L 8 SB 966/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 12 SB 2849/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 966/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 27. Januar 2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für den Nachteils-ausgleich "aG".

Die Klägerin ist 1951 geboren. Für sie wurde erstmals mit Bescheid vom 07.03.2002 ein Grad der Behinderung (GdB) von 50 ohne Merkzeichen festgestellt. Ein Änderungsantrag vom 26.11.2004, mit dem Klägerin die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich "aG" begehrte, hatte zunächst keinen Erfolg (Bescheid vom 07.07.2005), führte aber zur Feststellung eines GdB von 70 und der gesundheitlichen Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich "G" unter Berücksichtigung eines Teil-GdB von 50 für eine Funktionsbehinderung beider Kniegelenke und Adipositas permagna (Teilabhilfebescheid vom 23.01.2006). Ein weiterer Antrag auf Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen unter anderem für den Nachteilsausgleich "aG" vom 21.06.2007 führte zur Feststellung eines GdB von 80 unter Berücksichtigung von TeilGdB von 60 für die Funktionsbehinderung beider Kniegelenke, Adipositas permagna, Polyneuropathie und Lymphstauung beider Beine und eines GdB von 30 für einen Bluthochdruck sowie zur Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich "B" und Ablehnung des Vorliegens der Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich "aG" (Bescheid vom 27.07.2007, Teilabhilfebescheid vom 27.02.2008, Widerspruchsbescheid vom 15.04.2008). Die Klägerin beantragte eine Ausnahmegenehmigung gemäß § 46 Abs. 2 Satz 1 Straßenverkehrsordnung (StVO), die aber wegen Fehlens der dafür erforderlichen gesundheitlichen Voraussetzungen abgelehnt wurde.

Am 12.08.2009 beantragte die Klägerin erneut die Feststellung eines höheren GdB und der gesundheitlichen Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich aG. Dazu legte sie eine Bescheinigung des Facharztes für Innere Medizin Dr. L. vom 29.09.2008 vor. Danach war sie nicht mehr in der Lage mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu reisen. Er halte die Voraussetzungen für einen Schwerbehindertenparkausweis für dringend gegeben, da es aufgrund körperlicher Belastungen schon zu lebensbedrohlichen Zuständen gekommen sei. Bei der Klägerin liege eine Kardiomyopathie, eine Herzinsuffizienz, eine Hypertonie, ein Lungenödem, ein Diabetes mellitus Typ 2, eine Adipositas gigantea, eine Hyperlipidämie, ein Zustand nach Herzinfarkt, eine Gonarthrose beidseits, ein Zustand nach Nephrolithiasis, ein Ekzem, ein Beinödem, eine Leberstörung, eine Struma multinodosa, ein Zustand nach Mastitis und eine Tachyarrhythmia absoluta vor. Der Orthopäde Dr. S. schrieb am 27.06.2009, dass bei der Klägerin aufgrund der inneren Erkrankung und der ausgeprägten Kniegelenksarthrosen eine Rollstuhlversorgung notwendig sei. Die Klägerin könne nur noch wenige Schritte gehen, eine längere Gehstrecke führe zu einer wesentlichen Belastung des Herzen mit drohender kardialer Dekompensation. Das Merkmal "aG" solle unbedingt anerkannt werden.

Der Beklagte zog bei der A. BKK ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit vom 25.03.2008 bei. Danach machte der Hausarzt Hausbesuche, die Klägerin besaß einen Rollator, einen Handgehstock, Vorlagen, eine Inkontinenzhose und Kompressionsstrümpfe, die sie aber wegen Unverträglichkeit nicht trug. Die Klägerin wohnt in einem Einfamilienhaus auf zwei Etagen, der Wohnbereich befindet sich im 1. OG. Die Klägerin gab Schmerzen in allen Gelenken bei Polyarthrose und Adipositas per magna an. Sie könne sich nur eingeschränkt bewegen und sei wegen einer bestehenden Herzinsuffizienz nur eingeschränkt belastbar. Seit Dezember 2006 bestehe ein Ulcus cruris an den Beinen, der derzeit abgeheilt sei. Bei Schwindelanfällen sei sie in letzter Zeit mehrfach hingefallen. Im Januar 2008 sei ein Lungenödem mit akuter Atemnot aufgetreten. Sie könne selbständig aus dem Bett aufstehen und gehe langsam im Wechselschritt. Dabei halte sie sich an Möbeln und Wänden fest oder nehme bedarfsweise einen Gehstock. Das Treppensteigen erfolge im Nachstellschritt mit Festhalten am Treppengeländer mit beiden Händen. Eine Begleitung sei dabei erforderlich. Ein freies Stehen sei ihr nicht möglich. Bei Belastung komme sie in Atemnot. An beiden Unterschenkeln bestanden Ödeme.

Nach Anhörung des ärztlichen Dienstes, der einen Einzel-GdB von 70 für die Funktionsbehinderung beider Kniegelenke, Adipositas permagna, Polyneuropathie, Lymphstauung der Beine, von 20 für den Diabetes mellitus, von 40 für eine Herzleistungsminderung und Bluthochdruck, von 20 für degenerative Veränderungen der Wirbelsäule und 10 für eine wiederkehrende Nesselsucht (Urtikaria) vorschlug (E. St. , 07.09.2009), stellte der Beklagte mit Bescheid vom 08.09.2009 einen GdB von 100 unter Beibehaltung der Merkzeichen G und B fest. Die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Merkzeichen H und aG lehnte er ab.

Dagegen erhob die Klägerin am 06.10.2009 Widerspruch mit der Begründung, der Einzel-GdB von 40 für die Herzleistungsminderung sei zu gering. Ihr sei im September 2009 ein Herzschrittmacher eingesetzt worden. Außerdem könne sie einen auch noch so kurzen Weg nicht zu Fuß zurücklegen, sondern müsse auch für kurze Strecken den Rollstuhl benutzen. Allenfalls im näheren Umfeld greife sie auf den Gehwagen zurück. Da bestehe aber die erhöhte Gefahr von Stürzen.

Der Beklagte bat Dr. L. um die Erstattung eines Befundberichts. Er übersandte zahlreiche Arztbefunde. Vom 09.01.2008 bis 18.01.2008 und 24.02.2009 bis 10.03.2009 war die Klägerin im Klinikum am P. in kardiologischer Behandlung wegen einer Kardiomyopathie, hypertensiven Herzerkrankung mit initial Lungenödem bei hypertensiver Krise und metabolischem Syndrom (Berichte vom 17.01.2008 und vom 16.04.2009). Die LV-Funktion sei leicht eingeschränkt bei unauffälligen epikardialen Kranzarterien. Im Februar 2009 bestand eine Tachyarrhythmia absoluta.

Am 09.04.2009 wurde der Klägerin operativ ein Teil der Schilddrüse entfernt (Entlassungsberichte Krankenhaus B. , Chirurgie, vom 12.04.2009 und 17.04.2009).

Vom 04.05.2009 bis 20.05.2009 und 20.07.2009 bis 24.07.2009 war die Klägerin erneut in stationärer Behandlung wegen einer Tachyarrhythmia absoluta (Entlassungsberichte Gesundheitszentrum R. vom 20.05.2009 und 24.07.2009). In der Echokardiographie zeigte sich eine leicht eingeschränkte Pumpfunktion des Herzen, rechts ohne pathologischen Befund.

Die Klägerin stellte sich in der Rhythmussprechstunde des Universitätsklinikums H. vor (Arztbriefe Prof. Dr. K. , 27.08.2009 und 17.09.2009) und gab dort an, noch eine Etage Treppen steigen zu können, dann habe sie Atemnot. Eine Atemnot in Ruhe konnte bei dieser Untersuchung nicht festgestellt werden. Es bestanden ausgeprägte Unterschenkelödeme. Am 30.09.2009 wurde der Klägerin ein Herzschrittmacher implantiert (Entlassungsbericht Universitätsklinikum H. , Prof. Dr. K. , 30.09.2009). Die Kontrolluntersuchung am 17.11.2009 war unauffällig (Bericht Prof. Dr. K. vom 17.11.2009).

Nach Anhörung des ärztlichen Dienstes (Dr. B. , 02.06.2010) wies der Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 09.07.2010 zurück.

Dagegen erhob die Klägerin am 09.08.2010 Klage zum Sozialgericht Heilbronn (SG), zu deren Begründung sie im Wesentlichen ihren Vortrag aus dem Widerspruchsverfahren wiederholte und auf eine Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 11.03.1998 (B 9 SB 1/97 R) Bezug nahm. Sie sei nicht in der Lage 50 m horizontale Gehstrecke zurückzulegen. Bei Belastung könne es jederzeit zu einem kardialen Versagen mit konsekutiver Reanimationspflicht kommen.

Die Klägerin legte ein ärztliches Attest von Dr. L. vom 10.12.2010 vor, in dem dieser eine zunehmende rollstuhlpflichtige Gehbehinderung bei schwerer Gonarthrose, Adipositas permagna, Lymphödemen, Diabetes, koronarer Herzerkrankung, und schwerer Herzinsuffizienz mit Atemnot bescheinigte. Die Klägerin könne aufgrund der orthopädischen und internistischen Erkrankungen nur wenige Schritte mit dem Rollator gehen. In einer Bescheinigung vom 10.02.2011 vertrat er die Auffassung, dass die Klägerin aufgrund der hochkomplexen kardialen Erkrankung definitiv nicht in der Lage sei, weniger als 50 m horizontale Wegstrecke zurückzulegen. Es komme sofort zu Dyspnoephasen. Bei höhergradigen Belastungen könne es jederzeit zu einem kompletten Herzversagen mit konsekutiver Reanimationspflicht kommen. Auf eine Einladung zur Untersuchung durch den gerichtlich bestellten Sachverständigen Dr. Su. bescheinigte Dr. L. am 29.03.2011, dass die Klägerin aus medizinisch-internistischer Sicht absolut nicht reisefähig sei. Das SG bewilligte darauf hin einen Krankentransport zur Begutachtung.

Die Klägerin teilte mit, dass sie den Gutachtenstermin nicht wahrnehmen werde. Im Übrigen verweise sie auf Art. 15 des Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderungen vom 13.12.2006, der die Freiheit von Folter oder grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe regele. Insbesondere dürfe niemand ohne seine freiwillige Zustimmung medizinischen oder wissenschaftlichen Versuchen unterworfen werden. Mit einem Gutachten nach Aktenlage sei sie einverstanden. Die vorliegenden Arztbefunde seien ausreichend. In der Folge wandte sie sich gegen das Vorgehen des Gerichts.

Das SG befragte nunmehr Dr. L. schriftlich als sachverständigen Zeugen. Er teilte unter dem 21.06.2011 die ihm vorliegenden Diagnosen mit. Am 21.102.008 habe spO2 99% betragen. Am 24.02.2009 sei SaO2 bei 98% gewesen, das Unterschenkelödem sei wie immer gewesen. Am 31.08.2010 sei eine massive Infektion mit Blasenbildung aufgetreten. Am 02.09.2010 sei die Wunde in Abheilung gewesen, das Ödem weniger. Er habe der Klägerin am 29.03.2011 wegen der beschriebenen Beschwerden ein Heimoxygeniergerät verordnet. Dieses sei nach seiner Einschätzung mehrfach am Tag wohl nötig, insbesondere dann, wenn es zu einer körperlichen Anstrengung komme. Schon eine geringe Bewegung in der Horizontalen führe zu der beschriebenen Belastungsdyspnoe. Die respiratorische Insuffizienz sei in hohem Masse kardial bedingt. Eine stressbedingte Zunahme des Sauerstoffbedarfs des Herzen werde die Situation weiter verschärfen. Die Klägerin sei kardio-pulmonal als labil einzustufen.

Dr. L. legte weitere Arztunterlagen vor. Darunter befand sich ein Arztbrief des Urologen Dr. O. vom 31.01.2008, der die Klägerin regelmäßig wegen eines Harnsäuresteins behandelte. Die Klägerin habe sich initial wegen einer Mikrohämaturie infolge eines Nierenbeckensteins vorgestellt, die nunmehr beendet sei. Am 16.04.2010 stellte er eine kompensierte Niereninsuffizienz fest.

Der Internist Dr. Ka. teilte in einem Arztbrief vom 22.12.2008 mit, die Klägerin habe bei körperlicher Belastung Atemnot angegeben. Es bestehe eine ausgeprägte Lebersteatose bei erheblicher Adipositas. Die Bauchorgane seien im Übrigen ohne pathologischen Befund. Die Klägerin müsse konsequent diätetische Maßnahmen einhalten, gegebenenfalls sei ein chirurgische Intervention (z.B. Magenband) zu erwägen.

Der Internist Dr. G. teilte am 01.04.2008 mit, dass die Klägerin nach seiner Einschätzung kardial gut kompensiert sei, die herzwirksame Therapie könne unverändert fortgeführt werden. Am 04.03.2010 (Bericht Dr. Zi. , 04.03.2010) und 09.09.2010 (Arztbrief Dr. Li, 09.09.2010) stellte sich die Klägerin erneut in der Rhythmussprechstunde des Universitätsklinikums H. vor. Sie gab subjektives Wohlbefinden seit der letzten Vorstellung an. Sie leide an einer schweren Arthrose beider Knie, es bestehe eine konstant eingeschränkte Belastbarkeit, keine Angina pectoris, keine Palpitationen, keine Synkopen, kein Schwindel, periphere Ödeme an beiden Beine und zu Hause ein Blutdruck von 120/85 mmHg. Die Herzfrequenz sei bei 102/min regelmäßig, die Herztöne rein ohne pathologische Herzgeräusche, die Lunge o.B. Die Schrittmacher Kontrolluntersuchung sei unauffällig, die Messwerte stabil.

Das SG beauftragte nunmehr Dr. T. mit der Begutachtung der Klägerin. Die Klägerin sagte auch diesen Untersuchungstermin ab. Der T. teilte am 30.11.2011 telefonisch mit, dass nach Aktenlage kein Anspruch auf das Merkzeichen aG bestehe. Eine Untersuchung sei unerlässlich.

Die Klägerin teilte mit, dass das Ansinnen einer Begutachtung schwachsinnig sei, schließlich lägen ausreichend Unterlagen vor, um sich ein Urteil zu bilden.

Mit Gerichtsbescheid vom 27.01.2012 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, dass den vorliegenden Unterlagen die gesundheitlichen Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich aG nicht mit hinreichender Sicherheit entnommen werden könnten. Es bestünden zwar Indizien dafür, dass bei der Klägerin die Voraussetzungen gegeben seien, ausreichende Befunde seien aber von den behandelnden Ärzten nicht mitgeteilt worden. Es fehle z.B. an ausreichenden Angaben zu den vorhandenen Bewegungsumfängen. Die vorhandene Sturzgefahr bedinge die Notwendigkeit ständiger Begleitung (Merkzeichen B), aber nicht eine außergewöhnliche Gehbehinderung. Es sei eine internistische Begutachtung der Klägerin notwendig. Soweit sie vortrage, dass sie nicht einmal mit einem Krankentransport transportfähig sei, sei dieser Vortrag nicht nachvollziehbar. Ein Gutachten nach Aktenlage sei nicht ausreichend.

Gegen den - ihrer Prozessbevollmächtigten am 03.02.2012 zugestellten - Gerichtsbescheid richtet sich die am 01.03.2012 beim SG eingelegte Berufung der Klägerin, zu deren Begründung sie vorgetragen hat, dass es bei ihr zwischenzeitlich zu einem Nierenversagen gekommen sei. Sie leide unter einer komplizierten Erkrankung, deretwegen sie auf die Hilfe des urologischen Kompetenzzentrums Dr. O. angewiesen sei. Da sie aber auf den unmittelbar vor der Praxis gelegenen Schwerbehinderten-Parkplätzen nicht parken dürfe, habe sie mehrere Termine nicht wahrnehmen können, so dass es schließlich zu spät gewesen sei. Sie sei auf den Nachteilsausgleich aG angewiesen, damit sie medizinisch behandelt werden könne. Die Richter des SG und des LSG hätten massiv gegen das Grundgesetz verstoßen, indem sie nicht gesehen hätten, dass sie eine todkranke Frau sei. Außerdem sei es eine massive Menschenrechtsverletzung. Es sei ihr nicht verständlich, warum die urologischen Erkrankungen nicht berücksichtigt worden seien. Sie sei nachweislich seit 2005 in urologischer Behandlung.

Die Klägerin hat einen Arztbrief des Urologen Dr. O. vom 14.12.2011 vorgelegt. Darin hat er berichtet, dass – soweit das in der Sonographie erkennbar sei – die Nieren in Größe, Form und Lage unauffällig seien. In der linken Niere finde sich noch ein kleines Restkonkrement eines Nierensteins. Wegen eines Nierenbeckenausgusssteins sei die Klägerin seit 01.01.2007 bei ihm urologischer Behandlung. Seit 2010 sei es zu wiederkehrenden Harnwegsinfekten mit zunehmend resistenter Keimlage nach häufiger Antibiotikaeinnahme gekommen.

Die Klägerin hat weiterhin vorgetragen, dass sie nur 15 m mit Rollator und in geschlossenen Räumen gehen könne. Es sei die Pflicht der entscheidenden Richter, die Voraussetzungen zu schaffen, um in den Genuss medizinischer Einrichtungen und ärztlicher Betreuung zu gelangen. Es sei nicht gerechtfertigt, sie geradezu in ihrem Haus einzusperren. Ein Urteil dürfe nur unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange ergehen.

Die Klägerin hat einen Entlassungsbericht der Geriatrischen Reha-Klinik S. vom 18.04.2012 über eine stationäre Behandlung vom 15.03.2012 bis 19.04.2012 wegen eines Immobilitätssyndroms, einer Laktatazidose, eines Nierenversagens, einer dekompensierten Herzinsuffizienz, eines Harnwegsinfekts, einer Adipositas permagna, eines Verdachts auf Subclaviathrombose, eines sekundären Hyperparathyreoidismus, eine Diabetes mellitus, einer interm. AA bei VHF, eines Zustands nach Schrittmacher-Implantation und einer Gastritis vorgelegt. Dort gab die Klägerin an, eine geringste Belastungsdyspnoe zu haben. Die Beweglichkeit der großen Gelenken wurde - soweit bei Adipositas möglich - als frei festgestellt. Die Klägerin sei insgesamt erschöpft und verlangsamt erscheine jedoch orientiert. Zu Beginn der Rehabilitation habe sie nur in den Rollstuhl mit Hilfe mobilisiert werden können, im weiteren Verlauf habe sie die Transfers allein durchgeführt. Sie sei dann in der Lage gewesen, auf Station mehrere Runden mit dem Rollator in Begleitung selbständig zu gehen, ebenso fünf Treppenstufen in Begleitung. Die Nierenretentionswerte hätten sich im Verlauf leicht verbessert. Es sei eine Fortsetzung der Physiotherapie zur Mobilisierung zu empfehlen. Die Klägerin solle in eine nephrologische Behandlung eingebunden werden. Aufgrund der großen Fettschürzen am Bauch sei die Klägerin deutlich in ihrer Beweglichkeit eingeschränkt. Es solle eine chirurgische Maßnahme erwogen werden.

Die Klägerin hat weiterhin einen physiotherapeutischen Abschlussbericht der Klinik für geriatrische Rehabilitation vom 16.04.2012 vorgelegt. Danach kann sie 15 m ohne Pause mit Rollator gehen. Die Transfers erledige sie meist selbständig. Eine Treppe mit Geländer und acht Stufen sei in Begleitung meist möglich.

Die Klägerin beantragt sinngemäß, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 27. Januar 2012 aufzuheben und den Bescheid des Beklagten vom 08. September 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09. Juli 2010 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, die gesundheitlichen Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich "aG" festzustellen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt den angefochtenen Gerichtsbescheid und hat eine Stellungnahme von Dr. Br. vom 28.08.2012 vorgelegt, der die Auffassung vertreten hat, dass es weiterhin an nachvollziehbaren objektiven kardiologischen Befunden fehle, die das Merkzeichen aG begründen könnten. Denkbar sei das Vorliegen der Voraussetzungen.

Die Klägerin hat daraufhin einen vorläufigen Entlassungsbericht der S. Kliniken über eine stationäre Behandlung vom 18. bis 28.07.2012 vorgelegt. Der Senat hat den endgültigen Entlassungsbericht vom 10.08.2012 beigezogen. Dort war die Klägerin wegen einer hämorrhagischen Cystitis in Behandlung. Es bestand eine Blasenentleerungsstörung bei diabetischer Nephropathie.

Der Senat hat die Akten aus dem parallel angestrengten Verfahren zum einstweiligen Rechtsschutz beigezogen (Aktenzeichen SG: S 12 SB 602/11 ER, LSG: L 8 SB1814/11 ER-B). Der Antrag auf vorläufige Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs "aG" hatte keinen Erfolg (Beschluss des SG vom 15.04.2011 und des Senats vom 07.10.2011).

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird Bezug genommen auf einen Band Verwaltungsakten des Beklagten, einen Band Akten des Sozialgerichts Heilbronn und die beim Senat angefallenen Akten sowie die beigezogenen Akten aus dem Verfahren zum einstweiligen Rechtsschutz.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber unbegründet. Der Senat konnte über den sinngemäß gefassten Berufungsantrag der Klägerin durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten dieser Verfahrensweise zugestimmt haben, § 124 Abs. 2 SGG.

Der Klägerin steht kein Anspruch auf Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich aG zu.

Nach § 69 Abs. 4 Sozialgesetzbuch - Neuntes Buch - (SGB IX) iVm §§ 1 Abs. 4 und 3 Abs. 1 Nr. 1 der Schwerbehindertenausweisverordnung vom 25.07.1991, zuletzt geändert durch Art. 7 des Gesetzes vom 02.12.2006 (BGBl. I S. 2742), ist auf Antrag des behinderten Menschen der Nachteilsausgleich aG in den Schwerbehindertenausweis einzutragen, wenn der behinderte Mensch außergewöhnlich gehbehindert im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 14 des Straßenverkehrsgesetzes oder entsprechender straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften ist. Ein solcher Vermerk ist Grundlage für die Inanspruchnahme von Parkerleichterungen, die von den Straßenverkehrsbehörden für bestimmte Ausnahmefälle vorgesehen sind.

Eine derartige straßenverkehrsrechtliche Vorschrift ist die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung (VwV-StVO) vom 26.01.2001 (BAnz S. 1419, ber. S. 5206), zuletzt geändert durch Art. 1 ÄndVwV vom 10.04.2006 (BAnz S. 2968). Nach Abschnitt II Nr. 1 der VwV-StVO zu § 46 Abs. 1 Nr. 11 StVO sind als schwerbehinderte Menschen mit außergewöhnlichen Gehbehinderung solche Personen anzusehen, die sich wegen der Schwere ihres Leidens dauernd nur mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung außerhalb ihres Kraftfahrzeuges bewegen können. Hierzu zählen Querschnittsgelähmte, Doppeloberschenkelamputierte, Doppelunterschenkelamputierte, Hüftexartikulierte und einseitig Oberschenkelamputierte, die dauernd außerstande sind, ein Kunstbein zu tragen oder nur eine Beckenkorbprothese tragen können, oder zugleich unterschenkel- oder armamputiert sind, sowie andere schwerbehinderte Menschen, die nach versorgungsärztlicher Feststellung, auch aufgrund von Erkrankungen, dem zuvor genannten Personenkreis gleichzustellen sind.

Ein Betroffener ist gleichzustellen, wenn seine Gehfähigkeit in ungewöhnlich hohem Maße eingeschränkt ist und er sich nur unter ebenso großen Anstrengungen wie die in Nr. 11 Abschnitt II Nr. 1 Satz 2 1. Halbsatz VwV-StVO aufgeführten schwerbehinderten Menschen oder nur noch mit fremder Hilfe fortbewegen kann (BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 23). Hierbei ist zu beachten, dass die maßgebenden straßenverkehrsrechtlichen Vorschrift nicht darauf abstellen, über welche Wegstrecke ein schwerbehinderter Mensch sich außerhalb seines Kraftfahrzeuges zumutbar noch bewegen kann, sondern darauf, unter welchen Bedingungen ihm dies nur noch möglich ist: nämlich nur noch mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung. Wer diese Voraussetzung - praktisch von den ersten Schritten außerhalb seines Kraftfahrzeuges an - erfüllt, qualifiziert sich für den entsprechenden Nachteilsausgleich auch dann, wenn er gezwungenermaßen auf diese Weise längere Wegstrecken zurücklegt (vgl. BSG SozR 3-3250 § 69 Nr. 1).

Soweit der Beklagte sich auf die Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zur Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) beruft, ist dies allerdings rechtlich nicht beachtlich. Die Regelungen der VersMedV zum Merkzeichen aG sind mangels ausreichender Ermächtigungsgrundlage rechtswidrig und unwirksam. Seit 01.01.2009 ist an die Stelle der "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (AHP) die Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) getreten. Damit hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales von der Ermächtigung nach § 30 Abs. 17 BVG zum Erlass einer Rechtsverordnung Gebrauch gemacht und die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG aufgestellt. Nach § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX gelten diese Maßstäbe auch für die Feststellung des GdB. Eine gesetzliche Ermächtigung für den Verordnungsgeber, die Grundsätze für die nach dem Schwerbehindertenrecht zu beurteilenden Nachteilsausgleiche durch Verordnung regeln zu können, enthalten weder § 30 Abs. 17 BVG, der nicht auf die im Schwerbehindertenrecht in SGB IX geregelten Nachteilsausgleiche verweist (vgl. Dau, jurisPR-SozR 4/2009, Anm. 4), noch andere Regelungen des BVG. Eine Rechtsgrundlage zum Erlass einer Verordnung über Nachteilsausgleiche ist auch nicht in den einschlägigen Vorschriften des SGB IX vorhanden. Der Senat geht insoweit von einer Teilnichtigkeit der VersMedV aus, da der Teil der VG - als Anhang zu § 2 Teil der Verordnung - durch die Unwirksamkeit der genannten Regelungen nicht berührt wird und auch im Übrigen die Regelungen der VersMedV nicht betroffen sind (vgl. Urteil des Senats vom 23.07.2010 - L 8 SB 3119/08; veröffentl. in Juris, www.sozialgerichtsbarkeit.de). Rechtsgrundlage des geltend gemachten Anspruchs sind daher allein die genannten gesetzlichen Regelungen, die StVO und die hierzu in ständiger Rechtsprechung zulässig anzuwendenden Verwaltungsvorschriften.

Die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Merkzeichen aG müssen ohne vernünftigen Zweifel nachgewiesen sein. Dabei muss der Beklagte gemäß § 20 SGB X und nachfolgend die Gerichte nach § 103 SGG den Sachverhalt von Amts wegen erforschen. Wenn nach Ausschöpfung aller zur Verfügung stehenden Mittel der Sachverhalt nicht in einer Weise aufgeklärt werden kann, dass zur Überzeugung des Gerichts das Vorliegen der Voraussetzungen feststeht, muss auch im sozialgerichtlichen Verfahren nach den Regeln der objektiven Beweislast entschieden werden. Dabei geht in der Regel – so auch hier – die Nichterweislichkeit einer Tatsache zu Lasten desjenigen, der sich darauf beruft. Können also die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Nachteilsausgleichs aG nicht nachgewiesen werden, so muss die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen werden. So verhält es sich hier. Es kann nicht zur Überzeugung des Senats festgestellt werden, dass die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Nachteilsausgleichs aG vorliegen.

Nach den im sozialgerichtlichen Verfahren beigezogenen und von der Klägerin vorgelegten Unterlagen leidet die Klägerin an verschiedenen Erkrankungen, die sich auf ihre Gehfähigkeit auswirken. Sie leidet zunächst an einer Gonarthrose, die zur Notwendigkeit einer Versorgung mit einer Knieendoprothese führt, die aber bisher nicht durchgeführt wurde. In der Anfang des Jahres 2012 durchgeführten Rehabilitation werden die großen Gelenke, also auch die Kniegelenke soweit beurteilbar als frei beweglich beschrieben, eine wesentliche Beeinträchtigung von Seiten dieser Behinderung wird dort nicht berichtet. Darüber hinaus leidet die Klägerin an Gefühlstörungen in den Beinen im Sinne einer Polyneuropathie, die allerdings nach den vorliegenden Unterlagen seit der letzten maßgeblichen Entscheidung des Beklagten vom 15.04.2008 keine Änderung erfahren hat. Vielmehr schildert der Rehaentlassungsbericht vom 18.04.2012 "keinen Hinweis auf neurologische Defizite". Es besteht ein Unterschenkelödem beidseits mit Hinweis auf chronisch venöse Insuffizienz. Eine Einschränkung der Gehfähigkeit der Klägerin durch diese Beschwerden in einer Weise, dass sie sich nur unter großen Anstrengungen oder nur mit fremder Hilfe außerhalb ihres Kfz bewegen kann, ergeben sich heute ebenso wenig wie im Zeitpunkt des Erlasses des bestandskräftigen Widerspruchsbescheids vom 15.04.2008.

Weiterhin leidet die Klägerin an einer Fehlfunktion des Herzen, die zu einer absoluten Arrhythmie geführt hat. Das Herz wurde deshalb im September 2009 mit einem Herzschrittmacher versorgt. Bei den verschiedenen Kontrolluntersuchungen des Herzschrittmachers hat die Klägerin subjektives Wohlbefinden und keine Atemnot mehr angegeben. Die Lunge war jeweils o.B., d.h. ohne Befund. Es bestand keine Einschränkung der Lungenfunktion. Das entspricht im Wesentlichen den wenigen von Dr. L. in seiner sachverständigen Zeugenaussage vom 21.06.2011 angegebenen Befunde, in der er zweimal eine Sauerstoffsättigung (SpO2) von 99% mitteilte. Warum er der Klägerin nunmehr ein Sauerstoffgerät verschrieben hat, erschließt sich weder aus seiner Zeugenaussage noch aus dem Rehabilitationsentlassungsbericht vom 18.04.2012, nach dem die kardiopulmonologische Situation der Klägerin stabil war und auch die Notwendigkeit einer Beatmung oder Sauerstoffgabe nicht ersichtlich ist. Darüber hinaus ist allein das von Dr. L. lediglich angenommene mehrmals tägliche Benutzen eines Oxygeniergeräts nicht ausreichend, um die gesundheitlichen Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs aG zu belegen. Zunächst ist die Notwendigkeit der mehrmals täglichen Nutzung damit nicht nachgewiesen. Darüber hinaus bedeutet das mehrmals tägliche Benutzen gerade, dass weder eine dauerhafte noch eine kontinuierliche Nutzung notwendig ist.

Weiterhin liegt bei der Klägerin eine Niereninsuffizienz vor, die im Laufe des Jahres 2012 zu einer stationären Behandlungs- und anschließenden Rehabilitationsbedürftigkeit geführt hat. Nach der stationären Behandlung aufgrund des Nierenversagens litt die Klägerin an einem Immobilisationssyndrom, so dass sie nur noch in den Rollstuhl mobilisiert werden konnte. Das spricht für eine außergewöhnliche Gehbehinderung. Jedoch konnte die Klägerin anschließend in der Rehabilitation so mobilisiert werden, dass ihr bereits mit Rollator und in Begleitung mehrere Runden auf der Station selbständiges Gehen möglich war. Eine weitere Verbesserung erwarteten die Ärzte in der Rehabilitation durch weitere Krankengymnastik. Der Klägerin war es in Begleitung sogar möglich bis zu acht Treppenstufen selbständig zu steigen. Hinweise auf die Notwendigkeit fremder Hilfe über die Begleitung zur Absicherung vor Stürzen hinaus, ergeben sich aus dem Bericht ebenso wenig wie aus dem Arztbrief von Dr. O. vom 14.12.2011. Vielmehr zeigt sich anhand dieses Briefs, dass das Nierenversagen Anfang 2012 ein Ereignis war, dessen Auswirkungen nicht mindestens sechs Monate vorlagen und schon deshalb nicht Grundlage für die Anerkennung der gesundheitlichen Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs aG sein können.

Insofern kommt es nicht darauf an, ob das Nierenversagen nur aufgetreten ist, weil die Klägerin nicht in der Lage war, Dr. O. in seiner Praxis aufzusuchen. Im Hinblick auf die offensichtliche Konsultation von Dr. O. im Dezember 2011 und die Möglichkeit, bei akuten Ereignissen mittels Krankenwagen oder Privatfahrzeug ein Krankenhaus aufzusuchen, um dort behandelt zu werden, ist damit weder ein das Merkzeichen begründender Dauerzustand einer Gehbeeinträchtigung noch die dauerhafte Notwendigkeit der vorbeugenden Nutzung einer Gehhilfe zu belegen.

Sofern die Klägerin trotz der Berichte aus dem Universitätsklinikum H. über eine unauffällige Schrittmacherfunktion und ansonsten weitgehend unauffällige Befunde von Seiten des Herzens unter Bezugnahme auf die Bescheinigungen von Dr. L. eine komplexe Herzerkrankung geltend macht, ist diesbezüglich eine Erfüllung der Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich aG allenfalls möglich. Eine Überzeugung kann der Senat auf die Befunde von Dr. L. nicht stützen, denn er teilt lediglich ohne jegliche zeitliche Zuordnung Diagnosen mit, die sich in den rudimentären aufgeführten Befunden nicht wiederfinden. Nach diesen Befunden war die Klägerin wegen Herzbeschwerden bei ihm überhaupt nicht in Behandlung, Funktionsparameter oder Hinweise auf eine eingeschränkte bzw. dekompensierte Herzfunktion lassen sich daraus nicht entnehmen. Von daher ergibt auch kein Hinweis darauf, dass eine Rollstuhlnutzung den Eintritt einer konkreten Gesundheitsgefährdung bzw. der Progression einer Erkrankung vorbeugt. Auch im Rehabilitationsentlassungsbericht wird - worauf Dr. Br. zutreffend hingewiesen hat - von einer stabilen kardiologischen Situation berichtet.

Der Senat sah sich auch nicht in der Lage, den Sachverhalt von Amts wegen weiter aufzuklären. Dr. L. wurde bereits schriftlich als Zeuge befragt. Hinweise auf weitere vorliegende Befunde über die von der Klägerin und Dr. L. vorgelegten hinaus ergeben sich nicht. Ein Gutachten konnte der Senat nicht einholen, weil die Klägerin sich zu einer Begutachtung ausdrücklich nicht bereit erklärt hat. Soweit die Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren vorgetragen hat, sie sei nicht in der Lage, einen Arzt aufzusuchen und sei es auch in einem Krankenhaus mit allen notwendigen Gerätschaften für eine Notfallversorgung, steht dem die Erkenntnis entgegen, dass sie sowohl Dr. L. als auch Dr. O. und sogar das Universitätsklinikum H. zu Kontrolluntersuchungen aufgesucht hat. Aus den von dort vorliegenden Arztberichten ergeben sich keine Hinweise auf die Notwendigkeit eines Krankentransports. Ein solcher wird von der Klägerin auch nicht behauptet. Ein Gutachten nach Aktenlage ist nicht geeignet, den Sachverhalt weiter aufzuklären, weil es gerade an den für ein solches Gutachten notwendigen Befunden fehlt, wie das SG zutreffend ausgeführt hat.

Soweit die Klägerin geltend macht, dass die Anforderung eines Gutachtens mit körperlicher Untersuchung gegen ihre Rechte aus der Behindertenrechtskonvention verstößt, kann der Senat einen solchen Verstoß nicht feststellen. Die Klägerin sollte zur ärztlichen Begutachtung bei einem Facharzt für Innere Medizin untersucht werden, der weder Experimente mit ihr durchführen noch unmenschliche Handlungen vornehmen sollte. Ein Hinweis auf eine Beeinträchtigung der körperlichen Integrität der Klägerin durch die Begutachtung oder die Anwendung der Regeln zur objektiven Beweislast auf den vorliegenden Rechtsstreit sieht der Senat im vorliegenden Fall nicht.

Die Berufung war deshalb zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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