L 1 R 279/12

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 13 R 1189/11
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 1 R 279/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 5 R 34/13 B
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Keine Hinterbliebenenrente nach erfolgter Erstattung der Beiträge.
I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts
Augsburg vom 26. Januar 2012 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist ein Anspruch der Klägerin auf Gewährung einer Hinterbliebenenrente.

Die 1964 geborene Klägerin ist Witwe des Versicherten M ... Sie hat ebenso wie der verstorbene Versicherte die marokkanische Staatsangehörigkeit mit Wohnsitz in Marokko.

Der Versicherte war laut Versicherungsverlauf in der Zeit vom 05.05.1965 bis 20.05.1965 sowie mit Unterbrechungen vom 13.02.1970 bis 16.01.1971 in Deutschland versicherungspflichtig beschäftigt. Vom 18.01.1971 bis 18.07.1971 ist eine Krankheitszeit im Versicherungskonto bei der Beklagten gespeichert. Aus der Akte ergibt sich, dass sich der Versicherte bei einem Arbeitsunfall am 18.01.1971 (Sturz auf einer Kellertreppe bei Aushilfsarbeiten) eine dislozierte Patellafraktur zugezogen hat; nach Aktenlage war er ab 19.07.1971 wieder arbeitsfähig.

Danach kehrte er in sein Heimatland zurück, wo er sich bis zu seinem Tod am 21.01.2002 aufhielt. Das Vorliegen marokkanischer Versicherungszeiten wurden vom marokkanischen Versicherungsträger nicht bestätigt.
Von der Großhandels- und Lagerei-Berufsgenossenschaft (GroLaBG) bezog der Versicherte eine Unfallrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 30 v.H ... Leistungen an die Witwe werden von der GroLaBG nicht gewährt.

Mit Schreiben vom 13.05.2003 beantragte die Klägerin bei der Beklagten erstmals die Gewährung einer Witwenrente. Die Beklagte verwies die Klägerin auf die erforderliche Antragstellung beim marokkanischen Versicherungsträger. Den im Jahre 2007 übersandten Rentenantrag lehnte die Beklagte mit bestandskräftigem Bescheid vom 21.05.2008 ab. Die Wartezeit für einen Anspruch aus der gesetzlichen deutschen Rentenversicherung sei nicht erfüllt, da für den verstorbenen Versicherten lediglich 10 Wartezeitmonate nachgewiesen bzw. glaubhaft gemacht seien. Der verstorbene Versicherte habe im Übrigen bis zum Tode keine Rente aus der deutschen Rentenversicherung bezogen, so dass die Wartezeit auch nicht als erfüllt gelte.

Die Beklagte empfahl der Klägerin, die Beitragserstattung zu beantragen. Auf ihren entsprechenden Antrag vom 15.07.2008 erging am 18.08.2008 ein Erstattungsbescheid. Auf die nachfolgende Anfrage der Klägerin, warum sie die Rente für die laufenden Monate nicht erhalten habe, erläuterte die Beklagte, dass sie die Beitragserstattung auf das genannte Konto überwiesen habe und keine Rücküberweisung zu verzeichnen sei. Die Klägerin bestätigt daraufhin den Erhalt der Zahlung und bat um weitere Information und Überweisungen. Die Beklagte führte dazu aus, dass aufgrund der durchgeführten Beitragserstattung kein Anspruch auf weitere monatliche Zahlungen bestehe. Es handele sich um einen einmaligen Betrag.

Mit Schreiben vom 25.01.2011 beantragte die Klägerin erneut formlos die Gewährung einer Hinterbliebenenrente aus der deutschen Rentenversicherung. Dies lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 07.03.2011 und Widerspruchsbescheid vom 31.05.2011 (Aufgabe zur Post am 18.08.2011) ab. Aufgrund der durchgeführten Beitragserstattung sei das Versicherungsverhältnis aufgelöst. Auch ohne die Beitragserstattung hätte kein Anspruch auf Witwenrente bestanden, da die allgemeine Wartezeit von 5 Jahren nicht erfüllt gewesen sei. Für den verstorbenen Versicherten seien nur 10 Monate Pflichtbeitragszeiten in Deutschland und keine rentenrechtlichen Zeiten in Marokko nachgewiesen.

Mit Schreiben vom 23.09.2011, Eingang bei Gericht am 10.10.2011, hat die Klägerin ihr Rentenbegehren beim Sozialgericht Augsburg weiterverfolgt. Sie sei Witwe und beanspruche eine Rente oder eine finanzielle Hilfe für ihren persönlichen Bedarf.

Mit Gerichtsbescheid vom 26.01.2012 ist die Klage abgewiesen worden. Die gemäß § 46 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) erforderliche allgemeine Wartezeit sei schon nicht erfüllt. Auf die allgemeine Wartezeit von 5 Jahren gemäß § 50 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB VI würden gemäß § 51 Abs. 1 SGB VI Kalendermonate mit Beitragszeiten angerechnet. Im streitigen Fall lägen keine anrechenbaren Beitragszeiten aufgrund der durchgeführten Beitragserstattung vor, so dass eine Rentengewährung nicht in Betracht komme. Zwar habe der Versicherte in den Jahren 1965 bis 1971 Pflichtbeitragszeiten in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegt. Insgesamt seien jedoch lediglich in diesem Zeitraum 10 Monate mit Pflichtbeitragszeiten nachgewiesen bzw. glaubhaft gemacht worden. Hierdurch sei die Wartezeit von 5 Jahren in keinem Fall erfüllt, so dass ein Anspruch auf Hinterbliebenenrente ohnehin nicht bestehen würde. Zudem seien der Witwe die Arbeitnehmeranteile der für diese Zeit entrichteten Pflichtbeiträge mit bestandskräftigem Beitragserstattungsbescheid der Beklagten vom 18.08.2008 erstattet worden. Mit dieser Erstattung sei das bis dahin bestehende Versicherungsverhältnis aufgelöst worden (§ 210 Abs. 6 S. 2 SGB VI). Aus den bis zur Erstattung zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten bestünden keine Ansprüche auf Leistungen der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung gemäß § 210 Abs. 6 S. 3 SGB VI mehr. Weitere Beitragszeiten habe der verstorbene Versicherte in der deutschen Rentenversicherung nicht zurückgelegt. An der erfolgten Beitragserstattung bestünden keinerlei Zweifel. Sie werde auch von der Witwe nicht in Abrede gestellt. Diese habe bestätigt, einen Einmalbetrag auf ihr Bankkonto überwiesen bekommen zu haben. Nur der Vollständigkeit halber werde darauf hingewiesen, dass es der Klägerin unbenommen bleibe, bei der GroLa BG einen Antrag auf Hinterbliebenenrente zu stellen. Von dort habe der Versicherte offenbar bis zu seinem Ableben Leistungen bezogen, so dass ein weiterer Anspruch der Klägerin auf Hinterbliebenenleistungen möglich sei.

Der Gerichtsbescheid ist der Klägerin am 27.02.2012 zugestellt worden. Am 16.03.2012 hat die Klägerin Berufung eingelegt und um Hilfe gebeten. Auf die gerichtliche Nachfrage, womit sie die Berufung begründe, hat die Klägerin um eine positive Entscheidung gebeten. Auf die übersetzte Ladung zur mündlichen Verhandlung vom 07.09.2011 hat die Klägerin mit Schreiben vom 18.09.2012 mitgeteilt, dass sie nicht anreisen könne und erneut um eine positive Entscheidung gebeten.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Beklagte unter Aufhebung des Gerichtsbescheids vom 26. Januar 2012 und des Bescheids vom 7. März 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. Mai 2011 zu verurteilen, ihr Hinterbliebenenrente zu gewähren.

Die Vertreterin der Beklagten beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf den Inhalt der Akten der Beklagten sowie der Gerichtsakten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Entscheidung konnte auf die mündliche Verhandlung vom 26.10.2012 trotz Abwesenheit der Klägerseite ergehen; darauf ist in der Ladung hingewiesen worden (§ 126 Sozialgerichtsgesetz - SGG). Die Klägerin hat außerdem in ihrem Schreiben vom 18.09.2012 ihr Einverständnis mit einer Entscheidung nach Aktenlage konkludent zum Ausdruck gebracht.

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Das Sozialgericht hat die Klage gegen den Bescheid vom 07.03.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31.05.2011 zu Recht abgewiesen. Der Klägerin steht kein Anspruch auf Hinterbliebenenrente nach § 46 Abs. 1 SGB VI zu. Die Beklagte und das Gericht sind an die gesetzlichen Vorschriften gebunden, die nicht darauf abstellen, ob sich die Klägerin womöglich in einer finanziellen Notlage befindet.

Da die Klägerin keine inhaltliche Begründung vorgetragen hat und keine Anhaltspunkte für einen von den Feststellungen des Sozialgerichts abweichenden Sachverhalt vorliegen, verweist der Senat auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des Sozialgerichts (§ 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz).

Ergänzend wird bemerkt, dass sich nach Aktenlage auch kein ausreichender Anhaltspunkt für eine vorzeitige Wartezeiterfüllung nach § 245 Abs. 2 bzw. Abs. 1 i.V.m. § 53 Abs. 1 SGB VI ergibt. Es ist nicht ersichtlich, dass der Versicherte durch den Arbeitsunfall vermindert erwerbsfähig geworden wäre. Vielmehr liegt eine Bescheinigung vom 01.07.1971 zur Entlassung aus der stationären Behandlung vor, wonach ab 19.07.1971 wieder Arbeitsfähigkeit eintrete. In dem aktenkundigen Rentengutachten der GroLaBG vom 19.07.1971 wurde der Versicherte noch als einsatzfähig für sitzende Tätigkeiten angesehen. Für weitere Ermittlungen besteht damit kein Anlass. Darüber hinaus ist durch die Beitragserstattung das bisherige Versicherungsverhältnis aufgelöst worden (§ 210 Abs. 6 Satz 2 SGB VI). Ansprüche aus den bis zur Erstattung zurückgelegten versicherungsrechtlichen Zeiten bestehen nicht mehr (§ 210 Abs. 6 Satz 3 SGB VI). Der Erstattungsbescheid ist bestandskräftig.

Die Klägerin kann daher mit ihrem Rentenbegehren keinen Erfolg haben.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt, dass die Klägerin mit ihrem Anliegen auch in der Berufungsinstanz erfolglos war. Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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