L 1 KR 155/11

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 2 KR 1190/10
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 1 KR 155/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Maßnahme zur stationären Rehabilitation sowie über die Erstattung der Kosten für eine im Jahr 2009 durchgeführte Maßnahme.

Der 1927 geborene Kläger ist bei der Beklagten krankenversichert. Im September 2009 beantragte er unter Vorlage einer ärztlichen Verordnung und verschiedener Untersuchungsbefunde die Gewährung einer stationären Rehabilitationsmaßnahme nach dem Konzept von Dr. F. X. Mayr ("Mayr-Kur"). Zur Begründung wurden unerklärliche Luftnotanfälle, eine Reizdarmsymptomatik, eine chronisch-obstruktive Lungenerkrankung sowie ein HWS-Syndrom angegeben. In der Zeit vom 13. September bis 4. Oktober 2009 führte der Kläger eine solche Kur in der Privatklinik Z. in B. durch, wofür ihm Kosten in Höhe von EUR 5.456 entstanden sind.

Der von der Beklagten beauftragte Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) Nord führte in seiner Stellungnahme vom 23. September 2009 aus, dass sich aus den vorliegenden medizinischen Unterlagen keine Rehabilitationsbedürftigkeit des Klägers ergebe. Unter Bezugnahme hierauf lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers durch Bescheid vom 12. Oktober 2009 ab. Aufgrund des hiergegen gerichteten Widerspruchs holte die Beklagte eine weitere Stellungnahme des MDK vom 23. Dezember 2009 ein, mit der dieser an seiner bisherigen Auffassung festhielt. Die Beklagte wies den Widerspruch daraufhin mit Widerspruchsbescheid vom 23. Juni 2010 zurück.

Mit seiner dagegen erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt und auf seine gesundheitlichen Beeinträchtigungen verwiesen. Des Weiteren hat er vorgetragen, er habe schon vor Antritt seiner Kur von der Beklagten die Auskunft erhalten, dass die Kosten nicht übernommen werden könnten; er meine, dies sei telefonisch erfolgt.

Das Sozialgericht hat im Termin zur mündlichen Verhandlung am 9. November 2011 den Facharzt für Innere Medizin Dr. W. als Sachverständigen gehört. Dieser hat ausgeführt, ausweislich der medizinischen Unterlagen ergebe sich, dass bei dem Kläger im September 2009 eine chronische Bronchitis ohne Lungenfunktionseinschränkung, ein Zwerchfellbruch ohne Entzündung der Speiseröhre sowie ein Zustand nach Wirbelbrüchen bestanden hätten. Allenfalls die Bronchitis sei medikamentös zu behandeln gewesen, hierfür sei aber eine ambulante Behandlung ausreichend gewesen. Das Sozialgericht hat die Klage daraufhin durch Urteil vom 9. November 2011 – dem Kläger zugestellt am 21. November 2011 – abgewiesen, da die Durchführung einer stationären Rehabilitationsmaßnahme nicht notwendig gewesen sei.

Der Kläger hat dagegen am 12. Dezember 2011 Berufung eingelegt. Er trägt vor, die Gutachten des MDK seien formal und inhaltlich fragwürdig. Seine diversen Leiden bestünden seit Jahren, wobei die ambulanten Therapiemöglichkeiten ausgeschöpft seien. Durch die auf eigene Kosten in der Z.-Klinik durchgeführte Mayr-Kur habe sich sein Zustand verbessert, allerdings unzureichend, weil sie letztlich zu kurz gewesen sei. Er beantrage daher entweder die Kostenerstattung für die durchgeführte Maßnahme oder die Gewährung einer erneuten stationären Rehabilitationsmaßnahme als Sachleistung, wobei letzteres vorzuziehen sei, da der Aufenthalt in der Z.-Klinik zu kurz gewesen sei.

Der Kläger beantragt nach seinem Vorbringen,

die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger eine stationäre Maßnahme zur Rehabilitation zu gewähren,

hilfsweise das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 9. November 2011 und den Bescheid der Beklagten vom 12. Oktober 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Juni 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm die Kosten der vom 13. September bis 4. Oktober 2009 durchgeführten Behandlung in der Klinik Z. in Höhe von EUR 5.456 zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend und verweist auf ihr bisheriges Vorbringen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Prozessakte und des Verwaltungsvorganges der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und auch sonst zulässige (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz – SGG) Berufung ist nicht begründet, denn das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Soweit der Kläger die Gewährung einer stationären Rehabilitationsmaßnahme als Sachleistung begehrt, ist die Klage bereits unzulässig. Zulässigkeitsvoraussetzung einer jeden Anfechtungs- und Verpflichtungsklage ist nämlich, dass zuvor ein Verwaltungs- und Vorverfahren durchgeführt worden ist (§ 54 Abs. 1 S. 2, § 78 SGG). Hieran fehlt es, denn der Kläger hat bei der Beklagten bisher keinen Antrag auf eine erneute Rehabilitationsmaßnahme gestellt und eine entsprechende Ablehnungsentscheidung der Beklagten ist dementsprechend nicht ergangen.

Soweit der Kläger hilfsweise die Erstattung der Kosten für die in der Zeit vom 13. September bis 4. Oktober 2009 durchgeführte Kur begehrt, ist die Klage unbegründet.

Als Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Kostenerstattungsanspruch kommt allein § 13 Abs. 3 S.1 2. Alt. Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) in Betracht. Danach besteht ein derartiger Anspruch, sofern die Krankenkasse eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dadurch dem Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden sind.

Der Anspruch scheitert vorliegend schon daran, dass der Kläger den erforderlichen Beschaffungsweg nicht eingehalten hat. Der Kostenerstattungsanspruch besteht nämlich nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nur, wenn zwischen der rechtswidrigen Ablehnung durch die Krankenkasse und dem Nachteil des Versicherten (Kostenlast) ein Ursachenzusammenhang besteht. Versicherte können daher ausschließlich dann Kostenerstattung für selbstbeschaffte Leistungen verlangen, wenn die Krankenkasse vor der Selbstbeschaffung über den Leistungsantrag entschieden hat (BSG, Urteil vom 14.12.2006 – B 1 KR 8/06 R – Juris). Dies ist hier nicht der Fall. Der Kläger hat die streitige Maßnahme vom 13. September bis 4. Oktober 2009 durchgeführt, der Ablehnungsbescheid der Beklagten ist jedoch erst am 12. Oktober 2009 ergangen.

Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht erklärt hat, er habe schon vor Antritt der Maßnahme von der Beklagten die – wohl telefonische –Auskunft bekommen, dass die Kosten nicht übernommen würden, trägt er hierfür die Feststellungslast. Einen Nachweis für diese Behauptung hat er jedoch nicht erbracht. Auch in der Verwaltungsakte der Beklagten findet sich kein Hinweis auf eine derartige Auskunft. Angesichts des Umstandes, dass der Kläger seine Angaben in keinerlei Hinsicht (z.B. in Bezug auf Gesprächspartner, Datum der Auskunft) konkretisiert hat, besteht auch kein Raum für weitere Ermittlungen von Amts wegen. Im Übrigen spricht bereits der zeitliche Ablauf gegen die Behauptung des Klägers. Der Kläger hat seine Kur nämlich bereits am 13. September 2009 angetreten, während die erste Stellungnahme des MDK vom 23. September 2009 datiert. Es ist somit unwahrscheinlich, dass dem Kläger schon vor seinem Kurantritt – und damit vor Kenntnis der Einschätzung des MDK – bereits eine verbindliche Ablehnungsentscheidung mitgeteilt worden sein soll.

Da der Anspruch des Klägers auf Kostenerstattung bereits aus diesem Grund ausgeschlossen ist, kommt es nicht mehr darauf an, ob die Beklagte die Leistung zu Unrecht abgelehnt hat. Nur vorsorglich wird daher darauf hingewiesen, dass sich unter Berücksichtigung der vorliegenden medizinischen Unterlagen und der Ausführungen des Sachverständigen Dr. W. auch nicht feststellen lässt, dass die Maßnahme erforderlich war. Auf die diesbezüglichen Ausführungen in dem angefochtenen Urteil des Sozialgerichts wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen (§ 153 Abs. 2 SGG).

Außergerichtliche Kosten sind nach § 193 SGG nicht zu erstatten.

Der Senat hat die Revision gegen das Urteil nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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