L 2 EG 2/10

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
2
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 31 EG 28/08
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 2 EG 2/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 16. Februar 2010 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.&8195;

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Elterngeld.

Die 1970 geborene Klägerin besitzt die t. Staatsangehörigkeit und lebt seit längerer Zeit in D ... Seit dem 3. Dezember 2001 war sie - mit einer möglichen, bisher nicht geklärten Unterbrechung vom 2. Dezember 2003 bis 22. August 2006 - im Besitz einer fortlaufend verlängerten Aufenthaltserlaubnis, mit der ihr eine Erwerbstätigkeit ausschließlich als Spezialitätenköchin in dem von ihrer Mutter betriebenen Lokal M. zunächst in N., später in H., gestattet war. Diese Aufenthaltserlaubnis war ihr seit dem Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) am 1. Januar 2005 gemäß dessen § 18 Abs. 2 und Abs. 4 Satz 1 in Verbindung mit § 26 Abs. 2 der auf Grundlage des § 42 AufenthG erlassenen Beschäftigungsverordnung (BeschV), zuletzt gültig bis zum 23. August 2007, mit Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit zur Ausübung der Beschäftigung als Spezialitätenköchin erteilt worden und erlosch nach einer ihr beigefügten Nebenbestimmung mit Beendigung der Beschäftigung. Nachdem die Klägerin die Verlängerung ihrer Aufenthaltserlaubnis beantragt hatte, erhielt sie eine Fiktionsbescheinigung vom 5. Oktober 2007, aufgrund derer ihr bisheriger Aufenthaltstitel gemäß § 81 Abs. 4 AufenthG bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als fortbestehend galt. Diese Fiktionsbescheinigung war zunächst bis zum 4. April 2008 gültig und wurde später verlängert.

Am XXXXX 2007 gebar die Klägerin ihr zweites Kind A., dessen biologischer Vater der 1972 geborene deutsche Staatsangehörige Sascha M1 war. Obwohl dieser seine Vaterschaft bereits am 3. Januar 2008 vor dem Standesamt des Bezirksamts H. anerkannt hatte und diese durch ein Abstammungsgutachten des Instituts für Rechtsmedizin der Universitätsklinik H.- E. vom 18. Februar 2008 bestätigt worden war, gelang es der Klägerin und dem Kindesvater zunächst nicht, die Geburtsurkunde des Kindes ändern zu lassen, in der als Vater des Kindes, nach Entscheidungen des Standesamts und der daraufhin eingeschalteten Gerichte zu Recht, noch der frühere Ehemann der Klägerin, der t. Staatsangehörige S., eingetragen war. Erst ein Verfahren auf Anfechtung seiner Vaterschaft führte dazu, dass das Amtsgericht C. mit rechtskräftig gewordenem Beschluss vom 24. März 2010 (Aktenzeichen 1 F 11/10 AB) feststellte, dass nicht Herr S., sondern Herr M1 der Vater des Kindes sei.

In der Zeit vom 13. November 2007 bis 19. Februar 2008 bezog die Klägerin von der DAK H. Mutterschaftsgeld und von ihrer Arbeitgeberin einen Zuschuss zum Mutterschaftsgeld. Elternzeit nahm sie bis 9. Dezember 2008 in Anspruch. Anschließend nahm sie ihre Beschäftigung im Restaurant M. wieder auf. Der Aufenthalt in D. wurde der Klägerin zunächst weiter aufgrund von Fiktionsbescheinigungen erlaubt. Ihr Antrag vom 21. Februar 2008 auf Gewährung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG, den sie auf die Abstammung des Kindes von Herrn M1 und ihre Personensorge für dieses stützte, blieb wegen der rechtlich noch ungeklärten Abstammungsfrage zunächst ohne Erfolg. Ab dem 24. November 2009 erhielt sie vom Landkreis G., in dessen Zuständigkeitsbereich sie inzwischen umgezogen war, eine bis 23. Mai 2010 gültige Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 4 AufenthG, mit der ihr die Beschäftigung nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 4 der Beschäftigungsverfahrensverordnung (BeschVerfV) uneingeschränkt erlaubt wurde. Die begehrte Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG wurde ihr mit Schreiben des Landkreises G. vom 28. April 2010 in Aussicht gestellt, wenn sie für den genannten Beschluss des Amtsgerichts C. vom 24. März 2010 einen Rechtskraftvermerk einreiche. Dieser wurde unter dem 1. Juni 2010 erteilt.

Am 26. Februar 2008 beantragte die Klägerin, ihr für das erste Lebensjahr des Kindes vom XXXXX 2007 bis 9. Dezember 2008 Elterngeld zu gewähren. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit der Begründung ab, dass die Klägerin nicht anspruchsberechtigt sei, weil sie eine Aufenthaltserlaubnis nach § 18 Abs. 4 AufenthG besitze und deshalb nicht die aufenthaltsrechtlichen Voraussetzungen für den Bezug von Elterngeld gemäß § 1 Abs. 7 Nr. 2 Buchstabe b Bundeselterngeldgesetz (BEEG) erfülle. Zwar berechtige die abgelaufene Aufenthaltserlaubnis die Klägerin zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit, doch sei sie nach § 18 Abs.2 und 4 AufenthG erteilt worden und damit an ein bestimmtes Arbeitsverhältnis gebunden und zeitlich befristet. Ob die Klägerin zukünftig eine uneingeschränkte Aufenthaltserlaubnis erhalten könne, sei unerheblich, weil das diesbezügliche Verfahren noch nicht abgeschlossen und für den Bezug von Elterngeld nicht der zukünftig mögliche, sondern der aktuelle ausländerrechtliche Status maßgeblich sei (Bescheid der Beklagten vom 4. April 2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28. November 2008).

Die Klägerin hat hiergegen am 29. Dezember 2008 Klage vor dem Sozialgericht Hamburg erhoben und ihr Begehren weiter verfolgt. Zur Begründung hat sie vorgetragen, dass ihr eine Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG zustehe, denn ihr Kind, für das sie die Personensorge ausübe, besitze die deutsche Staatsangehörigkeit. Mit einer Änderung seiner Geburtsurkunde sei zu rechnen. Die zuständige Ausländerbehörde müsse der Klägerin dann die Aufenthaltserlaubnis erteilen, nach der sie, wie bereits jetzt schon aufgrund der ihr erteilten Fiktionsbescheinigung, keiner Erlaubnis oder Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit bedürfe. Ihre Elternzeit habe vom 20. Februar bis 9. Dezember 2008 gedauert. Anschließend habe sie ihre Beschäftigung wieder aufgenommen. Sie wohne mietfrei im Haus ihrer Mutter und werde wie die anderen Mitarbeiter des dort befindlichen Restaurants in der Restaurantküche mitverpflegt. Mit ihrem Arbeitslohn und dem Kindergeld könne nur der tägliche Bedarf für 4 Personen gedeckt werden.

Die Beklagte ist der Klage entgegen getreten. Sie hat die Auffassung vertreten, dass sich die Fiktionsbescheinigung der Klägerin auch bei Beantragung eines anderen Aufenthaltstitels unverändert auf die zuvor erteilte Aufenthaltserlaubnis nach § 18 Abs. 2 und 4 AufenthG beziehe. Das ergebe sich aus § 81 Abs. 4 AufenthG.

Das Sozialgericht hat den Verwaltungsvorgang der Beklagten beigezogen und die Klage mit seinem Urteil vom 16. Februar 2010 abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, die Klägerin erfülle nicht die für sie als nicht freizügigkeitsberechtigte Ausländerin maßgeblichen Anspruchsvoraussetzungen des § 1 Abs. 7 BEEG, weil sie nur im Besitz einer nach § 18 Abs. 2 AufenthG für einen bestimmten Höchstzeitraum erteilten Aufenthaltserlaubnis gewesen und deshalb gemäß § 1 Abs. 7 Nr. 2 Buchstabe b BEEG vom Bezug von Elterngeld ausgeschlossen sei. Auch die Sonderregelung des § 1 Abs. 7 Nr. 3 BEEG greife in ihrem Falle nicht ein, weil sie keinen der dort genannten Aufenthaltstitel besessen habe. Die Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug von Elterngeld erfülle die Klägerin auch nicht dadurch, dass sie im November 2009 eine Aufenthaltserlaubnis zur Familienzusammenführung mit ihrem Sohn erhalten habe und ihr im Hinblick auf die Beantragung dieser Aufenthaltserlaubnis zwischenzeitlich Fiktionsbescheinigungen ausgestellt worden seien. Nach der auch für das Elterngeld maßgeblichen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zum Bundeserziehungsgeldgesetz müsse einem Berechtigten der für den Leistungsbezug erforderliche Aufenthaltstitel bereits bei Beginn des Leistungszeitraums tatsächlich erteilt sein. Es genüge nicht, dass ein Sachverhalt verwirklicht worden sei, nach dem materiell ein Anspruch auf Erteilung eines geeigneten Aufenthaltstitels bestanden habe oder eine Fiktionsbescheinigung vorliege (Hinweis auf Urteil des BSG vom 2. Oktober 1997 – Aktenzeichen 14 REg 1/97).

Gegen das ihrem Prozessbevollmächtigten am 19. Februar 2010 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 19. März 2010 Berufung eingelegt. Zur Begründung ihres Rechtsmittels bezieht sich die Klägerin auf ihren bisherigen Sachvortrag und bekräftigt ihren Standpunkt, dass es für den Bezug von Elterngeld genügen müsse, dass die Klägerin seit der Geburt ihres Kindes Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG gehabt habe. Es könne nicht zu ihren Lasten gehen, dass die Klärung der Abstammung des Kindes und seiner deutschen Staatsangehörigkeit so lange gedauert habe.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 16. Februar 2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 4. April 2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28. November 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin für das Kind A. Elterngeld für die Zeit vom 10. Dezember 2007 bis 9. Dezember 2008 dem Grunde nach zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie tritt der Berufung unter Hinweis auf ihren bisherigen Sachvortrag, die Ausführungen des Sozialgerichts in dem angefochtenen Urteil und die Rechtsprechung des BSG zum Erfordernis des tatsächlichen Innehabens eines Aufenthaltstitels entgegen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne weitere mündliche Verhandlung allein durch den Berichterstatter als Einzelrichter einverstanden erklärt.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze, den weiteren Inhalt der Prozessakte L 2 EG 2/10 sowie des Verwaltungsvorgangs der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen haben dem Gericht bei seiner Entscheidung vorgelegen.

Entscheidungsgründe:

Das Gericht entscheidet über die Berufung mit Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch den Berichterstatter als Einzelrichter (§§ 155 Abs. 3 und 4 sowie §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).

Die Berufung ist statthaft (§§ 143, 144 SGG) und auch sonst zulässig, insbesondere form– und fristgerecht eingelegt worden (§ 151 Abs.1 SGG).

Sie ist jedoch unbegründet. Das Sozialgericht hat die hier zulässige kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4 SGG) zu Recht abgewiesen, denn die angefochtenen Bescheide der Beklagten halten rechtlicher Prüfung auch im Berufungsverfahren stand. Dem von der Klägerin geltend gemachten Anspruch steht bereits entgegen, dass sie in der hier streitigen Zeit nicht im Besitz eines zum Bezug von Elterngeld berechtigenden Aufenthaltstitels war.

Als nicht freizügigkeitsberechtigte Ausländerin war die Klägerin nach § 1 Abs. 7 des Gesetzes zum Elterngeld und zur Elternzeit (Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz, BEEG) in seiner hier anzuwendenden Fassung des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19. August 2007 (BGBl. I S. 1970) nur anspruchsberechtigt, wenn sie die dort genannten Anspruchsvoraussetzungen erfüllt hätte. Hieran fehlt es.

§ 1 Abs. 7 BEEG lautet wie folgt:

Ein nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer oder eine nicht freizügigkeitsberechtigte Ausländerin ist nur anspruchsberechtigt, wenn diese Person

1. eine Niederlassungserlaubnis besitzt,

2. eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, die zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt oder berechtigt hat, es sei denn, die Aufenthaltserlaubnis wurde

a) nach § 16 oder § 17 des Aufenthaltsgesetzes erteilt,

b) nach § 18 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes erteilt und die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit darf nach der Beschäftigungsverordnung nur für einen bestimmten Höchstzeitraum erteilt werden.

c) nach § 23 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes wegen eines Krieges in ihrem Heimatland oder nach den §§ 23a, 24, 25 Abs. 3 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes erteilt,

d) nach § 104a des Aufenthaltsgesetzes erteilt oder

3. eine in Nummer 2 Buchstabe c genannte Aufenthaltserlaubnis besitzt und

a) sich seit mindestens drei Jahren rechtmäßig, gestattet oder geduldet im Bundesgebiet aufhält und

b) im Bundesgebiet berechtigt erwerbstätig ist, laufende Geldleistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch bezieht oder Elternzeit in Anspruch nimmt.

Es kann offen bleiben, ob die Klägerin, die unstreitig keine Niederlassungserlaubnis besessen hat, während des hier streitigen Zeitraums im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis war, die sie zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit als Spezialitätenköchin im Lokal M. berechtigte. Letzteres könnte sich zwar aus § 81 Abs. 4 AufenthG in der hier anzuwendenden, seit dem 1. Januar 2005 bis 31. Juli 2012 unverändert geltenden Fassung ergeben. Danach gilt für den Fall, dass ein Ausländer die Verlängerung seines Aufenthaltstitels oder die Erteilung eines anderen Aufenthaltstitels beantragt, der bisherige Aufenthaltstitel vom Zeitpunkt seines Ablaufs bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als fortbestehend. Die Wirkung dieser Fiktion dürfte sich auf den bisherigen Aufenthaltstitel mit allen seinen sich daran anschließenden Wirkungen beziehen und deshalb auch, sofern keine abweichenden Nebenbestimmungen erteilt werden, die bisherige Berechtigung erfassen, weiterhin erwerbstätig zu sein (vgl. Bayerisches LSG, Beschluss vom 28. Mai 2010 – L 12 EG 9/10 B ER, juris; anders zu § 69 Abs. 3 Ausländergesetz noch BSG, Urteil vom 2. Oktober 1997 – 14 REg 1/97, SozR 3-1200 § 14 Nr. 24). Hieraus folgt zunächst, dass die Fiktionswirkung sich entgegen der Auffassung der Klägerin nicht auf ihren Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG beziehen konnte, sondern allein auf den am 23. August 2007 abgelaufenen Aufenthaltstitel. Ob dieser tatsächlich fortbestanden hat, erscheint im Übrigen auch fraglich, hat doch die Klägerin während des Klageverfahrens selbst vorgetragen, dass die Zustimmung der Bundesagentur zur Ausübung der bisherigen Erwerbstätigkeit wegen geänderter Arbeitsbedingungen nicht vorgelegen habe. Es kann deshalb sein, dass die der Klägerin erteilten Fiktionsbescheinigungen mit anderen, eine Erwerbstätigkeit ausschließenden Nebenbestimmungen versehen waren als die bisherige Aufenthaltserlaubnis. Letztlich kommt es aber auf Art und Umfang einer wie immer gearteten Fiktionswirkung nicht entscheidend an. Denn auch eine kraft der Fiktionsbescheinigungen fortbestehende Aufenthaltserlaubnis mit der Berechtigung, weiter als Spezialitätenköchin erwerbstätig zu sein, wäre nach § 18 Abs. 2, 4 und 5 AufenthG in Verbindung mit § 26 Abs. 2 und 3 der Beschäftigungsverordnung vom 22. November 2004 (BeschV, BGBl. I S. 1224) nur mit einer maximal zulässigen Geltungsdauer von bis zu vier Jahren, einer nur nach Ablauf von drei Jahren nach Ablauf des Titels und der Ausreise möglichen erneuten Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit und mit der Bindung an die Beschäftigung im Lokal M. erteilt gewesen. Ohne die nach § 39 AufenthG erforderliche Zustimmung der Bundes-agentur für Arbeit hätte die Aufenthaltserlaubnis zur Beschäftigung als Spezialitätenköchin im Lokal M. auch nicht verlängert werden können, weil sich die Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis nach den für ihre Erteilung geltenden Vorschriften bestimmt (§ 8 Abs. 1 AufenthG). Hieraus folgt, dass die Klägerin in der hier streitigen Zeit gemäß § 1 Abs. 7 Nr. 2 Buchstabe b BEEG vom Bezug von Elterngeld ausgeschlossen war.

Hiergegen bestehen nach Auffassung des Gerichts keine verfassungsrechtlichen Bedenken, die Anlass geben müssten, das Verfahren gemäß Art. 100 Grundgesetz (GG) auszusetzen und es dem Bundesverfassungsgericht zur Klärung der Frage vorzulegen, ob die Norm mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Anders als die im jüngst ergangenen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 10. Juli 2012 (Aktenzeichen 1 BvR 2/10, 3/10, 4/10 und 3/11, NVwZ-RR 2012, S. 825) wegen ihrer Unvereinbarkeit mit dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1) und wegen Verstoßes gegen das Verbot der Benachteiligung wegen des Geschlechts (Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG) für verfassungswidrig und nichtig erklärten Vorschriften der §§ 1 Abs. 6 Nr. 3 Buchstabe b des Bundeserziehungsgeldgesetzes in der Fassung vom 13. Dezember 2006 (BErzGG 2006) und § 1 Abs. 7 Nr. 3 Buchst b BEEG in der Fassung vom 05. Dezember 2006 knüpft nämlich der Ausschluss von Inhabern der in § 1 Abs. 7 Nr. 2 Buchstabe b BEEG genannten Aufenthaltserlaubnisse vom Elterngeldbezug in zulässiger Weise an das vom Bundesverfassungsgericht (a.a.O. mit weiteren Nachweisen) ausdrücklich gebilligte gesetzgeberische Ziel an, dass nur diejenigen, zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigten Ausländer Elterngeld erhalten sollten, die bei der Geburt ihrer Kinder kraft des ihnen erteilten Aufenthaltstitels auch eine dauerhafte Bleibeperspektive in D. hatten. Zu diesem Personenkreis gehörte die Klägerin während des hier streitigen Zeitraums noch nicht, denn sie war, wie oben ausgeführt, nur im Besitz eines zeitlich befristeten, wegen der nicht möglichen Zustimmung zur weiteren Beschäftigung nicht verlängerbaren und ausschließlich an ein bestimmtes Beschäftigungsverhältnis gebundenen Aufenthaltstitels, der ihr noch keine dauerhafte Bleibeperspektive bieten konnte. Bei den Inhabern der in § 1 Abs. 7 Nr. 2 Buchstabe c BEEG genannten Aufenthaltstitel verhält es sich anders. Diese werden ihren Inhabern nach dem 5. Abschnitt des AufenthG aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen erteilt und schließen die Aussicht auf einen dauerhaften Aufenthalt nicht aus, weil ihr Fortbestand vom Wegfall der einer Rückkehr in den Heimatstaat entgegenstehenden Hindernisse abhängt und § 26 Abs. 1 und 4 AufenthG eine Verfestigung des so begründeten Aufenthaltsrechts bis hin zur Erteilung einer Niederlassungserlaubnis vorsehen. Ausgehend hiervon hat das Bundesverfassungsgericht in der zitierten Entscheidung beanstandet, dass die auf den Bezug zum Arbeitsmarkt zielenden, beschäftigungsbezogenen Voraussetzungen der § 1 Abs. 6 Nr. 3 Buchstabe b BErzGG 2006 und § 1 Abs. 7 Nr. 3 Buchstabe b BEEG den Kreis der Leistungsberechtigten nicht in geeigneter Weise bestimmten, weil sich die Aufenthaltsdauer der Betroffenen nicht mittels der dort verwendeten Kriterien vorhersagen lasse. Diese ließen weder für sich genommen noch zusammen mit dem Umstand, dass alle Betroffenen ihr Aufenthaltsrecht aus einer humanitären Aufenthaltserlaubnis ableiteten, eine hinreichende Grundlage für eine Prognose über die Dauer des Aufenthalts in D. zu und eigneten sich damit nicht als Abgrenzungskriterien für den Bezug von Erziehungs- oder Elterngeld. Diese Erwägungen lassen sich indessen auf die von vornherein unzureichende Bleibeperspektive der Inhaber von Aufenthaltstiteln nach § 18 Abs. 2 AufenthG nicht übertragen; ihr Ausschluss vom Bezug von Elterngeld verstößt deshalb nicht gegen Art. 3 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 GG. Auch Art. 6 GG verpflichtet den Gesetzgeber nicht, familienpolitisch motivierte Leistungen allen ausländischen Staatsangehörigen unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus und ihrer Perspektive auf einen dauerhaften Aufenthalt in D. zukommen zu lassen.

Unerheblich ist, ob die Klägerin in der hier streitigen Zeit einen Anspruch darauf hatte, dass ihr ein Aufenthaltstitel nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG zur Ausübung der Personensorge für ihr Kind erteilt werde. Der Anspruch auf Elterngeld knüpft, wie bereits derjenige auf Erziehungsgeld nach dem BErzGG, an den Besitz eines zum dauerhaften Aufenthalt berechtigenden Aufenthaltstitels an und nicht an den Anspruch auf dessen Erteilung. Entscheidend ist allein, ab wann der Berechtigte kraft eines formal erlassenen Verwaltungsakts tatsächlich im Besitz eines solchen Titels ist (vgl. BSG, Urteile vom 20. De¬zember 1990 – 4 REg 10/90, SozR 3-7833 § 1 Nr. 3 und vom 2. Oktober 1997, a.a.O. sowie Beschluss vom 3. Dezember 2009 – B 10 EG 6/08 R, juris; LSG Hamburg, Senatsurteil vom 14. Dezember 2011 – L 2 EG 9/08, juris). Durch die Formulierung, dass der Ausländer im Besitz des maßgeblichen Aufenthaltstitels sein muss, ist klargestellt, dass das Erziehungsgeld frühes¬tens von diesem Zeitpunkt an bezogen werden kann. Selbst wenn im Aufenthaltstitel eine Rückwirkung angeordnet wird, lässt die Erteilung des Titels den Anspruch auf Erzie¬hungsgeld erst für die Zukunft entstehen (vgl. BSG, Urteile vom 9. Feb¬ruar 1994 - Az. 14/14b REg 9/93, SozR 3-7833 § 1 Nr. 12 und vom 2. Oktober 1997, a.a.O.).

Auf die ab 24. November 2009 bis 23. Mai 2010 gültige, gemäß § 25 Abs. 4 AufenthG aus humanitären Gründen erteilte Aufenthaltserlaubnis, mit der der Klägerin die Beschäftigung nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 4 der Beschäftigungsverfahrensverordnung (BeschVerfV) uneingeschränkt erlaubt wurde, kann der geltend gemachte Anspruch auf Elterngeld schon deshalb nicht gestützt werden, weil dieser Aufenthaltstitel in der hier streitigen Zeit noch nicht gültig war. Ob die Klägerin zu einem früheren Zeitpunkt einen Anspruch auf Erteilung eines solchen Aufenthaltstitels gehabt hätte, ist, wie das Gericht bereits ausgeführt hat, unerheblich.

Nach allem war die Berufung mit der Kostenfolge aus § 193 SGG zurückzuweisen.

Das Gericht hat die Revision nicht zugelassen, weil hierfür eine Veranlassung im Sinne des § 160 Abs. 2 SGG nicht bestanden hat.
Rechtskraft
Aus
Saved