L 1 R 289/11

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 10 R 58/08
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 1 R 289/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 28. Juli 2011 sowie der Bescheid der Beklagten vom 31. August 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Januar 2008 werden aufgehoben und die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger ab dem 01. Juli 2007 eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit nach den gesetzlichen Vorschriften zu gewähren.

Die Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Rechtsstreit betrifft die Frage, ob der Kläger einen Anspruch auf Gewährung einer Altersrente wegen Arbeitslosigkeit hat.

Für den am ... 1947 geborenen Kläger, einem Ingenieur der Grundstudienrichtung Elektronik, sind im Versicherungskonto der Beklagten vom 01. Juni 2003 bis zum 19. Dezember 2005 Pflichtbeitragszeiten aufgrund von Entgeltersatzleistungen wegen Arbeitslosigkeit gespeichert. Aus der beigezogenen Akte der Agentur für Arbeit W. ergibt sich, dass der Kläger der Arbeitsagentur unter dem 02. Dezember 2005 mitgeteilt hat, dass er ab dem 20. Dezember 2005 eine selbständige Tätigkeit mit einem voraussichtlichen Umfang von wöchentlich 15 Stunden und mehr aufnehmen werde. Ein anschließender weiterer Kontakt des Klägers mit der Arbeitsagentur ist der Akte nicht zu entnehmen.

Am 19. Juli 2007 beantragte der Kläger bei der Beklagten eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit, die am 01. Juli 2007 beginnen sollte. In dem Antrag ist u. a. angegeben, dass seit dem 20. Juni 2007 eine bei einer Agentur für Arbeit gemeldete Arbeitslosigkeit bestehe. Im Zusammenhang mit der Antragstellung teilte der Kläger mit, im Jahre 2006 den Schritt in die Selbständigkeit gewählt zu haben, da keine Firma einen 58 Jahre alten Ingenieur habe beschäftigen wollen. In diesem Jahr habe er noch einige Aufträge bekommen. Zwischenzeitlich hätten die Deutsche Bahn und andere Großunternehmen ihre Vergabepraxis geändert, so dass bei der Vergabe von Aufträgen kaum ein Kleinunternehmen berücksichtigt werde. Der Umsatz im ersten Halbjahr 2006 habe lediglich 4.000 Euro betragen. Dies entspreche mit der Angebotserstellung umgerechnet auf eine Arbeitsstundenleistung 1,4 Stunden pro Tag. Den (tatsächlichen) Zeitaufwand gab er ausweislich eines Telefonvermerks vom 26. Juli 2007 mit ca. drei Stunden pro Tag an. Wegen der ungünstigen Auftragslage habe er sich bei einigen Firmen, leider erfolglos, beworben. Bei der Arbeitsagentur M., Geschäftsstelle W., sei er mit der Begründung abgewiesen worden, sie sei für ihn nicht mehr zuständig, da er keinen Anspruch auf Leistungen durch sie habe.

Mit Bescheid vom 31. August 2007 lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit der Begründung ab, eine Arbeitslosigkeit sei nicht nachgewiesen. Dagegen legte der Kläger am 07. September 2007 Widerspruch ein und trug vor, er habe sich nach Ende des Arbeitslosengeldbezuges bei der Agentur für Arbeit in W. gemeldet. Dort sei er an die ARGE O. verwiesen worden. Diese habe ihm mitgeteilt, dass für die Meldung als Arbeitsloser ohne Leistungsbezug die Agentur für Arbeit zuständig sei. Dort sei er aber von der Anmeldung abgewiesen worden. Ihm sei nicht bekannt gewesen, dass er sich bei der Agentur für Arbeit hätte regelmäßig melden müssen, um weiter als arbeitslos im Sinne des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches – Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) zu gelten. Darüber hinaus legte er eine schriftliche Erklärung des Herrn A. J. vom 06. Oktober 2007 vor. Darin führte Herr J. aus, der Kläger habe im Jahre 2006 in seiner Begleitung die Arbeitsagentur in W. aufgesucht. Dabei sei der Kläger vom Arbeitsagenturschalter zum ARGE-Schalter und wieder zurück geschickt worden. Er habe mithören können, dass die Arbeitsagenturmitarbeiterin ihn nicht zu einem Arbeitsvermittler vorgelassen und dies damit begründet habe, dass er im EDV-System nach freien Arbeitsstellen suchen könne. Mit Widerspruchsbescheid vom 11. Januar 2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und führte zur Begründung aus, die Erklärung des Herrn J. sei nicht geeignet, die geforderte Meldung bei der Agentur für Arbeit für die Zeit ab 20. Dezember 2005 zu belegen.

Dagegen hat der Kläger am 29. Januar 2008 Klage beim Sozialgericht Magdeburg (SG) erhoben. Er habe sich auf seiner Beschäftigungslosigkeit nicht ausgeruht, sondern sich immer intensiv um eine Arbeit bemüht und Fortbildungen besucht. Eine Erklärung nach § 428 des Dritten Buches des Sozialgesetzbuches – Arbeitsförderung (SGB III) habe er nicht unterschrieben, weil er als Ziel für sich immer gesehen habe, Arbeit zu bekommen. Die Bundesagentur für Arbeit habe ihm nie mitgeteilt, dass diese Erklärung für den Anspruch auf Rente wichtig sei. Man habe versucht, ihm die Erklärung schmackhaft zu machen, indem man ihm mitgeteilt habe, er brauche sich dann nicht mehr melden und könne überall hin in den Urlaub fahren. Hieran habe er kein Interesse gehabt. Er habe einen Arbeitsplatz gewollt. In der nichtöffentlichen Sitzung des SG am 14. April 2011 hat der Kläger bekundet, er sei sich sicher, dass er nach der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit im Januar 2006 bis zum Rentenantrag nur einmal persönlich bei der Agentur für Arbeit in W. vorgesprochen habe. Im weiteren Verlauf der Sitzung hat der Kläger sich daran erinnert, die Agentur für Arbeit in W. am 24. Februar 2006 (im Schriftsatz vom 10. Mai 2011 ist vom 24. März 2006 die Rede) aufgesucht zu haben. Er könne sich so genau daran erinnern, weil er seinerzeit den Termin für ein Reservistentreffen der Bundeswehr verwechselt habe und mit Herrn J. einen Tag zu früh dorthin aufgebrochen sei. Als er während der Fahrt ihren Irrtum bemerkt habe, sei er in Begleitung von Herrn J. zur Arbeitsagentur in W. gefahren, weil diese ohnehin auf dem Weg gelegen habe.

Mit Urteil vom 28. Juli 2011 hat das SG die Klage abgewiesen. Die vom Gesetz für die Annahme von Arbeitslosigkeit geforderten Eigenbemühungen um eine abhängige Beschäftigung seien nicht hinreichend belegt.

Gegen das am 10. August 2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 12. September 2011, einem Montag, Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt. Ergänzend und vertiefend trägt er vor, trotz des für ihn als älteren Ingenieur schwierigen Arbeitsmarktes habe er sich ausgiebig um Arbeit bemüht. Außerdem habe er eine Erklärung gemäß § 428 SGB III aufgrund mangelhafter Beratung der Bundesagentur für Arbeit nicht abgegeben.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 28. Juli 2011 sowie den Bescheid der Beklagten vom 31. August 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Januar 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab dem 01. Juli 2007 eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit nach den gesetzlichen Vorschriften zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 28. Juli 2011 zurückzuweisen.

Sie vertritt die Auffassung, das SG habe die Klage mit zutreffender Begründung abgewiesen.

Der Senat hat die über den Kläger geführte Akte der Agentur für Arbeit W. beigezogen.

Diese Akte sowie die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der anschließenden Beratung gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird ergänzend auf den Inhalt dieser Akten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers ist begründet, denn der Bescheid der Beklagten vom 31. August 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Januar 2008 ist rechtswidrig. Das SG hat die Klage deshalb zu Unrecht abgewiesen.

Der Kläger hat dem Grunde nach einen Anspruch auf Altersrente wegen Arbeitslosigkeit ab 01. Juli 2007. Ein solchen Anspruch haben Versicherte gemäß § 237 Abs. 1 SGB VI, wenn sie vor dem ... 1952 geboren sind, das 60. Lebensjahr vollendet haben, bei Beginn der Rente arbeitslos sind und nach Vollendung eines Lebensjahres von 58 Jahren und sechs Monaten insgesamt 52 Wochen arbeitslos waren sowie in den letzten zehn Jahren vor Beginn der Rente acht Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben, wobei sich der Zeitraum von zehn Jahren um Anrechnungszeiten und Zeiten des Bezugs einer Rente aus eigener Versicherung, die nicht auch Pflichtbeitragszeiten aufgrund einer versicherten Beschäftigung oder Tätigkeit sind, verlängert. Erforderlich ist weiter die Erfüllung der Wartezeit von 15 Jahren.

Der Kläger ist am ... 1947 und damit vor dem ... 1952 geboren. Das 60. Lebensjahr hat er am ... 2007 und damit vor dem gewünschten Rentenbeginn am 01. Juli 2007 vollendet. Die erforderliche Wartezeit von 15 Jahren hat er erfüllt. Im Zehn-Jahreszeitraum vom 01. Juli 1997 bis zum 30. Juni 2007 sind 102 Monate an Pflichtbeiträgen vorhanden und damit mehr als die notwendigen 96 Monate. Schließlich war er bei Beginn der Rente arbeitslos; überdies war er nach Vollendung eines Lebensjahres von 58 Jahren und sechs Monaten auch insgesamt mehr als 52 Wochen arbeitslos, nämlich vom 06. Juli 2005 bis zum 19. Dezember 2005 und vom 04. Mai 2006 bis zum 30. Juni 2007.

Arbeitslosigkeit im Sinne des § 237 SGB VI ist im Sinne der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung zu verstehen. Gemäß § 119 Abs. 1 SGB III in der hier maßgeblichen ab 01. Januar 2005 gültigen Fassung des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2848; alte Fassung – a.F.) ist Arbeitslosigkeit bei einem Arbeitnehmer zu bejahen, der

1.

nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht (Beschäftigungslosigkeit),

2.

sich bemüht, seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden (Eigenbemühungen) und

3.

den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung steht (Verfügbarkeit).

In einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stand der Kläger zwischen dem 20. Dezember 2005 und dem 30. Juni 2007 nicht. Dagegen war er ab dem 20. Dezember 2005 selbständig tätig. Gemäß § 119 Abs. 3 SGB III a.F. schließt die Ausübung einer Beschäftigung, selbständigen Tätigkeit oder Tätigkeit als mithelfender Familienangehöriger (Erwerbstätigkeit) die Beschäftigungslosigkeit aber nicht aus, wenn die Arbeits- oder Tätigkeitszeit (Arbeitszeit) weniger als 15 Stunden wöchentlich umfasst; gelegentliche Abweichungen von geringer Dauer bleiben unberücksichtigt.

§ 119 Abs. 3 SGB III steht der Annahme von Arbeitslosigkeit hier nicht entgegen. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung am 01. November 2012 glaubhaft bekundet, dass er pro Tag ca. 1,5 Stunden dafür aufgewendet habe, Ausschreibungsunterlagen zu erstellen. Denn dies deckt sich in etwa mit seinen Angaben im Schreiben an die Beklagte vom 14. August 2007, wonach sein Umsatz im ersten Halbjahr 2006 mit der Angebotserstellung umgerechnet auf eine Arbeitsstundenleistung 1,4 Stunden pro Tag entspreche. Der ausweislich eines Telefonvermerks vom 26. Juli 2007 mit ca. drei Stunden pro Tag angegebene Zeitaufwand erscheint dem Senat dagegen nicht überzeugend, zumal es sich insoweit lediglich um eine wiedergegebene Aussage handelt. Abgesehen davon ist davon auszugehen, dass sich der Zeitaufwand mit Verschlechterung der Auftragslage verringerte und die 15-Stunden-Grenze schon im ersten Halbjahr 2006 unterschritten wurde.

Neben der Nichtausübung einer mehr als geringfügigen Beschäftigung oder Tätigkeit setzt Arbeitslosigkeit gemäß § 119 Abs. 1 SGB III in erster Linie voraus, dass der Beschäftigungslose der Arbeitsvermittlung durch das Arbeitsamt zur Verfügung steht (vgl. § 119 Abs. 1 SGB III). Den Vermittlungsbemühungen steht nach § 119 Abs. 2 SGB III nur zur Verfügung, wer arbeitsfähig und seiner Arbeitsfähigkeit entsprechend arbeitsbereit ist. Der Arbeitslose muss somit dem Arbeitsmarkt sowohl objektiv als auch subjektiv zur Verfügung stehen, d.h. er muss den Vorschlägen des Arbeitsamts zur beruflichen Wiedereingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten können (objektive Verfügbarkeit) und auch entsprechend der objektiven Verfügbarkeit arbeitsbereit sein (subjektive Verfügbarkeit, BSG, Urteil vom 21. März 2006 – B 5 RJ 27/05 R – juris, Rdnr. 15).

Für das Bestehen von Arbeitslosigkeit dient regelmäßig die Meldung beim Arbeitsamt als Nachweis. Allerdings ist die Meldung beim Arbeitsamt nicht zwingend erforderlich. Fehlt eine Meldung, muss ein überzeugender Nachweis ernsthafter und ständiger Bemühungen um eine den Kenntnissen und Fähigkeiten entsprechende Arbeitsstelle geführt werden, zum Beispiel durch Vorlage von Bewerbungen und Antwortschreiben, Zeitungsanzeigen, usw. (von Koch in: Kreikebohm, Kommentar zum SGB VI, 3. Aufl. 2008, § 237 Rdnr. 9; O´Sullivan in: jurisPK-SGB VI, 2008, § 237 Rdnr. 48; Gürtner in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, 2012, § 237 Rdnr. 14; das BSG hat in seinem Urteil vom 21. März 2006 – B 5 RJ 27/05 R –, a.a.O., Rdnr. 19, offen gelassen, welche Anforderungen im Einzelnen an den Nachweise anderweitiger Bemühungen zu stellen sind). Als Beginn der Arbeitslosigkeit ist der Beginn der Bemühungen anzusehen. Für zu weitgehend hält der Senat die in den Arbeitsanweisungen der Beklagten niedergelegte Forderung, je Kalenderwoche müssten in der Regel zwei schriftliche Bewerbungen für eine versicherungspflichtige Beschäftigung mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von mindestens 15 Stunden abgesendet werden, zumal dies – soweit ersichtlich – in der Rechtsprechung des BSG so nicht postuliert wird.

Die vom Kläger angegebenen Eigenbemühungen beginnen am 04. Mai 2006. Seitdem hat er sich ernsthaft und ständig um eine seinen Kenntnissen und Fähigkeiten entsprechende Arbeitsstelle bemüht, und zwar nachfolgend am 07. Juni 2006, 09. August 2006, 04. September 2006, 06. November 2006, 03. Januar 2007, 09. Januar 2007 (zwei Bewerbungen), 05. März 2007, 15. März 2007 (zwei Bewerbungen), 16. Mai 2007 sowie mit weiteren Bewerbungen nach dem gewünschten Rentenbeginn. Zugunsten des Klägers ist dabei zu berücksichtigen, dass er sich bei seinen Bewerbungen nicht auf das nähere Umfeld beschränkt hat, wie seine Bewerbungen bei Firmen in Mönchengladbach, Offenbach, Dinslaken, Bad K., Herxheim, B. und Bünde zeigen. Darüber hinaus hat er sich bei seiner Beschäftigungssuche offenbar nicht auf eine seiner Ausbildung zum Ingenieur entsprechende Tätigkeit beschränkt. Dies legen zumindest die letzten aufgeführten Bewerbungen vom 08. Oktober 2007 und 07. November 2007 nahe, bei denen es um Stellen für Elektriker ging (schwere Kabel verlegen bzw. Antennenmontage).

Der Senat hält die angegebenen Bewerbungen auch für glaubhaft, obwohl der Kläger keine schriftlichen Bewerbungen sowie keine Antwortschreiben der Unternehmen beigebracht hat. Zum Einen hat der Kläger sehr konkrete, detaillierte Angaben machen können. So hat er z.B. außer den kalendermäßigen Bewerbungsdaten auch die Namen der Gesprächspartner notiert. Zum Anderen hält der Senat die Vorgehensweise des Klägers, wie sie seine Ehefrau unter dem 06. März 2008 schriftlich beschrieben hat, für nachvollziehbar und plausibel. Die Ehefrau hat dargelegt, der Kläger bewerbe sich größtenteils telefonisch. Die Anrufe dienten in erster Linie dazu, nähere Informationen zur Stellenausschreibung zu erhalten. Bei den Anrufen habe sich dann schon ergeben, dass eine schriftliche Bewerbung nicht mehr erforderlich sei. Außerdem werde in vielen Bewerbungskursen und Bewerbungsratgebern dazu geraten, vor der schriftlichen Bewerbung telefonisch nachzufragen, um z.B. die Bewerbung zielgerichteter zu formulieren.

Im Übrigen ist die Tatsache, dass der Kläger die Erklärung nach § 428 SGB III nicht unterschrieben hat, neben der Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit als Indiz dafür zu werten, dass er sich nicht aus dem Arbeitsleben zurückziehen wollte. Diese Norm ermöglicht Arbeitnehmern, die das 58. Lebensjahr vollendet haben, Arbeitslosengeld unter erleichterten Voraussetzungen zu erhalten. Diese müssen nicht mehr arbeitsbereit sein sowie nicht alle Möglichkeiten nutzen und nutzen wollen, um ihre Beschäftigungslosigkeit zu beenden. Rentenrechtlich bedeutsam ist dies vor allem im Zusammenhang mit § 237 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI. Danach haben auch Versicherte Anspruch auf die Altersrente wegen Arbeitslosigkeit, die während der Arbeitslosigkeit von 52 Wochen nur deshalb der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung standen, weil sie nicht arbeitsbereit waren und nicht alle Möglichkeiten nutzten und nutzen wollten, um ihre Beschäftigungslosigkeit zu beenden. Es wäre für den Kläger also leicht gewesen, nach Vollendung eines Lebensjahres von 58 Jahren und sechs Monaten insgesamt 52 Wochen Arbeitslosigkeit zu erreichen. Deshalb ist auch glaubhaft, was der Kläger in diesem Zusammenhang ausgeführt hat, nämlich dass er als Ziel für sich immer gesehen habe, Arbeit zu bekommen. Dieses Verhalten darf dem Kläger zur Überzeugung des Senats im Zusammenhang mit den Anspruchsvoraussetzungen für eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit nicht zum Nachteil gereichen.

Auch die 30 Schulungsmaßnahmen, an denen der Kläger ausweislich seiner Bekundungen in der mündlichen Verhandlung am 01. November 2012 im Zeitraum von 2006 bis 2009 teilgenommen hat, verdeutlichen, dass er sich nicht endgültig aus dem Arbeitsleben zurückziehen wollte, sondern – wie er es erklärte – seinen Marktwert als Ingenieur steigern wollte. Die Teilnahme an Schulungsmaßnahmen ist für den Senat glaubhaft, denn der Kläger hat im erstinstanzlichen Verfahren teilweise mehrtägige Seminare und Schulungen durch entsprechende Bescheinigungen und Zertifikate nachgewiesen.

Der Kläger war also zur Überzeugung des Senats nach Vollendung eines Lebensjahres von 58 Jahren und sechs Monaten vom 06. Juli 2005 bis zum 19. Dezember 2005 und vom 04. Mai 2006 bis zum 30. Juni 2007 und damit mehr als 52 Wochen arbeitslos.

Nach alledem hat der Kläger ab dem 01. Juli 2007 dem Grunde nach einen Anspruch auf Altersrente wegen Arbeitslosigkeit gemäß § 237 SGB VI. Ob die Hinzuverdienstgrenzen (§ 34 Abs. 2 und 3 SGB VI) überschritten sind, hat die Beklagte im Rahmen der konkreten Rentenfeststellung zu prüfen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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