Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 2 R 95/09
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 5 R 767/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 12 R 65/12 B
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zur Sozialversicherungspflicht von GmbH-Gesellschafter/Geschäftsführern - keine SchönwetterSelbständigkeit - Gesellschaftermehrheit von Finanzinvestoren
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 6. Juli 2010 wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten beider Rechtszüge.
III. Der Streitwert wird auf 103.024,48 Euro festgesetzt.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig eine Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen für die Beigeladenen zu 1) und zu 3) für die Zeit vom 1.7.2003 bis zum 31.12.2006 in Höhe von insgesamt 103.024,48 Euro.
Die Klägerin betreibt in der Rechtsform einer GmbH ein Unternehmen zur Entwicklung, Herstellung und zum Vertrieb von mobilen Handheld Computern. Die Klägerin firmierte zunächst unter dem Namen X. E. GmbH (erste Eintragung in das Handelsregister des Amtsgerichts A. unter HR B 8372 am 11.4.2002). Seit dem 14.7.2005 ist die Klägerin mit der Firma X. T. GmbH in das Handelsregister eingetragen. Der Beigeladene zu 1) und D. - Rechtsnachfolgerin des verstorbenen D. ist die jetzige Beigeladene zu 3) - waren in dem hier streitgegenständlichen Zeitraum als Geschäftsführer für die Klägerin tätig gewesen. Der Beigeladene zu 1) und D. schlossen mit der Klägerin am 16.6.2003 mit Wirkung zum 1.7.2003 inhaltsgleiche Verträge, die jeweils mit "Geschäftsführer-Anstellungsvertrag" überschrieben sind. Die Verträge haben unter anderem die folgenden Vereinbarungen zum Inhalt:
§ 1 Aufgaben und Pflichten
1.1 Die Gesellschaft überträgt Herrn [ ...] die Position eines Geschäftsführers der Gesellschaft. Der Geschäftsführer hat in dieser Eigenschaft die Geschäfte der Gesellschaft nach Maßgabe der Gesetze, des Gesellschaftsvertrages, diese Anstellungsvertrages, der Geschäftsordnung und der Weisungen der Gesellschafterversammlung mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns zu führen.
1.2 [ ...]
1.3 [ ...]
1.4 Der Geschäftsführer ist von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit.
§ 2 Vergütung
2.1 Der Geschäftsführer erhält als Vergütung für seine Tätigkeit ein Jahresgehalt von brutto EURO 98.000,-, das in vierzehn gleichen Raten in Höhe von jeweils EURO 7.000,- am Ende eines jeden Monats gezahlt wird. Die Urlaubs- und Weihnachtsgratifikation werden jeweils mit dem Juni- und Novembergehalt ausgezahlt. Das Jahresgehalt wird von der Gesellschafterversammlung in jährlichem Turnus nach freiem Ermessen auf seine Angemessenheit überprüft.
2.2 Mit den vorgenannten Vergütungen ist die gesamte vertragliche Tätigkeit des Geschäftsführers einschließlich Mehr- und Überarbeit abgegolten.
2.3 Die persönlichen Steuern und Abgaben auf die Geld- und Sachbezüge nach diesem Vertrag trägt der Geschäftsführer selbst.
§ 3 Reisekosten
Reisekosten werden dem Geschäftsführer auf entsprechenden Nachweis vergütet.
§ 4 Urlaub
Der Geschäftsführer hat Anspruch auf einen Jahresurlaub von 30 Arbeitstagen. [ ...] Die Urlaubszeiten sind unter Berücksichtung der betrieblichen Belange mit den übrigen Geschäftsführern abzustimmen. [ ...]
§ 5 Bezüge bei Krankheit, Unfall, Tod
5.1 Bei einer vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit, die durch Krankheit oder aus anderen von dem Geschäftsführer nicht zu vertretenden Grund eintritt, behält dieser seinen Anspruch auf Fortzahlung des Jahresgehaltes gemäß § 2.1 für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis zu einer ununterbrochenen Dauer von sechs Wochen. [ ...]
[ ...]
§ 6 Nebentätigkeit, Wettbewerbsverbot
6.1 Der Geschäftsführer hat seine volle Arbeitskraft sowie sein ganzes Wissen und Können ausschließlich der Gesellschaft zu widmen. Jede anderweitige Tätigkeit im beruflichen Bereich, insbesondere die Übernahme von Aufsichtsrats- oder ähnlichen Mandaten sowie die Annahme von Ehrenämtern bedürfen der vorherigen Zustimmung der Gesellschafterversammlung.
6.2 Der Geschäftsführer darf in dem Geschäftszweig der Gesellschaft weder für eigene noch für fremde Rechnung Geschäfte machen. [ ...]
6.3 Der vorherigen Zustimmung der Gesellschafterversammlung bedürfen ferner Gutachten, Veröffentlichungen und Vorträge, soweit sie mit der geschäftlichen Tätigkeit des Geschäftsführers zusammenhängen oder auf andere Weise die Interessen der Gesellschaft berühren.
[ ...]
§ 9 Vertragsdauer
[ ...]
9.4 Die Gesellschaft ist jederzeit berechtigt, den Geschäftsführer unter Fortzahlung seiner unter § 2 Ziff. 1 aufgeführten Bezüge von seiner Verpflichtung zur Arbeitsleistung freizustellen.
Im Übrigen wird auf den Inhalt der Geschäftsführer-Anstellungsverträge in den Verwaltungsakten der Beklagten auf Bl. 115 ff und Bl. 135 ff ausdrücklich Bezug genommen. In den Verwaltungsakten sind daneben zwei, ebenfalls inhaltsgleiche jeweils zwischen dem Beigeladenen zu 1) und D. sowie der Klägerin geschlossene Verträge enthalten. Diese sind überschrieben mit "Geschäftsführer-Vertrag". Abweichend von den Geschäftsführer-Anstellungsverträgen wurden die folgenden Vereinbarungen getroffen:
§ 2 Vergütung
2.1 Der Geschäftsführer erhält als Vergütung für seine Tätigkeit ein Jahresgehalt von EUR 84.000,-, das in zwölf gleichen Raten in Höhe von jeweils EUR 7.000,- am Ende eines jeden Monats gezahlt wird.
2.2 Zusätzlich erhält der Geschäftsführer eine erfolgsbezogene Vergütung in Höhe von EUR 14.000,- pro Jahr, deren Auszahlung in einer oder zwei Raten unter Zustimmung der Gesellschafterversammlung erfolgt.
2.3 Das Jahresgehalt wird von der Gesellschafterversammlung im jährlichen Turnus nach freiem Ermessen auf seine Angemessenheit überprüft. Das gleiche gilt für die erfolgsbezogene Vergütung.
[ ...]
§ 4 Urlaub
Der Geschäftsführer hat keinen festen Anspruch auf Urlaub unter Fortzahlung seiner Bezüge. Die Gewährung von Urlaub wird im Einzelfall von den Gesellschaftern nach freiem Ermessen genehmigt, wobei betriebliche Belange vorrangig zu berücksichtigen sind. [ ...]
§ 5 Bezüge bei Krankheit, Unfall, Tod
Soweit der Geschäftsführer aufgrund von Krankheit an der Ausübung seiner Tätigkeit verhindert ist, behält er seinen Einspruch [gemeint ist wohl Anspruch] auf Vergütung für einen Zeitraum von zwei Wochen. Soweit der Zustand der Arbeitsunfähigkeit länger andauert, besteht kein Anspruch auf Fortzahlung des Jahresgehalts für die zwei Wochen überschreitende Arbeitsunfähigkeit. Etwas anderes gilt nur, wenn die Arbeitsunfähigkeit im Zusammenhang mit der Geschäftsführertätigkeit entstanden ist [ ...].
Hinsichtlich des übrigen Inhalts der Geschäftsführer-Verträge wird auf Bl. 110 ff und Bl. 130 ff der Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Der Beigeladene zu 1) und D. waren ursprünglich alleinige Gesellschafter der Klägerin mit einem Anteil am Stammkapital von jeweils 1/2. Mit Gesellschaftervereinbarung vom 16.6.2003 nahmen der Beigeladene zu 1) und D. erstmals zwei Finanzinvestoren als Gesellschafter mit auf (M. GmbH und P. GmbH). Der Beigeladene zu 1) und D. verfügten daraufhin nur noch über einen Anteil an der Stammeinlage in Höhe von jeweils 28,73 %. Nach einer Beteiligung in Höhe von jeweils 30,5 % (1.9. bis 22.12.2003) wurden mit Gesellschaftsvertrag vom 23.12.2003 zwei weitere Investoren als Gesellschafter aufgenommen (G. Capital Inc. und G. Invest AG). Nach einer Kapitalerhöhung verfügten der Beigeladene zu 1) und D. nunmehr nur noch über eine Nominalbeteiligung an der Stammeinlage in Höhe von jeweils 18,9 %.
Die Bestellung der Geschäftsführer, die Geschäftsführung sowie die Stimmabgabe in der Gesellschafterversammlung waren Regelungsgegenstand der zwischen den Gesellschaftern geschlossenen Gesellschaftsverträge und Gesellschaftsvereinbarungen. Die hier einschlägigen Vorschriften lauteten:
Gesellschaftsvertrag vom 1.8.2003:
§ 8 Geschäftsführer
(1) Die Gesellschaft hat mindestens zwei Geschäftsführer.
(2) Die Geschäftsführer werden durch Beschluss der Gesellschafterversammlung bestellt und abberufen.
§ 10 Vertretung
(1) Die Gesellschaft wird durch zwei gemeinschaftlich handelnde Geschäftsführer oder durch einen Geschäftsführer in Gemeinschaft mit einem Prokuristen vertreten. [ ...]
§ 11 Gesellschafterversammlungen
(4) Eine Gesellschafterversammlung ist beschlussfähig, wenn mindestens einer der Gesellschafter C. oder D. ("Altgesellschafter") sowie einer der Gesellschafter M. und P. GmbH ("Investor") oder der jeweilige Rechtsnachfolger der vorgenannten Gesellschafter vertreten sind. [ ...]
§ 12 Gesellschafterbeschlüsse
(2) Sofern dieser Gesellschaftsvertrag oder gesetzliche Vorschriften keine abweichende Mehrheit vorsehen, sind Gesellschafterbeschlüsse mit zwei Dritteln der bei der Gesellschafterversammlung vertretenen Stimmen zu fassen. Je EUR 50,00 eines Geschäftsanteils geben eine Stimme.
Gesellschaftervereinbarung vom 23.12.2003:
§ 3 Gesellschaftsvertrag und Geschäftsführung
[ ...]
2. Die Gesellschafter werden die Gründungsgesellschafter C. und D. als Geschäftsführer nicht abberufen, solange diese mit jeweils mindestens einem Zehntel am Stammkapital von X. beteiligt sind. [ ...] Das Recht zur Abberufung aus wichtigem Grund oder zwingender gesetzlicher Vorschriften bleibt unberührt.
Gesellschaftsvertrag vom 23.6.2005
§ 8 Geschäftsführer
(1) Die Gesellschaft hat mindestens zwei Geschäftsführer.
(2) Die Geschäftsführer werden durch Beschluss der Gesellschafterversammlung bestellt und abberufen. Für die Gesellschafter C. und D. gilt dies jedoch nicht, solange sie jeweils Geschäftsanteile von mindestens 10 % des Stammkapitals der Gesellschaft halten. Das Recht zur Abberufung aus wichtigem Grund oder zwingender gesetzlicher Vorschriften bleibt hiervon unberührt.
§ 9 Geschäftsführung
(3) Die derzeitigen Geschäftsführer verpflichten sich, ihre gesamte unternehmerische Tätigkeit auf die Geschäfte der Gesellschaften zu gründen oder sich an diesen selbst oder durch Dritte zu beteiligen. [ ...]
§ 11 Gesellschafterversammlungen
(4) Eine Gesellschafterversammlung ist beschlussfähig, wenn mindestens einer der Gesellschafter C. oder D. ("Altgesellschafter") sowie einer der Gesellschafter M. und P. GmbH ("Investor") oder der jeweilige Rechtsnachfolger der vorgenannten Gesellschafter vertreten sind. [ ...]
§ 12 Gesellschafterbeschlüsse
[ ...]
(2) Sofern dieser Gesellschaftsvertrag oder gesetzliche Vorschriften keine abweichende Mehrheit vorsehen, sind Gesellschafterbeschlüsse mit der Mehrheit der in der Gesellschafterversammlung vertretenen Stimmen zu fassen. Je EUR 50,00 Nominalbetrag eines Geschäftsanteils geben eine Stimme.
Mit Bescheid vom 7.3.2007 stellte die Beklagte nach einer Betriebsprüfung über den Prüfzeitraum vom 12.3.2003 bis zum 31.12.2006 die Versicherungspflicht in der Renten- und Arbeitslosenversicherung des Beigeladenen zu 1) und von D. als Geschäftsführer der Klägerin fest und forderte Beiträge in Höhe von insgesamt 103.024,48 Euro nach. Zur Begründung führte die Beklagte aus, durch die Verminderung der Anteile am Stammkapital von ursprünglich jeweils 50 % auf jeweils 28,73 % zum 16.6.2003, 30,5 % zum 31.8.2003 und auf 18,91 % zum 23.12.2003 hätten der Beigeladene zu 1) und D. keinen entscheidenden Einfluss mehr auf die Geschicke der GmbH gehabt. Der Beigeladene zu 1) und D. hätten durch Beschluss der Gesellschafterversammlung bestellt und abberufen werden können, zumindest aus wichtigem Grund auch nach der Klausel, die eine Abberufung ausschloss bei einer Beteiligung am Stammkapital von mindestens einem Zehntel.
Dagegen erhob die Klägerin Widerspruch und machte geltend, die Kapitalisierung der GmbH sei durch branchenfremde Finanzinvestoren erfolgt, die über keinerlei fachliche Kenntnisse hinsichtlich der unternehmerischen Tätigkeit verfügten. Zwischen dem Beigeladenen zu 1) und D. habe aufgrund ihrer langjährigen Zusammenarbeit Interessenidentität bestanden. Jedenfalls bis zum 23.12.2003 seien sie aufgrund der gemeinsamen Kapitalbeteiligung von bis zu 61 % jederzeit in der Lage gewesen, in der Gesellschafterversammlung nicht genehme Beschlüsse der Finanzinvestoren zu verhindern. Die Aufspaltung der Kapitalanteile gehe an der Realität vorbei. Zusammen hätten der Beigeladene zu 1) und D. Beschlüsse der übrigen Gesellschafter verhindern können. Zwar habe die Mehrheit der beiden Gründungsgesellschafter am 23.12.2003 geendet. Die Abberufung als Geschäftsführer wurde bei einem Kapitalanteil von mindestens 10 % jedoch ausgeschlossen. Mit Widerspruchsbescheid vom 20.1.2009 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und führte aus, eine Abhängigkeit von der Klägerin kraft Gesellschafterrechte des Beigeladenen zu 1) und des D. könne weder aufgrund einer Sperrminorität noch aufgrund ihres tatsächlichen Einflusses auf die Gesellschaft vermieden werden. Die im Gesellschaftsvertrag vom 23.12.2003 vereinbarte Sperrklausel lasse das Recht zur Abberufung als Geschäftsführer aus wichtigem Grund oder aufgrund gesetzlicher Vorschrift unberührt. Eine Möglichkeit zur Verhinderung anderer Gesellschafterbeschlüsse habe nicht bestanden. Auch hätte die Sperrklausel durch Gesellschafterbeschluss jederzeit wieder aufgehoben werden können. Die Beklagte verwies zudem auf den Inhalt der abgeschlossenen Geschäftsführer-Anstellungsverträge.
Dagegen hat die Klägerin Klage erhoben zum Sozialgericht Würzburg und erneut geltend gemacht, der Beigeladene zu 1) und D. hätten allein über die Kenntnisse und das Know-how zur Führung des Unternehmens verfügt. Die Merkmale einer fremdbestimmten Tätigkeit lägen hier nicht vor. Die Finanzinvestoren hätten lediglich den satzungsmäßigen Unternehmensgegenstand vorgegeben, das von dem Beigeladenen zu 1) und D. als Prototyp entwickelte mobile Terminal produktionsreif zu machen, die Produktion aufzunehmen und das Gerät zu vermarkten. In diesem Rahmen hätten der Beigeladene zu 1) und D. völlig frei entscheiden können. Mit Urteil vom 6.7.2010 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Das Sozialgericht hat die Versicherungspflicht in der Renten- und Arbeitslosenversicherung aufgrund abhängiger Beschäftigung des Beigeladenen zu 1) und D. bestätigt. Das Sozialgericht hat entgegen der Auffassung der Klägerin den Beigeladenen zu 1) und D. nicht als eine Einheit angesehen. Der Umfang der Beteiligung am Kapital der Klägerin sei ein wesentliches Merkmal. Bei einem geringeren Kapitalanteil als 50 % sei in der Regel eine abhängige Beschäftigung anzunehmen.
Dagegen hat die Klägerin Berufung eingelegt. Die Klägerin ist unverändert der Auffassung, der Beigeladene zu 1) und D. seien nicht abhängig Beschäftigte der Klägerin gewesen. Als Unternehmensgründer seien der Beigeladene zu 1) und D. trotz der etwa zwei Jahre nach Firmengründung erfolgten Aufnahme von Finanzkapital ebenso wie zuvor in der Lage gewesen, ihre Tätigkeit für die Klägerin maßgeblich zu bestimmen. Die Finanzinvestoren hätten sämtliche Entscheidungen über die weitere Entwicklung und spätere Vermarktung der Terminals ausschließlich dem Beigeladenen zu 1) und D. überlassen. Die Angestellten hätten zu den Finanzinvestoren keinen Kontakt gehabt. Aufgrund der Sperrklausel hätten die Firmengründer ihre Abberufung als Geschäftsführer verhindern können. Auch nach der Aufnahme von Fremdkapital hätten eine unveränderte Ausübung des Direktionsrechts und das Fehlen jedweder Weisungsgebundenheit gegolten.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 6.7.2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 7.3.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.1.2009 aufzuheben, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Mit Beschluss vom 3.8.2012 wurde D. als Rechtsnachfolgerin von D. beigeladen (Beigeladene zu 3). In der mündlichen Verhandlung am 23.10.2012 hat der Beigeladene zu 1) auf Nachfrage erklärt, er habe zunächst den Geschäftsführer-Anstellungsvertrag unterzeichnet. Danach habe er die Auskunft von den beteiligten Rechtsanwälten erhalten, dass der Vertragstext geändert werden müsse. Einen Tag später habe er dann den neuen Geschäftsführer-Vertrag unterschrieben. Dies sei der gültige. Es sei der Vertragstext ohne Anspruch auf Urlaub. Urlaub sei in der Folgezeit nie genommen worden.
Die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Akten des Sozialgerichts Würzburg wurden zum Gegenstand dieses Verfahrens. Darauf sowie auf die Akten der Berufung wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist zulässig (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz, SGG), in der Sache jedoch ohne Erfolg.
Der Bescheid der Beklagten vom 7.3.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.1.2009 ist rechtmäßig ergangen und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Beklagte hat die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) und 3) zu Recht als abhängige Beschäftigung beurteilt und Beiträge zur gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung in Höhe von 103.024,48 Euro für die Zeit vom 1.7.2003 bis zum 31.12.2006 nachgefordert.
1. In der gesetzlichen Rentenversicherung sind versicherungspflichtig Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind (§ 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch, SGB VI). Nach dem Recht der Arbeitsförderung sind versicherungspflichtig Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind (§ 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch, SGB III). Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch, SGB IV, ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (zur Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 20.5.1996, 1 BvR 21/96). Seit dem 1.1.1999 sind im Gesetz als Anhaltspunkte für eine solche Beschäftigung aufgeführt eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (§ 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV in der Fassung des Gesetzes vom 20. Dezember 1999, BGBl I 2000, 2).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts setzt ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt (vgl. BSG, Urteil vom 11.3.2009, B 12 KR 21/07 R, Rz. 15 - zitiert nach juris). Dabei hängt der Grad der persönlichen Abhängigkeit ganz entscheidend von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab. Abstrakte, für alle Arbeitsverhältnisse geltende Merkmale lassen sich nicht aufstellen (vgl. zu den identischen Abgrenzungskriterien eines Arbeitsverhältnisses BAG, Urteil vom 20.1.2010, 5 AZR 99/09, Rz. 13 - zitiert nach juris). Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Dieses bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen, zu denen die rechtlich relevanten Umstände gehören, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben (vgl. BSG, Urteil vom 11.3.2009, B 12 KR 21/07 R, Rz. 15 - zitiert nach juris). Maßgeblich ist zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt (vgl. BSG, Urteil vom 24.1.2007, B 12 KR 31/06 R, Rz. 17 - zitiert nach juris). Dagegen geht eine im Widerspruch zur ursprünglich getroffenen Vereinbarung praktizierte Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung der formellen Vereinbarung nur vor, soweit eine, zumal formlose Abbedingung rechtlich überhaupt möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam ab bedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (vgl. BSG, Urteil vom 25.1.2006, B 12 KR 30/04 R, Rz. 25 - zitiert nach juris).
Nichts anderes gilt für die Beurteilung von Geschäftsführern einer GmbH. Auch für diese gelten für die Beurteilung ihrer Tätigkeit als abhängige Beschäftigung oder selbständige Arbeit die Kriterien des § 7 Abs. 1 SGB IV in ihrer von der Rechtsprechung entwickelten Ausprägung. Auch hier ist zu klären, ob es sich um eine Tätigkeit des Geschäftsführers nach Weisungen handelt und ob der Geschäftsführer in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers eingegliedert ist (abhängige Beschäftigung) oder ob seine Arbeitsleistung im Gegensatz dazu vor allem durch ein eigenes unternehmerisches Risiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit geprägt ist (selbständige Tätigkeit). Das Gesamtbild der Arbeitsleistung ist entscheidend. Die sozialrechtliche Beurteilung erfolgt unabhängig davon, dass der Geschäftsführer nicht als Arbeitnehmer im Sinne des Arbeitsgerichtsgesetzes gilt (vgl § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG und dazu BAG, Beschluss vom 26.10.2012, 10 AZB 60/12). Dass der Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft eine Organstellung innehat, steht auch im Steuerrecht der Annahme eines Arbeitsverhältnisses nicht entgegen (vgl. BFH, Urteil vom 20.10.2010, VIII R 34/08, Rz. 23 - zitiert nach juris).
a.) Schon die zwischen den Beteiligten zunächst mit Datum vom 16.6.2003 geschlossenen "Geschäftsführer-Anstellungsverträge" zeigen nicht nur mit der gewählten Vertragsüberschrift sondern auch nach ihrem Inhalt typische Merkmale von abhängigen Beschäftigungsverhältnissen. § 1 des Geschäftsführer-Anstellungsvertrages enthält zudem inhaltsgleich mit § 1 des nach Aussage des Beigeladenen zu 1) bewusst geänderten Geschäftsführer-Vertrages die Weisungsgebundenheit des Beigeladenen zu 1) und von D. in ihrer Tätigkeit für die Klägerin. Danach mussten sie die Geschäfte der Gesellschaft nach Maßgabe der Gesetze, des Gesellschaftsvertrages, des "Anstellungsvertrages", der Geschäftsordnung und der "Weisungen der Gesellschafterversammlung" mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns führen. Die Gesellschaft war zudem jederzeit berechtigt, die Geschäftsführer unter Fortzahlung ihrer Bezüge von ihrer Verpflichtung zur Arbeitsleistung freizustellen (§ 9 des Geschäftsführer-Anstellungsvertrages und § 9 des Geschäftsführer-Vertrags). Der Beigeladene zu 1) und D. erhielten sowohl nach § 2 des Geschäftsführer-Anstellungsvertrages als auch nach § 2 des Geschäftsführer-Vertrages eine feste Vergütung als Jahresgehalt in vorgegebenen Monatszahlungen. Die in § 2 des Geschäftsführer-Vertrages neu aufgenommene erfolgsbezogene Vergütung in Höhe von EUR 14.000,- pro Jahr ist für höhere Angestellte nicht ungewöhnlich und für sich allein nicht geeignet, ein unternehmerisches Risiko des Beigeladenen zu 1) und von D. zu begründen. Vielmehr hatten diese ihre volle Arbeitskraft sowie ihr ganzes Wissen und Können ausschließlich zugunsten der Klägerin einzusetzen. Jede anderweitige Tätigkeit im beruflichen, gerade auch im unternehmerischen Bereich bedurften der vorherigen Zustimmung der Gesellschafterversammlung (§ 6 des Geschäftsführer-Anstellungsvertrages und § 6 des Geschäftsführer-Vertrags). Der Beigeladene zu 1) und D. durften in dem Geschäftszweig der Klägerin weder für eigene noch für fremde Rechnung Geschäfte machen (§ 8 des Geschäftsführer-Anstellungsvertrages und § 8 des Geschäftsführer-Vertrages). Auch in § 9 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrags vom 23.6.2005 wurden die Geschäftsführer dahin gehend verpflichtet, ihre gesamte unternehmerische Tätigkeit auf die Geschäfte der Gesellschaften zu gründen. Der Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot des § 181 BGB - als ein für eine selbständige Tätigkeit sprechender Umstand - kommt daneben kein großes Gewicht mehr zu. Auch wenn in § 4 des Geschäftsführer-Vertrages ein Urlaubsanspruch ab bedungen und in § 5 des Geschäftsführer-Vertrages der für Arbeitnehmer typische Entgeltfortzahlungsanspruch im Krankheitsfall von sechs Wochen auf zwei Wochen (Arbeitsunfälle ausgenommen) beschränkt wurde, können diese die benannten wesentlichen Merkmale eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses nicht in den Hintergrund treten lassen.
b.) Der Beigeladene zu 1) und D. sind in ihrer Tätigkeit für die Klägerin auch nicht unter Berücksichtigung ihrer Gesellschafterstellung als Selbständige zu beurteilen. Zunächst gilt: Auch ein Gesellschafter einer GmbH kann zu dieser gleichzeitig in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stehen (vgl. BSG, Urteil vom 25.1.2006, B 12 KR 30/04 R, Rz. 23 - zitiert nach juris). Allerdings ist ein Beschäftigungsverhältnis regelmäßig ausgeschlossen, wenn der Gesellschafter auf die Willensbildung der Gesellschaft einen maßgeblichen rechtlichen oder tatsächlichen Einfluss ausübt und damit Einzelanweisungen jederzeit verhindern kann (vgl. BSG, Urteil vom 25.1.2006, B 12 KR 30/04 R, Rz. 23 - zitiert nach juris). Abzustellen ist hier auf die Willensbildung in der Gesellschafterversammlung und die dort zu treffenden grundlegenden unternehmerischen Entscheidungen.
aa.) Eine entscheidende Rechtsmacht haben GmbH-Gesellschafter regelmäßig dann, wenn sie zugleich Geschäftsführer der Gesellschaft sind und mindestens 50 % des Stammkapitals innehaben (vgl. BSG, Urteil vom 17.5.2001, B 12 KR 34/00 R, Rz. 14 f. - zitiert nach juris). Dies war in dem hier streitigen Zeitraum vom 1.7.2003 bis zum 31.12.2006 nicht mehr der Fall. Bereits mit Aufnahme der ersten beiden Finanzinvestoren mit Gesellschaftervereinbarung vom 16.6.2003 verfügten der Beigeladene zu 1) und D. nur noch über einen Anteil an der Stammeinlage in Höhe von jeweils 28,73 %. Nach § 11 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags vom 1.8.2003 waren zudem Gesellschafterbeschlüsse mit zwei Dritteln der bei der Gesellschafterversammlung vertretenen Stimmen zu fassen, wobei je EUR 50,00 eines Geschäftsanteils eine Stimme ergaben. Keiner der Gründungsgesellschafter konnte für sich allein den Inhalt eines Gesellschafterbeschlusses bestimmen. Nichts anderes galt auch nach der einschlägigen Bestimmung des Gesellschaftsvertrags vom 23.6.2005 in § 12 Abs. 2. Danach waren Gesellschafterbeschlüsse mit der Mehrheit der in der Gesellschafterversammlung vertretenen Stimmen zu fassen, wobei wiederum je EUR 50,00 Nominalbetrag eines Geschäftsanteils eine Stimme ergaben. Eine Sperrminorität zugunsten der Gründungsgesellschafter war nicht vereinbart.
bb.) Auch ein freies "Schalten und Walten" des Geschäftsführer-Gesellschafters, wie es in der Rechtsprechung in Einzelfällen zur Begründung einer selbständigen Tätigkeit auch des Minderheitsgesellschafters angenommen wird (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 26.6.2012, L 11 KR 2769/11), kann hier nicht Streit entscheidend sein. Der Beigeladene zu 1) und D. handelten als Geschäftsführer gemeinsam (§ 10 des Gesellschaftsvertrags vom 1.8.2003), so dass keiner der beiden für sich allein den Geschäftsbetrieb der Klägerin dominieren konnte. Soweit die Klägerin vorträgt, der Beigeladene zu 1) und D. seien als Gründungsgesellschafter zumindest gemeinsam, jedenfalls bis zum 23.12.2003 aufgrund der Kapitalbeteiligung von zusammen bis zu 61 % jederzeit in der Lage gewesen, in der Gesellschafterversammlung ihnen nicht genehme Beschlüsse der Finanzinvestoren zu verhindern, überzeugt dies nicht. Nach dem Gesellschaftsvertrag vom 1.8.2003 konnte der Beigeladene zu 1) zusammen mit D. gemeinsam nur in einer einzigen Konstellation gegen die Stimmen der übrigen Gesellschafter einen Gesellschafterbeschluss herbeiführen. Nach § 11 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrags vom 1.8.2003 war die Gesellschafterversammlung nur beschlussfähig, wenn mindestens einer der Gründungsgesellschafter sowie einer der beiden Finanzinvestoren anwesend waren. Für eine denkbare Stimmenmehrheit des Beigeladenen zu 1) und D. mussten nicht nur diese beiden anwesend sein, sondern es durfte daneben lediglich ein Vertreter der P. GmbH, nicht aber zugleich der über deutlich mehr Stimmanteile verfügende Vertreter der M. GmbH an der Gesellschafterversammlung teilnehmen. Der Beigeladene zu 1) hätte dann zusammen mit D. über die notwendige 2/3 Mehrheit verfügt und gemeinsam mit diesem den Gesellschafterbeschluss bestimmen können. Unabhängig davon, dass diese Möglichkeit nur in einer einzigen Fallkonstellation denkbar und damit zufällig war, kann darauf auch im Übrigen keine selbständige Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) und von D. in ihrer Tätigkeit für die Klägerin begründet werden. Dass der Beigeladene zu 1) und D. die Rolle als Gründungspartner der Klägerin teilten und deshalb gegebenenfalls auch gegen die Finanzinvestoren gemeinsam ihre Interessen vertreten haben, liegt nahe. Es ist davon auszugehen, dass der Beigeladene zu 1) und D. über eine deutlich größere Sachnähe und einen ungleich engeren persönlichen Bezug zum Unternehmensgegenstand verfügten als die Finanzinvestoren. Die Vertretung eines gemeinsamen und durchgehend einheitlichen Willens bei der Stimmabgabe der Gründungsgesellschafter ist dagegen in keinster Weise zwingend. Bei der Vielzahl an zu treffenden, zumal häufig sehr komplexen Entscheidungen einer Gesellschafterversammlung lässt sich keine Regel dahin gehend aufstellen, dass Gesellschafter, auch wenn sie die Gesellschaft ursprünglich gemeinsam gegründet und alleine gehalten haben, stets in allen Fragen derselben Überzeugung sind und einheitlich abstimmen. Nicht nur dass durchgehend Einigkeit bestehen müsste in allen fachlichen Fragen, auch unternehmerische Entscheidungen und gegebenenfalls zugrundeliegende Prognosen für den weiteren Geschäftsbetrieb müssten durchwegs geteilt werden. Hinzu kommt, dass im Sinne der Rechtssicherheit bei der Beurteilung einer Tätigkeit als abhängige Beschäftigung oder selbständig nicht allein auf die guten Zeiten abgestellt werden kann. Vielmehr sind auch mögliche Konfliktfälle zu berücksichtigen (vgl. Hessisches LSG, Urteil vom 27.10.2011, L 8 KR 272/09, Rz. 52 - zitiert nach juris). Eine "SchönwetterSelbstständigkeit" gibt es nicht (vgl. BSG, Urteil vom 29.8.2012, B 12 KR 25/10 R, Rz. 32 - zitiert nach juris).
Nach § 12 Abs. 2 der Gesellschaftervereinbarung vom 23.12.2003 war ohnehin ein Gesellschafterbeschluss in keiner Fallkonstellation mehr denkbar, den die Gründungsgesellschafter, wenn auch nur gemeinsam, hätten bestimmen können. Danach waren Gesellschafterbeschlüsse mit der Mehrheit der in der Gesellschafterversammlung vertretenen Stimmen zu fassen (eine Stimme je EUR 50,00 Nominalbetrag eines Geschäftsanteils). Der Beigeladene zu 1) und D. verfügten zu diesem Zeitpunkt bereits nur noch über einen Kapitalanteil in einem Umfang von jeweils 18,9 %.
cc.) Nach § 8 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags vom 1.8.2003 und der inhaltgleichen Regelung in § 8 Abs. 2 Satz 1 des Gesellschaftsvertrags vom 23.6.2005 wurden die Geschäftsführer durch Beschluss der Gesellschafterversammlung bestellt und abberufen. Allerdings konnten der Beigeladene zu 1) und D. als Gründungsgesellschafter nicht abberufen werden, solange diese mit jeweils mindestens einem Zehntel am Stammkapital der Klägerin beteiligt waren (§ 3 Abs. 2 der Gesellschaftervereinbarung vom 23.12.2003 und § 8 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags vom 23.6.2005). Zum einen galt dies nicht unbeschränkt. Das Recht zur Abberufung aus wichtigem Grund oder zwingender gesetzlicher Vorschriften blieb nämlich unberührt. Zum anderen ändert diese gesicherte Stellung als Geschäftsführers nichts an der unverändert gültigen Weisungsgebundenheit an die Gesellschafterbeschlüsse (s.o. bereits die Ausführungen unter a.).
2. Die für den Beigeladenen zu 1) und D. nachgeforderten Sozialversicherungsbeiträge wurden von der Beklagten auch in ihrer Höhe rechtmäßig festgesetzt. Nachgefordert wurden ausschließlich Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung. Die Höhe der Beitragsnachforderung hat die Klägerin im Übrigen auch nicht angefochten.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung. Für die Festsetzung des Streitwertes gelten § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 52 Abs. 3, 47 Abs. 2 Satz 1 Gerichtskostengesetz.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG bestehen nicht.
II. Die Klägerin trägt die Kosten beider Rechtszüge.
III. Der Streitwert wird auf 103.024,48 Euro festgesetzt.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig eine Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen für die Beigeladenen zu 1) und zu 3) für die Zeit vom 1.7.2003 bis zum 31.12.2006 in Höhe von insgesamt 103.024,48 Euro.
Die Klägerin betreibt in der Rechtsform einer GmbH ein Unternehmen zur Entwicklung, Herstellung und zum Vertrieb von mobilen Handheld Computern. Die Klägerin firmierte zunächst unter dem Namen X. E. GmbH (erste Eintragung in das Handelsregister des Amtsgerichts A. unter HR B 8372 am 11.4.2002). Seit dem 14.7.2005 ist die Klägerin mit der Firma X. T. GmbH in das Handelsregister eingetragen. Der Beigeladene zu 1) und D. - Rechtsnachfolgerin des verstorbenen D. ist die jetzige Beigeladene zu 3) - waren in dem hier streitgegenständlichen Zeitraum als Geschäftsführer für die Klägerin tätig gewesen. Der Beigeladene zu 1) und D. schlossen mit der Klägerin am 16.6.2003 mit Wirkung zum 1.7.2003 inhaltsgleiche Verträge, die jeweils mit "Geschäftsführer-Anstellungsvertrag" überschrieben sind. Die Verträge haben unter anderem die folgenden Vereinbarungen zum Inhalt:
§ 1 Aufgaben und Pflichten
1.1 Die Gesellschaft überträgt Herrn [ ...] die Position eines Geschäftsführers der Gesellschaft. Der Geschäftsführer hat in dieser Eigenschaft die Geschäfte der Gesellschaft nach Maßgabe der Gesetze, des Gesellschaftsvertrages, diese Anstellungsvertrages, der Geschäftsordnung und der Weisungen der Gesellschafterversammlung mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns zu führen.
1.2 [ ...]
1.3 [ ...]
1.4 Der Geschäftsführer ist von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit.
§ 2 Vergütung
2.1 Der Geschäftsführer erhält als Vergütung für seine Tätigkeit ein Jahresgehalt von brutto EURO 98.000,-, das in vierzehn gleichen Raten in Höhe von jeweils EURO 7.000,- am Ende eines jeden Monats gezahlt wird. Die Urlaubs- und Weihnachtsgratifikation werden jeweils mit dem Juni- und Novembergehalt ausgezahlt. Das Jahresgehalt wird von der Gesellschafterversammlung in jährlichem Turnus nach freiem Ermessen auf seine Angemessenheit überprüft.
2.2 Mit den vorgenannten Vergütungen ist die gesamte vertragliche Tätigkeit des Geschäftsführers einschließlich Mehr- und Überarbeit abgegolten.
2.3 Die persönlichen Steuern und Abgaben auf die Geld- und Sachbezüge nach diesem Vertrag trägt der Geschäftsführer selbst.
§ 3 Reisekosten
Reisekosten werden dem Geschäftsführer auf entsprechenden Nachweis vergütet.
§ 4 Urlaub
Der Geschäftsführer hat Anspruch auf einen Jahresurlaub von 30 Arbeitstagen. [ ...] Die Urlaubszeiten sind unter Berücksichtung der betrieblichen Belange mit den übrigen Geschäftsführern abzustimmen. [ ...]
§ 5 Bezüge bei Krankheit, Unfall, Tod
5.1 Bei einer vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit, die durch Krankheit oder aus anderen von dem Geschäftsführer nicht zu vertretenden Grund eintritt, behält dieser seinen Anspruch auf Fortzahlung des Jahresgehaltes gemäß § 2.1 für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis zu einer ununterbrochenen Dauer von sechs Wochen. [ ...]
[ ...]
§ 6 Nebentätigkeit, Wettbewerbsverbot
6.1 Der Geschäftsführer hat seine volle Arbeitskraft sowie sein ganzes Wissen und Können ausschließlich der Gesellschaft zu widmen. Jede anderweitige Tätigkeit im beruflichen Bereich, insbesondere die Übernahme von Aufsichtsrats- oder ähnlichen Mandaten sowie die Annahme von Ehrenämtern bedürfen der vorherigen Zustimmung der Gesellschafterversammlung.
6.2 Der Geschäftsführer darf in dem Geschäftszweig der Gesellschaft weder für eigene noch für fremde Rechnung Geschäfte machen. [ ...]
6.3 Der vorherigen Zustimmung der Gesellschafterversammlung bedürfen ferner Gutachten, Veröffentlichungen und Vorträge, soweit sie mit der geschäftlichen Tätigkeit des Geschäftsführers zusammenhängen oder auf andere Weise die Interessen der Gesellschaft berühren.
[ ...]
§ 9 Vertragsdauer
[ ...]
9.4 Die Gesellschaft ist jederzeit berechtigt, den Geschäftsführer unter Fortzahlung seiner unter § 2 Ziff. 1 aufgeführten Bezüge von seiner Verpflichtung zur Arbeitsleistung freizustellen.
Im Übrigen wird auf den Inhalt der Geschäftsführer-Anstellungsverträge in den Verwaltungsakten der Beklagten auf Bl. 115 ff und Bl. 135 ff ausdrücklich Bezug genommen. In den Verwaltungsakten sind daneben zwei, ebenfalls inhaltsgleiche jeweils zwischen dem Beigeladenen zu 1) und D. sowie der Klägerin geschlossene Verträge enthalten. Diese sind überschrieben mit "Geschäftsführer-Vertrag". Abweichend von den Geschäftsführer-Anstellungsverträgen wurden die folgenden Vereinbarungen getroffen:
§ 2 Vergütung
2.1 Der Geschäftsführer erhält als Vergütung für seine Tätigkeit ein Jahresgehalt von EUR 84.000,-, das in zwölf gleichen Raten in Höhe von jeweils EUR 7.000,- am Ende eines jeden Monats gezahlt wird.
2.2 Zusätzlich erhält der Geschäftsführer eine erfolgsbezogene Vergütung in Höhe von EUR 14.000,- pro Jahr, deren Auszahlung in einer oder zwei Raten unter Zustimmung der Gesellschafterversammlung erfolgt.
2.3 Das Jahresgehalt wird von der Gesellschafterversammlung im jährlichen Turnus nach freiem Ermessen auf seine Angemessenheit überprüft. Das gleiche gilt für die erfolgsbezogene Vergütung.
[ ...]
§ 4 Urlaub
Der Geschäftsführer hat keinen festen Anspruch auf Urlaub unter Fortzahlung seiner Bezüge. Die Gewährung von Urlaub wird im Einzelfall von den Gesellschaftern nach freiem Ermessen genehmigt, wobei betriebliche Belange vorrangig zu berücksichtigen sind. [ ...]
§ 5 Bezüge bei Krankheit, Unfall, Tod
Soweit der Geschäftsführer aufgrund von Krankheit an der Ausübung seiner Tätigkeit verhindert ist, behält er seinen Einspruch [gemeint ist wohl Anspruch] auf Vergütung für einen Zeitraum von zwei Wochen. Soweit der Zustand der Arbeitsunfähigkeit länger andauert, besteht kein Anspruch auf Fortzahlung des Jahresgehalts für die zwei Wochen überschreitende Arbeitsunfähigkeit. Etwas anderes gilt nur, wenn die Arbeitsunfähigkeit im Zusammenhang mit der Geschäftsführertätigkeit entstanden ist [ ...].
Hinsichtlich des übrigen Inhalts der Geschäftsführer-Verträge wird auf Bl. 110 ff und Bl. 130 ff der Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Der Beigeladene zu 1) und D. waren ursprünglich alleinige Gesellschafter der Klägerin mit einem Anteil am Stammkapital von jeweils 1/2. Mit Gesellschaftervereinbarung vom 16.6.2003 nahmen der Beigeladene zu 1) und D. erstmals zwei Finanzinvestoren als Gesellschafter mit auf (M. GmbH und P. GmbH). Der Beigeladene zu 1) und D. verfügten daraufhin nur noch über einen Anteil an der Stammeinlage in Höhe von jeweils 28,73 %. Nach einer Beteiligung in Höhe von jeweils 30,5 % (1.9. bis 22.12.2003) wurden mit Gesellschaftsvertrag vom 23.12.2003 zwei weitere Investoren als Gesellschafter aufgenommen (G. Capital Inc. und G. Invest AG). Nach einer Kapitalerhöhung verfügten der Beigeladene zu 1) und D. nunmehr nur noch über eine Nominalbeteiligung an der Stammeinlage in Höhe von jeweils 18,9 %.
Die Bestellung der Geschäftsführer, die Geschäftsführung sowie die Stimmabgabe in der Gesellschafterversammlung waren Regelungsgegenstand der zwischen den Gesellschaftern geschlossenen Gesellschaftsverträge und Gesellschaftsvereinbarungen. Die hier einschlägigen Vorschriften lauteten:
Gesellschaftsvertrag vom 1.8.2003:
§ 8 Geschäftsführer
(1) Die Gesellschaft hat mindestens zwei Geschäftsführer.
(2) Die Geschäftsführer werden durch Beschluss der Gesellschafterversammlung bestellt und abberufen.
§ 10 Vertretung
(1) Die Gesellschaft wird durch zwei gemeinschaftlich handelnde Geschäftsführer oder durch einen Geschäftsführer in Gemeinschaft mit einem Prokuristen vertreten. [ ...]
§ 11 Gesellschafterversammlungen
(4) Eine Gesellschafterversammlung ist beschlussfähig, wenn mindestens einer der Gesellschafter C. oder D. ("Altgesellschafter") sowie einer der Gesellschafter M. und P. GmbH ("Investor") oder der jeweilige Rechtsnachfolger der vorgenannten Gesellschafter vertreten sind. [ ...]
§ 12 Gesellschafterbeschlüsse
(2) Sofern dieser Gesellschaftsvertrag oder gesetzliche Vorschriften keine abweichende Mehrheit vorsehen, sind Gesellschafterbeschlüsse mit zwei Dritteln der bei der Gesellschafterversammlung vertretenen Stimmen zu fassen. Je EUR 50,00 eines Geschäftsanteils geben eine Stimme.
Gesellschaftervereinbarung vom 23.12.2003:
§ 3 Gesellschaftsvertrag und Geschäftsführung
[ ...]
2. Die Gesellschafter werden die Gründungsgesellschafter C. und D. als Geschäftsführer nicht abberufen, solange diese mit jeweils mindestens einem Zehntel am Stammkapital von X. beteiligt sind. [ ...] Das Recht zur Abberufung aus wichtigem Grund oder zwingender gesetzlicher Vorschriften bleibt unberührt.
Gesellschaftsvertrag vom 23.6.2005
§ 8 Geschäftsführer
(1) Die Gesellschaft hat mindestens zwei Geschäftsführer.
(2) Die Geschäftsführer werden durch Beschluss der Gesellschafterversammlung bestellt und abberufen. Für die Gesellschafter C. und D. gilt dies jedoch nicht, solange sie jeweils Geschäftsanteile von mindestens 10 % des Stammkapitals der Gesellschaft halten. Das Recht zur Abberufung aus wichtigem Grund oder zwingender gesetzlicher Vorschriften bleibt hiervon unberührt.
§ 9 Geschäftsführung
(3) Die derzeitigen Geschäftsführer verpflichten sich, ihre gesamte unternehmerische Tätigkeit auf die Geschäfte der Gesellschaften zu gründen oder sich an diesen selbst oder durch Dritte zu beteiligen. [ ...]
§ 11 Gesellschafterversammlungen
(4) Eine Gesellschafterversammlung ist beschlussfähig, wenn mindestens einer der Gesellschafter C. oder D. ("Altgesellschafter") sowie einer der Gesellschafter M. und P. GmbH ("Investor") oder der jeweilige Rechtsnachfolger der vorgenannten Gesellschafter vertreten sind. [ ...]
§ 12 Gesellschafterbeschlüsse
[ ...]
(2) Sofern dieser Gesellschaftsvertrag oder gesetzliche Vorschriften keine abweichende Mehrheit vorsehen, sind Gesellschafterbeschlüsse mit der Mehrheit der in der Gesellschafterversammlung vertretenen Stimmen zu fassen. Je EUR 50,00 Nominalbetrag eines Geschäftsanteils geben eine Stimme.
Mit Bescheid vom 7.3.2007 stellte die Beklagte nach einer Betriebsprüfung über den Prüfzeitraum vom 12.3.2003 bis zum 31.12.2006 die Versicherungspflicht in der Renten- und Arbeitslosenversicherung des Beigeladenen zu 1) und von D. als Geschäftsführer der Klägerin fest und forderte Beiträge in Höhe von insgesamt 103.024,48 Euro nach. Zur Begründung führte die Beklagte aus, durch die Verminderung der Anteile am Stammkapital von ursprünglich jeweils 50 % auf jeweils 28,73 % zum 16.6.2003, 30,5 % zum 31.8.2003 und auf 18,91 % zum 23.12.2003 hätten der Beigeladene zu 1) und D. keinen entscheidenden Einfluss mehr auf die Geschicke der GmbH gehabt. Der Beigeladene zu 1) und D. hätten durch Beschluss der Gesellschafterversammlung bestellt und abberufen werden können, zumindest aus wichtigem Grund auch nach der Klausel, die eine Abberufung ausschloss bei einer Beteiligung am Stammkapital von mindestens einem Zehntel.
Dagegen erhob die Klägerin Widerspruch und machte geltend, die Kapitalisierung der GmbH sei durch branchenfremde Finanzinvestoren erfolgt, die über keinerlei fachliche Kenntnisse hinsichtlich der unternehmerischen Tätigkeit verfügten. Zwischen dem Beigeladenen zu 1) und D. habe aufgrund ihrer langjährigen Zusammenarbeit Interessenidentität bestanden. Jedenfalls bis zum 23.12.2003 seien sie aufgrund der gemeinsamen Kapitalbeteiligung von bis zu 61 % jederzeit in der Lage gewesen, in der Gesellschafterversammlung nicht genehme Beschlüsse der Finanzinvestoren zu verhindern. Die Aufspaltung der Kapitalanteile gehe an der Realität vorbei. Zusammen hätten der Beigeladene zu 1) und D. Beschlüsse der übrigen Gesellschafter verhindern können. Zwar habe die Mehrheit der beiden Gründungsgesellschafter am 23.12.2003 geendet. Die Abberufung als Geschäftsführer wurde bei einem Kapitalanteil von mindestens 10 % jedoch ausgeschlossen. Mit Widerspruchsbescheid vom 20.1.2009 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und führte aus, eine Abhängigkeit von der Klägerin kraft Gesellschafterrechte des Beigeladenen zu 1) und des D. könne weder aufgrund einer Sperrminorität noch aufgrund ihres tatsächlichen Einflusses auf die Gesellschaft vermieden werden. Die im Gesellschaftsvertrag vom 23.12.2003 vereinbarte Sperrklausel lasse das Recht zur Abberufung als Geschäftsführer aus wichtigem Grund oder aufgrund gesetzlicher Vorschrift unberührt. Eine Möglichkeit zur Verhinderung anderer Gesellschafterbeschlüsse habe nicht bestanden. Auch hätte die Sperrklausel durch Gesellschafterbeschluss jederzeit wieder aufgehoben werden können. Die Beklagte verwies zudem auf den Inhalt der abgeschlossenen Geschäftsführer-Anstellungsverträge.
Dagegen hat die Klägerin Klage erhoben zum Sozialgericht Würzburg und erneut geltend gemacht, der Beigeladene zu 1) und D. hätten allein über die Kenntnisse und das Know-how zur Führung des Unternehmens verfügt. Die Merkmale einer fremdbestimmten Tätigkeit lägen hier nicht vor. Die Finanzinvestoren hätten lediglich den satzungsmäßigen Unternehmensgegenstand vorgegeben, das von dem Beigeladenen zu 1) und D. als Prototyp entwickelte mobile Terminal produktionsreif zu machen, die Produktion aufzunehmen und das Gerät zu vermarkten. In diesem Rahmen hätten der Beigeladene zu 1) und D. völlig frei entscheiden können. Mit Urteil vom 6.7.2010 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Das Sozialgericht hat die Versicherungspflicht in der Renten- und Arbeitslosenversicherung aufgrund abhängiger Beschäftigung des Beigeladenen zu 1) und D. bestätigt. Das Sozialgericht hat entgegen der Auffassung der Klägerin den Beigeladenen zu 1) und D. nicht als eine Einheit angesehen. Der Umfang der Beteiligung am Kapital der Klägerin sei ein wesentliches Merkmal. Bei einem geringeren Kapitalanteil als 50 % sei in der Regel eine abhängige Beschäftigung anzunehmen.
Dagegen hat die Klägerin Berufung eingelegt. Die Klägerin ist unverändert der Auffassung, der Beigeladene zu 1) und D. seien nicht abhängig Beschäftigte der Klägerin gewesen. Als Unternehmensgründer seien der Beigeladene zu 1) und D. trotz der etwa zwei Jahre nach Firmengründung erfolgten Aufnahme von Finanzkapital ebenso wie zuvor in der Lage gewesen, ihre Tätigkeit für die Klägerin maßgeblich zu bestimmen. Die Finanzinvestoren hätten sämtliche Entscheidungen über die weitere Entwicklung und spätere Vermarktung der Terminals ausschließlich dem Beigeladenen zu 1) und D. überlassen. Die Angestellten hätten zu den Finanzinvestoren keinen Kontakt gehabt. Aufgrund der Sperrklausel hätten die Firmengründer ihre Abberufung als Geschäftsführer verhindern können. Auch nach der Aufnahme von Fremdkapital hätten eine unveränderte Ausübung des Direktionsrechts und das Fehlen jedweder Weisungsgebundenheit gegolten.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 6.7.2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 7.3.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.1.2009 aufzuheben, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Mit Beschluss vom 3.8.2012 wurde D. als Rechtsnachfolgerin von D. beigeladen (Beigeladene zu 3). In der mündlichen Verhandlung am 23.10.2012 hat der Beigeladene zu 1) auf Nachfrage erklärt, er habe zunächst den Geschäftsführer-Anstellungsvertrag unterzeichnet. Danach habe er die Auskunft von den beteiligten Rechtsanwälten erhalten, dass der Vertragstext geändert werden müsse. Einen Tag später habe er dann den neuen Geschäftsführer-Vertrag unterschrieben. Dies sei der gültige. Es sei der Vertragstext ohne Anspruch auf Urlaub. Urlaub sei in der Folgezeit nie genommen worden.
Die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Akten des Sozialgerichts Würzburg wurden zum Gegenstand dieses Verfahrens. Darauf sowie auf die Akten der Berufung wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist zulässig (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz, SGG), in der Sache jedoch ohne Erfolg.
Der Bescheid der Beklagten vom 7.3.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.1.2009 ist rechtmäßig ergangen und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Beklagte hat die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) und 3) zu Recht als abhängige Beschäftigung beurteilt und Beiträge zur gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung in Höhe von 103.024,48 Euro für die Zeit vom 1.7.2003 bis zum 31.12.2006 nachgefordert.
1. In der gesetzlichen Rentenversicherung sind versicherungspflichtig Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind (§ 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch, SGB VI). Nach dem Recht der Arbeitsförderung sind versicherungspflichtig Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind (§ 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch, SGB III). Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch, SGB IV, ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (zur Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 20.5.1996, 1 BvR 21/96). Seit dem 1.1.1999 sind im Gesetz als Anhaltspunkte für eine solche Beschäftigung aufgeführt eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (§ 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV in der Fassung des Gesetzes vom 20. Dezember 1999, BGBl I 2000, 2).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts setzt ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt (vgl. BSG, Urteil vom 11.3.2009, B 12 KR 21/07 R, Rz. 15 - zitiert nach juris). Dabei hängt der Grad der persönlichen Abhängigkeit ganz entscheidend von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab. Abstrakte, für alle Arbeitsverhältnisse geltende Merkmale lassen sich nicht aufstellen (vgl. zu den identischen Abgrenzungskriterien eines Arbeitsverhältnisses BAG, Urteil vom 20.1.2010, 5 AZR 99/09, Rz. 13 - zitiert nach juris). Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Dieses bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen, zu denen die rechtlich relevanten Umstände gehören, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben (vgl. BSG, Urteil vom 11.3.2009, B 12 KR 21/07 R, Rz. 15 - zitiert nach juris). Maßgeblich ist zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt (vgl. BSG, Urteil vom 24.1.2007, B 12 KR 31/06 R, Rz. 17 - zitiert nach juris). Dagegen geht eine im Widerspruch zur ursprünglich getroffenen Vereinbarung praktizierte Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung der formellen Vereinbarung nur vor, soweit eine, zumal formlose Abbedingung rechtlich überhaupt möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam ab bedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (vgl. BSG, Urteil vom 25.1.2006, B 12 KR 30/04 R, Rz. 25 - zitiert nach juris).
Nichts anderes gilt für die Beurteilung von Geschäftsführern einer GmbH. Auch für diese gelten für die Beurteilung ihrer Tätigkeit als abhängige Beschäftigung oder selbständige Arbeit die Kriterien des § 7 Abs. 1 SGB IV in ihrer von der Rechtsprechung entwickelten Ausprägung. Auch hier ist zu klären, ob es sich um eine Tätigkeit des Geschäftsführers nach Weisungen handelt und ob der Geschäftsführer in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers eingegliedert ist (abhängige Beschäftigung) oder ob seine Arbeitsleistung im Gegensatz dazu vor allem durch ein eigenes unternehmerisches Risiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit geprägt ist (selbständige Tätigkeit). Das Gesamtbild der Arbeitsleistung ist entscheidend. Die sozialrechtliche Beurteilung erfolgt unabhängig davon, dass der Geschäftsführer nicht als Arbeitnehmer im Sinne des Arbeitsgerichtsgesetzes gilt (vgl § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG und dazu BAG, Beschluss vom 26.10.2012, 10 AZB 60/12). Dass der Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft eine Organstellung innehat, steht auch im Steuerrecht der Annahme eines Arbeitsverhältnisses nicht entgegen (vgl. BFH, Urteil vom 20.10.2010, VIII R 34/08, Rz. 23 - zitiert nach juris).
a.) Schon die zwischen den Beteiligten zunächst mit Datum vom 16.6.2003 geschlossenen "Geschäftsführer-Anstellungsverträge" zeigen nicht nur mit der gewählten Vertragsüberschrift sondern auch nach ihrem Inhalt typische Merkmale von abhängigen Beschäftigungsverhältnissen. § 1 des Geschäftsführer-Anstellungsvertrages enthält zudem inhaltsgleich mit § 1 des nach Aussage des Beigeladenen zu 1) bewusst geänderten Geschäftsführer-Vertrages die Weisungsgebundenheit des Beigeladenen zu 1) und von D. in ihrer Tätigkeit für die Klägerin. Danach mussten sie die Geschäfte der Gesellschaft nach Maßgabe der Gesetze, des Gesellschaftsvertrages, des "Anstellungsvertrages", der Geschäftsordnung und der "Weisungen der Gesellschafterversammlung" mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns führen. Die Gesellschaft war zudem jederzeit berechtigt, die Geschäftsführer unter Fortzahlung ihrer Bezüge von ihrer Verpflichtung zur Arbeitsleistung freizustellen (§ 9 des Geschäftsführer-Anstellungsvertrages und § 9 des Geschäftsführer-Vertrags). Der Beigeladene zu 1) und D. erhielten sowohl nach § 2 des Geschäftsführer-Anstellungsvertrages als auch nach § 2 des Geschäftsführer-Vertrages eine feste Vergütung als Jahresgehalt in vorgegebenen Monatszahlungen. Die in § 2 des Geschäftsführer-Vertrages neu aufgenommene erfolgsbezogene Vergütung in Höhe von EUR 14.000,- pro Jahr ist für höhere Angestellte nicht ungewöhnlich und für sich allein nicht geeignet, ein unternehmerisches Risiko des Beigeladenen zu 1) und von D. zu begründen. Vielmehr hatten diese ihre volle Arbeitskraft sowie ihr ganzes Wissen und Können ausschließlich zugunsten der Klägerin einzusetzen. Jede anderweitige Tätigkeit im beruflichen, gerade auch im unternehmerischen Bereich bedurften der vorherigen Zustimmung der Gesellschafterversammlung (§ 6 des Geschäftsführer-Anstellungsvertrages und § 6 des Geschäftsführer-Vertrags). Der Beigeladene zu 1) und D. durften in dem Geschäftszweig der Klägerin weder für eigene noch für fremde Rechnung Geschäfte machen (§ 8 des Geschäftsführer-Anstellungsvertrages und § 8 des Geschäftsführer-Vertrages). Auch in § 9 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrags vom 23.6.2005 wurden die Geschäftsführer dahin gehend verpflichtet, ihre gesamte unternehmerische Tätigkeit auf die Geschäfte der Gesellschaften zu gründen. Der Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot des § 181 BGB - als ein für eine selbständige Tätigkeit sprechender Umstand - kommt daneben kein großes Gewicht mehr zu. Auch wenn in § 4 des Geschäftsführer-Vertrages ein Urlaubsanspruch ab bedungen und in § 5 des Geschäftsführer-Vertrages der für Arbeitnehmer typische Entgeltfortzahlungsanspruch im Krankheitsfall von sechs Wochen auf zwei Wochen (Arbeitsunfälle ausgenommen) beschränkt wurde, können diese die benannten wesentlichen Merkmale eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses nicht in den Hintergrund treten lassen.
b.) Der Beigeladene zu 1) und D. sind in ihrer Tätigkeit für die Klägerin auch nicht unter Berücksichtigung ihrer Gesellschafterstellung als Selbständige zu beurteilen. Zunächst gilt: Auch ein Gesellschafter einer GmbH kann zu dieser gleichzeitig in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stehen (vgl. BSG, Urteil vom 25.1.2006, B 12 KR 30/04 R, Rz. 23 - zitiert nach juris). Allerdings ist ein Beschäftigungsverhältnis regelmäßig ausgeschlossen, wenn der Gesellschafter auf die Willensbildung der Gesellschaft einen maßgeblichen rechtlichen oder tatsächlichen Einfluss ausübt und damit Einzelanweisungen jederzeit verhindern kann (vgl. BSG, Urteil vom 25.1.2006, B 12 KR 30/04 R, Rz. 23 - zitiert nach juris). Abzustellen ist hier auf die Willensbildung in der Gesellschafterversammlung und die dort zu treffenden grundlegenden unternehmerischen Entscheidungen.
aa.) Eine entscheidende Rechtsmacht haben GmbH-Gesellschafter regelmäßig dann, wenn sie zugleich Geschäftsführer der Gesellschaft sind und mindestens 50 % des Stammkapitals innehaben (vgl. BSG, Urteil vom 17.5.2001, B 12 KR 34/00 R, Rz. 14 f. - zitiert nach juris). Dies war in dem hier streitigen Zeitraum vom 1.7.2003 bis zum 31.12.2006 nicht mehr der Fall. Bereits mit Aufnahme der ersten beiden Finanzinvestoren mit Gesellschaftervereinbarung vom 16.6.2003 verfügten der Beigeladene zu 1) und D. nur noch über einen Anteil an der Stammeinlage in Höhe von jeweils 28,73 %. Nach § 11 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags vom 1.8.2003 waren zudem Gesellschafterbeschlüsse mit zwei Dritteln der bei der Gesellschafterversammlung vertretenen Stimmen zu fassen, wobei je EUR 50,00 eines Geschäftsanteils eine Stimme ergaben. Keiner der Gründungsgesellschafter konnte für sich allein den Inhalt eines Gesellschafterbeschlusses bestimmen. Nichts anderes galt auch nach der einschlägigen Bestimmung des Gesellschaftsvertrags vom 23.6.2005 in § 12 Abs. 2. Danach waren Gesellschafterbeschlüsse mit der Mehrheit der in der Gesellschafterversammlung vertretenen Stimmen zu fassen, wobei wiederum je EUR 50,00 Nominalbetrag eines Geschäftsanteils eine Stimme ergaben. Eine Sperrminorität zugunsten der Gründungsgesellschafter war nicht vereinbart.
bb.) Auch ein freies "Schalten und Walten" des Geschäftsführer-Gesellschafters, wie es in der Rechtsprechung in Einzelfällen zur Begründung einer selbständigen Tätigkeit auch des Minderheitsgesellschafters angenommen wird (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 26.6.2012, L 11 KR 2769/11), kann hier nicht Streit entscheidend sein. Der Beigeladene zu 1) und D. handelten als Geschäftsführer gemeinsam (§ 10 des Gesellschaftsvertrags vom 1.8.2003), so dass keiner der beiden für sich allein den Geschäftsbetrieb der Klägerin dominieren konnte. Soweit die Klägerin vorträgt, der Beigeladene zu 1) und D. seien als Gründungsgesellschafter zumindest gemeinsam, jedenfalls bis zum 23.12.2003 aufgrund der Kapitalbeteiligung von zusammen bis zu 61 % jederzeit in der Lage gewesen, in der Gesellschafterversammlung ihnen nicht genehme Beschlüsse der Finanzinvestoren zu verhindern, überzeugt dies nicht. Nach dem Gesellschaftsvertrag vom 1.8.2003 konnte der Beigeladene zu 1) zusammen mit D. gemeinsam nur in einer einzigen Konstellation gegen die Stimmen der übrigen Gesellschafter einen Gesellschafterbeschluss herbeiführen. Nach § 11 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrags vom 1.8.2003 war die Gesellschafterversammlung nur beschlussfähig, wenn mindestens einer der Gründungsgesellschafter sowie einer der beiden Finanzinvestoren anwesend waren. Für eine denkbare Stimmenmehrheit des Beigeladenen zu 1) und D. mussten nicht nur diese beiden anwesend sein, sondern es durfte daneben lediglich ein Vertreter der P. GmbH, nicht aber zugleich der über deutlich mehr Stimmanteile verfügende Vertreter der M. GmbH an der Gesellschafterversammlung teilnehmen. Der Beigeladene zu 1) hätte dann zusammen mit D. über die notwendige 2/3 Mehrheit verfügt und gemeinsam mit diesem den Gesellschafterbeschluss bestimmen können. Unabhängig davon, dass diese Möglichkeit nur in einer einzigen Fallkonstellation denkbar und damit zufällig war, kann darauf auch im Übrigen keine selbständige Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) und von D. in ihrer Tätigkeit für die Klägerin begründet werden. Dass der Beigeladene zu 1) und D. die Rolle als Gründungspartner der Klägerin teilten und deshalb gegebenenfalls auch gegen die Finanzinvestoren gemeinsam ihre Interessen vertreten haben, liegt nahe. Es ist davon auszugehen, dass der Beigeladene zu 1) und D. über eine deutlich größere Sachnähe und einen ungleich engeren persönlichen Bezug zum Unternehmensgegenstand verfügten als die Finanzinvestoren. Die Vertretung eines gemeinsamen und durchgehend einheitlichen Willens bei der Stimmabgabe der Gründungsgesellschafter ist dagegen in keinster Weise zwingend. Bei der Vielzahl an zu treffenden, zumal häufig sehr komplexen Entscheidungen einer Gesellschafterversammlung lässt sich keine Regel dahin gehend aufstellen, dass Gesellschafter, auch wenn sie die Gesellschaft ursprünglich gemeinsam gegründet und alleine gehalten haben, stets in allen Fragen derselben Überzeugung sind und einheitlich abstimmen. Nicht nur dass durchgehend Einigkeit bestehen müsste in allen fachlichen Fragen, auch unternehmerische Entscheidungen und gegebenenfalls zugrundeliegende Prognosen für den weiteren Geschäftsbetrieb müssten durchwegs geteilt werden. Hinzu kommt, dass im Sinne der Rechtssicherheit bei der Beurteilung einer Tätigkeit als abhängige Beschäftigung oder selbständig nicht allein auf die guten Zeiten abgestellt werden kann. Vielmehr sind auch mögliche Konfliktfälle zu berücksichtigen (vgl. Hessisches LSG, Urteil vom 27.10.2011, L 8 KR 272/09, Rz. 52 - zitiert nach juris). Eine "SchönwetterSelbstständigkeit" gibt es nicht (vgl. BSG, Urteil vom 29.8.2012, B 12 KR 25/10 R, Rz. 32 - zitiert nach juris).
Nach § 12 Abs. 2 der Gesellschaftervereinbarung vom 23.12.2003 war ohnehin ein Gesellschafterbeschluss in keiner Fallkonstellation mehr denkbar, den die Gründungsgesellschafter, wenn auch nur gemeinsam, hätten bestimmen können. Danach waren Gesellschafterbeschlüsse mit der Mehrheit der in der Gesellschafterversammlung vertretenen Stimmen zu fassen (eine Stimme je EUR 50,00 Nominalbetrag eines Geschäftsanteils). Der Beigeladene zu 1) und D. verfügten zu diesem Zeitpunkt bereits nur noch über einen Kapitalanteil in einem Umfang von jeweils 18,9 %.
cc.) Nach § 8 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags vom 1.8.2003 und der inhaltgleichen Regelung in § 8 Abs. 2 Satz 1 des Gesellschaftsvertrags vom 23.6.2005 wurden die Geschäftsführer durch Beschluss der Gesellschafterversammlung bestellt und abberufen. Allerdings konnten der Beigeladene zu 1) und D. als Gründungsgesellschafter nicht abberufen werden, solange diese mit jeweils mindestens einem Zehntel am Stammkapital der Klägerin beteiligt waren (§ 3 Abs. 2 der Gesellschaftervereinbarung vom 23.12.2003 und § 8 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags vom 23.6.2005). Zum einen galt dies nicht unbeschränkt. Das Recht zur Abberufung aus wichtigem Grund oder zwingender gesetzlicher Vorschriften blieb nämlich unberührt. Zum anderen ändert diese gesicherte Stellung als Geschäftsführers nichts an der unverändert gültigen Weisungsgebundenheit an die Gesellschafterbeschlüsse (s.o. bereits die Ausführungen unter a.).
2. Die für den Beigeladenen zu 1) und D. nachgeforderten Sozialversicherungsbeiträge wurden von der Beklagten auch in ihrer Höhe rechtmäßig festgesetzt. Nachgefordert wurden ausschließlich Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung. Die Höhe der Beitragsnachforderung hat die Klägerin im Übrigen auch nicht angefochten.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung. Für die Festsetzung des Streitwertes gelten § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 52 Abs. 3, 47 Abs. 2 Satz 1 Gerichtskostengesetz.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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