und vom 26. Oktober 2007 ergab sich für diesen Monat ein Gesamt-Bruttobetrag in Höhe von 15.005,00 Euro, der sich zusammensetzte aus dem Bruttogehalt in Höhe von 6.000,00 Euro, dem geldwerten Vorteil für den PKW von 395,00 Euro, der Tantieme- Endabrechnung von 2.910,00 Euro sowie der Urlaubsabgeltung in Höhe von 5.700,00 Euro.
Der Kläger beantragte durch seine Bevollmächtigten am 16. November 2007 für die Zeit vom 1. Mai 2007 bis zum 31. Juli 2007 Insolvenzgeld, berechnet jeweils aus dem monatlichen Bruttoarbeitsentgelt bis zur Beitragsbemessungsgrenze in Höhe von 5.250,00 Euro. Nach der vorgelegten Insolvenzgeldbescheinigung vom 24. Oktober 2007 betrug das noch nicht ausgezahlte Arbeitsentgelt für Juni 2007 311,72 Euro (brutto = netto) und für Juli 2007 5.250,00 Euro brutto, nach Abzug von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen 3.031,41 Euro netto. Die noch nicht ausgezahlten bzw. abgeführten Beitragszuschüsse zur privaten Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung wurden in Höhe von monatlich 270,75 Euro für die Monate Juni und Juli 2007 bescheinigt. Zur Begründung des geltend gemachten Anspruchs führten die Bevollmächtigten ergänzend aus, aufgrund einer entsprechenden einzelvertraglichen Vereinbarung habe dem Kläger für das Jahr 2006 eine Tantieme zugestanden. Diese Tantieme sei im ersten Monat nach Vorlage der Bilanz des Jahres 2006, also im Juni 2007, zur Auszahlung fällig gewesen. Dementsprechend sei auch an die überwiegende Anzahl der Mitarbeiter, die einen Tantiemeanspruch für das Jahr 2006 gehabt hätten, die Tantieme mit dem Juni-Gehalt 2007 abgerechnet und ausgezahlt worden. Lediglich bei dem Kläger und einem weiteren Mitarbeiter, die ihrerseits ihre Arbeitsverhältnisse zum 31. Juli 2007 gekündigt hätten, sei die Tantieme mit dem Juni-Gehalt nicht ausgezahlt, sondern erst mit dem aufgrund der Insolvenz nicht ausgezahlten Juli-Gehalt abgerechnet worden. Dem Kläger stehe daher noch die im Juni 2007 fällige Tantieme für das Jahr 2006 in Höhe von 2.910,00 Euro zu. Weitere Ansprüche ergäben sich aus dem Urlaubsabgeltungsanspruch in Höhe von 5.700,00 Euro, den Reisekostenabrechnungen für die Monate Juni 2007 in Höhe von 322,00 Euro und Juli 2007 in Höhe von 532,00 Euro sowie dem anteiligen Tantiemeanspruch für das Jahr 2007 in Höhe von 5.600,00 Euro. Diese in den Monaten Juni und Juli 2007 nicht ausgezahlten Vergütungsansprüche seien für den Zeitraum von drei Monaten in Höhe von jeweils 5.250,00 Euro insolvenzgeldgesichert, auch wenn die Grundvergütung in diesen Monaten ausgezahlt worden sei. Dies ergebe sich aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH - Urteil vom 4. März 2004, Rs. C-19/01, C-50/01, C-84/01).
Mit Bescheid vom 5. Dezember 2007 bewilligte die Beklagte für den Zeitraum vom 1. Juni 2007 bis zum 31. Juli 2007 Insolvenzgeld in Höhe von 582,47 Euro für den Monat Juni 2007 und in Höhe von 3.302,16 Euro für den Monat Juli 2007. Gegen die Höhe des bewilligten Insolvenzgeldes legte der Kläger durch seine Bevollmächtigten am 21. Dezember 2007 Widerspruch ein. Ihm stünden Vergütungsansprüche jeweils mindestens in Höhe der Beitragsbemessungsgrenze auch für die Monate Mai und Juni 2007 zu. Dies ergebe sich aus den in diesen Monaten fällig gewordenen Tantiemeansprüchen für das Jahr 2006 und anteilig für 2007 sowie Urlaubsabgeltungsansprüchen für das Jahr 2007. Aus der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 4. März 2004 s. o.) ergebe sich für das deutsche Recht, dass die Vergütungsansprüche der Arbeitnehmer, die innerhalb des Dreimonatszeitraums vor Insolvenzeröffnung fällig geworden seien, bis zur dreifachen Beitragsmessungsgrenze abgesichert seien.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 10. März 2008 zurück. Dem Kläger sei entsprechend der Insolvenzgeldbescheinigung Insolvenzgeld bewilligt worden. Die Höhe des erstattungsfähigen Insolvenzgeldes sei auf das auf die monatliche Beitragsbemessungsgrenze begrenzte Bruttoarbeitsentgelt als Berechnungsgrundlage begrenzt. Die von dem Kläger angeführte Rechtsprechung des EuGH sei auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar. Für die Anwendung des "dreifachen insolvenzgesicherten Monatsbetrages" wie in dem vom EuGH entschiedenen Fall, bestehe kein Raum, da es sich hierbei um eine Regelung des italienischen Rechts handele und nach dem deutschen Recht die monatliche Beitragsbemessungsgrenze als Obergrenze des der Berechnung des Insolvenzgeldes zugrunde liegenden monatlichen Bruttoentgelts maßgeblich sei. Die Entscheidung des EuGH lasse keine Gesichtspunkte erkennen, diese Höchstgrenze anzuzweifeln. Der Urlaubsabgeltungsanspruch entstehe erst mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses und sei somit nicht dem Insolvenzgeldzeitraum zuzuordnen.
Der Kläger hat am 9. April 2008 beim Sozialgericht Darmstadt Klage erhoben. Zur Begründung hat er ausgeführt, die von der Beklagten vorgenommene Auslegung der Insolvenzgeldvorschriften des SGB III sei mit Europarecht nicht vereinbar. Denn danach stünde einem Arbeitnehmer auch bei bestehenden unbefriedigten Entgeltansprüchen aus den letzten drei Monaten überhaupt kein Anspruch auf Insolvenzgeld zu, so lange er in jedem Monat eine Teilzahlung in Höhe der Beitragsbemessungsgrenze vom Arbeitgeber erhalten habe. Die Entscheidung des EuGH besage hingegen, dass der Mindestschutz, der durch die nationale Gesetzgebung zu gewährleisten sei, nicht dadurch nochmals verringert werden dürfe, dass auf eine zulässigerweise begrenzte Garantiezahlung bereits in diesem Zeitraum geleistete Teilzahlungen des Arbeitgebers nochmals angerechnet werden. Die Auslegung der §§ 183 und 185 SGB III habe unter Berücksichtigung der Mindestgarantie zu erfolgen, wie sie sich aus dem Europarecht ergebe, so dass die absolute Grenze für die Gewährung von Insolvenzgeld beim dreifachen sich aus der Beitragsbemessungsgrenze ergebenden monatlichen Nettoentgelt liege. Außerdem legte der Kläger eine Berechnung des von ihm geltend gemachten Insolvenzgeldanspruchs vor, aus der sich neben den bereits vorgetragenen Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis auch Ansprüche auf Erstattung von Reisekosten für die Monate Juni und Juli 2007 ergaben. Im Hinblick auf § 184 Abs. 1 Nr. 1 SGB III forderte der Kläger nicht mehr die Berücksichtigung des Urlaubsabgeltungsanspruchs bei der Berechnung des Insolvenzgeldanspruchs. Der Insolvenzverwalter bestätigte Reisekosten in Höhe von 322,13 Euro für den Monat Juni 2007 und in Höhe von 525,50 Euro für den Monat Juli 2007.
Das Sozialgericht hat die Beklagte mit Urteil vom 17. August 2010 verurteilt, dem Kläger unter Abänderung des Bescheides vom 5. Dezember 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. März 2008 weiteres Insolvenzgeld in Höhe von 3.660,00 brutto und 847,63 Euro netto zu bewilligen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, die zulässige Klage sei teilweise begründet. Der angefochtene Bescheid vom 5. Dezember 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. März 2008 verletze den Kläger insoweit in seinen Rechten, als bei der Berechnung des Insolvenzgeldes die Tantieme für das Jahr 2006 und die Reisekosten für die Monate Juni und Juli 2007 nicht berücksichtigt worden seien. Soweit der Kläger auch die Berücksichtigung der anteiligen Tantieme für das Jahr 2007 geltend mache, sei die Klage unbegründet.
Anspruch auf Insolvenzgeld hätten nach § 183 Abs. 1 Satz Nr. 1 SGB III Arbeitnehmer, wenn sie bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arbeitgebers (Insolvenzereignis) für die vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt haben. Zu den Ansprüchen auf Arbeitsentgelt gehörten nach § 183 Abs. 1 Satz 3 SGB III alle Ansprüche auf Bezüge aus dem Arbeitsverhältnis, soweit sie sich den dem Insolvenzereignis vorausgehenden drei Monaten des Arbeitsverhältnisses zuordnen ließen. Der Insolvenzgeldzeitraum umfasse vorliegend die Zeit vom 1. Mai 2007 bis 31. Juli 2007. Zwar sei das Insolvenzverfahren erst am 1. Oktober 2007 eröffnet worden, jedoch habe das Arbeitsverhältnis des Klägers bereits am 31. Juli 2007 geendet, so dass für den Anspruch des Klägers auf den Dreimonatszeitraum vor Beendigung seines Arbeitsverhältnisses abzustellen sei. Für den Monat Mai 2007 bestünden vorliegend keine offenen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis. Im Monat Juni 2007 seien neben dem restlichen Gehaltsanspruch in Höhe von 582,47 Euro brutto, den die Beklagte bei der Berechnung des Insolvenzgeldes bereits berücksichtigt habe, ebenfalls der Anspruch auf Reisekostenerstattung in Höhe von 322,13 Euro netto zu berücksichtigen. Im Monat Juli 2007 sei neben dem restlichen Gehaltsanspruch, den die Beklagte bereits bis zur monatlichen Beitragsbemessungsgrenze berücksichtigt habe, auch der darüber hinausgehende Teil in Höhe von 750,00 Euro brutto sowie der Anspruch auf Reisekostenerstattung in Höhe von 525,50 Euro netto und die in diesem Monat fällige Tantiemeforderung für das Jahr 2006 in Höhe von 2.910,00 Euro brutto zu berücksichtigen. Dem Anspruch stehe nicht entgegen, dass der Kläger für die Insolvenzgeldmonate bereits Leistungen bis zur Höhe der jeweiligen monatlichen Bemessungsgrenze erhalten habe. Nach § 185 Abs. 1 SGB III werde Insolvenzgeld in Höhe des Nettoarbeitsentgelts geleistet, das sich ergebe, wenn das auf die monatliche Beitragsbemessungsgrenze begrenzte Bruttoarbeitsentgelt um die gesetzlichen Abzüge vermindert werde. Die Begrenzung auf eine Höchstgrenze verstoße weder gegen Verfassungsrecht noch gegen Europarecht. Die Richtlinie EWGRL 80/987 vom 20. Oktober 1980 (ABl. L 283, 23) regele die Ansprüche von Arbeitnehmern aus Arbeitsverträgen oder Arbeitsverhältnissen gegen Arbeitgeber, die zahlungsunfähig im Sinne des Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie seien. Art. 3 der Richtlinie sehe hierfür vor, dass die Mitgliedsstaaten die erforderlichen Maßnahmen treffen, damit - vorbehaltlich des Art. 4 - Garantieeinrichtungen die Befriedigung der nicht erfüllten Ansprüche der Arbeitnehmer aus Arbeitsverträgen oder Arbeitsverhältnissen, die das Arbeitsentgelt für den vor einem bestimmten Zeitpunkt liegenden Zeitraum betreffen, sicherstellen. Der Schaffung der Garantieeinrichtung sei der Gesetzgeber mit dem Instrument des Insolvenzgeldes nach den §§ 183 ff. SGB III nachgekommen. Die Mitgliedstaaten könnten jedoch, insbesondere, um die Zahlung von Beträgen zu vermeiden, die über die soziale Zweckbestimmung der Richtlinie hinausgingen, für die Garantie der Erfüllung unbefriedigter Ansprüche der Arbeitnehmer eine Höchstgrenze festsetzen (Art. 4 Abs. 3 der Richtlinie). Die soziale Zweckbestimmung bestehe darin, allen Arbeitnehmern durch die Befriedigung nicht erfüllter Ansprüche aus Arbeitsverträgen oder Arbeitsverhältnissen, die sich auf Arbeitsentgelt für einen bestimmten Zeitraum bezögen, einen gemeinschaftsrechtlichen Mindestschutz bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers zu garantieren (vgl. EuGH, Urteil vom 4. März 2004, C-19/01, C-50/01, C-84/01). Im Insolvenzgeldrecht des SGB III sei dementsprechend in der Regelung des § 185 Abs. 1 SGB III eine Begrenzung auf die monatliche Beitragsbemessungsgrenze erfolgt (vgl. SG Dresden, Urteil vom 21. April 2010 - S 35 AL 256/08 -). Hieraus ergebe sich jedoch nicht die von der Beklagten vorgenommene monatliche Betrachtung. Die Regelung sei vielmehr im Zusammenhang mit § 183 SGB III zu sehen. Der Wortlaut des § 183 SGB III stelle auf "noch bestehende Arbeitsentgeltansprüche" ab. Nur diese würden durch § 185 SGB III höhenmäßig begrenzt. Von der EuGH-Rechtsprechung ausgehend könne der Wortlaut des § 185 Abs. 1 SGB III nach Auffassung der erkennenden Kammer nur so verstanden werden, dass ein Betrag in Höhe des dreifachen der monatlichen Bemessungsgrenze abzüglich der gesetzlichen Abzüge gemeint sei, jedenfalls dann, wenn Insolvenzgeld für volle drei Monate zu zahlen sei (ebenso SG Mainz, Urteil vom 22. Juni 2009 - S AL 71/08 -; SG Dresden, Urteil vom 21. April 2010 s. o.). Denn nur diese Auslegung führe beispielsweise bei der Berücksichtigung von Einmalzahlungen dazu, dass sie bei der Berechnung des Insolvenzgeldes berücksichtigt werden könnten und nicht aufgrund von Zufälligkeiten der Auszahlungsmodalitäten unbeachtlich blieben. Die von der Beklagten in ihrer Dienstanweisung vorgenommene strenge Zuordnung zum Bezugsmonat (etwa bei Sonderzahlungen) würde hingegen zu Ungerechtigkeiten führen. Denn danach bestünde überhaupt kein Anspruch auf Insolvenzgeld, wenn der Arbeitnehmer aus den letzten drei Monaten zwar noch unbefriedigte Entgeltansprüche habe, aber in jedem Monat eine Teilzahlung in Höhe der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze erhalten habe. Dies gehe über die von Art. 4 der Richtlinie zugelassene Begrenzungsmöglichkeit hinaus. Vielmehr müsse mit der Begrenzung eine Erfüllung aller bislang nicht erfüllten Ansprüche auf Arbeitsentgelt bis zu dem Höchstbetrag sichergestellt sein. Die geleisteten Zahlungen dürften damit nur zur Ermittlung des insgesamt rückständigen Betrages herangezogen und nicht von der Höchstgrenze nochmals abgezogen werden. Für den Kläger sei aufgrund der Beschäftigung bei der XZ. AG die im Jahr 2007 bei monatlich 5.250,00 Euro liegende Beitragsbemessungsgrenze West einschlägig. Es könne dahingestellt bleiben, ob sich die Höchstgrenze der insolvenzgesicherten Ansprüche vorliegend auf die zweifache monatliche Bemessungsgrenze beschränke, da für den Monat Mai 2007 keine offenen Arbeitsentgeltansprüche bestanden hätten, denn die offenen Arbeitsentgeltansprüche erreichten bereits diesen Betrag nicht. Der Kläger habe Anspruch auf weiteres Insolvenzgeld in Höhe von 3.660,00 Euro brutto (restliches Gehalt für den Monat Juli und Tantieme für das Jahr 2006) und 847,63 Euro netto (Reisekostenerstattung, welche ohne Steuer oder sozialversicherungspflichtige Abzüge erfolge). In Summe mit dem bereits von der Beklagten gewährten Insolvenzgeld in Höhe von 3.884,63 Euro werde die Garantiehöchstgrenze im oben dargestellten Sinne nicht überschritten. Der Kläger habe jedoch keinen Anspruch auf die (anteilige) Berücksichtigung einer Tantieme für das Jahr 2007 bei der Insolvenzgeldberechnung.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 26. Oktober 2010 zugestellte Urteil am 25. November 2010 beim Hessischen Landessozialgericht Berufung eingelegt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, entgegen der Auffassung des Sozialgerichts komme es sehr wohl auf die explizite monatliche Betrachtungsweise an. Die Höhe des Insolvenzgeldes sei nach § 185 Abs.1 SGB III beschränkt. Es werde in Höhe des Nettoarbeitsentgelts geleistet, das sich ergebe, wenn das auf die monatliche Beitragsbemessungsgrenze (in der Rentenversicherung) begrenzte Bruttoarbeitsentgelt um die gesetzlichen Abzüge vermindert werde. Den Ausgangspunkt der Berechnung des Nettoarbeitsentgelts bilde das Bruttoarbeitsentgelt, soweit dieses insolvenzgeldfähig und dem Insolvenzzeitraum zuzuordnen sei. Zu diesen Leistungen gehörten neben dem laufenden erarbeiteten Arbeitsentgelt auch der Auslagenersatz (also Reisekosten/Spesen), soweit die Auslagen im Insolvenzgeldzeitraum angefallen seien. Seit dem 1. Januar 2004 sei der Anspruch der Höhe nach auf dasjenige Nettoarbeitsentgelt begrenzt, das sich aus der Grundlage des auf die Höhe der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze begrenzten Bruttoarbeitsentgelts ergebe. Im Gesetz heiße es: "monatlich" und "auf die anteilige Jahresbeitragsbemessungsgrenze"; es sei daher nach Auffassung der Beklagten maßgeblich auf den jeweiligen Monat des Insolvenzzeitraums abzustellen und nicht summenmäßig auf die jeweiligen (vorliegend zwei) Anspruchsmonate. Es handele sich bei der ab 1. Januar 2004 geltenden Neuregelung in § 185 Abs. 1 SGB III um eine reine Leistungsbemessungsgrenze. Die Mittel für die Zahlung des Insolvenzgeldes würden durch eine Umlage von den Arbeitgebern aufgebracht. Die Umlage werde vom maßgeblichen Arbeitsentgelt berechnet. Dabei werde das Arbeitsentgelt auf die Beitragsbemessungsgrenze der Rentenversicherung begrenzt. Dies sei ein Indiz dafür, dass der Gesetzgeber beim Insolvenzgeld durch die Benennung der monatlichen Leistungsbemessungsgrenze eine monatliche Leistungsbegrenzung angestrebt habe. Die Beklagte habe dem Kläger für den Monat Juli 2007 Insolvenzgeld in Höhe von 3.302,16 Euro (= Nettobetrag aus 5.250,00 Euro brutto) bewilligt. Dies entspreche der Höchstgrenze des erstattungsfähigen ausgefallenen Arbeitsentgelts. Im Übrigen werde auf die Entscheidungsbegründung im Verwaltungsverfahren sowie der ersten Instanz vollinhaltlich Bezug genommen.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 17. August 2010 zu ändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung trägt er vor, die Beklagte begründe ihre Berufung letztlich allein damit, dass nach dem Wortlaut des § 185 Abs. 1 SGB III auf die monatliche Beitragsbemessungsgrenze Bezug genommen werde und deshalb bei der Leistungsbewilligung immer nur darauf abzustellen sei, ob in dem jeweiligen Monat noch Ansprüche innerhalb der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze offenstünden. Die Beklagte setze sich bei dieser Argumentation weder mit dem Wortlaut des § 183 SGB III auseinander noch mit der ausführlichen rechtlichen Argumentation des Sozialgerichts in dem angefochtenen Urteil. Die Anspruchsgrundlage für die Forderung auf Insolvenzgeld sei in § 183 SGB III geregelt ("für die vorausgehenden drei Monate"). § 185 SGB III regele dann lediglich die maximale Leistungshöhe pro Monat. Danach sei zunächst zu prüfen, welche insolvenzgeschützten Vergütungsansprüche des betroffenen Arbeitnehmers in den vorangegangenen drei Monaten bestanden hätten und nicht erfüllt worden seien. Alle diese Ansprüche seien insolvenzgeschützt und § 185 SGB III regele dann nur die maximale Obergrenze, bis zu der diese Ansprüche zu berücksichtigen seien, nämlich pro Monat, aus dem noch Ansprüche offenstünden, bis zur Beitragsbemessungsgrenze. Nur eine solche Auslegung, die auch der mehrfach zitierten Entscheidung des EuGH entspreche, führe zu einer möglichst gerechten Berücksichtigung aller durch das Insolvenzereignis ausfallenden Vergütungsansprüche der Arbeitnehmer. Diese Auslegung sei auch von den Sozialgerichten Mainz und Dresden in den angegebenen Parallelfällen entsprechend vertreten worden und entspreche wohl auch der überwiegenden Auffassung in der Literatur. Rechtliche Argumente, die gegen diese Auslegung sprechen könnten, trage die Beklagte auch in der Berufungsbegründung nicht vor. Die im erstinstanzlichen Urteil vorgenommene Auslegung der §§ 183 und 185 SGB III entspreche allein dem Sinn dieser Regelungen eines gerechten und angemessenen Schutzes aller betroffenen Arbeitnehmer. Die Berufung sei daher zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben im Erörterungstermin des Berichterstatters am 13. Februar 2012 ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen nimmt der Senat Bezug auf den Inhalt der Gerichtsakte und auf den der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
Das angefochtene Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 17. August 2010 erweist sich - soweit es der Überprüfung des Senats unterliegt (der klageabweisende Teil der Entscheidung ist nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens, da der Kläger keine Berufung eingelegt hat) - zur Überzeugung des Senats als rechtmäßig.
Der Bescheid der Beklagten vom 5. Dezember 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. März 2008 ist teilweise rechtswidrig, so dass der Kläger insoweit beschwert ist (vgl. § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Das Sozialgericht hat die Beklagte zu Recht verurteilt, dem Kläger weiteres Insolvenzgeld in Höhe von 3.660,00 brutto und 847,63 Euro netto zu bewilligen.
Nach § 183 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB III in der Fassung des Gesetzes vom 10. Dezember 2001 (BGBl. I 3443) haben Arbeitnehmer Anspruch auf Insolvenzgeld, wenn sie im Inland beschäftigt waren und bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen ihres Arbeitgebers (Insolvenzereignis) für die vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt haben.
Das Sozialgericht hat zutreffend angenommen, dass die Anspruchsvoraussetzungen für die Bewilligung von Insolvenzgeld für die noch nicht erfüllten Ansprüche des Klägers auf Arbeitsentgelt - dazu gehören auch dem Insolvenzgeldzeitraum zeitlich zuzuordnende Auslagen wie Reisekosten (vgl. BSG, Urteil vom 18. September 1991 - 10 RAr 12/90 - SozR 3-4100 § 141b Nr. 2) - dem Grunde nach erfüllt sind und sich der Insolvenzgeldzeitraum, da das Arbeitsverhältnis des Klägers bereits am 31. Juli 2007 endete, auf die Zeit vom 1. Mai 2007 bis zum 31. Juli 2007 erstreckt hat.
Nach § 185 Abs. 1 SGB III in der ab 1. Januar 2004 geltenden Fassung des Gesetzes vom 23. Dezember 2003 (BGBl. I 2848) wird Insolvenzgeld in Höhe des Nettoarbeitsentgelts geleistet, das sich ergibt, wenn das auf die monatliche Beitragsbemessungsgrenze (§ 341 Abs. 4 SGB III) begrenzte Bruttoarbeitsentgelt um die gesetzlichen Abzüge vermindert wird. Zwischen den Beteiligten streitig ist vorliegend allein die Berechnung des Insolvenzgeldes. Dabei geht es zum einen um die Frage, ob ein Anspruch auf Insolvenzgeld ausgeschlossen ist, wenn der Arbeitnehmer aus den letzten drei Monaten noch unbefriedigte Entgeltansprüche hat, aber in jedem Monat eine Teilzahlung in Höhe der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze erhalten hat, zum anderen um die Frage, ob unter der "monatlichen Beitragsbemessungsgrenze" in § 185 Abs. 1 SGB III (in der Fassung des Gesetzes vom 23. Dezember 2003 - BGBl. I 2848) eine auf den Kalendermonat bzw. Anspruchsmonat bezogene Beitragsbemessungsgrenze zu verstehen ist oder ob der Grenzbetrag im Sinne eines einheitlichen Begrenzungsbetrages errechnet aus den monatlichen Beitragsbemessungsgrenzen auf den gesamten Insolvenzgeldzeitraum zu beziehen ist.
Die erste Frage ist dahingehend zu beantworten, dass die bereits geleisteten Zahlungen nur für die Ermittlung der insgesamt bestehenden Ansprüche von Bedeutung sind. Denn § 183 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB III stellt auf die "noch bestehenden" Arbeitsentgeltansprüche ab. Nur diese Auslegung ist auch mit Europarecht vereinbar. Art. 3 der Richtlinie EWGRL 80/987 vom 20. Oktober 1980 (ABl. L 283, 23) sieht für Ansprüche von Arbeitnehmern aus Arbeitsverträgen oder Arbeitsverhältnissen gegen Arbeitgeber, die zahlungsunfähig sind, vor, dass die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen treffen, damit - vorbehaltlich des Art. 4 - Garantieeinrichtungen die Befriedigung der nicht erfüllten Ansprüche der Arbeitnehmer aus Arbeitsverträgen oder Arbeitsverhältnissen sicherstellen. Nach Art. 4 der Richtlinie dürfen die Mitgliedstaaten für die Garantie nicht erfüllter Ansprüche eine Höchstgrenze festsetzen. Die Mitgliedstaaten können insbesondere, um die Zahlung von Beträgen zu vermeiden, die über die soziale Zweckbestimmung der Richtlinie hinausgehen, für die Garantie der Erfüllung unbefriedigter Ansprüche der Arbeitnehmer eine Höchstgrenze festsetzen (Art. 4 Abs. 3 der Richtlinie). Aus dem Wortlaut der Richtlinie "Befriedigung der nicht erfüllten Ansprüche" kann wie aus dem Wortlaut des § 183 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB III auf die "noch bestehenden" Arbeitsentgeltansprüche geschlossen werden. Insoweit ist auch in der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 4. März 2004 s. o.) geklärt, dass die Mitgliedstaaten zwar für die Garantie nicht erfüllter Ansprüche eine Höchstgrenze festsetzen dürfen, doch müssen sie bis zu dieser Höchstgrenze die Befriedigung aller in Rede stehenden nicht erfüllten Ansprüche gewährleisten. Vorauszahlungen, die die betreffenden Arbeitnehmer auf ihre den Garantiezeitraum betreffenden Ansprüche erhalten haben, sind von diesen (nur) abzuziehen, um zu bestimmen, inwieweit die Ansprüche unerfüllt geblieben sind. Demgegenüber würde ein Kumulierungsverbot, wonach das Arbeitsentgelt, das diesen Arbeitnehmern während des von der Garantie erfassten Zeitraums gezahlt wird, von dem Höchstbetrag abzuziehen ist, den der Mitgliedstaat für die Garantie der nicht erfüllten Ansprüche festgelegt hat, den durch die Richtlinie gewährleisteten Mindestschutz unmittelbar beeinträchtigen (EuGH s. o.). Durch die die Richtlinie EWGRL 80/987 vom 20. Oktober 1980 ersetzende Richtlinie 2008/94/EG vom 22. Oktober 2008 (ABl. L 283, 36) hat sich die Rechtslage insoweit nicht geändert. Es muss daher mit der Begrenzung eine Erfüllung aller bislang nicht erfüllten Ansprüche auf Arbeitsentgelt bis zu dem Höchstbetrag sichergestellt sein; die geleisteten Zahlungen dürfen nur zur Ermittlung des insgesamt rückständigen Betrages herangezogen werden.
Soweit in § 185 Abs. 1 SGB III auf die "monatliche Beitragsbemessungsgrenze" Bezug genommen wird, ergibt sich daraus nicht die von der Beklagten auf der Grundlage ihrer Durchführungsanweisungen (DA zu § 185 SGB III) vorgenommene kalendermonatliche Betrachtung. Vielmehr ist die Regelung des § 185 Abs. 1 SGB III - wie das Sozialgericht zutreffend angenommen hat - dahingehend auszulegen, dass für den gesamten Insolvenzgeldzeitraum von einem einheitlichen Begrenzungsbetrag - errechnet aus den monatlichen Beitragsbemessungsgrenzen - auszugehen ist.
Zwar lässt der auf die "monatliche Beitragsbemessungsgrenze" abstellende Wortlaut des § 185 Abs. 1 SGB III nicht zwingend den Rückschluss zu, dass das Arbeitsentgelt der Beitragsbemessungsgrenze monatsweise zuzuordnen ist (Estelmann in: Eicher/Schlegel, SGB III, Stand August 2012, § 185 Rdnr. 62). Der Wortlaut der Bestimmung ist vielmehr offen und nicht auf eine Auslegungsmöglichkeit beschränkt. Auch die Begründung des Gesetzesentwurfs (BT-Drucks. 15/1515, S. 89) gibt für die Auslegung der Bestimmung keine eindeutige Antwort. Intention des Gesetzgebers war wegen des starken Ansteigens der Ausgaben die Begrenzung der Höhe des Insolvenzgeldes in der Weise, dass das der Berechnung des Insolvenzgeldes zugrunde zu legende Arbeitsentgelt (Bruttoarbeitsentgelt) auf die Höhe der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze begrenzt werden sollte. Die von der Beklagten der Berechnung des Insolvenzgeldes zugrunde gelegte monatsbezogene Betrachtungsweise ist aber mit Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) nicht vereinbar. Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln, und verpflichtet die Grundrechtsadressaten, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches entsprechend seiner Verschiedenheit und Eigenart ungleich zu behandeln. Der Gleichheitssatz ist nach ständiger Rechtsprechung dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten oder Normbetroffenen im Vergleich zu einer anderen anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16. Juli 2012 - 1 BvR 2983/10 - m. w. N.; BVerfG, Beschluss vom 4. April 2001 - 2 BvL 7/98 - BVerfGE 103, 310 m. w. N.).
Die von der Beklagten der Berechnung des Insolvenzgeldes zu Grunde gelegte kalendermonatsbezogene Betrachtungsweise führt zu einer Ungleichbehandlung von Antragstellern, denn je nach Zeitpunkt des Insolvenzereignisses kann für den gesamten Insolvenzgeldzeitraum ein unterschiedlicher Zahlbetrag anfallen; z. B. ergeben sich unterschiedliche Beträge bei Arbeitnehmern, deren Arbeitsentgelt im Kalendermonat oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze liegt, je danach, ob der Insolvenzgeldzeitraum zur Monatsmitte beginnt und dementsprechend aus (ein oder) zwei vollen und zwei anteiligen Kalendermonaten besteht oder ab Monatsbeginn genau (zwei oder) drei Kalendermonate umfasst. Die Beklagte behandelt daher Insolvenzgeldfälle allein wegen des - zufälligen - Zeitpunkts des Insolvenzereignisses unterschiedlich. Für eine derartige Ungleichbehandlung ist ein sachlicher Grund nicht erkennbar. Die Auslegung des § 185 Abs. 1 SGB III durch die Beklagte ist daher mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) nicht vereinbar, so dass die gewählte Berechnungsmethode ausscheidet.
Auch die weitere in der rechtswissenschaftlichen Literatur diskutierte Berechnungsmethode der Zuordnung von Arbeitsentgelten zum Anspruchsmonat (vgl. Estelmann in: Eicher/Schlegel, § 185 Rdnr. 62) kann zur Ermittlung des Insolvenzgeldanspruchs nach § 185 Abs. 1 SGB III nicht herangezogen werden. Sie würde dazu führen, dass bei einem Insolvenzereignis z.B. zur Monatsmitte Einmalzahlungen wie Tantiemen nicht mehr zweifelsfrei bestimmten Monaten zugeordnet werden könnten. Dass derartige Einmalzahlungen bei der Berechnung des Insolvenzgeldes unberücksichtigt bleiben, kann aber weder Wortlaut noch Sinn und Zweck des § 185 Abs. 1 SGB III entnommen werden.
Es ist daher für den gesamten Insolvenzgeldzeitraum von einem einheitlichen Begrenzungsbetrag - errechnet aus den monatlichen Beitragsbemessungsgrenzen - auszugehen (im Ergebnis ebenso SG Mainz, Urteil vom 22. Juni 2009 - S AL 71/08 -; SG Dresden, Urteil vom 21. April 2010 - S 35 AL 256/08 - info also 2010, 217; Schmidt in NKSGB III, 3. Aufl. 2008, § 185 Rdnr. 8; Voelzke in: Hauck/Nofts, SGB III, Stand: Februar 2012, § 185 Rdnr. 5b ff.; Peters-Lange in Gagel, SGB III, Stand: Juni 2012, § 167 Rdnr. 7b, 7c; Estelmann s. o. § 185 Rdnr. 57 ff.; a. M. Krodel in Niesel/Brand, SGB III, 5. Aufl. 2010, § 185 Rdnr. 2).
Da der Kläger für die Monate Juni und Juli 2007 noch offene Arbeitsentgeltansprüche hatte, war somit bei der Berechnung der Höhe des Insolvenzgeldes das Zweifache der monatlichen Bemessungsentgeltgrenze, mithin 10.500,00 Euro, als Obergrenze zu berücksichtigen. Diese Grenze wird durch das bislang bewilligte Insolvenzgeld von 3.831,84 Euro nicht erreicht. Sie wird auch durch die weiteren, dem Kläger zustehenden Beträge nicht erreicht. Diese ergeben sich aus den restlichen Arbeitsentgeltansprüchen für Juli 2007 in Höhe von 750,00 Euro brutto, aus den im Insolvenzgeldzeitraum fällig gewordenen Tantiemezahlungen für das Jahr 2006 in Höhe von 2.910,00 Euro brutto sowie aus den Reisekosten für die Monate Juni und Juli 2007 in Höhe von 322,13 Euro netto und 525,50 Euro netto.
War damit die Berufung der Beklagten aufgrund der von dem Senat der Berechnung des Insolvenzgeldes zu Grunde gelegten Berechnungsmethode zurückzuweisen, brauchte der Senat der Frage, ob die Tantiemezahlungen für das Jahr 2006 - wie von dem Kläger vorgetragen - bereits im Juni 2007 fällig geworden sind, nicht nachzugehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG). Die Frage, ob unter der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze in § 185 Abs. 1 SGB III (in der Fassung des Gesetzes vom 23. Dezember 2003 - BGBl. I 2848) bzw. der Nachfolgevorschrift des § 167 Abs. 1 SGB III (in der Fassung des ab 1. April 2012 geltenden Gesetzes vom 20. Dezember 2011 - BGBl. I 2854) eine auf den Kalendermonat bzw. Anspruchsmonat bezogene Beitragsbemessungsgrenze zu verstehen ist oder ob der Grenzbetrag im Sinne eines einheitlichen Begrenzungsbetrages errechnet aus den monatlichen Beitragsbemessungsgrenzen auf den gesamten Insolvenzgeldzeitraum zu beziehen ist, hat das BSG bisher nicht entschieden.
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