S 12 KA 636/11

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 636/11
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 1/13
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Eine Kassenärztliche Vereinigung ist berechtigt, eine Honorarberichtigung wegen Überschreitens der Punktzahlobergrenze aufgrund einer sog. Job-Sharing-Praxis nach Erhöhung des Honorars nach § 45 Abs. 2 SGB X entsprechend abzuändern, d. h. ebf. zu erhöhen.
2. Eine Erhöhung des Regelleistungsvolumens steht einer Honorarberichtigung wegen Überschreitens der Punktzahlobergrenze nicht entgegen.
3. Bei der Festsetzung des Berichtigungsbetrags kann dann, wenn die Kassenärztliche Vereinigung von der Möglichkeit Gebrauch macht, die Überschreitungen innerhalb eines Leistungsjahres zu saldieren (§ 23c Satz 7 BedarfsplRL-Ä), von einem durchschnittlichen Punktwert für das jeweilige Leistungsjahr, ermittelt aus den Punktwerten aller Quartale und ohne Gewichtung, ausgegangen werden.
1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.

Tatbestand:

Die Beteiligten stritten ursprünglich um eine sachlich-rechnerische Honorarberichtigung wegen Überschreitung des Praxisumfangs im Rahmen eines sog. Job-Sharings in Höhe von 154.017.88 EUR netto für die neun Quartale IV/07 bis IV/09 (7. bis 9. Leistungsjahr). Nach Abtrennung der Verfahren für das 8. und 9. Leistungsjahr, die auf Antrag der Beteiligten zum Ruhen gebracht wurden, streiten die Beteiligten noch um die Honorarberichtigung für das 7. Leistungsjahr in Höhe von 58.319,30 EUR netto.

Die Klägerin ist eine Gemeinschaftspraxis mit einem Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin und einer Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin mit Praxissitz in A Stadt.

Frau Dr. med. QQ. wurde mit Beschluss des Zulassungsausschusses vom 14.08.2001 als Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin zur gemeinsamen vertragsärztlichen Tätigkeit mit Herrn Dr. med. A. gem. § 101 Abs. 1 Nr. 4 SGB V i. V. m. Abschnitt 4 Nr. 23a Bedarfsplanungs-Richtlinie-Ärzte zugelassen. In einem weiteren Beschluss des Zulassungsausschusses vom 14.08.2001 wurde die gemeinsame vertragsärztliche Tätigkeit genehmigt und der Praxisumfang der Vertragsarztpraxis auf der Grundlage des Gesamtpunktzahlvolumens in den vier vorausgegangenen Quartalen (I/00 bis IV/00) wie folgt festgelegt.

Jahresquartal Gesamtpunktzahlvolumen für das 1. Leistungsjahr
I 1.002.289,7
II 1.018.129,6
III 1.089.352,3
IV 992.011,1

Ab dem 2. Leistungsjahr werde das quartalsbezogene Gesamtpunktzahlvolumen entsprechend den Richtlinien angepasst. Der Beschluss wurde bestandskräftig.

Die Beklagte setzte das Honorar der klägerischen Gemeinschaftspraxis in den Quartalen IV/07 bis IV/09 wie folgt fest:

IV/07 I/08 II/08 III/08
Honorarbescheid vom 09.05.2008 10.07.2008 27.10.2008 13.01.2009
Nettohonorar gesamt in EUR 47.537,98 58.512,26 64.736,30 58.826,14
Bruttohonorar PK + EK in EUR 48.781,13 59.907,19 65.955,26 60.169,21
Fallzahl PK + EK 1.250 1.439 1.339 1.260

Regelleistungsvolumen § 5 Abs. 3 HVV
Praxisbezogenes RLV in Punkten 776.253,5 1.668.205,2 1.477.791,0 1.452.633,6
Überschreitung in Punkten 0,0 0,0 398.409,0 59.426,4

Ausgleichsregelung § 5 Abs. 4 HVV
Auffüllbetrag je Fall EUR - - - -
Auffüllbetrag gesamt in EUR - - - -

IV/08 I/09 II/09 III/09
Honorarbescheid vom 30.03.2009 20.07.2009 11.10.2009 23.12.2009
Nettohonorar gesamt in EUR 64.319,83 72.596,13 62.237,19 59.342,84
Bruttohonorar PK + EK in EUR 66.172,56 74.987,95 64.404,38 61.391,79
Fallzahl PK + EK 1.315 1.392 1.334 1.370

Regelleistungsvolumen
Praxisbezogenes RLV in Punkten 1.521.284,4
Überschreitung in Punkten 197.475,8
Praxisbezogenes
Regelleistungsvolumen in EUR 61.566,74 47.859,38 43.936,21
Überschreitung in EUR 8.525,81 18.678,60 22.042,11

Ausgleichsregelung § 5 Abs. 4 HVV
Auffüllbetrag je Fall EUR -
Auffüllbetrag gesamt in EUR -

IV/09
Honorarbescheid vom 27.03.2010
Nettohonorar gesamt in EUR 72.298,89
Bruttohonorar PK + EK in EUR 74.835,90
Fallzahl PK + EK 1.454

Regelleistungsvolumen
Praxisbezogenes Regelleistungsvolumen in EUR 50.774,38
Überschreitung in EUR 16.207,15

Die Beklagte bewilligte der Klägerin für Frau Dr. QQ. auf den Widerspruch zum Bescheid vom 29.09.2008 auf Gewährung einer Sonderregelung zum Regelleistungsvolumen mit Widerspruchsbescheid vom 04.11.2009 für das Quartal I/08 einen 40 %igen Zuschlag auf die Versichertenpauschale nach Nr. 4 Kapitel 4.1 EBM und für die Berechnung des Regelleistungsvolumens für das Quartal I/08 die 1,4-fache Fallpunktzahl der Neurologen, für die Quartale II bis IV/08 die 1,7-fache, 1,4-fache bzw. 1,5-fache. Durch die Anhebung des Regelleistungsvolumens ergab sich eine Vergütung vollständig im oberen Punktbereich. Die Beklagte setzte mit Bescheid vom 14.12.2009 die Nachvergütung für die vier Quartal I bis IV/08 auf 18.165,99 EUR, 9.948,01 EUR, 1.644,75 EUR bzw. 4.645,37 EUR, insgesamt auf 34.404,12 EUR fest.

Für die Quartale IV/07 bis IV/09 wies die Beklagte die Klägerin (unter Datum vom 16.06.2008, 25.08.2008, 01.12.2008, 09.03.2009, 18.05.2009, 26.08.2009. 02.12.2009. 22.02.2010 und 31.05.2010) darauf hin, dass die Prüfung, ob die maximalen Punktzahlobergrenzen eingehalten worden seien, jeweils bezogen auf ein Leistungsjahr erfolge; Überschreitungen könnten sich mit möglichen Unterschreitungen innerhalb eines (Jahres-)Blocks von vier aufeinander folgenden Quartalen ausgleichen.

Mit Bescheid vom 27.04.2009 nahm die Beklagte eine sachlich-rechnerische Honorarberichtigung für die vier Quartale IV/07 bis III/08 - 7. Leistungsjahr - wegen Überschreitung des Praxisumfangs vor und forderte Honorar in Höhe von 40.297,30 EUR brutto (abzgl. Verwaltungskosten in Höhe von 1.208,92 EUR) bzw. 39.088,38 EUR netto zurück.

Hiergegen legte die Klägerin am 26.05.2009 Widerspruch ein. Zur Begründung ihres Widerspruchs trug sie vor, Frau Dr. QQ. sei Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin mit dem Schwerpunkt Neuropädiatrie. Bereits zuvor sei die Abrechnung der neuropädiatrischen Ziffern genehmigt worden. Erst seit 2008 kollidiere sie mit den Budgetgrenzen. Die Einräumung einer Sonderregelung zum Regelleistungsvolumen belege die Unterversorgung in ihrem Gebiet.

Mit Bescheid vom 21.01.2010 korrigierte die Beklagte ihren Bescheid vom 27.04.2009, weil eine Sonderregelung für das Regelleistungsvolumen der Quartale I bis III/08 erfolgt sei und die daraus folgende Gutschrift in Höhe von 34.404,12 EUR berücksichtigt werden müsse. Es hätten sich für das Quartal I/08 eine höhere Überschreitung der Punktzahlobergrenze und ein höherer gemittelter Punktwert ergeben. Den Rückforderungsbetrag setzte sie auf insgesamt 60.122,99 EUR brutto fest und forderte zusätzlich den Differenzbetrag von 19.825,69 EUR (abzgl. Verwaltungskosten) zurück. Der Nettobetrag betrug damit insgesamt 58.319,30 EUR.

Mit Bescheid vom 04.11.2010 nahm die Beklagte eine sachlich-rechnerische Honorarberichtigung für die vier Quartale IV/08 bis III/09 - 8. Leistungsjahr - wegen Überschreitung des Praxisumfangs vor und forderte Honorar in Höhe von 78.299,15 EUR brutto (abzgl. Verwaltungskosten in Höhe von 2.800,76 EUR) bzw. 75.498,39 EUR netto zurück. Mit weiterem Bescheid vom 04.11.2010 nahm die Beklagte eine sachlich-rechnerische Honorarberichtigung für das Quartal IV/09 - 9. Leistungsjahr - wegen Überschreitung des Praxisumfangs vor und forderte Honorar in Höhe von 20.959,12 EUR brutto (abzgl. Verwaltungskosten in Höhe von 758,93 EUR) bzw. 20.200,19 EUR netto zurück.

Gegen beide Bescheide legte die Klägerin am 25.11.2010 Widerspruch ein. Zur Begründung ihres Widerspruchs verwies sie erneut auf die neuropädiatrische Tätigkeit der Frau Dr. QQ.

Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 06.07.2011 die Widersprüche als unbegründet zurück. Darin führte sie aus, die Leistungsbegrenzung im Punktzahlvolumen folge aus den bindenden Beschlüssen des Zulassungsausschusses vom 14.08.2001. Die festgelegten Punktzahlvolumina seien von der Klägerin schriftlich anerkannt worden. Diese Beschlüsse seien bestandskräftig. Diese Begrenzung des Leistungsumfangs sei auch unabhängig davon, wie und weshalb eine Vergütung bezahlt werde, sondern folge letztlich der Bedarfsplanung für die vertragsärztliche Versorgung. Allein die Leistungsobergrenzen schlössen weitergehende Honoraransprüche aus. Demnach obliege es allein der Klägerin, den Umfang der vertragsärztlichen Tätigkeit zu steuern. Änderungen müssten gegenüber dem Zulassungsausschuss geltend gemacht werden. Nur auf Antrag des Arztes seien die Gesamtpunktzahlvolumina neu zu bestimmen, wenn Änderungen des EBM oder vertragliche Vereinbarungen, die für das Fachgebiet der Ärzte maßgeblich seien, spürbare Auswirkungen auf die Berechnungsgrundlagen hätten. Eine Entscheidung hierüber obliege nicht ihr. Solange der Zulassungsausschuss das zulässige Gesamtpunktzahlvolumen nicht geändert habe, bestehe für sie eine Bindung an die Entscheidung des Zulassungsausschusses. Ebenso stehe es nicht in ihrem Ermessen, ob die durch den Zulassungsausschuss festgelegten Grenzen tatsächlich berücksichtigt würden. Die Klägerin habe auch vor der Genehmigung des Job-Sharings die durch den Zulassungsausschuss im Beschlusstenor festgelegten Leistungsbeschränkungen ausdrücklich anerkannt. Die korrekte Berechnung der Überschreitung der Leistungsbeschränkung werde von der Klägerin nicht gerügt und Fehler lägen hier offensichtlich auch nicht vor. Die Rückforderung sei daher nicht zu beanstanden.

Hiergegen hat die Klägerin am 28.07.2011 die Klage erhoben. Nach Abtrennung der Verfahren bzgl. des 8. und 9. Leistungsjahrs unter den Az.: S 12 KA 838 und 839/11 hat die Kammer mit Beschluss vom 05.12.2012 die abgetrennten Verfahren auf Antrag der Beteiligten zum Ruhen gebracht.

Die Klägerin ist der Auffassung, die Verwaltungsakte sei unvollständig vorgelegt worden, weshalb ihr Recht auf Akteneinsicht verletzt sei. Sowohl die Verfügungen, Überprüfungen, Entwürfe etc., insgesamt das gesamte Verwaltungshandeln der Beklagten zwischen Widerspruchsbegründung und Widerspruchsbescheid ließen sich nicht aus der übersandten Akten ersehen. Die Beklagte habe mit dem Bescheid vom 27.04.2009 bezüglich der Quartale IV/07 bis III/08 ihre Befugnisse zur sachlich-rechnerischen Berichtigung bereits "verbraucht", weshalb eine erneute Berichtigung nicht mehr zulässig gewesen sei. Das Bundessozialgericht habe mit Beschluss vom 07.03.2010 - B 6 KA 22/09 B - dargelegt, dass die Beklagte mithilfe der sachlich-rechnerischen Richtigstellung nur kleinere Anteile des Gesamthonorars zurückfordern könne. Ein Honoraranteil von 15 % sei noch als "kleinerer Anteil", ein Anteil von 50 % hingegen nicht mehr angesehen worden. Hier betrage die Rückforderung für das 7. Leistungsjahr mit 60.122,99 EUR in Bezug auf das Gesamthonorar in Höhe von 229.612,68 EUR, 26,18 %. Die Rückforderung sei damit von vorneherein ausgeschlossen. Es besteh auch dann Vertrauensschutz, wenn die Kassenärztliche Vereinigung über Jahre hinweg mit dem Quartalshonorarbescheid ankündigt, bezüglich der Prüfung der Abrechnung im Hinblick auf die Einhaltung der Punktzahlobergrenze im Rahmen des Job-Sharings die Praxis jeweils nach Ablauf eines kompletten Leistungsjahres mit einem gesonderten Schreiben zu informieren, aber untätig bleibe. Die Beklagte habe zwar jeweils eine Überprüfung angekündigt, teilweise seien ihr auch Schreiben mit dem Hinweis auf die Einhaltung des Gesamtpunktzahlvolumens übersandt worden, die Beklagte sei jedoch untätig geblieben. Der letzte Honorarbescheid des letzten Quartals (III/08) des 7. Leistungsjahres datiere bereits vom 03.01.2009. Der Honorarbescheid für das Folgequartal sei am 30.03.2009 erlassen worden und damit vor dem strittigen Rückforderungsbescheid vom 27.04.2009. Eine Erhöhung des Rückforderungsbetrages sei auch unzulässig, da es sich um eine sog. reformatio in peius handele. Der Beklagten hätte nur der Weg der Rückforderung von überzahltem Honorar im Wege der Regelungen der §§ 45 ff. SGB X offen gestanden. Bei Änderungen der für die Obergrenze maßgeblichen Faktoren könne die Beklagte eine Neuberechnung der Gesamtpunktzahlvolumina beantragen. Durch die, allerdings auch erst im Widerspruchsverfahren festgestellte Sonderregelung für das Regelleistungsvolumen sei genau eine solche, das Antragsrecht der Beklagten auslösende Veränderung eingetreten. Die Beklagte habe das ihr zustehende Ermessen nicht ausgeübt. Jedenfalls hätte eine gezielte Beratung erfolgen müssen. Es erscheine fast missbräuchlich durch die Beklagte, etwas zu gewähren, nämlich das höhere Honorar, was dann unmittelbar, in Form des Job-Sharing-Rückforderungsbescheides zurückgefordert werde. Für die Berechnung der Rückforderungsbeträge sei eine falsche, weil zu große Fachgruppe zugrunde gelegt worden. Für Ärzte, die nach dem ärztlichen Berufsrecht zur Führung einer Zusatzbezeichnung berechtigt seinen, könne eine verfeinerte Vergleichsgruppe gebildet werden. Für Ärzte mit der Berechtigung zum Führen einer Schwerpunktbezeichnung gelte entsprechendes. Maßgeblich sei nicht die Fachgruppe der Kinderärzte, sondern die der Neuropädiater. Frau Dr. med. QQ. besitze seit Juli 2008 die Schwerpunktbezeichnung Neuropädiatrie und sei auch so im Arztregister eingetragen. Die Höhe des Rückforderungsbetrages sei nicht nachvollziehbar. Sie bestreite die Richtigkeit der Berechnung. Sie bestreite die Durchschnittspunktzahlen. Es werde hier weder die Zusammensetzung noch der Leistungsumfang der Fachgruppe dargestellt. Es müssten die Zusammensetzung der Fachgruppe, die Anzahl der Voll- und Teilzeitversorgungsaufträge und hierbei insbesondere die Anzahl sog. Hobbypraxen dargestellt werden. Die Beklagte müsse nachweisen, wann und wie ihr die Anpassungsfaktoren mitgeteilt worden seien. Voraussetzung sei auch, dass die Abrechnung der Fachgruppe insgesamt bestandskräftig geworden sei. Die Beklagte müsse nachweisen, dass alle abgerechneten Punktzahlen der Fachgruppe in den Wert eingeflossen seien und nicht nur die RLV-Daten der Fachgruppe. Sie halte auch die Ausgestaltung der Bedarfsplanungsrichtlinie hinsichtlich des § 23c insgesamt für rechtswidrig. Die Grenze von 3 % sei willkürlich und stelle eine Verletzung der Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe dar. Sie trägt mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 16.04.2012 weiter vor, Frau Dr. med. QQ. habe bereits seit Eingehung des Job-Sharing-Verhältnisses eine anerkannte Praxisbesonderheit gehabt, da sie in einen überdurchschnittlich hohen Umfang verhaltensauffällige Kinder behandelt habe und überwiegend neuropädiatisch tätig gewesen sei. Es sei nicht nachvollziehbar, dass nunmehr das Honorar zurückgefordert werde, dass sie für den Sicherstellungsauftrag der Beklagten im Bereich der neuropädiatrischen Versorgung erhalten habe.

Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 27.04.2009 in Gestalt des Berichtigungsbescheides vom 21.01.2010 und in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.07.2011 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, sie sei auch für die weitere Honorarberichtigung durch den Bescheid vom 21.07.2010 befugt gewesen, da sich die Sachlage, nämlich die Höhe des Honoraranspruchs geändert habe. Sie sei berechtigt, aufgrund der geänderten Umstände die sachlich-rechnerische Berichtigung ebenfalls anzupassen. Der Klägerin sei die Obergrenze bekannt und auch bewusst gewesen, dass die Rückforderung umso höher ausfalle, umso mehr die verbindlich festgesetzte Obergrenze überschritten werde. Hinsichtlich des Umfangs der Honorarberichtigung vergleiche die Klägerin Netto- mit Bruttobeträgen. Die 15%-Grenze sei nicht maßgeblich, da die Job-Sharing-Partner es in der Hand hätten dafür zu sorgen, dass die Job-Sharing-Grenze nicht überschritten werde. Nach der Rechtsprechung des SG Marburg komme Vertrauensschutz allenfalls dann in Betracht, wenn eine über Jahre bestehende Untätigkeit vorliege. Der Honorarbescheid für das Quartal III/08 sei am 09.03.2009 versandt worden. Bereits mit Bescheid vom 27.04.2009, d. h. gerade einmal ca. 1,5 Monate später, habe sie eine Rückforderung geltend gemacht. Sie sei gerade nicht über Jahre hinweg untätig geblieben. Eine "Verböserung" liege nicht vor, da sie einen weiteren Ausgangsbescheid erlassen habe. Die Sonderregelung für das Jahr 2008 habe keine Auswirkung auf das anhand der Abrechnungswerte für das Jahr 2000 berechnete Gesamtpunktzahlvolumen gehabt. Von daher fehle es an den Voraussetzungen für eine Sonderregelung. Eine Beratungspflicht habe nicht bestanden. Der Klägerin seien die Obergrenzen bekannt gewesen. Worauf die Überschreitung im Endeffekt beruhe, spiele bei der Frage der Überschreitung keine Rolle. Maßgeblich für die Berechnung der Obergrenzen seien die Punktzahlanforderungen des erstzugelassenen Vertragsarztes. Dieser sei jedoch nicht überwiegend neuropädiatrisch tätig. Von daher komme ein Vergleich mit der Fachgruppe für Neuropädiatrie nicht in Betracht. Sie sei nicht verpflichtet, in einem Bescheid jeden Rechenschritt auszuführen. Es reiche aus, dass anhand der Angaben in dem Rückforderungsbescheid bzw. in dem Berechnungsbogen als Anlage ersichtlich werde, wie der Rückforderungsbetrag zustande komme. Aus der fehlenden Mitteilung der Anpassungsfaktoren folge nach der Rechtsprechung des SG Marburg nicht zwingend die Rechtswidrigkeit der Rückforderung. Die dreiprozentige Steigerungsrate sei rechtmäßig und im Übrigen wegen der Verbindlichkeit des Beschlusses des Zulassungsausschusses gültig. Die Verwaltungsakte sei vollständig. Ein "Verwaltungsvorgang" zwischen der Widerspruchsbegründung und dem Widerspruchsbescheid liege bei ihr nicht vor. Der Klägerin stehe es frei, selbst einen Antrag bei dem Zulassungsausschuss auf Erhöhung der Punktzahlobergrenze zu stellen. Solange eine Änderung nicht vorliege, sei dies für alle Beteiligten verbindlich.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer hat in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG).

Die Klage ist zulässig, denn sie ist insbesondere form- und fristgerecht bei dem zuständigen Sozialgericht erhoben worden.

Die Klage ist aber unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 27.04.2009 in Gestalt des Berichtigungsbescheides vom 21.01.2010 und in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.07.2011 ist rechtmäßig und war daher nicht aufzuheben.

Die Beklagte war grundsätzlich zuständig für die sachlich-rechnerische Berichtigung.

Nach § 75 Abs. 1 SGB V haben die Kassenärztlichen Vereinigungen die vertragsärztliche Versorgung sicher zu stellen und den Krankenkassen und ihren Verbänden gegenüber die Gewähr dafür zu übernehmen, dass die vertragsärztliche Versorgung den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entspricht. Nach § 75 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz haben die Kassenärztlichen Vereinigungen die Erfüllung der den Vertragsärzten obliegenden Pflichten zu überwachen. Zu den Pflichten der Vertragsärzte gehört unter anderem auch eine ordnungsgemäße Abrechnung der von ihnen erbrachten Leistungen. Die Kassenärztliche Vereinigung stellt die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte fest; dazu gehört auch die Arzt bezogene Prüfung der Abrechnungen auf Plausibilität sowie die Prüfung der abgerechneten Sachkosten (§ 106a Abs. 2 Satz 1 SGB V). Es obliegt deshalb nach § 45 des Bundesmantelvertrages-Ärzte (BMV-Ä) bzw. § 34 des Ersatzkassenvertrages-Ärzte (EKV-Ä) der Beklagten, die vom Vertragsarzt eingereichten Honoraranforderungen rechnerisch und gebührenordnungsmäßig zu prüfen und ggf. zu berichtigen.

Das rechtliche Gehör der Klägerin wurde nicht verletzt. Die Klägerin ist insofern der Auffassung, die Verwaltungsakte sei unvollständig vorgelegt worden, weshalb ihr Recht auf Akteneinsicht verletzt sei. Sowohl die Verfügungen, Überprüfungen, Entwürfe etc., insgesamt das gesamte Verwaltungshandeln der Beklagten zwischen Widerspruchsbegründung und Widerspruchsbescheid ließen sich nicht aus der übersandten Akten ersehen. Dem vermochte die Kammer nicht zu folgen. Vorzulegen ist von der Beklagten nur der Aktenbestand, der tatsächlich vorhanden ist. Soweit konzeptuelle Entwürfe etc. nicht angefertigt und zur Akte genommen werden, können und müssen diese auch nicht vorgelegt werden. Soweit die Beklagte auf ihren allgemeinen Datenbestand zurückgreift, muss dieser nicht gesondert zur Verwaltungsakte genommen werden. Fragen einzelner Wertermittlungen wie z.B. von Durchschnittsgrößen können ggf. im Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren offengelegt werden. Eine Pflicht zur Amtsermittlung besteht aber nur dann, wenn Zweifel an der Richtigkeit bestehen oder solche Zweifel substantiiert vorgetragen werden. Dies ist vorliegend aber über die Ermittlungen der Kammer hinaus nicht der Fall.

Die angefochtenen Bescheide waren auch materiellrechtlich nicht zu beanstanden.

Nach der hier maßgeblichen Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Bedarfsplanung sowie die Maßstäbe zur Feststellung von Überversorgung und Unterversorgung in der vertragsärztlichen Versorgung (Bedarfsplanungs-Richtlinie) in der Neufassung vom 15. Februar 2007, veröffentlicht im Bundesanzeiger 2007, S. 3491, in Kraft getreten am 1. April 2007, die in der Folgezeit in den hier maßgeblichen Bestimmungen nicht geändert wurde (im Folgenden: BedarfsplRL-Ä) und die insofern inhaltsgleich ist mit den zum Zeitpunkt des Beginns des Job-Sharing-Verhältnisses geltenden Regelungen, legt der Zulassungsausschuss vor der Zulassung des Antragstellers in einer verbindlichen Feststellung zur Beschränkung des Praxisumfangs auf der Grundlage der gegenüber dem Vertragsarzt (den Vertragsärzten) in den vorausgegangenen mindestens vier Quartalen ergangenen Abrechnungsbescheiden quartalsbezogene Gesamtpunktzahlvolumina fest, welche bei der Abrechnung der ärztlichen Leistungen im Rahmen der Gemeinschaftspraxis von dem Vertragsarzt sowie dem Antragsteller nach seiner Zulassung gemeinsam als Leistungsbeschränkung maßgeblich sind (Obergrenze). Diese Gesamtpunktzahlvolumina sind so festzulegen, dass die in einem entsprechenden Vorjahresquartal gegenüber dem erstzugelassenen Vertragsarzt anerkannten Punktzahlanforderungen um nicht mehr als 3 v. H. überschritten werden. Das Überschreitungsvolumen von 3 v. H. wird jeweils auf den Fachgruppendurchschnitt des Vorjahresquartals bezogen. Das quartalsbezogene Gesamtpunktzahlvolumen (Punktzahlvolumen zuzüglich Überschreitungsvolumen) wird nach § 23f BedarfsplRL-Ä durch die Kassenärztliche Vereinigung angepasst. Bei Internisten ist zur Ermittlung des Fachgruppendurchschnittes auf die Entscheidung des bereits zugelassenen Vertragsarztes zur hausärztlichen oder fachärztlichen Versorgung abzustellen. Im Übrigen gilt für Anpassungen § 23e. Außergewöhnliche Entwicklungen im Vorjahr, wie z. B. Krankheit eines Arztes, bleiben außer Betracht; eine Saldierung von Punktzahlen innerhalb des Jahresbezugs der Gesamtpunktzahlen im Vergleich zum Vorjahresvolumen ist zulässig. Der Zulassungsausschuss trifft seine Festlegungen auf der Grundlage der ihm durch die Kassenärztliche Vereinigung übermittelten Angaben (§ 23c BedarfsplRL-Ä).

Die Regelungen der §§ 23a ff. BedarfsplRL-Ä sind nicht zu beanstanden (vgl. a. BSG, Urt. v. 21.03.2012 - B 6 KA 15/11 - NZS 2012, 757 = GesR 2012, 629, juris Rdnr. 33 f.). Soweit die Klägerin insb. die Grenze von 3 % für willkürlich hält, ist nicht ersichtlich, dass diese Festlegung nicht mehr vom Gestaltungsspielraum des Gemeinsamen Bundesausschusses gedeckt sein sollte. Im Übrigen kommt es hierauf wegen der verbindlichen Festsetzung der Obergrenzen nicht an.

Sowohl für die Berechnung des Ausgangspunktzahlvolumens als auch des Vergleichspunktzahlvolumens nach § 23c BedarfsplRL-Ä ist das im Zeitpunkt der Abrechnung jeweils geltende Berechnungssystem für die vertragsärztlichen Leistungen maßgeblich. Auf Antrag des Vertragsarztes sind die Gesamtpunktzahlvolumina neu zu bestimmen, wenn Änderungen des EBM oder vertragliche Vereinbarungen, die für das Gebiet der Arztgruppe maßgeblich sind, spürbare Auswirkungen auf die Berechnungsgrundlagen haben. Die Kassenärztlichen Vereinigungen oder die Landesverbände der Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen können eine Neuberechnung beantragen, wenn Änderungen der Berechnung der für die Obergrenzen maßgeblichen Faktoren eine spürbare Veränderung bewirken und die Beibehaltung der durch den Zulassungsausschuss festgestellten Gesamtpunktzahlvolumina im Verhältnis zu den Ärzten der Fachgruppe eine nicht gerechtfertigte Bevorzugung/Benachteiligung darstellen würde (§ 23e BedarfsplRL-Ä).

Die Gesamtpunktzahlvolumina zur Beschränkung des Praxisumfangs folgen der Entwicklung des Fachgruppendurchschnitts durch Festlegung eines quartalsbezogenen Prozentwertes (Anpassungsfaktor). Die Anpassungsfaktoren werden im ersten Leistungsjahr von der Kassenärztlichen Vereinigung errechnet. Die dafür maßgebliche Rechenformel lautet: PzVol (Quartalsbezogenes Gesamtpunktzahlvolumen der Praxis)./. PzFg (Quartalsbezogener Punktzahlvolumendurchschnitt der jeweiligen Fachgruppe ) = Fakt (Quartalsbezogener Anpassungsfaktor). Sie stellen die Grundlage zur Ermittlung der Gesamtpunktzahlvolumina für die Folgejahre dar. Der jeweilige Anpassungsfaktor wird ab dem zweiten Leistungsjahr mit dem Punktzahlvolumendurchschnitt der Fachgruppe multipliziert und ergibt die quartalsbezogene Obergrenze für die Praxis (die Saldierungsregelung nach Nr. 23c Satz 6 bzw. § 23c Satz 6 BedarfsplRL-Ä bleibt hiervon unberührt). Die Kassenärztliche Vereinigung teilt dem Vertragsarzt die für ihn verbindlichen Anpassungsfaktoren mit (§ 23f BedarfsplRL-Ä).

Damit können die ab dem zweiten Leistungsjahr maßgeblichen Gesamtpunktzahlvolumina erst nach Abschluss der Honorarverteilung für das letzte Quartal des jeweiligen Leistungsjahrs errechnet werden. Von daher erfasst der Anpassungsfaktor, der hier auf der Grundlage der Abrechnungen vor Einführung des EBM 2005 errechnet wurde, auch evtl. Punktzahlausweitungen aufgrund einer höheren Leistungsbewertung. An Allgemeinen Änderungen nimmt die Job-Sharing-Praxis aufgrund des sog. Anpassungsfaktors automatisch teil.

Relevante Änderungen des EBM liegen nicht vor. Aufgrund des Anpassungsfaktors nimmt jede Job-Sharing-Praxis an insgesamt das Abrechnungsvolumen erhöhenden EBM-Änderungen teil, soweit hiervon die Fachgruppe betroffen ist. Nur bei einem signifikant von der Fachgruppe abweichenden Leistungsspektrum und/oder einer unterschiedlichen Abrechnungshäufigkeit von Leistungen, die durch eine EBM-Änderung höher bewertet werden, kann eine Erhöhung des Abrechnungsvolumens und können Verzerrungen eintreten, ohne dass eine Überschreitung des Grenzvolumens durch eine Ausweitung der Leistungen bedingt wäre, sondern allein durch eine Änderung der EBM-Bewertungen. Der Anpassungsfaktor drückt das Verhältnis der Job-Sharing-Praxis zum Durchschnitt der Fachgruppe aus. Dieser Anpassungsfaktor bleibt für die Dauer des Job-Sharings unverändert, während der Durchschnitt der Fachgruppe sich verändern bzw. auch wachsen kann. Nach den Vorgaben der BedarfsplRL-Ä ist für die aktuelle Obergrenze das Produkt aus starrem – Anpassungsfaktor und – dynamischem - Durchschnitt der Fachgruppe zu bilden, so dass sich die aktuelle Obergrenze proportional zum Durchschnitt der Fachgruppe entwickelt. Diese Entwicklung erfolgt, mit Ausnahme des ersten Leistungsjahrs, in dem aber zum Ausgleich ein Aufschlag von 3 % erfolgt, zeitgleich, da die aktuelle Obergrenze, jeweils bezogen auf die Quartale eines Leistungsjahrs, im Nachhinein von der Beklagten zu berechnen ist. Das quartalsbezogene Gesamtpunktzahlvolumen beinhaltet daher bereits evtl. Wachstumsgrößen aufgrund von Höherbewertungen einzelner Leistungen. Dies ist, unter der Maßgabe eines mit der Fachgruppe korrelierenden Leistungsverhaltens, kein Grund für eine Neufestsetzung der Gesamtpunktzahlvolumina.

Soweit die Klägerin auf die neu erworbene Schwerpunktbezeichnung "Neuropädiatrie" verweist, handelt es sich um eine nach Festsetzung der Punktzahlobergrenzen erworbene Zusatzqualifikation, die aufgrund der Umstrukturierung des EBM zur Abrechnung weiterer Leistungen berechtigt. Maßgebend hierfür ist nicht der von der Klägerin vorgetragene Schwerpunkt im Bereich der Neuropädiatrie, sondern die neue Zusatzqualifikation. Neue Zusatzqualifikationen sind jedoch kein Grund zur Entdeckelung bestehender Punktzahlobergrenzen. Insofern handelt es sich um den Fall einer Leistungsausweitung, der gerade durch das Job-Sharing-Verhältnis ausgeschlossen wird (vgl. SG Marburg, Urt. v. 14.03.2012 - S 12 KA 741/11 -, Berufung anhängig: LSG Hessen - L 4 KA 20/12 -).

Deutlich wird der Mechanismus des Anpassungsfaktors gerade an den der Klägerin tatsächlich zugestandenen Leistungsvolumina, wie sie in den Rückforderungsbescheiden zugrunde gelegt worden sind. Die Steigerungen werden in jedem der insgesamt streitigen Quartale deutlich. Gegenüber dem im 1. Leistungsjahr zugestandenen Leistungsvolumen wird im Quartal IV/07 eine um 50,1 % höher Punktzahlmenge zugestanden. Im Quartal I/08 wird gegenüber dem im 1. Leistungsjahr zugestandenen Leistungsvolumen eine um 54,1 % höhere Punktzahlmenge zugestanden. Dabei zeigen sich auch nicht unerhebliche Steigerungen im 8. und 9. Leistungsjahr gegenüber dem jeweiligen Vorjahresquartal. Im Einzelnen ergeben sich nach den Berechnungen der Kammer für den insgesamt streitbefangenen Zeitraum folgende Werte:

Jahresquartal Gesamtpunktzahlvolumen für das 1. Leistungsjahr 7 Leistungsjahr IV/07-II/08 8. Leistungsjahr IV/08-II//09 9. Leistungsjahr IV/09
4 992.011,1 100 1.488.589,4 150,1 1.606.533,5 161,9 1.810.310,8 182,5
1 1.002.289,7 100 1.550.435,5 154,7 1.761.993,7 175,8
2 1.018.129,6 100 1.433.232,0 140,8 1.516.266,8 148,9
3 1.089.352,3 100 1.519.729,6 139,5 1.626.122,6 149,3

Im Übrigen ist die Festsetzung mit Beschluss des Zulassungsausschusses für Ärzte vom 14.08.2001, der bestandskräftig geworden ist, ist für alle Beteiligten und das Gericht bindend erfolgt (vgl. LSG Hessen, Urt. v. 12.12.2007 - L 4 KA 62/06 - www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris, Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen durch BSG, Beschl. vom 28.01.2009 - B 6 KA 17/08 B - BeckRS 2009, 54018).

Die vom Zulassungsausschuss festgesetzte Leistungsobergrenze gilt für alle Bereiche der ärztlichen Tätigkeit. Eine Leistungsausweitung ist, solange diese Obergrenze nicht geändert wird, einer Job-Sharing-Praxis nur im Rahmen der 3-%-Grenze bzw. im Rahmen der Erhöhung durch den sog. Anpassungsfaktor möglich. Das Landessozialgericht Hessen (Urt. v. 12.12.2007, a.a.O.) hat bereits dargelegt, dass ein Vertragsarzt nicht mit dem Vortrag, es sei ihm weder möglich noch zumutbar gewesen, den Umfang seiner allgemeinen ärztlichen Tätigkeit zu verringern, gehört werden kann. Selbstverständlich sei er immer zu Behandlungen von Notfällen verpflichtet. Gleichwohl habe er die Möglichkeit den Umfang seiner ärztlichen Tätigkeit zu steuern. Eine Ungleichbehandlung im Vergleich zu anderen Ärzten liege nicht vor. Denn allein die Leistungsobergrenze aufgrund der Job-Sharing-Partnerschaft schließt weitergehende Honoraransprüche aus.

Die Klägerin kann sich nicht auf Vertrauensschutz berufen.

Nach den genannten Regelungen der BedarfsplRL-Ä können die ab dem zweiten Leistungsjahr maßgeblichen Gesamtpunktzahlvolumina erst nach Abschluss der Honorarverteilung für das letzte Quartal des jeweiligen Leistungsjahrs errechnet werden.

Von daher scheidet die Begründung eines Vertrauensschutzes allein aufgrund der Untätigkeit der Beklagten aus. Aufgrund des Job-Sharing-Verhältnisses war der Klägerin das Bestehen einer Leistungsbegrenzung grundsätzlich bekannt und musste sie davon ausgehen, dass ihr eine darüber hinausgehende Leistungsvermehrung nicht möglich war. Soweit ihr die aktuellen Gesamtpunktzahlobergrenzen nicht bekannt waren, musste sie sich an den bisherigen Festsetzungen orientieren bzw. an der Festsetzung für das Vorjahr. Ggf. hätte sie die Beklagte hierzu um Auskunft ersuchen können. Insofern kommt dem Anpassungsfaktor eine Schutzwirkung zugunsten einer Job-Sharing-Praxis zu. Der Anpassungsfaktor ermöglicht der Job-Sharing-Praxis grundsätzlich so zu wachsen, wie auch die Fachgruppe insgesamt wächst. Es kann hier dahinstehen, ob bereits insofern Vertrauensschutz dahingehend besteht, dass trotz einer möglicherweise stärkeren Leistungsbegrenzung aufgrund eines "negativen" Wachstums der Fachgruppe der Job-Sharing-Praxis immer die im ersten Leistungsjahr bzw. später im Vorjahr festgesetzte Leistungsgrenze zuzugestehen ist, da die Leistungsgrenze des ersten Leistungsjahrs hier nicht unterschritten wird und die Klägerin Vertrauen aufgrund der Festsetzungen der Folgejahre nicht aufbauen konnte, da ihr diese nicht bekannt waren.

Die Beklagte hat allen quartalsmäßig ergehenden Honorarbescheiden ein Schreiben beigefügt, in dem sie u. a. ausführte: "Die Prüfung, ob die im Bescheid des Zulassungsausschusses für Ärzte angegebenen maximalen Punktzahlobergrenzen eingehalten worden sind, erfolgt jeweils bezogen auf ein Leistungsjahr. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass sich Überschreitungen mit möglichen Unterschreitungen jeweils innerhalb eines (Jahres-)Blocks von vier aufeinanderfolgenden Quartalen ausgleichen. Anbei erhalten Sie Ihre Honorarunterlagen des o. g. Quartals vorbehaltlich eventueller Honorarrückforderungen durch die Job-Sharing-Berechnung. Bezüglich der Prüfung ihrer Abrechnung im Hinblick auf die Einhaltung der Punktzahlobergrenze im Rahmen des Job-Sharings werden wir Sie jeweils nach Ablauf eines kompletten Leistungsjahres mit einem gesonderten Schreiben informieren."

Soweit die Kammer in ihrem Urteil vom 09.09.2010 - S 12 KA 126/10 -, Berufung anhängig beim LSG Hessen - L 4 KA 71, 72 u 73/10 - aufgrund dieser Schreiben Vertrauensschutz zugebilligt hat, hat sie wesentlich darauf abgestellt, dass die Beklagte gerade trotz Ankündigung einer Überprüfung über Jahre hinweg untätig geblieben war. Im Fall der dortigen Klägerin lagen jedenfalls wenigstens auch im dritten und vierten Leistungsjahr nicht unerhebliche Überschreitungen der Leistungsbegrenzung vor, die die Beklagte nicht zu einer Rückforderung veranlasst hatten, bzw. es war bei einer Überprüfung dann wegen Überschreitens der vierjährigen Verjährungsfrist eine Rückforderung nicht mehr möglich. Damit habe die Beklagte auch für die Job-Sharing-Praxis einen Vertrauenstatbestand gesetzt, als sie eine – letztlich unmittelbare – Prüfung nach Ablauf eines kompletten Leistungsjahres angekündigt habe. Soweit die Beklagte aber dann untätig geblieben sei, habe sich das Vertrauen bilden können, die Prüfung der Beklagten habe ergeben, dass eine Leistungsüberschreitung nicht vorliege oder aber die Beklagte werde von einer Rückforderung absehen. Dies gelte insbesondere für die Klägerin, die über Jahre bzw. 28 Quartale hinweg solche Schreiben erhalten habe, ohne dass eine weitere Reaktion der Beklagten erfolgt sei.

Diese Voraussetzungen liegen hier aber nicht vor. Von daher war der Klägerin im Hinblick auf die genannten Schreiben kein Vertrauensschutz zuzubilligen.

Die Beklagte war zur Rückforderung auch nicht wegen Überschreitens einer Ausschlussfrist gehindert. Insbesondere gilt nicht die nach dem Honorarverteilungsvertrag geltende zweijährige Ausschlussfrist (Nr. 8.6 des ab dem Quartal II/05 geltenden HVV). Diese verstößt gegen Bundesrecht und ist daher nichtig (vgl. SG Marburg, Urt. v. 10.11.2010 - S 12 KA 455/10 -). Von daher gilt die vierjährige Ausschlussfrist. Die Ausschlussfrist beginnt in allen Fällen der Richtigstellung von Honorarbescheiden mit dem Tag nach der Bekanntgabe des für den Abrechnungszeitraum maßgeblichen Honorarbescheids zu laufen (vgl. zuletzt BSG, Urt. v. 23.06.2010 - B 6 KA 7/09 R - BSGE 106, 222 = SozR 4-5520 § 32 Nr. 4 = GesR 2010, 615 = ZMGR 2010, 370 = USK 2010-73 = MedR 2011, 298 = Breith 2011, 522, juris Rdnr. 60 m.w.N.). Diese Frist war nicht abgelaufen, was insoweit auch zwischen den Beteiligten nicht umstritten ist. Im Übrigen wäre auch die zweijährige Ausschlussfrist nicht abgelaufen gewesen.

Soweit die Beklagte verpflichtet ist, den Anpassungsfaktor von Amts wegen mitzuteilen, und dieser Verpflichtung offensichtlich erst im Rückforderungsbescheid nachgekommen ist, folgt daraus nicht zwingend die Rechtswidrigkeit der Rückforderung. Der Anpassungsfaktor dient nicht, auch nicht in Zusammenhang mit der vom Zulassungsausschuss festgesetzten Obergrenze, einer Steuerungsfunktion in dem Sinne, dass eine Job-Sharing-Praxis von einem vermehrten Leistungsgeschehen abgehalten werden soll. Diese Funktion kommt nur der Obergrenze selbst zu. Demgegenüber dient der Anpassungsfaktor, wie bereits ausgeführt, dem Schutz der Job-Sharing-Praxis, an allgemeinen Leistungsveränderungen innerhalb der Fachgruppe gleichberechtigt teilzunehmen. Von daher ist weder die grundsätzlich auch nur rückwirkend mögliche Mitteilung des Anpassungsfaktors zu beanstanden noch folgt aus der zunächst unterbliebenen Mitteilung die Rechtswidrigkeit des Rückforderungsbescheids.

Der Bescheid vom 21.01.2010, mit dem die Beklagte ihren Bescheid vom 27.04.2009 korrigierte, war nicht zu beanstanden.

Rechtsgrundlage für die in der Abänderung bzw. Ergänzung liegenden Rücknahme bzw. Teilrücknahme ist § 45 Abs. 2 SGB X. Auch wenn man davon ausgeht, dass nach Erlass des Bescheids vom 27.04.2009 eine erneute sachlich-rechnerische Prüfung und Verschlechterung nicht mehr möglich war, so konnte die Beklagte den Bescheid vom 27.04.2009 auch zu Lasten der Klägerin wegen der fehlerhaften Berechnung des Kürzungsbetrags abändern. Damit liegt ein Verstoß gegen die sog. reformatio in peius nicht vor.

Nach § 45 Abs. 2 SGB X darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit u. a. er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.

Der Bescheid vom 27.04.2009 war von Anfang an rechtswidrig. Die Festsetzung des Rückforderungsbetrages im Bescheid vom 27.04.2009 beruhte von Anfang an auf einer fehlerhaften Grundlage, weil der Klägerin nach Maßgabe der Honorarverteilungsregelungen ein höherer Honoraranspruch zustand. Der Zusammenhang zwischen Honorarhöhe und Höhe des Berichtigungsbetrages ist jedenfalls für Vertragsärzte offenkundig. Die Klägerin hatte selbst seinerzeit ein höheres Honorar begehrt und im August 2008 eine Sonderregelung für das Regelleistungsvolumen ab dem Quartal I/08 beantragt, so dass für sie ohne weiteres erkennbar sein musste, dass im Fall der Festsetzung eines höheren Honorars auch ein höherer Kürzungsbetrag festzusetzen war. Von daher kommt es nicht darauf an, dass die Klägerin erst mit Schreiben vom 04.11.2009 bzw. mit Bescheid vom 29.09.2008 bzw. Widerspruchsbescheid vom 04.11.2009 und dem Nachvergütungsbescheid vom 14.12.2009 über den erfolgreichen Ausgang des Verfahrens über das Regelleistungsvolumen für die Quartale I bis IV/08 informiert worden war, also erst nach Erlass des Bescheids vom 27.04.2009. Von daher ist davon auszugehen, dass die Mitglieder der Klägerin die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes bei einer nachträglichen Erhöhung des Honorars kannten oder jedenfalls infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannten. Im Übrigen hat sich die Klägerin im gesamten Verwaltungsverfahren nicht auf Vertrauen berufen. Dies hat sie erstmals mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 25.10.2011 getan, also erst nach ca. einem Jahr. Von daher ist für die Kammer nicht erwiesen, dass die Klägerin überhaupt Vertrauen auf den Bestand des Verwaltungsakts bzw. darauf, dass kein höherer Rückforderungsbetrag trotz des noch laufenden Verfahrens zur Honorarfestsetzung festgesetzt werden könnte, gebildet hat.

Ein der Rückforderung entgegen stehender Grund ist auch nicht in der Erhöhung des Regelleistungsvolumens zu sehen.

Ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Erhöhung des Regelleistungsvolumens für die Quartale I bis IV/08 und der Punktzahlobergrenze besteht nicht. Dies folgt bereits aus einer unterschiedlichen Zuständigkeit. Die Erhöhung des Regelleistungsvolumens erfolgt ausschließlich durch die Beklagte. Die Festsetzung der Punktzahlobergrenze liegt im Zuständigkeitsbereich der Zulassungsgremien.

Die Klägerin trägt auch nicht vor, im Zusammenhang mit dem Verfahren zu dem Regelleistungsvolumen sei ein Hinweis erfolgt, dass eine nachträgliche Rückforderung nicht erfolgen könne. Damit wird nicht vorgetragen, es sei ihr versichert worden, eine nachträgliche Rückforderung werde nicht erfolgen. Alle entsprechenden Bescheide bzgl. der Erhöhung des Regelleistungsvolumens stellen keinen Zusammenhang zu dem Job-Sharing bzw. der Punktzahlobergrenze her. Eines ausdrücklichen Hinweises bedurfte es auch nicht. Bereits aus den genannten Regelungen folgt, dass eine Rückforderung erst nach Abschluss eines Leistungsjahres erfolgen kann. Hinzu kommt, dass die Klägerin durch die genannten Schreiben zu den Honorarbescheiden ausdrücklich auf eine nachträgliche Überprüfung hingewiesen worden ist. Aber auch unterstellt, es läge eine Falsch- oder unzureichende Beratung vor, kann hieraus keine Zusicherung erfolgen, die Beklagte werde von einer Honorarrückforderung absehen. Hierfür ist ferner eine Schriftform erforderlich (§ 34 Satz 1 SGB X). Auch bei "richtiger" Beratung hätte die vom Zulassungsausschuss festgesetzte Obergrenze weiter gegolten (vgl. SG Marburg, Urt. v. 10.01.2010 - S 12 KA 841/09 -); ebenso bei einer Falschberatung, die allenfalls Amtshaftungsansprüche auslösen könnte.

Nicht zu beanstanden war auch die Berechnung der Honoraranforderung. Eine fehlerhafte Berechnung ist nicht zu erkennen.

Nicht zu beanstanden war ferner die Berechnung des praxisbezogenen Punktwerts, mit der die zunächst in Punkten festgestellte Leistungsüberschreitung in Euro-Beträge umgerechnet wurde. Zutreffend hat die Beklagte einen durchschnittlichen Punktwert ermittelt. Das ist der Punktwert, mit dem letztlich die Leistungen des Klägers vergütet wurden. Es besteht kein Anspruch darauf, dass zunächst die - im Rahmen der Honorarberechnung - geringer vergüteten Leistungen als Maßstab genommen werden. Für die Berechnung der Rückforderung aufgrund sachlich-rechnerischer Richtigstellung im Falle von Budgetierungen bleibt der praxisindividuelle Punktwert maßgebend, der sich auf der Grundlage des vom Arzt in Ansatz gebrachten Punktzahlvolumens ergeben hat. Es erfolgt keine Neuberechnung des Punktwerts auf der Grundlage des korrigierten Punktzahlvolumens. Eine andere Berechnungsweise kann in Ausnahmefällen zur Vermeidung eines Verstoßes gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in Betracht kommen (vgl. BSG, Urt. v. 11.03.2009 - B 6 KA 62/07 R - BSGE 103, 1 = SozR 4-2500 § 106a Nr. 7 = USK 2009-11). Ein solcher Ausnahmefall setzt aber voraus, dass die fehlerhafte Honoraranforderung durch eine missverständliche oder unzutreffende Information o. ä. seitens der Kassenärztlichen Vereinigung mit verursacht wurde. Ein derartiger Sonderfall ist auch dann in Betracht zu ziehen, wenn ein Arzt in offenem Dissens mit der Kassenärztlichen Vereinigung eine Gebührennummer ansetzt, weil er die Frage ihrer Abrechenbarkeit einer gerichtlichen Klärung zuführen will (vgl. BSG, Urt. v. 11.03.2009 – B 6 KA 62/07 R -, a.a.O., juris Rdnr. 27 f.). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. In diesem Sinne handelt es sich auch nicht um eine fehlerhafte Abrechnung einzelner Leistungen und kann die Leistungsüberschreitung erst nachträglich festgestellt werden. Im Übrigen dienen Budgetierungsmaßnahmen nur neben ihrer Steuerungsfunktion – der Berechnung des Honorars, bedeuten aber keine Wertigkeit der einzelnen Leistungen. Der tatsächliche Wert der Leistung kann nur praxisbezogen mit Hilfe des praxisindividuellen Punktwerts berechnet werden.

Soweit die Beklagte einen durchschnittlichen Punktwert für das jeweilige Leistungsjahr aus den Punktwerten aller Quartale und ohne Gewichtung ermittelt, ist dies, wenn auch nicht ohne Bedenken, nicht zu beanstanden. Die Bedenken beruhen darauf, dass eine sachlich-rechnerische Berichtigung quartalsweise erfolgt, weshalb der Berichtigungsbetrag anhand des jeweils neu zu berechnenden praxisindividuellen Quartalspunktwerts zu ermitteln ist. Macht aber die Kassenärztliche Vereinigung von der Möglichkeit Gebrauch, die Überschreitungen innerhalb eines Leistungsjahres zu saldieren (§ 23c Satz 7 BedarfsplRL-Ä), so kann jedenfalls dann, wenn eine "negative" Überschreitung - hier im Quartal IV/07 - der Punktzahlobergrenze besteht, eine quartalsweise Berechnung nicht erfolgen. Die Beklagte saldiert alle Über- und Unterschreitungen eines Leistungsjahres und errechnet den Kürzungsbetrag aus dem Produkt der Summe aller Über- und Unterschreitungen und dem durchschnittlichen Punktwert. Alternativ wäre eine quartalsweise Aufteilung der Überschreitung auf die Quartale mit Überschreitung möglich, entweder gleichmäßig oder in Relation zum Abrechnungs- oder Überschreitungsvolumen, und eine anschließende quartalsweise Ermittlung der Berichtigungsbeträge. Auch bei Ermittlung des durchschnittlichen Punktwerts könnte eine Gewichtung nach dem maßgeblichen Punktzahlvolumen in den einzelnen Quartalen erfolgen. Eine wirklich exakte Ermittlung des Punktwerts ist bei jährlicher Betrachtung allerdings in keinem Fall zu erzielen. Von daher ist mangels rechtlicher Vorgaben der Beklagten ein - wenn auch geringer - Ermessensspielraum bei der Ermittlung des durchschnittlichen Punktwerts dann zuzubilligen, wenn die Ermittlung der Honorarrückforderung für das gesamte Leistungsjahr erfolgt, und zwar unabhängig davon, ob im betreffenden Leistungsjahr tatsächlich auch eine Unterschreitung vorlag. Im Übrigen führen andere Berechnungswege, wie der Kammer aus anderen Verfahren bekannt ist, in denen die Beklagte auf Anfrage Vergleichsberechnungen vorgelegt hat, zu Abweichungen, die allenfalls im Prozentbereich liegen und im Einzelfall sich auch zu Lasten des Vertragsarztes auswirken können. Von daher war die Berechnung des Kürzungsbetrages nicht zu beanstanden.

Nach allem war die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
Rechtskraft
Aus
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