Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 3 U 65/06
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 30/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 2 U 227/11 B
Datum
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 24. Januar 2008 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die psychische Krankheit des Klägers (mittelschwere depressive Episode) als Folge eines Arbeitsunfalls bzw. als oder wie eine Berufskrankheit anzuerkennen und zu entschädigen ist.
Der 1945 geborene Kläger war seit 1982 bei der Firma QW. in KH. als Wirtschaftsprüfer angestellt und in dieser Funktion bis zum Eintritt seiner Arbeitsunfähigkeit am 1. März 2004 tätig. Mit Bescheid vom 14. Oktober 2004 wurde dem Kläger durch die Deutsche Rentenversicherung eine Rente wegen voller Erwerbsminderung seit seiner Arbeitsunfähigkeit bewilligt.
Mit Bescheid vom 3. November 1999 waren bei dem Kläger durch das Versorgungsamt die Gesundheitsstörungen "Schallempfindungsstörung, beidseits, mit Ohrgeräuschen, seelische Störung mit psychovegetativen und psychosomatischen Störungen" als Folgen einer Wehrdienstbeschädigung mit einer Grundrente nach einer MdE von 30 v.H. ab dem 1. März 1998 anerkannt worden. In einem sich anschließenden Rechtsstreit vor dem Sozialgericht Marburg (S 1 VS 375/00) erstattete Dr. med. WE. ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten vom 2. August 2004 (Bl. 89 ff. der Akte S 1 VS 375/00), in dem er feststellte, dass der Kläger in psychischer Hinsicht unter einer leichten bis mittelgradigen rezidivierenden depressiven Episode leide. Der Gutachter kam zu dem Ergebnis, dass die ab 1973 festzustellende Depression als mittelbare Folge der Wehrdienstbeschädigung anzusehen sei. Die seit 1997/1998 in wechselnder Intensität auftretende rezidivierende depressive Episode sei hingegen am ehesten den vom Kläger geschilderten Konflikten am Arbeitsplatz zuzuordnen.
Am 19. Dezember 2005 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Aufnahme von Ermittlungen, da seine Erwerbsminderung aus dem beruflichen Umfeld herrühre. Er legte hierzu einen Bescheid des Versorgungsamts vom 20.Oktober 2005 vor, worin eine Gewährung höherer Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) abgelehnt und zur Begründung ausgeführt wurde, für das vorzeitige Ausscheiden aus dem Erwerbsleben durch Erwerbsunfähigkeit seien nicht die anerkannten Schädigungsfolgen, sondern vielmehr eine schädigungsunabhängig vorliegende psychische Erkrankung ausgelöst durch schädigungsunabhängige Ereignisse im beruflichen Umfeld - verantwortlich gewesen.
Nachdem der Kläger auf Anfrage der Beklagten, welche Faktoren seines beruflichen Umfeldes er für welche Gesundheitsstörungen verantwortlich mache, sich über die Mitteilung, sein früherer Arbeitgeber habe ihn von seiner Schweigepflicht entbunden, hinaus zur Sache nicht geäußert hatte, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 5. Juli 2006 sodann die Gewährung von Entschädigungsleistungen ab, da nach dem vorgetragenen Sachverhalt nicht zu erkennen sei, dass ein Arbeitsunfall vorgelegen habe. Gleichzeitig sei die vorgetragene psychische Erkrankung auch nicht in der Liste der Berufskrankheiten genannt. Den hiergegen am 11. Juli 2006 eingelegten Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18. September 2006 zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 2. Oktober 2006 Klage bei dem Sozialgericht Marburg (Sozialgericht) erhoben. In der dortigen mündlichen Verhandlung vom 24. Januar 2008 hat der Kläger erklärt, keine konkreten Angaben zu einzelnen kriminellen Handlungen machen zu können, um sich nicht der Gefahr eines strafrechtlichen Vorwurfs (Schweigepflichtverletzung) auszusetzen. Er sei jedenfalls jahrelang systematisch gemobbt worden, indem er schlechte Aufträge erhalten und minderwertige Tätigkeiten zugeteilt bekommen habe. Man habe ihn als Person und auch in fachlicher Hinsicht herabgesetzt. Weiterhin hat er erklärt, dass er ein Gespräch vom 19. März 1991 als Auslöser seiner Depression sehe. An diesem Tag habe er seinen Arbeitgeber und den damaligen Mandanten zur Rede gestellt, da Unterlagen verschwunden oder gefälscht worden seien, um kriminelle Machenschaften zu vertuschen. Daraufhin sei ihm der Auftrag entzogen worden und er lebe seit diesem Zeitpunkt in der ständigen Angst mit einem Strafverfahren überzogen zu werden, da auch er unrichtige Berichte unterschrieben habe.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 24. Januar 2008 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Definition eines Arbeitsunfalls unter Einbeziehung einer zeitlichen Begrenzung des Ereignisses diene der notwendigen Abgrenzung des Unfalls zur Berufskrankheit und sei auch entgegen der Auffassung des Klägers in Bezug auf "Mobbing am Arbeitsplatz" nicht überholt. Während der Berufsunfall auf ein zeitlich begrenztes Ereignis abstelle, erfasse das Tatbestandsmerkmal der Berufskrankheit den so genannten Summationseffekt, nämlich die Häufung mehrerer (mehr oder weniger) schädigender Ereignisse über einen längeren Zeitraum. Würde das einen Berufsunfall charakterisierende, strenge Zeitmoment auch auf längerfristige Einwirkungen ausgedehnt, wäre insoweit keine klare Trennung zwischen Berufsunfall und Berufskrankheit mehr möglich und damit die Gefahr einer willkürlichen Ausuferung des Tatbestandes gegeben. Im Fall des Klägers führe dies auch nicht zu einer unzumutbaren Benachteiligung. Er erhalte seit dem Zeitpunkt seiner Arbeitsunfähigkeit eine volle Erwerbsminderungsrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung wegen der bestehenden psychischen Erkrankung. Die aufgrund des Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung betreffenden Anrechnungsfreibetrages des § 93 SGB VI mögliche finanzielle Verbesserung könne nicht dazu führen, dass die vom Gesetz vorgegebene und von der Rechtsprechung konkretisierte Definition des Arbeitsunfalls nunmehr für Fälle des "betrieblichen Mobbings" entsprechend weit auszulegen wäre. Schäden durch wiederholte, auf mehrere Arbeitsschichten verteilte Einwirkungen seien nur dann als Folge eines Unfalls anzuerkennen, wenn sich eine einzelne Einwirkung derart aus der Gesamtheit hervorhebe, dass sie nicht nur als eine von mehreren für den Erfolg gleichwertige Ursachen erscheine. Ein derart außergewöhnliches Ereignis könne vorliegend jedoch nicht festgestellt werden; die vom Kläger genannte Besprechung vom 19. März 1991 stelle kein derart außergewöhnliches Erlebnis dar, dass es als Auslöser der psychischen Krankheit des Klägers zu qualifizieren wäre und sei nicht allein die wesentliche Ursache für die reaktivierte Depression des Klägers. So habe er dieses Ereignis im Gegensatz zu den Schikanen ab 1997/1998 gegenüber den Gutachtern nicht erwähnt. Hätte das Ereignis vom 19. März 1991 in seinen Auswirkungen so erheblichen Einfluss auf die Psyche des Klägers gehabt, wie er es nunmehr schildere, wäre zu erwarten gewesen, dass er sich unmittelbar in entsprechende ärztliche Behandlung begeben hätte, zumal er von 1973 bis 1974 unter einer mittelschweren depressiven Episode gelitten habe. Weder aktenkundig noch nach den Angaben des Klägers sei es jedoch bis 1997/1998 zu einer ähnlich ausgeprägten Symptomatik gekommen. Vorliegend sei davon auszugehen, dass ein kontinuierlicher Prozess zu einem Wiederaufleben der Depression geführt habe. Eine einzelne Einwirkung, die derart hervorgehoben sei, dass sie als wesentliche und nicht nur als eine von mehreren für den Erfolg gleichwertige Ursache erscheine, sei damit nicht gegeben. Die psychische Erkrankung des Klägers sei auch nicht als Berufskrankheit zu qualifizieren, da nicht jede Krankheit, die ursächlich auf die berufliche Tätigkeit zurückzuführen sei, von den Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung zu entschädigen sei. Eine Anerkennung der hier vorliegenden reaktiven Depression könne schon nicht erfolgen, weil psychische Erkrankungen nicht in der Berufskrankheitenverordnung (BKV) stünden. Auch eine Feststellung und Entschädigung der Krankheit des Klägers wie eine Berufskrankheit im Sinne des § 9 Abs. 2 SGB VII scheide aus.
Gegen dieses seinem Prozessbevollmächtigten am 1. Februar 2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 29.Februar 2008 Berufung bei dem Hessischen Landessozialgericht in Darmstadt eingelegt.
Der Kläger trägt vor, Verlauf und Ergebnis des Gesprächs vom 26. März 1991 mit seinem damaligen Arbeitgeber seien für ihn so erschütternd und für sein berufliches wie privates Leben in Anbetracht seiner allgemeinen Krankheitsgeschichte so tief einschneidend gewesen, dass die bekannten psychischen Folgen hierdurch ausgelöst worden seien. Er habe sich seinerzeit in einem ausgeprägten Gewissenskonflikt befunden, die beruflichen Aufgaben im Rahmen seiner Prüfungstätigkeit ordnungsgemäß zu erfüllen und dabei die ihm anlässlich der Mandatsbetreuung der Städtischen Kliniken in OO. bekannt gewordenen Tatsachen zu ignorieren. Ungeachtet der vom Kläger behaupteten Vorgänge habe sein Arbeitgeber von ihm verlangt, die Prüftätigkeit ohne Wenn und Aber fortzusetzen. Anderenfalls wäre ihm das Mandat entzogen worden und man hätte ihn nicht mehr entsprechend seiner beruflichen Qualifizierung eingesetzt. Hierdurch habe er sich erheblichem psychischem Druck ausgesetzt gefühlt und als einzigen Ausweg das persönliche Gespräch mit dem Mandanten gesehen; ein entsprechendes Telefonat sei jedoch ohne Ergebnis geblieben. Von seinem Arbeitgeber habe er Verständnis und Unterstützung erwartet; stattdessen sei er am 26. März 1991 von seinem Vorgesetzten in äußerst schroffer Weise mit herabsetzenden Äußerungen zu seinem Vorgehen und seiner beruflichen Kompetenz überzogen worden und man habe ihm die weitere Betreuung des Mandanten untersagt. Nach Beendigung dieses Gesprächs habe er den Eindruck gehabt, als sei ihm der Boden unter den Füßen entzogen worden. Das gravierende Ereignis vom 26. März 1991 sei in der Kette des über einen längeren Zeitraum bereits andauernden Mobbing für ihn von so unvorstellbarem Ausmaß und in seiner beruflichen und persönlichen Entwicklung von so einschneidender, herausragender Bedeutung, dass es als Arbeitsunfall zu werten sei. Zwar habe unstreitig bereits vor dem Gespräch vom 26. März 1991 eine depressive Symptomatik bestanden, die u.a. auf eine Tinnitus-Erkrankung zurückzuführen sei. Durch das Gespräch hätten sich die bereits bestehenden Gesundheitsstörungen jedoch erheblich verschlimmert.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 24. Januar 2008 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 5. Juli 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. September 2006 zu verurteilen, ihm wegen der durch das Mobbing seines Arbeitgebers entstandenen psychischen Erkrankungen Rente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bezieht sich zur Begründung im Wesentlichen auf die angefochtene erstinstanzliche Entscheidung. Um das Vorliegen eines Arbeitsunfalls anerkennen zu können, fehle es vorliegend sowohl an der Plötzlichkeit des Ereignisses als auch am Nachweis des Körperschadens im Vollbeweis.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Senat ein Gutachten des Neurologen und Psychiaters C. vom 28. Dezember 2010 eingeholt, worin es heißt, diagnostisch lägen bei dem Kläger in der Hauptsache "anhaltende Folgen psychischer Traumen vom Grade einer Posttraumatischen Belastungsstörung mit Übergängen in eine Andauernde Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung" vor. Im Ergebnis hat der Sachverständige ausgeführt, die beim Kläger auf psychiatrischem Fachgebiet bestehenden Gesundheitsstörungen beruhten mit Wahrscheinlichkeit ursächlich "zwar nicht isoliert, aber kontextuell (Mobbing) eingebunden" auf dem Ereignis vom 19. März 1991. Aus psychiatrisch-gutachterlicher Sicht könnten hier weder das Ereignis vom 19. März 1991 noch andere Einzelereignisse, z.B. vom 26. März 1991, für sich allein und aus ihrem Kontext herausgelöst werden. Erst die adäquate systematische Betrachtung der prozessualen Verknüpfung und Einbettung in einer lang anhaltenden Mobbingentwicklung mache die übergreifende Bedeutung und das wesentlich erweiterte und verstärkte pathogene Wirkungsspektrum der jeweiligen Einzelhandlung deutlich. Letztlich stelle das Ereignis vom 19. März 1991 für die Entstehung und für die Verschlimmerung der Gesundheitsbeeinträchtigungen de Klägers nicht für sich allein, aber in seinem unersetzlich summatorischen Eingebundensein in einen schwerwiegenden und tief greifenden Mobbingprozess eine wesentliche Ursache dar. Wenn man es aber – was von der Ursache-Wirkungs-Beziehung in einem Lebenslauf nicht angemessen erscheine – isoliert und für sich betrachte, sei dies nicht der Fall. Die MdE hat der Sachverständige auf 70 v.H., phasenweise auch 80 v.H. und mehr geschätzt.
Wegen der weiteren Einzelheiten, insbesondere auch im Vorbringen der Beteiligten und in den medizinischen Unterlagen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten und der Akte des vor dem Sozialgericht geführten Verfahrens S 1 VS 375/00 Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Die angefochtenen Bescheide und das erstinstanzliche Urteil sind rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch gegenüber der Beklagten auf Gewährung einer Rente.
Nach § 56 Abs. 1 des Siebten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VII) haben diejenigen Versicherten Anspruch auf eine Rente, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalles über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist. Versicherungsfälle sind gemäß § 7 Abs. 1 SGB VII Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten.
Nach § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer versicherten Tätigkeit. Nach S. 2 sind Unfälle zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen.
Ein entsprechendes Unfallereignis lässt sich, wie das Sozialgericht in dem angefochtenen Urteil umfassend und überzeugend ausgeführt und begründet hat, weder für den Tatbestand des Mobbings noch für das Ereignis vom 19. März 1991 feststellen. Zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen kann daher im Wesentlichen auf das angefochtene Urteil verwiesen werden (§ 153 Abs. 2 SGG).
Der Anerkennung des Mobbings als Unfall steht bereits der Umstand entgegen, dass es sich hierbei um kein punktuelles Ereignis handelt, das einen Gesundheitsschaden hervorzurufen vermag. Dies belegen die bereits in der Rechtsprechung geläufigen einschlägigen Definitionen wie die des Bundesarbeitsgerichts, Mobbing sei das systematische Anfeinden, Schikanieren oder Diskriminieren von Arbeitnehmern untereinander oder durch Vorgesetzte (BAG, Urteil vom 15. Januar 1997 - 7 ABR 14/96 - BAGE 85, 56 = AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 118 = EzA BetrVG 1972 § 37 Nr. 133), oder die des Thüringer Landesarbeitsgerichts (Urteil vom 15. Februar 2001 - 5 Sa 102/2000 - LAGE BGB § 626 Nr. 133; Urteil vom 10. April 2001 - 5 Sa 403/2000 - LAGE GG Art. 2 Persönlichkeitsrecht Nr. 2; ebenso LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 16. August 2001 - 6 Sa 415/01 - NZA-RR 2002, 121; LAG CM., Urteil vom 17. Oktober 2002 - 3 Sa 78/02 - LAGE GG Art. 2 Persönlichkeitsrecht Nr. 5; LAG Hamm, Urteil vom 25. Juni 2002 - 18 (11) Sa 1295/01 - NZA-RR 2003, 8), Mobbing seien "fortgesetzte, aufeinander aufbauende oder ineinander übergreifende, der Anfeindung, Schikane oder Diskriminierung dienende Verhaltensweisen, die nach ihrer Art und ihrem Ablauf im Regelfall einer übergeordneten, von der Rechtsordnung nicht gedeckten Zielsetzung förderlich sind und jedenfalls in ihrer Gesamtheit das allgemeine Persönlichkeitsrecht, die Ehre oder die Gesundheit des Betroffenen verletzen”. Die Besonderheit der als Mobbing bezeichneten tatsächlichen Erscheinungen liegt damit darin, dass nicht einzelne, abgrenzbare Handlungen, sondern die Zusammenfassung mehrerer Einzelakte in einem Prozess zu einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts oder der Gesundheit des betroffenen Arbeitnehmers führen kann (s. BAG, Urteil vom 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - juris; vgl. insgesamt Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 1. Dezember 2009, - L 3 U 157/07 - juris).
Diese Definitionen des Mobbings entsprechen auch den Darlegungen des auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG gehörten Sachverständigen Dr. ER ... Gleichzeitig bestätigt der Sachverständige auch, dass die Ereignisse vom 19. und vom 26. März 1991 als Einzelereignisse zwar in der Ursache-Wirkungs-Kette der gesamten Mobbingsituation von Bedeutung für die Krankheitsentwicklung des Klägers sind, dass diese aber gleichzeitig nicht herauslösbar und als Einzelereignisse unabhängig von der Gesamtsituation als wesentlich kausal angesehen werden können. Gegen eine Anerkennung der Ereignisse vom 19. März bzw. vom 26. März 1991 als Arbeitsunfälle sprechen aber auch bereits die eigenen Schilderungen des Klägers zu seiner Krankheitsentwicklung und die entsprechenden medizinischen Vorberichte. Vor dem Hintergrund, dass der Kläger bereits lange Zeit vor diesen Ereignissen unter depressiven Episoden gelitten hat und dargelegt hat, dass sich eine entscheidende Verschlechterung seines psychischen Gesundheitszustandes ab 1997/98 eingestellt hat, fehlt es für die jetzt angeschuldigten Ereignisse vom 19. März bzw. 26. März 1991 bereits an der Feststellbarkeit eines hierdurch verursachten gesundheitlichen Erstschadens. Im Rahmen der Begutachtung durch Dr. WE. im Jahre 2004 spielten diese Ereignisse in den Schilderungen des Klägers auch keine Rolle. Zudem findet sich auch in den Jahren zwischen 1991 und 1997/98 keine medizinische Dokumentation, die auf eine durch ein 1991 stattgehabtes Ereignis ausgelöste oder verschlimmerte psychische Gesundheitsstörung hinweist.
Auch eine Anerkennung psychischer Erkrankungen des Klägers durch Mobbing als Berufskrankheit kommt – wie das Sozialgericht zu Recht ausgeführt hat – nicht in Betracht.
Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Berufskrankheiten Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz begründenden Tätigkeit erleiden. In der maßgeblichen Anlage zur Berufskrankheitenverordnung werden psychische Erkrankungen ebenso wenig aufgeführt wie Mobbing als Ursache für eine Erkrankung. Ebenso wenig liegen die Voraussetzungen einer "Wie-BK" nach § 9 Abs. 2 SGB VII vor, weil insoweit auch keine neuen medizinischen Erkenntnisse vorliegen, nach denen die Voraussetzungen für eine Bezeichnung als Berufskrankheit gem. § 9 Abs. 1 SGB VII erfüllt sind. Letztlich sind hier auch keine neuen Erkenntnisse zu erwarten, da keine Berufsgruppe bei ihrer Tätigkeit in weitaus höherem Grade als die übrige Bevölkerung Mobbing ausgesetzt ist (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage 2010, S. 159; siehe zum Vorstehenden bereits LSG Bayern, Urteil vom 22. August 2007 - L 2 U 186/06 - juris sowie LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 16. August 2001 - L 7 U 18/01 - juris). Es fehlt also schon an der grundlegenden Voraussetzung für die Anerkennung einer Berufskrankheit.
Das Urteil des Sozialgerichts war daher zu bestätigen und die dagegen gerichtete Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, die Entscheidung über die Nichtzulassung der Revision auf § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die psychische Krankheit des Klägers (mittelschwere depressive Episode) als Folge eines Arbeitsunfalls bzw. als oder wie eine Berufskrankheit anzuerkennen und zu entschädigen ist.
Der 1945 geborene Kläger war seit 1982 bei der Firma QW. in KH. als Wirtschaftsprüfer angestellt und in dieser Funktion bis zum Eintritt seiner Arbeitsunfähigkeit am 1. März 2004 tätig. Mit Bescheid vom 14. Oktober 2004 wurde dem Kläger durch die Deutsche Rentenversicherung eine Rente wegen voller Erwerbsminderung seit seiner Arbeitsunfähigkeit bewilligt.
Mit Bescheid vom 3. November 1999 waren bei dem Kläger durch das Versorgungsamt die Gesundheitsstörungen "Schallempfindungsstörung, beidseits, mit Ohrgeräuschen, seelische Störung mit psychovegetativen und psychosomatischen Störungen" als Folgen einer Wehrdienstbeschädigung mit einer Grundrente nach einer MdE von 30 v.H. ab dem 1. März 1998 anerkannt worden. In einem sich anschließenden Rechtsstreit vor dem Sozialgericht Marburg (S 1 VS 375/00) erstattete Dr. med. WE. ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten vom 2. August 2004 (Bl. 89 ff. der Akte S 1 VS 375/00), in dem er feststellte, dass der Kläger in psychischer Hinsicht unter einer leichten bis mittelgradigen rezidivierenden depressiven Episode leide. Der Gutachter kam zu dem Ergebnis, dass die ab 1973 festzustellende Depression als mittelbare Folge der Wehrdienstbeschädigung anzusehen sei. Die seit 1997/1998 in wechselnder Intensität auftretende rezidivierende depressive Episode sei hingegen am ehesten den vom Kläger geschilderten Konflikten am Arbeitsplatz zuzuordnen.
Am 19. Dezember 2005 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Aufnahme von Ermittlungen, da seine Erwerbsminderung aus dem beruflichen Umfeld herrühre. Er legte hierzu einen Bescheid des Versorgungsamts vom 20.Oktober 2005 vor, worin eine Gewährung höherer Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) abgelehnt und zur Begründung ausgeführt wurde, für das vorzeitige Ausscheiden aus dem Erwerbsleben durch Erwerbsunfähigkeit seien nicht die anerkannten Schädigungsfolgen, sondern vielmehr eine schädigungsunabhängig vorliegende psychische Erkrankung ausgelöst durch schädigungsunabhängige Ereignisse im beruflichen Umfeld - verantwortlich gewesen.
Nachdem der Kläger auf Anfrage der Beklagten, welche Faktoren seines beruflichen Umfeldes er für welche Gesundheitsstörungen verantwortlich mache, sich über die Mitteilung, sein früherer Arbeitgeber habe ihn von seiner Schweigepflicht entbunden, hinaus zur Sache nicht geäußert hatte, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 5. Juli 2006 sodann die Gewährung von Entschädigungsleistungen ab, da nach dem vorgetragenen Sachverhalt nicht zu erkennen sei, dass ein Arbeitsunfall vorgelegen habe. Gleichzeitig sei die vorgetragene psychische Erkrankung auch nicht in der Liste der Berufskrankheiten genannt. Den hiergegen am 11. Juli 2006 eingelegten Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18. September 2006 zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 2. Oktober 2006 Klage bei dem Sozialgericht Marburg (Sozialgericht) erhoben. In der dortigen mündlichen Verhandlung vom 24. Januar 2008 hat der Kläger erklärt, keine konkreten Angaben zu einzelnen kriminellen Handlungen machen zu können, um sich nicht der Gefahr eines strafrechtlichen Vorwurfs (Schweigepflichtverletzung) auszusetzen. Er sei jedenfalls jahrelang systematisch gemobbt worden, indem er schlechte Aufträge erhalten und minderwertige Tätigkeiten zugeteilt bekommen habe. Man habe ihn als Person und auch in fachlicher Hinsicht herabgesetzt. Weiterhin hat er erklärt, dass er ein Gespräch vom 19. März 1991 als Auslöser seiner Depression sehe. An diesem Tag habe er seinen Arbeitgeber und den damaligen Mandanten zur Rede gestellt, da Unterlagen verschwunden oder gefälscht worden seien, um kriminelle Machenschaften zu vertuschen. Daraufhin sei ihm der Auftrag entzogen worden und er lebe seit diesem Zeitpunkt in der ständigen Angst mit einem Strafverfahren überzogen zu werden, da auch er unrichtige Berichte unterschrieben habe.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 24. Januar 2008 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Definition eines Arbeitsunfalls unter Einbeziehung einer zeitlichen Begrenzung des Ereignisses diene der notwendigen Abgrenzung des Unfalls zur Berufskrankheit und sei auch entgegen der Auffassung des Klägers in Bezug auf "Mobbing am Arbeitsplatz" nicht überholt. Während der Berufsunfall auf ein zeitlich begrenztes Ereignis abstelle, erfasse das Tatbestandsmerkmal der Berufskrankheit den so genannten Summationseffekt, nämlich die Häufung mehrerer (mehr oder weniger) schädigender Ereignisse über einen längeren Zeitraum. Würde das einen Berufsunfall charakterisierende, strenge Zeitmoment auch auf längerfristige Einwirkungen ausgedehnt, wäre insoweit keine klare Trennung zwischen Berufsunfall und Berufskrankheit mehr möglich und damit die Gefahr einer willkürlichen Ausuferung des Tatbestandes gegeben. Im Fall des Klägers führe dies auch nicht zu einer unzumutbaren Benachteiligung. Er erhalte seit dem Zeitpunkt seiner Arbeitsunfähigkeit eine volle Erwerbsminderungsrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung wegen der bestehenden psychischen Erkrankung. Die aufgrund des Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung betreffenden Anrechnungsfreibetrages des § 93 SGB VI mögliche finanzielle Verbesserung könne nicht dazu führen, dass die vom Gesetz vorgegebene und von der Rechtsprechung konkretisierte Definition des Arbeitsunfalls nunmehr für Fälle des "betrieblichen Mobbings" entsprechend weit auszulegen wäre. Schäden durch wiederholte, auf mehrere Arbeitsschichten verteilte Einwirkungen seien nur dann als Folge eines Unfalls anzuerkennen, wenn sich eine einzelne Einwirkung derart aus der Gesamtheit hervorhebe, dass sie nicht nur als eine von mehreren für den Erfolg gleichwertige Ursachen erscheine. Ein derart außergewöhnliches Ereignis könne vorliegend jedoch nicht festgestellt werden; die vom Kläger genannte Besprechung vom 19. März 1991 stelle kein derart außergewöhnliches Erlebnis dar, dass es als Auslöser der psychischen Krankheit des Klägers zu qualifizieren wäre und sei nicht allein die wesentliche Ursache für die reaktivierte Depression des Klägers. So habe er dieses Ereignis im Gegensatz zu den Schikanen ab 1997/1998 gegenüber den Gutachtern nicht erwähnt. Hätte das Ereignis vom 19. März 1991 in seinen Auswirkungen so erheblichen Einfluss auf die Psyche des Klägers gehabt, wie er es nunmehr schildere, wäre zu erwarten gewesen, dass er sich unmittelbar in entsprechende ärztliche Behandlung begeben hätte, zumal er von 1973 bis 1974 unter einer mittelschweren depressiven Episode gelitten habe. Weder aktenkundig noch nach den Angaben des Klägers sei es jedoch bis 1997/1998 zu einer ähnlich ausgeprägten Symptomatik gekommen. Vorliegend sei davon auszugehen, dass ein kontinuierlicher Prozess zu einem Wiederaufleben der Depression geführt habe. Eine einzelne Einwirkung, die derart hervorgehoben sei, dass sie als wesentliche und nicht nur als eine von mehreren für den Erfolg gleichwertige Ursache erscheine, sei damit nicht gegeben. Die psychische Erkrankung des Klägers sei auch nicht als Berufskrankheit zu qualifizieren, da nicht jede Krankheit, die ursächlich auf die berufliche Tätigkeit zurückzuführen sei, von den Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung zu entschädigen sei. Eine Anerkennung der hier vorliegenden reaktiven Depression könne schon nicht erfolgen, weil psychische Erkrankungen nicht in der Berufskrankheitenverordnung (BKV) stünden. Auch eine Feststellung und Entschädigung der Krankheit des Klägers wie eine Berufskrankheit im Sinne des § 9 Abs. 2 SGB VII scheide aus.
Gegen dieses seinem Prozessbevollmächtigten am 1. Februar 2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 29.Februar 2008 Berufung bei dem Hessischen Landessozialgericht in Darmstadt eingelegt.
Der Kläger trägt vor, Verlauf und Ergebnis des Gesprächs vom 26. März 1991 mit seinem damaligen Arbeitgeber seien für ihn so erschütternd und für sein berufliches wie privates Leben in Anbetracht seiner allgemeinen Krankheitsgeschichte so tief einschneidend gewesen, dass die bekannten psychischen Folgen hierdurch ausgelöst worden seien. Er habe sich seinerzeit in einem ausgeprägten Gewissenskonflikt befunden, die beruflichen Aufgaben im Rahmen seiner Prüfungstätigkeit ordnungsgemäß zu erfüllen und dabei die ihm anlässlich der Mandatsbetreuung der Städtischen Kliniken in OO. bekannt gewordenen Tatsachen zu ignorieren. Ungeachtet der vom Kläger behaupteten Vorgänge habe sein Arbeitgeber von ihm verlangt, die Prüftätigkeit ohne Wenn und Aber fortzusetzen. Anderenfalls wäre ihm das Mandat entzogen worden und man hätte ihn nicht mehr entsprechend seiner beruflichen Qualifizierung eingesetzt. Hierdurch habe er sich erheblichem psychischem Druck ausgesetzt gefühlt und als einzigen Ausweg das persönliche Gespräch mit dem Mandanten gesehen; ein entsprechendes Telefonat sei jedoch ohne Ergebnis geblieben. Von seinem Arbeitgeber habe er Verständnis und Unterstützung erwartet; stattdessen sei er am 26. März 1991 von seinem Vorgesetzten in äußerst schroffer Weise mit herabsetzenden Äußerungen zu seinem Vorgehen und seiner beruflichen Kompetenz überzogen worden und man habe ihm die weitere Betreuung des Mandanten untersagt. Nach Beendigung dieses Gesprächs habe er den Eindruck gehabt, als sei ihm der Boden unter den Füßen entzogen worden. Das gravierende Ereignis vom 26. März 1991 sei in der Kette des über einen längeren Zeitraum bereits andauernden Mobbing für ihn von so unvorstellbarem Ausmaß und in seiner beruflichen und persönlichen Entwicklung von so einschneidender, herausragender Bedeutung, dass es als Arbeitsunfall zu werten sei. Zwar habe unstreitig bereits vor dem Gespräch vom 26. März 1991 eine depressive Symptomatik bestanden, die u.a. auf eine Tinnitus-Erkrankung zurückzuführen sei. Durch das Gespräch hätten sich die bereits bestehenden Gesundheitsstörungen jedoch erheblich verschlimmert.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 24. Januar 2008 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 5. Juli 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. September 2006 zu verurteilen, ihm wegen der durch das Mobbing seines Arbeitgebers entstandenen psychischen Erkrankungen Rente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bezieht sich zur Begründung im Wesentlichen auf die angefochtene erstinstanzliche Entscheidung. Um das Vorliegen eines Arbeitsunfalls anerkennen zu können, fehle es vorliegend sowohl an der Plötzlichkeit des Ereignisses als auch am Nachweis des Körperschadens im Vollbeweis.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Senat ein Gutachten des Neurologen und Psychiaters C. vom 28. Dezember 2010 eingeholt, worin es heißt, diagnostisch lägen bei dem Kläger in der Hauptsache "anhaltende Folgen psychischer Traumen vom Grade einer Posttraumatischen Belastungsstörung mit Übergängen in eine Andauernde Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung" vor. Im Ergebnis hat der Sachverständige ausgeführt, die beim Kläger auf psychiatrischem Fachgebiet bestehenden Gesundheitsstörungen beruhten mit Wahrscheinlichkeit ursächlich "zwar nicht isoliert, aber kontextuell (Mobbing) eingebunden" auf dem Ereignis vom 19. März 1991. Aus psychiatrisch-gutachterlicher Sicht könnten hier weder das Ereignis vom 19. März 1991 noch andere Einzelereignisse, z.B. vom 26. März 1991, für sich allein und aus ihrem Kontext herausgelöst werden. Erst die adäquate systematische Betrachtung der prozessualen Verknüpfung und Einbettung in einer lang anhaltenden Mobbingentwicklung mache die übergreifende Bedeutung und das wesentlich erweiterte und verstärkte pathogene Wirkungsspektrum der jeweiligen Einzelhandlung deutlich. Letztlich stelle das Ereignis vom 19. März 1991 für die Entstehung und für die Verschlimmerung der Gesundheitsbeeinträchtigungen de Klägers nicht für sich allein, aber in seinem unersetzlich summatorischen Eingebundensein in einen schwerwiegenden und tief greifenden Mobbingprozess eine wesentliche Ursache dar. Wenn man es aber – was von der Ursache-Wirkungs-Beziehung in einem Lebenslauf nicht angemessen erscheine – isoliert und für sich betrachte, sei dies nicht der Fall. Die MdE hat der Sachverständige auf 70 v.H., phasenweise auch 80 v.H. und mehr geschätzt.
Wegen der weiteren Einzelheiten, insbesondere auch im Vorbringen der Beteiligten und in den medizinischen Unterlagen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten und der Akte des vor dem Sozialgericht geführten Verfahrens S 1 VS 375/00 Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Die angefochtenen Bescheide und das erstinstanzliche Urteil sind rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch gegenüber der Beklagten auf Gewährung einer Rente.
Nach § 56 Abs. 1 des Siebten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VII) haben diejenigen Versicherten Anspruch auf eine Rente, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalles über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist. Versicherungsfälle sind gemäß § 7 Abs. 1 SGB VII Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten.
Nach § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer versicherten Tätigkeit. Nach S. 2 sind Unfälle zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen.
Ein entsprechendes Unfallereignis lässt sich, wie das Sozialgericht in dem angefochtenen Urteil umfassend und überzeugend ausgeführt und begründet hat, weder für den Tatbestand des Mobbings noch für das Ereignis vom 19. März 1991 feststellen. Zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen kann daher im Wesentlichen auf das angefochtene Urteil verwiesen werden (§ 153 Abs. 2 SGG).
Der Anerkennung des Mobbings als Unfall steht bereits der Umstand entgegen, dass es sich hierbei um kein punktuelles Ereignis handelt, das einen Gesundheitsschaden hervorzurufen vermag. Dies belegen die bereits in der Rechtsprechung geläufigen einschlägigen Definitionen wie die des Bundesarbeitsgerichts, Mobbing sei das systematische Anfeinden, Schikanieren oder Diskriminieren von Arbeitnehmern untereinander oder durch Vorgesetzte (BAG, Urteil vom 15. Januar 1997 - 7 ABR 14/96 - BAGE 85, 56 = AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 118 = EzA BetrVG 1972 § 37 Nr. 133), oder die des Thüringer Landesarbeitsgerichts (Urteil vom 15. Februar 2001 - 5 Sa 102/2000 - LAGE BGB § 626 Nr. 133; Urteil vom 10. April 2001 - 5 Sa 403/2000 - LAGE GG Art. 2 Persönlichkeitsrecht Nr. 2; ebenso LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 16. August 2001 - 6 Sa 415/01 - NZA-RR 2002, 121; LAG CM., Urteil vom 17. Oktober 2002 - 3 Sa 78/02 - LAGE GG Art. 2 Persönlichkeitsrecht Nr. 5; LAG Hamm, Urteil vom 25. Juni 2002 - 18 (11) Sa 1295/01 - NZA-RR 2003, 8), Mobbing seien "fortgesetzte, aufeinander aufbauende oder ineinander übergreifende, der Anfeindung, Schikane oder Diskriminierung dienende Verhaltensweisen, die nach ihrer Art und ihrem Ablauf im Regelfall einer übergeordneten, von der Rechtsordnung nicht gedeckten Zielsetzung förderlich sind und jedenfalls in ihrer Gesamtheit das allgemeine Persönlichkeitsrecht, die Ehre oder die Gesundheit des Betroffenen verletzen”. Die Besonderheit der als Mobbing bezeichneten tatsächlichen Erscheinungen liegt damit darin, dass nicht einzelne, abgrenzbare Handlungen, sondern die Zusammenfassung mehrerer Einzelakte in einem Prozess zu einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts oder der Gesundheit des betroffenen Arbeitnehmers führen kann (s. BAG, Urteil vom 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - juris; vgl. insgesamt Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 1. Dezember 2009, - L 3 U 157/07 - juris).
Diese Definitionen des Mobbings entsprechen auch den Darlegungen des auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG gehörten Sachverständigen Dr. ER ... Gleichzeitig bestätigt der Sachverständige auch, dass die Ereignisse vom 19. und vom 26. März 1991 als Einzelereignisse zwar in der Ursache-Wirkungs-Kette der gesamten Mobbingsituation von Bedeutung für die Krankheitsentwicklung des Klägers sind, dass diese aber gleichzeitig nicht herauslösbar und als Einzelereignisse unabhängig von der Gesamtsituation als wesentlich kausal angesehen werden können. Gegen eine Anerkennung der Ereignisse vom 19. März bzw. vom 26. März 1991 als Arbeitsunfälle sprechen aber auch bereits die eigenen Schilderungen des Klägers zu seiner Krankheitsentwicklung und die entsprechenden medizinischen Vorberichte. Vor dem Hintergrund, dass der Kläger bereits lange Zeit vor diesen Ereignissen unter depressiven Episoden gelitten hat und dargelegt hat, dass sich eine entscheidende Verschlechterung seines psychischen Gesundheitszustandes ab 1997/98 eingestellt hat, fehlt es für die jetzt angeschuldigten Ereignisse vom 19. März bzw. 26. März 1991 bereits an der Feststellbarkeit eines hierdurch verursachten gesundheitlichen Erstschadens. Im Rahmen der Begutachtung durch Dr. WE. im Jahre 2004 spielten diese Ereignisse in den Schilderungen des Klägers auch keine Rolle. Zudem findet sich auch in den Jahren zwischen 1991 und 1997/98 keine medizinische Dokumentation, die auf eine durch ein 1991 stattgehabtes Ereignis ausgelöste oder verschlimmerte psychische Gesundheitsstörung hinweist.
Auch eine Anerkennung psychischer Erkrankungen des Klägers durch Mobbing als Berufskrankheit kommt – wie das Sozialgericht zu Recht ausgeführt hat – nicht in Betracht.
Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Berufskrankheiten Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz begründenden Tätigkeit erleiden. In der maßgeblichen Anlage zur Berufskrankheitenverordnung werden psychische Erkrankungen ebenso wenig aufgeführt wie Mobbing als Ursache für eine Erkrankung. Ebenso wenig liegen die Voraussetzungen einer "Wie-BK" nach § 9 Abs. 2 SGB VII vor, weil insoweit auch keine neuen medizinischen Erkenntnisse vorliegen, nach denen die Voraussetzungen für eine Bezeichnung als Berufskrankheit gem. § 9 Abs. 1 SGB VII erfüllt sind. Letztlich sind hier auch keine neuen Erkenntnisse zu erwarten, da keine Berufsgruppe bei ihrer Tätigkeit in weitaus höherem Grade als die übrige Bevölkerung Mobbing ausgesetzt ist (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage 2010, S. 159; siehe zum Vorstehenden bereits LSG Bayern, Urteil vom 22. August 2007 - L 2 U 186/06 - juris sowie LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 16. August 2001 - L 7 U 18/01 - juris). Es fehlt also schon an der grundlegenden Voraussetzung für die Anerkennung einer Berufskrankheit.
Das Urteil des Sozialgerichts war daher zu bestätigen und die dagegen gerichtete Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, die Entscheidung über die Nichtzulassung der Revision auf § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG.
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