L 5 RS 48/12

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Leipzig (FSS)
Aktenzeichen
S 27 RS 897/11
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 5 RS 48/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz - VE Kombinat Aufbereitung
tierischer Rohstoffe und Pelztierproduktion Leipzig - betriebliche Voraussetzung - gleichgestellter Betrieb - volkseigenes Kombinat - Vereinigung volkseigener Betriebe

1. Beim VE Kombinat Aufbereitung tierischer Rohstoffe und Pelztierproduktion Leipzig handelte es sich weder um einen Massenproduktionsbetrieb, noch um einen gleichgestellten Betrieb.

2. Volkseigene Kombinate sind andere Rechtssubjekte als Vereinigungen volkseigener Betriebe und können diesen nicht gleich gestellt werden. Vom versorgungsrechtlichen Sprachgebrauch zu Zeiten der DDR wurden volkseigene Kombinate nicht als gleichgestellte Betriebe erfasst.
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Leipzig vom 14. Dezember 2011 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten – im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens – über die Verpflichtung der Beklagten weiterer Entgelte des Klägers für Zeiten der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in Form jährlicher Jahresendprämien festzustellen, wobei die Beklagte im Rahmen des Überprüfungsverfahrens die Rechtswidrigkeit der bereits anerkannten Zeiten feststellte.

Der Kläger ist seit 26. September 1967 berechtigt, die Berufsbezeichnung "Ingenieur" zu führen. Er war vom 15. August 1967 bis 31. Dezember 1967 als Teilkonstrukteur im volkseigenen Betrieb (VEB) Chemische Werke B , vom 1. Januar 1968 bis 15. November 1968 als Ingenieur für Hydraulik im VEB Metallaufbereitung H , vom 18. November 1968 bis 31. Dezember 1969 als Mitarbeiter für Bedarfs- und Marktforschung in der Vereinigung volkseigener Betriebe (VVB) Armaturen und Hydraulik, vom 1. Januar 1970 bis 15. Oktober 1970 als Mitarbeiter in der Außenwirtschaft im VEB M Armaturenwerke, vom 16. Oktober 1970 bis 15. Juni 1972 als wissenschaftlicher Mitarbeiter im VEB Hydraulik S , vom 19. Juni 1972 bis 31. Dezember 1978 als Werkstattleiter bzw. wissenschaftlicher Mitarbeiter im Institut für Bergbausicherheit bzw. im Institut für Fördertechnik L , vom 1. Januar 1979 bis 30. Juni 1989 als wissenschaftlicher Mitarbeiter im VEB Energiekombinat L sowie vom 1. Juli 1989 bis 30. Juni 1990 (sowie darüber hinaus) als Investbauleiter im volkseigenen (VE) Kombinat Aufbereitung tierischer Rohstoffe und Pelztierproduktion L beschäftigt. Er war nicht in ein Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) einbezogen.

Mit Bescheid vom 28. Februar 2000 stellte die Beklagte die Beschäftigungszeiten vom 15. August 1967 bis 30. Juni 1990 als Zeiten der Zusatzversorgung im Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz sowie die in diesen Zeiträumen erzielten Arbeitsentgelte fest.

Auf den Überprüfungsantrags des Klägers vom 14. November 2007, mit dem dieser die Einbeziehung zusätzlicher Arbeitsentgelte in Form von Jahresendprämien begehrte, verfügte die Beklagte mit Bescheid vom 15. April 2010 die Ablehnung der geltend gemachten zusätzlichen Arbeitentgelte für Jahresendprämien und stellte die Nichtanwendbarkeit von § 1 AAÜG sowie die Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 28. Februar 2000 fest, weil keine Zeiten der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz im Zeitraum vom 15. August 1967 bis 30. Juni 1990 festzustellen gewesen wären. Die Voraussetzungen von § 1 AAÜG würden nicht vorliegen. Der Kläger erfülle die betriebliche Voraussetzung für eine fingierte Einbeziehung in die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz am 30. Juni 1990 nicht, weil der VE Kombinat Aufbereitung tierischer Rohstoffe und Pelztierproduktion L weder ein volkseigener Produktionsbetrieb noch ein gleichgestellter Betrieb gewesen sei. Der Betrieb sei der Wirtschaftsgruppe 52212 (Produktionsmittelhandel mit Erzeugnissen der Lebensmittelindustrie und Landwirtschaft) in der Systematik der Volkswirtschaftszweige der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) zugeordnet gewesen, sodass ihm weder die industrielle Fertigung von Sachgütern das Gepräge gegeben habe, noch sei sein Hauptzweck die Massenproduktion von Bauwerken gewesen. Der Bescheid vom 28. Februar 2000 sei fehlerhaft begünstigend und von Anfang an rechtswidrig gewesen. Er könne jedoch nicht zurück genommen werden; daher verbliebe es bei den rechtswidrigen Feststellungen. Weitere Rechte, über die bestehende Rechtswidrigkeit hinaus, könnten jedoch nicht hergeleitet werden. Den hiergegen gerichteten Widerspruch des Klägers vom 1. Mai 2010 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 3. Mai 2011 zurück.

Die hiergegen am 31. Mai 2011 erhobene Klage hat das Sozialgericht Leipzig, nach Beiziehung von Betriebsunterlagen zum Beschäftigungsbetrieb, mit Gerichtsbescheid vom 14. Dezember 2011 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Der Kläger habe am 30. Juni 1990 keinen Anspruch auf fingierte Zusatzversorgungsanwartschaften gehabt. Am maßgeblichen Stichtag sei die betriebliche Voraussetzung nicht erfüllt, da der VE Kombinat Aufbereitung tierischer Rohstoffe und Pelztierproduktion L nicht zu den volkseigenen Betrieben und den ihnen gleichgestellten Betrieben im Sinne der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben gehört habe. Der Betrieb sei ein wirtschaftsleitendes Organ des Binnenhandels gewesen und dem Wirtschaftsbereich der sonstigen Zweige des produzierenden Bereichs angehörig gewesen. Nach den Unterlagen des Bundesarchivs sei er der Wirtschaftsgruppe 61152 (wirtschaftsleitende Organe des Binnenhandels) zugeordnet gewesen. Die ihm, entsprechend dem Kombinatsstatut zugewiesenen Aufgaben seien keine gewesen, die die industrielle Produktion beinhaltet hätten. Der Betrieb sei auch kein gleichgestellter Betrieb gewesen.

Gegen den am 24. Dezember 2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 24. Januar 2012 Berufung eingelegt, mit der er sein Begehren weiterverfolgt. Der Betrieb sei ein den volkseigenen Produktionsbetrieben gleichgestellter Betrieb gewesen. Dazu würden unter anderem VVB gehören. Ausweislich der Gründungsanweisung sei das VE Kombinat Aufbereitung tierischer Rohstoffe und Pelztierproduktion Rechtsnachfolger der VVB tierische Rohstoffe in L gewesen. Diese VVB habe zum 31. Dezember 1983 ihre Tätigkeit eingestellt. Das Kombinat sei mit Wirkung zum 1. Januar 1984 gebildet worden. Da das Kombinat Rechtsnachfolger des VVB sei, der den volkseigenen Produktionsbetrieben im Sinne der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz gleichgestellt sei, stehe dem Kläger, der zum relevanten Stichtag bei dem Rechtsnachfolger einer VVB beschäftigt gewesen sei, entsprechend seiner ausgeübten Tätigkeit ein Anspruch auf Zusatzversorgung zu. Der Sinn der entsprechenden DDR-Verordnung und der darin erfolgten Gleichstellung der VVB mit einem VEB liege darin, dass die Einführung der Zusatzversorgung für Ingenieure verhindern sollte, dass sich die Ingenieure der DDR in die Bundesrepublik Deutschland absetzten und so die sogenannte Republikflucht abgewendet werden sollte.

Der Kläger beantragt - sinngemäß und sachdienlich gefasst -,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Leipzig vom 14. Dezember 2011 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 15. April 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Mai 2011 zu verurteilen, den Bescheid vom 28. Februar 2000 abzuändern und Jahresendprämien für den Zeitraum von 1967 bis 1990 als zusätzliche Entgelte im Rahmen der festgestellten Zusatzversorgungszeiten anzuerkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Der Umstand, dass das Kombinat Rechtsnachfolger der VVB gewesen sei, sei rechtlich nicht maßgeblich, weil für die Bewertung der betrieblichen Voraussetzung lediglich die tatsächlichen Verhältnisse am 30. Juni 1990 maßgeblich seien und es allein darauf ankomme, welcher Betrieb zu diesem Zeitpunkt der Arbeitgeber des Klägers im rechtlichen Sinne gewesen sei. Am maßgeblichen Stichtag, dem 30. Juni 1990, habe die VVB tierische Rohstoffe L nicht mehr existiert. Ein versorgungsrechtlicher Rückgriff auf die VVB tierische Rohstoffe L sei nach der versorgungsrechtlichen Dogmatik des Bundessozialgerichts (BSG) ausgeschlossen.

Das Gericht hat weitere Betriebsunterlagen zum Beschäftigungsbetrieb beigezogen.

Mit Schriftsätzen vom 4. und 24. Juli 2012 haben die Beteiligten jeweils ihr Einverständnis zur Entscheidung des Rechtsstreits durch Urteil ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Dem Gericht haben die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge vorgelegen. Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird hierauf insgesamt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Das Gericht konnte ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, weil die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt haben (§ 153 Abs. 1 in Verbindung mit § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]).

Die Berufung des Klägers ist unbegründet, weil das Sozialgericht Leipzig die Klage zu Recht abgewiesen hat. Der Bescheid der Beklagten vom 15. April 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Mai 2011 ist rechtmäßig, weil mit dem Feststellungsbescheid vom 28. Februar 2000 zu Unrecht die Beschäftigungszeiten vom 18. August 1967 bis 30. Juni 1990 als Zeiten der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz und die in diesen Zeiträumen erzielten Arbeitsentgelte festgestellt worden sind. Der Kläger hat daher keinen Anspruch auf Feststellung weiterer, höherer Entgelte in Form der geltend gemachten Jahresendprämien. Zutreffend hat die Beklagte, aus Anlass des Überprüfungsantrages des Klägers 14. November 2007, die Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 28. Februar 2000 überprüft und ist dabei zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass mit diesem Bescheid das Recht unrichtig angewandt worden ist (§ 44 des Zehntes Buches Sozialgesetzbuch [SGB X]), weil der Kläger keinen Anspruch auf Feststellung seiner Beschäftigungszeiten als Zeiten der fiktiven Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz (Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG) und auf Feststellung der in diesem Zeitraum erzielten Arbeitsentgelte hat.

Hinsichtlich der Rechtsgrundlage und der Herleitung des Anspruchs auf Feststellung fingierter Zusatzversorgungsanwartschaften wird zur Vermeidung überflüssiger Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts Leipzig im angefochtenen Gerichtsbescheid vom 14. Dezember 2011 Bezug und von einer weiteren Begründung Abstand genommen (§ 153 Abs. 2 SGG). Im Übrigen sind lediglich folgende Ergänzungen veranlasst:

Der Kläger war im streitgegenständlichen Zeitraum vom 15. August 1967 bis 30. Juni 1990 nicht Inhaber einer fingierten Versorgungsanwartschaft im Sinne der vom BSG in ständiger Rechtsprechung vorgenommenen erweiternden verfassungskonformen Auslegung des § 1 Abs. 1 AAÜG (vgl. dazu: BSG, Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 31/01 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 2 S. 14; BSG, Urteil vom 10. April 2002 - B 4 RA 34/01 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 3 S. 20; BSG, Urteil vom 10. April 2002 - B 4 RA 10/02 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 5 S. 33; BSG, Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 41/01 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 6 S. 40; BSG, Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 3/02 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 7 S. 60; BSG, Urteil vom 10. April 2002 - B 4 RA 18/01 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 8 S. 74; BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 6/09 R - JURIS-Dokument, Rn. 22-36; BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 9/09 R - JURIS-Dokument, Rn. 15-31; BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 10/09 R - JURIS-Dokument, Rn. 15-31; BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 17/09 R - JURIS-Dokument, Rn. 15-31), weil er am 30. Juni 1990 keinen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätte. In diesem Zeitpunkt war er nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens oder in einem diesen gleichgestellten Betrieb beschäftigt. Die betriebliche Voraussetzung eines fingierten Anspruchs im Bereich der Zusatzversorgung der technischen Intelligenz gemäß § 1 der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben (nachfolgend: VO-AVItech) vom 17. August 1950 (GBl. I Nr. 93 S. 844) und der Zweiten Durchführungsbestimmung (nachfolgend: 2. DB) vom 24. Mai 1951 (GBl. I Nr. 62 S. 487) ist nicht erfüllt.

Beschäftigungsbetrieb des Klägers am maßgeblichen Stichtag (30. Juni 1990), und damit Arbeitgeber des Klägers im rechtlichen Sinn – worauf es nach der ständigen Rechtsprechung des BSG allein ankommt (vgl. dazu: BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 - B 4 RA 20/03 R - SozR 4-8570 § 1 AAÜG Nr. 2 S. 6, S. 13; BSG, Urteil vom 6. Mai 2004 - B 4 RA 49/03 R - JURIS-Dokument, Rn. 21; BSG, Urteil vom 16. März 2006 - B 4 RA 30/05 R - JURIS-Dokument, Rn. 28; BSG, Urteil vom 7. September 2006 - B 4 RA 39/05 R - JURIS-Dokument, Rn. 15; BSG, Urteil vom 7. September 2006 - B 4 RA 41/05 R - JURIS-Dokument, Rn. 15; BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 6/09 R - JURIS-Dokument, Rn. 37; BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 9/09 R - JURIS-Dokument, Rn. 32; BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 10/09 R - JURIS-Dokument, Rn. 32; BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 17/09 R - JURIS-Dokument, Rn. 32) – war, ausweislich des vorliegenden Arbeitsvertrages vom 3. Juli 1989 (Bl. 104-105 der Gerichtsakte) sowie der Eintragungen im Ausweis des Klägers für Arbeit und Sozialversicherung (Bl. 100 der Gerichtsakte) das VE Kombinat Aufbereitung tierischer Rohstoffe und Pelztierproduktion L.

1. Bei dem Beschäftigungsbetrieb des Klägers handelte es sich nicht um einen volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens. Hauptzweck des Betriebes war nämlich nicht die serienmäßige Produktion von Sachgütern in den Bereichen der Industrie oder die massenhafte Errichtung von baulichen Anlagen.

Dem Geltungsbereich der VO-AVItech und der 2. DB unterfallen nur die Produktionsbetriebe der Industrie und des Bauwesens, deren Hauptzweck (bzw. Schwerpunkt) auf die industrielle (serienmäßig wiederkehrende) Fertigung, Herstellung, Anfertigung, Fabrikation bzw. Produktion von Sachgütern oder die massenhafte Errichtung von baulichen Anlagen ausgerichtet war (vgl. exemplarisch: BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 - B 4 RA 14/03 R - JURIS-Dokument, Rn. 28; BSG, Urteil vom 6. Mai 2004 - B 4 RA 44/03 R - JURIS-Dokument, Rn. 17; BSG, Urteil vom 27. Juli 2004 - B 4 RA 8/04 R - JURIS-Dokument, Rn. 20; BSG, Urteil vom 27. Juli 2004 - B 4 RA 11/04 R - JURIS-Dokument, Rn. 18; BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 3/06 R - JURIS-Dokument, Rn. 23; BSG, Urteil vom 19. Juli 2011 - B 5 RS 1/11 R - JURIS-Dokument, Rn. 23; BSG, Urteil vom 19. Juli 2011 - B 5 RS 7/10 R - JURIS-Dokument, Rn. 27). Der versorgungsrechtlich maßgebliche Betriebstyp ist neben den Merkmalen "Betrieb" und "volkseigen" maßgeblich durch das weitere Merkmal "Produktion (Industrie/Bauwesen)" gekennzeichnet. Zwar sprechen die Überschrift der Versorgungsordnung, ihr Vorspann ("Präambel") und ihr § 1 und ebenso § 1 Abs. 1 der 2. DB nur vom "volkseigenen Betrieb". Nach diesem Teil des Wortlauts wären alle Betriebe, die auf der Basis von Volkseigentum arbeiteten, erfasst worden. Der in § 1 Abs. 2 der 2. DB verwendete Ausdruck "Produktionsbetrieb" macht jedoch deutlich, dass die Zusatzversorgung der technischen Intelligenz nicht in jedem volkseigenen Betrieb galt. Weil dort Betriebe und Einrichtungen aufgelistet wurden, die einem "Produktionsbetrieb" gleichgestellt wurden, wird klar, dass die Versorgungsordnung und auch § 1 Abs. 1 der 2. DB nur (volkseigene) Produktionsbetriebe erfasste. Dies wird durch § 1 der 1. DB vom 26. September 1950 (GBl. I Nr. 111 S. 1043) bestätigt, nach dem nur bestimmte Berufsgruppen der technischen Intelligenz, die gerade in einem "Produktionsbetrieb" verantwortlich tätig waren, generell in den Kreis der Versorgungsberechtigten einbezogen werden sollten (BSG, Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 41/01 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 6, S. 43 f.). Dass es dabei auf Produktionsbetriebe nur der "Industrie" und des "Bauwesens" ankommt, ergibt sich mit Blick auf die Produktionsbetriebe der Industrie u.a. schon aus der Einbeziehung des Ministeriums für Industrie in § 5 VO-AVItech und für die Produktionsbetriebe des Bauwesens aus der sprachlichen und sachlichen Gegenüberstellung von "Produktionsbetrieben der Industrie und des Bauwesens" einerseits und allen anderen "volkseigenen Betrieben" andererseits, welche die Deutsche Demokratische Republik (DDR) spätestens ab den 60er-Jahren und jedenfalls am 30. Juni 1990 in ihren einschlägigen Gesetzestexten vorgenommen hat. Hierauf weisen § 2 der Verordnung über die Aufgaben, Rechte und Pflichten der volkseigenen Betriebe, Kombinate und VVB vom 28. März 1973 (GBl. I Nr. 15 S. 129) sowie § 41 Abs. 1 1. Spiegelstrich in Verbindung mit § 41 Abs. 2 der Verordnung über die volkseigenen Kombinate, Kombinatsbetriebe und volkseigenen Betriebe vom 8. November 1979 (GBl. I Nr. 38 S. 355) hin, welche die Kombinate, Kombinatsbetriebe und die übrigen volkseigenen Betriebe in der Industrie und im Bauwesen denen aus anderen Bereichen der Volkswirtschaft (z.B. im Handel, auf dem Gebiet der Dienstleistungen, in der Landwirtschaft) gegenüberstellen.

Ein volkseigener Produktionsbetrieb der Industrie muss dabei zum einen organisatorisch dem industriellen Produktionssektor der DDR-Planwirtschaft zugeordnet gewesen sein, zum anderen muss der von ihm verfolgte Hauptzweck auf die industrielle, massenhafte Fertigung, Fabrikation, Herstellung beziehungsweise Produktion (fordistisches Produktionsmodell) von Sachgütern ausgerichtet gewesen sein (BSG, Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 41/01 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 6 S. 35, S. 46 und S. 47; BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 3/06 R - JURIS-Dokument, Rn. 23). Es muss sich also um einen "Produktionsdurchführungsbetrieb" gehandelt haben, der sein maßgebliches Gepräge durch die Massenproduktion erhalten hat (vgl. dazu explizit aus der jüngsten höchstrichterlichen Rechtsprechung: BSG, Urteil vom 19. Juli 2011 - B 5 RS 1/11 R - JURIS-Dokument, Rn. 20; BSG, Urteil vom 19. Juli 2011 - B 5 RS 7/10 R - JURIS-Dokument, Rn. 24; BSG, Urteil vom 19. Juli 2011 - B 5 RS 4/10 R - JURIS-Dokument, Rn. 25; BSG, Urteil vom 28. September 2011 - B 5 RS 8/10 R - JURIS-Dokument, Rn. 19; BSG, Urteil vom 9. Mai 2012 - B 5 RS 8/11 R - JURIS-Dokument, Rn. 21). Ein volkseigener Produktionsbetrieb des Bauwesens muss zum einen organisatorisch dem Wirtschaftsbereich des Bauwesens zugeordnet gewesen sein, zum anderen muss ihm die Bauproduktion, mithin die unmittelbare Ausführung von Bautätigkeiten das Gepräge gegeben haben (BSG, Urteil vom 8. Juni 2004 - B 4 RA 57/03 R - SozR 4-8570 § 1 AAÜG Nr. 3 S. 16). Industrie und Bauwesen waren in der DDR die "führenden" Produktionsbereiche (vgl. BSG, Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 41/01 R - SozR 3-8570 § 1 Nr. 6 S. 40). Erforderlich zur Erfüllung der betrieblichen Voraussetzung ist daher, dass die unmittelbare Eigenproduktion dem Betrieb das Gepräge verliehen hat (BSG, Urteil vom 6. Mai 2004 - B 4 RA 44/03 R - JURIS-Dokument Rn. 18; BSG, Urteil vom 27. Juli 2004 - B 4 RA 11/04 R - JURIS-Dokument Rn. 18 f.), wobei es sich um Massenproduktion im Sinne von massenhaftem Ausstoß standardisierter Produkte, die hohe Produktionsgewinne nach den Bedingungen der sozialistischen Planwirtschaft ermöglichen sollten, gehandelt haben muss (BSG, Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 41/01 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 6 S. 35, S. 46; BSG, Urteil vom 8. Juni 2004 - B 4 RA 57/03 R - SozR 4-8570 § 1 AAÜG Nr. 3 S. 16; BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 3/06 R - JURIS-Dokument, Rn. 23; BSG, Urteil vom 19. Juli 2011 - B 5 RS 1/11 R - JURIS-Dokument, Rn. 23; BSG, Urteil vom 19. Juli 2011 - B 5 RS 7/10 R - JURIS-Dokument, Rn. 27). Nach der VO-AVItech sollte nur die technische Intelligenz in solchen Betrieben privilegiert werden, die durch wissenschaftliche Forschungsarbeit und die Erfüllung technischer Aufgaben in den produzierenden Betrieben einen "schnelleren, planmäßigen Aufbau" der DDR ermöglichen sollten (vgl. Präambel zur VO-AVItech). Dem lag das so genannte fordistische Produktionsmodell zu Grunde, das auf stark standardisierter Massenproduktion und Konstruktion von Gütern mit Hilfe hoch spezialisierter, monofunktionaler Maschinen basierte (BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 3/06 R - JURIS-Dokument, Rn. 23). Denn der Massenausstoß standardisierter Produkte sollte hohe Produktionsgewinne nach den Bedingungen der Planwirtschaft ermöglichen (BSG, Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 41/01 R - SozR 3-8570 § 1 Nr. 6 S. 35, S. 46 f.; BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 3/06 R - JURIS-Dokument, Rn. 23). Betriebe hingegen, die schwerpunktmäßig Dienstleistungen für die Produktion anderer Betriebe und damit unabdingbare Vorbereitungs- oder Begleitarbeiten für den Produktionsprozess erbrachten, erhalten dadurch nicht den Charakter eines Produktionsbetriebes und erfüllen nicht die betriebliche Voraussetzung (so explizit für Rationalisierungsbetriebe: BSG, Urteil vom 27. Juli 2004 - B 4 RA 8/04 R - JURIS-Dokument Rn. 20; BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 3/06 R - JURIS-Dokument, Rn. 22; so explizit für Dienstleistungsbetriebe allgemein: BSG, Urteil vom 27. Juli 2004 - B 4 RA 11/04 R - JURIS-Dokument Rn. 18; BSG, Urteil vom 6. Mai 2004 - B 4 RA 44/03 R - JURIS-Dokument Rn. 17; BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 - B 4 RA 14/03 R - JURIS-Dokument, Rn. 28). Maßgebend ist hierbei auf den Hauptzweck abzustellen. Die genannte Produktion muss dem Betrieb das Gepräge gegeben haben, also überwiegend und vorherrschend gewesen sein (BSG, Urteil vom 10. April 2002 - B 4 RA 10/02 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 5, S. 29, S. 35; BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 - B 4 RA 14/03 R - JURIS-Dokument, Rn. 28; BSG, Urteil vom 6. Mai 2004 - B 4 RA 44/03 R - JURIS-Dokument, Rn. 17; BSG, Urteil vom 27. Juli 2004 - B 4 RA 8/04 R - JURIS-Dokument, Rn. 20; BSG, Urteil vom 27. Juli 2004 - B 4 RA 11/04 R - JURIS-Dokument, Rn. 18). Der Hauptzweck wird dabei nicht durch die Art der Hilfsgeschäfte und Hilfstätigkeiten geändert oder beeinflusst, die zu seiner Verwirklichung zwangsläufig mit ausgeführt werden müssen oder daneben verrichtet werden (vgl. BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 - B 4 RA 14/03 R - JURIS-Dokument, Rn. 28). Besteht das Produkt nach dem Hauptzweck (Schwerpunkt) des Betriebes in einer Dienstleistung, so führen auch produkttechnische Aufgaben, die zwangsläufig, aber allenfalls nach- bzw. nebengeordnet anfallen, nicht dazu, dass ein Produktionsbetrieb vorliegt (BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 - B 4 RA 14/03 R - JURIS-Dokument, Rn. 28; BSG, Urteil vom 6. Mai 2004 - B 4 RA 44/03 R - JURIS-Dokument, Rn. 17; BSG, Urteil vom 27. Juli 2004 - B 4 RA 8/04 R - JURIS-Dokument, Rn. 20; BSG, Urteil vom 27. Juli 2004 - B 4 RA 11/04 R - JURIS-Dokument, Rn. 18).

Beim VE Kombinat Aufbereitung tierischer Rohstoffe und Pelztierproduktion L handelte es sich weder um einen Industriebetrieb, noch um einen Betrieb, dem die industrielle Fertigung von Sachgütern in Massenproduktion nach dem fordistischen Produktionsmodell das maßgebliche Gepräge verliehen hat. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Gerichts aus den beigezogenen Betriebsunterlagen:

Das VE Kombinat Aufbereitung tierischer Rohstoffe und Pelztierproduktion wurde auf der Grundlage der Gründungsanweisung des Ministers für Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft vom 8. Dezember 1983 (Bl. 19-27 der Gerichtsakte) mit Wirkung zum 1. Januar 1984 gegründet und aufgrund der Eintragungsanträge vom 13. und 23. Februar 1984 in das Register der volkseigenen Wirtschaft des Bezirkes L unter der Registernummer 110-13-2065 mit der Betriebsnummer 93940468 eingetragen (Bl. 9-17 der Gerichtsakte). Dem Kombinat oblagen, ausweislich Ziffer II. (1) der Gründungsanweisung vom 8. Dezember 1983 (Bl. 19-27 der Gerichtsakte) sowie ausweislich § 3 des Kombinatstatutes vom 17. November 1983, in der am 1. Januar 1984 bestätigten Fassung (Bl. 28-38 der Gerichtsakte), folgende Aufgaben: - Aufkauf tierischer Rohstoffe von den Betrieben des VEB Kombinat Fleischwirtschaft und VE Kombinat industrielle Tierproduktion, von anderen Schlacht- und Verarbeitungsbetrieben sowie den landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG), genossenschaftlichen Produktionsgenossenschaften (GPG), volkseigenen Gütern (VEG) und deren kooperativen Einrichtungen sowie die ständige Erweiterung des Ankaufsnetzes, - Aufbereitung der aufgekauften tierischen Rohstoffe nach modernen Aufbereitungsverfahren zur Erhaltung der natürlichen Gebrauchswerteigenschaften und kontinuierliche Versorgung der Industrie, - Steigerung der Produktion von Pelztierfellen in enger Zusammenarbeit mit der Erzeugnisgruppe Nerzproduktion, - Produktion von kleinen Versuchstieren, Entwicklung von Kooperationsbeziehungen mit Produzenten weiterer Versuchstierarten und Versorgung der Anwender, - kooperative Zusammenarbeit mit schafhaltenden LPG, GPG, VEG und deren kooperativen Einrichtungen zur Steigerung des Aufkommens von Schafwolle, Schaffung von objektiven Bewertungsverfahren und Voraussetzungen zur Erhöhung der Lagerfähigkeit der Wollen zur Verbesserung der kontinuierlichen Versorgung der Verarbeitungsindustrie, - Sicherung der Schafschur durch Weiterentwicklung der Schafschurorganisation im Kombinat und deren genossenschaftlichen Schafschurorganisation, - Rationalisierung der Aufbereitung und Produktion durch die Entwicklung und Vervollkommnung von effektiven Technologien, Verfahren und Rationalisierungsmitteln sowie effektive Nutzung der Grundfonds, - zielstrebige Durchsetzung des wissenschaftlich-technischen Fortschritts, Kooperation mit den vorgelagerten Produktionsstufen und den Verarbeitungsbetrieben für tierische Rohstoffe, Weiterentwicklung der Komplexwettbewerbe zur qualitätsgerechten Produktion, Gewinnung, Aufbereitung und Verarbeitung tierischer Rohstoffe in allen Kooperationsstufen, - Export von tierischen Rohstoffen, Zierfischen und Ziervögeln, Zuchttieren sowie Weiterentwicklung der L internationalen Rauchwarenauktionen, - Verbesserung des Verhältnisses von Aufwand und Ergebnis, Senkung des Produktionsverbrauches, Senkung der Kosten und Erhöhung der Effektivität für einen wachsenden Leistungsanstieg in den Kombinatsbetrieben, - Sicherung der Zusammenarbeit mit den örtlichen Staatsorganen zur Entwicklung des Ankaufsnetzes, der Abstimmung und Sicherstellung von Investitionen und Rationalisierungsmaßnahmen, der Entwicklung der Arbeits- und Lebensbedingungen und der sozialistischen Landeskultur einschließlich des Umweltschutzes, - Senkung des spezifischen Energieverbrauchs, des sparsamen Einsatzes von Energieträgern aller Art und des Material- und Futtermitteleinsatzes, - Organisation der ökonomischen und wissenschaftlich-technischen Zusammenarbeit mit der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken (UdSSR) und den anderen Mitgliedsländern des Rates für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW) im Rahmen des Komplexprogramms der sozialistischen ökonomischen Integration sowie - Sicherung der staatlichen Aufgaben für den Export über die Außenhandelsfirma "L Rauchwarenauktion und Häutehandel" im VE Außenhandelsbetrieb (AHP) Interpelz.

Aus diesen Aufgabenbeschreibungen wird deutlich, dass der Betrieb nicht für die industrielle massenhafte Fertigung von Sachgütern zuständig war, sondern, so wie in § 2 des Kombinatstatutes vom 17. November 1983, in der am 1. Januar 1984 bestätigten Fassung, beschrieben, dafür verantwortlich war, den Reproduktionsprozess innerhalb seines Bereichs durchzuführen und die Versorgung der Industrie und des Außenhandels mit tierischen Rohstoffen zu sichern. Ihm kam eine koordinierende und übergreifende Funktion zur Sicherstellung von Produktionskapazitäten anderer Betriebe zu. Er war damit für Dienstleistungen und den Auf- und Ausbau von Handelsbeziehungen zuständig. Soweit vereinzelt in den vorbeschriebenen Dokumenten einzelne "Produktionsaufgaben" überantwortet waren, handelte es sich um solche, die dem Hauptbetriebszweck, nämlich die Versorgung der Industrie und des Außenhandels mit tierischen Rohstoffen sicherzustellen, dienende Aufgabenbeschreibungen waren und daher dem Betrieb nicht das Gepräge verliehen hatten. Im Übrigen geht aus den Betriebsunterlagen nicht hervor, dass massenhafte Produkte vom Betrieb selbst hergestellt worden sind.

Vor diesem Hintergrund erklärt sich auch die Einordnung des Beschäftigungsbetriebes nach der Systematik der Volkswirtschaftszweige der DDR in die Wirtschaftsgruppe 61152 (wirtschaftsleitende Organe des Binnenhandels). Nach Überzeugung des Gerichts ist neben den aus den Betriebsunterlagen hervorgehenden Aufgaben des VE Kombinat Aufbereitung tierischer Rohstoffe und Pelztierproduktion L auch die Anknüpfung an die Zuordnung des Betriebes in der Systematik der Volkswirtschaftszweige der DDR ein geeignetes abstrakt-generelles Kriterium der Bewertung der Haupttätigkeit des Beschäftigungsbetriebes des Klägers (vgl. dazu auch: BSG, Beschluss vom 13. Februar 2008 - B 4 RS 133/07 B - JURIS-Dokument, Rn. 11, wonach der Zuordnung in die Systematik der Volkswirtschaftszweige der DDR die Bedeutung einer Hilfstatsache zukommen kann, welche bei der Beweiswürdigung für die Geprägefeststellung erheblich werden kann). Dies ergibt sich vor allem aus dem Vorwort zur Systematik der Volkswirtschaftszweige der DDR für das Jahr 1985, die im Bundesarchiv zugänglich ist und die belegt, dass bereits die DDR im Rahmen ihrer ökonomischen Planung und statistischen Abrechnung eine Einteilung der Betriebe nach ihren Hauptaufgaben (ihrer Haupttätigkeit) im System der erweiterten Reproduktion (und damit nach ökonomischen Gesichtspunkten) vorgenommen hat. Danach erfolgte die Zuordnung der selbständigen wirtschaftlichen Einheiten - Betriebe, Einrichtungen, Organisationen u.a. - unabhängig von der Unterstellung unter ein Staats- oder wirtschaftsleitendes Organ und der sozialökonomischen Struktur. Die Systematik der Volkswirtschaftszweige war damit frei von möglichen Veränderungen, die durch verwaltungsmäßige Unterstellungen der Betriebe und Einrichtungen hervorgerufen werden konnten. In der Systematik der Volkswirtschaftszweige wurde die Volkswirtschaft der DDR in neun Wirtschaftsbereiche gegliedert: 1. Industrie, 2. Bauwirtschaft, 3. Land- und Forstwirtschaft, 4. Verkehr, Post und Fernmeldewesen, 5. Handel, 6. sonstige Zweige des produzierenden Bereichs, 7. Wohnungs- und Kommunalwirtschaft, Vermittlungs-, Werbe-, Beratungs-, und andere Büros, Geld- und Kreditwesen, 8. Wissenschaft, Bildung, Kultur, Gesundheits- und Sozialwesen und 9. staatliche Verwaltung, gesellschaftliche Organisationen. Die Zuordnung der selbstständigen wirtschaftlichen Einheiten zu den Gruppierungen erfolgte entsprechend dem Schwerpunkt der Produktion bzw. Leistung oder dem Hauptzweck der Einrichtung, wobei jede Einheit nur einer Gruppierung zugeordnet werden konnte, mithin der Hauptzweck des Betriebes dazu ermittelt werden musste. Sie wurde von den Dienststellen der Staatlichen Zentralverwaltung für Statistik in Zusammenarbeit mit den Fachorganen festgelegt. Eine Änderung der Zuordnung bedurfte der Zustimmung der für den Wirtschaftszweig verantwortlichen Fachabteilung der Staatlichen Zentralverwaltung für Statistik und sollte nur dann erfolgen, wenn die Hauptproduktion des Betriebs grundsätzlich umgestellt worden war. Gerade diese Zuordnung der einzelnen Beschäftigungsbetriebe im Rahmen der Systematik der Volkswirtschaftszweige bildet ein wesentliches, von subjektiven Elementen freies, aus dem Wirtschaftssystem der DDR selbst stammendes Kriterium zur Beurteilung des Hauptzwecks eines Betriebes um festzustellen, ob für einen fiktiven Einbeziehungsanspruch in die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz die nach der vom BSG herausgearbeiteten verfassungskonformen Auslegung erforderliche betriebliche Voraussetzung erfüllt ist. Soweit danach unter Heranziehung der im Register der volkseigenen Wirtschaft eingetragenen Betriebsnummer 93940468 des VE Kombinat Aufbereitung tierischer Rohstoffe und Pelztierproduktion L , der Betrieb ausweislich der beigezogenen Auskunft aus dem Bundesarchiv vom 4. Juni 2012 (Bl. 73-76 der Gerichtsakte) auch im Jahr 1990 in die Wirtschaftsgruppe 61152 (wirtschaftsleitende Organe des Binnenhandels) eingeordnet wurde, ist diese Wirtschaftsgruppe gerade nicht dem produzierenden Bereich der Industrie oder des Bauwesens zugeordnet. Die statistische Einordnung des Betriebes in die Systematik der Volkswirtschaftszweige der DDR korrespondiert damit mit den sich aus den Betriebsunterlagen ergebenden Hauptaufgaben des Betriebes und kann daher als bestätigendes Indiz deklariert werden. Dem Beschäftigungsbetrieb des Klägers gab somit nicht – wie vom BSG für einen bundesrechtlichen Anspruch für erforderlich erachtet – die industrielle Produktion im Sinne des fordistischen Produktionsmodells (vgl. ausdrücklich: BSG, Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 41/01 R - SozR 3-8570 § 1 Nr. 6, S. 29, S. 46 und S. 47; BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 3/06 R - JURIS-Dokument, Rn. 23) bzw. die massenhafte Produktionsdurchführung (vgl. dazu ausdrücklich: BSG, Urteil vom 19. Juli 2011 - B 5 RS 1/11 R - JURIS-Dokument, Rn. 20; BSG, Urteil vom 19. Juli 2011 - B 5 RS 7/10 R - JURIS-Dokument, Rn. 24; BSG, Urteil vom 19. Juli 2011 - B 5 RS 4/10 R - JURIS-Dokument, Rn. 25), das heißt die industrielle Fertigung, Fabrikation, Herstellung beziehungsweise Produktion von Sachgütern beziehungsweise der massenhafte Ausstoß von Neubauwerken das Gepräge.

2. Beim Beschäftigungsbetrieb des Klägers handelte es sich auch nicht um einen, den volkseigenen Produktionsbetrieben im Bereich Industrie oder Bauwesen, gleichgestellten Betrieb im Sinne von § 1 VO-AVItech. Die Festlegung, welche Betriebe gleichgestellt waren, wurde nicht in der Regierungsverordnung getroffen, sondern der Durchführungsbestimmung überantwortet (vgl. § 5 VO-AVItech). Nach § 1 Abs. 2 der 2. DB waren den volkeigenen Betrieben gleichgestellt: wissenschaftliche Institute; Forschungsinstitute; Versuchsstationen; Laboratorien; Konstruktionsbüros; technische Hochschulen; technische Schulen; Bauakademie und Bauschulen; Bergakademie und Bergbauschulen; Schulen, Institute und Betriebe der Eisenbahn, Schifffahrt sowie des Post- und Fernmeldewesens; Maschinen-Ausleih-Stationen und volkseigene Güter, Versorgungsbetriebe (Gas, Wasser, Energie); Vereinigungen volkseigener Betriebe (VVB), Hauptverwaltungen und Ministerien. Der VE Kombinat Aufbereitung tierischer Rohstoffe und Pelztierproduktion L kann unter keine dieser Betriebsgruppen gefasst werden, da weder volkseigene Kombinate noch wirtschaftsleitende Organe des Binnenhandels aufgeführt sind. Eine Einbeziehung dieser Betriebe hätte nur erfolgen können, wenn die nach § 5 VO-AVItech ermächtigten Ministerien die Regelung in § 1 Abs. 2 der 2. DB dahingehend ergänzt hätten. Das ist nicht der Fall.

Der Beschäftigungsbetrieb des Klägers war insbesondere keine VVB, worauf sich die Berufung ausschließlich stützt. Von entscheidender Bedeutung ist dabei, dass der Betrieb am Streit entscheidenden Stichtag (30. Juni 1990) schon seit Längerem nicht mehr unter der Bezeichnung "VVB" firmierte. Es trifft zwar zu, dass das VE Kombinat Aufbereitung tierischer Rohstoffe und Pelztierproduktion L gemäß Abschnitt I. (2) Satz 2 der Gründungsanweisung des Ministers für Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft vom 8. Dezember 1983 (Bl. 19-27 der Gerichtsakte) Rechtsnachfolger einer VVB, nämlich der VVB tierische Rohstoffe, war. Diese Rechtsnachfolge bewirkte jedoch nicht, dass das Kombinat selbst eine VVB war. Vielmehr wurde die organisationsrechtliche Struktur neu begründet. Dies hing mit der Beschleunigung des wissenschaftlich-technischen Fortschritts und den wachsenden Verflechtungen zwischen den Betrieben, Zweigen und Bereichen zusammen, die nach der sozialistischen Staatsdoktrin eine einheitliche Leitung der Phasen des Reproduktionsprozesses notwendig machten (vgl. Wörterbuch der Ökonomie des Sozialismus, Neuausgabe 1989, S. 964 f. zum Stichwort "Vereinigung volkseigener Betriebe"). Aus diesem Grund erfolgte ab Mitte der 60er-Jahre schrittweise die Umbildung der VVB zu volkseigenen Kombinaten, die gem. § 1 Abs. 1 der Verordnung über die volkseigenen Kombinate, Kombinatsbetriebe und volkseigenen Betriebe vom 8. November 1979 (GBl. I Nr. 38 S. 355) als grundlegende Wirtschaftseinheit und moderne Formen der Leitung und Organisation in den Bereichen der sozialistischen Volkswirtschaft auf der Grundlage des einheitlichen staatlichen Volkseigentums angesehen wurden. Trotz dieses Umstandes wurden volkseigene Kombinate in § 1 Abs. 2 der 2. DB nicht als gleichgestellte Betriebe erwähnt, weil der Versorgungsgesetzgeber die versorgungsrechtlichen Regelungen nicht angepasst hat. Sie können der AVItech nur dann unterfallen, wenn es sich um ein volkseigenes Kombinat der Industrie oder des Bauwesens gehandelt hat, das massenhafte Produktion nach dem fordistischen Produktionsmodell mit Hilfe monofunktionaler Maschinen forciert hat, was beim streitgegenständlichen Betrieb ersichtlich nicht der Fall ist.

Soweit der Kläger-Prozessbevollmächtigte auf einen erweiterten ökonomischen Sprachgebrauch abstellt, indem er meint, das zentralgeleitete Kombinat habe genau solche wirtschaftsleitenden Kompetenzen wie eine VVB besessen und sei daher dieser gleich gestellt gewesen, kann dieser erweiterte, gleichstellende Sprachgebrauch nicht zu Grunde gelegt werden, weil er von der Versorgungsordnung nicht inkorporiert worden ist. Dabei ist es für das versorgungsrechtliche Verständnis gleichgültig, dass die Umstrukturierung der VVB in volkseigene Kombinate faktisch den veränderten Schwerpunktsetzungen der sozialistischen Wirtschaftspolitik geschuldet waren. Denn, dass die nach der Rechtsprechung für die Auslegung maßgeblichen Regelungen der zu Bundesrecht gewordenen Regelungen der AVItech, die sich aus den Texten der VO-AVItech und der 2. DB ergeben, bzw. die für ihr Verständnis maßgeblichen DDR-Verordnungen zum Bereich der volkseigenen Betriebe den immer wieder veränderten Schwerpunktsetzungen in der Industriepolitik angeglichen worden seien, ist nicht ersichtlich, insbesondere im Hinblick auf die seit ihrem Erlass unverändert gebliebene VO-AVItech und die 2. DB (BSG, Beschluss vom 22. Juni 2010 - B 5 RS 94/09 B - JURIS-Dokument Rn. 12). Von Belang sind allein die Entwicklungen des versorgungsrechtlichen Sprachgebrauchs (BSG, Urteil vom 19. Juli 2011 - B 5 RS 7/10 R - JURIS-Dokument, Rn. 25; BSG, Urteil vom 19. Juli 2011 - B 5 RS 1/11 R - JURIS-Dokument, Rn. 21).

Um das Analogieverbot, das aus den Neueinbeziehungsverboten in dem zu Bundesrecht gewordenen Rentenangleichungsgesetz der DDR (vgl. Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet F Abschnitt III Nr. 8 Einigungsvertrag) und dem Einigungsvertrag (vgl. Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet H Abschnitt III Nr. 9 Buchst. a Satz 1 Halbsatz 2 zum Einigungsvertrag) folgt, nicht zu unterlaufen, hat sich eine Auslegung der abstrakt-generellen Regelungen des Versorgungsrechts "strikt am Wortlaut zu orientieren" (so ausdrücklich: BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 6/09 R - JURIS-Dokument, Rn. 37; BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 9/09 R- JURIS-Dokument, Rn. 32; BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 10/09 R- JURIS-Dokument, Rn. 32; BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 10/09 R- JURIS-Dokument, Rn. 34; BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 17/09 R- JURIS-Dokument, Rn. 32; BSG, Beschluss vom 13. Februar 2008 - B 13 RS 133/07 B - JURIS-Dokument, Rn. 14; BSG, Urteil vom 7. September 2006 - B 4 RA 39/05 R - JURIS-Dokument, Rn. 20; BSG, Urteil vom 7. September 2006 - B 4 RA 41/05 R - JURIS-Dokument, Rn. 23). Für die Antwort darauf, ob das Versorgungsrecht – aus welchen Gründen auch immer – bestimmte Betriebsgruppen einbezogen oder nicht einbezogen hat, kann nur auf die sprachlich abstrakt-generellen und ihrem Wortlaut nach zwingenden Texte der Versorgungsordnungen und ihrer Durchführungsbestimmungen abgestellt werden (BSG, Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 42/01 R - JURIS-Dokument, Rn. 27).

Eine Erweiterung des Kreises der gleichgestellten Betriebe ist daher nicht möglich. Zum einen ist nach dem Wortlaut von § 1 Abs. 2 der 2. DB die Aufzählung der dort genannten Betriebe abschließend. Zum anderen ist eine nachträgliche Korrektur der im Bereich der Zusatz- und Sonderversorgungssysteme am 30. Juni 1990 geltenden abstrakt-generellen Regelungen der DDR, auch soweit sie willkürlich gewesen sein sollten, durch die vollziehende und die rechtsprechende Gewalt nicht zulässig, worauf das BSG wiederholt hingewiesen hat (vgl. BSG, Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 3/02 R - SozR 3-8570 § 1 Nr. 7 S. 68). Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat die in nunmehr ständiger Rechtsprechung des BSG aufgestellten Grundsätze im Hinblick auf Art. 3 des Grundgesetzes (GG) nicht beanstandet (BVerfG, Beschlüsse vom 26. Oktober 2005 - 1 BvR 1921/04, 1 BvR 203/05, 1 BvR 445/05, 1 BvR 1144/05 - NVwZ 2006, 449 und vom 4. August 2004 - 1 BvR 1557/01 - NVwZ 2005, 81). Nach Auffassung des BVerfG ist es zulässig, dass sich das BSG am Wortlaut der Versorgungsordnung orientiert und nicht an eine Praxis oder an diese Praxis möglicherweise steuernde unveröffentlichte Richtlinien der DDR anknüpft.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.

Jacobi Lübke Dr. Schnell
Rechtskraft
Aus
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