L 5 R 4445/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 4 R 2224/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 4445/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 08.12.2005 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen die Begrenzung ihrer Hinterbliebenen- und Altersrente nach Maßgabe des § 22b Fremdrentengesetz (FRG).

Die 1935 geborene Klägerin, Spätaussiedlerin i. S. d. § 4 Bundesvertriebenen- und Flüchtlingsgesetz (BVFG), ist am 13.10.2000 aus R. nach Deutschland zugezogen. Ab 01.12.2000 wurde ihr von der B. Regelaltersrente bewilligt. Der Rentenberechnung wurden 24,9998 Entgeltpunkte zugrunde gelegt.

Am 22.11.2000 beantragte die Klägerin bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der L. B. die Gewährung von Hinterbliebenenrente (Witwenrente) aus der Versicherung ihres am 1929 geborenen und 1963 in T., R., verstorbenen Ehemannes N.F ...

Mit Bescheid vom 09.04.2001 gewährte die L. Baden-Württemberg der Klägerin große Witwenrente ab dem 13.10.2000. In dem Bescheid ist ausgeführt, die Rente falle ab dem 30.11.2000 weg. Ein Nachzahlungsbetrag für die Zeit vom 13.10.2000 bis zum 30.11.2000 in Höhe von 1.158,71 DM werde vorläufig einbehalten. Im beigefügten Versicherungsverlauf des Ehemanns der Klägerin sind nur nach dem FRG bewertete Zeiten (FRG-Zeiten) sowie 125 Monate Anrechnungszeiten (01.08.1946 bis 31.12.1956) gespeichert. Insgesamt ergaben sich 26,0735 (persönliche) Entgeltpunkte; ohne Berücksichtigung von FRG-Zeiten ergaben sich keine Entgeltpunkte. Die Entgeltpunkte für anrechenbare Zeiten nach dem FRG betrugen 26,0735. Ergänzend heißt es in dem Rentenbescheid, die Entgeltpunkte für anrechenbare Zeiten nach dem FRG überstiegen den Höchstwert von 25. Die Entgeltpunkte nach dem FRG seien daher auf 25 Entgeltpunkte zu begrenzen. In einem Bescheid vom 18.04.2001 teilte die L. Baden-Württemberg der Klägerin mit, da sie seit dem 01.12.2000 eine eigene Rente beziehe, sei ab diesem Zeitpunkt § 22b FRG anzuwenden. Danach dürften für einen Berechtigten höchstens 25 Entgeltpunkte für FRG-Zeiten zurückgelegt werden. Dabei erfolge die Berücksichtigung dieser Entgeltpunkte vorrangig bei der Rente aus eigener Versicherung. Somit könnten bei der Witwenrente nur 0,0002 Entgeltpunkte zur Berücksichtigung kommen. Die darauf zu bewilligende Rente komme wegen Geringfügigkeit nicht zur Auszahlung.

Am 02.04.2003 stellte die Klägerin einen Überprüfungsantrag gemäß § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) und beantragte die Auszahlung der Witwenrente. Sie berief sich auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 30.08.2001 (B 4 RA 118/00 R). Mit Bescheid vom 09.07.2003 lehnte die Beklagte den Überprüfungsantrag ab; dem der Klägerin günstigen Urteil des BSG vom 30.08.2001 werde über den Einzelfall hinaus nicht gefolgt. Der Bescheid ist bestandskräftig.

Zur Begründung ihres dagegen am 11.08.2003 eingelegten Widerspruchs trug die Klägerin vor, sie halte die Entscheidung des BSG vom 30.08.2001 auch in ihrem Fall für einschlägig. Die Beklagte habe dieser Entscheidung zu folgen. Nachdem das Widerspruchsverfahren zunächst geruht hatte, berief sich die Klägerin schließlich auf die aus ihrer Sicht endgültige Klärung der Rechtslage durch die Entscheidung des BSG vom 11.03.2004 (B 13 RJ 44/03).

Mit Widerspruchsbescheid vom 24.05.2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück; der Widerspruchsbescheid wurde der Klägerin mit einem am 24.05.2004 zur Post gegebenen Brief bekannt gegeben.

Am 28.06.2004 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Freiburg. Zur Begründung wiederholte sie ihr bisheriges Vorbringen und führte ergänzend aus, sie habe die Hinterbliebenenrente bereits vor Inkrafttreten des RVNG geltend gemacht, weswegen dieses Gesetz gem. § 300 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) nicht anzuwenden sei. Außerdem berufe sie sich auf Vertrauensschutz und das Grundrecht aus Art. 14 GG (Eigentumsschutz).

Mit Urteil vom 08.12.2005 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, der Bescheid vom 09.04.2001 sei rechtmäßig und deswegen im Überprüfungsverfahren (§ 44 SGB X) nicht aufzuheben. Er entspreche der Bestimmung in § 22b FRG i. d. hier maßgeblichen – auch im Hinblick auf die rückwirkende Inkraftsetzung zum 07.05.1996 verfassungsmäßigen – Fassung des RVNG; die Begrenzung auf 25 Entgeltpunktet gelte auch für das Zusammentreffen von Alters- und Hinterbliebenenrente.

Gegen das ihrem Bevollmächtigten am 16.12.2005 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 16.01.2006 Berufung eingelegt (Verfahren L 5 R 312/06). Mit Beschluss vom 03.07.2006 ist das Ruhen des Verfahrens angeordnet worden.

Am 17.09.2010 hat die Beklagte das Verfahren wieder angerufen (Verfahren L 5 R 4445/10) und auf den Beschluss des BVerfG vom 21.07.2010 (- 1 BvL 11/06 - u.a.) verwiesen. Darin werde ihre Rechtsauffassung bestätigt.

Die Klägerin trägt vor, nach der Rechtsprechung des BVerfG seien nur solche Entgeltpunkte von der Kürzung betroffen, die sich aus den §§ 15, 16 FRG ergäben. Sie habe ihre Rente aber nicht nur aufgrund von Fremdrentenzeiten erworben, sondern auch aufgrund von Ersatzzeiten wegen Verschleppung und Internierung und aus Kindererziehungszeiten. Zeiten der Internierung und Verschleppung seien keine Zeiten nach dem FRG, sondern Zeiten nach § 250 SGB VI. Aufgrund der Rechtsprechung des BVerfG sei nicht davon auszugehen, dass bei Renten, die nicht ausschließlich auf Zeiten nach dem FRG beruhten, eine Verrechnung von vorneherein ausgeschlossen sei. Dies bleibe zumindest offen. Zudem sei die Rente mit bestandskräftigem Bescheid bewilligt worden, darin dürfe nicht mehr durch Verrechnung eingegriffen werden. Unter Berücksichtigung europarechtlicher Vorschriften sei zu prüfen, ob die Sache dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt werden müsse. Dieser habe Rentenleistungen nach dem FRG nicht als besondere Sozialleistungen angesehen.

Die Klägerin beantragt nach sachdienlicher Auslegung,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 08.12.2005 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 09.07.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.05.2004 zu verurteilen, den Rentenbescheid vom 09.04.2001 abzuändern und ihr Hinterbliebenenrente nach ihrem verstorbenen Ehemann ohne Anwendung der Begrenzungsvorschrift in § 22b Abs. 1 Satz FRG (n. F.) zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die ergangenen Bescheide für rechtmäßig.

Die Beteiligten haben sich mit Schriftsätzen vom 18.05.2012 und vom 05.07.2012 mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligen wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gem. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Die Berufung der Klägerin ist gem. §§ 143, 144, 151 SGG statthaft und auch sonst zulässig, jedoch nicht begründet.

Die Klägerin begehrt im Wege des Überprüfungsverfahrens nach § 44 SGB X, den Rentenbescheid vom 09.04.2001 abzuändern und ihr (die dem Grunde nach anerkannte) Hinterbliebenenrente nach ihrem verstorbenen Ehemann ohne Anwendung der Begrenzungsregelung in § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG (n. F.) zu zahlen. Die Beklagte hat das zu Recht abgelehnt. Die Voraussetzungen des § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X sind nicht erfüllt.

Gem. § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein bindend gewordener Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Diese Voraussetzungen für die Rücknahme des Rentenbescheids vom 09.04.2001 sind hinsichtlich der Rentenhöhe nicht erfüllt. Dabei kann offen bleiben, ob die Beklagte bei Erlass dieses Bescheids (spätestens bei seiner Bekanntgabe i. S. von § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB X) das Recht richtig angewandt hat. Denn sie hat jedenfalls die Hinterbliebenenrente zu Recht nicht ausgezahlt.

Selbst wenn die Beklagte das bei Erlass des Bescheids vom 09.04.2001 geltende Recht fehlerhaft angewandt hätte, würde dies keinen Rücknahmeanspruch der Klägerin begründen. Denn maßgeblich ist insoweit das im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats geltende Recht, soweit es auch den Zeitpunkt des Bescheiderlasses umfasst. Hat sich das Recht während des anhängigen Rechtsstreits rückwirkend geändert, so ist das neue Recht im Berufungsverfahren (und auch in einem Revisionsverfahren) zu beachten. § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG a. F. ist zunächst mit Art. 9 Nr. 2 i. V. m. Art. 15 Abs. 3 RVNG vom 21.07.2004 (BGBl I S. 1791) rückwirkend zum 07.05.1996 durch eine Neufassung (§ 22b Abs. 1 Satz 1 FRG n. F.) ersetzt worden, wonach für anrechenbare Zeiten nach dem FRG für Renten aus eigener Versicherung und wegen Todes eines Berechtigten insgesamt höchstens 25 Entgeltpunkte der Rentenversicherung der Arbeiter und der Angestellten (ab 01.01.2005: der allgemeinen Rentenversicherung) zugrunde gelegt werden. Bereits zuvor hatte Art. 12 Nr. 2 des Rentenreformgesetzes 1999 vom 16.12.1997 (BGBl. I S. 2998) ebenfalls mit (Rück-)Wirkung zum 07.05.1996 § 22b Abs. 1 Satz 3 FRG angefügt, wonach Entgeltpunkte aus der Rente mit einem höheren Rentenartfaktor vorrangig zu berücksichtigen sind (BSG, Urt. v. 20.07.2011, - B 13 R 39/10 R -).

Danach gilt hier Folgendes: Die Entgeltpunkte aus der Altersrente der Klägerin sind vorrangig zu berücksichtigen. Denn der Rentenartfaktor der persönlichen Entgeltpunkte bei dieser Rentenart (§ 35 SGB VI) ist mit 1,0 höher (§ 67 Nr. 1 SGB VI) als der Rentenartfaktor bei der großen Witwenrente nach Ablauf des sog Sterbevierteljahres für persönliche Entgeltpunkte in der allgemeinen Rentenversicherung gem. § 67 Nr. 6 SGB VI in Höhe von 0,6 (ab 01.01.2002: 0,55). Da aber bei der Altersrente bereits 24,9998 Entgeltpunkte für anrechenbare Zeiten nach dem FRG zu berücksichtigen waren, war damit schon nahezu die Höchstzahl an Entgeltpunkten erreicht, die § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG n. F. für ein Zusammentreffen von Renten aus eigener Versicherung und wegen Todes zulässt. Folglich war für die große Witwenrente nur ein unter der Geringfügigkeitsgrenze liegender Monatsbetrag der Rente (0,01 DM) festzustellen. Im Ergebnis ist die Klägerin damit lediglich Inhaberin eines "leeren Rechts" auf Witwenrente und bleibt auf die Rente aus eigener Versicherung beschränkt. Übergangsregelungen waren zur Umsetzung der Neufassung des § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG nicht erforderlich (BSG, Urt. v. 20.07.2011, a. a. O.).

Die Klägerin kann sich nicht auf die Regelung des § 300 Abs. 2 SGB VI berufen, wonach u. a. durch Neuregelungen innerhalb des SGB VI ersetzte Vorschriften auch nach dem Zeitpunkt ihrer Aufhebung noch auf den bis dahin bestehenden Anspruch anzuwenden sind, wenn der Anspruch bis zum Ablauf von drei Monaten nach der Aufhebung geltend gemacht worden ist. Hieraus kann sie nicht herleiten, dass ihr Anspruch auf Witwenrente weiterhin nach § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG a. F. zu beurteilen sei, weil sie diesen bereits vor Verkündung des RVNG geltend gemacht habe. Dies gilt schon deshalb, weil "Aufhebung" i. S. von § 300 Abs. 2 SGB VI den - auch rückwirkenden - Zeitpunkt des Außerkrafttretens der alten und des Inkrafttretens der neuen Vorschrift meint, hier also, nach Art. 15 Abs. 3 RVNG, den 07.05.1996. Die Klägerin hatte aber am 07.05.1996 (noch) keinen Anspruch auf Witwenrente. Ihr Witwenrentenanspruch ist dem Grunde nach erst mit ihrem Zuzug am 13.10.2000 entstanden. Nichts anderes ergibt sich aus Art. 6 § 4 Abs. 4a des Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetzes (FANG), der seit dem 01.01.2001 in Kraft ist und speziell für das FRG - im Wesentlichen wortgleich mit § 300 Abs. 3 SGB VI - das Folgende regelt: Ist eine bereits vorher geleistete Rente neu festzustellen und sind dabei die persönlichen Entgeltpunkte neu zu ermitteln, sind die Vorschriften des FRG maßgebend, die bei erstmaliger Feststellung der Rente anzuwenden waren, soweit § 317 Abs. 2a SGB VI nichts anderes bestimmt. Die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Norm sind vorliegend offensichtlich nicht erfüllt, da vor Inkrafttreten des anzuwendenden Rechts am 07.05.1996 weder eine derartige Rente an die Klägerin geleistet wurde noch aus diesem Grund EP "neu" zu ermitteln waren (auch dazu BSG, Urt. v. 20.07.2011, a. a. O.).

Die rückwirkende Inkraftsetzung des § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG n. F. zum Stichtag 07.05.1996 durch Art. 15 Abs. 3 RVNG ist verfassungsgemäß. Das hat das BVerfG mit Beschluss vom 21.07.2010 (BVerfGE 126, 369, 388 f.) auf Vorlagebeschlüsse des BSG - mit Gesetzeskraft (§ 13 Nr. 11 i. V. m. § 31 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG) - entschieden; daran ist der Senat gebunden (vgl. näher BSG, Urt. v. 20.07.2011, a. a. O.). Dem Gesetzgeber steht bei der Ausgestaltung der Leistungen nach dem Fremdrentenrecht ein weiter Gestaltungsspielraum zu, den er mit den hier maßgeblichen Regelungen gewahrt hat. Diese sind weder willkürlich noch unverhältnismäßig, zumal ein Eigentumsschutz nach Art. 14 GG nicht in Rede steht (BSG, Urt. v. 20.07.2011, a. a. O.; auch BVerfG, Beschl. v. 13.06.2006, - 1 BvL 9/00 -).

Das BVerfG hat im Beschluss vom 21.07.2010 (a. a. O.) auf eine Verfassungsbeschwerde hin ebenfalls entschieden, dass die Regelung in § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG n. F. ihrerseits mit dem GG in Einklang steht (BVerfGE 126, 369, 391 ff.). Dem hat sich das BSG angeschlossen (Urt. v. 20.07.2011, a. a. O.). Auch der Senat hält § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG n. F. für verfassungsmäßig. Ob (was das BVerfG offengelassen hat) anderes gelten müsste, wenn ein Hinterbliebenenrentenanspruch sowohl auf Zeiten nach dem FRG als auch auf Beitragszeiten in einer deutschen Rentenversicherung beruhen würde, mag dahin stehen, da der verstorbene Ehemann der Klägerin in Deutschland Beitragszeiten nicht erworben hat; er hat sein Herkunftsland nicht verlassen hat und ist dort verstorben.

Der Hinterbliebenenrentenanspruch der Klägerin beruht (dem Grunde nach) allein auf Zeiten nach dem FRG. Auch die Berücksichtigung von Ersatzzeiten (pauschale Vertreibungszeiten) ändert daran nichts. Zwar ist es zutreffend, dass Ersatzzeiten (§ 250 SGB VI) als solche keine FRG-Zeiten sind. Eine rentenrechtliche Bewertung der Ersatzzeiten des verstorbenen Ehemannes der Klägerin ergibt sich aber allein aufgrund seiner FRG-Beitragszeiten. Denn die für die Hinterbliebenenrente ermittelten Gesamt-Entgeltpunkte von 26,0735 sind identisch mit den "Entgeltpunkten einer Rente mit anrechenbaren Zeiten nach dem FRG" i. S. des § 22b Abs. 2 FRG, weil sich ohne Berücksichtigung der anrechenbaren Zeiten nach dem FRG im Rahmen der Gesamtleistungsbewertung der Ersatzzeiten als beitragsfreie Zeiten (§ 54 Abs. 4 i. V. m. § 71 Abs. 1 SGB VI) ein Gesamtleistungswert von Null und somit auch 0 Entgeltpunkte für die Ersatzzeiten ergibt mit der Folge, dass allein aus den Ersatzzeiten des verstorbenen Ehemanns der Klägerin kein Zahlungsanspruch resultieren kann.

Der Einwand der Klägerin, ihrer eigenen Rente lägen auch Ersatzzeiten und Kindererziehungszeiten zugrunde, greift nicht. Entgeltpunkte für Kindererziehungszeiten (vgl. § 70 Abs. 2 SGB VI) ändern nichts daran, dass aus FRG-Zeiten mehrere Renten (hier) zusammen höchstens 25 Entgeltpunkte angesetzt werden können. Unbeschadet etwaiger Entgeltpunkte für Kindererziehungszeiten war daher die Hinterbliebenenrente der Klägerin wegen ihrer (vorrangigen) FRG-Entgeltpunkte der Altersrente von 24,9998 nur aus 0,0002 Entgeltpunkten zu berechnen. Eine sich daraus ergebende Zahlung der Hinterbliebenenrente in Höhe von 0,01 DM monatlich wurde wegen Geringfügigkeit nicht ausgezahlt. Dies ist nicht zu beanstanden. Der Senat hält auch eine weitere Aufklärung zur Altersrente der Klägerin nicht für erforderlich, da nicht davon ausgegangen werden kann, dass insoweit bei Erlass des Bescheids vom 09.04.2001 von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen wurde. Der Rentenanspruch der Klägerin aus der eigenen Versicherung ist zudem nicht Gegenstand des Verfahrens (vgl. auch Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 31.01.2012 - L 13 R 614/11 -, in Juris).

Soweit die Klägerin geltend macht, ihr sei von der Beklagten eine große Witwenrente durch bestandskräftig gewordenen Bescheid bewilligt worden, aus dem auch die Zahlung der Witwenrente erfolgen müsse, trifft dies nicht zu. Denn die Beklagte hat mit dem Bescheid vom 09.04.2001 keinen Zahlungsanspruch für die Zeit ab Bezug der eigenen Altersrente der Klägerin festgestellt (vgl. § 117 SGB VI). Vielmehr wurde in diesem Bescheid ausgeführt, dass sich aus der Hinterbliebenenrente nur für die Zeit bis zum 30.11.2000 ein Zahlbetrag ergebe, die Rente aber mit dem 30.11.2000 wegfalle. Zwar hat das BVerfG in seiner Entscheidung vom 21.07.2010 (BVerfGE 126, 369) eine verfassungsrechtliche Bewertung hinsichtlich solcher Personen, denen bereits eine Hinterbliebenenrente ohne die Begrenzung auf 25 Entgeltpunkte bestandskräftig gewährt wurde, ausdrücklich offen gelassen. Die Klägerin unterfällt aber nicht dem zuletzt genannten Personenkreis. Denn die mit bestandskräftig gewordenem Bescheid vom 09.04.2001 dem Grunde nach anerkannte große Witwenrente hatte die Beklagte von vornherein in gleicher Weise auf 25 Entgeltpunkte begrenzt, wie dies später in § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG n. F. (rückwirkend ab 07.05.1996) ausdrücklich angeordnet worden war. Mithin ist auch der Klägerin im Sinne der Entscheidung des BVerfG nie bestandskräftig eine Hinterbliebenenrente ohne Begrenzung auf 25 Entgeltpunkte gewährt worden (auch dazu BSG, Urt. v. 20.07.2011, a. a. O.).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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