Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 8 AL 2666/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 AL 1126/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 31. Januar 2012 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt von der Beklagten im Wege der Untätigkeitsklage die Bescheidung eines Antrags auf Arbeitslosengeld I (Alg) bzw. die Gewährung von Alg.
Der 1962 geborene Kläger ist i. Staatsangehöriger. Er befand sich vom 17.03.2005 bis 14.06.2007 im Strafvollzug der Justizvollzugsanstalt M ... Nach der Arbeitsbescheinigung der Justizvollzugsanstalt vom 14.07.2011 war der Kläger während des Strafvollzugs im Zeitraum vom 24.05.2005 bis 08.06.2007 mit Unterbrechungen versicherungspflichtig beschäftigt. Im Anschluss an die Haftentlassung wurde der Kläger abgeschoben. Der Kläger reiste nach seinen Angaben nach Ablauf einer Sperrfrist von drei Jahren am 15.06.2010 wieder in die Bundesrepublik Deutschland ein.
Am 29.06.2011 erhob der Kläger Untätigkeitsklage beim Sozialgericht Aachen, das sich mit Beschluss vom 26.07.2011 für örtlich unzuständig erklärte und den Rechtsstreit an das Sozialgericht Mannheim (SG) verwies.
Der Kläger machte zur Begründung seiner Klage geltend, sein am 28.06.2010 per Telefax gestellter Antrag sei nicht bearbeitet worden. Er trug vor, dass er eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der unterbliebenen Arbeitslosmeldung nach der Haftentlassung begehre. Er habe im Gefängnis 416 Beschäftigungstage zurückgelegt. Zum Zeitpunkt der Haftentlassung habe er sich nicht persönlich arbeitslos melden können, da er direkt nach I. abgeschoben worden sei. Nach seiner Rückkehr in die Bundesrepublik wolle er seinen Anspruch auf Alg nunmehr geltend machen. Der Kläger legte eine Kopie eines Schreibens vom 28.06.2010 an die "Agentur für Arbeit" nebst Sendebericht vom 28.06.2010 (15:53 Uhr Startzeit und Telefaxnummer der Agentur für Arbeit A. ) in Kopie, die Arbeitsbescheinigung der Justizvollzugsanstalt M. vom 14.07.2011 sowie den Entlassungsschein vom 14.06.2007 vor.
Die Agentur für Arbeit A. trug vor, der Antrag habe trotz Suche nicht gefunden werden können. Ein Antrag auf Alg vom 28.06.2010 liege der Agentur für Arbeit A. nicht vor. Das Schreiben vom 28.06.2010 sei nicht aufgefunden worden. Der Kläger sei nicht im Datensystem vorhanden. Bei der angegebenen Fax-Nummer handele es sich um die Poststelle der Agentur für Arbeit A ... Die unter dieser Faxnummer eingehenden Faxe würden, auch wenn sie einem Vorgang nicht zugeordnet werden könnten, unmittelbar im Mail-Programm "Outlook" eingespeist. Hierzu legte die Agentur für Arbeit eine Aufstellung des betreffenden "Outlook-Ordners" vor. Das in Rede stehende Telefax befinde sich nicht darunter. Der vorgelegte Sendebericht belege nicht, dass das Schreiben des Klägers übersandt worden sei. Die Leistungsakte des Klägers enthalte nur Vorgänge bis 1999. Der Kläger erhalte auch keine Leistungen nach dem SGB III. In der Sache sei darauf hinzuweisen, dass eine persönliche Arbeitslosmeldung des Klägers nicht erfolgt sei. Zudem sei die Anwartschaftszeit nicht erfüllt.
Mit Urteil vom 31.01.2012 wies das SG die Klage ab. Es führte zur Begründung aus, eine Untätigkeitsklage setze voraus, dass ein Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsaktes nicht beschieden worden sei. Es fehle bereits an einem solchen Antrag. Soweit der Kläger vorgetragen habe, am 28.06.2010 bei der Agentur für Arbeit A. per Fax einen Antrag gestellt zu haben, sei ein solcher Antrag dort niemals eingetroffen. Das vorgelegte Sendeprotokoll erbringe keinen Beweis für den Zugang. Es sei zulasten des Klägers davon auszugehen, dass ein Antrag nicht eingegangen sei. Die erhobene Untätigkeitsklage sei schon aus diesem Grunde unzulässig.
Gegen das dem Kläger mit Zustellungsurkunde am 06.02.2012 zugestellte Urteil hat er - durch seinen Prozessbevollmächtigten - am 02.03.2012 beim SG Berufung eingelegt, die dem Landessozialgericht vorgelegt worden ist. Der Kläger hat zur Begründung seiner Berufung die elektronisch-technischen Übermittlungsvorgänge eines Computerfax/E-Mails eingehend dargelegt. Er hat unter Zugrundelegung dieser Vorgänge die Ansicht vertreten, die Behauptung der Beklagten, sein Fax vom 28.06.2010 per E-Mail im Outlook-Ordner nie erhalten zu haben, möge sogar zutreffend sein. Dies ändere jedoch nichts an der rechtlichen Beurteilung, dass das Fax der Beklagten am 28.06.2010 zugegegangen sei. Nach der Rechtsprechung des BGH genüge es, wenn das Empfangsgerät das Fax gespeichert habe. Wie beim E-Mail müsse ausreichen, wenn dieses nachweislich auf dem Server des Providers eingegangen sei. Ob sein Fax-Schreiben dann tatsächlich in das Programm Outlook-Express auf dem Posteingangscomputer der Beklagten gelangt sei, liege außerhalb seiner Sphäre und sei nicht von ihm für die Erfüllung des Erfordernisses des Zugangs im Sinne des § 130 BGB nachzuweisen. Sein Fax-Schreiben sei jedenfalls nachweislich in den Machtbereich der Beklagten gelangt.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 31. Januar 2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, seinen am 28.Juni 2010 gestellten Antrag auf Arbeitslosengeld I zu bescheiden.
Mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 18.12.2012 hat der Kläger weiter beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 31. Januar 2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Arbeitslosengeld I ab dem 15. Juni 2007 bis 14. Juni 2008 zu bewilligen, hilfsweise, den Rechtsstreit an das Sozialgericht Mannheim zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beteiligten sind mit richterlichen Verfügungen vom 16.10.2012 und 23.11.2012 auf die Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hingewiesen worden und haben zuletzt Gelegenheit erhalten, sich zur Sache und zum beabsichtigten Verfahren bis 19.12.2012 zu äußern.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf die von der Beklagten vorgelegte Leistungsakte des Klägers Bezug genommen.
II.
Gemäß § 153 Abs. 4 SGG kann der Senat - nach vorheriger Anhörung der Beteiligten - die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Im vorliegenden Fall sind die Berufsrichter des Senats einstimmig zum Ergebnis gekommen, dass die Berufung unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Die Beteiligten sind mit richterlichen Verfügungen vom 16.10.2012 und 23.11.2012 auf die in Betracht kommende Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG sowie deren Voraussetzungen hingewiesen worden und haben Gelegenheit erhalten, zur Sache und zum beabsichtigen Verfahren Stellung zu nehmen.
Die vom Kläger - über die Untätigkeitsklage hinaus - mit Schriftsatz vom 18.12.2012 erstmals im Berufungsverfahren erhobene Verpflichtungsklage auf Bewilligung von Arbeitslosengeld I ist unzulässig. Eine Klageänderung im Rahmen der zulässig erhobenen Berufung ist nach § 99 Abs. 1 und Abs. 2 SGG nicht zulässig, denn sie ist nicht sachdienlich, weil mangels anfechtbarer Ausgangsentscheidung der Beklagten nicht sachlich darüber entschieden werden könnte und die Beklagte sich hierauf auch nicht rügelos eingelassen hat. Unabhängig davon hatte das SG im angefochtenen Urteil über einen Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld I auch keine Entscheidung treffen müssen und auch nicht getroffen, nachdem die Klage vom Kläger ausdrücklich als Untätigkeitsklage geführt wurde, weshalb es auch an einer im Berufungsverfahren anfechtbaren Entscheidung des SG fehlt.
Im Übrigen hat der Senat hinsichtlich der vom Kläger in erster Instanz - ausdrücklich - erhobenen Untätigkeitsklage den Berufungsantrag nach seinem erkennbaren Begehren sachdienlich gefasst.
Die insoweit gemäß den §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthafte und nach § 151 SGG auch sonst zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG ist nicht zu beanstanden. Das SG hat die Untätigkeitsklage des Klägers zu Recht als unzulässig abgewiesen.
Rechtsgrundlage der Untätigkeitsklage ist § 88 Abs. 1 Satz 1 SGG. Ist ein Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsaktes ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht beschieden worden, ist die Klage gemäß § 88 Abs. 1 Satz 1 SGG nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsaktes zulässig.
Zulässigkeitsvoraussetzung der Untätigkeitsklage ist demnach, dass der Kläger bei der Beklagten überhaupt einen Antrag gestellt hat. Dies trifft beim Kläger nicht zu, wie das SG im angefochtenen Urteil - insbesondere unter Bezug auf den Beschluss des Hess. LSG vom 03.05.2006 - L 9 B 16/06 SO -, (juris )- zutreffend begründet hat. Der Senat schließt sich nach eigener Überprüfung zur Begründung seiner Entscheidung den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils voll umfänglich an, auf die er zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug nimmt (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend bleibt auszuführen:
Dass der - vom Kläger in Kopie vorgelegte - Antrag vom 28.06.2010 so in den Machtbereich der Beklagten gelangt ist, dass sie unter normalen Umständen davon Kenntnis nehmen konnte, ist nicht belegt. Der vorgelegten Leistungsakte, lässt sich der Antrag vom 28.06.2010 nicht entnehmen. Vielmehr endet die Leistungsakte mit einem Schreiben des Arbeitsamtes O. an den Kläger vom 15.09.1999. Auch die Agentur für Arbeit A. hat nach ihrem Vorbringen im Klageverfahren den nach Angaben des Klägers mit Telefax übermittelten Antrag vom 28.06.2010 trotz Suche nicht auffinden können. Weiter sind nach dem Vorbringen der Agentur für Arbeit A. Vorkehrungen getroffen, dass eingehende Faxschreiben, auch wenn sie einem Vorgang nicht zugeordnet werden können, elektronisch gespeichert werden (Outlook-Ordner). Nach der vorgelegten Aufstellung (betreffend den Zeitraum vom 03.05.2010 bis 07.12.2010) ist am 28.06.2010 jedoch kein Fax-Eingang im Ordner gespeichert worden. Zusammenfassend muss daher davon ausgegangen werden, dass der Antrag vom 28.06.2010 der Agentur für Arbeit A. nicht übermittelt worden, d.h. nicht zugegangen ist, jedenfalls ist ein Zugang vom Kläger nicht nachgewiesen. Anlass, an der Richtigkeit des Vorbringens der Agentur für Arbeit A. zu zweifeln, besteht nicht.
Der vom Kläger - in Kopie - vorgelegte Sendebericht vom 28.06.2010 belegt den Zugang des Antrags vom 28.06.2010 bei der Agentur für Arbeit A. nicht, auch wenn der Sendebericht als Ergebnis "OK" vermerkt. Nach der zutreffenden Ansicht des SG im angefochtenen Urteil, der der Senat folgt, erbringt das vorgelegte Sendeprotokoll nicht den Nachweis des Zugangs eines durch Telefax übermittelten Schreibens. Das Sendeprotokoll belegt allenfalls, dass eine Verbindung zu Stande gekommen ist. Die Grundsätze des Anscheinsbeweises gelten für den Zugang nicht (vgl. auch LSG NRW, Beschluss vom 26.03.2007 - L 20 B 324/06 AS -, (juris)).
Das SG hat damit zu Recht die Untätigkeitsklage des Klägers als unzulässig bewertet. Das Berufungsvorbringen des Klägers rechtfertigt keine andere Entscheidung. Ob der vom Kläger zitierten Rechtsprechung des BGH zu folgen ist, dass für den Zugang nicht erforderlich ist, dass Fax-Schreiben auf dem Empfängergerät ausgedruckt werden, kann offen bleiben. Denn der Kläger geht nach seinem Berufungsvorbringen selbst davon aus, dass nicht nachgewiesen ist, ob vom Server des Computerfaxproviders sein Schreiben vom 28.06.2010 auf dem E-Mail-Server der Beklagten gelangt, d.h. dort gespeichert worden ist. Eine Speicherung des Schreibens im Faxgerät oder auf dem E-Mail-Ordner der Beklagten ist jedoch mindestens Voraussetzung für die Bejahung des Zugangs bei der Beklagten, was entgegen der Ansicht des Klägers - wie bei normalen Postsendungen - in den Risikobereich des Klägers fällt. Der Kläger kann sich deshalb nicht mit Erfolg darauf berufen, dass von ihm für die Erfüllung des Erfordernisses des Zugangs im Sinne des § 130 BGB nicht nachzuweisen sei, ob sein Fax-Schreiben tatsächlich in das Programm Outlook-Express auf dem Posteingangscomputer der Beklagten gelangt sei. Danach genügt der vorliegend belegte Sachverhalt weder zum Vollbeweis noch zum Anscheinsbeweis des Zugangs des Antrages des Klägers vom 28.06.2010 bei der Beklagten.
Anlass zu weiteren Ermittlungen besteht nicht. Das Vorbringen des Klägers zum elektronisch-technischen Übermittlungsvorgang eines Computerfax / eines E-Mails kann als wahr unterstellt werden, weshalb es hierzu der Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht bedarf. Weiter kann als wahr unterstellt werden, dass der Kläger den Antrag vom 28.06.2010 vom Fax-Gerät eines (vom Kläger namentlich benannten) Caritas-Mitarbeiters abgesandt hat. Dieser Umstand alleine rechtfertigt jedoch nicht, wie oben ausgeführt, den Zugang des Antrags vom 28.06.2010 bei der Beklagten zu bejahen, weshalb es der Vernehmung des vom Kläger als Zeuge benannten Caritas-Mitarbeiters, wie auch der Befragung des Klägers selbst, ebenfalls nicht bedarf.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt von der Beklagten im Wege der Untätigkeitsklage die Bescheidung eines Antrags auf Arbeitslosengeld I (Alg) bzw. die Gewährung von Alg.
Der 1962 geborene Kläger ist i. Staatsangehöriger. Er befand sich vom 17.03.2005 bis 14.06.2007 im Strafvollzug der Justizvollzugsanstalt M ... Nach der Arbeitsbescheinigung der Justizvollzugsanstalt vom 14.07.2011 war der Kläger während des Strafvollzugs im Zeitraum vom 24.05.2005 bis 08.06.2007 mit Unterbrechungen versicherungspflichtig beschäftigt. Im Anschluss an die Haftentlassung wurde der Kläger abgeschoben. Der Kläger reiste nach seinen Angaben nach Ablauf einer Sperrfrist von drei Jahren am 15.06.2010 wieder in die Bundesrepublik Deutschland ein.
Am 29.06.2011 erhob der Kläger Untätigkeitsklage beim Sozialgericht Aachen, das sich mit Beschluss vom 26.07.2011 für örtlich unzuständig erklärte und den Rechtsstreit an das Sozialgericht Mannheim (SG) verwies.
Der Kläger machte zur Begründung seiner Klage geltend, sein am 28.06.2010 per Telefax gestellter Antrag sei nicht bearbeitet worden. Er trug vor, dass er eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der unterbliebenen Arbeitslosmeldung nach der Haftentlassung begehre. Er habe im Gefängnis 416 Beschäftigungstage zurückgelegt. Zum Zeitpunkt der Haftentlassung habe er sich nicht persönlich arbeitslos melden können, da er direkt nach I. abgeschoben worden sei. Nach seiner Rückkehr in die Bundesrepublik wolle er seinen Anspruch auf Alg nunmehr geltend machen. Der Kläger legte eine Kopie eines Schreibens vom 28.06.2010 an die "Agentur für Arbeit" nebst Sendebericht vom 28.06.2010 (15:53 Uhr Startzeit und Telefaxnummer der Agentur für Arbeit A. ) in Kopie, die Arbeitsbescheinigung der Justizvollzugsanstalt M. vom 14.07.2011 sowie den Entlassungsschein vom 14.06.2007 vor.
Die Agentur für Arbeit A. trug vor, der Antrag habe trotz Suche nicht gefunden werden können. Ein Antrag auf Alg vom 28.06.2010 liege der Agentur für Arbeit A. nicht vor. Das Schreiben vom 28.06.2010 sei nicht aufgefunden worden. Der Kläger sei nicht im Datensystem vorhanden. Bei der angegebenen Fax-Nummer handele es sich um die Poststelle der Agentur für Arbeit A ... Die unter dieser Faxnummer eingehenden Faxe würden, auch wenn sie einem Vorgang nicht zugeordnet werden könnten, unmittelbar im Mail-Programm "Outlook" eingespeist. Hierzu legte die Agentur für Arbeit eine Aufstellung des betreffenden "Outlook-Ordners" vor. Das in Rede stehende Telefax befinde sich nicht darunter. Der vorgelegte Sendebericht belege nicht, dass das Schreiben des Klägers übersandt worden sei. Die Leistungsakte des Klägers enthalte nur Vorgänge bis 1999. Der Kläger erhalte auch keine Leistungen nach dem SGB III. In der Sache sei darauf hinzuweisen, dass eine persönliche Arbeitslosmeldung des Klägers nicht erfolgt sei. Zudem sei die Anwartschaftszeit nicht erfüllt.
Mit Urteil vom 31.01.2012 wies das SG die Klage ab. Es führte zur Begründung aus, eine Untätigkeitsklage setze voraus, dass ein Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsaktes nicht beschieden worden sei. Es fehle bereits an einem solchen Antrag. Soweit der Kläger vorgetragen habe, am 28.06.2010 bei der Agentur für Arbeit A. per Fax einen Antrag gestellt zu haben, sei ein solcher Antrag dort niemals eingetroffen. Das vorgelegte Sendeprotokoll erbringe keinen Beweis für den Zugang. Es sei zulasten des Klägers davon auszugehen, dass ein Antrag nicht eingegangen sei. Die erhobene Untätigkeitsklage sei schon aus diesem Grunde unzulässig.
Gegen das dem Kläger mit Zustellungsurkunde am 06.02.2012 zugestellte Urteil hat er - durch seinen Prozessbevollmächtigten - am 02.03.2012 beim SG Berufung eingelegt, die dem Landessozialgericht vorgelegt worden ist. Der Kläger hat zur Begründung seiner Berufung die elektronisch-technischen Übermittlungsvorgänge eines Computerfax/E-Mails eingehend dargelegt. Er hat unter Zugrundelegung dieser Vorgänge die Ansicht vertreten, die Behauptung der Beklagten, sein Fax vom 28.06.2010 per E-Mail im Outlook-Ordner nie erhalten zu haben, möge sogar zutreffend sein. Dies ändere jedoch nichts an der rechtlichen Beurteilung, dass das Fax der Beklagten am 28.06.2010 zugegegangen sei. Nach der Rechtsprechung des BGH genüge es, wenn das Empfangsgerät das Fax gespeichert habe. Wie beim E-Mail müsse ausreichen, wenn dieses nachweislich auf dem Server des Providers eingegangen sei. Ob sein Fax-Schreiben dann tatsächlich in das Programm Outlook-Express auf dem Posteingangscomputer der Beklagten gelangt sei, liege außerhalb seiner Sphäre und sei nicht von ihm für die Erfüllung des Erfordernisses des Zugangs im Sinne des § 130 BGB nachzuweisen. Sein Fax-Schreiben sei jedenfalls nachweislich in den Machtbereich der Beklagten gelangt.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 31. Januar 2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, seinen am 28.Juni 2010 gestellten Antrag auf Arbeitslosengeld I zu bescheiden.
Mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 18.12.2012 hat der Kläger weiter beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 31. Januar 2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Arbeitslosengeld I ab dem 15. Juni 2007 bis 14. Juni 2008 zu bewilligen, hilfsweise, den Rechtsstreit an das Sozialgericht Mannheim zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beteiligten sind mit richterlichen Verfügungen vom 16.10.2012 und 23.11.2012 auf die Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hingewiesen worden und haben zuletzt Gelegenheit erhalten, sich zur Sache und zum beabsichtigten Verfahren bis 19.12.2012 zu äußern.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf die von der Beklagten vorgelegte Leistungsakte des Klägers Bezug genommen.
II.
Gemäß § 153 Abs. 4 SGG kann der Senat - nach vorheriger Anhörung der Beteiligten - die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Im vorliegenden Fall sind die Berufsrichter des Senats einstimmig zum Ergebnis gekommen, dass die Berufung unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Die Beteiligten sind mit richterlichen Verfügungen vom 16.10.2012 und 23.11.2012 auf die in Betracht kommende Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG sowie deren Voraussetzungen hingewiesen worden und haben Gelegenheit erhalten, zur Sache und zum beabsichtigen Verfahren Stellung zu nehmen.
Die vom Kläger - über die Untätigkeitsklage hinaus - mit Schriftsatz vom 18.12.2012 erstmals im Berufungsverfahren erhobene Verpflichtungsklage auf Bewilligung von Arbeitslosengeld I ist unzulässig. Eine Klageänderung im Rahmen der zulässig erhobenen Berufung ist nach § 99 Abs. 1 und Abs. 2 SGG nicht zulässig, denn sie ist nicht sachdienlich, weil mangels anfechtbarer Ausgangsentscheidung der Beklagten nicht sachlich darüber entschieden werden könnte und die Beklagte sich hierauf auch nicht rügelos eingelassen hat. Unabhängig davon hatte das SG im angefochtenen Urteil über einen Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld I auch keine Entscheidung treffen müssen und auch nicht getroffen, nachdem die Klage vom Kläger ausdrücklich als Untätigkeitsklage geführt wurde, weshalb es auch an einer im Berufungsverfahren anfechtbaren Entscheidung des SG fehlt.
Im Übrigen hat der Senat hinsichtlich der vom Kläger in erster Instanz - ausdrücklich - erhobenen Untätigkeitsklage den Berufungsantrag nach seinem erkennbaren Begehren sachdienlich gefasst.
Die insoweit gemäß den §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthafte und nach § 151 SGG auch sonst zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG ist nicht zu beanstanden. Das SG hat die Untätigkeitsklage des Klägers zu Recht als unzulässig abgewiesen.
Rechtsgrundlage der Untätigkeitsklage ist § 88 Abs. 1 Satz 1 SGG. Ist ein Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsaktes ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht beschieden worden, ist die Klage gemäß § 88 Abs. 1 Satz 1 SGG nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsaktes zulässig.
Zulässigkeitsvoraussetzung der Untätigkeitsklage ist demnach, dass der Kläger bei der Beklagten überhaupt einen Antrag gestellt hat. Dies trifft beim Kläger nicht zu, wie das SG im angefochtenen Urteil - insbesondere unter Bezug auf den Beschluss des Hess. LSG vom 03.05.2006 - L 9 B 16/06 SO -, (juris )- zutreffend begründet hat. Der Senat schließt sich nach eigener Überprüfung zur Begründung seiner Entscheidung den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils voll umfänglich an, auf die er zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug nimmt (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend bleibt auszuführen:
Dass der - vom Kläger in Kopie vorgelegte - Antrag vom 28.06.2010 so in den Machtbereich der Beklagten gelangt ist, dass sie unter normalen Umständen davon Kenntnis nehmen konnte, ist nicht belegt. Der vorgelegten Leistungsakte, lässt sich der Antrag vom 28.06.2010 nicht entnehmen. Vielmehr endet die Leistungsakte mit einem Schreiben des Arbeitsamtes O. an den Kläger vom 15.09.1999. Auch die Agentur für Arbeit A. hat nach ihrem Vorbringen im Klageverfahren den nach Angaben des Klägers mit Telefax übermittelten Antrag vom 28.06.2010 trotz Suche nicht auffinden können. Weiter sind nach dem Vorbringen der Agentur für Arbeit A. Vorkehrungen getroffen, dass eingehende Faxschreiben, auch wenn sie einem Vorgang nicht zugeordnet werden können, elektronisch gespeichert werden (Outlook-Ordner). Nach der vorgelegten Aufstellung (betreffend den Zeitraum vom 03.05.2010 bis 07.12.2010) ist am 28.06.2010 jedoch kein Fax-Eingang im Ordner gespeichert worden. Zusammenfassend muss daher davon ausgegangen werden, dass der Antrag vom 28.06.2010 der Agentur für Arbeit A. nicht übermittelt worden, d.h. nicht zugegangen ist, jedenfalls ist ein Zugang vom Kläger nicht nachgewiesen. Anlass, an der Richtigkeit des Vorbringens der Agentur für Arbeit A. zu zweifeln, besteht nicht.
Der vom Kläger - in Kopie - vorgelegte Sendebericht vom 28.06.2010 belegt den Zugang des Antrags vom 28.06.2010 bei der Agentur für Arbeit A. nicht, auch wenn der Sendebericht als Ergebnis "OK" vermerkt. Nach der zutreffenden Ansicht des SG im angefochtenen Urteil, der der Senat folgt, erbringt das vorgelegte Sendeprotokoll nicht den Nachweis des Zugangs eines durch Telefax übermittelten Schreibens. Das Sendeprotokoll belegt allenfalls, dass eine Verbindung zu Stande gekommen ist. Die Grundsätze des Anscheinsbeweises gelten für den Zugang nicht (vgl. auch LSG NRW, Beschluss vom 26.03.2007 - L 20 B 324/06 AS -, (juris)).
Das SG hat damit zu Recht die Untätigkeitsklage des Klägers als unzulässig bewertet. Das Berufungsvorbringen des Klägers rechtfertigt keine andere Entscheidung. Ob der vom Kläger zitierten Rechtsprechung des BGH zu folgen ist, dass für den Zugang nicht erforderlich ist, dass Fax-Schreiben auf dem Empfängergerät ausgedruckt werden, kann offen bleiben. Denn der Kläger geht nach seinem Berufungsvorbringen selbst davon aus, dass nicht nachgewiesen ist, ob vom Server des Computerfaxproviders sein Schreiben vom 28.06.2010 auf dem E-Mail-Server der Beklagten gelangt, d.h. dort gespeichert worden ist. Eine Speicherung des Schreibens im Faxgerät oder auf dem E-Mail-Ordner der Beklagten ist jedoch mindestens Voraussetzung für die Bejahung des Zugangs bei der Beklagten, was entgegen der Ansicht des Klägers - wie bei normalen Postsendungen - in den Risikobereich des Klägers fällt. Der Kläger kann sich deshalb nicht mit Erfolg darauf berufen, dass von ihm für die Erfüllung des Erfordernisses des Zugangs im Sinne des § 130 BGB nicht nachzuweisen sei, ob sein Fax-Schreiben tatsächlich in das Programm Outlook-Express auf dem Posteingangscomputer der Beklagten gelangt sei. Danach genügt der vorliegend belegte Sachverhalt weder zum Vollbeweis noch zum Anscheinsbeweis des Zugangs des Antrages des Klägers vom 28.06.2010 bei der Beklagten.
Anlass zu weiteren Ermittlungen besteht nicht. Das Vorbringen des Klägers zum elektronisch-technischen Übermittlungsvorgang eines Computerfax / eines E-Mails kann als wahr unterstellt werden, weshalb es hierzu der Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht bedarf. Weiter kann als wahr unterstellt werden, dass der Kläger den Antrag vom 28.06.2010 vom Fax-Gerät eines (vom Kläger namentlich benannten) Caritas-Mitarbeiters abgesandt hat. Dieser Umstand alleine rechtfertigt jedoch nicht, wie oben ausgeführt, den Zugang des Antrags vom 28.06.2010 bei der Beklagten zu bejahen, weshalb es der Vernehmung des vom Kläger als Zeuge benannten Caritas-Mitarbeiters, wie auch der Befragung des Klägers selbst, ebenfalls nicht bedarf.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
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