Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 7 AL 194/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AL 4307/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 26. August 2011 wird zurückgewiesen.
Dem Kläger werden Kosten des Gerichts in Höhe von 225,- EUR auferlegt; er hat Kosten der Beklagten in Höhe von 112,50 EUR zu erstatten. Im Übrigen sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt höheres Arbeitslosengeld unter Berücksichtigung der Lohnsteuerklasse III, hilfsweise IV für den Zeitraum vom 20. September bis 31. Oktober 2006 im Wege des Überprüfungsverfahrens gem. § 44 SGB X.
Der 1963 geborene Kläger ist Kaufmann; er hat im Ausland Betriebswirtschaft studiert. Er war als Geschäftsführer einer Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungs- GmbH, als selbständiger Berater im EDV- und kaufmännischen Bereich und ab 1. September 2001 als Verwaltungsleiter in der Ta.-Klinik GmbH, über deren Vermögen im Jahre 2002 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, beschäftigt. Der Insolvenzverwalter verpachtete den Betrieb an einen neuen Betreiber, der dem Kläger am 14. Mai 2003 mit sofortiger Wirkung ein Hausverbot erteilte und am 22. Mai 2003 außerordentlich mit sofortiger Wirkung -sowie am 11. Juni 2003- kündigte. Das Arbeitsgericht Heilbronn hat im Urteil vom 18. September 2003 festgestellt, dass die Kündigungen das Arbeitsverhältnis nicht beendet haben. Nach dem Schreiben des Insolvenzverwalters vom 5. August 2004 sei das Arbeitsverhältnis nach dem ihm vorliegenden Informationen zum 31. Dezember 2003 beendet worden; rein vorsorglich kündigte er gem. § 113 InsO.
Der Kläger meldete sich bei der Beklagten am 16. Juni 2003 arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld. Im Antragsvordruck gab der Kläger an, dass zu Jahresbeginn auf seiner Lohnsteuerkarte die Lohnsteuerklasse III eingetragen sei und dass für sein Kind Se. (geboren 1998) Kindergeld gezahlt würde. Der Kläger hat Verdienstabrechnungen vorgelegt. Mit Verfügung vom 18. Juli 2003 hat die Beklagte dem Kläger Arbeitslosengeld ab 16. Juni 2003 für die Dauer von 300 Tagen bewilligt; das wöchentliche Bemessungsentgelt betrug 1.017,19 EUR, gerundet (s. § 132 Abs. 3 SGB III) 1.015,00 EUR, der wöchentliche Leistungssatz 422,03 EUR; berücksichtigt wurde die Leistungsgruppe C (Lohnsteuerklasse III) sowie der erhöhte Leistungssatz in Höhe von 67% für Arbeitslose mit mindestens einem Kind. Nach Beiziehung zweier Arbeitsbescheinigungen (siehe Bl. 87 und 37 bis 40 sowie 46 bis 46b der Verwaltungsakten der Beklagten) erließ die Beklagte den Änderungsbescheid vom 19. Januar 2004, mit dem sich der wöchentliche Leistungssatz geringfügig erhöhte. Nach den abgerechneten Entgelten (unter Berücksichtigung der Bemessungsentgeltgrenze) ergab sich ein wöchentliches Bemessungsentgelt in Höhe von 1.020,00 EUR, was einen wöchentlichen Zahlbetrag von 423,92 EUR ergab. Nachdem auch bezüglich des neuen Betreibers der Ta.-Klinik das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist (siehe Beschluss des Amtsgerichts Amberg vom 16. Juli 2004), gewährte die Beklagte dem Kläger vom 1. Oktober 2003 bis 31. Dezember 2003 Insolvenzgeld (Bescheid vom 28. Dezember 2004). Anschließend bezog der Kläger weiter Arbeitslosengeld bis 4. April 2004 (siehe Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor dem Sozialgericht Heilbronn [SG] vom 29. November 2005, S 1 AL 1214/04, und Bewilligungsbescheid vom 21. Dezember 2005). Ab 5. April 2004 bewilligte die Beklagte dem Kläger für sechs Monate Überbrückungsgeld zum Zwecke der Übernahme der ehemaligen Ta.-Klinik.
Am 20. September 2006 meldete sich der Kläger erneut arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld. Am 10. Juli 2006 habe er einen Insolvenzantrag stellen müssen (mit Beschluss des Amtsgerichts Wü. vom 29. November 2006 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet). Bis zum 19. September 2006 sei er mit der Abwicklung beschäftigt gewesen. Nun stehe er seit dem 20. September 2006 ohne Tätigkeit da und für den Arbeitsmarkt zur Verfügung. Im Antragsvordruck gab der Kläger an, dass zu Jahresbeginn auf seiner Lohnsteuerkarte die Lohnsteuerklasse V eingetragen gewesen sei und für sein Kind Se. Kindergeld gezahlt werde. Die Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 26. September 2006 Arbeitslosengeld ab 20. September 2006 für 98 Tage; dabei wurde ein tägliches Bemessungsentgelt in Höhe von 145,31 EUR, die Lohnsteuerklasse V und der erhöhte Leistungssatz berücksichtigt, was zu einem täglichen Leistungsbetrag in Höhe von 38,58 EUR führe. Am 4. Oktober 2006 übersandte der Kläger ein -schlecht lesbares- Fax der Lohnsteuerkarte 2006, nach der am 4. Oktober 2006 eine Änderung der Lohnsteuerklasse vorgenommen worden ist; vom 1. November bis 31. Dezember 2006 war die Lohnsteuerklasse IV eingetragen. Der Kläger nahm am 1. November 2006 eine selbstständige Tätigkeit als beratender Betriebswirt auf. Mit Bescheid vom 25. Oktober 2006 hob die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosengeld ab 1. November 2006 auf. Mit Bescheid vom 2. November 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. November 2006 bewilligte die Beklagte dem Kläger erneut Überbrückungsgeld für die Aufnahme der selbständigen Tätigkeit, und zwar vom 1. November 2006 bis 30. April 2007; über dessen Höhe ist ein weiteres -ruhendes- Berufungsverfahren anhängig.
Am 16. Oktober 2007 (Schriftsatz vom 15. Oktober 2007) beantragte der Kläger gemäß § 44 SGB X die Überprüfung des Bewilligungsbescheides vom 26. September 2006. Ihm stehe vom 20. September bis 31. Oktober 2006 Arbeitslosengeld unter Berücksichtigung der Steuerklasse III zu, da bei Entstehung des Stammrechts diese Steuerklasse in der Lohnsteuerkarte eingetragen gewesen sei. Hilfsweise sei das Arbeitslosengeld nach der Lohnsteuerklasse IV zu gewähren. Eine Mitarbeiterin des Finanzamtes M. teilte der Beklagten telefonisch mit, dass bei der Ehefrau des Klägers vom 1. Januar bis 31. März 2004 die Steuerklasse V und danach bis 31. Dezember 2004 sowie für das Jahr 2005 die Steuerklasse III und für den Kläger vom 1. Januar 2004 bis 31. März 2004 die Steuerklasse III und anschließend bis 31. Dezember 2004 die Steuerklasse V eingetragen gewesen sei. Ob für den Kläger im Jahr 2005 eine Steuerkarte ausgestellt worden sei, sei nicht bekannt; ihm sei jedoch steuerlich eindeutig die Steuerklasse V im Jahr 2005 zuzuordnen (siehe Aktenvermerk Bl. 230 der Verwaltungsakten der Beklagten). Nach einer telefonischen Auskunft eines Mitarbeiters der Stadt M. (siehe Aktenvermerk Bl. 231 der Verwaltungsakten der Beklagten) war beim Kläger vom 1. Januar bis 31. März 2004 die Klasse III sowie anschließend bis 31. Dezember 2004 die Klasse V eingetragen gewesen. Die Steuerkarte 2005 sei am 20. September 2004 an die klägerische Adresse gesandt worden. Bis zur Änderung zum 1. November 2006 sei die Klasse V eingetragen gewesen. Mit Bescheid vom 8. November 2007 lehnte die Beklagte die Rücknahme des Bescheides vom 26. September 2006 ab, da er nicht zu beanstanden sei. Der Lohnsteuerklassenwechsel im Jahre 2004 sei zweckmäßig gewesen, da der Kläger eine selbstständige Tätigkeit aufgenommen habe und dadurch der geringste Lohnsteuerabzug erreicht worden sei. Ihm sei die Steuerkarte für das Jahr 2005 zugesandt worden, eine Änderung in die Lohnsteuerklasse IV sei erst zum 1. November 2006 erfolgt. Am 28. November 2007 erhob der Kläger hiergegen Widerspruch, der mit Widerspruchsbescheid vom 14. Dezember 2007 zurückgewiesen wurde.
Am 16. Januar 2008 hat der Kläger zum SG Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen, ihm sei bis zum 5. April 2004 Arbeitslosengeld nach der Lohnsteuerklasse III bewilligt worden. Ihm sei auch für die streitige Zeit Arbeitslosengeld nach der Lohnsteuerklasse III zu bewilligen, da die Lohnsteuerklasse maßgeblich sei, die zu Beginn des Kalenderjahres eingetragen gewesen war, in dem das Stammrecht entstanden ist. Er bestreite, dass er irgendeinen Lohnsteuerklassenwechsel beantragt habe. Ab der Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit am 5. April 2004 gehöre seine Ehegattin gemäß § 38b Satz 2 Nr. 3 aa Einkommenssteuergesetz in die Lohnsteuerklasse III, da er kein Einkommen durch Arbeitsentgelt mehr hatte. Die Beklagte hat vorgetragen, die Lohnsteuerklassen seien ab 1. April 2004 geändert worden, auch wenn der Kläger diese Änderung nicht mitgeteilt habe. Mit Urteil vom 26. August 2011 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Bewilligungsbescheid der Beklagten vom 26. September 2006 sei rechtmäßig. Zwar sei ursprünglich die Lohnsteuerklasse III zu berücksichtigen gewesen; gemäß § 133 Abs. 3 SGBIII sei bei der Neubewilligung des Arbeitslosengeldes ab 20. September 2006 der Steuerklassenwechsel des Klägers zum 1. April 2004 jedoch zu beachten. Der Einwand des Klägers, er wisse nicht, warum der Wechsel der Lohnsteuerklassen zum 1. April 2004 erfolgt sei, dass er dies jedenfalls nicht beantragt habe, greife nicht durch, da der Beklagten keine eigene Prüfungskompetenz zustünde. Dies müsse auch dann gelten, wenn tatsächlich keine Lohnsteuerkarte ausgestellt worden sei, aber die Einreihung in die Lohnsteuerklasse feststehe. In diesem Fall sei diejenige Steuerklasse zugrunde zu legen, die einzutragen gewesen wäre, wenn eine Lohnsteuerkarte ausgestellt worden wäre. Dies sei hier zwingend die Steuerklasse V, da auf der Steuerkarte der Ehefrau des Klägers die Steuerklasse III eingetragen gewesen sei (§ 38b Satz 2 Nr. 5 Einkommenssteuergesetz in der Fassung vom 29. Dezember 2003). Vor dem Hintergrund der Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit sei der Vortrag des Klägers auch nicht schlüssig.
Gegen das dem Kläger am 1. September 2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 4. Oktober 2011 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt er vor, der Sachverhalt sei vom SG absolut zutreffend im Tatbestand dargestellt worden. Entgegen der Auffassung des SG könne aber eine Tatbestandswirkung nur bei seiner Ehegattin vorliegen. Ihm sei aufgrund der Selbstständigkeit keine Lohnsteuerkarte ausgestellt worden. Auch für das Jahr 2005 bis einschließlich Oktober 2006 habe er keine Lohnsteuerkarte gehabt. Es sei davon auszugehen, dass das Finanzamt M. Vermerke habe, nach denen ihm jedenfalls nicht Lohnsteuerklasse III zuerkannt werden könne, ohne dass die der Ehegattin abgeändert werde. Im Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 9. Mai 2012 hat der Kläger angegeben, nicht zu wissen, welche Steuerklasse seine Frau für das Jahr 2006 gehabt habe. Das Gericht hat den Kläger darauf hingewiesen, dass seine Rechtsauffassung, dass ihm unabhängig von der eingetragenen Lohnsteuerklasse bei der Ehefrau die gewünschte Lohnsteuerklasse zugebilligt werden könne, da keine Lohnsteuerkarte ausgestellt worden sei, nirgends bestätigt werde. Im Gegenteil werde in Standardkommentaren unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des BSG vom 22. Februar 1984, 7 Rar 52/82, die Auffassung vertreten, dass dann festzustellen sei, welche Steuerklasse unter Berücksichtigung der Steuerklasse der Ehefrau einzutragen wäre. Dies erscheine so einsichtig und jedermann nachvollziehbar, dass die Rechtsverfolgung missbräuchlich erscheine. Hierauf hat der Kläger schriftsätzlich vorgetragen, er habe die Lohnsteuerkarte seiner Ehegattin nicht gesehen. Einen Nachweis der Lohnsteuerklasse der Ehegattin im Jahr 2006 könne er nicht vorlegen. Er vertrete gar nicht die Rechtsauffassung, die das Gericht dargelegt habe. Die angeführte Entscheidung des BSG, nach der es nicht in der Absicht des Gesetzgebers liegen könne, zuzulassen, dass die Arbeitslosenhilfe eines Arbeitslosen allein deshalb nach der Leistungsgruppe C bemessen werde, weil er zu Beginn des maßgeblichen Jahres keine Lohnsteuerkarte benötigt habe und deshalb nicht gehabt hatte, möge zweifelhaft sein. Das Ergebnis der Auffassung des BSG erscheine allerdings in jenem Fall vertretbar, da der Kläger in dem dortigen Verfahren in der Tat ohne Weiteres eine Lohnsteuerkarte mit der Leistungsgruppe III hätte in Händen halten können, wenn er sich darum bemüht hätte.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 26. August 2011 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 8. November 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Dezember 2007 zu verurteilen, den Bescheid vom 26. September 2006 teilweise zurückzunehmen und höheres Arbeitslosengeld unter Zugrundelegung der Lohnsteuerklasse III, hilfsweise der Lohnsteuerklasse IV vom 20. September 2006 bis 31. Oktober 2006 zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und dem Kläger Verschuldenskosten aufzuerlegen in Höhe von 112,50 EUR.
Wenn die Steuerklasse der Ehegattin des Klägers die III sei, würde sich daraus zwangsläufig ergeben, dass die Steuerklasse beim Kläger mit V anzusetzen sei. Das Finanzamt habe dies auch so bestätigt, sodass sich kein weiterer Ermittlungsbedarf ergäbe. Der Kläger habe auch ein Merkblatt erhalten, aus dem sich die Zuordnung der Steuerklassen ergäben. Die Beklagte könne nicht nachvollziehen, dass der Kläger vortragen lasse, dass er von der Steuerklasse der Ehefrau keine positive Kenntnis gehabt haben wolle. Die Beklagte gehe davon aus, dass jeder Ehegatte wisse, welche Lohnsteuerklasse der andere habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, jedoch unbegründet.
Die Berufung ist statthaft, da der Wert des Beschwerdegegenstands 750,00 EUR übersteigt (vgl. §§143, 144 Abs.1 Nr. 1 SGG in der hier anzuwendenden ab 1. April 2008 geltenden Fassung). Der Kläger begehrt für die Zeit vom 20. September 2006 bis 1. November 2006 Arbeitslosengeld unter Zugrundelegung von Lohnsteuerklasse III, anstatt der Lohnsteuerklasse V, was einen täglichen höheren Anspruch von 22,67 EUR (siehe hierzu die zutreffende Berechnung der Beklagten im Schriftsatz vom 21. Mai 2012) begründen würde, weshalb sich der Wert des Beschwerdegegenstandes auf 929,47 EUR (41 Tage x 22,67 EUR) beläuft. Die Berufung ist auch im Übrigen form- und fristgerecht gemäß § 151 Abs. 1 SGG eingelegt worden, da die Berufungsfrist am 1. und 2. Oktober 2011, einem Wochenende, sowie am 3. Oktober 2011, einem Feiertag, nicht endet (§ 64 Abs. 3 SGG).
Die Berufung ist jedoch unbegründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 8. November 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Dezember 2007 ist rechtmäßig. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, dem Kläger unter teilweiser Rücknahme des Bewilligungsbescheides vom 26. September 2006 höheres Arbeitslosengeld zu bewilligen.
Der geltend gemachte Anspruch richtet sich nach § 44 SGB X. Nach dessen Abs. 1 Satz 1 ist ein bindend gewordener Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Diese Voraussetzungen für die Rücknahme des Bewilligungsbescheids vom 26. September 2006 sind nicht erfüllt. Der Bewilligungsbescheid der Beklagten vom 26. September 2006 verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf Gewährung eines höheren Arbeitslosengeldes für die Zeit vom 20. September 2006 bis 31. Oktober 2006. Nach §§ 117, 118 SGB III in der bei einer Entstehung des Anspruchs am 20. September 2006 (in der Fassung des Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2003, BGBl. I S. 2848; a.F.) geltenden Fassung haben Arbeitnehmer Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit, die arbeitslos (vgl. § 119 SGB III a.F.) sind, sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet (vgl. § 122 SGB III a.F.) und innerhalb der Rahmenfrist (vgl. § 124 SGB III a.F.) die Anwartschaftszeit (vgl. § 123 SGB III a.F.) erfüllt haben. Gemäß § 129 SGB III (a.F.) beträgt das Arbeitslosengeld für Arbeitslose, die mindestens ein Kind im Sinne des § 32 Abs. 1, 3 bis 5 des Einkommenssteuergesetzes haben, sowie für Arbeitslose, deren Ehegatte oder Lebenspartner mindestens ein Kind im Sinne des § 32 Abs. 1, 3 bis 5 des Einkommenssteuergesetzes hat, wenn beide Ehegatten oder Lebenspartner unbeschränkt einkommenssteuerpflichtig sind und nicht dauernd getrennt leben, 67% (erhöhter Leistungssatz) des pauschalierten Nettoentgelts (Leistungsentgelt), das sich aus dem Bruttoentgelt ergibt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat (Bemessungsentgelt). Der Bemessungszeitraum umfasst gemäß § 130 Abs. 1 SGB III (a.F.) die beim Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigungen im Bemessungsrahmen, der ein Jahr umfasst. Gemäß § 131 Abs. 1 Satz 1 SGB III (a.F.) ist Bemessungsentgelt das durchschnittlich auf den Tag entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat. Gemäß § 133 Abs. 1 SGB III (a.F.) ist Leistungsentgelt das um pauschalierte Abzüge verminderte Bemessungsentgelt. Abzüge sind eine Sozialversicherungspauschale in Höhe von 21 % des Bemessungsentgelts, die Lohnsteuer nach der Lohnsteuertabelle, die sich nach dem vom Bundesfinanzministerium bekannt gegebenen Programmablaufplan in dem Jahr, in dem der Anspruch entstanden ist, ergibt und der Solidaritätszuschlag. Die Feststellung der Lohnsteuer richtet sich gem. § 133 Abs. 2 SGB III (a.F.) nach der Lohnsteuerklasse, die zu Beginn des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist, auf der Lohnsteuerkarte des Arbeitslosen eingetragen war. Spätere Änderungen der eingetragenen Lohnsteuerklasse werden mit Wirkung des Tages berücksichtigt, an dem erstmals die Voraussetzungen für die Änderung vorlagen. Das Gleiche gilt, wenn auf der für spätere Kalenderjahre ausgestellten Lohnsteuerkarte eine andere Lohnsteuerklasse eingetragen wird. Haben Ehegatten die Lohnsteuerklassen gewechselt, so werden gem. § 133 Abs. 3 SGB III (a.F.) die neu eingetragenen Lohnsteuerklassen von dem Tag an berücksichtigt, an dem sie wirksam werden, wenn 1. die neu eingetragenen Lohnsteuerklassen dem Verhältnis der monatlichen Arbeitsentgelte beider Ehegatten entsprechen oder 2. sich auf Grund der neu eingetragenen Lohnsteuerklassen ein Arbeitslosengeld ergibt, das geringer ist als das Arbeitslosengeld, das sich ohne den Wechsel der Lohnsteuerklassen ergäbe. Ein Ausfall des Arbeitsentgelts, der den Anspruch auf eine lohnsteuerfreie Entgeltersatzleistung begründet, bleibt bei der Beurteilung des Verhältnisses der monatlichen Arbeitsentgelte außer Betracht. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung höheren Arbeitslosengeldes. Ob die Beklagte zutreffend entschieden hat, dass dem Kläger -nach dem am 16. Juni 2003 entstandenen und nicht erloschenen (§ 147 Abs. 1 Nr. 1 a.F.) Stammrecht- vom 20. September 2006 bis 31. Oktober Arbeitslosengeld zusteht, kann daher dahin gestellt bleiben. Die Beklagte hat ausgehend von einer Entstehung des Anspruchs am 20. September 2006 das Arbeitslosengeld in zutreffender Höhe bewilligt. Die Beklagte hat die beim Ausscheiden des Klägers aus dem letzten Versicherungspflichtverhältnis (§ 130 Abs. 1 SGB III a.F.) abgerechneten Entgelte unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze (§ 341 SGB III a.F.) zutreffend berechnet -was vom Kläger insoweit nicht in Abrede gestellt wird- und anstatt der früher zugrundegelegten Lohnsteuerklasse III die Lohnsteuerklasse V berücksichtigt. Dies ergibt einen Anspruch auf Arbeitslosengeld in Höhe von täglich 38,58 EUR.
Zwar richtet sich die Zuordnung gemäß § 133 Abs. 2 SGB III (a.F.) nach der Lohnsteuerklasse, die zu Beginn des Kalenderjahres, in dem der Anspruch (das Stammrecht, s. BSG, Urteil vom 8. Februar 2007, B 7 AL 38/06 R, veröffentlicht in Juris) entstanden ist, auf der Lohnsteuerkarte des Arbeitslosen eingetragen war. Gemäß § 133 Abs. 3 SGB III (a.F.), der eine Sonderregelung für den Steuerklassenwechsel zwischen Ehegatten darstellt (vgl. bereits Urteil des BSG vom 22. Februar 1984, 7 Rar 52/82, veröffentlicht in Juris), werden aber neu eingetragene Lohnsteuerklassen von Ehegatten von dem Tage an berücksichtigt, an dem sie wirksam werden, wenn sich aufgrund der neu eingetragenen Lohnsteuerklassen ein Arbeitslosengeld ergibt, das geringer ist als das Arbeitslosengeld, das sich ohne den Wechsel der Lohnsteuerklassen ergäbe oder wenn die neu eingetragenen Lohnsteuerklassen dem Verhältnis der monatlichen Arbeitsentgelte beider Ehegatten entsprechen.
Der Senat ist der Überzeugung, dass zu Beginn des Kalenderjahres, in dem das Stammrecht entstanden ist (16. Juni 2003), also am 1. Januar 2003, auf der Lohnsteuerkarte des Klägers die Lohnsteuerklasse III eingetragen war und dass er zusammen mit seiner Ehegattin am 1. April 2004 einen Lohnsteuerklassenwechsel durchgeführt hat, wodurch er von der Lohnsteuerklasse III auf die Lohnsteuerklasse V und seine Ehefrau von der Lohnsteuerklasse V auf die Lohnsteuerklasse III gewechselt hat. Ersteres ergibt sich daraus, dass der Kläger selbst in seinem Antrag auf Arbeitslosengeld vom 16. Juni 2003 die Lohnsteuerklasse III angegeben hat, aber auch aus den -mündlichen- Auskünften der Mitarbeiter der Stadt M. und des Finanzamtes M. (Bl. 230, 231 der Verwaltungsakten der Beklagten). Der durchgeführte Lohnsteuerklassenwechsel zum 1. April 2004 ergibt sich aus den genannten Auskünften, aber auch daraus, dass der Kläger im Antragsvordruck vom 21. September 2006 nunmehr die -geänderte- Steuerklasse V angegeben hat sowie daraus dass zum 1. November 2006 eine Änderung zur Steuerklasse IV vorgenommen worden ist. Das Bestreiten des Klägers, einen solchen Steuerklassenwechsel beantragt zu haben, ist irrelevant und unglaubwürdig, worauf bereits das SG hingewiesen hat. Der Senat konnte die Ehegattin des Klägers wegen der verweigerten Zeugenaussage nicht zur Sache vernehmen. Da sich aufgrund der neu eingetragenen Lohnsteuerklasse ein geringeres Arbeitslosengeld ergibt, aber auch der Wechsel angesichts der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit des Klägers zweckmäßig war, da die beschäftigte Ehefrau weniger Lohnsteuerabzug erhielt, war die neu eingetragene Lohnsteuerklasse von dem Tag an zu berücksichtigen, an dem sie wirksam geworden ist, also ab 1. April 2004 und somit auch für die Zeit vom 20. September 2006 bis 31. Oktober 2006, nachdem bis zum Ende des streitigen Zeitraumes ein weiterer Lohnsteuerklassenwechsel weder vorgetragen noch sonst ersichtlich ist.
Auch wenn dem Kläger bis zum 1. November 2006 keine Lohnsteuerkarten für die Jahre 2004, 2005 und 2006 ausgestellt worden wären, wäre der Bescheid vom 26. September 2006 rechtmäßig. Denn nach der überzeugenden Auffassung des BSG, a.a.O., ist die Lohnsteuerklasse maßgebend, die einzutragen gewesen wäre, wenn eine Lohnsteuerkarte ausgestellt worden wäre. Denn wenn der Gesetzgeber die Gewährleistung eines für alle Leistungsbezieher gleich hohen prozentualen Leistungssatzes des letzten Nettoarbeitsverdienstes durch die Maßgeblichkeit der in der Lohnsteuerkarte eingetretenen Lohnsteuerklasse verwirklichen wollte, kann diesem Ziel in Fällen, in denen es an einem solchen Eintrag mangels notwendigen Vorhandenseins der Lohnsteuerkarte fehlt, nur dadurch Rechnung getragen werden, dass von der Steuerklasse ausgegangen wird, die bei Ausstellung einer Lohnsteuerkarte eingetragen worden wäre (BSG a.a.O. m.w.N.; so auch Niesel, Kommentar zum SGB III, 3., 4. und 5. Auflage, jeweils § 133 SGB III Rdnr. 7 f; 6. Auflage, § 153 SGB III Rdnr. 7 f; Hauck/Noftz, § 133 SGB III Rdnr.32; Eicher/Schlegel, § 133 SGB III Rdnr. 50; Gagel § 153 SGB III Rdnr. 35). Ansonsten würde der Anbindung an das Steuerrecht widersprochen und könnte die vom Gesetz eindeutig nicht gewollte Folge eintreten, dass bei beiden Ehegatten im Falle gleichzeitiger Leistungsansprüche wegen Arbeitslosigkeit Ansprüche nach derselben und günstigsten Leistungsgruppe zustehen könnten (BSG a.a.O.). Auf die Gründe, die einen Arbeitslosen oder seinen Ehegatten veranlassen, sich eine Lohnsteuerkarte ausstellen zu lassen oder nicht oder eine ausgestellte zurückzugeben oder nicht, kommt es nicht an (BSG, a.a.O.). Die Eingruppierung nach steuerrechtlichen Vorschriften gilt jedenfalls in den Fällen, in denen für den Ehegatten des Arbeitslosen eine Lohnsteuerkarte ausgestellt worden ist (BSG, a.a.O.). Die Ehegattin des Klägers hatte für das Jahr 2006 eine Lohnsteuerkarte, auf der -bis Ende Oktober 2006- die Steuerklasse III eingetragen war. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus der Auskunft der Stadt M., da für den Kläger die korrelierende Steuerklasse V ausgewiesen worden ist, daraus dass der Kläger für sich die Steuerklasse V angegeben hat (s.o.) sowie daraus dass zum 1. November eine Änderung in die Steuerklasse IV vorgenommen worden ist. Die Ehegattin des Klägers konnte hierzu nicht vernommen werden (s.o.). Hiernach findet die vom BSG vorzunehmende Eingruppierung nach steuerrechtlichen Vorschriften Anwendung. Nach § 38b Satz 2 Nr. 5 ist die Steuerklasse V anzunehmen, wenn der Ehegatte die Steuerklasse III innehat. Das BSG, a.a.O., hat auch überzeugend entschieden, dass die Lohnsteuerklasse, die erst eingetragen worden ist, nachdem sich der Arbeitslose eine Lohnsteuerkarte hat ausstellen lassen und nachdem nunmehr die Ehegatten die Steuerklassen gewechselt haben, erst ab Beginn des dem Antrag auf Steuerklassenwechsel folgenden Monats berücksichtigt werden kann, was sich auch aus § 133 Abs. 3 SGB III (a.F.) ergibt, wonach der Wechsel mit dessen Wirksamkeit zu berücksichtigen ist. Der Kläger hat sich -nach seinem Vortrag- erst am 4. Oktober 2006 wieder eine Lohnsteuerkarte ausstellen lassen und zum nächsten Monat die Steuerklasse gewechselt, so dass diese Änderung erst ab November 2006 berücksichtigt werden kann. Nach alledem hat der Kläger keinen Anspruch auf Gewährung von Arbeitslosengeld unter Berücksichtigung der Lohnsteuerklasse III oder IV, sondern nach V.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem sog. sozialrechtlichen Herstellungsanspruch. Der Kläger hat vor dem Steuerklassenwechsel das Merkblatt 1 für Arbeitslose (Stand April 2003) erhalten und unterschriftlich bestätigt, von seinem Inhalt Kenntnis genommen zu haben. Darin wird ausgeführt, dass für die Höhe des Arbeitslosengeldes die zu berücksichtigende Lohnsteuerklasse von Bedeutung ist (S. 36 des Merkblattes) und dass ein Lohnsteuerklassenwechsel zu niedrigeren Leistungen führen kann (S. 40 des Merkblattes, rot unterlegt). Darüber hinaus ist der Kläger als Kaufmann auch im kaufmännischen Bereich an verantwortlicher Stelle tätig gewesen, so dass eine weitergehende Belehrung durch die Beklagte nicht erforderlich war. Der Kläger hat die Beklagte auch nicht um Beratung ersucht, sondern den Steuerklassenwechsel verschwiegen, obwohl er durchgehend Leistungen der Beklagten begehrt und bezogen hat. Der unverzügliche Steuerklassenwechsel zum Zeitpunkt der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit lässt auch erkennen, dass der Kläger das Interesse der Eheleute wahrnehmen konnte.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 192, 193 SGG. Die Erstattung außergerichtlicher Kosten betreffend war für den Senat im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens ausschlaggebend, dass die Rechtsverfolgung insgesamt ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hat darüber hinaus von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, gemäß § 192 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGG Verschuldenskosten aufzuerlegen. Nach dieser Vorschrift kann das Gericht einem Beteiligten ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass er den Rechtsstreit fortführt, obwohl ihm vom Vorsitzenden in einem Termin die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung dargelegt worden und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreites hingewiesen worden ist. Eine entsprechende Belehrung ist zunächst durch den Berichterstatter, auf den die Befugnisse des Vorsitzenden insoweit gemäß § 155 Abs. 4 SGG übertragen worden sind, in der nichtöffentlichen Sitzung am 9. Mai 2012 sowie nochmals durch den Vorsitzenden in der mündlichen Verhandlung erfolgt. Die Rechtsverfolgung ist im vorliegenden Fall auch missbräuchlich. Ein Missbrauch ist unter anderem dann anzunehmen, wenn die Rechtsverfolgung trotz offensichtlicher Aussichtslosigkeit weiter geführt wird (Lüdtke, § 192 SGG Rdnr. 10 m.w.N., Meyer/Ladewig/ Keller/Leitherer, § 192 SGG Rdnr. 9 m.w.N.). Jedem Einsichtigen ist klar, dass das Begehren nicht auf die Lohnsteuerklasse gestützt werden kann, die im Jahr der Anspruchsentstehung eingetragen war, wenn danach ein Steuerklassenwechsel durchgeführt worden ist. Der rechtsanwaltlich vertretene Kläger kann sich daher nicht allein auf § 133 Abs. 2 SGB III (a.F.) stützen, wenn nach Abs. 3 der Vorschrift ein Steuerklassenwechsel zu berücksichtigen ist. Darüber hinaus ist höchstrichterlich geklärt, dass dem Arbeitslosen eine dem Steuerrecht entsprechende Steuerklasse zuzuordnen ist, wenn dessen Ehegatte eine Lohnsteuerkarte hatte. Dem hat sich die Literatur angeschlossen (s.o.). Deshalb hält der Senat im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens die Auferlegung einer Verschuldensgebühr für geboten. Die Höhe der auferlegten Kosten entspricht der gesetzlichen Mindestgebühr (§ 192 Abs. 1 Satz 3 in Verbindung mit § 184 Abs. 2 SGG) sowie der Beklagten durch die Aufrechterhaltung verursachten Kosten hinsichtlich der Pauschgebühr.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Dem Kläger werden Kosten des Gerichts in Höhe von 225,- EUR auferlegt; er hat Kosten der Beklagten in Höhe von 112,50 EUR zu erstatten. Im Übrigen sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt höheres Arbeitslosengeld unter Berücksichtigung der Lohnsteuerklasse III, hilfsweise IV für den Zeitraum vom 20. September bis 31. Oktober 2006 im Wege des Überprüfungsverfahrens gem. § 44 SGB X.
Der 1963 geborene Kläger ist Kaufmann; er hat im Ausland Betriebswirtschaft studiert. Er war als Geschäftsführer einer Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungs- GmbH, als selbständiger Berater im EDV- und kaufmännischen Bereich und ab 1. September 2001 als Verwaltungsleiter in der Ta.-Klinik GmbH, über deren Vermögen im Jahre 2002 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, beschäftigt. Der Insolvenzverwalter verpachtete den Betrieb an einen neuen Betreiber, der dem Kläger am 14. Mai 2003 mit sofortiger Wirkung ein Hausverbot erteilte und am 22. Mai 2003 außerordentlich mit sofortiger Wirkung -sowie am 11. Juni 2003- kündigte. Das Arbeitsgericht Heilbronn hat im Urteil vom 18. September 2003 festgestellt, dass die Kündigungen das Arbeitsverhältnis nicht beendet haben. Nach dem Schreiben des Insolvenzverwalters vom 5. August 2004 sei das Arbeitsverhältnis nach dem ihm vorliegenden Informationen zum 31. Dezember 2003 beendet worden; rein vorsorglich kündigte er gem. § 113 InsO.
Der Kläger meldete sich bei der Beklagten am 16. Juni 2003 arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld. Im Antragsvordruck gab der Kläger an, dass zu Jahresbeginn auf seiner Lohnsteuerkarte die Lohnsteuerklasse III eingetragen sei und dass für sein Kind Se. (geboren 1998) Kindergeld gezahlt würde. Der Kläger hat Verdienstabrechnungen vorgelegt. Mit Verfügung vom 18. Juli 2003 hat die Beklagte dem Kläger Arbeitslosengeld ab 16. Juni 2003 für die Dauer von 300 Tagen bewilligt; das wöchentliche Bemessungsentgelt betrug 1.017,19 EUR, gerundet (s. § 132 Abs. 3 SGB III) 1.015,00 EUR, der wöchentliche Leistungssatz 422,03 EUR; berücksichtigt wurde die Leistungsgruppe C (Lohnsteuerklasse III) sowie der erhöhte Leistungssatz in Höhe von 67% für Arbeitslose mit mindestens einem Kind. Nach Beiziehung zweier Arbeitsbescheinigungen (siehe Bl. 87 und 37 bis 40 sowie 46 bis 46b der Verwaltungsakten der Beklagten) erließ die Beklagte den Änderungsbescheid vom 19. Januar 2004, mit dem sich der wöchentliche Leistungssatz geringfügig erhöhte. Nach den abgerechneten Entgelten (unter Berücksichtigung der Bemessungsentgeltgrenze) ergab sich ein wöchentliches Bemessungsentgelt in Höhe von 1.020,00 EUR, was einen wöchentlichen Zahlbetrag von 423,92 EUR ergab. Nachdem auch bezüglich des neuen Betreibers der Ta.-Klinik das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist (siehe Beschluss des Amtsgerichts Amberg vom 16. Juli 2004), gewährte die Beklagte dem Kläger vom 1. Oktober 2003 bis 31. Dezember 2003 Insolvenzgeld (Bescheid vom 28. Dezember 2004). Anschließend bezog der Kläger weiter Arbeitslosengeld bis 4. April 2004 (siehe Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor dem Sozialgericht Heilbronn [SG] vom 29. November 2005, S 1 AL 1214/04, und Bewilligungsbescheid vom 21. Dezember 2005). Ab 5. April 2004 bewilligte die Beklagte dem Kläger für sechs Monate Überbrückungsgeld zum Zwecke der Übernahme der ehemaligen Ta.-Klinik.
Am 20. September 2006 meldete sich der Kläger erneut arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld. Am 10. Juli 2006 habe er einen Insolvenzantrag stellen müssen (mit Beschluss des Amtsgerichts Wü. vom 29. November 2006 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet). Bis zum 19. September 2006 sei er mit der Abwicklung beschäftigt gewesen. Nun stehe er seit dem 20. September 2006 ohne Tätigkeit da und für den Arbeitsmarkt zur Verfügung. Im Antragsvordruck gab der Kläger an, dass zu Jahresbeginn auf seiner Lohnsteuerkarte die Lohnsteuerklasse V eingetragen gewesen sei und für sein Kind Se. Kindergeld gezahlt werde. Die Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 26. September 2006 Arbeitslosengeld ab 20. September 2006 für 98 Tage; dabei wurde ein tägliches Bemessungsentgelt in Höhe von 145,31 EUR, die Lohnsteuerklasse V und der erhöhte Leistungssatz berücksichtigt, was zu einem täglichen Leistungsbetrag in Höhe von 38,58 EUR führe. Am 4. Oktober 2006 übersandte der Kläger ein -schlecht lesbares- Fax der Lohnsteuerkarte 2006, nach der am 4. Oktober 2006 eine Änderung der Lohnsteuerklasse vorgenommen worden ist; vom 1. November bis 31. Dezember 2006 war die Lohnsteuerklasse IV eingetragen. Der Kläger nahm am 1. November 2006 eine selbstständige Tätigkeit als beratender Betriebswirt auf. Mit Bescheid vom 25. Oktober 2006 hob die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosengeld ab 1. November 2006 auf. Mit Bescheid vom 2. November 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. November 2006 bewilligte die Beklagte dem Kläger erneut Überbrückungsgeld für die Aufnahme der selbständigen Tätigkeit, und zwar vom 1. November 2006 bis 30. April 2007; über dessen Höhe ist ein weiteres -ruhendes- Berufungsverfahren anhängig.
Am 16. Oktober 2007 (Schriftsatz vom 15. Oktober 2007) beantragte der Kläger gemäß § 44 SGB X die Überprüfung des Bewilligungsbescheides vom 26. September 2006. Ihm stehe vom 20. September bis 31. Oktober 2006 Arbeitslosengeld unter Berücksichtigung der Steuerklasse III zu, da bei Entstehung des Stammrechts diese Steuerklasse in der Lohnsteuerkarte eingetragen gewesen sei. Hilfsweise sei das Arbeitslosengeld nach der Lohnsteuerklasse IV zu gewähren. Eine Mitarbeiterin des Finanzamtes M. teilte der Beklagten telefonisch mit, dass bei der Ehefrau des Klägers vom 1. Januar bis 31. März 2004 die Steuerklasse V und danach bis 31. Dezember 2004 sowie für das Jahr 2005 die Steuerklasse III und für den Kläger vom 1. Januar 2004 bis 31. März 2004 die Steuerklasse III und anschließend bis 31. Dezember 2004 die Steuerklasse V eingetragen gewesen sei. Ob für den Kläger im Jahr 2005 eine Steuerkarte ausgestellt worden sei, sei nicht bekannt; ihm sei jedoch steuerlich eindeutig die Steuerklasse V im Jahr 2005 zuzuordnen (siehe Aktenvermerk Bl. 230 der Verwaltungsakten der Beklagten). Nach einer telefonischen Auskunft eines Mitarbeiters der Stadt M. (siehe Aktenvermerk Bl. 231 der Verwaltungsakten der Beklagten) war beim Kläger vom 1. Januar bis 31. März 2004 die Klasse III sowie anschließend bis 31. Dezember 2004 die Klasse V eingetragen gewesen. Die Steuerkarte 2005 sei am 20. September 2004 an die klägerische Adresse gesandt worden. Bis zur Änderung zum 1. November 2006 sei die Klasse V eingetragen gewesen. Mit Bescheid vom 8. November 2007 lehnte die Beklagte die Rücknahme des Bescheides vom 26. September 2006 ab, da er nicht zu beanstanden sei. Der Lohnsteuerklassenwechsel im Jahre 2004 sei zweckmäßig gewesen, da der Kläger eine selbstständige Tätigkeit aufgenommen habe und dadurch der geringste Lohnsteuerabzug erreicht worden sei. Ihm sei die Steuerkarte für das Jahr 2005 zugesandt worden, eine Änderung in die Lohnsteuerklasse IV sei erst zum 1. November 2006 erfolgt. Am 28. November 2007 erhob der Kläger hiergegen Widerspruch, der mit Widerspruchsbescheid vom 14. Dezember 2007 zurückgewiesen wurde.
Am 16. Januar 2008 hat der Kläger zum SG Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen, ihm sei bis zum 5. April 2004 Arbeitslosengeld nach der Lohnsteuerklasse III bewilligt worden. Ihm sei auch für die streitige Zeit Arbeitslosengeld nach der Lohnsteuerklasse III zu bewilligen, da die Lohnsteuerklasse maßgeblich sei, die zu Beginn des Kalenderjahres eingetragen gewesen war, in dem das Stammrecht entstanden ist. Er bestreite, dass er irgendeinen Lohnsteuerklassenwechsel beantragt habe. Ab der Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit am 5. April 2004 gehöre seine Ehegattin gemäß § 38b Satz 2 Nr. 3 aa Einkommenssteuergesetz in die Lohnsteuerklasse III, da er kein Einkommen durch Arbeitsentgelt mehr hatte. Die Beklagte hat vorgetragen, die Lohnsteuerklassen seien ab 1. April 2004 geändert worden, auch wenn der Kläger diese Änderung nicht mitgeteilt habe. Mit Urteil vom 26. August 2011 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Bewilligungsbescheid der Beklagten vom 26. September 2006 sei rechtmäßig. Zwar sei ursprünglich die Lohnsteuerklasse III zu berücksichtigen gewesen; gemäß § 133 Abs. 3 SGBIII sei bei der Neubewilligung des Arbeitslosengeldes ab 20. September 2006 der Steuerklassenwechsel des Klägers zum 1. April 2004 jedoch zu beachten. Der Einwand des Klägers, er wisse nicht, warum der Wechsel der Lohnsteuerklassen zum 1. April 2004 erfolgt sei, dass er dies jedenfalls nicht beantragt habe, greife nicht durch, da der Beklagten keine eigene Prüfungskompetenz zustünde. Dies müsse auch dann gelten, wenn tatsächlich keine Lohnsteuerkarte ausgestellt worden sei, aber die Einreihung in die Lohnsteuerklasse feststehe. In diesem Fall sei diejenige Steuerklasse zugrunde zu legen, die einzutragen gewesen wäre, wenn eine Lohnsteuerkarte ausgestellt worden wäre. Dies sei hier zwingend die Steuerklasse V, da auf der Steuerkarte der Ehefrau des Klägers die Steuerklasse III eingetragen gewesen sei (§ 38b Satz 2 Nr. 5 Einkommenssteuergesetz in der Fassung vom 29. Dezember 2003). Vor dem Hintergrund der Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit sei der Vortrag des Klägers auch nicht schlüssig.
Gegen das dem Kläger am 1. September 2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 4. Oktober 2011 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt er vor, der Sachverhalt sei vom SG absolut zutreffend im Tatbestand dargestellt worden. Entgegen der Auffassung des SG könne aber eine Tatbestandswirkung nur bei seiner Ehegattin vorliegen. Ihm sei aufgrund der Selbstständigkeit keine Lohnsteuerkarte ausgestellt worden. Auch für das Jahr 2005 bis einschließlich Oktober 2006 habe er keine Lohnsteuerkarte gehabt. Es sei davon auszugehen, dass das Finanzamt M. Vermerke habe, nach denen ihm jedenfalls nicht Lohnsteuerklasse III zuerkannt werden könne, ohne dass die der Ehegattin abgeändert werde. Im Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 9. Mai 2012 hat der Kläger angegeben, nicht zu wissen, welche Steuerklasse seine Frau für das Jahr 2006 gehabt habe. Das Gericht hat den Kläger darauf hingewiesen, dass seine Rechtsauffassung, dass ihm unabhängig von der eingetragenen Lohnsteuerklasse bei der Ehefrau die gewünschte Lohnsteuerklasse zugebilligt werden könne, da keine Lohnsteuerkarte ausgestellt worden sei, nirgends bestätigt werde. Im Gegenteil werde in Standardkommentaren unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des BSG vom 22. Februar 1984, 7 Rar 52/82, die Auffassung vertreten, dass dann festzustellen sei, welche Steuerklasse unter Berücksichtigung der Steuerklasse der Ehefrau einzutragen wäre. Dies erscheine so einsichtig und jedermann nachvollziehbar, dass die Rechtsverfolgung missbräuchlich erscheine. Hierauf hat der Kläger schriftsätzlich vorgetragen, er habe die Lohnsteuerkarte seiner Ehegattin nicht gesehen. Einen Nachweis der Lohnsteuerklasse der Ehegattin im Jahr 2006 könne er nicht vorlegen. Er vertrete gar nicht die Rechtsauffassung, die das Gericht dargelegt habe. Die angeführte Entscheidung des BSG, nach der es nicht in der Absicht des Gesetzgebers liegen könne, zuzulassen, dass die Arbeitslosenhilfe eines Arbeitslosen allein deshalb nach der Leistungsgruppe C bemessen werde, weil er zu Beginn des maßgeblichen Jahres keine Lohnsteuerkarte benötigt habe und deshalb nicht gehabt hatte, möge zweifelhaft sein. Das Ergebnis der Auffassung des BSG erscheine allerdings in jenem Fall vertretbar, da der Kläger in dem dortigen Verfahren in der Tat ohne Weiteres eine Lohnsteuerkarte mit der Leistungsgruppe III hätte in Händen halten können, wenn er sich darum bemüht hätte.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 26. August 2011 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 8. November 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Dezember 2007 zu verurteilen, den Bescheid vom 26. September 2006 teilweise zurückzunehmen und höheres Arbeitslosengeld unter Zugrundelegung der Lohnsteuerklasse III, hilfsweise der Lohnsteuerklasse IV vom 20. September 2006 bis 31. Oktober 2006 zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und dem Kläger Verschuldenskosten aufzuerlegen in Höhe von 112,50 EUR.
Wenn die Steuerklasse der Ehegattin des Klägers die III sei, würde sich daraus zwangsläufig ergeben, dass die Steuerklasse beim Kläger mit V anzusetzen sei. Das Finanzamt habe dies auch so bestätigt, sodass sich kein weiterer Ermittlungsbedarf ergäbe. Der Kläger habe auch ein Merkblatt erhalten, aus dem sich die Zuordnung der Steuerklassen ergäben. Die Beklagte könne nicht nachvollziehen, dass der Kläger vortragen lasse, dass er von der Steuerklasse der Ehefrau keine positive Kenntnis gehabt haben wolle. Die Beklagte gehe davon aus, dass jeder Ehegatte wisse, welche Lohnsteuerklasse der andere habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, jedoch unbegründet.
Die Berufung ist statthaft, da der Wert des Beschwerdegegenstands 750,00 EUR übersteigt (vgl. §§143, 144 Abs.1 Nr. 1 SGG in der hier anzuwendenden ab 1. April 2008 geltenden Fassung). Der Kläger begehrt für die Zeit vom 20. September 2006 bis 1. November 2006 Arbeitslosengeld unter Zugrundelegung von Lohnsteuerklasse III, anstatt der Lohnsteuerklasse V, was einen täglichen höheren Anspruch von 22,67 EUR (siehe hierzu die zutreffende Berechnung der Beklagten im Schriftsatz vom 21. Mai 2012) begründen würde, weshalb sich der Wert des Beschwerdegegenstandes auf 929,47 EUR (41 Tage x 22,67 EUR) beläuft. Die Berufung ist auch im Übrigen form- und fristgerecht gemäß § 151 Abs. 1 SGG eingelegt worden, da die Berufungsfrist am 1. und 2. Oktober 2011, einem Wochenende, sowie am 3. Oktober 2011, einem Feiertag, nicht endet (§ 64 Abs. 3 SGG).
Die Berufung ist jedoch unbegründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 8. November 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Dezember 2007 ist rechtmäßig. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, dem Kläger unter teilweiser Rücknahme des Bewilligungsbescheides vom 26. September 2006 höheres Arbeitslosengeld zu bewilligen.
Der geltend gemachte Anspruch richtet sich nach § 44 SGB X. Nach dessen Abs. 1 Satz 1 ist ein bindend gewordener Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Diese Voraussetzungen für die Rücknahme des Bewilligungsbescheids vom 26. September 2006 sind nicht erfüllt. Der Bewilligungsbescheid der Beklagten vom 26. September 2006 verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf Gewährung eines höheren Arbeitslosengeldes für die Zeit vom 20. September 2006 bis 31. Oktober 2006. Nach §§ 117, 118 SGB III in der bei einer Entstehung des Anspruchs am 20. September 2006 (in der Fassung des Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2003, BGBl. I S. 2848; a.F.) geltenden Fassung haben Arbeitnehmer Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit, die arbeitslos (vgl. § 119 SGB III a.F.) sind, sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet (vgl. § 122 SGB III a.F.) und innerhalb der Rahmenfrist (vgl. § 124 SGB III a.F.) die Anwartschaftszeit (vgl. § 123 SGB III a.F.) erfüllt haben. Gemäß § 129 SGB III (a.F.) beträgt das Arbeitslosengeld für Arbeitslose, die mindestens ein Kind im Sinne des § 32 Abs. 1, 3 bis 5 des Einkommenssteuergesetzes haben, sowie für Arbeitslose, deren Ehegatte oder Lebenspartner mindestens ein Kind im Sinne des § 32 Abs. 1, 3 bis 5 des Einkommenssteuergesetzes hat, wenn beide Ehegatten oder Lebenspartner unbeschränkt einkommenssteuerpflichtig sind und nicht dauernd getrennt leben, 67% (erhöhter Leistungssatz) des pauschalierten Nettoentgelts (Leistungsentgelt), das sich aus dem Bruttoentgelt ergibt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat (Bemessungsentgelt). Der Bemessungszeitraum umfasst gemäß § 130 Abs. 1 SGB III (a.F.) die beim Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigungen im Bemessungsrahmen, der ein Jahr umfasst. Gemäß § 131 Abs. 1 Satz 1 SGB III (a.F.) ist Bemessungsentgelt das durchschnittlich auf den Tag entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat. Gemäß § 133 Abs. 1 SGB III (a.F.) ist Leistungsentgelt das um pauschalierte Abzüge verminderte Bemessungsentgelt. Abzüge sind eine Sozialversicherungspauschale in Höhe von 21 % des Bemessungsentgelts, die Lohnsteuer nach der Lohnsteuertabelle, die sich nach dem vom Bundesfinanzministerium bekannt gegebenen Programmablaufplan in dem Jahr, in dem der Anspruch entstanden ist, ergibt und der Solidaritätszuschlag. Die Feststellung der Lohnsteuer richtet sich gem. § 133 Abs. 2 SGB III (a.F.) nach der Lohnsteuerklasse, die zu Beginn des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist, auf der Lohnsteuerkarte des Arbeitslosen eingetragen war. Spätere Änderungen der eingetragenen Lohnsteuerklasse werden mit Wirkung des Tages berücksichtigt, an dem erstmals die Voraussetzungen für die Änderung vorlagen. Das Gleiche gilt, wenn auf der für spätere Kalenderjahre ausgestellten Lohnsteuerkarte eine andere Lohnsteuerklasse eingetragen wird. Haben Ehegatten die Lohnsteuerklassen gewechselt, so werden gem. § 133 Abs. 3 SGB III (a.F.) die neu eingetragenen Lohnsteuerklassen von dem Tag an berücksichtigt, an dem sie wirksam werden, wenn 1. die neu eingetragenen Lohnsteuerklassen dem Verhältnis der monatlichen Arbeitsentgelte beider Ehegatten entsprechen oder 2. sich auf Grund der neu eingetragenen Lohnsteuerklassen ein Arbeitslosengeld ergibt, das geringer ist als das Arbeitslosengeld, das sich ohne den Wechsel der Lohnsteuerklassen ergäbe. Ein Ausfall des Arbeitsentgelts, der den Anspruch auf eine lohnsteuerfreie Entgeltersatzleistung begründet, bleibt bei der Beurteilung des Verhältnisses der monatlichen Arbeitsentgelte außer Betracht. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung höheren Arbeitslosengeldes. Ob die Beklagte zutreffend entschieden hat, dass dem Kläger -nach dem am 16. Juni 2003 entstandenen und nicht erloschenen (§ 147 Abs. 1 Nr. 1 a.F.) Stammrecht- vom 20. September 2006 bis 31. Oktober Arbeitslosengeld zusteht, kann daher dahin gestellt bleiben. Die Beklagte hat ausgehend von einer Entstehung des Anspruchs am 20. September 2006 das Arbeitslosengeld in zutreffender Höhe bewilligt. Die Beklagte hat die beim Ausscheiden des Klägers aus dem letzten Versicherungspflichtverhältnis (§ 130 Abs. 1 SGB III a.F.) abgerechneten Entgelte unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze (§ 341 SGB III a.F.) zutreffend berechnet -was vom Kläger insoweit nicht in Abrede gestellt wird- und anstatt der früher zugrundegelegten Lohnsteuerklasse III die Lohnsteuerklasse V berücksichtigt. Dies ergibt einen Anspruch auf Arbeitslosengeld in Höhe von täglich 38,58 EUR.
Zwar richtet sich die Zuordnung gemäß § 133 Abs. 2 SGB III (a.F.) nach der Lohnsteuerklasse, die zu Beginn des Kalenderjahres, in dem der Anspruch (das Stammrecht, s. BSG, Urteil vom 8. Februar 2007, B 7 AL 38/06 R, veröffentlicht in Juris) entstanden ist, auf der Lohnsteuerkarte des Arbeitslosen eingetragen war. Gemäß § 133 Abs. 3 SGB III (a.F.), der eine Sonderregelung für den Steuerklassenwechsel zwischen Ehegatten darstellt (vgl. bereits Urteil des BSG vom 22. Februar 1984, 7 Rar 52/82, veröffentlicht in Juris), werden aber neu eingetragene Lohnsteuerklassen von Ehegatten von dem Tage an berücksichtigt, an dem sie wirksam werden, wenn sich aufgrund der neu eingetragenen Lohnsteuerklassen ein Arbeitslosengeld ergibt, das geringer ist als das Arbeitslosengeld, das sich ohne den Wechsel der Lohnsteuerklassen ergäbe oder wenn die neu eingetragenen Lohnsteuerklassen dem Verhältnis der monatlichen Arbeitsentgelte beider Ehegatten entsprechen.
Der Senat ist der Überzeugung, dass zu Beginn des Kalenderjahres, in dem das Stammrecht entstanden ist (16. Juni 2003), also am 1. Januar 2003, auf der Lohnsteuerkarte des Klägers die Lohnsteuerklasse III eingetragen war und dass er zusammen mit seiner Ehegattin am 1. April 2004 einen Lohnsteuerklassenwechsel durchgeführt hat, wodurch er von der Lohnsteuerklasse III auf die Lohnsteuerklasse V und seine Ehefrau von der Lohnsteuerklasse V auf die Lohnsteuerklasse III gewechselt hat. Ersteres ergibt sich daraus, dass der Kläger selbst in seinem Antrag auf Arbeitslosengeld vom 16. Juni 2003 die Lohnsteuerklasse III angegeben hat, aber auch aus den -mündlichen- Auskünften der Mitarbeiter der Stadt M. und des Finanzamtes M. (Bl. 230, 231 der Verwaltungsakten der Beklagten). Der durchgeführte Lohnsteuerklassenwechsel zum 1. April 2004 ergibt sich aus den genannten Auskünften, aber auch daraus, dass der Kläger im Antragsvordruck vom 21. September 2006 nunmehr die -geänderte- Steuerklasse V angegeben hat sowie daraus dass zum 1. November 2006 eine Änderung zur Steuerklasse IV vorgenommen worden ist. Das Bestreiten des Klägers, einen solchen Steuerklassenwechsel beantragt zu haben, ist irrelevant und unglaubwürdig, worauf bereits das SG hingewiesen hat. Der Senat konnte die Ehegattin des Klägers wegen der verweigerten Zeugenaussage nicht zur Sache vernehmen. Da sich aufgrund der neu eingetragenen Lohnsteuerklasse ein geringeres Arbeitslosengeld ergibt, aber auch der Wechsel angesichts der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit des Klägers zweckmäßig war, da die beschäftigte Ehefrau weniger Lohnsteuerabzug erhielt, war die neu eingetragene Lohnsteuerklasse von dem Tag an zu berücksichtigen, an dem sie wirksam geworden ist, also ab 1. April 2004 und somit auch für die Zeit vom 20. September 2006 bis 31. Oktober 2006, nachdem bis zum Ende des streitigen Zeitraumes ein weiterer Lohnsteuerklassenwechsel weder vorgetragen noch sonst ersichtlich ist.
Auch wenn dem Kläger bis zum 1. November 2006 keine Lohnsteuerkarten für die Jahre 2004, 2005 und 2006 ausgestellt worden wären, wäre der Bescheid vom 26. September 2006 rechtmäßig. Denn nach der überzeugenden Auffassung des BSG, a.a.O., ist die Lohnsteuerklasse maßgebend, die einzutragen gewesen wäre, wenn eine Lohnsteuerkarte ausgestellt worden wäre. Denn wenn der Gesetzgeber die Gewährleistung eines für alle Leistungsbezieher gleich hohen prozentualen Leistungssatzes des letzten Nettoarbeitsverdienstes durch die Maßgeblichkeit der in der Lohnsteuerkarte eingetretenen Lohnsteuerklasse verwirklichen wollte, kann diesem Ziel in Fällen, in denen es an einem solchen Eintrag mangels notwendigen Vorhandenseins der Lohnsteuerkarte fehlt, nur dadurch Rechnung getragen werden, dass von der Steuerklasse ausgegangen wird, die bei Ausstellung einer Lohnsteuerkarte eingetragen worden wäre (BSG a.a.O. m.w.N.; so auch Niesel, Kommentar zum SGB III, 3., 4. und 5. Auflage, jeweils § 133 SGB III Rdnr. 7 f; 6. Auflage, § 153 SGB III Rdnr. 7 f; Hauck/Noftz, § 133 SGB III Rdnr.32; Eicher/Schlegel, § 133 SGB III Rdnr. 50; Gagel § 153 SGB III Rdnr. 35). Ansonsten würde der Anbindung an das Steuerrecht widersprochen und könnte die vom Gesetz eindeutig nicht gewollte Folge eintreten, dass bei beiden Ehegatten im Falle gleichzeitiger Leistungsansprüche wegen Arbeitslosigkeit Ansprüche nach derselben und günstigsten Leistungsgruppe zustehen könnten (BSG a.a.O.). Auf die Gründe, die einen Arbeitslosen oder seinen Ehegatten veranlassen, sich eine Lohnsteuerkarte ausstellen zu lassen oder nicht oder eine ausgestellte zurückzugeben oder nicht, kommt es nicht an (BSG, a.a.O.). Die Eingruppierung nach steuerrechtlichen Vorschriften gilt jedenfalls in den Fällen, in denen für den Ehegatten des Arbeitslosen eine Lohnsteuerkarte ausgestellt worden ist (BSG, a.a.O.). Die Ehegattin des Klägers hatte für das Jahr 2006 eine Lohnsteuerkarte, auf der -bis Ende Oktober 2006- die Steuerklasse III eingetragen war. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus der Auskunft der Stadt M., da für den Kläger die korrelierende Steuerklasse V ausgewiesen worden ist, daraus dass der Kläger für sich die Steuerklasse V angegeben hat (s.o.) sowie daraus dass zum 1. November eine Änderung in die Steuerklasse IV vorgenommen worden ist. Die Ehegattin des Klägers konnte hierzu nicht vernommen werden (s.o.). Hiernach findet die vom BSG vorzunehmende Eingruppierung nach steuerrechtlichen Vorschriften Anwendung. Nach § 38b Satz 2 Nr. 5 ist die Steuerklasse V anzunehmen, wenn der Ehegatte die Steuerklasse III innehat. Das BSG, a.a.O., hat auch überzeugend entschieden, dass die Lohnsteuerklasse, die erst eingetragen worden ist, nachdem sich der Arbeitslose eine Lohnsteuerkarte hat ausstellen lassen und nachdem nunmehr die Ehegatten die Steuerklassen gewechselt haben, erst ab Beginn des dem Antrag auf Steuerklassenwechsel folgenden Monats berücksichtigt werden kann, was sich auch aus § 133 Abs. 3 SGB III (a.F.) ergibt, wonach der Wechsel mit dessen Wirksamkeit zu berücksichtigen ist. Der Kläger hat sich -nach seinem Vortrag- erst am 4. Oktober 2006 wieder eine Lohnsteuerkarte ausstellen lassen und zum nächsten Monat die Steuerklasse gewechselt, so dass diese Änderung erst ab November 2006 berücksichtigt werden kann. Nach alledem hat der Kläger keinen Anspruch auf Gewährung von Arbeitslosengeld unter Berücksichtigung der Lohnsteuerklasse III oder IV, sondern nach V.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem sog. sozialrechtlichen Herstellungsanspruch. Der Kläger hat vor dem Steuerklassenwechsel das Merkblatt 1 für Arbeitslose (Stand April 2003) erhalten und unterschriftlich bestätigt, von seinem Inhalt Kenntnis genommen zu haben. Darin wird ausgeführt, dass für die Höhe des Arbeitslosengeldes die zu berücksichtigende Lohnsteuerklasse von Bedeutung ist (S. 36 des Merkblattes) und dass ein Lohnsteuerklassenwechsel zu niedrigeren Leistungen führen kann (S. 40 des Merkblattes, rot unterlegt). Darüber hinaus ist der Kläger als Kaufmann auch im kaufmännischen Bereich an verantwortlicher Stelle tätig gewesen, so dass eine weitergehende Belehrung durch die Beklagte nicht erforderlich war. Der Kläger hat die Beklagte auch nicht um Beratung ersucht, sondern den Steuerklassenwechsel verschwiegen, obwohl er durchgehend Leistungen der Beklagten begehrt und bezogen hat. Der unverzügliche Steuerklassenwechsel zum Zeitpunkt der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit lässt auch erkennen, dass der Kläger das Interesse der Eheleute wahrnehmen konnte.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 192, 193 SGG. Die Erstattung außergerichtlicher Kosten betreffend war für den Senat im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens ausschlaggebend, dass die Rechtsverfolgung insgesamt ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hat darüber hinaus von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, gemäß § 192 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGG Verschuldenskosten aufzuerlegen. Nach dieser Vorschrift kann das Gericht einem Beteiligten ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass er den Rechtsstreit fortführt, obwohl ihm vom Vorsitzenden in einem Termin die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung dargelegt worden und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreites hingewiesen worden ist. Eine entsprechende Belehrung ist zunächst durch den Berichterstatter, auf den die Befugnisse des Vorsitzenden insoweit gemäß § 155 Abs. 4 SGG übertragen worden sind, in der nichtöffentlichen Sitzung am 9. Mai 2012 sowie nochmals durch den Vorsitzenden in der mündlichen Verhandlung erfolgt. Die Rechtsverfolgung ist im vorliegenden Fall auch missbräuchlich. Ein Missbrauch ist unter anderem dann anzunehmen, wenn die Rechtsverfolgung trotz offensichtlicher Aussichtslosigkeit weiter geführt wird (Lüdtke, § 192 SGG Rdnr. 10 m.w.N., Meyer/Ladewig/ Keller/Leitherer, § 192 SGG Rdnr. 9 m.w.N.). Jedem Einsichtigen ist klar, dass das Begehren nicht auf die Lohnsteuerklasse gestützt werden kann, die im Jahr der Anspruchsentstehung eingetragen war, wenn danach ein Steuerklassenwechsel durchgeführt worden ist. Der rechtsanwaltlich vertretene Kläger kann sich daher nicht allein auf § 133 Abs. 2 SGB III (a.F.) stützen, wenn nach Abs. 3 der Vorschrift ein Steuerklassenwechsel zu berücksichtigen ist. Darüber hinaus ist höchstrichterlich geklärt, dass dem Arbeitslosen eine dem Steuerrecht entsprechende Steuerklasse zuzuordnen ist, wenn dessen Ehegatte eine Lohnsteuerkarte hatte. Dem hat sich die Literatur angeschlossen (s.o.). Deshalb hält der Senat im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens die Auferlegung einer Verschuldensgebühr für geboten. Die Höhe der auferlegten Kosten entspricht der gesetzlichen Mindestgebühr (§ 192 Abs. 1 Satz 3 in Verbindung mit § 184 Abs. 2 SGG) sowie der Beklagten durch die Aufrechterhaltung verursachten Kosten hinsichtlich der Pauschgebühr.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
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