Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
33
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 7 R 5309/10
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 33 R 751/12 B PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 12. Juli 2012 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten für das Beschwerdeverfahren sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
In dem beim Sozialgericht Berlin zunächst unter dem Aktenzeichen S 126 R 5309/10 geführten Rentenverfahren beantragte Rechtsanwalt A für den Kläger am 03. November 2010 die Bewilligung von Prozesskostenhilfe. In der beigefügten, mit "G. B" unterzeichneten Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 30. September 2010 ist unter Punkt B "Trägt eine Rechtsschutzversicherung oder andere Stelle/Person (z.B Gewerkschaft, Arbeitgeber, Mieterverein) die Kosten Ihrer Prozessführung?" das Feld "Nein" angekreuzt. Mit Beschluss vom 27. April 2011 gewährte das Sozialgericht dem Kläger daraufhin Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt A. Nachdem der Kläger diesem das Mandat entzogen hatte, erstattete die Staatskasse dem Rechtsanwalt 321,30 EUR. Im März 2012 meldete sich die D Rechtsschutz GmbH für den Kläger. Auf eine Anfrage des Sozialgerichts erklärte daraufhin der Kläger, von Rechtsanwalt A nicht gefragt worden zu sein, ob er eine Rechtsschutzversicherung habe oder sonstiger Schutz bestehe.
Mit Beschluss vom 12. Juli 2012 hat das Sozialgericht Berlin seinen Beschluss vom 27. April 2011 gestützt auf § 124 Nr. 3 der Zivilprozessordnung (ZPO) aufgehoben. Bei schon im April 2011 möglicher Vertretung durch die Gewerkschaft sei die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 73a Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ausgeschlossen gewesen. Im Zeitpunkt der Bewilligung hätten die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse für die Gewährung von Prozesskostenhilfe nicht vorgelegen. Die gesetzlich vorgesehene Frist, innerhalb der er eine Aufhebung möglich sei, sei noch nicht abgelaufen. Gründe, die im Rahmen des Ermessens zu einem Absehen von der Aufhebung der Bewilligung führen könnten, seien nicht ersichtlich.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die vom Kläger eingelegte Beschwerde. Zur Begründung macht er geltend, im März 2010 bei Rechtsanwalt A lediglich eine "Vollmacht für Prozesskostenhilfe" unterschrieben zu haben. Er ließe sich nichts unterstellen, insbesondere keine grobe Nachlässigkeit und keine unrichtigen Angaben.
II.
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 12. Juli 2012 ist statthaft. Insbesondere ist sie zur Überzeugung des Senats nicht nach § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift ist die grundsätzlich gegen Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile zulässige Beschwerde ausnahmsweise ausgeschlossen, wenn die Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe gerichtet ist und das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Pro-zesskostenhilfe verneint hat. Dies ist hier jedoch nicht der Fall.
Unabhängig davon, ob die vom Sozialgericht ausgesprochene Aufhebung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe überhaupt mit der vom Wortlaut der Norm vorgesehenen Ablehnung der Gewährung der Prozesskostenhilfe gleichgesetzt werden könnte (bejahend: LSG Sachsen, Beschluss vom 31.08.2011 - L 7 AS 553/11 B - Rn. 7 f., Roller, NZS 2009, 252 ff. (258) und Burkiczak, NJW 2010, 407 ff. (408); verneinend: LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 16.06.2008 - L 5 B 163/08AS - Rn. 2, Bayerisches LSG, Beschluss vom 22.11.2010 - L 7 AS 486/10 B PKH - Rn. 11, LSG Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 08.02.2011 - L 13 AS 2819/10 B - Rn. 2, vom 21.02.2011 - L 13 AL 5384/10 B - Rn. 2 und vom 09.06.2011 - L 13 AS 120/11 B - Rn. 7 sowie LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 02.03.2011 - L 7 AS 194/11 B - Rn. 2, alle zitiert nach juris), erfordert die auf die Ziffer 2 oder 3 des § 124 ZPO gestützte Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe jedenfalls mehr als die bloße Ver-neinung der persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen, nämlich entweder das Hinzukommen eines bestimmten Verschuldensgrades oder die Einhaltung einer gesetzlich bestimmten Frist (vgl. auch LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 04.07.2011 - L 7 AS 5381/09 B - Rn. 4 und LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 25.05.2012 - L 11 AS 296/12 B - Rn. 5).
Raum für eine erweiternde Auslegung oder analoge Anwendung des Ausschlusstatbestandes insbesondere auf Fälle der Aufhebung der Bewilligung nach § 124 Nr. 3 ZPO sieht der Senat nicht. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 29.01.1998 - B 12 KR 18/97 R, zitiert nach juris, Rn. 18 m.w.N.) ist bereits unter dem Aspekt der Rechtsmittelklarheit zu beachten, dass Rechtsmittelbeschränkungen stets restriktiv und am Wortlaut orientiert auszulegen sind. Lediglich dann, wenn die Interessenlagen in der vom Gesetzgeber geregelten Ausschlussregelung und im nicht normierten Fall ähnlich sind, kommt eine analoge Anwendung in Betracht. Schon dann aber, wenn auch nur zweifelhaft ist, ob der Unterschied zwischen den verglichenen Sachverhalten nicht doch so groß ist, dass durch eine Gleichstellung die gesetzliche Wertung in Frage gestellt sein könnte, ist für eine Analogie kein Raum. Davon ist hier auszugehen (so auch LSG Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 01.10.2009 - L 11 R 898/09 PKH-B - Rn. 7, 08.02.2011 - L 13 AS 2819/10 B - Rn. 2 und vom 09.06.2011 - L 13 AS 120/11 B - Rn. 7; LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 16.06.2008 - L 5 B 163/08AS - Rn. 2 sowie LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 02.03.2011 - L 7 AS 194/11 B - Rn. 2, alle zitiert nach juris und jeweils m.w.N.). Die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist mit der Aufhebung einer für den Betroffenen zunächst positiven Entscheidung, mithin mit dem Entzug einer bereits erworbenen Rechtsposition nicht vergleichbar. Auch der Entstehungsgeschichte (hierzu BT-Drucksache 16/7716, S. 106) ist nicht zu entnehmen, dass eine erweiternde Auslegung im vorliegenden Kontext angezeigt wäre.
Im Übrigen ist die Beschwerde zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt (§ 173 SGG).
Allerdings ist die Beschwerde nicht begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht Berlin die Be-willigung der Prozesskostenhilfe aufgehoben.
Nach § 124 Nr. 3 ZPO kann das Gericht die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufheben, wenn die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe nicht vorgelegen haben; ausgeschlossen ist die Aufhebung, wenn seit der rechtskräftigen Entscheidung oder sonstigen Beendigung des Verfahrens vier Jahre vergangen sind.
Bei dem Kläger lagen weder zum Zeitpunkt der Bewilligungsreife noch bei tatsächlicher Gewährung der Prozesskostenhilfe die hierfür erforderlichen persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen vor. Im Gegenteil war er nach seinen wirtschaftlichen Verhältnissen in der Lage, die Kosten der Prozessführung aus seinem Vermögen aufzubringen (§ 73a Abs. 1 S. 1, Abs. 2 SGG i.V.m. §§ 114, 115 Abs. 2 ZPO). Denn zum Vermögen eines Beteiligten gehört - ebenso wie ein Anspruch gegen eine Rechtsschutzversicherung - ein satzungsmäßiger An-spruch auf kostenlosen Rechtsschutz durch eine Gewerkschaft. Als besondere Art der Sozialhilfe auf dem Gebiet des gerichtlichen Rechtsschutzes kann Prozesskostenhilfe von einem
Gewerkschaftsmitglied unter dem Aspekt der Subsidiarität daher nur in Anspruch genommen werden, wenn er sein satzungsmäßiges Recht auf kostenlose Prozessvertretung ausgeschöpft und die Gewerkschaft keinen Rechtsschutz gewährt hat (BSG, Beschlüsse vom 12.03.1996 - 9 RV 24/94 - Rn. 2 ff. sowie vom 08.10.2009 - B 8 SO 35/09 B - Rn. 5, jeweils zitiert nach juris). Anders als es der Wortlaut des § 73a Abs. 2 SGG, nach dem Prozesskostenhilfe nicht bewilligt wird, wenn der Beteiligte durch einen Bevollmächtigten im Sinne des § 73 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 bis 9 - mithin auch durch eine Gewerkschaft - vertreten ist, kommt es nicht auf die tatsächliche Vertretung, sondern allein auf die hierzu bestehende - nicht ausdrücklich abgelehnte - Möglichkeit an (BSG, a.a.O.). Soweit es ausnahmsweise unzumutbar sein kann, sich durch die Rechtsschutz gewährende Gewerkschaft vertreten zu lassen, sind hierfür berechtigte sachli-che oder persönliche Gründe erforderlich. Abgesehen davon, dass der Kläger, der ausgehend von seinem eigenen Vorbringen bereits im fraglichen Zeitpunkt Rechtsschutz der
Gewerkschaft hätte in Anspruch nehmen können, selbst entsprechend triftige Gründe nicht vorgebracht hat, gibt es auch ansonsten keinerlei Anhaltspunkte für deren Vorliegen. Diesen steht vielmehr schon entgegen, dass der Kläger sich letztlich - nachdem er mit der Arbeit des zunächst gewählten und ihm beigeordneten Rechtsanwalts nicht zufrieden war - von der D Rechtsschutz GmbH hat vertreten lassen.
Auf ein Verschulden des Klägers kommt es insoweit nicht an. Soweit der Kläger sich daher gegen die Unterstellung grober Nachlässigkeit oder die Tätigung unrichtiger Angaben verwahrt, verkennt er, dass ihm weder vom Sozialgericht noch vom Senat ein absichtliches Vorgehen vorgeworfen wird. Dass er Rechtsschutz der Gewerkschaft in Anspruch hätte nehmen können und dies seinerzeit offenbar nicht in Erwägung gezogen hat, stellt er selbst nicht in Abrede.
Soweit er im Übrigen behauptet, seinem Rechtsanwalt einzig im März 2010 eine "Vollmacht für Prozesskostenhilfe" erteilt zu haben, kann dies keine andere Entscheidung rechtfertigen. Abgesehen davon, dass es allein auf die objektiv gegebene Möglichkeit ankommt, rechtliche Vertretung in Anspruch zu nehmen, bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger den zur Stützung des Antrages auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe vorgelegten Vordruck "Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse" vom September 2010 nicht eigenhändig unterzeichnet haben könnte. Sofern er den Vordruck nicht selbst ausgefüllt, sondern ungeprüft oder gar blanko unterschrieben haben sollte, muss er sich die dortigen Angaben zurechnen lassen.
Ob beim Vorliegen der Voraussetzungen für die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe tatsächlich - wie das Sozialgericht meint - Ermessen besteht (so auch Bayerisches LSG, Beschluss vom 22.11.2010 - L 7 AS 486/10 B PKH - juris, Rn. 11) oder diese ggf.
zwingend zu erfolgen hat (so Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozessordnung, 70. Aufl., 2012, § 124 Rn. 41), kann dahinstehen. Denn jedenfalls sind keine Gründe ersichtlich, warum die Aufhebung ausnahmsweise unterbleiben sollte. Insbesondere wird dies nicht durch die angespannte finanzielle Situation des Klägers gerechtfertigt.
Schließlich steht die in § 124 Nr. 3 ZPO normierte Frist der Aufhebung nicht entgegen. Das seit Oktober 2010 anhängige Verfahren hat erst im September 2012 seine Erledigung gefunden, sodass die 4-Jahres-Frist unabhängig von ihrem konkreten Beginn nicht abgelaufen sein kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 73a SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
In dem beim Sozialgericht Berlin zunächst unter dem Aktenzeichen S 126 R 5309/10 geführten Rentenverfahren beantragte Rechtsanwalt A für den Kläger am 03. November 2010 die Bewilligung von Prozesskostenhilfe. In der beigefügten, mit "G. B" unterzeichneten Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 30. September 2010 ist unter Punkt B "Trägt eine Rechtsschutzversicherung oder andere Stelle/Person (z.B Gewerkschaft, Arbeitgeber, Mieterverein) die Kosten Ihrer Prozessführung?" das Feld "Nein" angekreuzt. Mit Beschluss vom 27. April 2011 gewährte das Sozialgericht dem Kläger daraufhin Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt A. Nachdem der Kläger diesem das Mandat entzogen hatte, erstattete die Staatskasse dem Rechtsanwalt 321,30 EUR. Im März 2012 meldete sich die D Rechtsschutz GmbH für den Kläger. Auf eine Anfrage des Sozialgerichts erklärte daraufhin der Kläger, von Rechtsanwalt A nicht gefragt worden zu sein, ob er eine Rechtsschutzversicherung habe oder sonstiger Schutz bestehe.
Mit Beschluss vom 12. Juli 2012 hat das Sozialgericht Berlin seinen Beschluss vom 27. April 2011 gestützt auf § 124 Nr. 3 der Zivilprozessordnung (ZPO) aufgehoben. Bei schon im April 2011 möglicher Vertretung durch die Gewerkschaft sei die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 73a Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ausgeschlossen gewesen. Im Zeitpunkt der Bewilligung hätten die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse für die Gewährung von Prozesskostenhilfe nicht vorgelegen. Die gesetzlich vorgesehene Frist, innerhalb der er eine Aufhebung möglich sei, sei noch nicht abgelaufen. Gründe, die im Rahmen des Ermessens zu einem Absehen von der Aufhebung der Bewilligung führen könnten, seien nicht ersichtlich.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die vom Kläger eingelegte Beschwerde. Zur Begründung macht er geltend, im März 2010 bei Rechtsanwalt A lediglich eine "Vollmacht für Prozesskostenhilfe" unterschrieben zu haben. Er ließe sich nichts unterstellen, insbesondere keine grobe Nachlässigkeit und keine unrichtigen Angaben.
II.
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 12. Juli 2012 ist statthaft. Insbesondere ist sie zur Überzeugung des Senats nicht nach § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift ist die grundsätzlich gegen Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile zulässige Beschwerde ausnahmsweise ausgeschlossen, wenn die Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe gerichtet ist und das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Pro-zesskostenhilfe verneint hat. Dies ist hier jedoch nicht der Fall.
Unabhängig davon, ob die vom Sozialgericht ausgesprochene Aufhebung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe überhaupt mit der vom Wortlaut der Norm vorgesehenen Ablehnung der Gewährung der Prozesskostenhilfe gleichgesetzt werden könnte (bejahend: LSG Sachsen, Beschluss vom 31.08.2011 - L 7 AS 553/11 B - Rn. 7 f., Roller, NZS 2009, 252 ff. (258) und Burkiczak, NJW 2010, 407 ff. (408); verneinend: LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 16.06.2008 - L 5 B 163/08AS - Rn. 2, Bayerisches LSG, Beschluss vom 22.11.2010 - L 7 AS 486/10 B PKH - Rn. 11, LSG Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 08.02.2011 - L 13 AS 2819/10 B - Rn. 2, vom 21.02.2011 - L 13 AL 5384/10 B - Rn. 2 und vom 09.06.2011 - L 13 AS 120/11 B - Rn. 7 sowie LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 02.03.2011 - L 7 AS 194/11 B - Rn. 2, alle zitiert nach juris), erfordert die auf die Ziffer 2 oder 3 des § 124 ZPO gestützte Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe jedenfalls mehr als die bloße Ver-neinung der persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen, nämlich entweder das Hinzukommen eines bestimmten Verschuldensgrades oder die Einhaltung einer gesetzlich bestimmten Frist (vgl. auch LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 04.07.2011 - L 7 AS 5381/09 B - Rn. 4 und LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 25.05.2012 - L 11 AS 296/12 B - Rn. 5).
Raum für eine erweiternde Auslegung oder analoge Anwendung des Ausschlusstatbestandes insbesondere auf Fälle der Aufhebung der Bewilligung nach § 124 Nr. 3 ZPO sieht der Senat nicht. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 29.01.1998 - B 12 KR 18/97 R, zitiert nach juris, Rn. 18 m.w.N.) ist bereits unter dem Aspekt der Rechtsmittelklarheit zu beachten, dass Rechtsmittelbeschränkungen stets restriktiv und am Wortlaut orientiert auszulegen sind. Lediglich dann, wenn die Interessenlagen in der vom Gesetzgeber geregelten Ausschlussregelung und im nicht normierten Fall ähnlich sind, kommt eine analoge Anwendung in Betracht. Schon dann aber, wenn auch nur zweifelhaft ist, ob der Unterschied zwischen den verglichenen Sachverhalten nicht doch so groß ist, dass durch eine Gleichstellung die gesetzliche Wertung in Frage gestellt sein könnte, ist für eine Analogie kein Raum. Davon ist hier auszugehen (so auch LSG Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 01.10.2009 - L 11 R 898/09 PKH-B - Rn. 7, 08.02.2011 - L 13 AS 2819/10 B - Rn. 2 und vom 09.06.2011 - L 13 AS 120/11 B - Rn. 7; LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 16.06.2008 - L 5 B 163/08AS - Rn. 2 sowie LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 02.03.2011 - L 7 AS 194/11 B - Rn. 2, alle zitiert nach juris und jeweils m.w.N.). Die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist mit der Aufhebung einer für den Betroffenen zunächst positiven Entscheidung, mithin mit dem Entzug einer bereits erworbenen Rechtsposition nicht vergleichbar. Auch der Entstehungsgeschichte (hierzu BT-Drucksache 16/7716, S. 106) ist nicht zu entnehmen, dass eine erweiternde Auslegung im vorliegenden Kontext angezeigt wäre.
Im Übrigen ist die Beschwerde zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt (§ 173 SGG).
Allerdings ist die Beschwerde nicht begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht Berlin die Be-willigung der Prozesskostenhilfe aufgehoben.
Nach § 124 Nr. 3 ZPO kann das Gericht die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufheben, wenn die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe nicht vorgelegen haben; ausgeschlossen ist die Aufhebung, wenn seit der rechtskräftigen Entscheidung oder sonstigen Beendigung des Verfahrens vier Jahre vergangen sind.
Bei dem Kläger lagen weder zum Zeitpunkt der Bewilligungsreife noch bei tatsächlicher Gewährung der Prozesskostenhilfe die hierfür erforderlichen persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen vor. Im Gegenteil war er nach seinen wirtschaftlichen Verhältnissen in der Lage, die Kosten der Prozessführung aus seinem Vermögen aufzubringen (§ 73a Abs. 1 S. 1, Abs. 2 SGG i.V.m. §§ 114, 115 Abs. 2 ZPO). Denn zum Vermögen eines Beteiligten gehört - ebenso wie ein Anspruch gegen eine Rechtsschutzversicherung - ein satzungsmäßiger An-spruch auf kostenlosen Rechtsschutz durch eine Gewerkschaft. Als besondere Art der Sozialhilfe auf dem Gebiet des gerichtlichen Rechtsschutzes kann Prozesskostenhilfe von einem
Gewerkschaftsmitglied unter dem Aspekt der Subsidiarität daher nur in Anspruch genommen werden, wenn er sein satzungsmäßiges Recht auf kostenlose Prozessvertretung ausgeschöpft und die Gewerkschaft keinen Rechtsschutz gewährt hat (BSG, Beschlüsse vom 12.03.1996 - 9 RV 24/94 - Rn. 2 ff. sowie vom 08.10.2009 - B 8 SO 35/09 B - Rn. 5, jeweils zitiert nach juris). Anders als es der Wortlaut des § 73a Abs. 2 SGG, nach dem Prozesskostenhilfe nicht bewilligt wird, wenn der Beteiligte durch einen Bevollmächtigten im Sinne des § 73 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 bis 9 - mithin auch durch eine Gewerkschaft - vertreten ist, kommt es nicht auf die tatsächliche Vertretung, sondern allein auf die hierzu bestehende - nicht ausdrücklich abgelehnte - Möglichkeit an (BSG, a.a.O.). Soweit es ausnahmsweise unzumutbar sein kann, sich durch die Rechtsschutz gewährende Gewerkschaft vertreten zu lassen, sind hierfür berechtigte sachli-che oder persönliche Gründe erforderlich. Abgesehen davon, dass der Kläger, der ausgehend von seinem eigenen Vorbringen bereits im fraglichen Zeitpunkt Rechtsschutz der
Gewerkschaft hätte in Anspruch nehmen können, selbst entsprechend triftige Gründe nicht vorgebracht hat, gibt es auch ansonsten keinerlei Anhaltspunkte für deren Vorliegen. Diesen steht vielmehr schon entgegen, dass der Kläger sich letztlich - nachdem er mit der Arbeit des zunächst gewählten und ihm beigeordneten Rechtsanwalts nicht zufrieden war - von der D Rechtsschutz GmbH hat vertreten lassen.
Auf ein Verschulden des Klägers kommt es insoweit nicht an. Soweit der Kläger sich daher gegen die Unterstellung grober Nachlässigkeit oder die Tätigung unrichtiger Angaben verwahrt, verkennt er, dass ihm weder vom Sozialgericht noch vom Senat ein absichtliches Vorgehen vorgeworfen wird. Dass er Rechtsschutz der Gewerkschaft in Anspruch hätte nehmen können und dies seinerzeit offenbar nicht in Erwägung gezogen hat, stellt er selbst nicht in Abrede.
Soweit er im Übrigen behauptet, seinem Rechtsanwalt einzig im März 2010 eine "Vollmacht für Prozesskostenhilfe" erteilt zu haben, kann dies keine andere Entscheidung rechtfertigen. Abgesehen davon, dass es allein auf die objektiv gegebene Möglichkeit ankommt, rechtliche Vertretung in Anspruch zu nehmen, bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger den zur Stützung des Antrages auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe vorgelegten Vordruck "Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse" vom September 2010 nicht eigenhändig unterzeichnet haben könnte. Sofern er den Vordruck nicht selbst ausgefüllt, sondern ungeprüft oder gar blanko unterschrieben haben sollte, muss er sich die dortigen Angaben zurechnen lassen.
Ob beim Vorliegen der Voraussetzungen für die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe tatsächlich - wie das Sozialgericht meint - Ermessen besteht (so auch Bayerisches LSG, Beschluss vom 22.11.2010 - L 7 AS 486/10 B PKH - juris, Rn. 11) oder diese ggf.
zwingend zu erfolgen hat (so Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozessordnung, 70. Aufl., 2012, § 124 Rn. 41), kann dahinstehen. Denn jedenfalls sind keine Gründe ersichtlich, warum die Aufhebung ausnahmsweise unterbleiben sollte. Insbesondere wird dies nicht durch die angespannte finanzielle Situation des Klägers gerechtfertigt.
Schließlich steht die in § 124 Nr. 3 ZPO normierte Frist der Aufhebung nicht entgegen. Das seit Oktober 2010 anhängige Verfahren hat erst im September 2012 seine Erledigung gefunden, sodass die 4-Jahres-Frist unabhängig von ihrem konkreten Beginn nicht abgelaufen sein kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 73a SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
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