L 4 KA 64/11

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
4
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 909/10
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 64/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Marburg vom 31. Oktober 2011 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits auch für das Berufungsverfahren zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Festsetzung einer Honorarberichtigung aufgrund einer zeitbezogenen Plausibilitätsprüfung der Honorarabrechnungen für die Quartale IV/05 bis I/07 in Höhe von insgesamt 9.844,26 EUR netto.

Die Klägerin ist als Allgemeinärztin seit 1990 zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen und nimmt an der hausärztlichen Versorgung teil.

Für die streitbefangenen Quartale setzte die Beklagte das Honorar wie folgt fest:

Quartal IV/05 I/06 II/06 III/06 IV/06 I/07
Honorarbescheid vom 06.08.2007 20.01.2007 04.02.2007 17.03.2007 18.04.2007 08.03.2008
Fallzahl gesamt 849 875 830 897 837 872
Bruttohonorar PK + EK in EUR 36.272,49 35.451,50 34.643,57 38.318,11 37.271,79 35.944,98
Fallzahl PK + EK 836 860 822 882 826 857

Die Beklagte führte für die streitbefangenen Quartale eine Plausibilitätsprüfung durch und übersandte der Klägerin unter Datum vom 21. Januar 2008 die zeitbezogenen Rechnungsergebnisse für die Quartale II/05 bis I/07 unter Erläuterung der Ermittlung der Zeitprofile.

Die Klägerin erklärte hierzu, es sei zu einem bedauerlichen Übertragungs- bzw. Abrechnungsfehler gekommen, den eine Mitarbeiterin zu verantworten habe, von der sie sich zwischenzeitlich getrennt habe. Diese Mitarbeiterin habe bei Eingabe von der handschriftlich geführten Patientenkartei regelmäßig die Abrechnungsziffer 03120 schon beim Erstkontakt mit dem Patienten in das EDV-gestützte Abrechnungsprogramm eingetragen, obgleich diese Abrechnungsziffer sich erst später bei einem weiteren Patientenkontakt realisiert habe. Beispielhaft für das Quartal II/06 lege sie die Leistungs- und Kosteninformation für die Patienten sowie eine Kopie der jeweiligen Patientenkartei, die handschriftlich von ihr geführt worden sei, vor. Im Folgenden sei die jeweilige Leistungsziffer 03120 gerechtfertigt gewesen, namentlich wenn der Patient ein zweites oder drittes Mal die Praxis zu einem ärztlichen Beratungs- und Behandlungsgespräch aufgesucht habe. Sie habe an anderen Tagen lediglich sehr kurze Tageszeitprofile, die ebenfalls nicht plausibel sein könnten. Für den 21. Juni 2006 werde ein Zeitprofil von 2 Stunden und 36 Minuten ausgewiesen. Sie habe von 7:54 Uhr bis 17:19 Uhr zahlreiche Patienten ihrer Praxis behandelt. Gleiches gelte für den 22. und 23. Juni und 3. August 2006.

Die Beklagte setzte mit Bescheid vom 22. August 2008 aufgrund einer zeitbezogenen Plausibilitätsprüfung der Honorarabrechnung für die Quartale IV/05 bis I/07 die strittige Honorarrückforderung in Höhe von insgesamt 9.844,26 EUR netto fest. In den einzelnen Quartalen setzte sie die Rückforderung wie folgt fest:

IV/05 1.474,16 EUR netto
I/06 997,37 EUR netto
II/06 2.427,48 EUR netto
III/06 1.544,24 EUR netto
IV/06 1.531,87 EUR netto
I/07 1.869,14 EUR netto

Zur Begründung führte sie aus, für die Prüfung nach Zeitprofilen würden primär die im Anhang 3 zum EBM aufgeführten Prüfzeiten für die ärztlichen Leistungen zugrunde gelegt werden. Außer Betracht blieben Leistungen im organisierten Notfalldienst, Leistungen aus der unvorhergesehenen Inanspruchnahme des Vertragsarztes außerhalb der Sprechstundenzeiten und bei Unterbrechung der Sprechstunde mit Verlassen der Praxis. Der Anhang 3 zum EBM kennzeichne darüber hinaus die behandlungsfall- und krankheitsfallbezogenen ärztlichen Leistungen, die nicht dem Tageszeitprofil unterlägen. Betrage die auf der Grundlage der Prüfzeiten ermittelte arbeitstägliche Zeit bei Tageszeitprofilen an mindestens 3 Tagen im Quartal mehr als 12 Stunden oder im Quartalszeitprofil mehr als 780 Stunden, erfolgten weitere Überprüfungen. Diese hätten zum Ziel, mit Hilfe ergänzender Tatsachen Feststellungen und Bewertungen festzustellen, ob gegen die rechtliche Ordnungsmäßigkeit verstoßen worden sei oder nicht. Die Berechnungsergebnisse der Praxis der Klägerin hätten bezogen auf die Grenzwerte die in der Anlage beigefügten Quartalszeiten ergeben. Im Quartal IV/05 sei an 4, im Quartal I/06 an 4, im Quartal II/06 an 6, im Quartal IIl/06 an 8, im Quartal IV/06 an 5 und im Quartal I/07 an 7 Tagen das Tagesprofil überschritten worden. Die Überschreitungszeiten betrügen in diesem Zeitraum an Spitzentagen mehr als 15 bis hin zu 25 Stunden und 27 Minuten (4. Oktober 2005, 3. Juli 2006, 2. Januar 2007). An diesen Spitzentagen würden nachweislich der Statistik Gesprächsleistungen nach der Nr. 03120 EBM 2005 in einem zeitlichen Umfang von 10 Stunden und 50 Minuten bzw. 10 Stunden oder auch 11 Stunden und 20 Minuten abgerechnet werden. Die weitere Überprüfung der Abrechnung habe ergeben, dass die Klägerin an den auffälligen Tagen viele Gesprächsleistungen, insbesondere das Gespräch von mindestens 10 Minuten Dauer nach Nr. 03120 EBM 2005 regelmäßig neben dem Ordinationskomplex abgerechnet habe. So werde beispielsweise am 3. Januar 2007 die Leistungsposition 03120 45x in Ansatz gebracht. An diesem Tag seien 68x der Ordinationskomplex abgerechnet worden. Die Tageszeit für das Gespräch für mind. 10 Minuten Dauer betrage an diesem Tag 7 Stunden und 30 Minuten, die Zeit für die Ordinationskomplexe betrügen insgesamt 6 Stunden und 50 Minuten, hinzu kämen weitere Leistungen wie beispielsweise Hausbesuche, so dass sich eine Gesamttageszeit von 21 Stunden und 44 Minuten ergebe. Ähnlich verhalte es sich an den anderen auffälligen Tagen. Die häufig gewählte Kombination des Ordinationskomplexes mit dem Gespräch von mind. 10 Minuten Dauer erwecke angesichts der Häufigkeit und des Zeitaufwandes insgesamt den Verdacht, dass die von den Gebührenordnungspositionen 03110 bis 03112 im fakultativen Leistungsinhalt beschriebene Kontaktzeit von 10 Minuten beim Ansatz der Nr. 03120 von der Klägerin nicht in jedem Fall eingehalten worden sei, die Nr. 03120 also erst bei einer Kontaktzeit bzw. Gesprächszeit von mind. 20 Minuten zum Ansatz hätte kommen dürfen. Die Garantiewirkung der "Abrechnungs-Sammelerklärung" und damit der rechnerischen-sachlichen Richtigkeit entfalle, wenn nur ein mit ihr erfasster Behandlungsausweis eine unrichtige Angabe über erbrachte Leistungen enthalte. Bei der Bemessung des Rückforderungsbetrages komme ihr ein weites Schätzungsermessen zu. Sie ermittle eine sog. Überschreitungsquote. Diese errechne sich aus dem prozentualen Verhältnis der als implausibel festgestellten Überschreitung zur Gesamtzeit im Quartal gem. Anlage 3 zum EBM 2005. Die so ermittelte Überschreitungsquote sei dem erzielten Nettohonorar gegenüberzustellen und ergebe den Kürzungsbetrag.

Hiergegen legte die Klägerin am 9. September 2008 Widerspruch ein. Sie wies erneut darauf hin, dass unter Berücksichtigung der Quartalszeitprofile sich lediglich an einigen Tagen aufgrund fehlerhafter Eintragungen erhöhte Zeitprofile ergeben hätten, jedoch unter Berücksichtigung der tatsächlich erbrachten Leistungen eine Kürzung nicht gerechtfertigt sei.

Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 17. November 2010, zugestellt am 20. Dezember 2011, den Widerspruch als unbegründet zurück. Darin führte sie aus, bei der Umsetzung der Honorarberichtigung sei die Rechtssprechung des Bundessozialgerichts zur Garantiefunktion der Sammelerklärung zu beachten (BSG, Urteil vom 17. September 1997, Az.: 6 RKa 86/95). Diese entfalle, wenn der Arzt - grob fahrlässig oder vorsätzlich – nicht erbrachte bzw. nicht ordnungsgemäß erbrachte Leistungen abgerechnet habe. Die für die Quartale IV/05 bis I/07 erstellten Tageszeitprofile führten den Indizienbeweis, dass die Abrechnungen fehlerhaft seien. Das Tagesprofil entstehe durch die Addition der Prüfzeiten (festgelegt in Anhang 3 zum EBM 2005) aller an einem Tag von dem Arzt abgerechneten Leistungen, die für die Berechnung des Tagesprofils geeignet seien. Es würden auch Zeiten erfasst werden, die nach den Vorgaben des EBM (z. B. in den Leistungslegenden) bei der Nebeneinanderabrechnung von Leistungen von dem Arzt erbracht worden sein müssten (Beispiel: Nebeneinanderberechnung von Ordinationskomplex und Gesprächsleistung, Ordinationskomplex und Nr. 35100 oder Nr. 35110 EBM 2005). In die Prüfzeit werde nur die Zeit eingerechnet, die ein Tätigwerden des Arztes selbst voraussetzte (im Gegensatz zur Kalkulationszeit, die auch Zeitanteile für delegierbare Leistungsbestandteile enthalte). Zudem seien diese Durchschnittszeiten so zu bemessen, dass auch ein erfahrener, geübter und zügig arbeitender Arzt die Leistungen im Durchschnitt in kürzerer Zeit schlechterdings nicht ordnungsgemäß und vollständig erbringen könne. Die Klägerin habe mit Abgabe ihrer Sammelerklärung bestätigt, dass sie alle abgerechneten Leistungen (und damit die entsprechenden Zeiten) persönlich und ordnungsgemäß erbracht habe. Zu den Zeiten nach den Tagesprofilen kämen noch die Zeiten hinzu, die nur im Quartalsprofil oder gar nicht in den Zeitprofilstatistiken erfasst würden, sodass die tägliche Behandlungszeit noch höher ausfalle. Als Beispiel führe die folgende Tabelle für jedes Quartal drei typische Tage auf:

Quartal Datum Gesamtzeit des Tagesprofils in Stunden Im Tagesprofil ausgewiesene Zeit für die Gesprächsleistungen (Nr. 03120 allein oder kombinierte Abrechnung der Nr. 03120 mit dem Ordinationskomplex)

IV/05 04.10.2005 24:38 22:40
10.10.2005 13:03
17.10.2005 12:52
I/06 02.01.2006 21:03 14:00
03.01.2006 13:22
06.01.2006 14:13
II/06 03.04.2006 20:26 16:40
04.04.2006 18:58
18.04.2006 19:41
III/06 03.07.2006 21:10 20:00
04.07.2006 16:35
05.07.2006 15:53
IV/06 02.10.2006 20:29 16:20
11.10.2006 16:10
18.10.2006 15:15
I/07 02.01.2007 25:27 21:40
03.01.2007 21:44
08.01.2007 15:14

Bei den durchgeführten Tagesprofilzeiten handele es sich um reine Behandlungszeiten, nicht um die Zeit des gesamten Arbeitstages, in der schon die Zeiten z. B. für eine Mittagspause, die Behandlung von Privatpatienten und Zeit für die Anleitung der Praxismitarbeiter enthalten sei. Diese Behandlungszeiten seien nicht plausibel. Es sei unerheblich, dass im Quartalszeitprofil keine Auffälligkeiten vorlägen. Mit dem durchschnittlichen Quartalszeitprofil könnten die von der Klägerin erreichten Behandlungszeiten am Tag von 13 bis weit über 20 Stunden nicht erklärt werden. Aufgrund der unterdurchschnittlichen Fallzahlen werde nicht nachvollziehbar, weshalb bei normalem Patientenaufkommen so hohe Tageszeitprofile entstünden. Bei der Abrechnung falle vor allem auf, dass ein großer Teil der Zeit des Tagesprofils auf Gesprächsleistungen entfalle, weil durch die gleichzeitige Abrechnung der Ordinationskomplexe mit der Beratungsleistung für diese Fälle aufgrund der Anmerkung zur Nr. 03120 jeweils 20 Minuten Zeit ins Tagesprofil eingingen. Soweit die Klägerin auf Fehler einer Mitarbeiterin hinweise, trage sie selbst vor, dass die Abrechnungen Fehler enthielten, weil Leistungen abgerechnet worden seien, die am angegebenen Tag gar nicht erbracht worden seien. Im Übrigen sei auch keinesfalls gewährleistet, dass die Klägerin die Nummer 03120 EBM 2005 bei einem späteren Arzt-Patienten-Kontakt immer erbracht habe und daher der Ansatz der Leistungsziffer gerechtfertigt gewesen sei. Sie habe selbst den Schein von Frau Q. Q. vorgelegt, nachdem die Nr. 03120 EBM 2005 abgerechnet worden sei, ohne dass diese Leistung später erbracht worden sei. Laut ihrer handschriftlichen Patientenkartei sei am 2. Januar 2006 die "Nr. 1" eingetragen worden, jedoch keine weitere Leistung im Quartal erbracht worden. Der Vortrag, an anderen Tagen seien nur wenige Stunden laut Zeitprofil angefallen, sie habe jedoch längere Arbeitszeiten in der Praxis verbracht, bestätige nur den Eindruck, dass die Abrechnungen die am Tag erbrachten Leistungen nicht korrekt wiedergäben. Die Zeitprofile basierten auf den von der Klägerin abgerechneten Leistungen. Die Klägerin habe zumindest grobfahrlässig Leistungen auf den Abrechnungsscheinen eingetragen, deren Leistungsinhalt sie nicht vollständig erbracht haben könne. Sie könne nur vollständig erbrachte Leistungen abrechnen. Es handele sich nicht um ein bloßes Versehen, sondern um wiederholtes, standardmäßig nachlässiges Ausfüllen der Abrechnungsscheine. Selbst wenn falsche Eintragungen von einer Mitarbeiterin vorgenommen worden seien, treffe die Klägerin eigenes Verschulden, weil sie ihre Abrechnungen auf Fehler bzw. Korrektheit kontrollieren müsse, bevor sie diese bei ihr einreiche. Nach § 14 Abs. 2 BMV-Ä/§ 20 Abs. 2 EKV-Ä hafte der Vertragsarzt bei Beschäftigung nichtärztlicher Mitarbeiter für die Erfüllung der vertragsärztlichen Pflichten wie für eigene Tätigkeit. Zu den vertragsärztlichen Pflichten gehöre die korrekte Abrechnung der Leistungen (Leistungen am Tag der Behandlung, § 34 Abs. 8 EKV-Ä, § 13 Abs. 10 EKVÄ, § 35 Abs. 2 BMV-Ä). Er müsse die Abrechnung vor Einreichung selbst kontrollieren. Unterlasse er diese Kontrolle über mehrere Quartale hinweg, dann handle er grob fahrlässig. Dies führe dazu, dass die auf den nicht ordnungsgemäßen Sammelerklärungen beruhenden Honorarbescheide falsch seien und aufgehoben würden. Für die Neuberechnung des Honorars stehe ihr ein weites "Schätzungsermessen" zu. Insbesondere sei die gewählte Berechnungsmethode nicht zu beanstanden, da sich die Honorarrückforderung an dem Verhältnis zwischen plausiblen Zeiten und Überschreitung der plausiblen Zeiten orientiere. Dieses Verhältnis werde auf das erwirtschaftete Gesamthonorar (nach ggf. Durchführung von Begrenzungsmaßnahmen, nach Abzug von Verwaltungskosten) übertragen und ein entsprechender Rückforderungsbetrag festgesetzt.

Hiergegen hat die Klägerin am 17. Dezember 2010 Klage zum Sozialgericht Marburg erhoben. Ergänzend zu ihren Ausführungen im Verwaltungsverfahren hat sie darauf hingewiesen, dass ihre damalige Mitarbeiterin die Eintragungen ohne ihr Wissen und Wollen und entgegen anders lautender Weisung fehlerhaft vorgenommen habe, sie jedoch im Ganzen die Leistungen erbracht habe, wenn auch an anderen Tagen. Hierzu überreiche sie die von der damaligen Mitarbeiterin abgerechneten Ziffern sowie die hierzu ergangenen Karteikartenanweisungen. Es sei bedauerlicherweise nicht möglich, alle Karteikarten in Kopie vorzulegen, da diese zwischenzeitlich "verschwunden" seien, nachdem die damalige Mitarbeiterin ausgeschieden sei. Die Mitarbeiterin habe nicht nach den ausdrücklichen Anweisungen abgerechnet. Auch nach der vorgenommenen stichprobenartigen Kontrolle seien weiter Ziffern anders eingetragen oder umgetragen worden. Ihre Arbeitsanweisungen, die sich auch regelmäßig wiederholt habe, seien von der damaligen Mitarbeiterin ignoriert worden.

Die Beklagte hat vorgetragen, sie habe sich mit den Einwendungen bereits im Widerspruchsbescheid auseinandergesetzt, worauf sie verweise. Sie habe auch nachgewiesen, dass die von der Klägerin abgegebene Abrechnung falsch sei. Damit entfalle die Garantiefunktion der Quartalserklärung. Insbesondere habe die Klägerin ausgeführt, dass die Abrechnung, so wie sie vorgenommen worden sei, nicht korrekt sei. Fehler des Personals würden dem Vertragsarzt zugerechnet werden.

Das Sozialgericht hat nach Anhörung der Beteiligten die Klage durch Gerichtsbescheid vom 31. Oktober 2011 als unbegründet abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Honorarrückforderungsbescheid der Beklagten vom 22. August 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. November 2010 sei rechtmäßig. Die Beklagte stelle gemäß § 106a Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch – Fünftes Buch (SGB V, eingefügt durch das GKV-Modernisierungsgesetz vom 14. November 2003, BGBl. I 2003, 2190, mit Wirkung zum 1. Januar 2004) die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte fest; dazu gehöre auch die arztbezogene Prüfung der Abrechnungen auf Plausibilität sowie die Prüfung der abgerechneten Sachkosten. § 106a SGB V sei nicht auf den Bereich der Primär- und Ersatzkassen im Gegensatz zu den früher allein maßgeblichen Vorschriften nach § 45 des Bundesmantelvertrages-Ärzte (BMV-Ä) bzw. § 34 des Ersatzkassenvertrages-Ärzte (EKV-Ä) beschränkt, wonach die Kassenärztliche Vereinigung die vom Vertragsarzt eingereichten Honoraranforderungen rechnerisch und gebührenordnungsmäßig zu prüfen und ggf. zu berichtigen habe. Es sei daher nicht zu beanstanden, dass die Beklagte bei Erstellung der Zeitprofile auch die Leistungen gegenüber Versicherten anderer Versicherungsträger oder der Sozialhilfeträger einbezogen habe. § 106a SGB V erstrecke die Zuständigkeit der Kassenärztlichen Vereinigung auf alle Bereiche, in den sie aufgrund gesetzlicher Erweiterung des Sicherstellungsauftrags (vgl. § 75 Abs. 3 bis 6 SGB V) auch die Abrechnung vornehme. Die Prüfung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit einer Abrechnung erstrecke sich auf die Frage, ob die abgerechneten Leistungen ordnungsgemäß - somit ohne Verstoß gegen gesetzliche oder vertragliche Bestimmungen mit Ausnahme des Wirtschaftlichkeitsgebotes - erbracht worden sind. Solche Verstöße könnten z. B. darin liegen, dass die Leistungen überhaupt nicht, nicht in vollem Umfang, ohne die zur Leistungserbringung erforderliche spezielle Genehmigung oder unter Überschreitung des Fachgebietes erbracht worden sind (Hinweis auf BSG, Urteil vom 1. Juli 1998 - B 6 KA 48/97 R - SozR 3-2500 § 75 Nr. 10 = Breith 1999, 659 = USK 98163, zitiert nach juris, Rdnr. 15 m. w. N.). Zur Feststellung, ob abgerechnete Leistungen vollständig erbracht worden sind, sei es zulässig, Tagesprofile zu verwenden (Hinweis auf BSG, Urteil vom 24. November 1993-6 RKa 70/91 - SozR 3-2500 § 95 Nr. 4 = BSGE 73, 234 = MedR 1994, 206 = NJW 1995, 1636 = USK 93141, juris Rdnr. 24 ff.; BSG, Urteil vom 8. März 2000 - B 6 KA 16/99 R - SozR 3-2500 § 83 Nr. 1 = BSGE 86, 30 = NZS 2001, 213 = USK 2000-111, juris Rdnr. 48). Tagesprofile seien ein geeignetes Beweismittel, um einem Arzt unkorrekte Abrechnungen nachweisen zu können. Für ihre Erstellung seien bestimmte Anforderungen erforderlich. Für die Ermittlung der Gesamtbehandlungszeit des Arztes an einem Tag dürften nur solche Leistungen in die Untersuchung einbezogen werden, die ein Tätigwerden des Arztes selbst voraussetzten. Delegationsfähige Leistungen hätten außer Betracht zu bleiben. Zu berücksichtigen sei weiter, dass die für die einzelnen ärztlichen Leistungen zugrunde zu legenden Durchschnittszeiten so bemessen sein müssen, dass ein erfahrener, geübter und zügig arbeitender Arzt die Leistungen im Durchschnitt in kürzerer Zeit schlechterdings nicht ordnungsgemäß und vollständig erbringen könne. Der Qualifizierung als Durchschnittszeit entspreche es, dass es sich hierbei nicht um die Festlegung absoluter Mindestzeiten handele, sondern um eine Zeitvorgabe, die im Einzelfall durchaus unterschritten werden könne. Die Durchschnittszeit stelle sich aber bei einer ordnungsgemäßen und vollständigen Leistungserbringung als der statistische Mittelwert dar (Hinweis auf BSG, Urteil vom 24. November 1993, 6 RKa 70/91 – a.a.O., Rdnr. 24 ff.; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 10. Oktober 2007 - L 7 KA 56/03 - www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris Rdnr. 21). Als Nachweis für eine Falschabrechnung des Quartals genüge bereits ein beliebiger falsch abgerechneter Tag (BSG SozR 3-2500 § 83 Nr. 1). Die Beklagte habe die Klägerin durch Übersendung des Anhörungsschreibens vom 21. Januar 2008 ausreichend angehört (§ 24 Sozialgesetzbuch – Zehntes Buch SGB X -). Der angegriffene Bescheid sei auch im Übrigen formell rechtmäßig. Eine Darstellung, bei welchen Behandlungsfällen eine Nebeneinanderberechnung der Ziffern 03110 bis 03112 mit der Ziffer 03120 EBM 2005 bei der Erstellung der Tagesprofile erfolgt, sei nicht erforderlich. Für eine Anhörung reiche die Übersendung der Tagesprofile mit einem Anhörungsschreiben aus, denn die Tageszeitprofile erbrächten den Indizienbeweis für die implausible Abrechnung (Hinweis auf BSG, Urteil vom 24. November 993 - 6 RKa 70/91 – a.a.O. - juris, Rdnr. 25), so dass für die Anhörung im Sinne von § 24 Abs. 1 SGB X und für die Begründung nach § 35 Abs. 1 Satz 2 SGB X grundsätzlich keine weitergehende Darstellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlich sei (Hinweise auf LSG Hessen, Beschluss vom 10. November 2009 - L 4 KA 70/09 B ER, www. lareda.hessenrecht.hessen.de = www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris). Der angegriffene Bescheid sei auch materiell rechtmäßig. Die Beklagte habe die Tagesprofile nicht falsch berechnet. Sie habe die Tagesprofile auf der Grundlage der Zeitangaben im EBM 2005 erstellt. Soweit sie bei einer Nebeneinanderabrechnung der Ziffern 03110 bis 03112 mit der Ziffer 03120 EBM 2005 davon ausgehe, dass hierfür im Behandlungsfall 20 Minuten anzusetzen seien, sei dies zutreffend. Ziffer 03120 EBM 2005 "Beratung, Erörterung und/oder Abklärung, Dauer mindestens 10 Minuten" könne für je vollendete 10 Minuten angesetzt werden und werde mit 150 Punkten berücksichtigt. Nach dem EBM 2005 sei aber bei der Nebeneinanderberechnung der Leistungen nach den Ziffern 03110 bis 03112 und Ziffer 03120 eine Dauer der Arzt-Patienten- Kontaktzeit von mindestens 20 Minuten Voraussetzung für die Berechnung der Leistung nach der Nr. 03120. Dies folge eindeutig aus der klaren und bestimmten Leistungslegende dieser Vorschriften. Bei der die Leistungslegende ergänzenden Anmerkung handele es sich um einen Teil des vom Bewertungsausschuss verabschiedeten EBM, der insofern die eigentliche Leistungslegende ergänze. Sie gelte für den behandelnden Vertragsarzt und die Kassenärztliche Vereinigung und normiere gleichfalls die Voraussetzungen für eine vollständige Leistungserbringung. Gerade bei zeitlichen Vorgaben verbleibe kein Auslegungs- oder Interpretationsspielraum; solche Vorgaben seien schon aus diesem Grund eindeutig und bestimmt. Der Arzt könne auch die Einhaltung der zeitlichen Vorgaben ohne großen Aufwand selbst kontrollieren, da hierfür nur eine normale Uhr benötigt werde. Ein neuer Gebührentatbestand werde damit nicht geschaffen. Es sei daher nicht zu beanstanden, dass die Beklagte die Nebeneinanderabrechnung der Ziffern 03110 bis 03112 mit der Ziffer 03120 EBM 2005 mit 20 Minuten bewerte, ebenso wie es unerheblich sei, ob das vom Vertragsarzt verwendete Abrechnungsprogramm ihm diesen Zeitumfang anzeige (Hinweis auf LSG Hessen, Beschluss vom 10. November 2009 L 4 KA 70/09 B ER- und die vorausgehende Entscheidung der Kammer, SG Marburg, Beschluss vom 2. Juli 2009 - S 12 KA 235/09 ER - ; SG Marburg, Urteil vom 13. Januar 2010 - S 12 KA 238/09 - ZMGR 2010, 116, Berufung zurückgewiesen durch LSG Hessen, Beschluss vom 21. März 2011 - L 4 KA 7/10 -). Die im Leistungsverzeichnis im Anhang zum EBM 2005 angegebenen Prüfzeiten von acht Minuten für Ziffer 03110, von sieben Minuten für Ziffer 03111 und von elf Minuten für Ziffer 03112 gälten nur für die Berechnung des Quartalsprofils. Im Tagesprofil könnten diese Leistungen nur einbezogen werden, wenn sie in Kombination mit einer Leistung nach Ziffer 03120 EBM 2005 erbracht worden seien, wovon auch die Beklagte ausgehe. Ein Ansatz der Ziffer 03120 EBM 2005 setze dann aber eine ärztliche Kontaktzeit von 20 Minuten voraus. Auf eine eventuelle Fehlerhaftigkeit des von der Klägerin benutzten Softwareprogramms, das die Dauer von zwanzig Minuten möglicherweise nicht habe erkennen lassen, komme es nicht an. Maßgeblich für die Abrechnung seien allein die Bestimmungen des EBM 2005. Der mit der Abrechnung geltend gemachte Zeitaufwand, der zu den implausiblen Zeiten geführt habe, beruhe allein auf der Abrechnung der Klägerin. Auf die Einhaltung der Quartalsprofile komme es nicht an. Mit der Überschreitung der Tagesprofile werde hinreichend nachgewiesen, dass an diesen Tagen eine ordnungsgemäße Leistungserbringung nicht mehr möglich gewesen sei. Dies treffe insbesondere auf die Beratungsleistungen zu, die eine strikte Zeitvorgabe durch den EBM 2005 haben. Erst bei Erreichen der in der Leistungslegende vorgegebenen Dauer sei der Leistungsinhalt vollständig erbracht und könne die Leistung abgerechnet werden. Ein Zusammenhang mit den Quartalsprofilen bestehe nicht. Aufgrund der in der Leistungslegende vorgegebenen Dauer komme es nicht darauf an, ob Beratungsgespräche schnell oder langsam ausgeführt oder ob auch parallel im gleichen Zeitraum Beratungsgespräche für mehrere Patienten durchgeführt würden. Beratung setze das persönliche Gespräch des Arztes mit einem Patienten, ggf. im Beisein von dessen Angehörigen, voraus. Eine schnellere Beratung, die die vorgegebene Dauer nicht erreiche, könne als eine solche Beratungsleistung nicht abgerechnet werden. Ebenfalls sei es ausgeschlossen, mehrere Patienten parallel zu beraten. Allenfalls denkbar wäre eine abwechselnde Beratung, die zu einer zeitlichen Addition der individuellen Beratungsteile führen würde. Eine solchermaßen "parallel" laufende Beratung müsste bei zwei Patienten dann mindestens vierzig Minuten dauern. Delegationsfähige Leistungen würden bei den Tagesprofilen nicht mitgerechnet. Nur solche Leistungen würden berücksichtigt, deren Prüfzeiten eine Eignung im Tageszeitprofil aufwiesen. In der Prüfzeit werde lediglich die ärztliche Zeit abgebildet. Bei der Plausibilitätsprüfung handele es sich nicht um eine Wirtschaftlichkeitsprüfung. Auf eine Einzelfallprüfung der Behandlungen komme es nicht an. Mit dem Nachweis der Implausibilität werde der zulässige Nachweis einer nicht ordnungsgemäßen Abrechnung erbracht. Einer weitergehenden Einzelfallprüfung oder des Nachweises in jedem Einzelfall bedürfe es dann nicht. Wie auch immer geartete Praxisbesonderheiten könnten daher nicht berücksichtigt werden. Nicht zu beanstanden sei auch die Annahme, dass bei Tagesprofilen von über 16 Stunden bzw. bei wenigsten drei Tagesprofilen von über 12 Stunden im Quartal eine ordnungsgemäße Leistungserbringung nicht mehr vorliege (Hinweis auf SG Marburg, Urteil vom 4. Juni 2008 - S 12 KA 528/07 - www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris). Im Rahmen des Schätzungsermessens seien daher auch nicht vermeintliche Praxisbesonderheiten der Klägerin zu berücksichtigen. Auf einen Vertrauensschutz könne sich die Klägerin nicht berufen. Die Beklagte habe keinen Vertrauenstatbestand dahingehend gesetzt, dass sie die Abrechnungsweise der Klägerin für zutreffend halte oder dass sie von einer Berichtigung absehen werde. Nichtstun allein könne einen Vertrauenstatbestand nicht begründen. Verjährung bzw. Ausschluss einer Berichtigung wegen Zeitablaufs sei nicht eingetreten. Die Beklagte könne eine Berichtigung innerhalb von vier Jahren vornehmen (Hinweis auf BSG Urteil vom 15. November 1995 - 6 RKa 57/94 - SozR 3-5535 Nr. 119 Nr. 1 = USK 95136, juris Rdnr. 10 und BSG, Urteil vom 28. März 2007 - B 6 KA 22/06 R - SozR 4-2500 § 85 Nr. 35 = BSGE 98, 169 = GesR 2007, 461 = USK 2007-35 = ZMGR 2008, 144, juris Rdnr. 16 m. w. N.). Soweit die Beklagte eine kürzere Ausschlussfrist von zwei Jahren vorsehe, gelte dies nicht bei vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Falschabrechnung und bei Honorarberichtigungen aufgrund von Plausibilitätsprüfungen (vgl. Ziff. 8.6 der ab dem QuartalI/05 geltenden Honorarvereinbarung, die insoweit fortgeführt wurde). Im Übrigen sei nach der Rechtsprechung des Sozialgerichts eine Kassenärztliche Vereinigung nicht berechtigt, in ihrem Honorarverteilungsmaßstab die nach Bundesrecht geltende Ausschlussfrist von vier Jahren für sachlich-rechnerische Berichtigungen auf zwei Jahre zu verkürzen (Hinweis auf SG Marburg, Urteil vom 10. November 2010 - S 12 KA 455/10 - ). Von daher sei die Beklagte auch nicht verpflichtet, die Tagesprofile vor Erlass eines Honorarbescheids zu erstellen und eine evtl. Berichtigung bereits mit dem Honorarbescheid vorzunehmen. Hinzu komme, dass die Tagesprofile zunächst lediglich ein Aufgreifkriterium darstellten, das Abrechnungsverhalten eines Vertragsarztes näher zu prüfen. Auch von daher könne im Regelfall eine Prüfung erst nachträglich erfolgen. Soweit die Klägerin vortrage, die fehlerhafte Abrechnung beruhe allein auf einer von ihr nicht zu verantwortende eigenmächtigen Eintragung durch eine Mitarbeiterin, die inzwischen ausgeschieden sei, weise die Beklagte zutreffend auf die Verantwortung der Klägerin hin. Soweit dieser Vortrag als wahr unterstellt werde, setze sich die Klägerin nicht damit auseinander, dass hier immerhin sechs Quartale streitbefangen seien und sie nach ihrem Vortrag offensichtlich jegliche Überwachungsmaßnahmen unterlassen habe. Hinzu komme, dass die Klägerin auch nicht ansatzweise in der Lage sei, diese Behauptung durch die vorgelegten Karteikarten zu belegen. Aus ihnen werde nicht ersichtlich, welche Vorgaben für die Abrechnung sie gemacht habe. Weiter räume die Klägerin selbst ein, dass sie nicht in der Lage sei, für sämtliche Behandlungsfälle die Karteikarten ggf. vorzulegen. Dies betreffe fast sämtliche Fälle.

Nicht zu beanstanden sei auch die Berechnung des Berichtigungsbetrages. Im Rahmen ihres Schätzungsermessens habe die Beklagte den Leistungsanteil abgeschöpft, der jenseits der zeitlichen Grenze von 12 Stunden angefallen sei. Der Rechenvorgang über die Feststellung eines Überschreitungsprozentsatzes bedeute letztlich, dass die Beklagte einen erwirtschafteten Minutenpreis für alle abgerechneten Leistungen ermittelt habe. Auf diese Weise habe die Beklagte alle Vergütungsanteile und evtl. Sachkostenerstattungen einbezogen. Dies sei nicht zu beanstanden. Die letztlich hier zu Tage tretende systematisch fehlerhafte Abrechnung habe die Beklagte damit zu Gunsten der Klägerin letztlich nur auf die Tage bezogen, an denen eine Überschreitung der 12-Stunden-Grenze bzw. ein Überschreiten der Quartalsprofile vorliege. Evtl. Sachkostenerstattungen seien Teil des Vergütungsanspruchs, unabhängig davon, ob sie gesondert ausgewiesen würden oder ob sie als Teil der Leistungsbewertung mit der Abgeltung der Leistung indirekt erstattet würden. Diese Vorgehensweise wäre nur dann im Hinblick auf den Grundsatz der Gleichbehandlung zu beanstanden, wenn die Klägerin eine signifikant von ihrer Fachgruppe bzw. ihrer Fachgruppe von den übrigen Fachgruppen abweichende Kostenerstattung hätte, also ein ganz wesentlicher Teil des Vergütungsanspruchs ein bloß "durchlaufender" Posten wäre, was hier aber nicht der Fall sei.

Nicht zu beanstanden sei ferner die quartalsbezogene Berechnung des jeweiligen Rückforderungsbetrages. Anhand der Überschreitung der Tages- bzw. Quartalsprofile ermittle die Beklagte den prozentualen Leistungsumfang, der gekürzt werden könne. Soweit sie diese "Quote" mit dem jeweiligen Nettohonorar multipliziere, erhalte sie den Kürzungsbetrag. Im Ergebnis bedeute dies, dass sie von einer gleichbleibenden Vergütung für alle Leistungen ausgehe und nicht danach unterscheide, wie sich die Honorarfestsetzung aufgrund der verschiedenen Begrenzungsmechanismen gestaltet. Im Ergebnis bedeute dies, dass die Beklagte von einem durchschnittlichen Punktwert für alle Leistungen ausgehe, unabhängig davon, ob es sich im Einzelnen um Leistungen zum sog. oberen Punktwert oder unteren Punktwert aufgrund der Überschreitung des Regelleistungsvolumen handele. Ein solcher durchschnittlicher Punktwert sei der Punktwert, mit dem letztlich die Leistungen der Klägerin vergütet worden seien. Es bestehe kein Anspruch darauf, dass zunächst die - im Rahmen der Honorarberechnung - geringer vergüteten Leistungen als Maßstab genommen würden. Für die Berechnung der Rückforderung aufgrund sachlich-rechnerischer Richtigstellung im Falle von Budgetierungen bleibe der praxisindividuelle Punktwert maßgebend, der sich auf der Grundlage des vom Arzt in Ansatz gebrachten Punktzahlvolumens ergeben habe. Es erfolge keine Neuberechnung des Punktwerts auf der Grundlage des korrigierten Punktzahlvolumens. Eine andere Berechnungsweise könne in Ausnahmefällen zur Vermeidung eines Verstoßes gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in Betracht kommen (Hinweis auf BSG, Urteil vom 11. März 2009 - B 6 KA 62/07 R - BSGE 103, 1 = SozR 4-2500 § 106a Nr. 7 = USK 2009-11). Ein solcher Ausnahmefall setze aber voraus, dass die fehlerhafte Honoraranforderung durch eine missverständliche oder unzutreffende Information o. ä. seitens der Kassenärztlichen Vereinigung mit verursacht worden sei. Ein derartiger Sonderfall sei auch dann in Betracht zu ziehen, wenn ein Arzt in offenem Dissens mit der Kassenärztlichen Vereinigung eine Gebührennummer ansetze, weil er die Frage ihrer Abrechenbarkeit einer gerichtlichen Klärung zuführen wolle (vgl. BSG, Urteil vom 11. März 2009 - B 6 KA 62/07 R -, a.a.O., juris Rdnr. 27 f.). Diese Voraussetzungen lägen hier nicht vor.

Gegen den ihr am 3, November 2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 23. November 2011 Berufung beim Hessischen Landessozialgericht eingelegt.

Die Klägerin bezieht sich zur Begründung auf die erstinstanzlich bereits vorgetragenen Einwände hinsichtlich des Vorwurfs, sie habe zumindest grob fahrlässig Leistungen zur Abrechnung eingerecht, deren Leistungsinhalt nicht von ihr vollständig erbracht worden konnte bzw. auf den Abrechnungsunterlagen falsch eingetragen worden seien.

Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Marburg vom 31. Oktober 2011 und den Bescheid der Beklagten vom 22. August 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. November 2010 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hat sich im Berufungsverfahren nicht eingelassen.

Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen wird auf den Inhalt der Gerichts- und der Verwaltungsakten der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg. Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts ist nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat mit den angegriffenen Bescheiden zu Recht eine Honorarberichtigung aufgrund einer zeitbezogenen Plausibilitätsprüfung vorgenommen. Das hat das Sozialgericht unter Darlegung der maßgeblichen höchstrichterlichen Rechtsprechung eingehend und zutreffend begründet. Da das Berufungsvorbringen des Klägers sich im Wesentlichen auf eine Wiederholung des erstinstanzlichen Vorbringens beschränkt, sieht der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen von weiteren Ausführungen ab und nimmt auf die Entscheidungsgründe des Sozialgerichts in vollem Umfang Bezug (§ 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Lediglich ergänzend ist auszuführen:

Soweit die Klägerin vorträgt, ihre damalige Mitarbeiterin habe die Eintragungen ohne ihr Wissen und Wollen und entgegen anders lautender Weisung fehlerhaft vorgenommen, sie habe jedoch im Ganzen die Leistungen erbracht, wenn auch an anderen Tagen, die Mitarbeiterin habe nicht nach den ausdrücklichen Anweisungen abgerechnet, auch nach der vorgenommenen stichprobenartigen Kontrolle seien weiter Ziffern anders eingetragen oder umgetragen worden, ihre Arbeitsanweisungen, die sie nach ihren Angaben auch regelmäßig wiederholt habe, seien von der damaligen Mitarbeiterin ignoriert worden, führt dies zu keinem anderen Ergebnis.

Die "Karteikartenanweisungen", auf die sich die Klägerin bezieht, lassen sich aus den vorgelegten Kopien von Karteikarten nur sehr rudimentär entnehmen. Dem Vortrag der Klägerin entsprechend ist indessen erkennbar, dass in großem Umfang Leistungen zur Abrechnung gebracht wurden, die mit den Angaben in den Karteikarten in keiner Weise übereinstimmen. So weist die Aufstellung der abgerechneten Leistungen für die Patientin W. W. eine Leistungserbringung am 2. Mai 2007, 9. Juli 2007 und 25. Juli 2007 aus, die handschriftlich geführte (in Kopie vorgelegte) Patientenkartei indessen Behandlungstermine am 5. April 2007 und im Juni 2007. Für den Patienten E. E. ist eine Behandlung am 25. Juli 2007 abgerechnet, für die eine Eintragung in den Kopien der Patientenkartei nicht zu finden ist, die Aufzeichnung dort endet im April 2007. Ebenso wurde bei der Patientin R. R. am 2. April 2007 die Erbringung der Leistungen Nrn. 03111, 03120 abgerechnet, laut Karteikarte fand die letzte Behandlung der Patientin indessen im Februar 2005 statt. Bei der Patientin T. T. gibt die Klägerin an, es sei eine Behandlung am 2. April 2007 abgerechnet worden, für die es keine Eintragung in der Patientenkartei gibt, die als letztes Behandlungsdatum den 17. November 2003 ausweist. Teilweise ergeben sich aus der Karteikarte auch Behandlungstermine, die nach der überreichten Abrechnungsaufstellung nicht zur Abrechnung gebracht wurden.

Weiterhin ist nicht erkennbar, dass – wie aber von der Klägerin im Vorverfahren vorgetragen - der Leistungsinhalt der Nr. 03120 EBM 2005 bei einem späteren Patientenkontakt stets vollständig erbracht wurde. So ergibt die Aufstellung der EDV-gestützt abgerechneten Leistungen der Klägerin (Anlage zu Bl. 23 der Gerichtakte) für die Patientin Z. Z. unter dem 10. Oktober 2007 die Abrechnung der Ziffern 03111, 03120, 32057, 32089, 32022, wohingegen die Karteikarte den handschriftlichen Vermerk "1", der nach Angaben der Klägerin für die Abrechnung der Nr. 03111 steht, unter dem 10. Oktober 2007 trägt, ein weiterer Patientenkontakt an einem anderen Tag indessen nicht vermerkt ist.

Insgesamt ergibt sich bereits aus dem Vortrag der Klägerin, dass es in erheblichen Maße zu fehlerhaften Abrechnungen gekommen ist, für deren Richtigkeit die Klägerin mit Abgabe der Abrechnungssammelerklärungen eine Garantie übernommen hat. Die Garantiewirkung der Abrechnungssammelerklärung (vgl. hierzu näher BSG, Urteil vom 17. September 2007, 6 RKa 86/95) entfällt, weil der Klägerin grobe Fahrlässigkeit vorgeworfen werden kann. Die erforderliche Sorgfalt verletzt in besonders schwerem Maße, wer schon einfachste, ganz nahe liegende Überlegungen nicht anstellt und daher nicht beachtet, was in gegebenem Fall jedem einleuchten muss. So liegt es hier, denn bereits nach eigenem Vortrag der Klägerin handelte die Mitarbeiterin ausdrücklichen Arbeitsanweisungen zuwider, was die Klägerin bei stichprobenartigen Kontrollen auch festgestellt haben will. Gerade aber wenn sie Abrechnungsfehler festgestellt hatte, reichte es bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt bei Weitem nicht aus, sich bei der Kontrolle der von der Mitarbeiterin erstellten Abrechnung weiterhin auf Stichproben zu beschränken und die Abrechnungs-Sammelerklärung ohne weitere Prüfung der Abrechnung im Übrigen "blind" zu unterschreiben. Vielmehr wäre es naheliegend gewesen, gerade bei dem Auftreten von Fehlern, die von ihrer Mitarbeiterin erstellte Abrechnung – auch in Folgequartalen - weitergehend und ggf. vollständig mit besonderer Sorgfalt zu kontrollieren.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG sind nicht gegeben.
Rechtskraft
Aus
Saved